Psalm Almanach 2016

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2016


Inhalt Vorwort .................................................................................... 3 20. März: Ostern in Schweden ............................................... 5 21. März: Platons Gastmahl .................................................... 11 23. März: Griechische Passion ................................................ 19 24. März: Zum Abendmahl ..................................................... 21 25. März: Purim ....................................................................... 29 27. März: Sardisches Osterfest ............................................... 35 28. März: Steirische Ostern .................................................... 41 Die Interpreten ........................................................................ 46

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wir backen hier vor ort und verwenden regionale rohstoffe. weil es uns wichtig ist.


Vorwort

Nehmen wir an, ein Wildfremder klopft an unsere Haustür und begehrt ein Dach über dem Kopf, Schutz vor den Mördern, die ihn verfolgen, und ein Abendessen. Was tun wir? Würden wir in der Antike oder dem alten Orient leben, wäre die Sache klar. Kommt ein Fremder zu einem ins Haus, dann gilt die heilige Pflicht, diesen Gast willkommen zu heißen, ihn zu bewirten und ihn zu beschützen. Diese Verpflichtung war ein Kernbereich der Religion, göttliches Gebot, nicht etwa dem Belieben des Einzelnen unterstellt. Und sie findet sich in vielem, auf dem unsere Kultur bis heute basiert. Als Jesus mit seinen Jüngern das Brot zum Sedermahl teilte, geschahen viele Dinge, die dem christlichen Glauben ein symbolisches Fundament verliehen, von der Einsetzung des „heiligen Abendmahls“ bis hin zur Geschichte um den Verrat seines Jüngers Judas. All das überdeckt oft den alltäglichen Aspekt des Mahles, der dennoch von zentraler Bedeutung ist: das gemeinsame Essen und das Teilen von allem, was vorhanden ist. Es ist die Gastfreundschaft, die dem Seder- wie dem Abendmahl ihr Wesen verleiht. Eine Gastfreundschaft, die nicht nur der ­jüdischen Kultur damals heilig war. Was aber heißt das? Zumal in Zeiten wie den unseren, in denen kaum etwas so kontrovers diskutiert wird wie die Art und Weise, in der wir mit Menschen, die als Wildfremde zu uns kommen wollen, umgehen … Nicht von ungefähr nimmt sich die neue Ausgabe des Oster­ festivals PSALM also vor, die Gastfreundschaft zu beleuchten, ob in der philosophischen Antike wie in Platons Symposion, in christlichen Urtexten oder in der jüdischen Überlieferung wie dem Purim-Fest, das heuer kalendarisch in die Zeit unseres Osterkreises fällt. Vor allem aber befragen wir die unterschiedlichen Ostertraditionen von näheren und ferneren Ländern danach, welche Formen der Gastfreundschaft sie enthalten, und 3


so reisen wir nach Skandinavien und nach Sardinien. Und wir bleiben zuhaus, im Übelbachtal. Natürlich werden die Geschichten aus vergangenen Zeiten, aus nahen und fernen Ländern vor allem aus Musik bestehen, aber unserem Thema folgend, haben wir wieder einmal unsere Konzertformate neu erfunden. Es bleibt dabei nicht bei den wie ­gewohnt erlesenen Programmen mit fantastischen Musikern und großartigen Schauspielern, sondern wir sprechen danach eine ganz konkrete Einladung aus: Bleiben Sie nach den Programmen auf ein besonderes Getränk und eine zum Programm passende Spezialität zum Essen unsere Gäste und kommen Sie mit uns und miteinander ins Gespräch. Denn nur wenn man Worte, Ideen und Güter miteinander teilt, kann man sich wirklich näherkommen und kennenlernen …

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Sonntag, 20. März 2016 (Palmsonntag) Helmut List Halle, 19 Uhr

Ostern in Schweden DYMMELVECKAN / DIE KARWOCHE Lied der „Leserbewegung“ aus Älvdalen, Dalekarlien Vill du gå med till himlen / Willst du mit in den Himmel gehen Text: Pilgrimssånger, 1859 nach August Strömberg, Småland Trauermarsch Volkschoral aus Ormsö, Schwedisch-Estland Nu kommen är vår påskafröjd / Nun ist unsere Osterfreude gekommen Text: Olaus Petri (1493–1552) Volkschoral aus Urshult, Småland Ack! att i synd vi slumra bort / Ach, dass in Sünde wir verschlummern Text: Carl Gustaf Cassel (1783–1866) Polska nach Anders Fredrik Andersson, Tryserum, Östergötland Strömkarlen spelar „Schwanenpolka“ nach Mäster Plut, Västervik, Småland Svanpolska Volkschoral aus Munkarp, Schonen Min synd, o Gud / Ach Gott und Herr Schwedischer Text nach dem Original von Martin Rutilius: Johann Major (gest. 1654)

PÅSK / OSTERN Lied nach Svante Jönsson, Halland Hönsgummans visa / Das Lied des alten Huhns 5


Volkschoral aus Näsum, Schonen Vår herres, Jesu Kristi död / Unsers Herren Jesu Christi Tod Text: Haquin Spegel (1645–1714)

WEIDEGANG, MAISINGEN, TANZ & FEIER Lockrop / Lockrufe Heischelied aus Blekinge Majvisa / Mailied Polska nach Petter Dufva, Småland Dufvungen / Das Täubchen Lied nach Anders Backman, Dalsland En vän utan kärlek / Eine lieblose Freundin Polska aus Tuna, Småland Polska från Tuna Polska nach Andreas Dahlgren, Småland Fogelvikarn „Bratenmelodie“ nach August Fredin, Gotland Staikstrik Zwei Reigenspiele aus Småland Höga berg och djupa dalar / Hohe Berge und tiefe Täler Ena tocka däka / Ein solches Mädchen Polska aus Östra Ryd, Småland Polska från Östra Ryd Zwei kleine Polskas nach Petter Dufva, Småland Hajdukentanz Aldrig får den bruden kronan mera / Niemals kriegt diese Braut die Krone wieder 6


Lied aus Hälsingland, nach Adolf Olsson, Halland Kråkvisan / Das Krähenlied Marsch aus Östergötland Lärkan / Die Lerche

Miriam Andersén, Gesang, Harfe, Perkussion & Erzählung Ulrika Gunnarsson, Gesang & Geige Johan Hedin, Nyckelharpa Erik Pekkari, Durspel (diatonisches Akkordeon) Die Gesangstexte werden in deutschen Übersetzungen auf die Bühne projiziert und können auch auf www.psalm.at nachgelesen werden. Programmdauer: Erster Teil: ca. 40 Minuten Pause: ca. 30 Minuten Zweiter Teil: ca. 40 Minuten

Nach der Vorstellung sind Sie im Foyer unsere Gäste für: „Janssons Versuchung“ (Auflauf aus Erdäpfeln, Zwiebeln, mit oder ohne ­Sardellen und Schlagobers, A/C/G/L/M/O) und ein Glas Bier

Hinter „Handgebraute Vielfalt“ stehen Handwerksbrauereien, die mit Liebe zum Produkt und der Bierkultur für lebendige unfiltrierte Biere stehen und damit den Genießern die Geschmacksvielfalt dieses „Lebensmittels“ präsentieren. 7


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Flecks Steirerbier: www.steirer-bier.at Almenland Bio-Bier: 5,2 % alc. untergärig; vollmundig, mit Roggenmalz verarbeitet, spannende Würze Frühlingsbock: 6,1 % alc; untergärig; cremig-rund, mit einer spürbaren, angenehmen Hopfennote

Brauerei Gratzer: www.brauereigratzer.at Johann: Kellerpils, 5,3 % alc; goldgelbes Naturspektakel mit wunderbaren Hopfenaromen und leichter Restsüße 8


