Ein biblischer Tiergarten

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Samstag, 13. Juli 2019, 20 Uhr Stift Rein

Ein biblischer Tiergarten

DAS TIERBUCH CHRISTI UND DIE SYMBOLE DER JUNGFRAU

Musiken aus dem 12. und 13. Jahrhundert, stammend aus den Manuskripten des Convent féminin de Santa María de Las Huelgas in Burgos (CLH), des Arsenal pour les œuvres de Thibaud de Champagne, König von Navarra, und den Cantigas de Santa María von Alfonso X el Sabio (CSM)

ORACULUM (Orakelspruch) DIE PROPHEZEIHUNG DES EZECHIEL Die Symbole der Apokalypse: DER ADLER (Markus), DER LÖWE (Johannes), DER STIER (Lukas) & DER MENSCH (Matthäus)

Iocundare, plebs fidelis, cuius Pater est in celis (Gesang XVIII, CLH 67) DIE SONNE, DER MOND UND DIE STERNE am Ende der Welt

Audi pontus, audi tellus (Conductus XXI, CLH 161)


ORATIO (Predigt) DIE ABSCHEULICHEN FLIEGEN, von der Jungfrau entfernt

Eterni numinis (Gesang VI de Sancta Maria la Real, CLH 55) DIE TAUBE, Symbol der Taufe Christi

Kyrie, fons bonitatis (Organum III, CLH 3)

INVOCATIO (Anrufung) DER LÖWE, Symbol der Macht Christi

Gaude, Virgo, plena Deo (Gesang XXVII de Sancta Maria, CLH 76) ADLER, DRACHE, WIDDER, LÖWE, SCHLANGE, STIER, LAMM UND WURM

Alpha, bovi et leoni / [Domino] (Motette III a 3, CLH 83)

CELEBRATIO (Feier) DER PELIKAN, Symbol für den belebenden und reinigenden Christus

Deus est ainsi comme li pelicans (Thibaut de Champagne, 1201–1253) DIE KLUGEN JUNGFRAUEN, Symbol der Reinheit und Tempel des Heiligen Geists

Virgines egregie (Gesang XXIII de Virginibus, CLH 72)


AD VESPERAS (Zur Vesper) ADLER, SCHLANGE UND SCHIFF ziehen vorbei, ohne Spuren zu hinterlassen

Cum sint difficilia Salomoni tria (Notre-Dame Conductus, mss. Firenze P9)

DER DRACHE, Symbol des Bösen, das von der Jungfrau zerstört wurde

Ben pode Santa Maria guarir de toda poçon (Alfonso X el Sabio, CSM 189)

O LUX (O Licht) GOLDASTER, FRÜHLINGSSCHMUCK, ROSEN, VEILCHEN, SAFRAN UND LORBEER, Symbole der Königin des Himmels

Virgo sidus aureum (Gesang VIII de Sancta Maria, CLH 57)

DIE SONNE, DER MOND UND DIE STERNE, Symbol des Lichts Mariens

O Maria, Virgo Davitica / O Maria, maris stella / [In veritate] (Motette XXI a 4, CLH 104)

DER AUSTER, der Südwind, Symbol des klaren und hellen Lichts

Flavit auster (Gesang IX de Sancta Maria, CLH 58)


La Capella Reial de Catalunya: María Cristina Kiehr, Sopran Alena Dantcheva, Sopran Viva Biancaluna Biffi, Mezzosopran & Fidel Maria Chiara Gallo, Alt David Sagastume, Countertenor Víctor Sordo, Tenor Lluís Vilamajó, Tenor Marc Mauillon, Bariton Hespèrion XXI: Pierre Hamon, Blockflöten Michaël Grébil, Laute & Ceterina Dimitri Psonis, Santur, maurische Gitarre, Oud & Perkussion Guillermo Pérez, Portativ Hakan Güngör, Kanun Andrew Lawrence-King, mittelalterliche Harfe & Psalterium Jordi Savall, Rebec, Fidel & Leitung

Programmdauer: ca. 80 Minuten ohne Pause

Die styriarte bedankt sich beim Stift Rein und dem Konvent in Rein herzlich für die freundliche Kooperation und Unterstützung bei diesem Konzertprojekt.


