Beethoven!!!

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Samstag, 29. Juni 2019, 15 Uhr / 17.30 Uhr / 21 Uhr Schloss Eggenberg

Beethoven!!!

BEETHOVEN! 15 Uhr, Planetensaal

Ludwig van Beethoven (1770–1827)

Streichquartett in Es, op. 127 Maestoso. Allegro Adagio, ma non troppo e molto cantabile Scherzo: Vivace Finale: Allegro

Pacific Quartet Vienna

Streichquartett in a, op. 132 Assai sostenuto. Allegro Allegro, ma non tanto Heiliger Dankgesang eines Genesenden an die Gottheit, in der lydischen Tonart: Molto adagio. Andante Alla Marcia, assai vivace Allegro appassionato

Eliot Quartett


Konzertdauer: Erster Teil: ca. 40 Minuten Pause: ca. 20 Minuten Zweiter Teil: ca. 40 Minuten

FREI-ZEIT 1 (ca. 50 Minuten) Möglichkeit für ein Picknick im Park. Die vorbestellten Picknickboxen und -decken erhalten Sie im Parterre im Durchgang gegenüber dem Museumsshop. Besuchen Sie in den Frei-Zeiten die neu aufgestellten Sammlungen der Alten Galerie in Schloss Eggenberg, 1. Stock. Diese sind heute für das Beethoven!!!-Publikum frei zugänglich. 17 Uhr: Einführung in das Projekt Beethoven!!! beim Steintisch im Park (bei Regen in der Kirche) mit Mathis Huber. Musikalische Beispiele präsentiert Albana Laci. Dauer ca. 15 Minuten.


BEETHOVEN!! 17.30 Uhr, Planetensaal

Ludwig van Beethoven

Streichquartett in cis, op. 131 Adagio, ma non troppo e molto espressivo Allegro molto vivace Allegro moderato Andante, ma non troppo e molto cantabile Presto Adagio quasi un poco andante Allegro

Eliot Quartett

Streichquartett in F, op. 135 Allegretto Vivace Assai lento, cantante e tranquillo Der schwer gefasste Entschluss: Grave ma non troppo tratto (Muss es sein?). Allegro (Es muss sein!)

Pacific Quartet Vienna

Konzertdauer: Erster Teil: ca. 40 Minuten Pause: ca. 25 Minuten Zweiter Teil: ca. 25 Minuten


FREI-ZEIT 2 (ca. 2 Stunden) Möglichkeit für ein Picknick im Park. Die vorbestellten Picknickboxen und -decken erhalten Sie im Parterre im Durchgang gegenüber dem Museumsshop. Quartett-Menü 19.10 Uhr: Die TeilnehmerInnen am Quartett-Menü werden mit einem Bus von Eggenberg (Portier) zum Restaurantzelt bei der Helmut List Halle gebracht. 20.30 Uhr: Nach dem Essen Rückfahrt mit dem Bus nach Eggenberg Besuchen Sie in den Frei-Zeiten die neu aufgestellten Sammlungen der Alten Galerie in Schloss Eggenberg, 1. Stock. Diese sind heute für das Beethoven!!!-Publikum frei zugänglich. 20.30 Uhr: Einführung in das Projekt Beethoven!!! beim Steintisch im Park (bei Regen in der Kirche) mit Mathis Huber. Musikalische Beispiele präsentiert Albana Laci. Dauer ca. 15 Minuten.


BEETHOVEN!!! 21 Uhr, Planetensaal Ludwig van Beethoven

Streichquartett in B, op. 130 Adagio, ma non troppo. Allegro Presto Poco scherzoso: Andante con moto ma non troppo Alla danza tedesca: Allegro assai Cavatina: Adagio molto espressivo Finale: Allegro

Pacific Quartet Vienna

GroĂ&#x;e Fuge in B, op. 133 Overtura: Allegro. Meno mosso e moderato. Allegro. Fuga. Meno mosso e moderato. Allegro molto e con brio

Eliot Quartett Konzertdauer: ca. 60 Minuten ohne Pause

Pacific Quartet Vienna: Yuta Takase, Violine Eszter Major, Violine Chin-Ting Huang, Viola Sarah Weilenmann, Violoncello Eliot Quartett: Maryana Osipova, Violine Alexander Sachs, Violine Dmitry Hahalin, Viola Michael Preuss, Violoncello


Lageplan

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Planetensaal (2. Stock) Bar für die Konzertpausen (2. Stock) Eingang Alte Galerie (1. Stock) Bar für die Frei-Zeiten Ausgabe der Picknickboxen und -decken (Parterre) Picknickwiese Steintisch (Einführung) Kirche (Einführung bei Regen. Zugang über die Arkaden im 1. Stock) Portal – Busabfahrt zum Quartett-Menü


Beethoven!!!

„Beethoven, der fortwährend fleißig arbeitet, hat zwei neue Quatuors vollendet.“ So erfuhren die Leser der „Allgemeinen musikalischen Zeitung“ im Jahre 1825. Damals konnte noch keiner ahnen, dass aus den beiden Quartetten in Es und a am Ende ein Zyklus von sechs Quartetten werden sollte, die bis heute als Nonplusultra der Gattung gelten. In unserem Beethoven-Marathon stellen sich zwei junge Streichquartette aus Wien und Frankfurt der Herausforderung, die sechs späten Quartette zyklisch zu spielen – in spannungsvoller Gegenüberstellung der Werke und Interpretationen.


