Summertime in Graz

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Dienstag, 16. Juli 2019, 20 Uhr Mittwoch, 17. Juli 2019, 20 Uhr Helmut List Halle

Summertime in Graz

Niccolò Paganini (1782–1840)

Caprice Nr. 24 Harry Ruby (1895–1974)

I wanna be loved by you Cole Porter (1891–1964)

It’s too darn hot Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791)

Rondo alla Turca (aus: Klaviersonate Nr. 11 in A, KV 331) Camille Saint-Saëns (1835–1921)

Der Schwan aus „Karneval der Tiere“ Franz Schubert (1797–1828)

Die Forelle, D 550


Dmitri Schostakowitsch (1906–1975)

Valse Nr. 2 aus „Suite für Varieté-Orchester“

Arthur Harrington Gibbs (1895–1956)

Runnin’ wild

Antonín Dvořák (1841–1904)

Humoresque, op. 101/7 Pjotr Iljitsch Tschaikowski (1840–1893)

Andante cantabile (On the Isle of May) aus: Streichquartett Nr. 1, op. 11

Cole Porter

Let’s do it, let’s fall in love Giuseppe Verdi (1813–1901)

La donna è mobile aus „Rigoletto“ Édith Piaf (1915–1963)

La vie en rose George Gershwin (1898–1937)

But not for me Summertime aus „Porgy and Bess“


Georges Bizet (1838–1875)

Habanera aus „Carmen“

Eddie Luis und Die Gnadenlosen: Jakob Helling (D), Trompete, Flügelhorn & Arrangements Mátyás Bartha (H), Klavier & Arrangements Miloš Milojević (SRB), Klarinette & Saxophon Tanja Filipovic (SRB), Gesang Hrvoje Kralj (HR), Kontrabass Johann Köbl (A), Vibraphon, Schlagwerk & Harmonika Eddie Luis (A), Posaune, Violine, Gesang, Schlagwerk & Moderation

Die Arrangements für die heutigen Stücke sind von Jakob Helling, Mátyás Bartha und Eddie Luis.

Patronanz:

Programmdauer: Erster Teil: ca. 45 Minuten Pause: ca. 30 Minuten Zweiter Teil: ca. 45 Minuten


Summertime in Graz

Wir können sie alle mitsingen, die Ever­ greens der klassischen Musik. Und längst haben sie ihren angestammten Ort ver­ lassen. Mit Giuseppe Verdis „La donna è mobile“ wird nicht mehr nur der Hofnarr Rigoletto verhöhnt, sondern auch eine Tief­ kühlpizza beworben. Eddie Luis und seine Gnadenlosen haben ein Potpourri der großen Klassiker zusammengestellt, die längst ein wunderbares Eigenleben ent­ wickelt haben.


Ad notam

Camille Saint-Saëns muss es geahnt haben. Als sein „Karneval der Tiere“ in einer Privataufführung das Licht der Öffentlichkeit er­ blickte, untersagte er eigentlich jede weitere Verwendung. Zum einen wollte er nicht als Spötter über Komponistenkollegen wir­ ken – und der Carnaval ist voll von ironischen bis boshaften Zita­ ten – zum anderen wollte er nicht mit einer Petitesse im Gedächt­ nis der Kunstwelt bleiben. Einzig die Romanze für Cello und Klavier „Der Schwan“ gab er frei – und die große Tänzerin Anna Pawlowa schuf im Jahr 1905 auf das ironisch-melancholische Stück zur Choreographie von Michel Fokine das hochtragische Solo „Der sterbende Schwan“. Ohne den ursprünglichen Zusammenhang, vielmehr vollständig aus dem Kontext gerissen, führt das Stück seither ein Eigenleben. Es ist zu einem Evergreen geworden. Wir kennen die „Standards“ aus der Jazzmusik. Melodien, die ins allgemeine Bewusstsein übergegangen sind und immer wieder neu variiert, neu bearbeitet werden. Aber natürlich ist dieses Prinzip sehr viel älter. In den polyphonen Messen eines Josquin Desprez werden Volkslieder parodiert, später schreiben Kompo­ nisten virtuose barocke Variationen über berühmte Tänze, und immer wieder wandern Melodien von einem Genre ins andere. Doch der Evergreen ist eine ganz spezielle Form der Aneignung. Er ist gewissermaßen ein Untoter der klassischen Musik, der seinen angestammten Platz verlassen hat und ein – manchmal horribles – Eigenleben führt. Paganinis Caprice Nr. 24 ist dafür ein wunderbares Beispiel. Das hochvirtuose Stück für Violine solo, eigentlich eine Arie mit 11 Variationen und Finale, die mancher für das schwierigste Stück


