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VERLAGSPOSTAMT 8010 GRAZ
ERSCHEINUNGSORT GRAZ
NR. 2/2011
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FOTO: RMN (MUSÉE D’ORSAY) / HERVÉ LEWANDOWSKI
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EDITORIAL
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Die styriarte wird möglich durch großzügige Förderung von
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as hält Nikolaus Harnoncourt noch in seiner Studierstube verborgen? Welche Partituren liegen da noch herum und warten auf einen, der ihnen blühendes Leben einhaucht? Seit der styriarte 2009, seit der Produktion von Gershwins „Porgy and Bess“, rechnet man bei Harnoncourt ja mit allem, und da war dann der Moment im letzten Sommer, wo der Meister bekanntgegeben hat, er würde doch gerne einmal „Die verkaufte Braut“ dirigieren, auch nicht mehr richtig umwerfend. Ja natürlich, die „Braut“, was denn sonst, jetzt wo das tschechische Blut in den steirischen Adern schon durch den ganzen Smetana-Zyklus „Mein Vaterland“ in Wallung gekommen ist. Aber so einfach ist es dann doch nicht. Denn aus dem – was denn sonst – dem „Braut“-Projekt, schält sich unterdessen eine veritable Smetana-Uraufführung heraus. Die Arbeit Harnoncourts in den Tiefen der Partituren hat es mit sich gebracht, dass eine bisher völlig unbeachtet gebliebene erste deutsche Fassung der tschechischen Nationaloper aufgetaucht ist, eine Übersetzung, die Smetana selbst in Auftrag gegeben und bezahlt, und die er sorgfältig in seine handschriftliche Partitur eingetragen hat. Mit roter Tinte. Und diese Fassung, für die Smetana im Jahr 1869 an seinen Übersetzer Emanuel Züngel 45 Gulden bezahlt hat, die hat bisher ganz schlicht gesagt niemand
zur Kenntnis genommen. Die styriarte sorgt also im Juni 2011 auch dafür, dass Smetanas 45 Gulden keine Fehlinvestition bleiben, als die sie die letzten 140 Jahre ja hätten gelten können. Ganz genau sechs Vorstellungen der „Braut“ sind ab 24. Juni in der Grazer Helmut-List-Halle angesetzt. Es wird eine halbszenische Produktion so wie zuletzt Harnoncourts „Porgy“-Aufführung sein, und wer sie versäumt, der hört sie in der Form nie mehr wieder. Das möchte ich nur jetzt schon gesagt haben, denn am Ende wird am Plakat stehen: „Die ausverkaufte Braut“, das hat der Titel so an sich. Damit empfehle ich mich wie immer Ihr Mathis Huber
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INHALT Thema: Im schweren Leichten Die verkaufte Braut: Mozarts Figaro auf Böhmisch Interview: Die Sache mit der roten Tinte Mozart: Mozart, der Schwierige Saint-Saëns: Tierisch menschlich Bachfestspiele: Der schwülstige Herr Bach Spielplan der styriarte 2011 A Cappella: Messen für die Päpste Weltmusik: Officium novum Am Klavier: Schumann im Flügelkleid Cellissimo: The Sexy Cello Johann Joseph Fux: Fux federleicht Fest für Fux oder: Wie 2011 der Hase läuft Das schwere Leichte – ein Thema von Johann Joseph Fux Osterfestival: Ein Lied an das Leben Play it again, styriarte! Das Sujet: Mohnblumen bei Argenteuil
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Albrecht Dürer, Flügel einer Blauracke, 1512, Wasserfarbe auf Pergament, Wien Albertina.
Eine kurze Geschichte über das „Populare“ in der Musik von Thomas Höft
Johannes Brahms war eigentlich kein freundlicher Mann. Doch bei Kindern war alles anders. Da wandelte sich der brummige Eigenbrötler zum Menschenfreund. Kinder ließ er an sich heran, er verwöhnte sie, ja, er teilte mit ihnen sogar die Geheimnisse der Kunst. Von denen wusste er natürlich reichlich, und als er eines Tages wieder einmal in Graz zu Gast war, im Hause Stolz, da spielte er einem jungen Burschen namens Robert das berühmte Wiegenlied zum Einschlafen vor. Und vertraute dem Knaben an, wie überaus schwer es ihm gefallen war, gerade diese scheinbar so einfache Melodie zu schreiben. 4
THEMA