Ad notam

Ein Auftrag aus Petersburg Im November 1822 erhielt Beethoven einen überraschenden Auftrag aus Sankt Petersburg: Der 30 Jahre alte russische Fürst Nikolaj Galitzin bestellte für sein Hausquartett „ein, zwei oder drei neue Quartette“. Als leidenschaftlicher Cellist und Beethoven-Verehrer setzte sich der Fürst für die Uraufführung der „Missa solemnis“ in Sankt Petersburg ein und wollte auch kammermusikalisch am Genius des verehrten Meisters partizipieren. Obwohl sich Beet­ hoven sofort an die Arbeit machte, kam er wegen der Neunten Sinfonie zunächst nicht über die Skizzen zum ersten Quartett in Es hinaus. Erst 1825 griff er den Faden wieder auf und vollendete für Galitzin die drei Quartette in Es, a und B, die späteren Opera 127, 132 und 130. Die Arbeit an diesen Werken beflügelte den Meister so sehr, dass ihm unwillkürlich die Einfälle zu zwei weiteren Quartetten kamen, zumal die Verleger sofort Interesse an weiteren Werken bekundeten. Nachdem der Mainzer Musikverlag Schott das Opus 127 gedruckt hatte, wollte er unbedingt ein weiteres Quartett des Meisters ins Programm nehmen. Daraus entstand das cis-MollQuartett Opus 131. Bei einem Probespiel für den Pariser Verleger Schlesinger fand das a-Moll-Quartett so viel Anklang, dass er nicht nur dieses Werk für seinen Verlag annahm, sondern gleich noch ein weiteres Quartett bei Beethoven bestellte: das spätere Opus 135. Der Wiener Verleger Artaria hatte das Opus 130 übernommen, drängte Beethoven aber später zur Separierung der „Großen Fuge“ vom Rest des Quartetts und zur Komposition eines neuen Finales. So entstanden aus dem B-Dur-Quartett zwei Opera: 130 und 133. Am Ende stand die Welt staunend vor einem Zyklus des Meisters,


der nach Beethovens Tod im März 1827 unwillkürlich als dessen Vermächtnis erscheinen musste.

„Mir ist schon wieder was eingefallen!“ Am Anfang dieser legendären Quartettreihe steht Beethovens überschäumende Inspiration, wie der Geiger Karl Holz berichtete: „Während des Komponierens der drei vom Fürsten Galizin gewünschten Quartette strömte aus der unerschöpflichen Fantasie Beethovens ein solcher Reichtum neuer Quartett-Ideen, dass er beinahe unwillkürlich noch das Cis-Moll- und F-Dur-Quartett schreiben musste. ‚Bester, mir ist schon wieder was eingefallen!‘ pflegte er scherzend und mit glänzenden Augen zu sagen, wenn wir spazieren gingen: dabei schrieb er einige Noten in sein Skizzen­ büchlein. ‚Das gehört aber für das zweitnächste Quartett (Cis-Moll), das nächste hat schon zu viele Sätze.‘“ Damit war das B-Dur-Quartett Opus 130 gemeint, das bereits auf sechs Sätze angewachsen war. Vielsagend heißt es bei Holz weiter: „Als er das B-Dur-Quartett beendigt hatte, sagte ich, dass ich es doch für das Größte von den dreien (op. 127, 130, 132) halte. Er antwortete: ‚Jedes in seiner Art! Die Kunst will es von uns, dass wir‘, so sprach er häufig scherzhaft im Kaiserstil, ‚nicht stehen bleiben. Sie werden eine neue Art der Stimmführung bemerken und an Fantasie fehlt’s, Gottlob, weniger als je zuvor!‘ Später erklärte er doch für sein größtes das cis-Moll-Quartett. Auf die Partitur, die er an Schott sandte, schrieb er ironisch: ‚Zusammengestohlen aus Verschiedenem, Diesem und Jenem.‘“ Die „neue Art der Stimmführung“ sollte alsbald Streichquartette auf der ganzen Welt vor schier unlösbare Herausforderungen stellen. Die enge kontrapunktische Verzahnung der vier Stimmen, ihr Vordringen in Grenzregionen des Klangs und die unberechenbaren Einfälle des Meisters spalteten nicht nur die Musiker, sondern auch das Publikum in vehemente Befürworter und brüske Gegner des „späten Beethoven“.


Mylord Falstaff Fürst Galitzin war nicht der einzige „Adlige“, der den Anstoß zu den neuen Quartetten gab. Als Beethoven sich Ende 1824 endlich intensiv an die Arbeit machte, beflügelte ihn eine Größe des Wiener Musiklebens, die er liebevoll „Mylord Falstaff“ nannte: der Geiger Ignaz Schuppanzigh. Der legendäre Primarius des ersten in Wien ansässigen Streichquartetts mit fester Besetzung war 1823 nach Jahren der Abwesenheit in seine Vaterstadt zurück­ gekehrt. Sofort gründete er ein neues Quartett mit Karl Holz an der zweiten Violine, Franz Weiss an der Viola und Joseph Linke am Cello. Für dieses Ensemble komponierte Beethoven alle seine späten Quartette. Freilich kam es schon bei der Uraufführung des ersten Quartetts zum Eklat: „Mylord Falstaff“ versagte und wurde kurzerhand gegen den jungen Geiger Joseph Böhm ausgetauscht. Der berichtete später, wie heikel das Proben mit dem Komponisten war: „Der Unglückliche war damals schon so taub, dass er die himmlischen Klänge seiner Compositionen nicht mehr vernahm. Und doch war eine Probe in seiner Anwesenheit nichts Leichtes. Mit gespannter Aufmerksamkeit folgten seine Augen dem Bogen und darnach wusste er die kleinsten Schwankungen im Tempo oder Rhythmus zu beurteilen und selbe auch gleich abzustellen. Eben in diesem Quartette war im letzten Satze ein ‚meno vivace‘ zum Schlusse, welches mir die Wirkung des Ganzen abzuschwächen schien. Ich rieth daher bei der Probe das gleiche Tempo einzuhalten, was auch geschah und wirklich bessern Eindruck machte. Beethoven kauerte in einer Ecke, hörte nichts davon, sah aber mit gespannter Aufmerksamkeit zu. – Nach dem letzten Bogenstrich sagte er lakonisch: ‚Kann so bleiben‘ – ging zu den Pulten und strich das ‚Meno vivace‘ in den vier Stimmen aus.“ Nach dem kurzen Intermezzo unter der Leitung des Geigers Joseph Böhm kehrte Beethoven für die folgenden Quartette wieder zur Stammbesetzung des Schuppanzigh-Quartetts zurück. Beethoven


erlebte noch die Uraufführungen des a-Moll- und des B-Dur-Quartetts in der Erstfassung mit der großen Fuge. Das F-Dur-Quartett wurde erst nach seinem Tod uraufgeführt, das cis-Moll-Quartett trotz vielversprechender Proben erst Jahre später und zunächst außerhalb von Wien.

