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Das Businessnetzwerk Einen Marktplatz, der Lizenzen
BASIC NET DAS BUSINESSNETZWERK
Dass ausgerechnet eine italienische Firmengruppe seit Mitte der 1990er-Jahre Digitalisierungsvorreiter ist, mag erstaunen: Doch für Marco Boglione, den Gründer und Vorstandschef der Basic-Net-Gruppe aus Turin, war es immer logisch, der Technologie den größtmöglichen Nutzen abzuringen. Jetzt überlegt das Familienunternehmen, zu dem Marken wie Kappa, K-Way, Superga und Sebago gehören, den bisher nur Lizenznehmern vorbehaltenen Marktplatz, auf dem Produzenten und Distributeure global interagieren, anderen Marken zu öffnen. Text: Kay Alexander Plonka. Fotos: Basic Studios
Ein ideales Ökosystem für Kultmarken hat er geschaffen – Marco Boglione, der 1994 den Mut hatte, die insolvente Firma zu übernehmen, für die er gearbeitet hatte. Mit Fußball-Merchandising-Produkten bringt er Basic Net wieder in Fahrt. Was folgt, ist einzigartig. Die Marke Kappa wird international ausgebaut – von Anfang an digital. Boglione schafft ein modulares Netzwerk aus über 300 Firmen, die alle über eine Datenvermittlungsplattform untereinander verbunden sind. Ein System, das er wieder anwendet, als Basic Net 2004 die französische Marke K - W ay kauft. Drei Jahre später kommt Superga dazu. 2017 wird die Lizenz für Sebago vom amerikanischen Konzern Wolverine übernommen.
GEMEINSCHAFT
Die Stärke von Basic Net basiert auf dem Gemeinschaftsgedanken und der Idee der effektiven Industrialisierung von Prozessen. „Wir haben viele kleine Firmen miteinander verbunden und den Synergieeffekt multipliziert. Alle wichtigen Informationen, Markenrechte und Designs kommen aus Turin, die geprüften Produktionsstätten setzen dann in direkter Absprache mit den weltweiten Distributeuren deren Bedürfnisse um. Wir garantieren einen reibungslosen Ablauf, was Produktion und Finanzierung angeht, und erhalten dafür eine Servicegebühr in Höhe von 30 Prozent“, erklärt Marco Boglione. Zwischen 2007 und 2017 steigt der Jahresumsatz der Basic-Net-Gruppe, die mit über 120 Distributions
Basic-Net-Gründer und Vorstand Marco Boglione hat mit seiner B2B-Plattform ein höchst effizientes System für die Produktion und den Vertrieb auf Lizenzbasis geschaffen.
partnern auf allen fünf Kontinenten arbeitet, von 275 auf 541 Millionen Euro. In Deutschland und Österreich werden Superga, K-Way und Sebago von Bernhard Aschauers CMH – Consulting, Management und Handel GmbH vertrieben. Für Kappa sind Cornelia und Peter Schmidt von der Kappa Deutschland GmbH zuständig.
SKALIERUNG
„Unser Echtzeit basiertes Web-Business-System macht die Skalierung besonders unkompliziert und erlaubt ein vollständiges Onlinemanagement sämtlicher Phasen des Produktionsprozesses. Um immer auf dem neuesten Stand zu sein, entwickeln wir das System ständig weiter und implementieren die beste IT-Technologie“, sagt Boglione und fügt hinzu: „Jetzt überlegen wir, das System für externe Marken zu öffnen. Es ist eine hoch effektive Software, die ausgereift und seit Jahren voll funktionsfähig ist. Sie ermöglicht jeder Marke die Digitalisierung sämtlicher Prozesse ohne große Investion.“
Eine Ikone des Sports, die sich dank Basic Nets Wiederbelebung anschickt, zum nächsten heißen Ding zu werden: Kappa kommt die aktuelle Logomanie gerade recht.
Italienische Designikonen: Superga 2750 und Fiat 500.
BASIC NET DIE LIZENZ ZUR WIEDERAUFERSTEHUNG
Lorenzo Boglione, Vice President Sales der Basic Net Group, verrät, was es braucht, eine Marke erfolgreich wiederzubeleben.
Basic Net hat Marken gekauft, die massiv Bedeutung verloren hatten und ihnen neues Leben eingehaucht. Was ist das Geheimnis?