Ad notam Dass in Schweden viele alte nordische Traditionen noch lebendig sind, sieht man an den herrlichen, bunten Osterbräuchen. Die Palmbuschen, die an den Einzug Jesu in Jerusalem erinnern, sind in Schweden frische Birken- oder Weidenzweige, die mit gefärbten Federn geschmückt werden. Außerdem spielen Osterhexen eine ganz besondere Rolle: am Gründonnerstag sollen sie zum Flug auf den Blocksberg aufbrechen … weshalb viele schwedische Kinder noch heute gerne als niedliche Hexen verkleidet das Osterfest begleiten. Diese und viele andere Geschichten erzählen heute Miriam Andersén und ihre Freunde – als Riks­ spelman ist die Sopranistin mit der Engelsstimme dafür eine Idealbesetzung. Und da sie heute selbst das Wort ergreift, sollen hier nur ein paar Vorbemerkungen stehen. Volkschoräle nennt man Choralmelodien, die über Jahrhunderte in einer mündlichen Tradition gesungen und verziert worden sind und sich dadurch zu ganz eigenständigen, von den Vorlagen völlig entfernten Melodien entwickelt haben. Die reichlichen Verzierungen und die ungewöhnlichen Tonarten dieser Choräle beziehen sich direkt auf die Volksmusik der Regionen, in denen sie entstanden. Die Texte stammen meistens aus alten Choralbüchern aus dem 17. oder 18 Jahrhundert. Vor ungefähr 150 Jahren hat die schwedische Kirche beschlossen, im Zuge einer „Reinheitsbewegung“ die „richtigen“ Melodien wieder einzuführen. Neue Choralbücher wurden gedruckt, und um den Gemeinden die „richtigen“ Melodien aufzuzwingen, wurden Orgeln in jeder Kirche errichtet. Die Menschen allerdings waren entsetzt. Alte Leute sangen weiter nach dem „alten Buch“, der mündlichen Tradition, und so hielt sich das Repertoire bei Hausandachten, bei der Arbeit und als Morgen- und Abendgebet. Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert erwachte das Interesse an den volkstümlichen Traditionen wieder. Ethnologen und Musikforscher unternahmen Reisen, um Volkschoräle in Norwegen, Dänemark, Schweden, Finnland und Estland zu sammeln. Das geschah im letzten Moment. Nur dank diesen Bemühungen ist ein Teil von dem reichen Melodienschatz für die Nachwelt bewahrt worden. 9


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Die Polska („Die Polnische“) ist ein Paartanz. Und ihre Musik hat den unumstrittenen Status als Königin der schwedischen Tanzmusik. Die Polska wurde im 17. Jahrhundert vom Kontinent importiert und hatte ursprünglich die Form einer Suite: zuerst ein ruhiger Teil in Zweier- oder Vierertakt, dann ein lebendiger Teil im Dreiertakt. In Schweden fiel der erste Teil bald weg; der Dreiertanz blieb aber über die Jahrhunderte ungeheuer beliebt und durfte bei keinem Tanzabend oder auf keiner Hochzeit fehlen. Die Musik entwickelte eine sehr große Vielfalt und Eigenart mit regionalen Varianten. Dazu wurden auf die Polska oft alte magische Traditionen übertragen, da doch kein Mensch ohne übernatürliche Hilfe so was Anspruchsvolles lernen könne … Als die schwedische Volksmusikkommission für das große Gesamtwerk Svenska Låtar Spielmannsmusik einsammelte, hatte die Polska den ersten Platz inne, da man sie als den originellsten und ursprünglichsten Teil der schwedischen Volksmusik ansah. Miriam Andersén

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Montag, 21. März 2016 Helmut List Halle, 19 Uhr

Platons Gastmahl Platon (427 v. Chr.–347 v. Chr.) Lesung aus: „Symposion“ Claude Debussy (1862–1918) Aus: Six épigraphes antiques 1. Pour invoquer Pan, dieu du vent d’été Modéré dans Le Style d’une pastorale 2. Pour un tombeau sans nom Triste et lent 3. Pour que la nuit soit propice Lent et expressif Lesung aus: „Symposion“ Claude Debussy Aus: Six épigraphes antiques 4. Pour la danseuse aux crotales Andantino (souple et sans riguer) 5. Pour l’Égyptienne Très modéré Lesung aus: „Symposion“ Claude Debussy Aus: Six épigraphes antiques 6. Pour remercier la pluie au matin Modérement animé

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Eric Satie (1866–1925) Trois Gymnopédies 1. Lent et douloureux 2. Lent et triste 3. Lent et grave Titus Petronius Arbiter (um 14 bis 66 n. Chr.) Lesung aus: „Satyricon“ (Das Gastmahl des Trimalchio) Charles-Valentin Alkan (1813–1888) Aus: Douze Études dans tous les tons mineurs, op. 39 Nr. 12 Le Festin d’Ésop Allegretto (senza licenza quantunque)

Christopher Hinterhuber, Klavier Peter Simonischek, Lesung Die verwendeten Texte stammen aus Platon: Symposion deutsch von Franz Susemihl, 1855 (eingerichtet von Thomas Höft) Petronius: Satyricon deutsch von Harry C. Schnur, Stuttgart 1982 (eingerichtet von Thomas Höft) Programmdauer: Erster Teil: ca. 40 Minuten Pause: ca. 30 Minuten Zweiter Teil: ca. 40 Minuten

Hörfunkübertragung: Dienstag, 29. März 2016, 10.05 Uhr, Ö1 – Konzert am Vormittag 14


Nach der Vorstellung im Foyer: Die Griechen sind unsere Gäste für: Austern mit Zitrone und Salz (R) und ein Glas Sekt Die Römer sind unsere Gäste für: 1 Schale Oliven in Öl (A/C/L/O) mit Pane Rustico (A) und ein Glas Wein … dazu hören Sie Musik von der CD Melpomen der Baseler Gruppe Melpomen, die ein griechisches Symposion rekonstruiert.

Pane Rustico: Der Teig rastet 16 Stunden bei 7° C in Wannen und wird ausschließlich von Hand geformt.

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Ad notam Zweimal Gastmahl Es ist schon eine gewaltig lange Zeit, die zwischen uns und dem Treffen liegt, das der Philosoph Platon in seinem Symposion beschreibt. Allerdings lässt sich dieser Zeitraum genau bestimmen, ist es doch ein Tag im Februar des Jahres 416 v. u. Z., an dem das Trinkgelage, das im Mittelpunkt des Textes steht, stattfand. Und das ist sicher die erste Überraschung, auf die man sich gefasst machen muss, wenn man dieses kaum zu über­ schätzende Stück Weltliteratur betrachtet: Das alles hat es wirklich gegeben! Die Männer, die in der Villa des Agathon sitzen und über die Liebe und den Sex reden und sich dabei betrinken, haben wirklich gelebt. Natürlich treten sie in einer kunstvoll verschachtelten Geschichte auf. Platon, der sie aufschreibt und selbst gar nicht auftritt, behauptet, sie werde von einem Mann erzählt, dem wiederum davon berichtet worden sei. Aber im Kern geht es um Realität, nicht um Phantasie. Die Hauptrollen spielen: – der junge Dichter Agathon, der gerade einen Tragödiendichterwettstreit gewonnen hat und deshalb in sein Haus einlädt, – der Komödiendichter Aristophanes, der eine besonders bildmächtige Geschichte vom Ursprung der Menschheit zu erzählen weiß, die auch in der heutigen Lesung eine gewichtige Rolle spielt, – der weise Philosoph Sokrates, der sich erst weigert, zu der Party zu erscheinen und dann schließlich doch kommt, um wieder einmal alle durch seine Klugheit zu verblüffen, – und der sturzbetrunkene General Alkibiades, der unglücklich in Sokrates verliebt ist, auf dessen körperliches Begehren der Philosoph jedoch nie eingegangen ist, was dem Macht­ menschen schließlich zu einiger Erkenntnis verhilft. 16


Und damit ist denn auch schon die zweite Überraschung benannt, auf die man sich gefasst machen muss, will man den Text verstehen: Alle diese kühnen Politiker und weisen Denker haben weder etwas gegen exzessives Saufen noch gegen leidenschaftlichen schwulen Sex. Einige haben es früher miteinander getrieben, andere tun es noch, wieder andere würden es gerne, aber werden nicht gelassen. Das muss man so drastisch ausdrücken, weil sich in der ganzen über zweitausendjährigen Rezeption des Textes so viele – insbesondere christliche – Moralvorstellungen über das Ganze gelegt haben, die den prallen Wesenskern der Realität der Redenden fast unkenntlich machten. Es war für die christlichen Leser und Interpreten seit dem Mittelalter lange Zeit schlicht und einfach unvorstellbar, dass die Männer am Tisch tatsächlich echten Geschlechtsverkehr meinen könnten, von dem aus sie ihre hochphilosophischen Gedankengebäude entwickelten. Und selbst die moderneren Interpreten des Ganzen logen und schummelten sich lange verlegen um diese Tatsachen herum. In der Lebensrealität der Hauptfiguren des Symposions aber ist es völlig klar: Männer haben gerne Sex mit Männern und mit Frauen, und das hat Konsequenzen. Aristophanes erklärt das unbedingte Begehren so: In der Urzeit sei der Mensch kugelförmig gewesen, und erst die eifersüchtigen und vom Machtanspruch der Menschenwesen bedrohten Götter hätten ihn auseinandergeschnitten, weshalb der Mensch seither so zwanghaft ein Gegenüber suche. Doch dem Denker Sokrates ist diese Metapher viel zu simpel. Er entwickelt eine Systematik der Zuneigung, die später als „Platonische Liebe“ bezeichnet wurde, aber mit diesem Modell doch recht wenig gemein hat. Und das ist die letzte Überraschung, auf die ich hier kurz hin­ weisen möchte. Sokrates, der behauptet, sein Konzept der Liebe von einer Priesterin namens Diotima gelernt zu haben, lehnt den Eros der Körperlichkeit keineswegs ab. Im Gegenteil, er ermutigt jeden, sich dem ganz hinzugeben. Nur sollte es nicht beim Sex bleiben: Wichtiger ist Sokrates, dass die körperliche Liebe zu einer seelischen wird, und dass die Zuneigung zum Einzelnen schließlich die Menschheit einschließt. Das allerdings war schon damals so gewagt, dass er für solche Ideen sterben musste. Auch ganz wirklich, und nicht nur theoretisch. 17