Chinesisch Viele Zuhörer reagierten mit Unverständnis auf diese letzten Quartette des Meisters: „Die letzte Bemühung eines Genies im Delirium“, so schrieb gehässig ein Pariser Kritiker. Der alte Cherubini bemerkte degoutant, diese Musik mache ihn „niesen“. Andere Zuhörer hielten die Quartette für „Chinesisch“, für Ausgeburten eines kranken Genies usw. Nur wenige stimmten in das Urteil des Iren George Bernard Shaw ein, der als junger Musik­ kritiker in London diesen Beethoven dem „mittleren Beethoven“ weitaus vorzog: „Warum sollte ich mir die gewollte Bedeutungsschwere, die theatralischen Tricks und Kniffe des mittleren Beet­ hoven anhören, wenn ich diese schönen, simplen, geradlinigen, unprätentiösen, vollkommen verständlichen späten Quartette vorziehe? Muss man sie für alle Zeiten vermeiden, nur weil die Professoren sie einmal für dunkel und unmöglich erklärt haben?“

Quartett Es-Dur, op. 127 Das Es-Dur-Quartett, op. 127, wurde bereits Ende 1822 skizziert, unmittelbar, nachdem der Auftrag des Fürsten Galitzin bei Beet­ hoven eingetroffen war. Vollendet wurde es aber erst im Januar 1825, weil sich die Neunte Sinfonie dazwischengeschoben hatte. Die Uraufführung am 6. März 1825 wurde, wie schon erwähnt, durch Schuppanzighs Patzer eine heikle Angelegenheit. Die zweite Aufführung am 23. März fiel dank des Ersatz-Primarius’ Joseph Böhm besser aus. Vollmundig kündigte der Schottverlag in Mainz die Erstausgabe an und verschwieg dabei nicht die Schwierigkei-


ten der Musiker bei der Einstudierung: „Es ist das als höchster Gipfel der Instrumentalmusik angepriesene, viel bewunderte neueste Quartett des Meisters unserer Zeit ... Es ist jenes Werk, das die vortrefflichste Quartettbesetzung Wiens, von seinen Schwierigkeiten zurückgeschreckt, eine Zeitlang bei Seite gesetzt, aber späterhin nach mehreren Proben als bestes Beethoven’sches Werk anerkannt hat.“ Das Hausquartett des Fürsten Nikolaj Galitzin hatte scheinbar keine Schwierigkeiten mit dem neuen Werk: „Ihren letzten Brief vom 4. Juni habe ich just in dem Moment erhalten, als wir Ihr neues Quartett spielten, und ich kann sagen: in Vollendung, denn es war Lipinski, der die erste Geige übernahm“. So berichtete der dreißigjährige Fürst Galitzin voller Stolz in einem Brief an Beethoven. Der „polnische Paganini“ Karol Józef Lipiński leitete diese russischen Erstaufführungen der Quartette.

Zur Musik Der erste Satz wird vom weichen Schwung der Pastorale bestimmt. Aus den majestätischen Akkorden der Einleitung geht „teneramente“ („zärtlich“) das Hauptthema des Allegro hervor, eine schlichte Liedweise der ersten Violine im Dreiertakt. Ihre Dreiklangsviertel werden den ganzen Satz hindurch in Kontrapunkte eingesponnen und quasi permanent verarbeitet. Ein kurzer Ansatz zu einer heroischen Überleitung mündet in das Moll-Seitenthema, das in der Reprise in Dur wiederkehrt. Vor der Durchführung und vor der Reprise wird die langsame Einleitung wieder aufgegriffen. Der Satz schließt mit Kanons über das Hauptthema.

Der zweite Satz ist ein Adagio in As mit Variationen. Sein Thema erlangte durch Beethovens Begräbnis Berühmtheit, denn es wurde für den Trauerzug mit einem Text unterlegt: „Beethoven’s Heimgang. Für eine Sopranstimme mit Pianoforte; nach einer neuesten Composition des Verewigten bearbeitet“ hieß dieses Arrangement, das im Juni 1827 bei Schott in Mainz erschien. Was Beet­ hoven in den Variationen aus diesem Thema hervorzauberte, hat den französischen Romantiker Vincent d’Indy zu poetischen Vergleichen angeregt: „Ich sehe keine Möglichkeit, ein Wort der Bewunderung zu finden, das stark genug wäre, um


jene Emotion auszudrücken, die eine mit künstlerischem Gefühl begabte Seele beim Anhören dieses Satzes empfinden muss. Seine Größe ist derart gewaltig, dass der mensch­liche Intellekt kaum in der Lage ist, seine Umrisse zu ermessen, geschweige denn, die Höhe seiner Inspiration zu begreifen. Wir müssen uns also auf eine bloße Analyse beschränken: Eine breite Phrase in zwei Teilen von unvergleichlicher Schönheit eröffnet eine Folge von Variationen, die das Thema verstärken und erhöhen bis in bislang unerreichte Zonen des Ausdrucks hinein. Doch noch Größeres steht bevor: Nicht zufrieden damit, in diesen Variationen die musikalischen Ressourcen auszuschöpfen, strebt Beet­ hoven nach oben zu einem völlig neuen Dasein des Themas. In dieser Evolution scheint sich der Geist des großen Musikers der Denkungsart der mittelalterlichen Mystiker zu nähern, deren Werke, zugleich groß und einfach, jenen unverständlich bleiben, die nicht einfach sind wie sie selbst – so vollständig ist diese Einfachheit hinter einer überbordenden Fülle von Details versteckt!“ Das Scherzando des dritten Satzes beginnt auf gezupften Saiten, um danach ein geistreiches Spiel aus widerstreitenden Motiven aufzubauen: Dem aufsteigenden Motiv

des Cellos antworten die Oberstimmen absteigend, die Triller streben in alle Richtungen auseinander. Im zweiten Teil verwandelt sich der scherzhafte Tonfall plötzlich in eine gespenstische Szene, wenn unheimliches Unisono aus der Tiefe aufsteigt. Der Satz zerfleddert, bis das bizarre Trio in es-Moll einsetzt, eine geisterhaft vorüberhuschende Triolenmelodie, die in eine kräftig-derbe Tanzweise mündet. An die Re­prise des Scherzos scheint sich noch einmal das Trio anschließen zu wollen, doch wird es rasch wieder verscheucht. Der Satz endet mutwillig humorvoll. Im Finale setzt sich das Scherzando des dritten Satzes fort: „Mit Scherzo und Finale steigen wir wieder zur Erde herab und finden den spielerischen Beethoven der mittleren Periode wieder, der durch eine liebliche Landschaft wandert und sich an den rauen Gesängen der Landleute erfreut. Das Finale erinnert an die pastoralen Impressionen der Jahre zwischen 1808 und 1812 – wäre da nicht die Coda, die in ihrer träumerischen Stimmung das fast triviale Hauptthema auf Höhen jenseits sterblicher Gefilde hebt und uns daran erinnert, dass sich all dies nicht mehr zwischen Döbling und dem Kahlenberg abspielt, sondern allein in der Vorstellungswelt des Poeten.“ (d’Indy)


