Psalm Almanach 2017

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Inhalt Vorwort .................................................................................... 3 9. April: Rebekka Bakken ......................................................... 5 10. April: The Virgin Queen . ................................................... 11 11. April: Magnificat ................................................................. 19 13. April: Freuden des FrĂźhlings .............................................. 27 14. April: Bharatanatyam ......................................................... 33 16. April: Mutter Erde .............................................................. 39 17. April: La Gloria di Primavera ............................................. 43 Die Interpreten ........................................................................ 50 Felix Austria: Ein fruchtbarer Dialog ....................................... 59

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Vorwort

Die Quelle des menschlichen Lebens ist weiblich. Sicher, die Herren der Schöpfung haben über tausende Jahre ein ganzes philosophisches und theologisches Arsenal an Argumenten aufgebaut, um diese simple Tatsache zu verschleiern oder ihre eigene Bedeutung darin zu erhöhen. Aber es bleibt dabei, es sind die Frauen, die gebären. Und ihre Fruchtbarkeit entscheidet über den Fortbestand der Menschheit. Kein Wunder also, dass die weibliche Fruchtbarkeit in der Mitte der Ursprungsmythen aller Kulturen steht. Um den weiblichen Zyklus, das Geheimnis der Empfängnis und die Rätsel der Schwangerschaft rankten sich in den frühen, vor­ wissenschaftlichen Gesellschaften zahllose Vermutungen. Ein magisches, spirituelles Weltverständnis bildete Analogien zwi­ schen der Natur im Allgemeinen und der Weiblichkeit im Be­ sonderen. Und gerade im Frühling wurde die Beziehung zwi­ schen dem Wiedererwachen der Natur und der Weiblichkeit in zahllosen Ritualen gefeiert. Die großen monotheistischen Reli­ gionen übernahmen viel von dieser ursprünglichen Weltsicht und überformten sie mit männlich-patriarchaler Theologie. Die neue Edition des Festivals PSALM spürt quer durch Zeit und Raum den Momenten nach, in denen weibliche Fruchtbarkeit gefeiert und ritualisiert wurde. Dabei spannt das Programm ­einen Bogen von der antiken Liebesgöttin Venus bis zur jung­ fräulichen Empfängnis Marias, von den Fruchtbarkeitsmythen Südafrikas und von klassischem indischen Tempeltanz bis zur Feier der Geburt eines Thronfolgers für das Haus Habsburg.

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Sonntag, 9. April 2016 (Palmsonntag) Helmut List Halle, 19 Uhr

Rebekka Bakken

Programm nach Ansage (nachzulesen nach der Vorstellung auf www.psalm.at)

Rebekka Bakken, Stimme Rune Arnesen, Percussion Jon-Willy Rydningen, Klavier & Synthesizer

Programmdauer: ca. 90 Minuten ohne Pause

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Ad notam Das große Ganze Singer-Songwriterin Rebekka Bakken über ihr Konzert im PSALM Rebekka Bakken lebt in Norwegen. Das Gespräch mit Thomas Höft findet via Skype statt, Rebekka Bakken gewährt über die Kamera Einblick in ihr lichtdurchflutetes skandinavisches Heim, in dem ein prächtiger Kronleuchter und moderne Kunst in strah­ lenden Farben markante Akzente setzen. Thomas Höft: Das Thema unseres PSALM-Festivals ist heuer die Weiblichkeit, die Fruchtbarkeit. Und das in sehr unterschied­ lichen Zugängen. Mythisch, spirituell, historisch … Wir nähern uns von unterschiedlichen Seiten, werden etwas erfahren über die hinduistischen Göttinnen und die Tradition des Tempeltan­ zes. Wir werden uns aber auch mit der Figur der Maria in der christlichen Überlieferung auseinandersetzen. Aber wie könnten Sie, also eine zeitgenössische Komponistin und Sängerin, in diesen Zusammenhang passen? Rebekka Bakken: Also für mich macht das absolut Sinn. Das Festival kreist ja um Ostern, und da kommt wieder mal beides zusammen: das Feminine und das Maskuline. Aus diesen bei­ den Polen besteht die Welt. Am Ende ist alles eins, muss alles zusammenkommen. Aber zunächst sind da die Unterschiede. Frauen drücken sich anders aus als Männer. Wissen Sie, was ich gerade gestern erfahren habe? Gandhi hat jeden Tag darum gebetet, dass er weiblicher sein könne. Thomas Höft: Und Sie sind eine weibliche Künstlerin … Rebekka Bakken: In der Tat. Das ist ganz einfach die Wirklichkeit. Und mit der beschäftige ich mich ganz allgemein, aber eben auch ganz speziell in meinem Programm für Graz. Ich werde unter anderem Songs spielen, die aus der weiblichen Mystik kommen – allerdings nicht aus der christlichen Tradition. Und 6


ich werde auch ganz bewusst einige Liebeslieder spielen, die männliche Komponisten geschrieben haben. Dazwischen kom­ men dann immer wieder meine eigenen Lieder, die immer wie­ der Verlangen und Liebe thematisieren. Thomas Höft: Gibt es für Sie so etwas wie weibliche Musik, weib­ liches Komponieren? Im Gegensatz zu männlichem Komponie­ ren? Rebekka Bakken: Nein, das glaube ich nicht. Ich meine das meta­ phorisch. Es gibt in allem so genannte „weibliche“ und „männ­ liche“ Komponenten. Und um einen perfekten Ausdruck zu er­ reichen, muss der Künstler oder die Künstlerin beide Komponen­ ten in sich berücksichtigen und in eine Balance bringen. Wir brauchen sowohl den männlichen als auch den weiblichen Aus­ druck. Und vor allem sind diese Teile nicht voneinander zu tren­ nen oder isoliert zu betrachten. Worum es wirklich geht, ist die perfekte Balance. Thomas Höft: Würden Sie sich als spirituelle Person bezeichnen? Rebekka Bakken: Ja, das würde ich durchaus bejahen. Alles ist eine Manifestation von etwas Grundsätzlichem. Das Leben ist eine Art Laboratorium. Da sind immer neue Entdeckungen zu machen. Und vor allem ist immer wieder alles neu in Frage zu stellen. In Frage zu stellen, was die Dinge sind und als was sie uns erscheinen. Wenn das spirituell ist, dann bin ich es. Thomas Höft: Sie sind Norwegerin … Rebekka Bakken: Stimmt. Thomas Höft: Aber die Sprache in Ihren Liedern ist Englisch … Rebekka Bakken: Richtig. Mit 24 bin ich nach New York gezogen. Später dann nach Österreich. Ich habe über 20 Jahre sozusagen in der Fremde verbracht, bevor ich wieder heim nach Norwegen gezogen bin. Ganz selbstverständlich hat sich in New York meine künstlerische Sprache zum Englischen hin entwickelt, 7


und dabei ist es auch sehr lange geblieben. Erst seit kurzem entdecke ich das Norwegische wieder für mich. Interessanter­ weise durch die Alte Musik. Ich beschäftige mich mit früher religiöser norwegischer Volksmusik. Und davon werde ich ein paar Stücke auch im Grazer Programm präsentieren. Ich muss sagen, das ist für mich eine echte Entdeckung. Es ist meine Muttersprache, und das bringt ganz neue – oder alte, lange verborgene – Dinge in mir selbst wieder zum Vorschein. Thomas Höft: Und worum geht es in diesen Liedern? Rebekka Bakken: Die stammen aus der christlichen Tradition. Und sie drehen sich um das Opfer. Ich weiß, Opfer ist ein ganz schreckliches Wort. Aber eben auch eine wunderbare Sache. Und es geht um Anbetung. Ganz traditionelle Folkmusic eben. Thomas Höft: Wenn man Ihre eigenen Kompositionen hört, dann sind die nicht so leicht zu orten wie Folkmusic. In Ihren eigenen Stücken scheint sich viel zu verbinden … Jazz, neue Musik … sie klingt sehr international … Rebekka Bakken: Oh, danke, das ist schön zu hören. Und ich glaube, Sie liegen ganz richtig mit dieser Einschätzung. Ich liebe meine Wurzeln. Aber ich habe sie sozusagen herausgezogen und bin umhergeschweift. Ich habe mich befreit, habe meinen Geist geöffnet und viel, viel erfahren. Natürlich war das zunächst sehr verwirrend. Wenn man jeden Halt aufgibt, jede Gewissheit, dann kann man schon durcheinandergeraten. Aber es ist eben auch eine riesige Chance. Und genau diese Chance habe ich ergriffen. Ich habe mich wirklich eingelassen auf jeden Ort, an dem ich gelebt habe. Und jetzt gerade habe ich das Gefühl, ich bin zu meinen Wurzeln zurückgekehrt. Oder besser: Ich erlaube ihnen, wieder Halt zu finden. Thomas Höft: Haben Sie eigentlich so etwas wie einen roten Faden, der sich durch Ihr Grazer Konzert ziehen wird? Rebekka Bakken: Tatsächlich ja. Und der ist Liebe und Dankbar­ keit. Ich möchte dem Programm ein Gedicht von Lalleshwari, 8


der großen kashmirischen Mystikerin des 14. Jahrhunderts, vor­ anstellen. Damit ist eigentlich alles gesagt. „Was ist Anbetung? Wer sind dieser Mann, diese Frau, die Blumen bringen? Welche Blumen soll man bringen? Und welches Quellwasser soll wirk­ lich zur Reinigung über die Bilder gegossen werden? Echte An­ betung geschieht mit dem Geist. So lasst sie einfach ein Mann sein und eine Frau. Und lasst selbst wählen, was sie opfern wollen.“ Thomas Höft: Herzlichen Dank für das Gespräch.

Thomas Höft

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Montag, 10. April 2017 Helmut List Halle, 19 Uhr

The Virgin Queen

Anthony Holborne (um 1545–1602) Paradizo The Honie-suckle The Teares of the Muses The Fairie-round As it Fell on a Holie Eve – The Widowes Myte Robert Jones (um 1577–1617) What if I Seek For Love of Thee Thomas Campion (1567–1620) Blame Not My Cheeks Robert Jones Lie Down, Poor Heart Thomas Campion When to Her Lute Corinna Sings John Johnson (um 1545–1594) Pass’e Mezzo Carman’s Whistle für Laute solo William Brade (1560–1630) Der Satyrn Tanz Die duftenden Violen Ein Schottisch Tanz

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Elizabethanisch, Anonymus The Dark is my Delight William Byrd (1543–1623) The Noble Famous Queen Ye Sacred Muses

John Dowland (1563–1626) M. George Whitehead his Almand Lachrimae Antiquae The Earle of Essex Galliard The King of Denmark’s Galliard It Was a Time When Silly Bees Could Speak Time Stands Still Shall I Strive with Words to Move By a Fountain Where I Lay Preludium Queen Elizabeth’s Galliard A Fancy für Laute solo Say Love, if Ever Thou Didst Find His Golden Locks Can She Excuse My Wrongs / The Earle of Essex his Galliard

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Emma Kirkby, Sopran Jakob Lindberg, Laute Armonico Tributo Consort: Lorenz Duftschmid, Diskantgambe Ryosuke Sakamoto, Altgambe André Lislevand, Tenorgambe Kentaro Nakata, Tenorgambe Soshi Nishimura, Violone

Die Gesangstexte werden in deutschen Übersetzungen auf die Bühne projiziert und können auch auf www.psalm.at nachgelesen werden.