für Violine überhaupt bezeichnet, findet sich in unzähligen Ver­ wandlungen wieder. Dabei sind so hochseriöse Bearbeiter wie Johannes Brahms, Franz Liszt oder Frédéric Chopin ebenso ver­ treten wie der Gott der seichten Muse Andrew Lloyd Webber. David Garrett hat die Caprice verrockt, Benny Goodman hat sie verswingt, die Metal-Band Helloween hat sie verroht und der Neutöner Witold Lutosławski hat sie verzaubert. Tatsächlich scheint alles mit ihr möglich und denkbar. Eddie Luis fächert nach Paganini seine Welt der Evergreens auf. Harry Ruby schrieb seinen Song „I wanna be loved by you“ für Helen Kane, doch erst Marilyn Monroe machte ihn weltberühmt. Cole Porters „It’s too darn hot“ ist eigentlich ein Musicalsong aus „Kiss me, Kate“, der zum klassischen Jazzstandard wurde. Mozarts Rondo alla Turca aus der Sonate Nr. 11, KV 331 ist eigent­ lich der doppelbödige Abschluss eines Klavierstücks, doch was die Nachwelt daraus machte, ist geradezu unüberschaubar: Dröhnen­ de Orchesterversionen stehen neben Electric Guitar, mechanische Walzen, Orgeln, Blaskapellen oder sogar A-cappella-Quintette finden immer wieder neue Ansätze, die ironische Wiener Aneig­ nung einer Türkenmusik in etwas ganz Eigenes, Neues zu ver­ wandeln. Und während Schuberts „Forelle“ schon von ihm selbst zunächst als Lied und dann als Quintettsatz verarbeitet wurde, tummelt sie sich heute vor allem in den seichten Gewässern des Advertisements und der Werbung. Schostakowitschs Walzer Nr. 2 hingegen ist wahrscheinlich schon ursprünglich als Filmmusik konzipiert worden, und da findet er sich auch immer wieder, von Stanley Kubricks „Eyes wide shut“ bis hin zu Lars von Triers „Nymphomania“. Aber auch Schlagersänger Karel Gott hat sich schon an der Melodie vergriffen oder sie popularisiert – ganz wie man es beurteilen mag. Arthur Harrington Gibbs „Runnin’ wild“ hingegen, mit dem der erste Konzertteil schließt, ist wieder ein klassischer Song aus den Roaring Twenties, der zum Jazzklassiker gedieh.


Antonín Dvořáks „Humoresque“ war ein ursprünglich von schot­ tischen Melodien inspirierter Teil einer ganzen Sammlung für Klavier solo, und mauserte sich zu einem der meist gespielten Klavierstücke überhaupt. Und vom Klavier sprang das Stück auf zahllose andere Instrumente über, bis der österreichische Tenor Fritz Wunderlich das Stück sogar als „Eine kleine Frühlingsweise“ zum Schlager zurichtete. So ging es auch mit Pjotr Iljitsch Tschaikowskis „Andante canta­ bile“, dem langsamen Satz aus dessen erstem Streichquartett. „Tschaikowski selbst bearbeitete es für Cello und Streicher, Fer­ dinand Laub für Violine und Klavier, Karl Klindworth für Klavier solo. Die einfache, ukrainische Volksmelodie vom Anfang dieses Satzes rührte den Dichter Lew Tolstoi zu Tränen, als das Quartett zu seinen Ehren 1876 in Moskau aufgeführt wurde. Aus dem zweiten Thema des Satzes formten amerikanische Arrangeure 1940 einen der größten Hits der Vierzigerjahre: On the Isle of May, gesungen von Connee Boswell (‚We strolled along through the heavens, and it was June, June on the Isle of May‘)“, schreibt der Musikwissenschaftler Karl Böhmer. Cole Porters erster großer Hit war „Let’s do it, let’s fall in love“. Zahllose berühmte Sänger veredelten den Song, darunter Frank Sinatra und Shirley McLaine. Der durchschlagende Erfolg lässt sich unter anderem durch den überaus anzüglichen Text erklären, dessen „Let’s do it“ sich durchaus als Aufforderung zum Geschlechts­ verkehr verstehen lässt. Manchmal haben die kontextlosen Verwendungen eines Stückes die konträre Wirkung zur an sich beabsichtigen. Das kann man gut an Giuseppe Verdis „La donna è mobile“ belegen. Ursprünglich ist das die Arie des Duca di Mantova aus der Oper „Rigoletto“, der ein offensichtlicher Unhold ist. Wenn der Frauenherzen als leicht zu verführen hinstellt, ist das die schamlose Ausflucht eines no­ torischen Vergewaltigers. Kein Wunder, dass Hofnarr Rigoletto durchdreht, als er erfährt, dass sich der Fürst an seine geliebte