Vor diesem Hintergrund wirkt der zweite Teil unserer Lesung, eine Szene mit dem „Gastmahl des Trimalchio“ aus dem fragmentarisch erhalten gebliebenen Roman „Satyricon“ des Titus Petronius Arbiter tatsächlich wie ein Satyrspiel. Vom philosophischen Griechenland wechseln wir nach Rom in der Zeit Kaiser Neros. Petronius war ein reicher, gebildeter Senator und enger Vertrauter des Kaisers. Umstritten ist bis heute, ob hinter der Geschichte vom total geschmacklosen ehemaligen Sklaven ­Trimalchio, der seine Gäste auf einer obszönen Feier bewirtet, etwa eine bösartige Karikatur der Verhältnisse an Neros Hof steckte. Jedenfalls fiel Petronius in Ungnade und nahm sich das Leben, bevor es Nero tun konnte. Auf jeden Fall wirft sein Roman ein Schlaglicht auf eine brutale, völlig verrohte Gesellschaft, die aus purer Langeweile Leben zerstört, Ideale mit Füßen tritt, ungestraft die abstoßendsten Dinge tut. Einfach, weil sie das Geld und die Macht dazu hat. Und das ist die eigentliche Überraschung an diesem Stück Weltliteratur: dass sie uns so er­ schreckend modern vorkommt, als habe sich in 2000 Jahren kaum etwas geändert … Thomas Höft

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Zur Musik Der Traum, die Kultur der Antike wieder auferstehen zu lassen, trug im Paris des späten 19. Jahrhunderts einen eigenen Namen: „Néogrec“, „Neugriechisch“. Auch in der Klaviermusik trieb diese Stilrichtung zarte Blüten. Tanzende Jünglinge In einer unbeheizten Kammer am Montmartre schrieb Erik Satie 1888 seine drei „Gymnopédies“ für Klavier. Hinter dem geheimnisvollen Titel verbergen sich die Tänze nackter Jünglinge, die im antiken Sparta um die Statue Apollons tanzten, um die Gefallenen einer Schlacht zu ehren. Satie selbst war alles andere als ein Ephebe, als er sich im Cabaret „Chat noir“ als „Gymnopédiste“ vorstellte. Der faulste Klavierstudent in der Geschichte des Pariser Conservatoire verdingte sich in der „Schwarzen Katze“ als Klavierbegleiter halbseidener Diseusen. Dazu pflegte er seinen eigenen Bohémien-Kult, mit flachem Hut und Samtanzug. Nach seinem Tod sollten seine Freunde in seiner Wohnung zwölf absolut gleich aussehende graue Samtanzüge finden, Saties einziges „Outfit“, das ihm den Beinamen „Monsieur Satin“ eintrug, „Herr Samt“. Neben diesem Fetisch und den Cabaret-Liedern galt sein Interesse der Antike und dem Mittelalter. Sein Freund Debussy nannte ihn einen „sanften mittelalterlichen Musiker, der sich in unser Jahrhundert verirrt hat“. Er hätte ihn genauso gut einen „Priester der Antike“ nennen können. Satie schrieb seine drei „Gymnopädien“ ausgerechnet nach der Lektüre von Gustave Flauberts Skandalroman „Salammbô“. In dem 1862 erschienenen Roman schilderte Flaubert die Gräueltaten der Karthager in einem so „kannibalischen“ Stil („je fais du style cannibale“), dass man die „Gymnopädien“ nur als friedliche Antwort auf dieses blutrünstige Stück Literatur verstehen kann. Tanzende Mädchen Geht es in Saties „Gymnopédies“ um nackte, tanzende Jünglinge, so widmete Claude Debussy die Musik seiner „Six épi19


graphes antiques“ dem weiblichen Gegenstück: jungen Frauen, die ihre Erotik erkunden. „Chansons de Bilitis“ hieß die Ur­ fassung dieser Klavierstücke, eine szenische Musik zu zwölf Gedichten von Pierre Louÿs aus dem Jahr 1900. Darin wird geschildert, wie junge Griechinnen der Antike die Erotik ihrer Körper entdecken, wie sie als friedliche Hirtinnen auf dem Land leben und als Kurtisanen in den Städten lieben. Später schrieb Debussy diese leicht skandalöse szenische Musik für Klavier zu vier Händen um und nannte sie „Sechs antike Inschriften“. Aus der Heldin Bilitis und ihren Gespielinnen wurden der Naturgott Pan und sein Gefolge. Pan als dem „Gott der Sommerwinde“ ist die erste Inschrift gewidmet, die zweite ist für ein „Grab ohne Namen“ bestimmt, die dritte soll die Nacht günstig stimmen. Lediglich in den beiden Epigraphen für die „Tänzerin mit ­Glocken“ und eine namenlose „Ägypterin“ schwingt noch die erotische Aura der Bilitis-Stücke mit. Der Zyklus endet mit einem Dank an den morgendlichen Regen. Christopher Hinterhuber spielt die authentische Fassung für Klavier zu zwei Händen. Ein Festmahl in Variationen 1857 veröffentlichte der exzentrische Pariser Klaviervirtuose Charles-Valentin Alkan seine „Zwölf Etüden durch alle Moll­ tonarten“. Das Finale steht in e-Moll und enthält 25 virtuose Variationen über ein tänzerisches Thema im Staccato. Alkan nannte diese Orgie aus Klang „Le festin d’Ésope“, „Das Festmahl des Aesop“. Der antike Fabeldichter Aesop stammte laut Aristoteles aus Thrakien und lebte um 600 v. Chr. auf Samos. Bevor er in Griechenland umherzog, seine Fabeln erzählend, diente er als Sklave. Als er für seinen Herrn eines Tages ein Festmahl vorbereiten sollte, entschloss er sich, daraus eine Folge von Variationen zu machen: In allen Gängen servierte er Rinderzunge, nur jeweils so zubereitet, dass den Gästen die Wiederholung gar nicht auffiel. Deshalb schrieb Alkan zu Ehren des Aesop Variationen – ein Festmahl in 25 Gängen, die immer orgiastischer und immer virtuoser werden. Josef Beheimb 20


Mittwoch, 23. März 2016 Opernhaus Graz, 19.30 Uhr

Die Griechische Passion Bohuslav Martin˚u (1890–1959) Die Griechische Passion Oper in vier Aufzügen, Text vom Komponisten nach dem Roman von Nikos Kazantzakis. In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln. Erstfassung (1954–1957) Musikalische Leitung: Dirk Kaftan Inszenierung: Lorenzo Fioroni Bühnenbild: Paul Zoller Kostüme: Annette Braun Licht: Franck Evin Dramaturgie: Marlene Hahn Chor und Extrachor: Bernhard Schneider Manolios: Rolf Romei Katerina: Dshamilja Kaiser Priester Fotis: Markus Butter Priester Grigoris: Wilfried Zelinka Yannakos: Manuel von Senden Lenio: Tatjana Miyus Panait: Taylan Reinhard Archon: Ivan Oreˇscˇanin An old man: Konstantin Sfiris Kostandis: Dariusz Perczak Michelis: Martin Fournier Despinio: Sofia Mara An old woman: Yuan Zhang Captain: Dietmar Hirzberger Dimitri: Richard Friedemann Jähnig Bariton im Graben: David McShane Commentator: Benjamin Plautz Alle Vorstellungen: 9., 12., 17., 23. März & 3., 10., 15., 22. April Mehr Informationen unter www.oper-graz.com PSALM-Kunden erhalten für alle Vorstellungen mit Gutschein eine ­Ermäßigung von 30 %.

