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Wir wollen die Flamme wieder entfachen
CPO Susanne Schwenger und CEO Dieter Holzer besinnen sich auf die Wurzeln von Marc O’Polo, um die Marke wieder stärker nach vorne zu bringen.
MARC O’POLO „WIR WOLLEN DIE FLAMME WIEDER ENTFACHEN!“
Nach großen Veränderungen stehen bei Marc O’Polo alle Zeichen auf Zukunft, mit dem hochgesteckten Ziel, die führende Position im Premium-Casual-Markt zurückzuerobern, im Produkt, im Marketing, in der Technisierung. Wie das gelingen könnte, erläutern CEO Dieter Holzer und CPO Susanne Schwenger im Interview mit style in progress Chefredakteur Stephan Huber. Text: Nicoletta Schaper. Fotos: Marc O’Polo
Zum Einstieg ein Blick zurück auf das Jahr 2017, in dem das 50-jährige Jubiläum von Marc O’Polo gefeiert und parallel tiefgreifende strukturelle Veränderungen eingeleitet wurden. Wollte man sich damit auf die nächsten 50 Jahre vorbereiten?
Dieter Holzer: Mit diesem Anspruch sind wir angetreten. Es bedarf einer ständigen Veränderung, wenn man möchte, dass etwas bleibt, wie es ist, um Marc O’Polo Eigentümer Werner Böck frei zu zitieren.
Der Markt hat sich ebenso wie das Mitbewerberumfeld rasant verändert und Marc O’Polo ist bewusst oder unbewusst in ein anderes Umfeld hineingegangen. Was waren in dieser ersten Phase die wichtigsten Weichenstellungen?
Dieter Holzer: Das Wichtigste war, sich darauf zu besinnen und zu fokussieren, wofür die Marke steht, im Produkt, in der Qualität. Zugleich müssen wir uns neuen Themen stellen und aktuelle Themen wie die Digitalisierung weiter vorantreiben. Mit der Herausforderung, in bewussten Schritten voranzugehen und nicht alles auf einmal anzufassen. Unser erster Fokus war das Produkt und Marketing. Über viele Jahre war unsere Produktexzellenz dominierend, vor allem bei der Premiumcasualwear für Damen. Aber es reicht nicht, sie nur zu halten, sondern man muss sie ausbauen. Wir sind froh, dass wir Susanne Schwenger mit ihrer umfassenden Erfahrung dafür zurückgewinnen konnten.
Eine Heimkehr?
Susanne Schwenger: Ja! Und eine wirklich tolle Aufgabe. Ich habe mit dieser und für diese Marke gelebt, mittlerweile beinahe 20 Jahre. Die letzten zweieinhalb Jahre außerhalb von Marc O’Polo waren eine tolle Erfahrung und es war für mich interessant, das Unternehmen aus der Distanz zu sehen. Nun bin ich gern zurückgekehrt, weil mein Herz im Premiumsegment liegt und weil ich gefühlt habe, dass ich hier noch eine Aufgabe zu erfüllen habe. Dem Produkt wieder mehr Wertigkeit und Modernität zu verleihen. Product first! Aber Product without Brand geht nicht bei Marc O’Polo, das gehört zusammen.
War diese Einheit verloren gegangen?
Susanne Schwenger: Manche Schritte, die in letzter Zeit vollzogen wurden, hätte ich anders gemacht. Jetzt führen die ersten Maßnahmen zurück auf Kurs und zeigen bereits erste Erfolge. Dieter Holzer: Wir haben uns gefragt, wo unsere Chancen im Markt liegen. Wir wollen bestehende Kunden ebenso begeistern wie Neukunden. Dass uns das bereits gelingt, zeigt, wie stark und begehrt die Marke ist. Begegnen wir den Sympathien im Markt mit dem richtigen Produkt, ist das Ergebnis berauschend. Die Herrenkollektion birgt noch viel Potenzial: Seit Mai sind wir in der Flächenperformance zwischen zehn und 25 Prozent sensationell nach oben gesprungen. Die Damenkollektion legt seit Ende September 2018 ebenfalls wieder deutlich zu. Wir wollen den Markt wieder mit unserem Anspruch als Premium Casual Brand anführen.
Entscheiden das letztlich die Konsumenten?
Dieter Holzer: Wir wollen die persönliche Ansprache und Wertschätzung der Kunden, für die Marc O’Polo immer schon gestanden hat, wieder spürbar machen. Bei aller Bewegung nach vorn haben wir uns zurückbesonnen und damit den Kunden wieder ins Zentrum gestellt.
Zumal der Konsument sich keine Konvention und keine Trends mehr aufzwingen lässt.
