3 minute read
4 Der freie Mensch und seine Rechte
from Recht 02 - SV
Die Zusammensetzung des Bundesrates nach dem Konkordanz-Gedanken mit je zwei Sitzen für die CVP, die FDP und die SP sowie einem Sitz für die SVP war während gut 40 Jahren unverändert geblieben. Die als «Zauberformel» bezeichnete Verteilung leitete sich ursprünglich aus der Parteienstärke im Parlament ab.
Nach den Wahlen im Herbst 2003 waren zunächst die SVP neu mit zwei und die CVP nur noch mit einem Sitz vertreten. Später erhielt die, gemessen an ihrem Wähleranteil, kleine BDP auf Kosten der SVP einen Sitz, sodass heute nicht mehr von einer Zauberformel gesprochen werden kann. Es ist davon auszugehen, dass sich die Zusammensetzung je nach politischen Kräften in Zukunft wieder ändern wird. Nach wie vor wird aber die Regierung durch die Konkordanz geprägt. In den meisten andern demokratisch regierten Ländern ist es dagegen üblich, dass die wählerstärkste Partei die Regierung stellt und die Wahlverlierer die Rolle der Opposition (Gegenpol zur Regierung) einnehmen. Die schweizerische Verfassung schreibt zudem vor, dass die verschiedenen Sprachregionen der Schweiz angemessen in der Regierung vertreten seien. In der Regel sind deshalb zwei bis drei Mitglieder des Bundesrates französischer oder italienischer Muttersprache. Im Unterschied zu früher ist es aber heute möglich, auch mehrere Personen aus demselben Kanton in die Landesregierung zu wählen.
Jeder Bundesrat und jede Bundesrätin leitet eine Abteilung der Bundesverwaltung, Departement genannt. Nach den Bundesratswahlen im Dezember 2018 setzte sich der Bundesrat wie folgt zusammen:
Departement Vorsteher/in
Eidg. Departement des Innern (EDI) Alain Berset
Partei
Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SPS)
Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA)
Eidg. Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) Ignazio Cassis FDP. Die Liberalen (FDP)
Simonetta Sommaruga Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SPS)
Eidg. Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) Viola Amherd
Eidg. Finanzdepartement (EFD) Ueli Maurer Christlichdemokratische Volkspartei der Schweiz (CVP)
Schweizerische Volkspartei (SVP)
Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) Karin Keller-Sutter FDP. Die Liberalen (FDP)
Eidg. Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) Guy Parmelin Schweizerische Volkspartei (SVP) Die Bundeskanzlei fungiert als Stabsstelle des Bundesrates. Der Bundeskanzler Walter Thurnherr (im Amt seit 2016) und seine zwei Stellvertreter bereiten die Regierungsgeschäfte vor und sorgen für deren ordnungsgemässen Ablauf. Sie führen an Bundesratssitzungen Protokoll und informieren die Öffentlichkeit in der Funktion eines Regierungssprechers. Der Bundeskanzler wird ebenfalls von der Vereinigten Bundesversammlung gewählt.
Die Judikative (= Rechtsprechung) ist neben der Legislative und der Exekutive die dritte Staatsgewalt. Die Rechtsprechung auf Bundesebene ist Sache des Bundesgerichts in Lausanne. Das Bundesstrafgericht hat seinen Sitz in Bellinzona, das Bundesverwaltungsgericht sowie das Bundespatentgericht sind in St. Gallen. Die Bundesrichter werden von der Vereinigten Bundesversammlung für eine Amtszeit von sechs Jahren gewählt. Bei der Auswahl wird auf die fachliche Qualität der Mitglieder, deren regionale Herkunft sowie auf deren Parteizugehörigkeit geachtet.
■ Die Volksrechte auf Bundesebene Im Normalfall wird die politische Mündigkeit gleichzeitig mit der rechtlichen Mündigkeit erreicht. Auf eidgenössischer Ebene sind alle 18-jährigen Personen mit Schweizer Bürgerrecht stimm- und wahlberechtigt. Das sind im Jahr 2021 etwa 5,5 Mio. Bürgerinnen und Bürger von rund 8,7 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern. In einzelnen Kantonen und Gemeinden besitzen auch niedergelassene Ausländerinnen und Ausländer ein beschränktes Stimmrecht.
Auf Bundesebene verfügen die Stimm- und Wahlberechtigten über das Recht, ■ die Mitglieder des Nationalrats zu wählen, ■ an eidgenössischen Abstimmungen teilzunehmen, ■ Volksinitiativen zu lancieren und zu unterschreiben, ■ bei Gesetzesänderungen mit einem Referendum eine Volksabstimmung zu verlangen.
Weil die Stimmberechtigten die genannten Rechte immer nur in Verbindung mit anderen Stimmberechtigten gebrauchen können, werden sie auch als Volksrechte bezeichnet.
Vom Stimm- und Wahlrecht kann unterschiedlich Gebrauch gemacht werden. Der traditionelle Gang zur Urne am Abstimmungs- oder Wahlwochenende wird heute zunehmend durch die schriftliche Stimmabgabe ergänzt. Die schriftliche Stimmabgabe ist bereits vier Wochen vor dem eigentlichen Stimm- oder Wahltermin möglich und erfolgt nach einem festgeschriebenen Verfahren auf dem üblichen Postweg. In beschränktem Rahmen ist auch eine Stellvertretung möglich. So können im gleichen Haushalt lebende Personen füreinander abstimmen oder wählen.