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ir wissen davon, weil aus dem kleinen Robert der große Robert Stolz wurde, jener Meister der Melodie, dem das Verstanden- und Geliebt-Werden alles war in der Kunst. Und eben jener Robert erinnerte sich in seinen Memoiren auch an einen Streit, den Brahms mit Roberts Vater, dem Dirigenten Jakob Stolz ausfocht. Der hatte sich nämlich darüber aufgeregt, was für eine Schande es doch sei, dass sich der Walzerkönig Johann Strauß niemals „ernsthaft an seriöser Musik“ versucht habe. Darauf sprang Johannes Brahms mit einem gewaltigen Satz ans Klavier, fing an, einen Strauß-Walzer zu spielen und rief: „Ich glaube, der einzige Beweis dafür, dass etwas seriös ist, ist, dass es weiterbesteht und die Zeiten überdauert. Hört her! Genau das werden die Leute noch in hundert Jahren kennen und bewundern. Für mich ist unser Freund Johann nicht einfach populär, er ist genau so ein Klassiker wie Schubert und Mozart.“ Und damit sind wir mitten in einem Streit, der so alt ist wie die Kunst selbst. Zwei Archetypen sehen wir vor uns, die stellvertretend ihre Argumente austauschen. Da ist zum einen der alte Stolz, der gewissenhafte Dirigent, der sein Leben lang an die Qualität der Tonkunst geglaubt hat. Er weiß, dass das Gute, Wahre, Schöne viel Übung braucht, viel Nachdenken, viel Anstrengung. So vielschichtig, wie der Mensch ist, soll auch die Musik sein. Sie soll den Hörer hineinführen in die tiefen Abgründe der menschlichen Existenz, soll aufrütteln, soll den Zuhörer im Idealfall vielleicht sogar besser machen. Ja, das alles sollte die Musik können, eines aber ist ihr streng verboten: sich billig zu verkaufen. Populäre Musik, davon ist der Dirigent fest überzeugt, kann es sehr schnell sich und dem Zuhörer zu einfach machen. Doch dem allen widerspricht der Komponist. Er fegt die ganze Rede mit einem ebenso einfachen wie durchschlagenden Argument vom Tisch: Was großen Erfolg hat, muss einfach auch Qualität haben. Und wer ein Klassiker werden will, darf, ja soll sogar populär sein. Doch gibt es in der ganzen Szene im Hause Stolz einen kleinen Widerspruch, der einem keine Ruhe lässt.
War nicht auch Jakob Stolz ein guter Freund von Johann Strauß? Und hat er nicht dessen Musik immer wieder und voller Begeisterung aufgeführt? Und war nicht auf der anderen Seite gerade Johannes Brahms ein Mensch, dem es nicht genau und komplex genug sein konnte? Der leidenschaftlich Kompositionstheorie zum Maßstab seines Schaffens machte und der selbst meist nicht gerade das schrieb, was die Spatzen von den Dächern pfeifen? In den Argumenten beider scheint also eine Sehnsucht nach dem anderen zu stecken, nach dem, was man selbst nicht ohne weiteres zur Verfügung hat.
Leute sitzen, solche mit Eselsohren, denen man es einfach machen müsse, wolle man gefallen. Mozart war darauf nicht gut zu sprechen. „In meiner Opera ist Musick für aller Gattung leute; – ausgenommen für lange ohren nicht“, schrieb er dem Herrn Vater als entschiedener Verteidiger der Kunst. Sich ganz und gar anpassen, vielleicht sogar etwas so Volkstümlich-Dürftiges wie die „Musikalische Schlittenfahrt“ zusammenbasteln, das hätte ihn in seiner Komponistenehre verletzt. Und auch das berühmte Bonmot über die „gewaltig vielen Noten“, die Kaiser Joseph II. in Mozarts „Entführung
Was aber ist eigentlich das Populäre? Und, Hand aufs Herz, kann man sich als Künstler überhaupt einfach so entscheiden, ob man populär sein möchte oder durch und durch ernsthaft? Hätte man Wolfgang Amadeus Mozart gefragt, wäre die Antwort eindeutig ausgefallen: Eine Wahl gibt es nicht, der gute Komponist schreibt einfach das, was er schreiben muss. Und tatsächlich konnte eben jener Mozart, der uns heute als Inbegriff des Eingängigen, des Schmeichelnden, des Schönen in der Musik gilt, sein Publikum durchaus überfordern. So mahnte sein Vater den jungen Wolfgang Amadeus, als ihm einige Szenen des „Idomeneo“ wieder einmal zu verzwickt und dramatisch erschienen: „Vergiß also das so genannte populare nicht, das auch die langen Ohren kitzelt“. Mit anderen Worten, der werte Herr Sohn solle bedenken, dass in der Oper auch recht unmusikalische
Johannes Brahms (61) ist zu Gast in der Villa des Walzerkönigs Johann Strauß (69) in Bad Ischl. Photographie von Rudolf Krziwanek, WienBad Ischl (1894).