Susanne Schwenger: Unser Vorteil ist der hohe Sympathiewert im Markt. Wir haben Fans, die die Marke lieben und eine Bindung zu ihr haben. Diese Flamme müssen wir wieder entfachen. Eine unserer ersten Initiativen dazu war die Black Capsule als Gegenmodell zu den Black-Friday-Rabattaktionen. Mit Modernität und einem top Preis-Leistungs-Verhältnis. Das Ganze haben wir mit persönlichem Anschreiben unserer Topkunden und einer digitalen Kampagne begleitet, mit dem Erfolg, dass die Black Capsule durch die Decke gegangen ist. Wir waren online schon am ersten Tag so gut wie ausverkauft.
Das zeigt für mich auch zweierlei: Limitierung ist wichtig, Saison dagegen für den Kunden zunehmend nebensächlich.
Dieter Holzer: Stimmt! Es zeigt außerdem, dass wir mehr Mut für Trial and Error an den Tag legen müssen. Nicht jede Innovation kann immer sofort erfolgreich sein. Aber der Mut zu Innovation wird uns in die Zukunft führen.
Wie wird dieser Mut konkret umgesetzt?
Susanne Schwenger: Indem wir die Werte der Marke wieder zu 100 Prozent leben, denn unser Motto „Back to the Future“ bedeutet, dass wir uns auf dem Weg nach vorn auch zurück auf unsere Wurzeln besinnen. Die Key-Values – Natural, Simplicity, Personality, Quality und I nnovation – bleiben dabei unser wichtigster Leitfaden, den wir jetzt mit umso mehr Leidenschaft und Konsequenz verfolgen. Wir wollen außerdem den skandinavischen Spirit der in Stockholm gegründeten Marke herausstellen. Er verleiht Marc O’Polo Frische und Modernität, wir müssen diese Geschichte nicht erst erfinden, sondern wir müssen sie noch mehr erzählen, sei es in der Kollektion, in den Stores, in der Kommunikation. Darüber hinaus stellen wir unsere Brand Architecture auf drei Säulen: Marc O’Polo Denim ist unsere junge Contemporary Casualwear mit einem hohen Modegrad und Denimkompetenz. Die Marc O’Polo Casual Kollektion bleibt die bedeutendste Säule im Unternehmen mit höchster Kompetenz in Qualität und hoher Innovationskraft. Marc O’Polo Pure schließlich bringt unsere Kernkompetenz in Jersey und Knit auf den Punkt. Auf allerhöchstem Niveau, komplett made in Europe. Dieter Holzer: Ebenfalls neu ist, dass wir alle Strick- und Jersey-Produkte unser er Core Products auf Biobaumwolle umstellen. Das war im Sourcing ein enormer Aufwand und bedeutet natürlich auch nicht unerhebliche Kosten. Wobei wir diese nicht an den Konsumenten weitergeben werden. Wir sehen das als Investition in den Mehrwert des Produkts und in das Standing der Marke. Susanne Schwenger: Neben den vertikalen Kapseln der Mainline beginnen wir auch bei Marc O’Polo Pure mit einem vertikalen Kollektionsanteil von 20 Prozent. Diesen Anteil wollen wir zukünftig kontinuierlich ausbauen. Die Leadtime haben wir auf vier Monate verkürzt.
Wo liegt künftig der Fokus, in der Zusammenarbeit mit den Handelspartnern oder in der zunehmenden Vertikalisierung?
Dieter Holzer: Wir bleiben starker Partner für den Fachhandel, er ist unser wichtigster Absatzkanal. Weil wir aber auch mitten in der Omnichannel-Ära sind, wollen wir unsere Retailstores, Franchisestor es und unseren Onlineshop miteinander vernetzen. Die Komplexität dahinter ist eine große Herausforderung. Das heißt, dass wir die jeweiligen Datensilos auflösen, um dem Kunden nahtlos auf allen Kanälen einen optimalen Service und ein perfektes Einkaufserlebnis bieten zu können.
Omnichannel ist das Buzzword der Stunde. Wie darf ich mir die Umsetzung vorstellen?