Quartett a-Moll, op. 132 Anders, als es die Reihenfolge der Opuszahlen suggeriert, folgte auf das Es-Dur-Quartett zunächst das a-Moll-Quartett. Beethoven vollendete das zweite „Galitzin-Quartett“ im Juli 1825, nachdem er von einer schweren Darminfektion genesen war. Vom Ringen mit der Krankheit zeugt die Überschrift des langsamen Satzes: „Heiliger Dankgesang eines Genesenden an die Gottheit“. Beet­ hovens Kanons und Sinnsprüche aus jener Zeit belegen auch sonst sein Ringen mit dem Göttlichen: „Te solo adoro, mente infinita“ „Dich allein verehre ich, unendlicher Geist“ heißt es in einem Kanon von 1824, „Gott ist eine feste Burg“ in einem anderen von 1825. Sein Tagebuch füllte er damals mit Exzerpten aus den großen philosophischen Schriften der Menschheit. Im a-Moll-Quartett spiegelt sich der Appell an den Höchsten nicht nur im „Heiligen Dankgesang an die Gottheit“ wider. Das Quartett als Ganzes atmet eine Innigkeit romantischen Gefühls, die fast an ein Gebet grenzt.

Zur Musik Die langsame Einleitung beginnt mit jenen vier Tönen, die in diversen Verwandlungen alle späten Quartette durchziehen. Im a-Moll-Quartett besteht dieses Grundmotiv aus den beiden Halbtonschritten gis-a und f-e, verbunden durch den Sextsprung a-f. Zu Beginn wird dieses Motiv in ruhigen Halbenoten als Kanon durch die vier Stimmen geführt. Danach baut eine virtuose Violinkadenz den Übergang zum Allegro, das ganz von seinem klagenden Hauptthema beherrscht wird. Marschartige Episoden drängen sich dazwischen, auch ein fast

Schubertisches Seitenthema. Doch kehrt der Satz immer wieder zum schmerzlich bewegten Hauptthema zurück, auch in der hier sehr knappen Durchführung. Zwei Scherzi umrahmen den langsamen Satz. Im a-Moll-Quartett wird die übliche Viersätzigkeit des Streichquartetts zur Fünfsätzigkeit erweitert. Das erste Scherzo hat Ländlercharakter und steckt voller Scherze mit der Satztechnik: Aufsteigende Durdreiklänge werden von absteigenden Kontrapunkten beantwortet, in immer neuen gewagten Kombinationen. Das Trio


verzichtet auf alle Kunst und setzt bet gesammelt hat. Der letzte Durcheine simple Melodie über einfache lauf des Chorals soll „mit innigster Empfindung“ gespielt werden. „Trommelbässe“. Höhepunkt des Quartetts ist das „Molto adagio“ mit der Überschrift: „Heiliger Dankgesang eines Genesenden an die Gottheit, in der lydischen Tonart“. Es handelt sich um einen Choral, der an die Kirchen­ musik Palestrinas erinnert, durch den Gebrauch des lydischen Kirchentons, das extrem langsame Tempo und die gleichsam „motettische“ Satzweise in ruhigen Imitationen. Zweimal wird der Choral variiert wiederholt, dazwischen erklingt jeweils ein Andante im Dreiertakt, dem Beethoven die Überschrift „Neue Kraft fühlend" voranstellte. Aus den kraftvollen Rhythmen und Doppelgriffen, aus der Tonart A-Dur und dem schwungvollen Duktus des neuen Themas entsteht tatsächlich das Bild eines Menschen, der nach schwerer Krankheit plötzlich neue Kraft fühlt, nachdem er sich im Ge-

Die Tonart A-Dur wird im zweiten Scherzo-Satz wieder aufgegriffen, einem „Alla Marcia“. Dieser ironische Marsch aus fröhlich aufspringenden Rhythmen zählt zu den kurzen, eingängigen Intermezzi in Beethovens späten Quartetten. Das Finale kehrt zum schmerzlichen Duktus des Kopfsatzes zurück, der sich auf schwankendem Grund abspielt: Unruhig pulsierende Unterstimmen tragen das Hauptthema, das von unendlicher Sehnsucht durchdrungen ist. Die kontrastierenden Seitenthemen können den melancholischen Bann über diesem Satz nicht brechen. Mendelssohn und Brahms waren davon so beeindruckt, dass sie die Finali ihrer eigenen a-Moll-Quartette nach diesem Vorbild formten.

