Dienstag, 2. Juli 2019, 20 Uhr Minoritensaal
Lautenmeister
John Dowland (1563–1626)
Mr. Dowland’s Midnight Anthony Holborne (um 1545–1602)
Pavan Galliard to the Pavan before
John Johnson (um 1540–1594)
Carman’s Whistle Variations Anthony Holborne
Mad Dog
Manuel María Ponce (1882–1948)
Suite in Modo Antico Prélude Allemande Sarabande Gavottes I & II Gigue
John Dowland
Preludium Forlorne Hope Fantasy
Felix Mendelssohn (1809–1847)
Venetianisches Gondellied aus „Lieder ohne Worte“, op. 19/6 John Dowland
A Fancy
John Dowland
Lady Clifton’s Spirit Anthony Holborne
As it fell on a holy day Heigh Ho Holiday
Hopkinson Smith, Renaissancelaute
Hopkinson Smith spielt auf einer Laute von Joel van Lennep, New Hampshire, USA.
Lautenmeister
Nach der Hinrichtung ihrer Stiefmutter 1542 beschloss die neunjährige Elizabeth Tudor, nie zu heiraten. Dass die spätere Elizabeth I. dabei auch Jungfrau geblieben sei, ist ein Gerücht, das ihre große Liebe Robin Dudley, Earl of Leicester, sicher hätte dementieren können, es war jedoch Teil ihrer Selbststilisierung als „Virgin Queen“. Jungfräulich klingen zumindest die Lautenstücke ihrer Epoche, wenn sie von Hopkinson Smith gespielt werden. Varia tionen über ein Thema: die Königin.
Ad notam
Good Old England Obwohl „Good Old England“ seit neustem vom Kontinent nichts mehr wissen möchte, war dies jahrhundertelang völlig anders. Queen Elizabeth I. musste sich des Kontinents weiß Gott erwehren – von einem Heiratsantrag des Franzosen Henri d’Anjou über den Bann des Papstes in Rom bis hin zum Angriff der spanischen Armada. Doch auf die Musik des Kontinents hätte sie nie verzich tet. Die schönen Galliarden aus Italien, die spanischen Pavanen und die deutschen Tänze namens „Almains“ füllten die Bände der „Gentlemen of Music“, die an ihrem Hof dienten.
Anthony Holborne Zu ihnen gehörte Anthony Holborne, dessen Geburtsjahr unbekannt ist. Möglicherweise hat er in Cambridge studiert, sicher ist nur, dass er 1584 in Westminster heiratete, dass ihn Elisabeths Kanzler Robert Cecil für diplomatische Missionen in die Niederlande schickte und dass er am 1. Dezember 1602 allzu früh starb. Er war der Spezialist für die kleinen leichten Galliarden, die Springtänze, und andere unterhaltsame Tanznummern. Enthalten sind sie in seiner „Cittharn School“ von 1597 und in einer Sammlung, die er 1599 unter folgendem Titel veröffentlichte: „Pavans, Galliards, Almains and other short Aeirs both grave and light in five parts for Viols, Violins or other Musicall Winde Instruments“, sprich: „Pavanen, Galliarden, Allemanden und andere kurze Tänze, sowohl schwer als auch leicht, zu fünf Stimmen für Gamben, Geigen oder Blasinstrumente“. Obwohl die Laute in dieser Aufzählung fehlt, konnte jeder geübte Lautenist Holbornes Tänze spielend auf die Saiten seines Instruments übertragen.
Gewidmet wurde der Band einem der vornehmsten Adligen Eng lands: Sir Richard Champernowne, Knight of Modbury aus der Grafschaft Cornwall. Der seltsame Name der Familie erklärte sich aus dem mittelalterlichen Ahnherrn William de Campo-Arnulphi. Sir Richard trieb die Pracht seiner Hofhaltung so weit, dass er sein Familienerbe an den jüngeren Bruder Arthur verlor, der als „Held“ aus dem „irischen Krieg“ zurückkehrte, sprich: die englische Unterdrückung Irlands militärisch wieder einmal besiegelt hatte. Bruder Richard war deutlich mehr den friedlichen Vergnügungen hingegeben und wusste die vielen Anspielungen zu enträtseln, die Holborne in den Titeln seiner insgesamt 65 Stücke verborgen hatte. Lakonisch schrieb der Komponist in der Widmung an seinen adligen Gönner: „Und da es sich der Zahl nach um viele Stücke handelt, so sind sie auch im Stil unterschiedlich, um unterschied lichen Naturen zu gefallen.“ („And as they are in number many, so are they of nature variable to please variable natures“.) Vor der Pause spielt Hopkinson Smith ein Tanzpaar von Holborne: eine Pavane und die dazu gehörige Galliard, also Schreit- und Springtanz in der üblichen Paarung. „Mad Dog“ ist einer der skur rilen Springtänze Holbornes. Welchen „verrückten Hund“ er hier porträtierte, bleibt sein Geheimnis. Vielleicht gehörte er zur Me nagerie der Königin. Mit zwei weiteren Stücken von Holborne beschließt Hopkinson Smith sein Programm. Es handelt sich um die letzten Sätze aus dem Band von 1599: „As it fell on a holy day“ wurde wenig später in Cornwall zum Volkslied. „Heigh Ho Holiday“ ist ein Springtanz, der ebenfalls wie ein englisches Volkslied klingt.