Programmdauer: Erster Teil: ca. 40 Minuten Pause: ca. 30 Minuten Zweiter Teil: ca. 40 Minuten

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Ad notam

Die jungfräuliche Königin Elisabeth I. von England hat das Bild der Frau an der Spitze eines Staates neu geprägt: Ehe- und kinderlos, ohne Abhängigkeit von einem Ehemann, unter bewusstem Verzicht auf einen Sohn als Thronerben, ging sie ihren Weg einsam, unverrückbar und stili­ siert zur „Virgin Queen“. Zahllose Bewerber säumten ihren Weg, Erzherzog Karl II. von Innerösterreich war einer von ihnen. Jah­ relang machte er sich Hoffnungen auf die Hand Elisabeths, doch wurden die Verhandlungen 1568 ergebnislos abgebrochen. Karl heiratete seine bayerische Nichte Maria Anna – zum Segen für Graz und das Erzhaus, sicherten die 15 Kinder aus dieser Verbindung doch die Zukunft Österreichs. Als Elisabeth 1603 mit 69 Jahren starb, musste sie ihre Krone ausgerechnet dem Sohn ihrer Erzfeindin Maria Stuart vermachen. Es war der Preis, den sie für ein Leben ohne Ehemann zahlte. Angeblich war es die Hinrichtung ihrer Stiefmutter Catherine Howard, die in der neunjährigen Elisabeth den festen Ent­ schluss reifen ließ, niemals zu heiraten. Mit ihrer Thronbestei­ gung 1559 wurde die Frage zum Politikum, denn wen auch im­ mer sie hätte wählen wollen, er wäre bei gewissen Fraktionen auf Widerstand gestoßen oder hätte versucht, zu viel Einfluss auf sie zu gewinnen. Mit dem Herzog von Anjou tauschte sie ehrliche Liebesgedichte aus (in perfektem Französisch), mit dem jungen Earl of Essex ließ sie sich auf einen Flirt ein. Den­ noch gab es nur einen Mann, in den sie zeitlebens verliebt war, ohne sich zur Ehe mit ihm entschließen zu können: Robert ­Dudley, Earl of Leicester, ihr Kumpan während der Haftzeit im Tower. Romantische Filme sind über diese Beziehung gedreht worden, mit Helen Mirren und Jeremy Irons, mit Anne-Marie Duff und Tom Hardy. Als Elisabeth starb, fand man Roberts letzten Brief in ihrem Schreibtisch mit ihrer Aufschrift „His last letter“. 14


Lute Songs und Consort Music Was Elisabeth an häuslicher Intimität fehlen mochte, konnte sie durch ungestörten Kunst-, Musik- und Theatergenuss kompen­ sieren. Wie später Königin Christina von Schweden im rö­ mischen Exil regte sie die größten Komponisten ihrer Zeit zu Meisterwerken an. Keiner konnte sich ihrem Nimbus entziehen, weder ihr hartnäckig katholischer Hofkomponist William Byrd noch die Heißsporne unter den Komponisten von „Lautenlie­ dern“. Die „Lute Songs“ waren die neue Mode am Ende von Elisabeths Herrschaft. „Ein nacktes Ayre ohne jede Führung, Stütze oder Farbe außer seiner eigenen wird leicht von jedem Ohr beurteilt und braucht umso mehr Erfindungskraft, um zu gefallen.“ Mit diesen Worten verteidigte der Lautenist Thomas Campion 1601 das Lautenlied, „Song“ oder „Ayre“ genannt, gegen die scharfen Angriffe seiner Gegner aus dem konservativen Lager des „Con­ sort Song“. Die alten Herren wollten Kontrapunkt hören und kunstvolle Verflechtungen der Singstimme mit den Instru­ menten, wie sie William Byrd in seinem Consort Song „The Noble Famous Queen“ zu Ehren der Königin exemplarisch vorführte. Die jungen Komponisten wollten etwas ganz An­ deres: poetische Texte in eingängige Melodien übersetzen und anrührenden Sologesang mit sparsamer Lautenbegleitung verbinden. Mit seinem Song „When to Her Lute Corinna Sings“ schuf Campion den Prototyp dieser Form: eine der eingän­ gigsten Melodien der Epoche, um das Singen zur Laute zu be­ schreiben. John Dowland brachte 1597 mit seinem „First Booke of Songes or Ayres“ den Stein ins Rollen. Von den letzten Regierungsjahren der „jungfräulichen Königin“ bis in die frühe Regierungszeit ihres Nachfolgers James I. reichte der Boom der Lautenlieder. Bis 1620 erschienen mehr als 30 Bücher mit insgesamt rund 600 Lautenliedern, danach brach die Tradition plötzlich ab, weil King James unter dem Einfluss seines Favoriten Lord Bucking­ ham eine neue Vorliebe für Franzosen und Italiener entwickelte. Der Barock in England brach an. 15


Dowlands Melancholie und Essex’ „Excuse“ Dass John Dowland der genialste unter allen „Liedermachern“ war und der größte Lautenist Englands, wussten schon die Zeitgenossen. Dennoch verweigerte ihm Elisabeth lebenslang den Posten eines Hoflautenisten, so dass er sich bei auslän­ dischen Herrschern verdingen musste wie etwa beim Dänenkö­ nig Christian IV. („The King of Denmark’s Galliard“). Seine an­ geborene Melancholie wurde durch die Ablehnung der Königin noch gesteigert. „Semper Dowland, semper dolens“ nannte er selbst eine seiner ausdrucksvollen Pavanen: „Immer Dowland, immer in Schmerzen“. Sprichwörtlich und in Europa weit ver­ breitet waren seine „Lachrimae“: „Sieben Tränen, ausgedrückt in sieben tief empfundenen Pavanen“ für Gambenconsort. ­Lorenz Duftschmid spielt daraus die erste Pavane, „Alte Tränen“ genannt, und die „Tränen des Liebenden“. Die „Elizabethan Melancholy“ war eigentlich ein „Spleen“ der englischen Adligen und Dichter, die man seinerzeit auf ein Übermaß an schwarzer Galle und die ungesunde Mischung der Körpersäfte zurück­ führte. In Dowlands tränenreichen Liedern und Pavanen fand sie ihren tiefsten Ausdruck. Er konnte freilich auch anders schreiben, wie seine Galliarden beweisen. Sein Lied „Can She Excuse My Wrongs“ trägt als Lautenstück den Titel „The Earle of Essex Galliard“. Deshalb darf man als Autor des Textes keinen Geringeren als Robert Devereux vermuten, den 2. Earl of Essex. Mit 25 Jahren stieg der Schön­ geist und Schönling zum Favoriten der Queen auf, die oft genug Gelegenheit hatte, sich über seine Schwächen zu beklagen, wenn er sich mit Sir Walter Raleigh duellierte, den spanischen Hafen Cádiz überfiel oder andere Wildheiten beging. Aus gutem Grund wird vermutet, dass sich Essex mit diesem Lied wieder einmal bei der Königin entschuldigen wollte. Seine letzte Untat, einen Staatsstreich gegen ihren Kanzler Sir Robert Cecil, konnte ihm Elisabeth nicht verzeihen: 1601 ließ sie ihn im Tower ent­ haupten. Auch Dowland hatte wegen eines Spionageverdachts gute Grün­ de, sich bei der Königin einzuschmeicheln. Er tat es im Jahr ihres 16


Todes 1603 mit seinem Song „Say Love, if Ever Thou Didst Find“ – eine der schönsten Huldigungen an die Queen. „Sag, Liebe, ob du jemals eine Frau mit einem beständigen Gemüt gefunden hast? Nur eine Einzige, sie, die einzige Königin der Liebe und Schönheit. Sie ist nicht dem Bogen Amors unterworfen, ihr Auge kommandiert, ihr Herz sagt nein.“ Das Spiel mit den Worten „she, she, she“ und „no, no, no“ drückt auf elegante Weise ­Elisabeths Status aus: „The Virgin Queen“.

Josef Beheimb

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DUR UND MOLL. APPLAUS UND ROSEN. VORHANG UND ZUGABE. KLEINE ZEITUNG UND KULTUR. Manche Dinge gehören einfach zusammen. Als Partner des Osterfestivals Psalm wünscht die Kleine Zeitung beste Unterhaltung.


Dienstag, 11. April 2017 Helmut List Halle, 19 Uhr

Magnificat

I. MARIA ZUM EINZUG Lauretanische Litanei Litania de Beata (Maria Virgine), Litanei von der Seligen ( Jungfrau Maria), Mitte 16. Jahrhundert Santa Maria strela do dia Cantiga de Santa Maria aus: Cantigas de Santa Maria de Alfonso el Sabio, 13. Jahrhundert Ephrem, der Syrer (4. Jh.) Hymnus de Nativitate XI (1, 2, 6) O laist ons vroelich syngen Aus: Liederbuch der Anna von KĂśln, um 1500 Mij lust te loven Aus: Berliner Hs 922, um 1500

II. MUTTER Ephrem, der Syrer Hymnus de Resurrectione Lauretanische Litanei Stabat Mater Dominikanische Sequenzmelodie, Bologna, spätes 13. Jahrhundert

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III. JUNGFRAU Ephrem, der Syrer Hymnus II Lauretanische Litanei Ysabel y mas Maria / Magnificat Cantiga aus: PORTUGALIÆ MUSICA, Chansonnier Masson de la Bibliothèque de l’École Supérieure des Beaux Arts de Paris, 16. Jahrhundert Ave vergene gaudent italienische Lauda aus: Laudario di Cortona, 13. Jahrhundert

IV. SINNBILDER Lauretanische Litanei Jakob von Batnä in Sarug (6. Jh.): Gedicht Sequentia: Ave gloriosa Regina Aus: GB-Lblf. Egerton 274 (Notre Dame Schule) Text: Philipp der Kanzler (nach 1160–1236)

V. MITTLERIN Ephrem, der Syrer Hymnus de Nativitate V und VI Lauretanische Litanei ¡Ay, Santa Maria! Cantiga de Santa Maria aus: Cantigas de Santa Maria de Alfonso el Sabio, 13. Jahrhundert 20


VI. KÖNIGIN Lauretanische Litanei Senhora del Mundo Cantiga de Santa Maria aus: PORTUGALIÆ MUSICA, Chansonnier Masson de la Bibliothèque de lÉcole Supérieure des Beaux Arts de Paris, 16. Jahrhundert Ephrem, der Syrer Hymnus de Nativitate X Ave donna santissima italienische Lauda aus: Laudario di Cortona, zweite Hälfte 13. Jahrhundert

Die Texte Ephrems sind dem Buch „Lobgesang aus der Wüste“ entnommen. Übersetzung: Edmund Beck, Lambertus Verlag, Freiburg im Breisgau, 1967 Ars Choralis Coeln: Stefanie Brijoux, Maria Jonas, Pamela Petsch, Cora Schmeiser & Amanda Simmons, Gesang Susanne Ansorg, Fidel/Rebec & Tamburelli Catalina Vicens, Spinettino & Rahmentrommel Mavie Hörbiger, Lesung Die Gesangstexte werden in deutschen Übersetzungen auf die Bühne projiziert und können auch auf www.psalm.at nachgelesen werden. Programmdauer: ca. 80 Minuten (ohne Pause)