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aus dem Serail“ zu entdecken glaubte, spricht diese Sprache. Das Stück enthalte eben „gerade so viel Noten, als nötig sind, Majestät!“, soll das Genie geantwortet haben. Dass hier Eigensinn mit dem großen Ganzen gerechtfertigt wird, markiert Mozarts Position am selbstbewussten Rand eines musikalischen Pendelschwungs, der sich zwischen Anpassung und Egozentrik seit jeher hin- und herbewegt. Mozart ist deshalb eine Schlüsselfigur, wenn wir nach dem Populären in der Musik fragen. Dass er sich überhaupt traute, sein Publikum so zu fordern, weist ihn als einen Mann >>>
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stellte sie sich selbstverständlich gebildet genug vor, um seine vielen Anspielungen zu verstehen. Waren sie es aber nicht, konnten sie sich des Spotts des Götterlieblings sicher sein. Das sind nun die Pfade, auf denen das Populäre in Misskredit gerät. Auch Mozarts Nachfolger, die romantischen Komponisten, hatten da ein ganz klares Urteil. Ein Johann Sebastian Bach, der störrisch gegen seine Dienstherren in Leipzig, gegen die Fähigkeiten seiner Musiker, ja gegen jede einschränkende Realität im Zusammenhang mit seiner Musik stritt, war ihnen viel näher als ein Georg Friedrich Händel, der im liberalen England als Unternehmer auftrat und aus den aktuellen Hits die schönsten Melodien zusammenkopierte, um sie veredelt und gewinnbringend zu verkaufen. Die Großen der Romantik fühlten sich allein und ganz und gar der Kunst verpflichtet und machten sich auf, die Quellen der Eingebung zu orten und anzuzapfen. Nein, im Handwerk konnten die nicht liegen, da wäre es ja jedem Kretin möglich, sie aufzuspüren und zu benutzen. Allein im Spirituellen, im Übersinnlichen, ja im Göttlichen wurde die Inspiration vermutet, und die vornehme Aufgabe des Künstlers schien, die energetischen Schleusen in sich zu öffnen, um die künstlerische Offenbarung zu empfangen. So zumindest sah das Ideal aus. Oder, würde man heute vielleicht eher sagen, das Marketing. Dass dabei rauschhafte Hilfsmittel wie Alkohol und andere sinnliche Genüsse
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der Aufklärung, der Revolution und des erwachenden bürgerlichen Zeitalters aus. Gewiss, Komponisten haben sich durch die Jahrhunderte oft als widerspenstig erwiesen. Dem großen Josquin Desprez ging der Rumor der Eigenwilligkeit so sehr voraus, dass man Kaiser Maximilian I. riet, lieber Heinrich Isaak zu engagieren, der schreibe wenigstens, was man bestelle. Doch gerade in Zeiten des barocken Absolutismus sollte ein Hofmusiker mindestens ebenso Diener seines Herrn wie Diener der Kunst sein. So konnte der Wiener Hofkapellmeister Johann Joseph Fux ganz klar schreiben: „Das Leichte ist das Schwere, doch in diesem schweren Leichten beruht die Vorzüglichkeit des guten Geschmacks und seine Würze.“ Es war für den Tonsetzer selbstverständlich, in diesem Sinn sowohl ganz komplizierte, tiefsinnige Oratorien für die Hofkapelle zu erfinden wie geschmackvolle Tanzmusik für ein großes Fest im kaiserlichen Ballsaal beizusteuern. Auch der Kaiserliche Hofkapellmeister – und einen wichtigeren musikalischen Posten konnte man damals auf der ganzen Welt nicht bekleiden – war also ein Handwerker, der seine Mittel je nach Verlangen möglichst perfekt einsetzte. Dass er gerade auch in der Tischmusik Geschmack bewies und ihm das Leichte nicht primitiv geriet, darauf war Johann Joseph Fux erklärtermaßen stolz. Er hätte Johannes Brahms ganz und gar darin zugestimmt, dass man seriös populär sein kann. Mozart aber zerrte an den Ketten der Vorgaben nicht nur im ungeliebten Salzburger Kirchendienst, er glaubte an die Universalität, nicht an die Auftragsabhängigkeit der Musik. Er war sicher, aus einer Quelle zu schöpfen, die den Menschen erheben und besser machen kann. Daran teilzuhaben, wollte Mozart jedem Menschen ermöglichen, aber dafür sollten sich seine Zuhörer auch Mühe geben. Sie sollten sich einlassen, aufmerksam sein. Und Mozart
Ausschnitt aus Claude Monet: Les Coquelicots à Argenteuil (Mohnblumenfeld bei Argenteuil), 1873. Mehr dazu auf Seite 35.