John Johnson 1577 wurde John Johnson unter „Her Majesty’s Musicians for the three lutes“ aufgenommen: Er wurde einer von drei Lautenisten der Königin, die damals genug hatte von ausländischen Lauten künstlern, hinter deren Spiel sie katholische Spionage witterte. Wie Johnson waren auch seine beiden Kollegen Mathias Mason
und Thomas Cardell Engländer. Erstmals verdrängten damit die einheimischen Lautenisten die Ausländer, die vorher bei Hofe den schönen Lautenton angegeben hatten. Dank seiner ausdrucks starken Pavanen erlangte Johnson rasch europäische Berühmtheit, die mit seinem frühen Tod 1594 nicht abriss. Seine Variationen über „Carman’s Whistle“ („Johnsons Juwel“) haben ein besonders pikantes Lied zum Vorbild: Der „Carman“, also der Fuhrmann, war in England für seine Pfeifkünste berühmt, um angeblich die Pfer de im Zaum zu halten. Freilich konnte er damit auch junge Damen bezirzen wie in dem Lied „The Courteous Carman and the Amo rous Maid“, also „Der höfliche Fuhrmann und die verliebte Maid“, auch genannt „Des Fuhrmanns Pfeifen“. Darüber schrieb Johnson seine Variationen – sehr zur Freude seiner Königin.
John Dowlands Mitternacht Er gehörte zu den wahren Europäern aus England, wenn auch unfreiwillig: Weil Elizabeth I. seinen sehnlichsten Wunsch nicht erfüllte, ihn zum Hoflautenisten zu machen, wurde John Dowland zum ewigen Wanderer durch die Länder des Kontinents. Der Ur grund aller Schmerzen in Dowlands Leben war jene Ablehnung durch die Königin, eingefangen im Eröffnungsstück des Programms: „Mr. Dowland’s Midnight“, die „Mitternacht“ des John Dowland, hier symbolisch zu verstehen als tiefste Melancholie. Auch die „Forlorne Hope Fantasy“ kreist um Dowlands berühmte „schwar ze Galle“, ein ewiges Brüten über die königliche Abfuhr: die „Fan tasie der verlorenen Hoffnungen“. „Fancy“ ist ein anderer Ausdruck für Fantasie im musikalischen Sinne, wobei Dowlands Fantasien die kunstvollsten der Epoche sind, voller Chromatik und imitato rischer Abschnitte. Warum die Königin im Falle Dowlands so unnachgiebig war, wis sen wir nicht. Es könnte daran gelegen haben, dass Dowland offen bekennender Katholik war, oder dass er in einen Skandal verstrickt war, was Königinnen normalerweise nicht verzeihen. Vermutlich
war er ein schwieriger Charakter, was die Königin in ihrem engs ten Umfeld kaum ertrug. Wie dem auch sei: Aus Gram über die kalte Schulter der Königin verließ Dowland seine Heimat und verdingte sich bei verschiedenen Fürsten auf dem Kontinent als Hoflautenist. Besonders gefördert wurde er vom Markgrafen Moritz von Hessen-Kassel und vom Dänenkönig Christian IV., der damals auch halb Norddeutschland beherrschte. Von Kassel und Kopenhagen aus betreute Dowland den Druck seiner Lautenlieder in England, freilich verschlug es ihn auch nach Nürnberg und viel weiter in den Süden, nach Italien.