Ein biblischer Tiergarten

Nicht nur Ovids Metamorphosen sind voller seltsamer Tiere, sondern auch die wichtigs­ ten Texte des christlichen Glaubens. In der Bibel kann man sogar einen veritablen Zoo entdecken, allerdings haben die Tiere hier grundsätzlich symbolische Bedeutung. Ihre Verwandlung ist geistiger Natur und nicht magisch-konkreter, wie in den antiken Sagen, die bisher im Mittelpunkt dieser styriarte standen. Jordi Savall und seine Musiker füh­ ren uns heute in einen biblischen Tiergarten, der dennoch voller Zauber ist. Musikalische Quellen sind die großen Sammlungen des iberischen „Goldenen Zeitalters“, der Codex Las Huelgas und die Cantigas di Santa María.


Ad notam

Nichts in heiligen Texten und in der Kunst ist ohne Bedeutung. Das ist ein ebenso klarer wie zentraler Satz der Geisteswissenschaften, den man unbedingt ernst nehmen sollte. Denn es kommt eben auf jedes Detail an, wenn es ums Ganze geht. Generationen von Pries­ tern und Theologen haben so die Heiligen Schriften nicht nur nach den großen Wahrheiten, sondern auch nach den scheinbaren Kleinigkeiten durchsucht – wie zum Beispiel nach den Tieren in der Bibel. Und alles, was man fand, wurde in die großen theologi­ schen Diskussionen verwoben, die noch heute leidenschaftlich um die Grundfragen des Glaubens geführt werden. Schaut man nach den Tieren im Neuen Testament, dann fallen zunächst zwei Grundtypen ins Auge: die Friedlichen und die Er­ schreckenden. Zu ersteren gehören die Schafe, Ochs und Esel, die den Evangelien nach um die Krippe versammelt waren, als Jesus Christus dort geboren wurde. Zu den fürchterlichen gehören die Drachen und Schlangen, die als Träger der Apokalypse die Welt bedrohen. Deren Symbolik reicht oft weit über das Christentum hinaus. Schon die Juden sehen ja in der Schlange die Wurzel allen Übels und im Lamm das Sühneopfer für menschliche Verfehlungen. Das Christentum adaptiert diese Metaphern und schreibt sie weiter: Christus selbst wird zum Opferlamm, das sich für die Menschheit hingibt. Und am Ende aller Zeiten ersteht die böse Schlange, der hässliche Drache neu, über den die Gottesmutter am Ende triumphiert. Solch starke Bilder sind immer wieder Anlass für die sagenhafte Ausschmückung in Volkserzählungen gewesen wie Grundlage zahlloser künstlerischer Bearbeitungen, ob in Bild, Literatur oder Musik. Für das heutige Programm hat Jordi Savall zwei besonders


reichhaltige musikalische Quellen durchsucht, die geradezu zur DNA seiner musikalischen Forschung gehören. Kein Wunder, handelt es sich hierbei doch um die Hauptquellen iberischer Mu­ sik des Mittelalters. Eines der prominentesten Frauenklöster der iberischen Halbinsel ist die königliche Zisterzienserinnenabtei in Burgos „Santa María la Real de Las Huelgas“. Das Kloster war ebenso reich wie bedeutend. Die Äbtissinnen hatten eine absolute Sonderstellung inne. Sie trugen den Titel „Prelatus“ und waren die Verwalterinnen der königlichen Stiftung. Ihnen unterstanden über 60 Herrschaften und Ortschaften. Sie konnten Männer zur Priesterweihe zulassen, Pfarrer bestellen, Beicht- und Predigtvollmacht erteilen – Quelle schier unbegrenzten Einflusses. Das Generalkapitel der Zister­ zienser übertrug ihnen zudem 1189 die Obrigkeit über das König­ reich Leon und Kastilien. Ihre bischöflichen Vollmachten wurden erst im Jahre 1873 abgeschafft. Zur Gestaltung ihrer Gottesdienste hatten sich die Schwestern ein Missale mit liturgischen Gesängen angelegt, das ein einmaliger Schatz ist, den sogenannten Codex Las Huelgas. In den Wirren der Spätzeit des Klosters geriet dieses Dokument jedoch in Verges­ senheit, bis im Jahre 1904 zwei benediktinische Mönche auf die phantastische Sammlung aufmerksam wurden. Da es sich bei dem Kloster Las Huelgas um eine Marienkirche handelt, überrascht es nicht, dass die meisten Gesänge der Gottesmutter gelten. Entstanden ist der Codex wohl im 13. und 14. Jahrhundert. Neben vielen einstimmigen Sequenzen finden sich hier ein- bis dreistim­ mige Conducti und Motetten. Nur sehr wenige Stücke kann man allerdings Komponisten oder Textdichtern zuordnen, sehr viele stammen jedoch wohl aus dem Umfeld der Pariser Notre-DameSchule. Damit ist der Codex Las Huelgas auch ein Dokument früher Internationalität. Marienwunder sind ebenfalls Hauptthema der „Cantigas de San­ ta María“. In drei Codices gebunden, ließ sich König Alfons X. von