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Donnerstag, 24. März 2016 (Gründonnerstag) Helmut List Halle, 19 Uhr

Zum Abendmahl EINZUG Ubi caritas et amor IESU CRISTO REDEMPTORE A voi, gente, facciam prego Iesu Cristo redemptore Beide aus: Laudario di Firenze Die Hochzeit zu Kanaa (Johannes, Kapitel 2) Jesus in Nazaret (Lukas, Kapitel 4) Elija und die Witwe von Sarepta (Das erste Buch der Könige, Kapitel 17) Die wunderbare Brotvermehrung (Johannes, Kapitel 6) AMOR DOLCE Lucente stella (instrumental) Aus: Codex Rossi Del dolcissimo Signore Aus: Laudario di Firenze Amor dolce Aus: Laudario di Cortona Jesus bei den Zöllnern (Matthäus, Kapitel 9) Jesus beim Mahl (Lukas, Kapitel 14) Der verlorene Sohn (Lukas, Kapitel 15) Troppo perde Aus: Laudario di Cortona Lamentomi Aus: Laudario di Firenze Iesu dolce ad amare Aus: Laudario di Cortona 23


Das letzte Abendmahl (Lukas, Kapitel 22) Shalom Ben-Chorin (1913–1999) Aus: Bruder Jesus PASSION Davanti Laudario di Firenze Ohime, lasso Laudario di Cortona Lamento (instrumental) Shalom Ben-Chorin Aus: Bruder Jesus SAN FRANCESCO Laudato si (Sonnengesang) Text: Hl. Franziskus, 13. Jh. (Codex 338 aus dem Fondo Antico der Biblioteca Communale in Assisi) Melodie: Cantus de la Sibilla, 13. Jh. Einrichtung: Maria Jonas

Ars Choralis Coeln: Stefanie Brijoux, Maria Jonas, Uta Kirsten, Pamela Petsch, Cora Schmeiser & Amanda Simmons, Gesang Lucia Mense, Flöte Elisabeth Seitz, Hackbrett Susanne Ansorg, Fidel/Rebec & Tamburelli Pamela Petsch, Rahmentrommel Amanda Simmons & Susanne Ansorg, Glocken Julia Stemberger, Lesung Die verwendeten Texte stammen aus der Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift und aus Shalom Ben-Chorin: Bruder Jesus. Der Nazarener in jüdischer Sicht, 16. Auflage 1996 (dtv), ursprünglich 1967, Paul List Verlag München 24


Die Gesangstexte werden in deutschen Übersetzungen auf die Bühne projiziert und können auch auf www.psalm.at nachgelesen werden. Programmdauer: ca. 90 Minuten (ohne Pause)

Nach der Vorstellung sind Sie im Foyer unsere Gäste für: Geräuchertes Makrelenfilet (D) mit Fladenbrot und ein Glas Wein … dazu hören Sie im Foyer: Sia laudato San Francesco Laudar volho Aus: Laudario di Cortona

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Ad notam Das letzte Abendmahl „Dies tut zu meinem Gedächtnis.“ Mit diesen Worten verteilte Jesus von Nazareth beim letzten Abendmahl das gebrochene Brot an seine Jünger. Es war ungesäuertes Brot, ein Mazzen ganz nach jüdischer Tradition, und auch das Mahl folgte den Bräuchen des Sedermahls, wie es die Juden bis heute am Vorabend des Pessachfestes feiern, das auf Aramäisch „Pas-cha“ heißt. Jesus konnte für sein „Pas-cha-Mahl“ nicht mehr auf den vorbestimmten Abend warten, denn er wusste, dass er noch in der selben Nacht verraten, verhaftet und verurteilt werden sollte. Am kommenden Tag stand ihm die grausame Folter der Geißelung bevor und die noch grausamere Kreuzigung. All dies ahnte er bereits und feierte deshalb das letzte Mahl mit seinen Jüngern einen Tag zu früh. Es war kein Mahl wie so viele in den Jahren zuvor, als sie bei Zöllnern zu Gast waren oder bei Pharisäern, bei den ach so Gerechten oder bei den angeblich so verworfenen Sündern. Bei jedem Mahl hatte der Rabbi aus Nazareth Unbequemes, Bedeutsames gesagt, das den Gästen nur zum Teil verständlich wurde. Im letzten Abendmahl aber erfüllten sich all jene Zeichen, die er bei früheren Festmahlen gewirkt hatte, und alle Reden, die er dort gesprochen hatte. Wie in Kana, wo er bei einer großen Hochzeit Wasser in Wein verwandelt hatte, um den Bräutigam vor einer Peinlichkeit zu bewahren, reichte er nun seinen Jüngern den Wein dar. Dieses Mal aber war es ein Zeichen für sein Blut, das er am nächsten Tag vergießen würde. Wie bei der wundersamen Brotvermehrung, als fünftausend Männer satt wurden, obwohl nur fünf Brote zur Verfügung standen, reichte er seinen Jüngern das Brot. Dieses Mal aber stand es für seinen Leib, den er hingeben wollte für seine Freunde. So verlieh Jesus von Nazareth dem traditionellen Sedermahl eine neue Bedeutung, die von den Christen als Ursprung ihrer Messfeier begriffen wird. „Dies tut zu meinem Gedächtnis.“ Jesu Auftrag an seine Getreuen, dieses letzte Mahl zur Erinnerung an ihn immer wieder 26


zu feiern, war der Ursprung der christlichen Eucharistie – Dankfeier für die Erlösung durch ihn, den Menschensohn, den Sohn Gottes, in dem die Christen mehr sehen als einen charismatischen Rabbiner aus Galiläa. Christen feiern den Gründonnerstag als Hochfest der Einsetzung des heiligen Abendmahls durch Jesus Christus am Vorabend seiner Passion und drei Tage vor seiner Auferstehung. Für Juden ist es schlicht ein Sedermahl mit allem, was dazu gehört: mit dem Bitterkelch und den anderen Kelchen, die beim Mahl auf dem Tisch stehen müssen; mit den drei Mazzen und den Bitterkräutern zur Erinnerung an den Auszug aus Ägypten und die wundersame Rettung des Gottesvolkes – der typische Vorabend des Pessachfestes mit der Haggada, der Erzählung vom Exodus, im Zentrum. Bruder Jesus Julia Stemberger zeigt in ihrer Lesung beide Seiten des letzten Abendmahls: die christliche Bedeutung aus den Evangelien heraus und die jüdische Deutung, wie sie Schalom Ben-Chorin in seinem Buch „Bruder Jesus“ vorgenommen hat. 1913 in München als Fritz Rosenthal geboren, wurde der spätere Rabbiner und Religionsphilosoph 1933 von den Nazis schwer misshandelt. 1935 gelang ihm die Flucht nach Jerusalem, wo er unter seinem neuen Namen zu den bedeutendsten Denkern Israels aufstieg. „Er war die überragende Persönlichkeit, die in mehr als 60 Jahren unermüdlicher Tätigkeit das Zentrum des jüdisch-christlichen und deutsch-israelischen Dialogs bildete, und er war die Instanz, auf die Verlass war in ihrem Glauben an Brüderlichkeit bei allem Erlittenen und Trennenden.“ (Inka Bohl) „Weil wir Brüder sind“, so nannte er eines seiner bekanntesten Bücher – sein lebenslanges Motto im beständigen Dialog mit dem Christentum. 1967 veröffentlichte er seine Schrift „Bruder Jesus: Der Nazarener in jüdischer Sicht“, ein Schlüsselwerk zum Verständnis des historischen Jesus als Rabbi und Lehrer seines Volkes. Dem letzten Abendmahl und seiner jüdischen Deutung gehen in der Lesung bekannte Stellen aus den Evangelien voraus, die Jesus und seine Jünger beim Mahl zeigen: bei der Hochzeit in Kana und am See Genezareth, wo sie den Hunger von Tausen27


den stillen müssen, am Tisch des Zöllners Levi oder bei reichen Pharisäern, deren Bigotterie Jesus anprangert. In all diesen Szenen kommt uns „Bruder Jesus“ auch heute erstaunlich nahe, sei es als mahnender Rabbiner, der die Großen seines Volkes scharf attackiert, sei es als Gottessohn, der seine Göttlichkeit durch Wunder und Zeichen unterstreicht. Franziskanisches Gotteslob Die Musik des Abends bleibt ganz auf der christlichen Seite der Heilsgeschichte: Maria Jonas singt zusammen mit fünf Sängerinnen von „Ars Choralis Coeln“ franziskanische Laude aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Ihren Gesang betten sie in den Klang von Glocken und Trommeln, Flöte und Fidel, Hackbrett und Rebec ein. Nach dem Einzug mit dem „Ubi caritas et amor“ besingen sie zunächst Jesus Christus als Erlöser und als süßen Freund der Menschen. Danach aber wendet sich die Musik der Passion zu, denn die großen Bußprozessionen des 13. Jahrhunderts bildeten einen wichtigen Nährboden der „Lauda“. Nirgends konnte diese Form des populären, von Laien gesungenen Gotteslobs besser gedeihen als in Florenz, wo sich die Laienbruderschaften der Lauda-Sänger („compagnie delle laude“) mit den Gilden der aufstrebenden Handelsmetropole verbanden und an bestimmten Kirchen ansiedelten. An der Kirche Santo Spirito wirkte die „Compagnia delle laude di Santo Spirito“. Ihr verdankt man die Handschrift „laudario di Firenze“ mit 97 Laude. Auch in der Stadt Cortona trug man einen solchen „laudario“ zusammen. Am Festtag des Schutzpatrons wurden diese Gesänge mit prachtvoller Instrumentalbegleitung vorgetragen. Der Heilige Franziskus (1182–1226) hatte die Tradition der „Lauda“ selbst begründet, indem er seine Mitbrüder ermahnte, nach der Predigt stets zu singen. Sie sollten das Lob des Herrn anstimmen, die „laudes Domini“, und dadurch zu „Minnesängern Gottes“ werden, zu „joculatores Dei“. 1225 dichtete er den Prototyp der Lauda: seinen „Sonnengesang“, den berühmten „Cantico di frate Sole“. Überliefert ist er leider nur mit leeren Notenzeilen, so dass ihm Maria Jonas eine andere Melodie – den Sibyllengesang – unterlegt. In dieser Form beschließt der 28