Venezianisches Gondellied Dass eines seiner „Venetianischen Gondellieder“ für Klavier einmal auf einer Renaissancelaute erklingen würde, hätte sich Felix Men delssohn sicher nicht träumen lassen. Immerhin begleiteten sich die Gondolieri Venedigs auch auf archaischen Zupfinstrumenten, wenn sie ihre Lieder einmal nicht zum Ruderschlag ihrer Gondel, sondern zuhause auf dem Trockenen sangen. Mendelssohn lausch te sich seine Gondellieder von den Originalgesängen der Venezianer ab oder erfand sie in deren Stil neu.
Suite unter falschem Namen 1929 bat der große spanische Gitarrist Andrés Segovia seinen mexikanischen Freund Manuel Ponce um eine Gitarrensuite im Stil von Johann Sebastian Bach. Segovia bestand darauf, das Werk unter dem Namen von Bachs Zeitgenossen Sylvius Leopold Weiss aufzuführen und auch im Druck erscheinen zu lassen. Der aus Schlesien stammende Virtuose war Hoflautenist Augusts des Starken in Dresden, ein Freund Bachs und in seinen Lautensuiten dem Bach’schen Stil täuschend ähnlich. Der Sinn der Fälschung war ein ganz simpler: Segovia bestellte so viele Gitarrenstücke bei Ponce, dass er ihre Identität verheimlichte, um sich nicht vorwer
fen lassen zu müssen, immer nur Musik von einem Meister auf zuführen. Ponce willigte ein, doch schon in den 1950er-Jahren sprach sich auf Segovias Meisterkursen die wahre Identität des Komponisten herum. Gelüftet wurde sie erst 1964, 16 Jahre nach Ponces Tod, durch dessen Schüler und Erben Carlos Vázquez. Dennoch spielte Segovia die Stücke weiter unter dem Namen von Weiss. Erst 1983 erschien in Paris endlich eine Ausgabe der „Suite im Alten Stil“ unter dem Namen ihres wahren Komponisten: Manuel Ponce. Hopkinson Smith nahm diese Episode zum Anlass, die Suite von der Gitarre auf die Laute zu übertragen, auf das Instrument des Sylvius Leopold Weiss.
Josef Beheimb
Der Interpret Hopkinson Smith, Renaissancelaute Er ist der unumstrittene Lautenmeister unserer Zeit: der 1946 in Amerika geborene Hopkinson Smith. Nach seinem mit Auszeich nung abgeschlossenen Musikwissenschaftsstudium in Harvard kam Hopkinson Smith 1973 nach Europa, um hier in Katalonien bei Emilio Pujol und in Basel bei Eugen Dombois zu studieren. Basel, Mekka der Alten-Musik-Szene, ist mittlerweile zu seiner zweiten Hei mat geworden. Dort lebt er und lehrt an der berühmten Schola Cantorum Basiliensis. Sowohl als Solist als auch gemeinsam mit Spitzenensembles der Alten Musik ist er regelmäßig auf Konzerttournee. Er war u. a. Gründungsmitglied von Jordi Savalls Ensemble Hespèrion XXI und arbeitete mehrere Jahre gemeinsam mit dem katalanischen Gambenmeister zusammen. Hopkinson Smith ist mit Auftritten wie auch mit Meisterklassen in ganz Europa, Amerika, Australien, Korea und Japan präsent. Seit Mitte der 80er-Jahre beschäftigt sich Hopkinson Smith primär mit Solomusik für alte Zupfinstrumente wie der Vihuela, der Renaissance- und Barocklaute, der Theorbe und mit Renaissanceund Barockgitarren. Seine Aufnahme mit Bachs gesamtem Lau tenwerk wurde mit dem Grand Prix du Disque ausgezeichnet. Den Diapason d’Or erhielten die Einspielungen der Werke von Pierre Attaingnant, von John Dowland und von Francesco da Milano. Hopkinson Smith lebt in Basel in der Schweiz, wo er an der Schola Cantorum Basiliensis unterrichtet.
KLANGSPUREN SCHWAZ TIROLER FESTIVAL FÜR NEUE MUSIK MARK ANdRE ZEENA PARKINS
06.09.–22.09.2019
RISSE
Aviso Freitag, 5. Juli – Helmut List Halle, 20 Uhr
Es war einmal … Die schönsten Märchen der Verwandlung: Froschkönig, Hans mein Igel, Schneeweißchen und Rosenrot, Aschenputtel Musik für Harfe, Violine und Cello von Camille Saint-Saëns (Der Schwan u. a.), Henriette Renié und Louis Spohr
Johannes Silberschneider, Lesung Christoph Bielefeld, Harfe Julia Kürner, Violine Lisa Kürner, Violoncello Aus dem Froschkönig wird der schöne Prinz, aus dem Aschenput tel die hinreißende Ballschönheit. Verwandlungen gehören zum Märchen wie die Metamorphosen zur antiken Sage. Johannes Silberschneider hat die schönsten Verwandlungsgeschichten aus Grimms Märchen herausgesucht. Der Münchner Christoph Bie lefeld, Soloharfenist im Bruckner Orchester Linz, umhüllt mit sei nem Trio die Geschich ten mit den Zauber tönen märchenhafter Romantik.