Dieter Holzer: Unser Anspruch ist, die Stärken der einzelnen Verkaufskanäle jeweils auch auf die anderen Kanäle zu übertragen, beispielsweise die Unverbindlichkeit des Onlinekaufs auf den stationären Retail. Demnächst eröffnen wir unseren ersten kassenlosen Store in München. Der Kunde muss im Store keine finale Entscheidung treffen, nicht in die Umkleidekabine und auch nicht bezahlen. Zusammen mit der Rechnung erhält er auch einen Retourenschein, falls er nicht alles behalten will. Und diese Entscheidung kann er ganz entspannt zu Hause treffen. Indem wir die Onlinemechanismen auf stationär übertragen, vereinfachen wir den Warenprozess über alle Kanäle und machen ihn zusätzlich transparenter. Mit dem Ergebnis, dass der stationäre Retail von den beim Onlinekauf erworbenen Kenntnissen profitieren kann und in seiner Auswahl der Ware, die er dem Kunden präsentiert, umso sicherer ist. Das ist die moderne Version des Anschlussverkaufs und ermöglicht eine umso persönlichere Kundenansprache. Auch dieser Store fällt unter Trial and Error. Wir werden sehen, wie die Kunden das annehmen. Denn damit betreten wir echtes Neuland. Aber genau das ist doch eine unternehmerische Schlüsselanforderung. Und wir werden von diesem Piloten eine Menge für unseren Weg in die Zukunft lernen.
Führt dieser Weg in Richtung Tech-Company?
Dieter Holzer: Ich sehe darin eine Riesenchance! Amazon ist größter Händler weltweit geworden und hatte bisher keinen eigenen Retailstore. Airbnb ist das größte Touristikunternehmen, ohne eigene Hotels. Uber ist das größte Taxiunternehmen ohne Taxen. Das war vor zwei Jahren. Heute fängt Amazon mit eigenen Stores an, Uber investiert in autonome Fahrzeuge und Airbnb konzipiert die ersten Hotels.
Weil all diesen Unternehmen der Human Touch fehlt ...
Dieter Holzer: Während diese persönliche Verbindung mit den Kunden wiederum zu den stärksten Assets von Marc O’Polo zählt. Wie gesagt, es geht darum, das Beste aus diesen Welten zusammenzuführen.
Zurück zur Markenarchitektur. Für eine Marke, die historisch so stark mit der jungen Zielgruppe gewachsen ist, ist Marc O’Polo Denim doch ein ganz wesentliches Zukunftsthema. Wie lässt sich hier der Touchpoint für junge Konsumenten schaffen?
Susanne Schwenger: Indem wir gezielt auch Händler mit einem jüngeren Sortiment ins Visier nehmen. Marc O’Polo Denim ist keine Hipsterkollektion, aber sie hat eine gewisse Coolness, mit Styles und Fits, die auch die jüngeren Konsumenten ansprechen. Viel Inspiration kommt aus Skandinavien. Die Kollektion bleibt dabei immer Marc O’Polo, wir wollen uns nicht verbiegen. Ohnehin können wir auf den großen Vorteil bauen, dass der Name im Markt sehr positiv besetzt ist. Dieter Holzer: Mit Marc O’Polo Denim gehen wir ganz klar auf den jüngeren Konsumenten zu, um ihn an die Marke heranzuführen. Wir geben der Kollektion entsprechend Raum und investieren auch ins Design, um die Stilistik international weiterzuentwickeln.
Wird es eigene Marc O’Polo Denim Stores geben?
Dieter Holzer: Ja, den ersten Store eröffnen wir bald in München-Riem, nicht weit v on unserem Headquarter in Stephanskirchen, sodass wir viel ausprobieren können. Außerdem wird Marc O’Polo Denim auch mit einer eigenen Social-Media-Kampagne gestützt. Dennoch soll die Trennung der Linien nicht dogmatisch sein. Einen Sweater, Key-Product von Marc O’Polo, gibt es auch in der Mainline und kann bei P&C sowohl in der Premiumabteilung liegen als auch als Marc O’Polo Denim Sweater im jungen Basement neben anderen Denimmarken.
Was konkret steht auf der Agenda 2019? Was sind die Erwartungen für das Jahr?
Dieter Holzer: 2019 wird ein Jahr, in der unsere fokussierte Produktexzellenz erste Früchte tragen wird. Das wird spannend! Mit unseren Anstrengungen der letzten 15 Monate haben wir außerdem Freiraum geschaffen, um uns stetig weiterzuentwickeln. Der Futurestore ist nur eines dieser Themen, der Technologietransfer ins Unternehmen ein weiteres, ohne dabei das Produkt aus dem Fokus zu nehmen. Wir wollen neugierig bleiben und Dinge ausprobieren, aber nicht alles auf einmal in Angriff nehmen. Das ist eine Lehre aus der Vergangenheit. Lieber gehen wir kleine Schritte, damit wir das Ziel, als Premium Casual Brand den Markt anzuführen, nicht aus den Augen verlieren.
Mit einer klaren Identität und dem Bekenntnis zu den Markenwerten will Marc O’Polo in seinen Kollektionen für Begehrlichkeit sorgen.