Sonnengesang als kosmische Vision den Abend. Er beginnt mit den Versen „Altissimu, onnipotente bon Signore, tue so’ le laude, la gloria, et l’honore.“ „Allerhöchster, allmächtiger, gütiger Herr, dir allein geziemen Lob, Ruhm und Ehre.“ Getreu diesem Motto zieht sich durch den ganzen Gesang das „Laudato si’“, das „gelobt seist du, mein Herr“, und zwar „für die Schwester Mond und die Sterne, für den Bruder Wind, für die Schwester Wasser und die Mutter Erde“. Josef Beheimb

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Freitag, 25. März 2016 (Karfreitag) Helmut List Halle, 19 Uhr

Purim Zum Purimfest Sergej Prokofieff (1891–1953) Ouvertüre über hebräische Themen, op. 34 für zwei Klarinetten und Klavier Aus dem Buch Ester: Das Festmahl des Königs Artaxerxes Der Jude Mordechai und seine Ziehtochter Ester Ester wird Königin Mordechai deckt eine Verschwörung auf Yuri Povolotsky (1962) Remembrance of Happy Nigun für zwei Klarinetten solo Aus dem Buch Ester: Hamans Anschlag gegen die Juden Der Erlass des Königs Ester wagt es, ungerufen vor dem König zu erscheinen Das erste Festmahl der Ester Michael Dulitsky (1952) Hasidic Rhapsody für zwei Klarinetten und Klavier

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Jerry Bock (1928–2010) / Eugene Levitas (*1972) Fiddler on the Roof für zwei Klarinetten und Klavier Aus dem Buch Ester: Die Erhöhung des Mordechai Das zweite Festmahl der Ester Die Rettung der Juden Das Purimfest Yuri Povolotsky Jewish Soul Phantasy

Duo Gurfinkel: Daniel & Alexander Gurfinkel, Klarinette Nikita Volov, Klavier Miguel Herz-Kestranek, Lesung

Die verwendeten Texte stammen aus der Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift. Programmdauer: Erster Teil: ca. 50 Minuten Pause: ca. 30 Minuten Zweiter Teil: ca. 40 Minuten

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Nach der Vorstellung sind Sie im Foyer unsere Gäste für: „Hamantaschen“ und ein Glas Wein

Hamantaschen: Süßes Mürbteiggebäck mit Marillen-, (A/C/G), Mohn- (A/C/G) oder Powidl-Walnuss-Füllung (A(C/G/H)

www.weinhof-ulrich.at Weißburgunder 2014 – Weinhof Ulrich Fruchtige Burgunderaromatik, ausgewogener Körper, harmonisch und trinkfreudig. Universeller Speisenbegleiter zu Hauptgerichten und Schnittkäse

www.tschermonegg.at Roter Muskateller 2015 – Weingut Tschermonegg In der Nase ein Strauch von Pfingstrosen, ein Hauch Magnolie, am Gaumen viele Gewürze, Zimt, Kardamom, Gewürznelken, durchgehende fruchtig-grazile Textur, saftiger und extraktsüßer Glanz

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Ad notam Die Estergeschichte An Purim feiern Juden den Errettungstag. Purim ist der Plural des Wortes „Pur“, was „Los“ bedeutet. Jenes Los warf Haman, der oberste Beamte im Reich des Großkönigs von Persien, um zu bestimmen, an welchem Tag die Juden ausgerottet werden sollten. Denn er hasste das Volk Gottes und besonders den ­Juden Mordechai. Die Königin Ester aber, selbst Jüdin und eine mutige Frau, vereitelte den teuflischen Plan des mächtigen Widersachers. Sie erschien ungerufen vor dem Großkönig, worauf normalerweise die Todesstrafe stand. Doch der König erbarmte sich ihrer Not, überantwortete Haman seiner gerechten Strafe, erhöhte den Juden Mordechai und sandte Briefe in alle Teile des Reichs, um die Juden zu retten. Dies geschah am 14. Tag des Monats Ader (also im sechsten Monat des jüdischen Kalenders). Deshalb wurde bestimmt, jährlich an diesem Tag ein Freudenfest zu feiern. Die meisten jüdischen Gelehrten identifizieren den biblischen König „Ahasveros“ mit dem Großkönig Artaxerxes II., der von 404 bis ca. 385 v. Chr. herrschte. Purim wird also seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. gefeiert. Das Purimfest Wegen der Verkleidungen, die Kinder und Erwachsene an diesem Tag tragen, nennt man Purim auch den jüdischen Fasching. Sieben Pflichten müssen an diesem Tag unbedingt eingehalten werden: 1. In der Synagoge wird die Tora-Rolle mit der Estergeschichte vorgelesen. Kein Wort darf den Zuhörern entgehen. Sobald der Name des Bösewichts Haman fällt, wird laut mit Rasseln geklappert oder mit den Füßen getrampelt. So wird der Feind aller Juden jedes Jahr aufs Neue vernichtet. 2. Nach dem Besuch in der Synagoge tauscht man Geschenke aus. Mindestens ein Geschenk mit zweierlei Speisen soll an Verwandte oder Freunde verteilt oder verschickt werden. 3. Arme und Bedürftige sollen beschenkt werden. 34


4. Die Tora soll gelesen werden. 5. Bei Gebeten erzählt man sich von Wundern. 6. Niemand darf nüchtern bleiben. Es soll so viel Wein getrunken werden, dass man keinen Unterschied mehr machen kann zwischen den Sätzen: „Verflucht sei Haman!“ und „Gelobt sei Mordechai!“ 7. Es ist verboten, an diesem Tag Trauerreden zu halten oder zu fasten. Die Geschenke und Speisen „Weil Purim das Fest ‚des Mahls und der Freude‘, also des guten Essens und Trinkens ist, schicken die Juden ihren Mitmenschen etwas von den Leckerbissen, die sie für ihre eigene festliche Tafel vorbereitet haben. Die Geschenke bestehen mindestens aus zwei Portionen fertiger Speisen, einer Mehlspeise und einer aus rohem Obst. Daher kommt auch der hebräische Name für diesen Brauch: Schlachmanot. Das bedeutet ,Schicken von Portionen‘, vom hebräischen schalach (schicken) und manot (Portionen). Die Gerichte wurden einst in wahrhaft festlicher Aufmachung geschickt, in prächtigen Schüsseln und in bunte, reich bestickte Tücher gewickelt. Heute verpackt man sie etwas prosaischer in Pappschachteln, die eigens für diesen Zweck hergestellt werden. Man beschränkt sich natürlich nicht nur auf Mehlspeisen und Obst. Jeder tut gern noch etwas von den typischen Purimsüßigkeiten hinzu, z.B. Haman-Figürchen aus Ingwerteig, ihr sephardisches Gegenstück, die Hamanohren, oder die beliebten aschkenasischen Hamantaschen, dreieckige Kuchen mit Mohnfülle, die an Hamans dreieckigen Hut oder seine mit Bestechungsgeldern gefüllten Taschen erinnern sollen.“ (Jana Dolezalovà: Jüdische Küche) Die Musik Die Freudenmusik zu Purim bringen die Zwillingsbrüder Alexander und Daniel Gurfinkel aus Israel bzw. Berlin mit. Bei ihrem Vater, dem Soloklarinettisten des Israel Symphony Orchestra, lernten die beiden das Klarinettenspiel so perfekt beherrschen, dass sie in Israel schon Berühmtheiten sind. Derzeit studieren 35