Quartett cis-Moll, op. 131 Das cis-Moll-Quartett vollendete Beethoven als vorletztes der sechs späten Werke im Oktober 1826 und verkaufte es an den Schottverlag in Mainz, der nach Opus 127 ebenfalls ein zweites Quartett vom Meister begehrte und bekam – wie Schlesinger die Opera 132 und 135. Anders als seine Vorgänger kam es nicht in Wien zur Uraufführung, sondern in Paris. Das Baillot Quartett


spielte es im März 1829, worüber der Augenzeuge Hector Berlioz einen erschütternden Bericht verfasste: „Im Saal waren ungefähr 200 Personen, die mit religiöser Andacht zuhörten. Nach einigen Minuten jedoch machte sich im Auditorium eine Art Erschöpfung breit. Man begann, mit leiser Stimme zu reden und dem Nachbarn von der Langeweile zu sprechen, die man empfand. Endlich wurde es den Neunzehn- und Zwanzigjährigen zu viel. Es war ihnen unmöglich, einer solchen Langeweile länger Stand zu halten. Sie standen auf und erklärten laut, dass dies unerträglich sei, unverständlich, lächerlich: ‚Das ist das Werk eines Wahnsinnigen!‘ – ‚Das ergibt nicht den geringsten Sinn!‘ etc. Einige Wenige reklamierten erneute Ruhe, und das Quartett konnte zu Ende gespielt werden. Nun brach das schändliche Raunen, das zuvor noch zurückzuhalten war, ungehemmt los. Man klagte Monsieur Baillot an, sich über das Publikum lustig zu machen, da er ihm derlei Extravaganzen präsentiere. Einige Bewunderer Beethovens beklagten ängstlich den Verlust seines Verstandes: ‚Man sieht deutlich,‘ sagten sie, ‚dass er verrückt geworden ist. Wie schade, ein so großer Mann! Solche Monster zu gebären nach solchen Meisterwerken!‘ Derweil sammelte sich in einer Ecke eine Gruppe, deren Gefühle und Gedanken gänzlich andere waren – und man kann sich denken, dass ich dazu gehörte ... Voilà: Wir haben es mit einer Musik zu tun, die fast die gesamte Zuhörerschaft in Aufruhr versetzt, während sie bei einer kleinen Zahl von Individuen wundersame Effekte hervorbringt, und zwar außerhalb jeglicher gewohnten Erfahrung.“

Zur Musik Da die Musik des cis-Moll-Quartetts in ihrem Gefühlsausdruck und ihren philosophischen Dimensionen kaum in Worte zu fassen ist, sei hier nur eine knappe Zusammenfassung des Ablaufs gegeben. Das Quartett be-

ginnt mit einer sehr langsamen Fuge in cis-Moll über eine Variante des Grundthemas der späten Quartette, das hier um einen Auftakt erweitert wird (gis-cis-h-a-gis). Unvermutet folgt darauf ein liebliches Allegro


„più mosso“ als Quasi-Allegro über gleichmäßigen Staccato-Akkorden, ein seufzendes Andante mit Dialogen zwischen Unter- und Oberstimmen, zwei wundersame Adagio-Sätze, die ein Quasi-Scherzo einrahmen, und Auch alle anderen Sätze folgen „atein kapriziöses Allegretto-Finale. tacca“, also im Idealfall ohne Pause: Auf ein instrumentales Rezitativ Auf den Pizzicato-Schluss des An(dritter Satz, Allegro moderato) folgt dantes folgt das eigentliche Scherzo ein wunderbar gelöstes Andante ma des Quartetts: ein Presto im Alla non troppo e molto cantabile in Breve-Takt in E-Dur, ein fast 500 A-Dur, an das sich sieben Variationen Takte langes Pulsieren aller Stimmen anschließen. Mit Recht hat man die- in Staccato-Achteln und Dreiklangssen Satz ein Quartett im Quartett themen. Das cis-Moll-Finale mit genannt, enthalten die Variationen seinem ruppigen Hauptthema wird doch alle Satzcharaktere eines voll- von einem gis-Moll-Adagio eingeständigen Streichquartetts: Andan- leitet, in dem die Bratsche die melote mit Variation als Einleitung, ein dische Führung hat. molto vivace in der Tonart des Neapolitaners D-Dur, ein Sonatensatz, der zusammen mit der Fuge den doppelten Hauptsatz des Quartetts bildet.

Quartett F-Dur, op. 135 In seinem letzten Streichquartett hat Beethoven „auf unauffällige, unaufwändige und doch kunstvolle Weise Bilanz gezogen“ (Arnold Werner-Jensen). In seinem luziden Streichersatz und dem ständigen Wandern der Motive von Instrument zu Instrument wirkt es geradezu spielerisch gelöst, beinahe „haydnesk“. Dazu scheint der Titel des Finales nicht zu passen: „Der schwer gefasste Entschluss“. Manche haben diesen Titel als einen fatalistischen Abschied von der Welt gedeutet, die meisten sehen darin freilich die letzte Pointe eines großen Humoristen. In einem Brief an seinen Verleger Schlesinger erklärte Beethoven die Überschrift des Finales mit seinem schwer gefassten Entschluss, das im Voraus bezahlte Quartett überhaupt zu vollenden. Ein anderer schwer gefasster Entschluss spielte mit hinein, nämlich der des Wiener Hofkriegs­ agenten Ignaz Dembscher, sich bei Ignaz Schuppanzigh für die


leihweise Überlassung der Stimmen zu Beethovens Quartett Opus 130 mit einer angemessenen Summe zu bedanken. Beethoven hatte darauf bestanden, dass Dembscher dem Geiger 50 Gulden bezahle, worauf der Wiener maliziös antwortete: „Wenn es sein muss!“ Spontan skizzierte Beethoven einen Kanon mit dem Text „Es muss sein, es muss sein, ja, ja, es muss sein! Heraus mit dem Beutel!“ Den Anfang dieses Kanons mit dem Text „Es muss sein“ hat Beethoven zum Allegrothema seines Finales gemacht und ihm als langsame Einleitung die f-Moll-Frage „Muss es sein?“ vorangestellt. Man kann sich leicht vorstellen, wie Beethoven die Szene mit Dembscher und Schuppanzigh als Ausgangspunkt für sein Finale benutzte, um sie danach komponierend weit hinter sich zu lassen.