Kastilien, genannt „El Sabio“ – „der Weise“ –, insgesamt 420 Ma­ rienhymnen zusammenstellen, die vom wundertätigen Eingreifen der Gottesmutter in die Geschicke der Menschen berichten. Alfonso el Sabio errichtete eine Republik des Geistes, die vor allem von vorurteilsfreier Toleranz geprägt war. Er war begeistert von den Errungenschaften der arabischen Mathematik und Natur­ wissenschaft. Er interessierte sich brennend für jüdische Philoso­ phie und für die Literatur der griechischen Antike. Ähnlich dem Stauferkaiser Friedrich II. in Palermo war Alfonso der kulturelle Ertrag einer multireligiösen Gesellschaft wichtiger als Glaubens­ kämpfe. Und so war er der letzte spanische Herrscher, der in Toleranz und echtem Interesse die Kenntnisse der anderen Reli­ gionen nutzte und dadurch ein modernes, geistig weit überlegenes, fortschrittliches Reich schuf und regierte. Nicht zuletzt war es der Musenhof Alfonsos, der der gesamten westlichen Welt unschätz­ bare Dokumente antiker Literatur und wissenschaftlicher Er­ kenntnisse rettete und zugänglich machte, ohne dass Glaubens­ fanatiker christlicher Couleur ihren zerstörerischen Einfluss hier geltend machen konnten. Diese Toleranz zeichnet auch die Musik der „Cantigas de Santa María“ aus. In den Manuskripten sind zahlreiche Miniaturen ent­ halten, die das Leben am Hofe Alfonsos abbilden. Und so sieht man Spielleute mit arabischem Kopfschmuck, Musiker mit jüdischen Kappen und sogar Frauen, die gemeinsam mit Männern musizie­ ren. Alle gemeinsam stimmen Loblieder auf die Jungfrau Maria an, die im Stil der Troubadourkunst als „Hohe Dame“ besungen wird. Eigentlich liegt hier eine ganz große Märchensammlung vor, denn genau das ist der Stil der Geschichten: Wunder reihen sich an Wunder, phantastische Abenteuer übertreffen sich gegenseitig an Dramatik und Merkwürdigkeit. Als sei die Gottesmutter eine Akteurin in den großen Ritterepen der Zeit, greift sie rächend und strafend direkt handelnd in die Weltgeschichte ein.


Und damit sind wir im Kern des heutigen Programms angelangt. Denn im Wunderglauben treffen sich antike und christliche Tra­ ditionen und sind sich damit viel näher, als es die frühen Vertreter der christlichen Lehre erkennen können. Eine Geschichte wie die des Pelikans, der sich selbst verletzt, um mit seinem Blut die ei­ genen Kinder zu ernähren, kann ohne weiteres als Christussym­ bol wie als humane Botschaft verwendet werden. Und die Taube, die den Heiligen Geist ebenso wie die Taufe verkörpert, weist als Friedenssymbol auch weit in die menschliche Kultur zurück. Weitere wichtige Tiere im heutigen Programm sind die Attribute der Evangelisten: Löwe, Stier und Adler, ergänzt durch einen (je nach Lesart) Engel oder Menschen. Die Figuren haben ihren Ur­ sprung in zwei biblischen Visionen, einer alttestamentarischen des Ezechiel und der neutestamentarischen des Johannes. In der Offenbarung des Johannes sieht der Evangelist den Thron des Allmächtigen, der von vier geheimnisvollen, geflügelten Wesen umstellt wird. Der Kirchenvater Hieronymus deutet daraus, hier hätte Johannes die Symbole der vier Evangelisten visioniert, und zwar den Löwen für Markus, den Stier für Lukas, den Adler für Johannes und den Engel oder Menschen für Matthäus. Jordi Savall hat die einzelnen Gesänge aus den iberischen Quellen zu einer Art Messfeier zusammengestellt, die eindeutig der Got­ tesmutter zuzuordnen ist, aber dennoch keine sakrale Handlung sein will, sondern ein Akt der Kunst.