sie in Berlin. Wahrhaft mitreißend ist ihr Zusammenspiel: brillant, nahtlos verschmelzend in Klang und Geste. Dies beweisen sie zu Beginn in Sergej Prokofjeffs Ouvertüre über hebräische Themen, komponiert 1919 in New York für sechs Absolventen des St. Petersburger Konservatoriums. Diese jüdischen Musiker waren vor der Oktoberrevolution geflohen und hatten sich zu einem Ensemble zusammengeschlossen, um durch eine USATournee Gelder für die Errichtung eines Konservatoriums in ­Jerusalem zu sammeln. Erst lehnte Prokofjeff ab, dann aber geriet er in den Bann der jüdischen Melodien und schrieb eine wundervolle Ouvertüre. Von der Brillanz der jungen Gurfinkel-Brüder ließen sich bereits etliche israelische Komponisten und Arrangeure anregen, darunter auch Michael Dulitsky zu seiner „Chassidischen Rhapsodie“. Das Werk knüpft an die Tradition der Chassidim an: Im Gefolge des polnischen Rabbiners Baal Shem Tow entstand im 18. Jahrhundert die heitere, chassidische Gotteshaltung. Sie feiert die unermessliche Größe des Herrn in Gesang und Gebet, in Melodien von einem ganz unverwechselbaren, heiteren Zauber. Ähnliche Auftragswerke sind die „Erinnerung an ein glückliches Nigun“ und die „Jewish Soul Phantasy“ von Yuri Povolotsky. Dass die israelischen Komponisten dieser Stücke aus russisch-jüdischen Familien stammen wie übrigens auch die Gurfinkel-Brüder, zeugt von der Verschmelzung der russischen und der jüdischen Musiktraditionen im heutigen Israel. Mit seinem Musical „Fiddler on the Roof“, in Deutschland besser bekannt als „Anatevka“, erzielte der Amerikaner Jerry Bock 1964 einen Welterfolg. Am Broadway überschritt das Stück über die Welt der Juden Osteuropas als erstes Musical überhaupt die Dreitausender-Marke: In nur acht Jahren kam es auf mehr als 3000 Vorstellungen – eine Marke, die erst von „Grease“ ein­ gestellt wurde. Vorlage war der jiddische Roman „Tewje, der Milchmann“ von Scholem Alejchem. Zum Titel des Musicals ließ sich Jerry Bock durch den Maler Marc Chagall anregen, dessen berühmtes Bild „Geiger auf dem Dach“ den englischen Originaltitel „Fiddler on the Roof“ erklärt.

Josef Beheimb 36


Sonntag, 27. März 2016 (Ostersonntag) Helmut List Halle, 19 Uhr

Sardisches Osterfest Isterrita + Oche‘e notte (weltlich) Anghelos Cantade Engel singen (geistlich) Andira (weltlich) Grobbes de su Nenneddu Lied über das Kind Jesu (geistlich) Ballu Seriu (weltlich, Tanz) Grobbes de S’Addolorata Unsere Dame des Leidens (geistlich)

S’iscravamentu Die Passion Jesu (geistlich) Ballu Lestru (weltlich, Tanz) Santu (geistlich) Muttos (weltlich) Sette ispadas de Dolore Liturgischer Ostergesang (geistlich) Deus ti salvet Maria Gott rettet dich, Maria (geistlich) Ballu Dillu Dillu-Tanz (weltlich, Tanz)

Tenores di Bitti „Mialinu Pira“: Omar Bandinu, Oche e Mesu Oche Marco Serra, Oche e Mesu Oche Bachisio Pira, Bassu Arcangelo Pittudu, Contra Moderation: Thomas Höft 37


Die sardischen Gesangstexte können auf www.psalm.at nachgelesen werden. Programmdauer: Erster Teil: ca. 45 Minuten Pause: ca. 30 Minuten Zweiter Teil: ca. 45 Minuten

Nach der Vorstellung sind Sie im Foyer unsere Gäste für: „Torta Pasqualina“ (Gemüsetorte aus Blattspinat, Ricotta, ­Parmesan und Eiern, A/C/G/L/M/O) und ein Glas Wein

www.weinhof-reichmann.at Blauer Zweigelt Klassik 2015 – Weinhof Reichmann Kreuzung von Blaufränkisch und St. Laurent, im Duft Brom­ beere & Kirsche. Empfiehlt sich sowohl zu zarten Rind- und Wildgerichten, als auch in kräftigen Saucen.

www.harkamp.at RED Love – Weingut Harkamp Mittleres Rubinrot, dunkelbärige Noten, rauchige Anklänge, harmonisch und zugänglich. Speisenempfehlung: geschmortes Rindfleisch, Lasagne, Pilze, Fleischpasteten, Innereien, schweres Bratgeflügel

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Ad notam Sardisches Osterfest Sardinien ist ein ganz besonderer europäischer Kulturraum. Hier haben sich alte volksmusikalische Traditionen erhalten, die sehr weit in die Geschichte zurückreichen. Die Sänger aus der nordsardischen Stadt Bitti, die sich „Mialinu Pira“ nennen, sind Boten dieses musikalischen Erbes. Die Zusammensetzung des Ensembles ist klassisch: ein schnarrender, dunkler Bass, raue Mittelstimmen und ein warmer, ornamentale Linien erkundender hoher Tenor. Die Musik folgt festen Regeln der Abwechslung von Solo- und Chorgesang, wobei deren Regeln auf der genau mitgezählten Abfolge von Takt- und Silbenzahlen beruhen, immer wieder unterbrochen von Improvisationen. Die Stimmen, so stellen die Sänger sich das vor, imitieren die Natur, vielleicht den Ochsen, das Schaf, und die scharfen Winde, die über die Insel brausen. Für das Festival PSALM haben die ­Tenores di Bitti „Mialinu Pira“ eine Mischung aus Tanzmusik und religiösen Gesängen zusammengestellt, wie es in Bitti üblich ist. Wobei Ostern auf Sardinien die Verschmelzung christlicher Riten mit heidnischen erkennen lässt. Besonders interessant ist dabei die Verschmelzung zwischen Weihnachtsfreude und Osterritus. Nicht umsonst heißt Ostern auf Sardisch „Pasca Manna“, „Großes Osterfest“, während Weihnachten auf Sardisch „Paschixèdda, also „Kleines Osterfest“ heißt. In den Feiern verschmilzt die Passion Christi mit den Zyklen des Bauernkalenders, sie sind somit weltlich und spirituell. Zu den einzelnen Stücken unseres Konzerts: Isterrita – Oche‘e notte Mit dem Gesang „Isterrita“ beginnen die Tenores di Bitti in der Regel ihre Konzerte. Das Wort „Isterrita“ bedeutet „Entwurf“ oder „Zeichnung“, und es drückt Traurigkeit und Schwermut aus. Eine Solo-Stimme beginnt allein und singt die ersten vier Zeilen, dann fällt der Chor ein und singt lautmalerische Silben „Bimbaraaaabum-bam-bom“, während der Solist die nächsten Verse anstimmt. 39


„Oche‘e notte“ bedeutet „Stimme der Nacht“ und ist eines der der berühmtesten Stücke aus Bitti. Es ist ein typisches Liebesständchen. Bis in die 50er Jahre sangen hier junge Männer „Contonare“, also Ständchen unter dem Fenster ihrer Geliebten. Gefiel einem Mädchen das Lied, bot sie den Sängern ein Glas Wein an. Diese Tradition ist weitgehend verlorengegangen, nur die Lieder existieren noch in mündlicher Überlieferung. Ihre Themen sind vielfältig und können über die Liebe, über soziale Fragen oder auch Religiöses sprechen. Anghelos Cantate Die religiösen Gesänge in Bitti beziehen sich zumeist auf Weihnachten. Ihre Wurzeln liegen wahrscheinlich im gregorianischen Choral, auf den sie sich entfernt beziehen. Die Gesangsstimmen singen hier tatsächlich alle Verse, während im weltlichen Gesang der Chor allermeist lautmalerische Silben intoniert. „Anghelos“ meint die Engel, die über dem Stall von Bethlehem singen. Andira „Andira“ ist ein Tanzlied, dessen Titel sich auf den Nonsens-Refrain bezieht, der da lautet: „Assandir assandira Andir Andira Ambo“. Grobbes de su Nenneddu Dieses Lied besingt die Geburt Christi. „Nenneddu“ ist die sardische Bezeichnung für das Jesuskind. Der Solist singt zwei sechssilbige Linien und wiederholt sie, vom Chor begleitet. Ballu seriu Das Tanzlied „Ballu seriu“ steht im 6/8-Takt, worauf sich auch der Titel bezieht: „seriu“ meint im Sardischen „ruhig“ oder „natürlich“. Grobbes de S’Addolorata Dieses geistliche Lied führt in den Passions- und Osterkreis und ist der Jungfrau Maria in einem Heiligtum gewidmet, das 30 km von Bitti entfernt steht. Maria als Schmerzensmutter wird um Hilfe gebeten. S’iscravamentu Das Lied beschreibt und beklagt Jesu Leiden in der Passion. 40


Ballu Lestru Der „Ballu Lestru“ ist ein schneller Tanz. Santu Der „heilige“ Gesang – „santu“. Muttos „Muttos“ ist eines der unverwechselbaren Lieder des Repertoires aus Bitti. Es besteht aus zwei Teilen: Einwurf und Antwort. Der erste Teil ist Sache der Solostimme, während der Chor mit der lautmalerischen Silbe „aasa“ begleitet. Der zweite Teil des Liedes, die Antwort, besteht aus einem Zungenbrecher: „bim bom Baraa roi rimbaram bi ra roi rimbaram bi rara roi rimbaram bi rai bim bam bom“. Sette ispadas de Dolore Lied über die sieben Schwerter des Schmerzes der Passion. Deus ti salvet Maria Eine Fürbitte für die Muttergottes. Ballu Dillu Freude und Gemeinsamkeit zeichnen dieses Tanzlied aus. Wieder beginnt der Solist, und der Chor folgt lautmalerisch mit „bim bam bo“. Thomas Höft

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FRISCHE KUNST.