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Ad notam

Magnificat Die Schwangerschaft der Gottesmutter prägt den Jahreslauf der Kirche bis heute: Das Fest Mariä Verkündigung am 25. März liegt nicht zufällig genau neun Monate vor Jesu Geburt zu Weihnach­ ten. Nachdem die jüdische Jungfrau Maria aus Nazareth die schwere Bürde auf sich genommen hatte, die Mutter des Erlö­ sers zu werden, wurde sie schwanger, ohne ihre Jungfräulichkeit zu verlieren. Drei Monate später besuchte sie ihre hochschwan­ gere Base Elisabeth, woran das Fest Mariä Heimsuchung am 2. Juli erinnert. Maria stimmte dort ihren Lobgesang auf den Herrn an, in lateinischer Fassung als „Magnificat“ bekannt. Nach der Geburt ihres Sohnes am 25. Dezember in Bethlehem galt Maria nach dem Gesetz des Moses 40 Tage lang als unrein. Der kleine Jesus wurde am achten Tag nach seiner Geburt be­ schnitten (Neujahr). 33 Tage später konnte seine Mutter im Tempel den Reinigungskult vollziehen und ihren Erstgeborenen als Eigentum Gottes darstellen (Fest Mariä Reinigung oder Darstellung des Herrn am 2. Februar). Nicht einmal Martin Luther rüttelte an den Grundfesten dieser Marienfeste, da sie mit der Lebensgeschichte Jesu verknüpft sind. Wo aber Maria über ihren Sohn gestellt wurde, endete die Geduld des Reformators: Am Marienkult scheiden sich bis heu­ te die Geister zwischen römisch-katholischer und evangelischer Auffassung von der Heilsgeschichte. Dabei stellte schon das Konzil von Ephesus 431 fest, dass Maria nicht nur „Christoto­ kos“, also Christusgebärerin sei, sondern sogar „Theotokos“, Gottesgebärerin. Jesus habe schon im Mutterleib sein göttliches Wesen getragen, „das Wort“ sei nicht erst nach der Geburt des Menschenkindes auf Jesus gekommen. Damit legte schon die frühe Kirche den Grundstein zur Überhöhung der Gottesmutter zur „Mittlerin“, schließlich zur „Himmelskönigin“ gekrönt von ihrem Sohn – eine Frau, die in einmaligem Gnadenakt von der 22


Erbsünde befreit wurde und ihre Jungfräulichkeit auch bei der Geburt bewahrte. Luther opponierte gegen die Gleichstellung der Mutter mit ihrem Sohn, das heutige Frauenbild steht in ­vehementer Opposition zu den marianischen Grundaussagen der Kirche: Als Uta Ranke-Heinemann ihr Buch „Eunuchen für das Himmelreich“ 1990 in englischer Übersetzung vorstellte, ging der Erzbischof von New York auf die Barrikaden. Die deut­ sche Theologin hatte unter anderem die Frage gestellt, wie sich denn jemals eine Frau mit Maria identifizieren könne, wenn die ­Gottesmutter in der „Lauretanischen Litanei“ als „mater invio­ lata“ bezeichnet werde. Dadurch würden alle anderen Mütter automatisch zu „matres violatae“ gestempelt werden. Die frühen Kirchenlehrer waren von solchen Kontroversen noch weit entfernt, ebenso die Mönche und Nonnen des Mittelalters. Aus ihrem Repertoire an Texten und Gesängen hat Maria Jonas ihr Programm zusammengestellt. Die gelesenen Texte stam­ men überwiegend von Ephrem dem Syrer. Sie belegen, wie sehr die Überhöhung der Gottesmutter zum ältesten Bestand theo­ logischen Denkens gehört, und zwar gerade im Osten des ­römischen Reiches, im Grenzgebiet zwischen Römern, Persern und Syrern. Ephrem, der Syrer Als der Freiburger Drucker Kilian Fischer um 1480 eine Inkuna­ bel mit ausgewählten Schriften von Ephrem, dem Syrer in latei­ nischer Übersetzung zusammentrug, nannte er den Autor: „ingeniosus, acutissimus, Sanctissimus vir Effrem Edissene ­Ecclesie diaconus“. Der „geniale, sehr genaue, allerheiligste Ephrem“ war zwar schon 1100 Jahre zuvor, am 9. Juni 373, als Diakon der Kirche von Edessa verstorben, doch noch immer gedachte man seiner visionären Lehren und Schriften. Edessa, die gelehrte Stadt im „Dreiländereck“ zwischen Persien, Syrien und Kleinasien, war ein idealer Nährboden für seine Schriften, die er auf Syrisch verfasste. Das Neue Testament kannte er nur aus einer Evangelienharmonie, also einer Zusammenziehung der vier Evangelien. Dort fand er die Wurzel zu seinem ganz besonderen Verständnis der Dreifaltigkeit, der Gottsohnschaft 23


Christi und vor allem der Gottesmutter. Alle Widersprüche des Marienbildes seiner Zeit fasste er in wenigen Zeilen zusammen: Niemand weiß, wie er sie nennen soll, deine Mutter, o Herr! Nennt er sie „Jungfrau“, so steht ihr Kind dagegen. Nennt er sie „Vermählte“, warum hat sie dann kein Mann er­ kannt? Wenn aber schon deine Mutter unbegreiflich ist – wer kann dich fassen? Mariengesänge Das Italien des 13. Jahrhunderts war ein wunderbarer Nährbo­ den für marianische Gesänge – dank der Bettelorden: Das „Stabat Mater“, jene vielstrophige Sequenz, die das Leiden Jesu in den Emotionen seiner Mutter widerspiegelt, entstand nicht zufällig im Bologna des späten 13. Jahrhunderts. Der aus Kasti­ lien stammende Domingo de Gúzman Garcés gründete 1216 den „Predigerorden“, der bald nach ihm benannt wurde. 1221 ist der Heilige Dominikus in Bologna verstorben, wo man noch heute sein Grabmal bewundern kann. Der Heilige Franziskus und seine Nachfolger entwickelten zur gleichen Zeit eine ande­ re Form des Gottes- und Marienlobs: die Lauda. Einfache, ein­ gängige Melodien und der Gleichklang der Verse sind für die Gesänge beider Bettelorden charakteristisch. Ähnliches hatte auch der kastilische König Alfonso X. el Sabio im Sinn, als er den berühmten Codex „Cantigas de Santa Maria“ zusammentragen ließ. Einige der mehr als 400 Marienlieder soll er sogar selbst verfasst haben. Auf den gemalten Miniaturen des Prachtbandes kann man den König erblicken, wie er inmitten von Tänzern und Musikern auch maurischer Herkunft dem Klang der Fiedeln, Schalmeien und Psalterien lauscht. Von den 27 Musikern seiner Kapelle waren elf Araber und zwei Ara­ berinnen. Ob sie verstanden, wovon sie sangen, wenn sie die Gottesmutter in portugiesisch-galizischer Sprache hochpreisen durften? Die Melodien der Cantigas verraten Einflüsse der christlichen, arabischen und jüdischen Volksmusik im dama­ ligen Spanien. 24


Mit deutschen Gesängen aus dem Liederbuch der Anna von Köln (um 1500) baut Maria Jonas eine Brücke ins 16. Jahrhun­ dert, in welchem die „Lauretanische Litanei“ entstand. Nach dem einleitenden Kyrie werden hier alle Eigenschaften der jung­ fräulichen, unbefleckten, strahlenden Himmelskönigin aufge­ zählt, im Geist der Gegenreformation. Deshalb trägt die Litanei den Namen von Loreto, jenem Ort in Italien, an den die Engel das Heilige Haus aus Palästina trugen – das Haus der jungen Jüdin Maria aus Nazareth, in dem alles begann.

Josef Beheimb

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Donnerstag, 13. April 2017 (Gründonnerstag) Helmut List Halle, 19 Uhr

Freuden des Frühlings

Francesco Patavino (1478–1556) Donne venite al ballo (villotta) Aus: Canzoni Frottole e Capitoli, Valerio Dorico, Rom, 1531 Philippe Verdelot (um 1480–1532) Madonna qual certezza Madonna il tuo bel viso Madonna io sol vorrei Aus: Il Primo libro dei Madrigali a 4 voci, Venedig, 1533 Sebastiano Festa (1490–1524) L’ultimo di di maggio un bel mattino (villotta) Aus: Libro Primo de la Croce, Rom, 1526 (Pasoti e Dorico) Giovanni Coperario (1575–1626) Fantasia „La primavera” Luca Marenzio (1554–1599) Zefiro torna Madrigali a 4 aus: Libro Primo, Venedig, 1585 Anonym Aria di Fiorenza Aus: Manoscritto Panphilj, ADP 250/B XVII sec. Luzzasco Luzzaschi (1545–1607) O primavera Aus: Madrigali per cantare a 1, 2 o 3 soprani, Rom, 1601

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Sigismondo d’India (1582–1629) O primavera gioventu’ dell’anno für Tenor und b.c. Aus: Libro primo, Milano Tini e Lomazzo, 1609 Torna il seren zefiro für Sopran und b.c. Aus: Libro quinto, Venezia A. Vincenti, 1623 Francesca Caccini (1587–1641) La pastorella mia tra il fior e il giglio für Sopran und b.c. Aus: Libro primo a una, due voci, Florenz, 1618 Jacopo Peri (1561–1633) Bellissima regina für Stimme und b.c. (Varie musiche del Sig. Peri a una, due o tre voci, Florenz, 1609) Biagio Marini (1594–1663) Sonate für Violine und b.c. Allegrezza del nuovo maggio für Stimme und b.c. Invita la sua Donna alle delitie della Campagna für Stimme und b.c. Aus: Scherzi e Canzonette a una o due voci, 1622 Claudio Monteverdi (1567–1643) Zefiro torna, Ciaccona für zwei Stimmen Aus: Madrigali e Canzonette a due e tre voci Libro Nono, Venezia, A. Vincenti, 1651)

La Venexiana: Emanuela Galli, Sopran Alessio Tosi, Tenor Efix Puleo, Viella & Barockvioline Teresina Croce, Viola da gamba Chiara Granata, Harfe Gabriele Palomba, Laute, Theorbe Yu Yashima, Cembalo Die Gesangstexte werden in deutschen Übersetzungen auf die Bühne projiziert und können auch auf www.psalm.at nachgelesen werden. 28