Thomas Höft


Die Inhalte der Stücke

ORACULUM (Orakelspruch) Iocundare, plebs fidelis, cuius Pater est in celis Die Visionen des Ezechiel und des Johannes, der im Himmel vier Gestalten um Gottes Thron versammelt sieht, und darin die Sym­ bole der Evangelisten erkennt: den Löwen für Markus, den Stier für Lukas, den Adler für Johannes und den Engel oder Menschen für Matthäus.

Audi pontus, audi tellus Eine Anrufung der Elemente und der Menschen, die die nahende und unmittelbar bevorstehende Apokalypse ankündigt und mit der Frage an den „erbärmlichen Menschen“ endet, warum er ver­ geblich nach dem eigenen Glück suche.

ORATIO (Predigt) Eterni numinis Anrufung der Gottesmutter, sie möge die Dämonen der weltlichen Begierden von uns vertreiben. Denn die unkeuschen Leidenschaf­ ten sind wie hässliche Fliegen, die uns umschwirren.


Kyrie, fons bonitatis Eine Anrufung der Dreieinigkeit, in der die Taube die Taufe und das Herabkommen des Heiligen Geistes auf Jesus, den Sohn Gottes, symbolisiert.

INVOCATIO (Anrufung) Gaude, Virgo, plena Deo Die Jungfrau und Gottesmutter solle sich freuen, in Christus einen Löwen geboren zu haben, der die Philister besiegt. Christus ist der Be­freier der Armen, der Helfer der Entrechteten, der Retter der Welt.

Alpha, bovi et leoni / [Domino] Der Weg vom Alpha zum Omega: Vom Stier zum Löwen, zum fliegenden Adler, zum Schaf, zum Wurm und Drachen, von Isaak, zu Joseph, zu Samson, zu David, zu Salomo. Vom Gerechten, der den Frieden wiederherstellt, zum männlichen Lamm Jesus Christus.

CELEBRATIO (Feier) Deus est ainsi comme li pelicans Gott gleicht dem Pelikan, der dort brütet, wo der Baum am höchs­ ten ist. Der böse Vogel, der von unten kommt, tötet seine Kleinen. Der Vater verletzt sich mit dem Schnabel und sein Blut lässt seine Kleinen wiedergeboren werden. Gott tat dasselbe in seiner Pas­sion: Mit seinem süßen Blut kaufte er seine Kinder vom Teufel los. Wir sind wie der Pelikan. Einige wollen sich profilieren, lügen und täuschen wissentlich. Aber ihre Bosheit wendet sich gegen sie selbst, denn wer das Böse begehrt, unterliegt ihm.

Virgines egregie Das Lob der Keuschheit: Seid wie die klugen Jungfrauen, verschließt eure Tore und lasst niemanden ein.


AD VESPERAS (Zur Vesper) Cum sint difficilia Salomoni tria Ein Lied auf den klugen König Salomo, der dennoch vom Wichtigs­ ten nichts weiß: von Jesus Christus und der Jungfrau Maria, die allein durch das Wort empfangen hat und deshalb unbefleckt ist. Sie ist Erde, Himmel und Meer, Gott Vater aber ist Schlange, Vogel und Schiff. Seine Wege sind unergründlich.