Als Partner von PSALM w端nscht die Kleine Zeitung gute Unterhaltung.


Montag, 28. März 2016 (Ostermontag) Helmut List Halle, 19 Uhr

Steirische Ostern Då draußt auf da greanen Auen (Passionslied: Melodie aus Gössl) Ehre sei Gott in der Höhe (Gloria im volkstümlichen Satz) Der Wurzhorner (Naturstimmen zum Karfreitag) Weihfeuertragen Osterratschen Kreuzaufstellen Osterweckruf (Marsch) Amagugu Te deum laudamus (Lied zur frühmorgendlichen Auferstehungsfeier) Langa Lomphefumolo O Jubel, o Freud (Österliche Fassung aus der St. Nikolaier Osterliedersammlung) Laduma Somnamdela Emmaus-Gang Ostertanz 43


Citoller Tanzgeiger und Freunde: Hermann Härtel, Geige, Posaune & Gesang Ingeborg Magdalena Härtel, Geige, Klarinette & Gesang Hubert Pabi, Steirische Harmonika & Gesang Vinzenz Härtel, Bratsche, Flügelhorn, Gitarre & Gesang Ewald Rechberger, Tuba & Gesang Dee-Linde, Cello & Gesang Dieter Schickbichler, Posaune & Gesang Johannes Hötzinger, Trompete & Gesang Insingizi: Vusa Mkhaya Ndlovu Dumisani „Ramadu“ Moyo Blessings „Nqo“ Nkomo Kreuzaufsteller: Josef Nummer, Thomas Beinhauer, Richard Koller & Klaus Seelos Weihfeuerträger, Ratschenbuam und -diandln Ratschenbauer: Franz Ederer Moderation: Mathis Huber

Programmdauer: ca. 75 Minuten (ohne Pause)

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Nach der Vorstellung sind Sie im Foyer unsere Gäste für: Gekochten Osterschinken mit Ei, Kren und Osterpinze und ein Glas Wein … und es folgt ein Ostertanz mit den Citollern.

Osterpinze (A/C/G): saftige, weiche Butter-Pinze, durch die lange Teigführung sehr locker und kurz im Biss, mit natürlichen Aromen von Zitrone und Orangen.

www.weingutweber.at Schilcher Klassik 2015 – Weingut Weber Im Duft schwarze Johannisbeere, Brennnessel und Paprika. Markante Säure, die typische Charakteristik der Klassik. Sehr vielschichtig, mineralisch und trinkanimierend …

www.weingut-strauss.at Welschriesling Classic 2015 – Weingut Karl & Gustav Strauss Helles Grün, unverkennbarer fruchtiger, nach grünem Apfel und frischem Gras duftender Wein, mit lebhaft frischer Säure und leichtem Abgang 45


Ad notam Ostern auf dem Lande hat auch mit der Auferstehung der Natur zu tun: Die Bäume und Sträucher werden zurückgeschnitten und rund ums Haus wird gekehrt und gerecht, um dem Krokus ans Tageslicht zu verhelfen. Der Hahn kräht, die Kreissäge winselt und ein Traktor sammelt den Baumschnitt für das Osterfeuer. Die bevorstehenden Feiertage verlangen aber nach mehr: Nach der richtigen Abfolge der Rituale, dem Einhalten des überlieferten Speisezettels und dem Hinwenden zum größten sakralen Ereignis des Kirchenjahres. Es ist eine hohe Zeit und die handwerkliche Ader ist gefragt, beim Palmbuschenbinden, beim Kreuzerlschneiden und erst recht beim Osterbrotbacken. In der Küche ist Hochbetrieb: Den ersten Brennnesselspinat gibt es am Gründonnerstag, den Heidensterz am Karfreitag. Der Osterschinken hängt noch in der Selchkammer – bis unmittelbar vor der Fleischweihe am Dorfanger. Die Buben richten inzwischen die Utensilien für das Karbidschießen und die Blechdosen fürs Weihfeuertragen, bei dem sie auch einen kleinen Erlös erwarten dürfen. Am Ostersonntag aber wird ganz oben am Berg das Osterkreuz aufgestellt. Da helfen die Nachbarn zusammen, um dieses christliche Symbol weit sichtbar zu machen. Am Kuchltisch beim vulgo Leicht­bauer wird dann gerne einmal gesungen, bei Most und Schnaps und der – nach der Fastenzeit – begehrten Osterjause. Lasset also die Kirche im Dorf und die Citoller Tanzgeiger ebenso, denn hier sind sie nicht nur Tanzmusikanten, sondern auch ein Teil des dörflichen All- und Festtags. PSALM aber wagt erstmals die Inszenierung der ländlichen Osterzeit, stellt dabei die Gastlichkeit in den Mittelpunkt, führt an den imaginären Zaun zur vokalen Begegnung mit Sängern aus Zimbabwe, lässt das Publikum selbst am Halleluja teilhaben und geht mit einem heftigen Ostertanz ins Finale. 46


Göttlich und weltlich auf der gleichen Spur einer überlieferten Kultur: PSALM schlägt eine köstliche Brücke vom durchaus privilegierten Dorfleben zum anspruchsvollen OstermontagPublikum. Hermann Härtel

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Die Interpreten

Miriam Andersén, Gesang, Harfe, Kuhhorn & Schlagzeug Die Schwedin Miriam Andersén gehört zu den renommiertesten Sängerinnen Skandinaviens. Ihre Ausbildung in Gesang, Harfe und mittelalterlicher Aufführungspraxis erhielt sie an der Schola Cantorum Basiliensis. Sie ist äußerst gefragt als Gesangsinterpretin aller mittelalterlichen Musikstile und zudem Expertin der schwedischen Folkmusik und deren mittelalterlichen Wurzeln. Neben ihren eigenen ­Ensembles Belladonna und The Early Folk Band tritt sie weltweit u. a. mit Ensembles wie Sarband, Ensemble Gilles Binchois und mit dem Theatre of Voices auf. Ostern in Schweden, 20. März

Ars Choralis Coeln Das Frauenensemble Ars Choralis Coeln rund um Maria Jonas hat es seit seiner Gründung 2004 in Köln geschafft, sich international in der Mittelalter-Musikszene zu etablieren. Es war zu Gast bei zahlreichen Festivals wie etwa ­Montalbane, der styriarte, dem MDR-Musiksommer, dem Schleswig Holstein Musikfestival oder dem Festival Voix et Route Romane. Zum Abendmahl, 24. März

Citoller Tanzgeiger Ingeborg und Hermann Härtel haben mit den Citoller Tanzgeigern längst einen festen Platz in den styriarte-Zyklen. Mit ihnen gelingt der Brückenschlag vom Konzertsaal auf den 48


Tanzboden, von der Hochkunst zur Volkskunst und von der Virtuosität zur intuitiven Emotion. Sie zelebrieren einen ungeschminkten Transfer des Landlebens auf die Bühne. Eine permanente Annäherung. Steirische Ostern, 28. März

Ulrika Gunnarsson, Gesang & Geige Ulrika Gunnarsson, 1972 geboren und mit Volksmusik und Tanz aufgewachsen, ist Folk-Sängerin aus Småland. Sie wurde an der Raulandsakademie in Norwegen, in Malmö an der Musikakademie und an der University of Limerick in ­Irland ausgebildet. In ihrem „Musikkoffer“ befinden sich Eigenkompositionen, Norwegisches und Irisches, stets aber verbunden mit Smålands Volksmusik. Ihre 2009 erschienene Aufnahme „Trall“ erhielt begeisterte Kritiken, 2012 folgte „Timglas“ gemeinsam mit Jonas Åkerlund. Ostern in Schweden, 20. März

Duo Gurfinkel, Klarinetten Die Zwillingsbrüder Alexander und Daniel Gurfinkel haben das Klarinettenspielen im Blut. Schon Opa und Vater Gurfinkel waren und sind Israels herausragende Klarinetten­ virtuosen. Und so kam es, dass Zubin Mehta die beiden bereits mit zwölf Jahren erstmals als Solisten zum Israel Philharmonic Orchestra holte. Ab da ging es querweltein auf Konzertpodien von Aserbaidschan bis Hongkong. Purim, 25. März

Johan Hedin, Nyckelharpa Johan Hedin ist einer der führenden Nyckelharpa-Spieler in Schweden. Geboren 1969, wuchs er im Süden Schwedens auf. Seine ersten Studien absolvierte er bei den Altmeistern des Faches, um anschließend Aufführungspraxis und Komposition am Royal College of Music in Stockholm zu studie49


ren. Stets auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen entstand einerseits ein neuer Stil des Musizierens, Hedin konzentrierte sich aber auch auf die Konstruktion des Instruments selbst. So entwickelte er eine Tenor-Nyckelharpa, ein Instrument, das sehr an die barocke Viola da Gamba erinnert. Ostern in Schweden, 20. März