Ad notam

Frühling in Florenz Florenz im März 1609: Die Menschen jubeln dem neuen Groß­ herzog zu, Cosimo II. de’ Medici. An seiner Seite besteigt eine neunzehnjährige Grazerin den Thron der Toskana: Maria Mag­ dalena von Österreich. 1589 in Graz geboren, ist sie die jüngste Tochter Karls II. Ihre Schwester Margarete hat den spanischen König Philipp III. geheiratet und wird zur Großmutter sowohl Leopolds I. als auch Ludwigs XIV. Ihr Bruder Ferdinand II. ist der zukünftige Kaiser. Maria Magdalena selbst wird bis 1621 an der Seite ihres Mannes regieren und danach ein Jahrzehnt lang die Regentschaft für ihren unmündigen Sohn übernehmen. Die Kinder des Grazer Erzherzogs kennen ihre Pflichten und ihren Rang. Sie füllen ihre Schlüsselpositionen in der europäischen Politik mit Würde und Stolz aus. Im Geistesleben von Florenz wird Maria Maddalena d’Austria einige Spuren hinterlassen, so etwa als Gönnerin von Galileo Galilei, vor allem aber durch einen Traktat, den ihr 1624 der Dichter Cristofano Bronzini aus Ancona widmet: Della Dignità e Nobiltà delle Donne, „Von der Würde und Vornehmheit der Frauen“. Dieser Dialog spielt sich in sieben Wochen zu je sechs Tagen in den Medici-Gärten in Rom ab, wo ein „Frauengegner“ auf einen Verteidiger der Frauen trifft, auf einen toskanischen Prinzen und diverse adlige Schönheiten aus Rom, Florenz und Mantua. Im lebhaften Gespräch entwickeln diese gebildeten Zeitgenossen die These, dass die Frauen nicht als Dienerinnen des Mannes, sondern als seine Herrscherinnen in die Welt ge­ kommen seien – eine Sicht der Welt, die zumindest für die rö­ mische Kirche jener Zeit zu progressiv ist. Das Buch landet auf dem Index. Die selbstbewusste Maria Magdalena kann dies nur wenig be­ eindrucken. Sie fördert in Florenz intensiv die Frauen, darunter 29


auch eine junge Musikerin namens Francesca Caccini. Die Tochter des berühmten Römers Giulio, der zusammen mit sei­ nem Kollegen Jacopo Peri 1600 die Oper erfunden hat, ist selbst bereits eine Komponistin. Im Frühling 1609 erfüllen ganz neue Frühlingsgesänge die weiten Hallen des Palazzo Pitti: „La pasto­ rella mia tra il fior e il giglio“, „Meine Hirtin zwischen Blume und Lilie“, singt eine Sopranistin zur Begleitung von Cembalo, Theorbe und Harfe. Die neue Form des Solomadrigals hat der Oper den Weg gebahnt. Francesca Caccini beherrscht sie bereits vollendet. 1618 wird sie dieses Madrigal in ihrem ersten Buch von Gesängen veröffentlichen. Auch Jacopo Peri preist die neue Großherzogin in Gesängen von überirdischer Schönheit: ­„Bellissima regina“ heißt eines seiner Solomadrigale von 1609. Maria Magdalena ist alles andere als eine Schönheit: eine streng dreinblickende junge Frau mit den Augen und der Stirn einer Wittelsbacherin (von der Mutter) und der Habsburger-Unter­ lippe (vom Vater). Sie führt diese in die Familie Medici ein. Jugendzeit des Jahres „O primavera, gioventù dell’anno“ singt im selben Jahr 1609 im spanisch regierten Mailand ein Tenor zum Basso continuo. Die Noten dieses Madrigals hat ein Sizilianer aus Palermo geschrie­ ben, der seit einigen Jahren an den Höfen Italiens hin- und herreist: Sigismondo d’India. In Mantua trifft er auf Monteverdi, in Florenz auf die Großherzogin aus Österreich, in Turin dient er dem Herzog von Savoyen, in Rom diversen Kardinälen. Auch er ist ein Meister der neuartigen Sologesänge mit Begleitung, die das ältere mehrstimmige Madrigal abgelöst haben. Nun muss ein einziger Sänger mit seiner Kunst die Schönheit des Frühlings besingen, wie sie der Dichter Guarini in seinen be­ rühmten Versen geschildert hat: „O Frühling, Jugendzeit des Jahres, schöne Mutter der Blumen, der neuen Kräuter, der neu­ en Lieben, du kehrst zurück, doch mit dir kommen die heiteren und glücklichen Tage meiner Freuden nicht wieder, nur die er­ bärmliche, schmerzliche Erinnerung an den Verlust meines lie­ ben Schatzes.“ Der herbe Bruch in der Mitte des Gedichts regte zahllose Komponisten zur Vertonung an und wird zum Topos vieler Frühlingsgesänge. So beginnt auch d’Indias Madrigal 30


„Torna il seren Zefiro“ mit der Schilderung der milden Frühlings­ lüfte, der gurrenden Vögel und murmelnden Bäche. Nur das lyrische Ich ist „in traurigem Schrecken begraben“. Das Stück endet in dem erschütternden Satz: „Frühling wird es für mich nie mehr werden!“ Die sanften Zephirwinde finden sich auch in zwei besonders schönen Madrigalen aus den Zentren Italiens: Luca Marenzio, der Meister des mehrstimmigen Madrigals in Rom, vertont 1585 Petrarcas berühmtes Sonnett „Zefiro torna“. In den ersten acht Zeilen wird die Rückkehr der schönen Jahreszeit beschrieben, in den letzten sechs dagegen der Schmerz des Liebenden: „Für mich aber kehren nur die allerschwersten Seufzer wieder“. Ma­ renzio benutzt dazu den traditionellen polyphonen Satz zu vier Stimmen. Jahrzehnte später vertont Claudio Monteverdi in Ve­ nedig ein anderes Gedicht mit dem Anfang „Zefiro torna“, ge­ schrieben von Ottavio Rinuccini. Auch hier beginnt der Gesang mit einem Loblied auf die sanften Winde, allerdings tänzerisch beschwingt, denn der Frühling lässt die Natur tanzen. Deshalb wählt Monteverdi für dieses Duett den Ciaccona-Bass als Grundlage, jene fröhliche Bassmelodie aus Lateinamerika mit den wilden Synkopen, die dem ganzen Satz seinen „Swing“ verleihen. Von den Bergen wie aus den Tälern tönt ungetrübte Harmonie, nur im Herzen des einsamen Liebenden tobt der Schmerz. Auch hier wechselt der Ausdruck zu Vorhaltsdissonan­ zen und herbem Moll. Freilich währt das Leid nicht lange, wieder setzt sich der Ciaccona-Bass mit seiner unwiderstehlichen Vita­ lität durch. Frauen, kommt zum Ball! Monteverdis Ciaccona ist der Endpunkt einer Entwicklung, die bei den „Villotte“ und „Frottole“ der Hochrenaissance beginnt. Schon vor 1530 frönen die Italiener ungehemmt ihrer Vorliebe für Tanzlieder. Dies beweisen die Gesänge von Patavino und Festa, die unser Programm eröffnen: „Donne, venite al ballo“. „Frauen, kommt zum Tanz“. Natürlich stammt diese Musik aus dem Rom der Medici-Päpste! In Florenz pflegen die MediciHerzöge einen feineren Stil, wie die „Madonna“-Madrigale von 31


Verdelot beweisen, komponiert vor 1527. Das zweite Stück, „Ma­ donna, il tuo bel viso“, hat der berühmte Aretino gedichtet. ­Erstaunlich nahe stehen diese Renaissance-Stücke den SoloMadrigalen des Frühbarock. Dazu gehören auch die Sologesän­ ge eines Geigenvirtuosen wie Biagio Marini, der als Geiger im Orchester des Markusdoms unter Monteverdi seinen Weg be­ ginnt und später in Neuburg an der Donau den Wittelsbachern dienen wird. Natürlich ist Maria Magdalena, die ­Grazerin in Florenz, auch mit diesen Herrschaften verwandt.

Josef Beheimb

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Freitag, 14. April 2017 (Karfreitag) Helmut List Halle, 19 Uhr

Bharatanatyam Muthuswami Dikshitar (1775–1835) Mahaganapatim Lied an den glücksbringenden Gott Ganesha Dasappa Keshava (*1946) Pushpanjali (Raga: Nati und Revati, Tala: Adi) Eröffnungstanz mit Blumenopfer, Gayatri Mantram und Hymne auf die Urkraft Bhudevi, Göttin der Erde und der Fruchtbarkeit Sprache: Sanskrit Lesung: Die Geschichte von Durga Dasappa Keshava Durga (Ragamalika Hindola, Shanmukhapriya und Punnagavarali, Tala: Adi) Erzählt von der furchtlosen und kraftvollen Göttin Chamundeshwari, die den bösen Dämonen Mahishasura besiegte Text: Durgastotram von Adi Shankaracharya, 8. Jh. Sprache: Sanskrit Lesung: Yashoda und Krishna Vyasatirtha (1460–1539) Krishna nee begane baaro (Raga: Yamankalyan, Tala: Mishra chapu) Erzählt von der Liebe der Mutter Yashoda zu ihrem Kind, dem kleinen Krishna Sprache: Kannada

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Lesung: Shabari Dasappa Keshava Shabari (Raga: Shivaranjani, Tala: Rupaka) Eine Episode aus dem Epos Ramayana erzählt von der großen Verehrerin des Gottes Rama. Text: V. Seetharamaiah (1899–1983). Sprache: Kannada Lesung: Tillana Maharaja Swathi Thirunal (1813–1846) Tillana (Raga: Dhanashri, Tala: Adi) Ein fröhlicher, temperamentvoller Tanz mit anspruchsvollen Schrittkombinationen, interessanten Rhythmen und skulpturesken Posen. Wenn Krishna auf der Flöte spielt, beginnt Radha zu ­tanzen und die ganze Welt mit ihr. Sprache: Hindi

Kalasri Tanz- und Musikensemble: Vidwan Dasappa Keshava, Tanz & Choreografie, Nattuvangam & Leitung Sumitra Keshava, Tanz Anjali Keshava, Tanz Shajinthavi Ketheeswaran, Gesang Suthan Sivaraja, Perkussion (Mridangam) Lavan Rasiah, Violine Mavie Hörbiger, Lesung

Programmdauer: Erster Teil: ca. 45 Minuten Pause: ca. 30 Minuten Zweiter Teil: ca. 45 Minuten

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Ad notam

DER KOSMOS IM TANZ Sumitra Keshava über die Tradition des Bharatanatyam Der indische Tempeltanz Bharatanatyam gehört zu den ältesten kulturellen Traditionen des indischen Subkontinents. Sumitra Keshava und ihr Ensemble Kalasri erzählen in diesem Stil die Geschichten der großen Göttinnen des Hinduismus im Festival PSALM. Thomas Höft hat sich mit der Künstlerin via Skype unterhalten. Thomas Höft: Sie präsentieren in Graz ein Programm mit tradi­ tionellem indischen Tanz. Worum wird es dabei gehen? Sumitra Keshava: Es gibt sehr viele verschiedene indische Tanz­ stile. Wir tanzen Bharatanatyam, das ist ein südindischer Tem­ peltanz. Er ist wirklich sehr alt, wahrscheinlich über 2000 Jahre, und wurde früher ausschließlich von Gottesdienerinnen im Tempel getanzt. Natürlich hat sich der Tanz im Laufe der Zeiten weiterentwickelt, aber er steht nach wie vor in direkter Linie der alten Tradition. Bharatanatyam ist eine sakrale Tanzform, dort werden zumeist mythologische Geschichten dargestellt. Des­ halb hat der Tanz einen sehr theatralischen Aspekt. Er ist tat­ sächlich schauspielerisch. Aber das ist kein Gegensatz zur ­Spiritualität. Genauso, wie auch die komplexen Schrittfolgen und das Spiel mit den Händen im Dienste der Geschichten stehen. Gerade die Handbewegungen sind dabei extrem stili­ siert. Wir nennen die Handhaltungen Mudras. Und diese Ges­ ten in Verbindung mit der Mimik sind die Darstellungsformen der unterschiedlichen Gefühle. Thomas Höft: Also haben diese Tänze eine Handlung? Sumitra Keshava: Ganz genau. Man kann sogar sagen, dass die Geschichten zu allererst im Tanz überliefert wurden. Sie sind 35