Tochter Gilda heranmacht. Doch davon bleibt nichts, wenn man die Arie in einem beliebigen Arienprogramm singt. Dann wandelt sich das Monster in einen himmlischen Tenor, und der frauen­ feindliche Hohn wird plötzlich zu einer gefühlten Wahrheit. Zum Ende des Programms kommen Eddie Luis und die Gnaden­ losen schließlich zu wahrhaft zeitlosen, geradezu göttlichen Titeln. Édith Piafs „La vie en rose“, die zum Inbegriff gewordene existen­ zielle Pariser Melancholie, gehört ebenso dazu wie George Gershwins „But not for me“, ursprünglich für Ginger Rodgers geschrieben und von Ella Fitzgerald unsterblich gemacht. „Summer­ time“ stammt ursprünglich aus Gershwins komplexer Oper „Por­ gy and Bess“, und ist weit weniger harmlos, als es den Anschein hat. Schwer lastet die Hitze auf den unterprivilegierten Schwarzen, die sich hier ums Überleben mühen. Und dass die „Habanera“ aus „Carmen“ eigentlich das aufreizende Lied einer sich selbst prosti­ tuierenden Zigarettenfabriksarbeiterin ist, schwingt heute höchs­ tens noch subkutan mit. Dafür haben die unsterblichen Stücke etwas gewonnen, was überaus selten ist: eine Existenz jenseits von Historie und Kontext. Oder vielmehr: Sie stellen immer wieder neue Kontexte her. Und das allein ist Gold wert.

Thomas Höft


Die Interpreten

Eddie Luis und Die Gnadenlosen Eddie Luis und Die Gnadenlosen wurde 2014 in Graz gegründet. Eddie Luis und seine zehn jungen Virtuosen aus insgesamt acht Nationen bilden ein inter­ nationales Orchester, das den Hot Jazz der 20er- und 30erJahre wiederauf­ leben lässt. Aus ihrem Repertoire erklingen die heißen Stücke von Fletcher Henderson und Duke Elling­ ton, die süßen Melodien von George Gershwin und Cole Porter sowie viele Schlager aus den goldenen Jahren. Eddie Luis und Die Gnadenlosen treten in zahlreichen Jazz-Clubs, Konzerthallen, bei Bällen und Festivals im In- und Ausland auf. Das Heimpublikum hat die Möglichkeit, einmal monatlich im Thea­ tercafé Graz den verführerischen Klang der Tanzmusik der Gna­ denlosen zu genießen.


Connecting Passions Connecting Stories

www.avlcf.com


Eddie Luis, Posaune, Violine, Gesang, Schlagwerk & Moderation Eddie Luis, geboren und wohnhaft in Graz/ Österreich, ist freischaffend seit über 20 Jahren als Musiker mit sieben ver­ schiedenen Instrumenten in fünf bestehenden Formationen vor­ wiegend in Österreich aktiv und dazu auch als Moderator, Dirigent, Sänger, Arrangeur und Lehrer tätig. Seit 2004 unterrichtet der diplomierte Pädagoge als Lektor an der Universität für Musik und darstel­ lende Kunst Graz.


Langeweile gehört sich nicht.

Die wahren Abenteuer sind im Club. Der Ö1 Club bietet mehr als 20.000 Kultur­ veranstaltungen jährlich zum ermäßigten Preis. Mehr zu Ihren Ö1 Club­Vorteilen: oe1.ORF.at


Aviso Sonntag, 21. Juli – Helmut List Halle, 20 Uhr

A Midsummer Night’s Dream Musik für Shakespeares Theaterkosmos Robert Johnson: Jacobean Masque & Stage Music (1600) Matthew Locke: Music for „The Tempest“ (1674) Henry Purcell: The Fairy Queen (1692)

Lesung: Johannes Silberschneider Le Concert des Nations Leitung: Jordi Savall Im Januar 1606 veranstaltete King James I in Whitehall die erste große „Court Masque“ des englischen Barock. Für diese Prunk­ stücke aus Bühnenmaschi­ nerie, Tanz und Gesang such­ te man sich bald die fantastischsten Stücke Shakespeares he­raus, die völlig ver­ wandelt wurden: Aus dem „Sommernachtstraum“ wur­ de Purcells „Fairy Queen“, aus dem „Sturm“ die Masque „The Tempest“ mit Musik von Matthew Locke. Zum Finale der styriarte 2019 inszeniert Jordi Savall diese Shakespeare-Metamorpho­ sen in Orchestersuiten von unerhörter Pracht.


HaltungsĂźbung Nr. 20

Neugierig bleiben. Eine leichte, beinahe kinderleichte HaltungsĂźbung ist gleichzeitig eine der wichtigsten: neugierig bleiben. Wenn Sie das jeden Tag Ăźben, machen Sie es irgendwann automatisch. Wir sprechen da aus Erfahrung. derStandard.at

Der Haltung gewidmet.


Populäre Musik in der Steiermark

POP 1900 – 2000 Franz Fauth, Mann mit Grammophon, St. Peter im Sulmtal, undatiert (Multimediale Sammlungen /UMJ)

Universalmuseum Joanneum

Museum für Geschichte 15.03.2019— 26.01.2020 Sackstraße 16, 8010 Graz Mi–So 10–17 Uhr www.museumfürgeschichte.at


Neues entsteht mit Kommunikation.

Kommunikation seit 1993 www.conclusio.at


HAUS

DER

KUNST

Galerie · Andreas Lendl A-8010 GRAZ · JOANNEUMRING 12

Tel +43 /(0)316 / 82 56 96 Fax 82 56 96 - 26 www.kunst-alendl.at office@kunst-alendl.at

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