Christopher Hinterhuber, Klavier Der in Klagenfurt geborene und u. a. bei Rudolf Kehrer, Lazar Berman, Oleg Maisenberg und Vladimir Ashkenazy aus­ gebildete Pianist Christopher Hinterhuber reüssiert inter­ national mit außergewöhnlicher Meisterschaft und eben­ solchen Konzertprojekten sowie einer enormen Bandbreite des Repertoires. Der Klavierprofessor an der Musikuniversität in Wien spielte etwa auch den Ton (samt Bild der Hände) für den Haneke-Film „Die Klavierspielerin“ ein. Ein wichtiger Teil seiner Tätigkeit ist die Kammermusik. So ist er Mitglied des Altenberg Trio Wien, das einen eigenen Zyklus im Wiener Musikverein spielt. Platons Gastmahl, 21. März

Thomas Höft, Moderation Thomas Höft arbeitet in unterschiedlichsten Bereichen der Kunst. Er kuratiert historische Themenausstellungen, führt Regie, schreibt Sachbücher, Theaterstücke und Opernlibretti. Seit 1994 ist er einer der Dramaturgen der styriarte, seit 2003 auch von Psalm. Er war von 1999 bis 2001 Intendant des Brandenburger Theaters und ist seit 2012 als Geschäftsführer verantwortlich für das Kölner Zentrum für Alte Musik (ZAMUS). Sardisches Osterfest, 27. März

Mathis Huber, Moderation Mathis Huber studierte Oboe, Musikerziehung und Musikwissenschaft in seiner Heimatstadt Graz. Er war mehrere 50


Jahre freier Mitarbeiter der Kleinen Zeitung und des ORF. Er wirkte von Beginn an als wissenschaftlicher Betreuer am 1985 gegründeten Festival styriarte mit. Im Oktober 1990 wurde er schließlich zum Intendanten der styriarte bestellt und ist es bis heute geblieben. Außerdem ist er Geschäftsführer der Mozartgemeinde Graz, Veranstalter des Oster­ festivals PSALM und seit 2002 auch Intendant von recreation • GROSSES ORCHESTER GRAZ. Steirische Ostern, 28. März

Insingizi Das Herren-Trio Insingizi aus Simbabwe fasziniert mit unaufgeregtem A-cappella-Gesang erster Güte, mit traditionellen Liedern, Hand-Perkussion und hervorragender Choreographie. Ihre Lieder besitzen eine Liebenswürdigkeit und Ehrlichkeit, die die Seele berührt. Nicht von ungefähr erobern sie mit ihrer Kunst von Wien aus die Welt. Steirische Ostern, 28. März

Miguel Herz-Kestranek, Lesung Miguel Herz-Kestranek entstammt einer Familie aus dem ehemaligen Wiener jüdischen Großbürgertum und ist ein Tausendsassa: Schauspieler (bisher an die 160 TV- und Filmrollen, mehrere Dutzend Theaterrollen), Moderator, Publizist, Herausgeber, Redner, Keynotespeaker und nicht zuletzt Schriftsteller, etwa von Schüttelreimen oder dem Buch „Die Frau von Pollak oder: Wie mein Vater jüdische Witze erzählte“. Purim, 25. März

Maria Jonas, Sopran Die Sängerin Maria Jonas ist eine der kreativsten und vielseitigsten Persönlichkeiten Kölns, die als Interpretin alter und improvisierter Musik zu erleben ist. Sie ist stets auf der 51


Suche nach einer lebendigen Auseinandersetzung von jeg­ licher Art Musik und ist als Solistin sowie in ihren Ensembles „Ars Choralis Coeln“, „Ala Aurea“ (Ensemble für mittelalterliche Musik) und „Sanstierce“ (Trio für modale Improvisa­tion) zu erleben. Zum Abendmahl, 24. März

Erik Pekkari, Durspel Erik Pekkari, geboren 1966 in Piteå, einem kleinen Dorf in der Nähe des Polarkreises, zählt zu Schwedens wichtigsten Vertretern des diatonischen Akkordeons. Er lässt sich sowohl von der Musik alter Aufnahmen, vor allem jener des legendären schwedischen Akkordeonisten Carl Jularbo (1893–1956), als auch von der Folk-Musik der jungen Generation inspirieren. Seit den späten 1990er Jahren tritt Pekkari immer wieder im Trio mit den Folkmusikern Bengt Lofberg und Pelle Björnlert auf. Ostern in Schweden, 20. März

Peter Simonischek, Lesung Der Schauspielgigant, heute im Film ebenso wie am Burgtheater, dem er als Ensemblemitglied seit 1999 angehört, und auf zahlreichen weiteren Bühnen höchst präsent, erhielt seine Ausbildung an der Kunstuniversität seiner Geburtsstadt Graz. Seit 1982 war Simonischek regelmäßig bei den Salzburger Festspielen in unterschiedlichen Rollen und Inszenierungen von Peter Stein, Axel Corti, Klaus Michael Grüber, Andrej Wajda oder Dieter Dorn zu erleben. Von Sommer 2002 bis 2009 spielte er 100 Mal Hofmannsthals „Jedermann“ am Domplatz in Salzburg. Dem bereits mehrfach ausgezeichneten steirischen Schauspieler wurde im Februar 2016 der Ehrentitel „Kammerschauspieler“ im Wiener Burgtheater verliehen. Platons Gastmahl, 21. März

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Julia Stemberger, Lesung Julia Stemberger feierte 1984 in „Herzklopfen“ ihr erfolgreiches Kinodebüt. Unmittelbar danach wurde sie von ­Michael Schottenberg an das Wiener Schauspielhaus geholt. In den Folgejahren stand die gefragte Charakterdarstellerin bei den Salzburger Festspielen genauso auf der Bühne wie am Wiener Burgtheater. Weitere Engagements führten sie u. a. an das Thalia-Theater in Hamburg und in Berlin an das Schlosspark Theater und Renaissance Theater. Ihre schauspielerische Vielseitigkeit stellt Julia Stemberger in den verschiedensten Genres von Drama über Thriller und Komödie bis zur Literaturverfilmung unter Beweis. Zum Abendmahl, 24. März

Tenores di Bitti „Mialinu Pira“ Die Tenores di Bitti „Mialinu Pira“ kommen aus dem Zentrum Sardiniens und nehmen unter den zahlreichen Gruppen der Insel einen besonderen Platz ein. Da ihre Lieder in dem typisch gutturalen Klang so einzigartig sind, wurden sie von der UNESCO zu „Meisterwerken des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit“ erklärt. Die Sänger, die die jahrtausendealten musikalischen Traditionen ihrer Heimat zudem genau erforschen, werden nicht nur in Sardinien gefeiert, sondern treten auch in aller Welt auf. Sardisches Osterfest, 27. März

Nikita Volov, Klavier Der russische Pianist Nikita Volov wurde 1992 in Severodvinsk am Weißen Meer geboren. Seinen ersten Klavierunterricht bekam er im Alter von fünf Jahren. Seit 2006 studiert der Preisträger zahlreicher Wettbewerbe am Moskauer Tschaikowsky Konservatorium bei Farida Ibragimovna ­Nurizade. Purim, 25. März

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Foto: Lukas Seirer

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Wir bedanken uns besonders bei unseren treuen BesucherInnen, die mit ihrem Interesse und ihrem Kartenkauf wesentlich zum Bestehen und zur Fortführung des Festivals beitragen. IMPRESSUM Almanach PSALM 2016 Medieneigentümer: Steirische Kulturveranstaltungen GmbH, A-8010 Graz, Sackstraße 17 Redaktion: Irmgard Heschl-Sinabell & Claudia Tschida Grafik: Cactus Communications>Design, Graz Druck: Medienfabrik, Graz


Idee: Mathis Huber Dramaturgie: Karl Böhmer & Thomas Höft Kartenbüro: Helga Gogg, Margit Kleinburger, Sophia Meinhart, Isolde Melinz & Patrizia Zechner Produktion: Irmgard Heschl-Sinabell, Gertraud Heigl & Christoph List Kommunikation: Claudia Tschida (Presse/Marketing) Margit Kleinburger (Internet) Sandra Wanderer-Uhl (Sponsoring) Verwaltung: Katharina Schellnegger (Veranstaltungsdramaturgie), Alexandra Pifrader (Büroleitung/Personal), Melanie Leopold (Sekretariat) & Lukas Seirer (Finanzen) Technik: Christian Bader (Technische Leitung) Thomas Bernhardt (Beleuchtung) Thomas Schröttner (Tontechnik) Marie Huber (Übertitelsteuerung) A-8010 Graz, Sackstraße 17 Telefon +43.316.825 000 info@styriarte.com www.psalm.at



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