Zur Musik Im ersten Satz ist es eine fast beiläufige Figur der Bratsche, die mit ihrem Schleifer und ihrem punktierten Rhythmus den humorvollen Tonfall festlegt. Das eigentliche Hauptthema, das dieser Schlenker hervorruft, ist auf alle vier Stimmen in ständigem Wechsel verteilt und schlendert als gemütliches Allegretto im Zweivierteltakt durch die Welt. Wie in Haydns Quartetten geht es hier um geistreiche Pointen, die aus nonchalant hingeworfenen Motiven entwickelt werden. Im Hauptteil des folgenden Scherzos begleiten synkopische Oberstimmen ein Staccato-Thema des Cellos, während sich im Trio singende Melodik ausbreitet. „Ein in seiner abgeklärten

Schlichtheit bezwingender und ergreifender Variationensatz in DesDur schließt sich an und breitet auf allerengstem Raum noch einmal Beethovens unerreichte Kunst des Veränderns aus“ (Werner-Jensen). „Der schwer gefasste Entschluss“ lautet das vorangestellte Motto des Finales, das der Komponist durch zwei textierte Motive erläutert hat: Auf die Frage „Muss es sein?“, in f-Moll, Dreihalbe und im BassSchlüssel, antwortet in schnellem, kraftvollem F-Dur und mit absteigender Terz das Motiv „Es muss sein“ in der Oberstimme. Aus der Frage wird die langsame Einleitung, aus der Antwort der Alleg­ro-Hauptteil des Finales. Dieses Frage-Antwort-


Spiel zwischen den beiden Kürzest- am Ende behält das „Es muss sein“ Motiven prägt das gesamte kontra- die Oberhand. punktische Gewebe des Satzes. Ganz

Quartett B-Dur, op. 130 Das B-Dur-Quartett Opus 130 entstand als drittes der „Galitzinquartette“ zwischen August 1825 und Januar 1826, und zwar mit der „Großen Fuge“ als Finalsatz. In dieser Form wurde das Quartett am 21. März 1826 vom Schuppanzigh-Quartett uraufgeführt und hinterließ einen zwiespältigen Eindruck. Die „Allgemeine musikalische Zeitung“ resümierte: „Das neueste Quartett von Beethoven in B (das dritte unter den letzten), bestehend aus folgenden Sätzen: a. Allegro moderato; b. Presto; c. Scherzo Andantino; d. Alla danza tedesca; e. Cavatina; f: Fuga. Der erste, dritte und fünfte Satz sind ernst, düster, mystisch, wohl auch mitunter bizarr, schroff und capriciös; der zweyte und vierte voll von Muthwillen, Frohsinn und Schalkhaftigkeit; dabey hat sich der große Tonsetzer, der besonders in seinen jüngsten Arbeiten selten Maß und Ziel zu finden wusste, hier ungewöhnlich kurz und bündig ausgesprochen. Mit stürmischem Beyfall wurde die Wiederholung beyder Sätze verlangt. Aber den Sinn des fugir­ ten Finale wagt Ref. nicht zu deuten: für ihn war es unverständlich, wie Chinesisch. Wenn die Instrumente in den Regionen des Südund Nordpols mit ungeheuren Schwierigkeiten zu kämpfen haben, wenn sie sich unter einer Unzahl von Dissonanzen durchkreuzen, dann gibt es ein Concert, woran sich allenfalls die Marokkaner ergötzen können.“ Eine Konsequenz dieser Polemik war die Absonderung der „großen Fuge“, die Beethoven 1826 durch ein neu komponiertes Finale ersetzte – die letzte Musik für Streichquartett, die er geschrieben hat.


Zur Musik Wieder beginnt der erste Satz mit einer langsamen Einleitung, Adagio ma non tanto. Sie dient hier aber nicht nur als Vorspann zum Allegro, sondern bildet mit dessen Hauptthema eine Einheit, denn sie kehrt im Satzverlauf mehrfach wieder, oft im taktweisen Wechsel mit dem Allegro-Thema. Die Ruhe der Einleitung und der kräftige Impuls des Allegro-Themas scheinen sich gegenseitig zu ergänzen, wie zwei widerstreitende Charaktere. Das Allegro seinerseits beginnt mit zwei kapriziösen Einfällen, die im doppelten Kontrapunkt miteinander kombiniert werden: eine absteigende Sechzehntelarabeske und ein kraftvoll aufsteigendes Achtelmotiv. Diese beiden Motive durchziehen in ständiger Metamorphose den ganzen Satz, bis hin zu ihrer lyrischen Verwandlung in ein hochroman­ tisches Intermezzo mitten in der Durchführung. Mitten im kontrapunktischen und rhythmischen Spiel mit den Motiven fällt die Energie des Allegros immer wieder zurück in die Innigkeit des Adagios. Die drei Binnensätze entsprechen den Satzcharakteren Scherzo, Andante und Deutscher Tanz. Nur zwei Minuten dauert das b-Moll-Presto mit seinem atemlosen Hauptthema und den auftrumpfenden Triolen im Trio. Verständlich, dass die Wiener gerade diesen Satz bei der Urauffüh-

rung da capo klatschten. Deutlich bizarrer wirkt das folgende „Poco Scherzoso“ mit seiner pathetischen des-Moll-Einleitung, die sich in ein ganz kindliches Des-Dur-Thema aufklart. Wie in einem Quodlibet reiht sich danach Volksliedmelodie an Volksliedmelodie, scheinbar ohne inneren Zusammenhang, aber in einer wunderbaren Freiheit der Rhythmen und getragen von delikatesten Quartettklängen. So unbeschwert schlendernd wie in diesem Satz hatten die Wiener Beethoven schon lange nicht erlebt, trotzdem gefiel ihnen der vierte Satz noch besser. „Alla Danza tedesca“ schrieb der Meister über diesen ironischen Walzer in G-Dur. Wiener Schmäh kleidete er hier in eine Walzermelodie von kindlicher Unschuld. Das ständige An- und Abschwellen des Klangs ist ein Scherz mit der Dynamik. Auch dieser Satz wurde bei der Uraufführung auf Wunsch des Publikums sofort wiederholt. In eine ganz andere Welt gehört der fünfte Satz, die berühmte „Cavatina“. Der Titel ist Programm: Beethoven hat hier den Klängen des Quartetts die innigste Arienform der Oper aufgeprägt. Nach kurzem „Vorhang“ der Unterstimmen setzt die erste Violine auf der G-Saite mit einem Es-Dur-Gesang ein, der sich in so innigen Wendungen ausspricht, dass man kaum bemerkt, wie das „Or-