Ben pode Santa Maria guarir de toda poçon Ein Mann aus Valencia, der nach Salas pilgerte, weil er der Jungfrau Maria vertraute, kam in der Abenddämmerung auf einem Hügel an, wo er auf einen Drachen traf. Der Mann betete zu Maria, sammelte all seine Kräfte, stellte sich der Bestie und schlug sie mit seinem alten Schwert in zwei Hälften. Doch da berührte das Blut des Monsters den Mann, und er bekam die Krätze. Da pilgerte er, den Stab in der Hand, nach Salas. Und als er vor dem Altar weinte, heilte die Jungfrau ihn von seinem großen Übel.

O LUX (O Licht) Virgo sidus aureum Vision der himmlischen Gottesmutter, die mit der Sonne bekleidet ist, den Mond unter ihren Füßen hat, wie sie der teuflischen Schlan­ ge widersteht und den Retter gebiert.

O Maria, Virgo Davitica / O Maria, maris stella / [In veritate] Hymne an Maria, den Stern des Meeres.

Flavit auster Eine gesungene Feier der Himmelfahrt Mariens, die durch einen Südwind zu Gott getragen wird. Dort kann sie als Retterin der Sünder wirken und die Fürbitten der Menschen weitertragen.


Die Interpreten Jordi Savall, Rebec, Fidel & Leitung Jordi Savall ist eine der vielseitigsten Persönlichkeiten unter den Musikern seiner Generation. Seit mehr als fünfzig Jahren macht er die Welt mit musikalischen Wunderwerken bekannt, die er dem Dunkel der Gleichgültigkeit und des Vergessens entreißt. Er wid­ met sich der Erforschung der Alten Musik, weiß sie zu lesen und interpretiert sie mit seiner Gambe oder als Dirigent. Seine Konzerte, aber auch sein Wir­ ken als Pädagoge, Forscher und Initiator neuer musikalischer oder kultureller Projekte haben we­ sentlich zu einer neuen Sichtwei­ se der Alten Musik beigetragen. Zusammen mit Montserrat Figueras gründete er die Ensembles Hespè­rion XXI (1974), La Capella Reial de Catalunya (1987) und Le Concert des Nations (1989). Mit ihnen erforscht und erschafft er seit Jahrzehnten ein Universum voller Emotion und Schönheit für Millionen von Liebhabern Alter Musik in der ganzen Welt. In seiner Musikerlaufbahn hat Savall mehr als 230 Platten aufge­ nommen. Das Repertoire reicht von Musik des Mittelalters über Renaissance-Musik bis hin zu Kompositionen des Barock und des Klassizismus, wobei er einen besonderen Schwerpunkt auf die iberische und mediterrane Tradition legt. Die CDs erhielten zahl­ reiche Auszeichnungen, darunter mehrere Midem Classical Awards, International Classical Music Awards und einen Grammy. Seine Konzertprogramme haben die Musik zu einem Mittel der Verstän­ digung und des Friedens zwischen unterschiedlichen und manch­ mal auch verfeindeten Völkern und Kulturen gemacht. Nicht ohne


Grund wurde Jordi Savall 2008 zum „Botschafter der Europäischen Union für den kulturellen Dialog“ und gemeinsam mit Montserrat Figueras im Rahmen des UNESCO-Programms „Botschafter des guten Willens“ zum „Künstler für den Frieden“ ernannt. Jordi Savalls ertragreiches Musikschaffen wurde mit den höchsten nationalen und internationalen Auszeichnungen gewürdigt, dar­ unter der Titel des Doctor Honoris Causa der Universitäten von Évora (Portugal), Barcelona (Katalonien), Löwen (Belgien) und Basel (Schweiz). Die Französische Republik verlieh Jordi Savall den Titel eines „Chevalier dans l’Ordre national de la Légion d’Honneur” und vom niedersächsischen Kultusministerium erhielt er den „Praetorius Musikpreis Niedersachsen 2010“ in der Kategorie „Internationaler Friedensmusikpreis"; die katalanische Landesre­ gierung zeichnete ihn mit der Goldmedaille für besondere Ver­ dienste aus, und im Jahr 2012 wurde sein Lebenswerk mit dem angesehenen, einem Nobelpreis für Musik gleichkommenden, dänischen Musikpreis Léonie Sonning prämiert. „Jordi Savall steht ein für die unendliche Vielfalt eines gemeinsamen kulturellen Erbes. Er ist ein Mann unserer Zeit.“ (The Guardian, 2011).