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hinzugezogen wurden, wenn die Eingebungen nicht so strömten wie erhofft, gehörte bald eher zur Realität der romantischen Schöpfung als die geistige Erhebung. Das „unverstandene Genie“ ist eine Kunstfigur, die aus dieser romantischen Schwärmerei erwuchs. Doch viel spricht dafür, dass dieser Künstlertyp eher eine literarische Fiktion denn eine Realität verkörpert. Ein sehr schönes Beispiel liefert dafür der Disput über Robert Schumanns ebenso geniales wie populäres Klavierstück „Träumerei“. Der Komponist Hans Pfitzner war nicht davon abzubringen, dass sie der Inbegriff der natürlichen Inspiration sei: „Bei so einer Melodie schwebt man ganz in der Luft. Ihre Qualität kann man nur erkennen, nicht demonstrieren; über sie gibt es keine auf intellektuellem Wege zu erzielende Einigung; man versteht sich in dem durch sie empfundenen Entzücken oder nicht; wer da nicht mitmachen kann, gegen den sind keine Argumente vorzubringen und gegen dessen Angriffe ist nichts zu sagen, als die Melodie zu spielen und zu sagen: Wie schön! Was sie ausspricht, ist so tief und so klar, so mystisch und so selbstverständlich wie die Wahrheit.“ Gehen wir nicht näher darauf ein, dass Pfitzner sich noch weiter versteigt, um in dieser Wahrheit das „Deutsche“ in der Kunst perfekt symbolisiert zu sehen, und wenden uns Alban Berg zu. Der zeigte seinem Antipoden Pfitzner auf, wie genau diese „Träumerei“ in Wirklichkeit musikalisch konstruiert ist. Nichts daran könne Zufall sein, meinte Berg, alles sei bis ins Letzte geplant. Ist also das Populäre doch Willen und Konstruktion? Viel spricht dafür. All die Nebelmaschinen, die von vermeintlichen oder tatsächlichen Genies angeworfen werden, um den Anteil der Arbeit am kreativen Prozess zu verschleiern, erweisen sich als Finten, wenn man genauer hinschaut. Doch die Frage, wohin all die Mühe und die Arbeit führen, bleibt umso drängender bestehen. Denn was jemand will, ist die eine Sache, was er aber kann, steht auf einem ganz anderen Blatt. Was denn das Geheimnis eines Hits sein könnte, darüber machen
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schreiben. Doch die Trefferquote bei der Kreation eines neuen Welthits ist bisher bescheiden. Irgendetwas fehlt, irgendetwas, was kaum zu berechnen, niemals aber vorherzusagen ist: Wie ein Publikum auf das Gehörte reagiert. Deshalb haben einige Komponisten geradezu verzweifelt um den berühmten „Einfall“ gerungen, jenen genialen Funken, der ihnen Erfolg verspricht. Und während sich einige gar nicht retten konnten vor „Schla-
Auch auf dem Wiener Zentralfriedhof bleiben die beiden in ihren Ehrengräbern für immer vereint. Seite an Seite ruhen Johann Strauß und Johannes Brahms hier in Frieden (?) seit 1899.
gern“, haben andere kaum je einen einzigen gehabt. Oder sie haben ihn nicht bemerkt. Als Maurice Ravel seinen „Boléro“ komponierte, hielt er das Ballettstück für eine bloße Fingerübung in rhythmischen Mustern. Die Ekstasen, die Begeisterung, die sich im Publikum beim Hören des Werkes einstellten, hatte Ravel nicht nur nicht einkalkuliert, er war geradezu entsetzt darüber. Und hat sein weiteres Leben arg darunter gelitten, dass es so geliebt wurde: „Mein Meisterwerk? Der Boléro natürlich. Schade nur, dass er überhaupt keine Musik enthält“, ätzte der Meister bitter. Dennoch verrät der Boléro uns einiges mehr über das Populäre. Seine rhythmische Kraft ist überwältigend und er ist ein Tanz. Und dieses Körperliche, Tänzerische macht sicher einen gewichtigen Anteil am Populären aus. Vom Donauwalzer bis zum Ungarischen Tanz, vom Menuett bis
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sich Komponisten spätestens so lange schon Gedanken, wie damit Geld verdient wird. So nimmt es nicht Wunder, dass heutzutage auch per Computer versucht wird, des Rätsels Lösung näher zu kommen. Hier die Ergebnisse: Die besten Chancen auf Popularität hat eine Melodie. Eine Melodie, die von einem Menschen ohne Hilfe nachgesungen oder gepfiffen werden kann. Also eine Melodie, die dem menschlichen Maß entspricht. Und die sich im Übrigen an ganz
bestimmte Regeln hält. Die meisten ihrer Töne sollten aus der Tonleiter stammen, die die Grundtonart der Melodie definiert. Zwischen den Tönen dieser Melodie sollen nicht zu viele und nicht zu große Sprünge auftreten. Und die einzelnen Töne der Melodie sollen nicht zu oft wiederholt werden, wobei der höchste und der tiefste Ton in einer Linie überhaupt nur einmal vorkommen sollte. Diese Hauptregeln und ein paar weitere, aus zahllosen berühmten Melodien mathematisch abgeleitet, wurden nun in einen Computer mit der Aufgabe eingeben, die perfekte Melodie zu