die in vier Fugenabschnitten monumental ausgearbeitet werden. Das nachkomponierte Finale setzt gänzlich anders ein: Mit einem „MurkyBass“ in der Bratsche, also mit „leeren“ Oktaven auf G als Klanggrund für einen mürrischen Volkstanz in c-Moll, der sich erst nach sechs Takten nach B-Dur wendet. Die simplen Themen dieses Kehraus-Finales, seine rhythmischen Steigerungswellen und die klassizistische Rondo-Anlage ließen bei den Zeitgenossen eine gewisse Enttäuschung aufkommen, hatte man sich Beethovens letzte Eingebungen doch tiefsinniger vorgestellt. Zur heiteren Gemütsverfassung des Meisters und seiner von fernöstlicher Weisheit geprägten In der Urfassung folgte auf die geHaltung passte jedoch dieser leichte, hauchten Schlusstöne dieses Satzes tänzerische Abgesang viel besser als die „Große Fuge“ mit ihrer abstrakder Turmbau der großen Fuge. ten Vorstellung von vier Themen,

chester“ der Unterstimmen immer wieder kleine Echos einstreut. Der vierstimmige Satz ist so dicht geschrieben, dass „Orchester“ und „Gesang“ zur Einheit verschmelzen. Gegen Ende des ersten Teils schleichen sich über absteigende Dreiklänge schmerzliche Molltöne ein, die im Mittelteil ihren Widerhall finden: „Beklemmt“ schrieb Beethoven über dieses Geigensolo, das über dem bebenden Herzschlag der Unterstimmen in Ces-Dur einsetzt. Vor Schluchzen scheint die Geige zu keinem Gesang mehr finden zu können. Schließlich gelingt ihr aber doch die Rückleitung zum Es-Dur-Gesang des Anfangs.

Große Fuge, op. 133 Die Geschichte der „Großen Fuge“ als selbständiges Opus begann mit der schüchternen Anfrage des Verlegers Artaria, ob Beethoven nicht „anstatt der schwer fasslichen Fuge ein neues, den Ausführenden wie dem Fassungsvermögen des Publikums zugänglicheres letztes Stück“ schreiben könne. Der Künstler gab dieser Bitte für seine Verhältnisse ungewohnt widerspruchslos nach, indem er für das B-Dur-Quartett ein neues Finale komponierte und die Fuge später als Opus 133 separat herausgeben ließ. Letztlich war es dem Geiger Karl Holz gelungen, Beethoven davon zu überzeugen, dass „diese Fuge ein außer dem Bereich des Gewöhnlichen, ja


selbst seiner neuesten ungewöhnlichen Quartettmusik liegendes Kunstwerk sei, dass es für sich allein abgesondert dastehen müsse, auch allerdings eine eigene Opuszahl verdiene“. Nicht nur der bereits zitierte Kritiker der Uraufführung nannte die Fuge „chinesisch“ und dachte angesichts der extremen Klanglagen an die „Regionen des Süd- und Nordpols“. Auch andere Zeitgenossen wie Mendelssohns Vater oder der Komponist Luigi Cherubini schimpften über diese dunkle und völlig unverständliche Musik. In der Tat wird durch die revolutionäre Sprengkraft dieses Satzes, seine emotionale und musikalische Energie, das Medium Streichquartett bis zum Zerreißen gespannt.

Zur Musik Das Hauptthema der Fuge tritt in vier verschiedenen Gestalten auf, die zu Beginn in einer Overtura nacheinander vorgestellt und dann in fünf großen Abschnitten, allerdings in umgekehrter Reihenfolge, durchgeführt werden. Es handelt sich, dem Beethovenforscher Joseph Kerman zufolge, um „eine disziplinierte Doppelfuge in B-Dur, eine hervorragend

undisziplinierte Fuge in As-Dur, einen lyrischen Zwischenteil in G-Dur, der gar nicht als Fuge gelten kann, eine vierte Version des Grund­ themas in einer simplen, fast komischen Tanzpassage sowie einen langen Schlussabschnitt, in dem die diversen Themengestalten neckisch hervorgeschleudert und wieder fallengelassen werden.“

Josef Beheimb


Die Interpreten Pacific Quartet Vienna Ihre Leidenschaft für die Königsdisziplin der Kammermusik, das Streichquartett, bewog die vier jungen MusikerInnen zur Gründung des multinationalen und inzwischen international bekannten Pacific Quartet Vienna (PQV). Mit seinem feinfühligen, warmen Klang begeistert das Quartett seither weltweit sein wachsendes Publikum. 2015 gewann das PQV den 1. Preis, den Publikumspreis und den Preis für die beste Interpretation eines Werkes von Joseph Haydn am 6. Internationalen Joseph Haydn Kammermusikwettbewerb in Wien. Des Weiteren gewann das Quartett 2016 den August Pickhardt Preis der Stadt Basel und 2017 den New Austrian Sound of Music Preis 2018/19. Zu den Highlights in den vergangenen Konzertsaisonen zählen unter anderem das Debüt im Musikverein (Wien) und in der Wigmore Hall (London) sowie CD- und Rundfunkaufnahmen mit dem österreichischen Label Gramola und dem Schweizer Radio und Fernsehen SRF. Nach zwei äußerst erfolgreichen Italien­tourneen im Februar 2018 standen weitere bedeutende Konzerte unter anderem im Brucknerhaus in Linz auf dem Programm. Das Quartett stand im Mai 2019 auf den Bühnen des Kammermusikfestivals in Mantua und wird im Oktober nach Taiwan reisen. Im Herbst 2018 erschien das zweite Album mit Werken von Haydn, Bartók und Brahms.


Auftritte im Rahmen renommierter Festivals wie den Haydn Festspielen in Rohrau, dem Ravenna Festival, dem Kalkalpen Festival, der styriarte oder dem Lucerne Festival sowie regelmäßige Konzerte in den großen Sälen der Welt gehören ebenso zum Tourneeplan wie privat organisierte Hauskonzerte. Nebst dem Schwerpunkt auf der 1. und 2. Wiener Schule hat das Pacific Quartet Vienna seine Aktivitäten mit interkulturellen Austauschprogrammen zwischen Europa (Schweiz/Österreich) und Asien (Japan/Taiwan) ergänzt. Dies führte zu ausgedehnten Tourneen in diesen Ländern während der letzten Jahre. Außerdem hat das Quartett ein einzigartiges Märchenkonzert-Programm realisiert, das Kindern und Erwachsenen Klänge, Sprachen und Philosophien aus verschiedenen Kulturkreisen vermittelt.