fast untrennbar mit den Bewegungen verwoben. Heutzutage sind wir sehr offen und wenden die traditionellen Formen auch auf andere Geschichten an und tanzen manchmal sogar ganz „abstrakt“. Aber das ist eine aktuelle Entwicklung. Thomas Höft: Welche Musik wird zu diesen Tänzen gespielt? Sumitra Keshava: Wir spielen karnatische Musik. Das ist die traditionelle, klassische südindische Musik. Die frühesten Über­ lieferungen dieser Musik reichen bis ins 7. Jahrhundert zurück, und sie geht ganz und gar aus einem Text hervor. Selbst wenn sie nur instrumental gespielt wird, liegt ihr eine alte Gesangs­ melodie zu Grunde. Deshalb gibt es in unserem Ensemble ­natürlich eine Sängerin. Sie wird begleitet von der Mridangam, der südindischen Trommel und einem Geiger. Was aber zum Bharatanatyam besonders wichtig ist, ist der Natuwanar. Er ist der Tanzlehrer und spielt eine Art von Zimbeln. Er gibt den Rhythmus vor und ist so das Bindeglied zwischen Musikensem­ ble und Tänzerinnen. In unserem Ensemble hat mein Vater diese Rolle inne. Thomas Höft: Und wie schaut es mit der Überlieferung aus? Woher wissen Sie, was Sie tanzen und spielen? Sumitra Keshava: Die ganze Tradition ist mündlich überliefert. Man kann nirgendwo nachschlagen und etwa Schrittfolgen ler­ nen. Es gibt auch keine aufgeschriebenen Melodien, sondern alles wird von einer Generation auf die nächste übermittelt. Durch Spielen und Lernen. Aber das heißt nicht, dass dieser Stil völlig frei wäre. Im Gegenteil, Musik und Tanz hängen auf ver­ schiedenen Ebenen sehr eng zusammen und müssen unbe­ dingt miteinander und sehr präzise erarbeitet werden. Und na­ türlich machen wir uns heute Notizen dazu. Aber im Endeffekt ist es so, wie es immer war: Die Jüngeren lernen es von den Älteren. Es gibt übrigens dabei auch Überschneidungen mit dem Yoga. Die Ruhe und Konzentration, die es für den Tanz braucht, ist dieselbe, die man auch beim Yoga benutzt. Fragen des Gleichgewichts, der Dehnung – all das braucht man auch im Tempeltanz. Ein sehr anschauliches Beispiel, wie sich Spiri­ 36


tuelles und Artistisches in diesen traditionellen Kunstformen durchdringen. Thomas Höft: Wie kommen Sie denn persönlich dazu, sich mit dieser Kunst zu beschäftigen? Sumitra Keshava: Also meine Mutter ist Schweizerin und mein Vater ist Inder. Als meine Mutter 18 Jahre alt war, hat sie eine indische Tänzerin gesehen und sich entschlossen: Das möchte ich auch machen. Sie hat also ein Schiff genommen und ist nach Indien gefahren. Dort hat sie indischen Tanz studiert und dabei meinen späteren Vater kennengelernt. Später sind sie dann gemeinsam in die Schweiz gekommen und haben 1976 in Basel eine Schule für Yoga und indischen Tanz eröffnet. Und so sind meine Schwester und ich praktisch mit dem Tanz aufgewachsen. Also eigentlich sind wir ein Familienunternehmen, was wieder ganz dem traditionellen Vorbild entspricht. Was mich ganz persönlich an diesem Tanz reizt, ist die absolute Vielfalt. Ich verkörpere eine Göttin, dann wieder einen Dämon, ich bin eine Prinzessin oder ein Affe. Und das alles in sekundenschnellem Wechsel. Diese Herausforderung finde ich selbst am span­ nendsten in meinem Beruf. Aber am wichtigsten ist die persön­ liche Hingabe, mit der wir tanzen, mit der ich tanze. Und das hat etwas Spirituelles. Thomas Höft: Unser Festival in Graz dreht sich ja besonders um die Weiblichkeit, um Fruchtbarkeit und Opfer. Wie hängt das mit Ihrem Tanz zusammen? Sumitra Keshava: Ich habe ja schon erwähnt, dass ursprünglich nur Tempeldienerinnen Bharatanatyam tanzen durften. Das hat sich heute geändert. Aber noch mein Vater war an der ganzen Universität der Einzige, der Bharatanatyam studiert hat. Und es war sehr schwer für ihn. Er durfte auf keinen Fall mit den Mäd­ chen in einem Raum essen oder nach dem Unterricht mit ihnen ausgehen. Das war eben eine andere Zeit. Und noch heute ist die gesellschaftliche Realität in Indien für Frauen wirklich nicht immer einfach. Auf der anderen Seite darf man nicht übersehen, dass der Hinduismus die Frau, die Weiblichkeit als Urkraft an­ 37


erkennt und letztlich sogar als stärkere Kraft als die männliche einschätzt. Und das kommt in den mythologischen Geschich­ ten, die wir in unserem Programm vorstellen, besonders gut und klar zum Ausdruck. Da ist zum Beispiel Parvati, die für die Kraft steht. Oder Devi, die Mutter Erde, die für die Fruchtbarkeit steht. Und wir erzählen das große Drama um die Göttin Durga und ihren epischen Kampf gegen einen Büffeldämon, den sie schließlich niederringt. Thomas Höft: Da kommt ja wirklich viel auf uns zu. Herzlichen Dank für das Gespräch.

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Sonntag, 16. April 2017 (Ostersonntag) Helmut List Halle, 19 Uhr

Mutter Erde

Lieder und Geschichten der Ndebele und der Shona aus Simbabwe

Vokalensemble „Nobuntu“ (Simbabwe): Zanele Manhenga Thandeka Moyo Duduzile Sibanda Heather Dube Joyline Sibanda Chris Pichler, Lesung

Programmdauer: Erster Teil: ca. 45 Minuten Pause: ca. 30 Minuten Zweiter Teil: ca. 45 Minuten

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Ad notam

„WIR FEIERN DIE FRAUEN“ Nobuntu aus Simbabwe zwischen Tradition und Gegenwart Es ist Vormittag sowohl in Köln, als auch in Simbabwe. Aber während ich in meinem Büro vor dem Computer sitze und ein grauer Himmel über den alten Industriequartieren von Ehren­ feld hängt, die über und über mit Graffitis besprayt sind, strahlt die Sonne hell auf einen Platz in Bulawayo in Simbabwe, wo sich die Sängerinnen von Nobuntu um ein Smartphone drängen. Wir haben uns verabredet, um über den Grazer Auftritt des Frauen­ ensembles zu sprechen, und endlich haben wir uns erreicht. Nobuntu ist gerade auf Tour in Simbabwe, und nicht überall sind die Internetverbindungen stabil. Jetzt aber winken Duduzile und Joyline Sibanda, Heather Dube, Thandeka Moyo und Zanele Manhenga durch die Kamera nach Köln und haben ein paar klare, mutige Botschaften. Ich schneide das Gespräch mit, das öfter durch die schlechte Übertragung gestört wird. Wir schalten die Kamera ab, um uns besser verstehen zu können. Weshalb ich schließlich nicht mehr nachvollziehen kann, wer aus dem Ensemble auf welche Frage antwortet. Ohnehin ist klar, dass die Ensemblefrauen als Kollektiv auftreten. Dass sie gemeinsam sprechen und wahrgenommen werden wollen. Und genau so werde ich es deshalb in diesem Gespräch auch halten. Thomas Höft: Worum geht es in Ihrem Auftritt in Graz? Nobuntu: Wir wollen die Frau feiern. Wir feiern das Glück der Mutterschaft und die Pein, kein Kind zu haben. Wir feiern die weibliche Fruchtbarkeit. Wissen Sie, wir Frauen haben der Welt so viel zu schenken, so viel zu geben. Darüber werden wir singen, und sicher werden wir das auch tanzen. Das sind unsere The­ men: das Lachen, das Weinen, das Schlaflied für die kleinen Kinder, das Lied, um sie zu beruhigen. Und das ausgelassene Spiel, das Schreien und Toben. 40


Thomas Höft: Und woher kommt die Musik, die Sie spielen? Nobuntu: Die Basis unserer Lieder ist die Volksmusik, die tradi­ tionelle Musik. Aber wir haben auch eigene Lieder, eigene Stücke, und beides verbindet sich schließlich miteinander. Thomas Höft: Was ist diese Tradition? Nobuntu: Unsere Traditionen speisen sich aus zwei großen Kulturkreisen, den Völkern der Ndebele und der Shona. Beide dominieren Simbabwe und bilden die Grundlage unserer Ge­ sellschaft. Und beide haben einen großen Einfluss auf die Art und Weise, wie Frauen gesehen werden. Dabei wird in unserer Tradition sehr stark unterschieden zwischen Frauen, die Mütter sind, und Frauen, die keine Kinder haben. Beide werden ganz und gar unterschiedlich behandelt. Thomas Höft: Und wie? Nobuntu: Wenn du als Frau keine Kinder hast, wirst du ausge­ stoßen. Du giltst als wertlos. Dadurch wird ein unglaublicher Druck aufgebaut. Du musst Kinder gebären als Frau, wenn du etwas gelten willst. Und da fragt man sich als Frau natürlich schon: Und was ist mit den Männern? Was ist mit den Männern, die nicht zeugen können? Werden die beschuldigt, asozial zu sein? Werden die ausgestoßen? Nein. Keiner fragt danach. Kei­ ner kümmert sich drum. Es sind die Frauen, die alleine die Last tragen müssen. Aber wenn die Frau dann geboren hat, dann wird sie gefeiert, verehrt, in den Himmel gehoben. Thomas Höft: Und ist das heute immer noch so? Nobuntu: Es ist ganz und gar dasselbe. Heute wie hunderte Jahre früher. Thomas Höft: Und was denken Sie darüber? Nobuntu: Es ist unfair. Es ist nicht richtig. Wir sind gefesselt an eine Ideologie, an eine Tradition, die uns einen ungeheuren 41


Druck auferlegt. Und dagegen singen wir an. Wir haben die Hoffnung, dass sich etwas ändert in der Gesellschaft. Dass Frauen anders gesehen werden können. Und deshalb sind wir dankbar für jeden Freiraum, in dem wir unsere Botschaften hörbar machen können. Es geht um unsere Rechte als Frauen. Wir feiern die Weiblichkeit. Und wir erkennen unsere Traditionen an. Aber wir wollen sie eben auch entwickeln. Die Probleme aufzeigen, die mit ihnen verbunden sind. Darüber reden wir in unserer Musik. Um den Wert der Frau an sich.