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zum Tango, von der Rumba bis zu Rock‘n’Roll und R&B ist das Populäre vielfach vor allem das Bewegende. Eine Identität, die sich sicher weit in die Urgeschichte menschlicher Kultur zurückverfolgen lässt, in der Musik religiöses Ritual, spirituelle Trance und Gruppenekstase bewirkte und förderte. Zwei Grundkomponenten also haben wir bisher für das Populäre festgestellt: das Bewegende und die Melodie nach menschlichem Maß. Wie es genau herzustellen ist, wissen wir nicht. Wenn wir ihm aber begegnen, wird es uns sofort offenbar. Jedenfalls nach einer gewissen Gewöhnung, worin ein weiteres Geheimnis des Gefallens liegt: in der Wiederholung. Tatsächlich muss sich gerade bei der flüchtigsten aller Künste ein Gefühl der Vertrautheit einstellen, damit sie uns näher treten kann. Ein Wiedererkennen, das sich am ehesten durch das Nocheinmal herstellen lässt. Deshalb werden schon im ältesten gregorianischen Psalm immer wieder Phrasen wiederholt. Erst durch die Wiederholung prägt sich eine Melodie ein, ja wird eine Phrase überhaupt kenntlich. Und so haben Volkslieder viele Strophen, werden Tänze im Rondo gespielt. Deshalb haben die großen barocken Arien immer ein Da Capo, deshalb gibt es die Reprisen im Sonatensatz. Wir lieben die Wiederholung, aber wir wollen uns keinesfalls alles zweimal sagen lassen. Deshalb kann sich das Populäre auch schnell abnutzen, wenn es nicht genügend Substanz besitzt. Womit wir wieder an unserem Ausgangspunkt angelangt wären, in Graz, im Hause Stolz. In diesem einen Punkt sind sich der große Brahms und Jakob Stolz ja eigentlich einig. Auf die leichte Schulter darf man das Leichte nicht nehmen. Der Walzerkönig Johann Strauß zumindest habe ja jedes seiner „leichten“ Werke ernst genommen. Darauf legen denn doch beide Wert. Ein billiges Gefallenwollen in der Musik, bei dem es allein um die Wirkung, nicht um die Inhalte geht, würden beide ebenso wenig akzeptieren wie Fux, wie Bach, wie Händel, wie Mozart oder Schumann. Und so gesehen ist das Leichte denn wieder wirklich schwer …
DIE VERKAUFTE BRAUT
Mozarts Figaro auf Böhmisch oder: Eine zu früh verkaufte Oper
„Sie ist das Muster einer volkstümlichen komischen Oper.“ So ließ Eduard Hanslick seine Wiener Leser wissen, nachdem „Die verkaufte Braut“ 1893 endlich „ihren Einzug im Theater an der Wien gehalten hatte“.
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ie erste Aufführung der „Braut“ in deutscher Übersetzung bestätigte den „berückenden Eindruck“, den eine erste Wiener Produktion in tschechischer Sprache 1892 im Prater hinterlassen hatte: „Mozarts Figaro ins Böhmische umgewandelt!“ habe man damals auf Schritt und Tritt in Wien sagen hören. Obschon Hanslick diesen hohen Vergleich nicht mittragen wollte, gestand er Smetanas Oper doch alle Eigenschaften zu, die eine wahrhaft populäre Komödie auszeichnen sollten: „Stets natürlich, volkstümlich und melodiös, wird sie doch niemals ordinär; eine höchst seltene Erscheinung auf diesem Gebiete und einer der größten Vorzüge Smetanas.“ Einen entscheidenden Grund für das Natürliche und Direkte dieses Stücks sah der Wiener Kritikerpapst im Milieu der originalen Produktion: „Für das bescheidene czechische Interims-Theater in Prag komponiert und keineswegs für ein ästhetisch verwöhntes, aristokratisches Publikum bestimmt, bewegt sich diese Oper naiv und ungezwungen in eng nationalem Empfindungskreise.“ Soweit die Wiener Sicht der Dinge, die in manchem ihrerseits naiv genannt werden muss. Keineswegs war das Prager Interims-Theater eine anspruchslose Provinzbühne, noch hatte es der Komponist lediglich auf volkstümliche Leichtigkeit abgesehen. Die „Verkaufte Braut“ war vielmehr Teil eines Lebens- und eines Spielplans: Sie war ein Schritt in Smetanas Lebensplan, der tschechischen Musik zum Durchbruch zu verhelfen, national wie international. 8
„In der Musik leben wir!“ Dieses Motto gab Smetana dem neuen Prager Nationaltheater mit auf den Weg, als er 1868 der Grundsteinlegung beiwohnte. Zwei Jahre nach der Uraufführung der „Verkauften Braut“ war das neue Bauwerk ein nächster großer Schritt in der Emanzipation der tschechischen Musiknation, die sich Smetana zur Lebensaufgabe gemacht hatte. Von seiner ersten Oper „Die Brandenburger in Böhmen“ bis zum Orchesterzyklus „Mein Vaterland“ drehten sich alle seine Projekte um dieses Thema, vor allem nach seiner Rückkehr in die Heimat im Jahr 1861 aus seinem künstlerischen und politischen Exil im schwedischen Göteborg. Schon in diesen frühen Jahren seines zweiten Prager Aufenthaltes freilich wurde deutlich, dass nicht alle Zeitgenossen dem Komponisten in
Prager Interimstheater, Prozatímní Divadlo, vor der Errichtung des Nationaltheaters, in dem das Interimstheater nach 1868 aufging (Grafik von Bohumír Raubalík). Hier wurde die „Verkaufte Braut“ 1866 uraufgeführt.