La Capella Reial de Catalunya Nach dem Modell der berühmten Capelles Reials, der höfischen Musikensembles im Mittelalter, für die auf der Iberischen Halb­ insel große Meisterwerke sakraler und profaner Musik komponiert wurden, haben Montserrat Figueras und Jordi Savall im Jahr 1987 La Capella Reial gegründet, eines der ersten Vokalensembles, das sich, basierend auf historischen Kriterien, der Interpretation der Musik des spanischen Barocks, des sogenannten Goldenen Zeit­ alters, widmet und dem ausschließlich Sänger und Sängerinnen Iberiens und Lateinamerikas angehören. Seit die katalanische Landesregierung (Generalitat de Catalunya) im Jahr 1990 die Schirm­ herrschaft übernommen hat, nennt sich das Ensemble La Capella Reial de Catalunya.


Die Gruppe widmet sich der Wiederentdeckung und Aufführung der polyphonen Vokalmusik des Mittelalters und des spanischen Goldenen Zeitalters sowie der vor dem 19. Jahrhundert entstan­ denen europäischen Musik, wobei die Erforschung der historischen Aufführungspraxis die Grundlage ihrer Interpretation ist. Auf der gleichen künstlerischen Linie wie das Instrumentalensemble Hespèrion XXI, kom­ biniert La Capella Reial de Catalunya meisterhaft, im­ mer mit Achtung vor der tiefen spi­ rituellen und künst­lerischen Dimension der Werke, die Qualität der Ausführung und Anpassung an den Stil der jeweiligen Epochen mit dem ausdrucksvollen Vortrag der poetischen Texte. Das umfassende Repertoire des Ensembles reicht von der mittel­ alterlichen Musik der mediterranen Kulturen bis hin zu den gro­ ßen Meistern der katalanischen, iberischen und europäischen Renaissance und des Barock. Zu seinen Erfolgen gehören aber auch die Aufführung einiger Opern des Barock und des Klassizismus und ein Abstecher in die zeitgenössische Musik mit Kompositionen von Arvo Pärt. Hervorzuheben ist ebenfalls die Mitgestaltung der Filmmusik zu „Jeanne La Pucelle“ (1993) von Jacques Rivette über das Leben der Jeanne d’Arc. Im Jahr 1992 debütierte La Capella Reial de Catalunya im Opern­ genre und begleitete als Chor alle Aufführungen des Orchesters Le Concert des Nations. Die mehr als 40 CDs umfassende Disko­ grafie des Ensembles hat zahlreiche Auszeichnungen und Preise erhalten. Unter der Leitung von Jordi Savall gibt La Capella Reial de Catalunya zahlreiche Konzerte in der ganzen Welt, nimmt Platten auf und hat als Teil der Stiftung Centre Internacional de


Música Antiga einen festen Platz bei den wichtigsten internatio­ nalen Festivals Alter Musik.

Hespèrion XXI Im Jahr 1974 gründeten Jordi Savall und Montserrat Figueras zusammen mit Lorenzo Alpert und Hopkinson Smith in Basel Hespèrion XX, ein Ensemble für Alte Musik, das das reiche und faszinierende Repertoire vor dem 19. Jh. unter neuen Vorausset­ zungen erhalten und bereichern wollte. Diese neuen Vorausset­ zungen waren die historischen Kriterien, die angewendet wurden, und die Originalinstrumente. Der Name Hespèrion bedeutet „aus Hesperien“, im Altgriechischen die Bezeichnung für die beiden westlichsten Halbinseln Europas, Hispanien und Italien. Es war auch der Name, den der Planet Venus erhielt, wenn er im Westen erschien. Hespèrion XX wurde im Jahr 2000 in Hespèrion XXI umgetauft. Hespèrion XXI ist heute ohne Zweifel eine Referenz, wenn man die Entwicklung der Musik im Zeitraum zwischen Mittelalter und Barock verstehen möchte. Die Arbeit dieses Ensembles, das in der Erhaltung von Werken, Partituren, Instrumenten und nicht ver­ öffentlichten Dokumenten besteht, ist von unberechenbarem Wert. Auf der einen Seite steht die strenge Forschungsarbeit, mit der neue Daten und Interpretationen zu den historischen Kenntnissen einer Epoche beigetragen werden, und zum anderen ist da die ausgezeichnete Qualität der Interpretationen, durch die das Publikum die Möglichkeit hat, auf natürliche Weise die ästhetische Zartheit und die eigene Spiri­ tualität der Werke je­ ner Zeit zu hören.