Es gibt kein Geheimnis. In unserer Firma gibt es zwei unterschiedliche Ansätze. Der eine folgt konsequent Algorithmen und den Regeln des Marktes. Dabei geht es um Gradlinigkeit und Pünktlichkeit wie bei einem Hochgeschwindigkeitszug. Der zweite Ansatz ist das genaue Gegenteil, dabei zählen Soft Skills und Sensibilität. Das Gefühl für die Marke und die richtigen Produkte zum richtigen Zeitpunkt. Mein Vater hat ein außerordentliches Gespür dafür. Bevor eine Kollektion und deren Produkte nicht hundertprozentig zu unserer Zufriedenheit ausfallen, gehen wir damit nicht auf den Markt.
Was sind die Kriterien für Marken, die Sie kaufen?
Es bedarf viel Leidenschaft, Investitionsbereitschaft und den festen Glauben, eine Marke wieder neu aufbauen zu können. Letztlich kaufen wir nur Namensrechte. Wenn wir uns für einen Marke entscheiden, richten wir uns dabei nicht nach Businessplänen, Ebit-Daten oder Umsatzspekulationen. Wir studieren ganz genau die Geschichte und Historie und das Potenzial der Produkte. Mit Ausnahme von Sebago waren alle Marken, die wir gekauft haben, pleite. Bei Sebago hat uns das Gespräch mit dem einstigen Eigentümer überzeugt. Als die Marke in unseren Händen war, haben wir die ursprünglichen Produktionsstätten reaktiviert.
Lizenzmodelle ruinieren oder verwässern oft das Image einer Marke. Wie unterscheidet sich ihre Strategie?
Bei Marken verhält es sich wie mit einem schönen Oldtimer, man hegt und pflegt ihn und erfreut sich daran. Man behandelt eine echte Marke nicht wie einen Mietwagen, den man zurückgibt, wenn man ihn benutzt hat.
Lorenzo Boglione, Basic Net Vice President Sales.
Auf dem Dach der historischen Fabriken hat man Loft-Büros, Showrooms und einen Dachgarten eingerichtet.
DIE BASIS DES ERFOLGS
Die Geschichte der Firmen, aus denen Basic Net hervorgegangen ist, geht bis auf das Jahr 1916 zurück. Eine romantische Liebesgeschichte und eine im Zweiten Weltkrieg in Schutt und Asche gelegte Sockenfabrik – wenn das mal keine Basis ist. Eine, der Basic Net bis heute treu ist, denn vieles am Firmensitz ist historisch. Die erste Produktionsstätte, ein ehemaliges Stallgebäude von 1860, ist heute ein Restaurant und die bevorzugte Lunch-Location der Mitarbeiter. Die früheren Fabrikhallen dienen heute als Showrooms, Büros, Film- und Fotostudios, Factory-Outlet, Cafeteria, Fitnessstudio, Bankfiliale, Parkhaus, Reinigungsservice und Minimarkt. www.basic.net
NA-KD NEED FOR SPEED
Mit Höchstgeschwindigkeit unterwegs, aber wohlüberlegt – die Modemarke Na-kd beweist, dass Schnelligkeit etwas ist, was man hervorragend planen kann. Dazu hat sich das Führungsteam jetzt noch einmal verstärkt. Text: Martina Müllner-Seybold. Fotos: Na-kd
Intern nennen sie ihn scherzhaft den Messias – Mike Mikkelborg ergänzt das Führungsteam von Na-kd. Seine Passion heißt „speed to the customer“.
Ein junges, agiles Team, das im Hier und Heute lebt, zeichnet Na-kd aus. Mitgründer Magnus Hjörne zählt zum Team der ersten Stunde.
„ A bverkaufsstatistiken sind per se ein Blick in die Vergangenheit – und eine Marke wie unsere, die verschiedene Editions pro Saison hat, kann man mit der klassischen rückwärtsgewandten Saisonabverkaufsrate ohnehin nicht messen“, sagt Magnus Hjörne, der zum ursprünglichen Gründer- und Eigentümerteam der schwedischen Fashionmarke Na-kd gehört.