Thomas Höft

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Montag, 17. April 2017 (Ostermontag) Helmut List Halle, 19 Uhr

La Gloria di Primavera Alessandro Scarlatti (1660–1725) La Gloria di Primavera Serenata (Neapel, 1716) Libretto von Niccolo Giuvo: La gloria di primavera nella felicissima nascita del serenissimo Leopoldo arciduca d’Austria prencipe del las Asturias e duca di Calabria, serenata 1. Teil Introduzione Nr. 1 Coro „Nato è già l’Austriaco sole“ Nr. 2 Recitativo „Noi che a vicenda elesse“ (Primavera) Nr. 3 Aria „Già fermo su l’empia ruota“ (Primavera) Nr. 4 Recitativo „Non più sterili e meste“ (Estate) Nr. 5 Aria „Più l’Aquila non teme“ (Estate) Nr. 6 Recitativo „Trasse già i’Istro altero“ (Autunno) Nr. 7 Aria „Fuor dell’urna le bell’onde“ (Autunno) Nr. 8 Recitativo „Nacque a noi nacque al grande genio“ (Inverno) Nr. 9 Aria „Col piacer già la pace riposa“ (Inverno) Nr. 10 Recitativo „Qui dunque ò mie compagne“ (Primavera) Nr. 11 Coro „L’aura susurrando“ Nr. 12 Recitativo „Già con umido ciglio“ (Primavera) Nr. 13 Aria „Solca il mar sciolie le vele“ (Primavera) Nr. 16 Recitativo „Quante volte mirai„ (Autunno) Nr. 17 Aria „È più caro il fonte il rio“ (Autunno) Nr. 18 Recitativo „Viddi anch’io con orrore più d’un Regno“ (Inverno) Nr. 19 Aria „Arde il ciel saette avventa“ (Inverno) Nr. 20 Recitativo „Tal virtù seco trasse“ (Primavera) Nr. 21 Coro „Vieni ò Re dell’alte sfere“

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Antonio Vivaldi (1678–1741) Concerto in E, op. 8/1 „La Primavera“ Allegro Largo Danza pastorale. Allegro Alessandro Scarlatti La Gloria di Primavera 2. Teil Nr. 33 Recitativo „Con tal favore e l’ora“ (Estate) Nr. 34 Aria „Torna già nel mio sen“ (Estate) Nr. 35 Recitativo „Quante Provincie e Regni“ (Autunno) Nr. 36 Aria „Corre l’onda vagabonda“ (Autunno) Nr. 37 Recitativo „Anch’io potea di tenebrosi orrori“ (Inverno) Nr. 38 Aria „Di cieco orrore e d’ombra“ (Inverno) Nr. 39 Recitativo „Messi del gioir mio“ (Primavera) Nr. 40 Aria „Canta dolce il rosignolo“ (Primavera) Nr. 45 Recitativo „Gran Padre delle stele“ (Primavera) Nr. 52 Aria „Il destin, la sorte e il fato“ (Primavera) Nr. 53 Recitativo „Giove, e tu non rispondi?“ (Estate) Nr. 54 Aria „Fa che Zeffiro tra fronde“ (Estate) Nr. 55 Recitativo „Deh quel’Amor che inspira“ (Autunno) Nr. 56 Coro „Conti co’i giorni“ Nr. 58 Coro „O bell’età dell’oro“

Cornelia Horak, Sopran (Estate) Anna-Katharina Tonauer, Mezzosopran (Primavera) Bernhard Landauer, Counter (Autunno) Johannes Chum, Tenor (Inverno) Mónica Waisman, Violine recreationBAROCK Leitung: Stefan Gottfried, Cembalo 44


recreationBAROCK spielt in der Besetzung: Violinen 1: Mónica Waisman (Konzertmeisterin), Marina Bkhyian, Toshie Shibata Violinen 2: Albana Laci, Heidemarie Berliz, Katharina Stangl Violen: Ingeburg Weingerl-Bergbaur, Christian Marshall Violoncelli: Ruth Winkler, Jan Zdansky Kontrabass: Tim Dunin Traversflöte: Heide Wartha Oboen: Johannes Knoll, Ana Inés Feola Fagott: Clemens Böhm Trompeten: Peter Weitzer, Karlheinz Kunter Theorbe: David Bergmüller Cembalo: Eva Maria Pollerus

Hörfunkübertragung: Sonntag, 4. Juni, 20.04 Uhr, Radio Steiermark

Programmdauer: Erster Teil: ca. 50 Minuten Pause: ca. 30 Minuten Zweiter Teil: ca. 50 Minuten

Das Notenmaterial zu Alessandro Scarlattis „La Gloria di ­Primavera“ wurde uns dankenswerterweise von Thomas Griffin zur Verfügung gestellt. Die Gesangstexte werden in deutschen Übersetzungen auf die Bühne projiziert und können auch auf www.psalm.at nachgelesen werden.

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Ad notam

Alessandro Scarlatti: La Gloria di Primavera Welche der vier Jahreszeiten hat den größten Anteil an der ­Geburt eines Knäbleins, das Mitte April zur Welt kommt? Der Sommer, in dem das Kind gezeugt wird, der Herbst und der Winter, die es unbehelligt heranwachsen lassen, oder der Frühling, der über die Niederkunft wacht? Der neapolitanische Hofkapellmeister Alessandro Scarlatti und der Dichter Nicola Giuvo gaben auf diese Frage im Frühjahr 1716 eine klare Ant­ wort: natürlich der Frühling. „La Gloria di Primavera“ lautet der Titel ihrer zweistündigen Serenata, die sie zur Geburt des habs­ burgischen Thronfolgers Leopold Johann in Neapel aufführten. Die Österreicher hatten die Stadt 1707 von den spanischen Bour­bonen erobert. Kein Geringerer als der Eroberer selbst, Feld­marschall Daun, regierte anstelle des Kaisers als Vizekönig in der Metropole. Auch er freute sich darüber, dass dem Kaiserpaar männlicher Nachwuchs geschenkt worden war. Seit nämlich Karl VI. seinen plötzlich verstorbenen Bruder Joseph I. im Reich wie auch in Österreich beerbt hatte, war es dringend erforderlich, einen männlichen Erben zu zeugen. Dies musste ge­bührend gefeiert werden, in Neapel wie auch im Rest der habsburgischen Lande. Dass dieser Knabe bereits sieben Monate später verstarb (ausgerechnet am Namenstag seines ­Vaters, dem 4. November), konnte im Frühjahr noch keiner ahnen. „Am Mittwoch Abend gingen der Vizekönig und die Vizekönigin aus, um die Serenata auf die Geburt des kaiserlichen Prinzleins zu hören, die der Duca di Laurenzano und Donna Aurora Sanse­ verino in ihrem Palazzo singen ließen. Sie war ein großer Erfolg, sei es wegen der raren Architektur des Theaters, sei es wegen der Schönheit der Kostüme oder wegen der exzellenten Musik.“ So berichtete die Gazzetta di Napoli am 26. Mai von dem Ereignis, das man sich kaum prachtvoll genug vorstellen kann. Einen Abglanz davon verwahrt die österreichische Nationalbibliothek 46


in Wien, denn natürlich ging ein „Belegexemplar“ der Partitur in die Zentrale des Reiches. Dort war man überaus angetan von den musikalischen Inventionen des 56-jährigen Scarlatti, und zwar nicht nur 1716. Kurioserweise konnten die Wiener am zweiten Weihnachtstag 1825 noch einmal eine Aufführung von Scarlattis Serenata hören, veranstaltet von Raphael Georg Kiese­ wetter, um an den 100. Todestag des Komponisten zu erinnern. Auch London kam in den Genuss dieses wahrhaft grandiosen Scarlatti-Stücks: Die Sopranistin Margherita Durastanti führte es zusammen mit den anderen Opernstars am 28. März 1721 im King’s Theatre auf. Es könnte also sein, dass sowohl Händel­ als auch später Schubert zu den Zuhörern dieses ScarlattiWerkes zählten. Im Psalm 2017 darf das Stück deshalb nicht fehlen, weil es das Aufblühen der Natur im Frühling mit der Fruchtbarkeit einer kaiserlichen Mutter auf so überaus barocke Weise gleichsetzt. Unsere gekürzte Fassung verzichtet auf den Basspart des Jupiter und beschränkt sich auf den Wettstreit der vier Jahreszeiten. Den siegreichen Frühling sang anno 1716 der Soprankastrat Matteo Sassano, den unterlegenen Sommer die Sopranistin Margherita Durastanti, die acht Jahre zuvor Händels Muse in Rom gewesen war. Der Herbst wurde von dem Altkastraten Francesco Vitale verkörpert, der Winter von dem Tenor Gaetano Borghi. Im Orchester breitete Scarlatti die ganze Naturschönheit des Golfs von Neapel aus. Man muss beim Hören nur die Augen schließen, und schon wehen einem sanfte Winde um die Schlä­ fen. Man hört das Plätschern der Wellen an den Gestaden von Posillipo und sieht vor dem geistigen Auge blühende Hänge. Auch sonst ist die Musik überaus bildhaft: In der ersten Arie des Frühlings dreht sich unablässig das Rad des Schicksals. Der Sommer lässt den stolzen Adler Habsburgs zu den Klängen eines neapolitanischen Freudentanzes in die Lüfte steigen. Zum Gesang des Herbstes lässt ein Streichsextett leise Meereswogen hin- und herschaukeln, die sanft an die Klippen schlagen. Der Winter besingt mit einer hellen Oboe den wieder erlangten Frieden. Ein Quartett beschließt die erste Arienfolge mit wun­ dervollen Tonmalereien der Sänger, denen die Instrumente 47


antworten: hohe Geigen für die „lispelnde Luft“, tiefe Streicher für die „murmelnde Quelle“, muntere Oboen für den „Wald ohne Schrecken“. In den Rezitativen der zweiten Arienfolge werden schreckliche Erinnerungen an die letzten Kriege in Italien wach, doch die Arien verkünden Standhaftigkeit unter habsburgischer Herrschaft. Stolz blähen sich die Segel, wenn der Frühling die Schiffe im Golf von Neapel auffahren lässt. Der Herbst zeichnet das Bild unablässig strömender Quellen und Bäche, die endlich vom Eis befreit sind. Der Winter lässt in einer kriegerischen Arie voller Koloraturen er­ kennen, dass er den Blitzen des ­wütenden Himmels trotzen wird. Feierlich rufen alle vier den „König der hohen Sphären“ an, er solle doch auf die Erde herabsteigen. In unserer gekürzten Fassung fehlt dieser Auftritt des Jupiter. Stattdessen lobt Stefan Gottfried den Wettbewerb unter den vier Jahreszeiten aus: Wer von ihnen hat den höchsten Anteil an der Geburt des Thronfolgers? Die vier Konkurrenten werfen sich ins Zeug und preisen ihre Vorzüge: Der Sommer verweist auf die Zeugung des Knaben und feiert sich in einer jubelnden Menuett-Arie. Der Herbst behauptet, dass er dessen Schicksal so sicher geleitet habe wie ein Schiff auf dem Meer. Muntere Wellen sprudeln in seiner Arie. Der Winter rühmt sich, die „königliche Mutter“ nicht durch plötzliche Stürme erschreckt zu haben. Trotzdem war er Monate lang tief besorgt, wie das düstere Unisono zu Beginn seiner Arie verrät. Dem Frühling fällt es leicht, alle diese Leistungen zu übertreffen: Er muss nur daran erinnern, wie der neu Geborene gleich nach der Geburt seine Äuglein der Sonne zuwandte! Natürlich ist es ein Wiegen­ lied, das der Sopran anstimmt, ein Siciliano mit Solo-Oboe und zwitschernder Flöten-Nachtigall. Man ahnt es schon: Der Sieg fällt dem Frühling zu. Die anderen gratulieren höflich, besonders schön der Sommer in einer Arie über den sanft ­ wehenden Zephirwind mit hohen Flötentönen. Der Frühling selbst wünscht dem Knäblein alles Glück der Welt. Das Quartett der Jahreszeiten besingt das „Goldene Zeitalter“. Joseph Beheimb 48


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Kunst genießen mit allen Sinnen … Freude an der Kunst … Freude an den schönen Dingen des Lebens – das ist Lebensfreude! Mit großer Freude pflegen wir unsere Weingärten – produzieren wir unsere kreative BuschenschankJause – riechen wir die edlen Tropfen im Glas – blicken wir in unsere traumhafte Landschaft – stoßen wir mit ausgezeichneten Weinen auf die Lebens­ freude an. Nehmen Sie teil an unserer Lebensfreude, denn geteiltes Glück ist doppeltes Glück. Täglich ab 12 Uhr in unserem Buschenschank (einzige Ausnahme Karsamstag)