Von Anfang an schlug Hespèrion XXI einen klaren und innovativen künstlerischen Kurs ein, der dazu führte, das auf weltweiter Ebene eine Schule der Alten Musik entstand, denn man empfand und gestaltete die Alte Musik wie ein Werkzeug des musikalischen Experimentierens. Man suchte in ihr die größte Schönheit und Ausdruckskraft der Interpretation. Jeder, der Alte Musik inter­ pretiert, ist dem ursprünglichen Geist jedes Werkes verpflichtet, und er muss lernen, durch das Studium des Komponisten, der Instrumente der Epoche, des Werkes und seiner konkreten Um­ stände eine Verbindung mit dem Werk aufzunehmen. Aber als Handwerker der Kunst ist er auch dazu gezwungen, Entscheidun­ gen über das zu fällen, was er interpretiert. Von seinem Talent, seiner Kreativität und seiner Kapazität, Emotionen zu vermitteln, hängt seine Kapazität ab, mit der Vergangenheit und der Gegenwart, mit der Kultur und ihrer Verbreitung Verbindung aufzunehmen. Das Repertoire von Hespèrion XXI umfasst unter anderem Werke aus dem Repertoire der Sepharden, kastilische Romanzen, Werke aus dem Goldenen Zeitalter Spanien und des Europas der Nationen. Zu den erfolgreichsten Programmen des Ensembles gehören Les Cantigues de Santa Maria d’Alfons X El Savi, La Diàspora Sefardí, und die Musik aus Jerusalem, Istanbul, Armenien und die kreoli­ schen Folia. Dank der ausgezeichneten Arbeit zahlreicher Musiker und Mitarbeiter, die in all diesen Jahren mit dem Ensemble zu­ sammengearbeitet haben, spielte und spielt Hespèrion XXI eine entscheidende Rolle in der Erhaltung und Aufwertung des musi­ kalischen Nachlasses mit großem Einfluss auf weltweiter Ebene. Das Ensemble hat über 60 Alben veröffentlicht, und auch in der Gegenwart spielt es auf der ganzen Welt und ist auf allen inter­ nationalen Festivals der Alten Musik zu hören.

Mit der Unterstützung von


Populäre Musik in der Steiermark

POP 1900 – 2000 Franz Fauth, Mann mit Grammophon, St. Peter im Sulmtal, undatiert (Multimediale Sammlungen /UMJ)

Universalmuseum Joanneum

Museum für Geschichte 15.03.2019— 26.01.2020 Sackstraße 16, 8010 Graz Mi–So 10–17 Uhr www.museumfürgeschichte.at


Aviso Sonntag, 21. Juli – Helmut List Halle, 20 Uhr

A Midsummer Night’s Dream Musik für Shakespeares Theaterkosmos Robert Johnson: Jacobean Masque & Stage Music (1600) Matthew Locke: Music for „The Tempest“ (1674) Henry Purcell: The Fairy Queen (1692)

Lesung: Johannes Silberschneider Le Concert des Nations Leitung: Jordi Savall Im Januar 1606 veranstaltete King James I in Whitehall die erste große „Court Masque“ des englischen Barock. Für diese Prunk­ stücke aus Bühnenmaschi­ nerie, Tanz und Gesang such­ te man sich bald die fantastischsten Stücke Shakespeares he­raus, die völlig ver­ wandelt wurden: Aus dem „Sommernachtstraum“ wur­ de Purcells „Fairy Queen“, aus dem „Sturm“ die Masque „The Tempest“ mit Musik von Matthew Locke. Zum Finale der styriarte 2019 inszeniert Jordi Savall diese Shakespeare-Metamorpho­ sen in Orchestersuiten von unerhörter Pracht.


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