Was interessiert eine Marke wie Na-kd auch die Vergangenheit? Daten zu erheben, die die Einkäufer und Sourcer bei Na-kd in allen zukünftigen Entscheidungen unterstützen, das wäre mal was! Kein Wunder also, dass man den Mann, der das zu können verspricht, gleich mit Haut und Haaren an Bord geholt hat. Mike Mikkelborg war für viele große Modemarken von Gant bis zu Fast -Fashion-Anbietern wie Mr Price oder New Look tätig. „Ich war ehrlich gesagt nach 25 Jahren zu Tode gelangweilt, ich wollte aus der Modebranche aussteigen, weil es so gar nichts Neues gab. In der Mode reden viele über nötige Veränderungen, aber nichts passiert“, analysiert der gebürtige Schwede. „Als ich das erste Mal auf Jarno Vanhatapio, den Gründer von Na -kd traf, war sofort klar, dass wir im jeweils anderen ein riesiges Potenzial sehen.“ Kein Wunder, hatte Mike Mikkelborg doch kurz vorher das Beratungsunternehmen Pilot Digital aufgebaut, das Einkäufern großer Marken oder Ketten die Optimierung der Beschaffungskette in besser organsierten, intelligenten und vor allem digitalen Prozessen ermöglicht. Unternehmerischer Geist, wie ihn Na-kd liebt, radikal zukunftsorientiert. Weil Na-kd immer aufs Ganze geht, ist Mike Mikkelborg seit 1. Juli 2018 an Bord dabei. „Eines der wichtigsten Assets in unserer jungen Geschichte“, streut ihm Magnus Hjörne Rosen.
KLASSENBESTER WERDEN: DER NEUE
ZARA MIT AMAZON-TUGENDEN
Die Benchmark in der Time-to-Market-Zeit, die man mit Mike Mikkelborgs Hilfe schaffen will, ist klar definiert: Zara. In Sachen Planung steht wohl das Amazon-Modell Pate: Jeff Bezos ist bekanntermaßen kein Margenfetischist – lieber die richtige Menge eines Produktes als Abschriften wegen Überhängen, lautet dort das goldene Prinzip. Bei Na-kd schickt man sich an, Hypes vorhersehbar zu machen. Magnus Hjörne formuliert das so: „Was nützt dir das beste Teil, wenn du davon nur 30 Stück hast, aber eigentlich 3.000 verkaufen könntest?“ Unwägbarkeiten, vor denen jede Marke jeden Tag steht – lösen kann das Dilemma aber nur, wer sein Big -Data-Ohr nahe an der Zielgruppe hat. Mike Mikkelborg: „Es ist eine unglaubliche Chance, diese Megakommunikationsmaschine, die Na -kd mit seiner Zielgruppe verbindet, mit der klassenbesten internen Planungsmaschine zu verheiraten. Das erlaubt uns, agiler und schneller als alle anderen im Markt zu werden. Trends schnell zum Konsumenten zu bringen, war immer mein Herzensprojekt – aber erstmals in meiner Karriere finde ich die perfekten Voraussetzungen, alles zu vereinen. Wenn man sich heute die Topperformer im Markt ansieht, dann sind es jene, die schnell reagieren können – was schnell kommt und sich schnell dreht, muss man nicht reduzieren, man hat weniger Überhänge und einen glücklichen Konsumenten. Und all das vereinen wir mit der Fähigkeit, diese Freshness auch auf die Straße zu bringen. Wir können Trends genauso gut antizipieren, wie wir sie kommunizieren können – ein unglaublicher Vorteil.“ Gerade der Part des Antizipierens macht Na-kds Vorsprung deutlich: „Wir können den Bedarf anhand externer Daten planen – eben nicht nur der internen Daten, die ja sehr subjektiv sind. Wir haben sozusagen einen externen Blick, können analysieren, was der Markt macht, was Influencer machen, was Trending Topics und Trends online sind.“ Was nach Big Data Rocket Science klingt, ist tatsächlich eine – doch das junge Unternehmen ist der perfekte Ort, dieses neue Denken und Handeln zu implementieren. „Das ganze Team ist jung, agil, jeder hat den absoluten Willen, es besser, smarter, schneller zu machen – das ist sehr außergewöhnlich“, sagt Mike Mikkelson.
ZAUBERFORMEL FÜR DEN HANDEL
Der Handel muss die Zaubermaschine von Na-kd vielleicht nicht in allen technischen Details verstehen. Magnus Hjörne: „Die Sicherheit, die wir unseren Handelspartnern geben können, ist: Na-kd nützt eine Menge interner und externer Daten, um das richtige Produkt zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Menge auf der Fläche zu haben. Wir arbeiten jeden Tag daran, das zu perfektionieren.“ Mike Mikkelborg steckt das Ziel ambitioniert: „30 Tage Time-to-Consumer sind mein Traum.“