Die Interpreten

Armonico Tributo Consort Seit mehr als zwanzig Jahren steht das Ensemble Armonico Tributo Austria nach Meinung der Kritiker für Vielfalt, Stil­ sicherheit und Frische. Lorenz Duftschmid hatte mit Freun­ den die Gruppe aus der Vision gegründet, in Österreich ein Forum zur Verarbeitung aktuellster zeitgenössischer Kunst­ anliegen auf originalen alten Musikinstrumenten zu haben. Sein außergewöhnlich breit gefächertes Repertoire reicht von prähistorischen Klängen keltischer Musik über Mittelal­ ter, Renaissance und Barock bis zu den Hauptwerken der Wiener Klassik. Die vielen modernen Werke, die dem Ensem­ ble gewidmet sind, zeigen, dass Armonico Tributo kein Museumswärter alter Musik ist, sondern eifrig an den künst­ lerischen Schrauben unserer Zeit dreht. The Virgin Queen, 10. April

Rune Arnesen, Percussion Rune zählt zu den gefragtesten Schlagzeugern Norwegens. Er ist in allen Musikstilen zuhause, im musikalischen Ansatz ist er sehr kreativ und auch einfühlsam, seine Grooves sind tief und fließend und fügen sich ganz natürlich in jeden Song und jeden Musikstil ein. Als Perkussionist wirkte er bereits auf mehr als 300 Alben mit. Seine wichtigsten Projekte waren bisher diejenigen mit Nils Petter Molvær und Dhafer Youssef. Rebekka Bakken, 9. April

Ars Choralis Coeln Das Frauenensemble Ars Choralis Coeln rund um Maria Jonas hat es seit seiner Gründung 2004 in Köln geschafft, sich in­ ternational in der Mittelalter-Musikszene zu etablieren. Es 50


war zu Gast bei zahlreichen Festivals wie etwa Montalbane, der styriarte, dem MDR-Musiksommer, dem Schleswig Hol­ stein Musikfestival oder dem Festival Voix et Route Romane. Magnificat, 11. April

Rebekka Bakken, Stimme Sie zählt ohne Zweifel zu den markantesten weiblichen Stimmen Europas. Ihr Stil umfasst mehrere Genres und „nur” mit Jazz oder gar Pop-Jazz ist es bei ihr nicht getan: Soul, Folk, Blues, Country – vieles kann bei ihr anklingen. Über drei Oktaven kann die Norwegerin singen, und für die Singer-Songwriterin spielen ihre Texte eine genauso so große Rolle wie ihre Musik. Eine ihrer wirklich großen Stär­ ken ist die Einzigartigkeit, mit der sie Emotionen rüberbrin­ gen und auf ihren Konzerten das Publikum jedes Mal aufs Neue in einen magischen Bann versetzen kann. Rebekka Bakken, 9. April

Johannes Chum, Tenor Der Steirer Johannes Chum ist international als Opern- und Konzertsänger tätig. Nach den ersten Erfolgen auf österreichi­ schen Bühnen in den frühen 90er Jahren fasste er auch im Opernfach schnell Fuß. Inzwischen zählt er zu den führenden Vertretern seines Faches auf den Bühnen der Salzburger Fest­ spiele, der Berliner Staatsoper Unter den Linden, des Théâtre Royal de la Monnaie in Brüssel, der Bregenzer Festspiele, des Theater an der Wien, der Opern in Paris, in New York und Bar­ celona sowie bei der Mozartwoche in Salzburg. Mehrmals war er unter Nikolaus Harnoncourt auch bei der styriarte zu hören. La Gloria di Primavera, 17. April

Lorenz Duftschmid, Viola da gamba Lorenz Duftschmid hatte schon sehr früh die Möglichkeit, von den großen Meistern der Gambe Unterricht zu erhalten. Be­ 51


reits während seiner Studienzeit an der Schola Cantorum in Basel stand der Künstler mit diesen gemeinsam auf den wich­ tigsten Bühnen dieser Welt. Im Alter von 25 Jahren folgte er der Berufung an die Universität für Musik nach Graz und er über­ nahm als musikalischer Leiter die Verantwortung für Festivals in Krieglach und Raumberg. Heute ist er Professor für Viola da gamba an der Staatlichen Hochschule für Musik in Tros­ singen/D, gefeierter Gambenvirtuose, passionierter Forscher in Sachen Musik sowie gefragter Ensemble­leiter und Dirigent. The Virgin Queen, 10. April

Stefan Gottfried, Cembalo & Leitung Das Wiener Multitalent Stefan Gottfried (er studierte Cem­ balo, Klavier, Komposition und Musikpädagogik sowie Ge­ neralbass und historische Tasteninstrumente, daneben Horn und Mathematik) debütierte 2015 als Dirigent an der Wiener Kammeroper mit der Wiederaufführung von F. L. Gassmanns „Gli Uccellatori“. Stefan Gottfried ist Professor für Klavier an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und hält Vorträge zu verschiedenen Aspekten der historischen Aufführungspraxis. Er konzertiert als Solist und Kammermusiker an Cembalo und Hammerklavier und ist der Nachfolger Nikolaus Harnoncourts als Leiter des Orchesters Concentus Musicus Wien. La Gloria di Primavera, 17. April

Cornelia Horak, Sopran Cornelia Horak studierte bei Hilde Rössel-Majdan und nahm Barockgesangskurse bei Cristina Miatello in Padua. Wäh­ rend ihrer festen Engagements am Tiroler Landestheater, an der Wiener Volksoper und am Theater am Gärtnerplatz in München erarbeitete sie sich mehr als 50 Rollen. Gastspiele und Konzerte führten die Sängerin zu Opernhäusern und Festivals wie den Salzburger Festspielen, dem Musica Viva Festival des Bayerischen Rundfunks, der styriarte Graz, den 52


Bregenzer Festspielen oder dem Festival L’Arte salva L’Arte in Rom. Cornelia Horak bildet seit Februar 2016 die Schau­ spielklasse an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien in Gesang aus. La Gloria di Primavera, 17. April

Mavie Hörbiger, Lesung Mavie Hörbiger wurde 1979 als Spross einer großen Schau­ spiel-Familie geboren. Sie absolvierte eine Schauspielaus­ bildung in ihrer Heimatstadt München und ist seitdem auf der Bühne (beispielsweise in Hannover, Bochum, Basel, den Salzburger Festspielen, in der Wiener Josefstadt und derzeit als festes Ensemblemitglied am Burgtheater in Wien), im Kino und Fernsehen gleichermaßen präsent und erfolgreich. Zuletzt wurde sie für ihre Leistung in dem Stück „Diener zweier Herren“ mit einer Nominierung für den Wiener Theater­preis Nestroy ausgezeichnet. Magnificat, 11. April & Bharatanatyam, 14. April

Maria Jonas, Sopran Die Sängerin Maria Jonas ist eine der kreativsten und viel­ seitigsten Persönlichkeiten Kölns, die als Interpretin alter und improvisierter Musik zu erleben ist. Sie ist stets auf der Suche nach einer lebendigen Auseinandersetzung von jeg­ licher Art Musik und ist als Solistin sowie in ihren Ensembles „Ars Choralis Coeln“, „Ala Aurea“ (Ensemble für mittelalter­ liche Musik) und „Sanstierce“ (Trio für modale Improvisati­ on) zu erleben. Magnificat, 11. April

Kalashri Tanz- und Musikensemble Das Kalasri Tanz- und Musikensemble tritt vorwiegend mit dem klassischen indischen Tanz Bharatanatyam auf. Volkstän­ ze sowie Bollywood-Tänze und innovative Choreographien 53


gehören aber ebenfalls zu seinem vielseitigen Repertoire. Be­ gleitet wird das Tanzensemble von der jungen Sängerin Shajin­ thavi, dem Perkussionisten Suthan Shiva und dem Geiger La­ van Rasiah. Als Töchter des Tänzerpaares „Esther und Keshava“ stehen die Schwestern Anjali und Sumitra seit frühester Kind­ heit auf der Bühne. Nach ihrer Reifeprüfung zu professionellen Tänzerinnen (Arangetram) folgten unzählige internationale und nationale Auftritte. Der Tanz- und Yogameister Dasappa Keshava erhielt von der indischen Regierung mehrfach Aus­ zeichnungen. Die Künstlerfamilie unterrichtet an der Tanz- und Yogaschule Kalasri in Basel. Mit ihren kulturellen Tätigkeiten leisten die Keshavas schon seit vier Jahrzehnten einen Beitrag zur Völkerverständigung und zum Kulturaustausch. Bharatanatyam, 14. April

Emma Kirkby, Sopran Emma Kirkby empfindet ihr Leben als großes Glück. Sie studierte Altphilologie und sang mit der Schola Cantorum in Oxford, vor allem aber lernte sie die originalen Instru­ mente des 16. bis 18. Jahrhunderts kennen, Laute, Cembalo, Blas- und Streichinstrumente. Deren Klang und Stimmum­ fang sind der menschlichen Stimme ähnlich und zogen sie spontan an. Sie war noch Lehrerin und Amateurin, als sie Gelegenheit bekam, mit den Wegbereitern der Alten Musik professionell zu musizieren. Eine lange Zeit der Zusammen­ arbeit mit Musikern, Ensembles und Plattenlabels in Groß­ britannien und anderswo folgte, so dass Emma Kirkbys Stimme und Stil nun weltweit Anerkennung genießen. 2007 wurde sie als „Dame of the British Empire“ in den persön­ lichen Adelsstand versetzt und erhielt 2011 mit der „Queens Medal for Music“ eine weitere hohe Auszeichnung. The Virgin Queen, 10. April

Bernhard Landauer, Counter Der Altist Bernhard Landauer ist gebürtiger Innsbrucker und lebt in Salzburg. Nach ersten Konzert- und Bühnenerfah­ 54


rungen als Sopransolist der Wiltener Sängerknaben in Inns­ bruck studierte er an der Wiener Musikhochschule bei ­Helene Karusso und Kurt Equiluz und nahm Unterricht bei Karl-Heinz Jarius in Frankfurt. Sein vielfältiges Repertoire reicht vom Mittelalter bis zur Gegenwart und beinhaltet dabei auch für einen Countertenor ungewöhnliche Literatur von Franz Schubert, Richard Strauss oder Iannis Xenakis. Als gefragter Interpret für zeitgenössische Musik sang er höchst erfolgreich bereits zahlreiche Uraufführungen. La Gloria di Primavera, 17. April

La Venexiana Für das italienische Ensemble La Venexiana, lauter Spezia­ listen des Originalklangs, steht die Sprache im Vordergrund und so dient die Musik – gemäß Monteverdis Diktum – der Sprache. Dieser alten Interpretationspraxis folgend leitet Claudio Cavina größere und kleinere Formationen mit einem diskreten Dirigat, das die Tempi ständig dem Fluss der Spra­ che angleicht. Durch ihre langjährige Zusammenarbeit ­haben die Mitglieder von La Venexiana einen besonderen interpretatorischen Stil entwickelt: eine warme, wahrhaft mediterrane Mischung aus Textdeklamation, rhetorischer Farbe und harmonischer Verfeinerung. Dieser Stil hat zu großen Erfolgen in allen wichtigen Konzerthäusern und auf internationalen Festivals geführt. Freuden des Frühlings, 13. April 2017