HAUS
DER
KUNST
Galerie · Andreas Lendl A-8010 GRAZ · JOANNEUMRING 12
Tel +43 /(0)316 / 82 56 96 Fax 82 56 96 - 26 www.kunst-alendl.at office@kunst-alendl.at
Ölgemälde · Aquarelle · Zeichnungen Druckgraphik · Skulpturen Reproduktionen · Kunstpostkarten · Künstlerkataloge Exklusive Rahmungen
Aviso Samstag, 6. Juli – Helmut List Halle, 20 Uhr
The Golden Age Show Opernarien und Instrumentalstücke von Antonio Vivaldi, Georg Friedrich Händel und anderen
Gemma Bertagnolli, Sopran Fetish Baroque SHAD Performance & Andrea Mühlbacher, Performance Birgit Mörtl, Bodypainting Im Anschluss an das Konzert: Dionysos Clubbing mit DJ Martin Freudentanz Fetish Baroque holt Alte Musik mit einer schrillen Show ins neue Jahrtausend. Gewappnet mit Soundtechnik und Lichtdesign, Nebel maschine und Pole-Stange, body-gepaintet von Weltmeisterin Birgit Mörtl, nähert sich das Ensemble den Opern von Händel und Vivaldi mit den Mitteln der Show: Sie tanzen die Follia, verwandeln Dafne in einen Lorbeerbaum und beschwören das mythische Goldene Zeitalter. Star der Produktion ist Gemma Bertagnolli, die das Blut der Zuhörer mit italienischem Tempera ment in Wallung bringt. Und wer dabei richtig in Schwung gekommen ist, kann hinterher beim Clubbing mit DJ Freudentanz gleich selbst das Tanzbein schwingen.
Aviso Mo, 8. und Di, 9. Juli – Schloss Eggenberg, 18 Uhr
Schule der Liebe Ein Fest in Eggenberg John Blow: Venus and Adonis (Masque)
Daneman, Kristjansson, Lesiak, Stimmel HIB.art.chor & Neue Hofkapelle Graz Jacob van Eyck: Doen Daphne d’over schoone Maeght
Andreas Böhlen, Blockflöte & Saxophon Ariadne’s Rope
Linn Brodén, Slackline u. a. Inszenierung: Thomas Höft Sie sind schon ganz aufgeregt, die kleinen Amoretten, denn heute sollen sie der Göttin Venus erklären, was sie in der Schule der Liebe so alles gelernt haben. Diese köstliche Szene steht im Mit telpunkt von John Blows bezaubernder Oper „Venus & Adonis“, deren Protagonisten auch auf so manchem Gemälde durch Schloss Eggenberg flanieren. Thomas Höft und die Neue Hofkapelle Graz unternehmen eine gefühlvolle Liebes reise durch das Gra zer Weltkulturerbe, begleitet von sehn suchtsvoller Barock musik, gewürzt mit Akrobatik und Im provisation.
Populäre Musik in der Steiermark
POP 1900 – 2000 Franz Fauth, Mann mit Grammophon, St. Peter im Sulmtal, undatiert (Multimediale Sammlungen /UMJ)
Universalmuseum Joanneum
Museum für Geschichte 15.03.2019— 26.01.2020 Sackstraße 16, 8010 Graz Mi–So 10–17 Uhr www.museumfürgeschichte.at
Neues entsteht mit Kommunikation.
Kommunikation seit 1993 www.conclusio.at
HaltungsĂźbung Nr. 20
Neugierig bleiben. Eine leichte, beinahe kinderleichte HaltungsĂźbung ist gleichzeitig eine der wichtigsten: neugierig bleiben. Wenn Sie das jeden Tag Ăźben, machen Sie es irgendwann automatisch. Wir sprechen da aus Erfahrung. derStandard.at
Der Haltung gewidmet.
Langeweile gehört sich nicht.
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