Bed∏ich Smetana in seinen letzten Lebensjahren. Tempera-Portrait von Antonín Waldhauser (1835 – 1913).
dem Komponisten eine Pension, verschwieg dabei allerdings der Öffentlichkeit, dass dafür der Reinerlös aus den Aufführungen sämtlicher seiner Bühnenwerke beim Theater verbleiben sollte. 1876 konnten sich die Smetanas ihre Prager Wohnung nicht mehr leisten und zogen aufs Land. 1883, ein Jahr vor seinem Tod, zog Smetana eine ernüchternde Bilanz: „Die verkaufte Braut brachte der Genossenschaft den ungeheuren Betrag von 50.000 Gulden ein, und mich fertigen sie mit 92 Gulden pro Monat ab – mich, der ich die Ursache dafür bin, dass es die Oper überhaupt gibt!“ Josef Beheimb Freitag, 24. Juni, 19 Uhr Sonntag, 26. Juni, 19 Uhr Dienstag, 28. Juni, 19 Uhr Donnerstag, 30. Juni, 19 Uhr Samstag, 2. Juli, 19 Uhr Montag, 4. Juli, 19 Uhr Helmut-List-Halle seinem missionarischen Eifer folgen wollten: Mit seiner Bewerbung um den Posten als Direktor des Prager Konservatoriums scheiterte er 1864. Erst der doppelte Opernerfolg der „Brandenburger in Böhmen“ und der „Verkauften Braut“ 1866 ebneten ihm den Weg ins Theater: Die GenossenSmetana mit einem Hammer bei der Grundsteinlegung des neuen Nationaltheaters in Prag. Bleistiftzeichnung von Betty Smetanova, Smetanas zweiter Ehefrau, 1868.
schaft, die das Interimstheater seit diesem Jahr leitete, ernannte Smetana zu ihrem Musikdirektor. Von Anfang an aber gab es Diskussionen um das von ihm ausgewählte Repertoire. Sein breiter musikalischer Horizont, besonders seine Sympathien für Wagner waren den national Gesinnten ein Dorn im Auge. Man forderte vom Operndirektor ausschließlich tschechische Stücke, wie es sich für ein „dem nationalen Geist geweihtes Institut“ gehörte. Mitten hinein in diesen über Jahre schwelenden Konflikt traf Smetana die Diagnose der drohenden Taubheit 1874, nach acht Jahren mühsamer Opernleitung. Kaum hatte er die Theatergenossenschaft davon in Kenntnis gesetzt, als schon die ersten Angriffe in der Presse erschienen. Man warf ihm vor, er betrachte das tschechische Theater „als Versorgungsanstalt, als Invalidenheim, als pathologisches Institut“ – der Komponist der bei weitem erfolgreichsten tschechischen Oper! Aus „Gnade“ gewährte die Genossenschaft 9
DIE VERKAUFTE BRAUT
Smetana: Die verkaufte Braut (halbszenische Produktion in der deutschen Übersetzung von Emanuel Züngel, 1868) Anton Scharinger, Krušina Elisabeth Kulman, Ludmila Dorothea Röschmann, Marie Yasushi Hirano, Mícha Elisabeth von Magnus, Háta Markus Schäfer, Vašek Kurt Streit, Jeník Ruben Drole, Kecal Heinz Zednik, Principal Bibiana Nwobilo, Esmeralda Arnold Schoenberg Chor Chamber Orchestra of Europe Dirigent: Nikolaus Harnoncourt Inszenierung: Philipp Harnoncourt Werkeinführung vor jeder Aufführung mit Thomas Höft Beginn jeweils 18 Uhr Karten & Informationen: Tel. 0316.825000 www.styriarte.com
INTERVIEW
Die Sache mit der oder: Eine Smetana-Uraufführung im Juni 2011
Bed∏ich Smetanas Oper „Die verkaufte Braut“, dirigiert von Nikolaus Harnoncourt, steht im Zentrum der styriarte 2011. Neugierig machen dabei nicht nur die Weltstars im Ensemble der halbszenischen Produktion, sondern auch, was denn da eigentlich gespielt wird. Denn angekündigt ist nicht weniger als eine Uraufführung der ersten deutschen Übersetzung des Meisterwerkes. Was das Ganze mit roter Tinte zu tun hat und was wirklich hinter dieser Sensation steckt, darüber hat Thomas Höft mit styriarte-Intendant Mathis Huber gesprochen.
Kultur in Bewegung
Thomas Höft: Smetanas „Verkaufte Braut“, das ist Weltliteratur der Musikgeschichte. Das ist doch nun wirklich so populär, dass man alles drüber wissen müsste. Aber Sie kündigen schon wieder ganz neue Sichtweisen Nikolaus Harnoncourts an. Was kann denn an einem so bekannten Stück noch neu sein? Mathis Huber: Das klingt nach Marketing, ich gebe es zu. Aber es ist die Wahrheit, und es ist eben so: Wenn man genau hinschaut, eröffnen sich neue Perspektiven. Und dazu kommt, dass man sich gerade bei populären Stücken noch leichter täuschen lässt. Beschäftigt man sich dann aber ernsthaft mit dem Werk, kommt es halt zum üblichen styriarte-Effekt: Unter den Schichten der Konvention warten echte Überraschungen. Diesmal ist es eine wunderbare deutsche Fassung der „Verkauften Braut“, die noch nie aufgeführt, aber von Smetana selbst beauftragt und handschriftlich in seine Partitur eingetragen wurde. Und warum hat man dann noch nichts davon gehört? O, man hätte durchaus davon wissen können. In der Literatur zur „Verkauften Braut“ steht da und dort so nebenher, dass Smetana mit roter
FOTOS: WERNER KMETITSCH
Steirisches Volksliedwerk Sporgasse 23, A-8010 Graz Tel.: +43 / 316 / 90 86 35 Fax: +43 / 316 / 90 86 35-55 service@steirisches-volksliedwerk.at www.steirisches-volksliedwerk.at Nikolaus Harnoncourt beim Partiturstudium.