Eliot Quartett „Ihre Aufführung von Beethovens op. 132, vor allem des perfekt duchgehaltenen und berührenden langsamen Satzes, war eine der überzeugendsten, die ich gehört habe.“ – Alfred Brendel Das Eliot Quartett gründete sich im Sommer 2014 und zählt bereits zu den interessantesten und vielversprechendsten Streichquartetten der neuen Generation. Das international besetzte Ensemble – die Mitglieder stammen aus Russland, Kanada und Deutschland – gründete sich in Frankfurt am Main und ist Preisträger mehrerer nationaler und internationaler Wettbewerbe. Vor allem im Jahr 2018 machte das Quartett mit einer Bilanz von insgesamt vier Preisen renommierter Wettbewerbe auf sich aufmerksam. So erhielt das Eliot Quartett den 2. Preis beim Mozartwettbewerb Salzburg sowie den 2. Preis bei der Melbourne International Music Competition, gewann den Preis des Deutschen Musikwettbewerbs mit drei Sonderpreisen sowie den 1. Preis mit Sonderpreis für die beste Interpretation eines Werkes von Szymanowski bei der Karol Szymanowski Competition.


Ein weiteres Highlight 2018 war das Debüt im Mozarteum Salzburg im Rahmen der Eröffnungsgala der Mozart-Festwochen des Mozarteums Salzburg. Weitere Konzerte führten das Quartett nach Italien, Spanien, Belgien, Polen und England. Im November 2018 eröffnete das Eliot Quartett die Streichquartetttage im Holzhausenschlösschen in Frankfurt am Main, wo es 2019 als erstes Quartett „in Residence“ eine eigene Konzertreihe gestaltet. In dieser Spielzeit bestritt das Quartett außerdem unter anderem ein Gastspiel beim Bachfest Leipzig sowie soeben einen gemeinsamen Auftritt mit Alfred Brendel im Rahmen eines Vortrags zu Schuberts Streichquartett D 887 bei der Schubertiade in Schwarzenberg. Seine künstlerische Ausbildung begann das Eliot Quartett im Master-Studiengang an der HfMDK Frankfurt bei Hubert Buchberger und Tim Vogler sowie an der Escuela Superior de Musica Madrid in der Meisterklasse von Günter Pichler. Weitere entscheidende Impulse erhält das Quartett in der gemeinsamen Arbeit mit Alfred Brendel. Darüber hinaus sind die vier Musiker Stipendiaten der Villa Musica Rheinland-Pfalz und arbeiteten in Meisterkursen mit Künstlern wie Valentin Erben, Oliver Wille und dem Mandelring Quartett. Das Eliot Quartett ist nach dem U.S.-amerikanischen Schriftsteller T. S. Eliot benannt, der sich von den innovativen, späten Streichquartetten Ludwig van Beethovens zu seinem letzten großen poetischen Werk „Four Quartets“ inspirieren ließ.


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Aviso Montag, 1. Juli – Helmut List Halle, 20 Uhr

Philharmonix-Mix Johannes Brahms: Klarinettenquintett in h / Ungarischer Tanz Nr. 1 in g Stephan Koncz: Tänze aus Transsylvanien Max Bruch: Rumänische Melodie Andrei Gavrilin: Walzer aus „Anyuta“, u. a.

Philharmonix – The Vienna Berlin Music Club Ganz unphilharmonisch zwanglos geht es zu, wenn Daniel Ottensamer mit seinen philharmonischen Kollegen aus Wien und Berlin in die Rolle der „Philharmonix“ schlüpft. Sie wollen vor allem eines: zünden. Dazu transformieren sie Melodien aus aller Herren Länder in ihren „Sound“. Ödön Rácz, Solobassist der Wiener Philharmoniker, legt los, und die andern müssen mithalten, im unbändigen Balkan-Wiener Stilmix. Johannes Brahms hätte seine Freude dran gehabt, denn zu seiner Zeit spielte man sein Klarinettenquintett auch nicht so gesittet wie heute. Bei den Transsyl­ va­n i­s chen Tänzen von Stephan Koncz hält es dann keinen mehr auf sei­nem Platz.


Neues entsteht mit Kommunikation.

Kommunikation seit 1993 www.conclusio.at


Aviso Mittwoch, 3. Juli – Helmut List Halle, 20 Uhr

Eroica.SOAP Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 3 in Es, „Eroica“

styriarte Festspiel-Orchester Dirigent: Andrés Orozco-Estrada Ein interaktives Konzertformat, auf der Basis unserer SOAPs von Andrés Orozco-Estrada selbst kreiert, feiert Premiere bei der styriarte: Am Pult des Festspiel-Orchesters stellt der mitreißende Maestro und geniale Kommunikator verschiedene Interpreta­ tionsansätze der „Eroica“ zur Diskussion. Eine Art offener Probe mit vielen Hintergrundinformationen über Beethovens heroische Sinfonie. Das Publikum soll dann selbst entscheiden, was ihm am besten gefällt. Am Ende steht die Gesamtaufführung von Beet­ hovens Dritter, von der am Anfang des Konzertes noch keiner der Beteiligten weiß, wie sie ausgehen wird. Dazu kommen die Raffinessen unserer SOAPs, die Kameras, die die Arbeit auf der Bühne auch im Detail auf die Großleinwand werfen, u. a. m.


HaltungsĂźbung Nr. 20

Neugierig bleiben. Eine leichte, beinahe kinderleichte HaltungsĂźbung ist gleichzeitig eine der wichtigsten: neugierig bleiben. Wenn Sie das jeden Tag Ăźben, machen Sie es irgendwann automatisch. Wir sprechen da aus Erfahrung. derStandard.at

Der Haltung gewidmet.


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Tel +43 /(0)316 / 82 56 96 Fax 82 56 96 - 26 www.kunst-alendl.at office@kunst-alendl.at

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Populäre Musik in der Steiermark

POP 1900 – 2000 Franz Fauth, Mann mit Grammophon, St. Peter im Sulmtal, undatiert (Multimediale Sammlungen /UMJ)

Universalmuseum Joanneum

Museum für Geschichte 15.03.2019— 26.01.2020 Sackstraße 16, 8010 Graz Mi–So 10–17 Uhr www.museumfürgeschichte.at



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