Jakob Lindberg, Laute Jakob Lindberg wurde im schwedischen Djursholm geboren und entdeckte seine Leidenschaft für die Musik über die ­Beatles. Er begann Gitarre zu lernen und interessierte sich bald auch für das klassische Repertoire dieses Instrumentes. Mit 14 Jahren wurde er Schüler von Jörgen Rörby, bei dem er auch ersten Unterricht auf der Laute bekam. Nach einem Musikstudium an der Universität Stockholm wechselte ­Jakob Lindberg an das Royal College of Music in London. Hier ver­ 55


tiefte er seine Kenntnisse des Lauten-Repertoires bei Diana Poulton und entschloss sich gegen Ende seines Studiums, sich auf den Bereich der Renaissance- und Barockmusik zu spezialisieren, in dem er inzwischen zu den renommiertesten Interpreten weltweit gehört. The Virgin Queen, 10. April

Nobuntu Die junge A-cappella-Gruppe Nobuntu kommt aus Bulawayo in Simbabwe. Hier schlägt das Herz der Ndebele-Kultur. Die Ndebele pflegen, wie auch andere Zulu-Völker, eine große Chorgesang- und A-cappella-Tradition. Mit Nobuntu kommt innovative Frauenpower in eine sonstige Männerdomäne: Fünf mutige Sängerinnen einer neuen Generation zelebrie­ ren die Schönheit und den Reichtum ihrer Kultur. Sie kombi­ nieren traditionelle simbabwische Musik, Gospel, Afro-Jazz und Crossover und setzen damit wichtige Impulse für Verän­ derungen herkömmlicher Rollenmuster, werben für Solidari­ tät, Gemeinschaft, Lebensmut und Bescheidenheit. Mutter Erde, 16. April

Chris Pichler, Lesung Die österreichische Schauspielerin Chris Pichler lebt in Wien und Berlin und spielt an den renommierten deutschspra­ chigen Bühnen zwischen diesen Lebensstationen. Die mehr­ fach mit Preisen ausgezeichnete Künstlerin verfügt über ein großes Charakterrollenrepertoire, dessen Bandbreite von der Klassik bis zur Moderne reicht. Die Zuseher kennen sie aus Kino- und Fernsehproduktionen, die Zuhörer aus zahlreichen preisgekrönten Hörbüchern und Hörspielen deutschspra­ chiger Sender. Von Kritik und Publikum gefeiert sind ihre zahlreichen ausdrucksstarken Soloprogramme, in deren Mittelpunkt Frauen der Zeitgeschichte stehen. Mit dem neu­ en Solo „Ich – Marilyn“ wurde sie in Berlin, im Theater in der Josefstadt und in Köln gefeiert. Mutter Erde, 16. April

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recreationBAROCK Die Extraformation aus recreation–GROSSES ORCHESTER GRAZ konzentriert sich nun bereits das fünfte Jahr auf die historische Aufführungspraxis und gab ihr Debüt im Juni 2012 im Festival styriarte. Seither steuerte recreationBAROCK jährlich Konzertprogramme zum Festival styriarte bei und hob im Herbst 2013 seinen ersten Grazer Konzertzyklus aus der Taufe. Im Frühjahr 2013 war das Ensemble auf kleiner Frank­reich-Tournee und feierte in der Chapelle Royale im Schloss Versailles und in der Chapelle de la Trinité in Lyon einen großen Erfolg. Das Orchester war bei der Schubertia­ de in Hohenems zu hören und gab Glucks „Orfeo ed Euri­ dice“ als Puppentheaterproduktion bei der styriarte und danach bei den internationalen Gluck-Opern-Festspielen Nürnberg. La Gloria di Primavera, 17. April

Jon-Willy Rydningen, Klavier & Synthesizer Jon-Willy Rydningen, 1966 in Norwegen geboren, ist Musi­ ker, Organist, Pianist, Liedermacher und Plattenproduzent. Die größte Bekanntschaft erlangte er als Bandleader und Pianist in vielen norwegischen Theatereinrichtungen und in den Erfolgsprogrammen des Norwegischen Rundfunks. Er hat mit der Band „Lucifer Was“ gespielt und war dabei, als die legendäre norwegische Band „Junipher Greenes“ wieder vereint wurde. Rebekka Bakken, 9. April

Anna-Katharina Tonauer, Mezzosopran Die Tiroler Mezzosopranistin Anna-Katharina Tonauer be­ gann ihre Gesangsausbildung an der Musikschule Innsbruck bei Matthias Drievko und schloss danach ihr Studium in Wien bei Gabriele Fontana und Karlheinz Hanser mit Aus­ zeichnung ab. Wegweisende Impulse erhielt sie bei Meister­ kursen u. a. von Brigitte Fassbaender, Anne Sofie von Otter, 57


Helmut Deutsch und Leopold Spitzer. Bei den Festivals in Langenlois und Jennersdorf sammelte sie erste Opernerfah­ rung. 2014 erhielt sie den 1. Preis bei Musica Juventutis und war infolgedessen mit einem Lied-Programm im Wiener Konzerthaus zu hören. 2015 gewann sie den 3. Internatio­ nalen Otto-Edelmann-Gesangswettbewerb Wien. Aktuell ist sie Ensemblemitglied am Staatstheater am Gärtnerplatz in München. La Gloria di Primavera, 17. April

Mónica Waisman, Violine Mónica Waisman absolvierte ihr Violinstudium am Oberlin College im US-Bundesstaat Ohio bei Marilyn McDonald sowie bei Elizabeth Wallfisch am Königlichen Konservatori­ um in Den Haag. Sie begann ihre Kariere als Barockgeigerin bei einigen der bekanntesten europäischen Ensembles und Orchestern der Alten Musik, die sie auf Tourneen durch die ganze Welt führten und mit denen sie an vielen verschie­ denen Aufnahmen des europäischen Standardrepertoires mitgewirkt hat. Sie ist immer wieder als Kammermusikerin, Konzertmeisterin und Solistin verschiedener Ensembles in Europa sowie Südamerika unterwegs. 2003 gründete ­ Mónica Waisman mit Florian Deuter das Ensemble Harmo­ nie Universelle. La Gloria di Primavera, 17. April

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Tu, felix Austria, nube?

Ein kleiner Auszug aus dramaturgischem Mail-Verkehr …

Lieber Karl, wir werden als Giveaway zum PSALM 2017 einen Apfel haben, und der Apfel soll auch gleich die Brücke schlagen vom PSALM-Thema zur Produktion „La Margarita“ in der styriarte. Es braucht dazu einen kleinen Begleitzettel, auf dem steht so ­ etwas Ähnliches wie: „Die nächste Habsburger-Braut freut sich schon auf Sie, La Margarita“, mit einer kleinen Geschichte dazu. Im PSALM laufen nämlich, was mir gar nicht klar war, gleich drei Projekte mit Habsburgischem Hochzeitsbezug. Offensichtlich die Kaiserin Elisabeth Christine im Schlussprogramm „La Gloria di Primavera“. Dann die Medici-Braut aus Graz, Maria Magdalena, im Florenz-Programm. Und deren Vater ­ Karl II. stand doch selbst mit der Virgin Queen in Eheverhandlungen, aus denen nichts geworden ist. Dann die Äpfel der Hesperiden – da lassen sich noch schöne Geschichten erzählen! Danke, schönen Tag, Mathis

Lieber Mathis, ja, und das Barock-Karussel dreht sich noch ein wenig weiter Richtung Margarita: Die Grazer Medicibraut Maria Magdalena war die Großtante sowohl Ludwigs XIV. als auch Kaiser Leopolds I. Denn ihre Schwes­ ter Margarethe heiratete König Philipp III. von Spanien. Deren Tochter Anne d’Autriche war die

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Das richtige Naturprodukt fĂźr kreative Ideen

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Mutter des Sonnenkönigs, während ihre Schwester Maria Anna zur Mutter Leopolds I. wurde. Der gemeinsame Bruder Philipp IV. von Spanien heiratete 1649 seine 30 Jahre jüngere Wiener Nichte Mariana de Austria, die Schwester Leopolds I. Aus dieser spanischen Ehe entspross jene Margarita, die 1666 wiederum Leopold I. ehelichte, welcher zugleich ihr Onkel und ihr Cousin war. Denn der Kaiser ­hatte seinen Onkel zum Schwiegervater und seine Schwes­ ter zur Schwiegermutter. Die Brautleute waren also beide Nachfahren von Karl II. von Innerösterreich. Was die Braut Margarita betrifft, war Karl II. väterlicherseits ihr Urgroßvater, mütterlicherseits ihr Ururgroßvater. Ihren Namen verdankte sie ihrer Großmutter väterlicherseits, die zugleich mütterlicherseits ihre Urgroßmutter war – jener Margarethe, Tochter Karls II., Schwester der Medici-Braut und Ehefrau Philipps III. von Spanien. Auf derselben Linie, nämlich mütterlicherseits, war Leopold I. ein Urgroßenkel von Karl II. Zugleich war er dies aber auch väterlicherseits. Du siehst: Alle Fäden laufen letztlich bei Karl II. in Graz zu­ sammen:-)) Liebe Grüße, Karl

Lieber Karl, vielen Dank! Das ist, auch wenn einem schwindelig wird, doch eher eine Geschichte für unsere Magazine, ich glaub, das interessiert die Leute. Lässt sich auch mit schönen, zumindest schön angezogenen Menschen bebildern. Bis demnächst, Mathis

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Foto: Lukas Seirer

Einer unserer Club-Räume. Ö1 Club-Mitglieder erhalten beim »Osterfestival Psalm« 10 % Ermäßigung auf Einzelkarten. Sämtliche Ö1 Club-Vorteile finden Sie in oe1.ORF.at


PSALM 2017 wird möglich durch großzügige Förderung von:

Medienpartner:

IMPRESSUM Almanach PSALM 2017 Medieneigentümer: Steirische Kulturveranstaltungen GmbH, A-8010 Graz, Sackstraße 17 Redaktion: Irmgard Heschl-Sinabell & Claudia Tschida Grafik: Cactus Communications>Design, Graz Druck: Medienfabrik, Graz


Idee: Mathis Huber Dramaturgie: Karl Böhmer & Thomas Höft Kartenbüro: Helga Gogg, Margit Kleinburger (Leitung), Sophia Pucher, Isolde Seirer-Melinz & Patrizia Zechner Produktion: Irmgard Heschl-Sinabell, Gertraud Heigl, & Enya Reinprecht Technisches Veranstaltungsmanagement: Gunter Weikhard Kommunikation: Claudia Tschida (Presse/Marketing) Margit Kleinburger (Internet) Sandra Wanderer-Uhl (Sponsoring) Verwaltung: Katharina Schellnegger (Veranstaltungsdramaturgie), Alexandra Pifrader (Leitung Finanzen, Verwaltung, Personal), Melanie Leopold (Buchhaltung, Sekretariat) & Sophia Pucher (Sekretariat) Technik: Christian Bader (Technische Leitung) Thomas Bernhardt (Beleuchtung) Thomas Schröttner (Tontechnik) Marie Huber (Übertitelsteuerung) A-8010 Graz, Sackstraße 17 Telefon +43.316.825 000 info@styriarte.com www.psalm.at



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