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Tinte eine deutsche Fassung der Oper in seine Partitur eingetragen hat. Aber: Alle Welt kennt, liebt und spielt Max Kalbecks Übersetzung. Ihr Erfolg hat jede Frage nach einer älteren Version überflüssig gemacht. Aber Nikolaus Harnoncourt hat gefragt? Nikolaus Harnoncourts erste Idee war, das Stück bei uns in der wirklich guten, poetischen Übertragung von Max Kalbeck von 1892 zu machen. Weil ich aber Harnoncourts akribische Arbeitsweise kenne, habe ich dazu für ihn noch eine Wort-für-WortÜbersetzung aus dem Tschechischen anfertigen lassen. Da hat Harnoncourt dann schnell gemerkt, dass sich die Kalbeck-Fassung doch nicht selten zu sehr von dem unterscheidet, was da im Tschechischen gesungen wird. Und da fiel ihm Smetanas Rote-TinteGeschichte ein. Wir machten uns auf die Suche. Und siehe da: Es gibt sie noch, die deutsche Urfassung. Und Smetana hatte sie in seine Partitur geschrieben, mit der roten Tinte. Eine vollständige Fassung? Ja. Tatsächlich hat Smetana diese Übersetzung auch im ersten gedruckten Klavierauszug der „Verkauften Braut“ von 1872 unter dem tschechischen Original veröffentlichen lassen. Von diesem Druck haben wir im Antiquariatshandel im Internet noch ein schönes Exemplar auftreiben können. Was fehlte, waren die Rezitative, die stehen nicht im Druck. Im Prager Smetana-Museum habe ich sie dann gefunden, mitsamt den musikalischen Varianten. Denn Smetana hat die Rezitative der deutschen Sprache angepasst und umkomponiert.
JOHANN JOSEPH FUX
Das klingt so, als habe Smetana großen Wert auf diese deutsche Fassung gelegt. Smetana hat sehr gut Deutsch gesprochen und geschrieben, mindestens so gut wie Tschechisch. Das war für böhmische Intellektuelle damals gar nicht ungewöhnlich. Und Emanuel Züngel, dem ersten Übersetzer der „Verkauften Braut“, ist hier ein besonderer Wurf gelungen. Nicht umsonst hat Smetana den Text minutiös in seine Partitur eingetragen. Wir sind dem Willen des Komponisten also hier wirklich ganz nah. Warum war denn eine deutsche Fassung für Smetana überhaupt wichtig? Smetana hat wohl gespürt, mit der „Braut“ hätte er einen möglichen Welterfolg in der Hand. Doch wer verstand außerhalb von Böhmen schon Tschechisch? Er brauchte also eine internationale Fassung, und dafür benutzte er Deutsch. Schließlich hat er das Stück in St. Petersburg untergebracht. Dort wurde es auf Russisch gespielt, wofür Smetana Rezitative komponierte, denn dort waren Spielopern mit gesprochenen Dialogen unbeliebt.
Die „Braut“ auf Russisch ist aber durchgefallen. Vorher schickte er die deutsche Fassung nach Paris und
Die verkaufte Braut (Prodaná nevesta). Titelbild des ersten Klavierauszuges der Oper, den Smetana selbst erstellt hat. Die Ausgabe Prag, Matice Hudebni, 1872, beinhaltet den deutschen Text von Emanuel Züngel.
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komponierte einige Tänze dazu, denn er wusste, in Paris lieben sie Ballett. Doch aus Paris kam keine Antwort, und Smetana hakte das Stück ab. Und dass die Oper dann in der Fassung von Kalbeck, von Wien aus und fast dreißig Jahre später, um die Welt ging, hat er nicht mehr miterleben können. Ist es denn so anders, was Kalbeck aus der „Braut“ gemacht hat? Ich glaube, dass die Übersetzung von Max Kalbeck dem Stück nicht wenig zum Welterfolg verholfen hat. Weil sie das Stück verharmlost. Kalbeck hat das Raue am Libretto geglättet und behübscht. Das Fin-de-SièclePublikum wollte sich in der Oper unterhalten und nicht verstören lassen. Da gibt es ja eine unerfreuliche Geschichte, in der ein junges Mädchen gehandelt und verschachert wird, bei allem Happy End nicht wirklich nett. Kalbeck umschmeichelt das. Züngel hingegen transportiert das Original so präzise, wie es in all seiner Sozialkritik eben ist. Dass das Nikolaus Harnoncourt mehr reizt als eine wattierte Fassung, ist natürlich klar.
HIGHLIGHTS
Mozart, der „Schwierige“ N
ein, hier ist nicht die Rede von den späten Streichquartetten Beethovens, hier geht es um Kammermusik von Mozart. Georg Nikolaus von Nissen, der 1809 Mozarts Witwe Constanze geehelicht hatte, eröffnete mit diesen Sätzen in seiner Mozartbiographie von 1828 die Geschichte vom totalen Misserfolg des g-Moll-Klavierquartetts. Die Zuhörer der ersten Aufführungen fanden dieses düstere Mollwerk von 1785 so wenig anziehend, dass sie keinerlei Lust verspürten, die Noten zu kaufen. Mozarts Verleger Hoffmeister reagierte drastisch: Die bereits gestochenen Stimmen des zweiten Klavierquartetts verkaufte er an seinen Konkurrenten Artaria, das dritte bei Mozart in Auftrag gegebene Quartett wurde kurzerhand abbestellt. Selbst ein Mozart durfte sich so viel Extravaganz in einem Kammermusikstück nicht erlauben.
Musik ohne Modebeifall Bei der styriarte 2011 kann man die Probe aufs Exempel machen: Wie viel vom „schwierigen“ Mozart steckt noch für heutige Ohren in den beiden Klavierquartetten? Markus Schirmer spielt das erste in g-Moll, Pierre-Laurent Aimard das zweite in Es-Dur, jeweils in perfekter Übereinstimmung mit drei virtuosen Streicherkollegen. Auch dies war in den ersten Aufführungen völlig anders. Ein reisender Zeitgenosse Mozarts musste mit anhören, wie „naseweise Dilettanten“
„Das Fremdartige der originellen Werke, die, aus seinem tiefen Innern entsprungen, in eigentümlicher Gestalt auftreten, verblüfft, ihr vom Gewohnten Abweichendes verwirrt, reizt auch wohl zum Widerspruch, ihren eigentümlichen Sinn fasst man nicht leicht, oder kann sich ihn doch nicht aneignen, ihre Manier scheint erzwungen.“ das g-Moll-Quartett massakrierten: „Alles gähnte vor Langerweile über dem unverständlichen Tintamare von 4 Instrumenten, die nicht in vier Takten zusammen passten ... Welch ein Unterschied, wenn dieses viel bemeldete Kunstwerk von vier geschickten Musikern höchst präzis vorgetragen wird! Aber freilich ist hierbei an keinen Eklat, an keinen glänzenden Modebeifall zu denken.“ Auch diese Quelle beweist: Für die Zeitgenossen waren Mozarts Klavierquartette schwierige Werke. Sie richteten sich im Publikum zu sehr an die Kenner, bei den Ausführenden zu sehr an die Könner. Die Musikliebhaber blieben draußen vor.
Der goldene Mittelweg Noch drei Jahre früher hatte sich Mozart in einem Brief an seinen Vater rückhaltlos zum goldenen Mittelweg in der Musik bekannt: „das mittelding – das wahre in allen sachen – kennt und schätzt man izt nimmer – um beyfall zu erhalten muß man sachen schreiben, die so verständlich sind, dass es ein fiacre nachsingen könnte, oder so unver12
ständlich – dass es ihnen, eben weil es kein vernünftiger Mensch verstehen kann, gerade eben deßwegen gefällt.“ Das Letztere ist Mozart nicht widerfahren: Als er seine größten Wiener Instrumentalwerke dem Publikum vorstellte – die Klavierkonzerte von 1785/86, die Streichquintette und die letzten vier Sinfonien – erntete er bei vielen nur Achselzucken, denn er hatte den goldenen Mittelweg verlassen: die Balance zwischen zu schwer und zu leicht, zwischen Kennern und Liebhabern. Noch 1782 hatte er von seinen damals neuesten Klavierkonzerten geschrieben, sie seien „eben das Mittelding zwischen zu schwer, und zu leicht – sehr Brillant – angenehm in die ohren – Natürlich, ohne in das leere zu fallen – hie und da – können auch kenner allein satisfaction erhalten – doch so – dass die nichtkenner damit zufrieden seyn müssen, ohne zu wissen warum.“ Für Werke wie das d-Moll-Klavierkonzert KV 466 galten diese Sätze nicht mehr. Die Kenner empfanden beim Hören weit mehr Befriedigung als die „Nicht-Kenner“. Letztere waren
M OZART
Auf der Opernbühne erging es dem Komponisten nicht anders. Als er 1783 mit dem Vater brieflich das Projekt einer Opera buffa für Wien diskutierte, schrieb er noch vollmundig: „Die Hauptsache muß das komische seyn; denn ich kenne den Wiener geschmack.“ Als er fünf Jahre später seinen Prager „Don Giovanni“ in Wien herausbrachte, nützten ihm auch nachkomponierte komische Einlagen nichts: In dieser Oper war das Komische offenkundig nicht die
Hauptsache! Der Mozart der „Grabesklänge“, der Todesakkorde und der plötzlich aufflammenden Gewalt traf in Wien auf kalte Ablehnung. „Diese neue Oper ist nichts für die Zähne meiner Wiener“, urteilte Kaiser Joseph II. lakonisch. Mozart soll ihm entgegnet habe, man müsse den Wienern eben Zeit geben, sie richtig zu kauen. In seinem wunderbaren Kinofilm „Io, Don Giovanni“ lässt der spanische Regisseur Carlos Saura den Kaiser mit einem maliziösen Lächeln auf Mozarts Antwort reagieren. Selbst für einen Mozart geziemte es sich nicht, kaiserliche Ohren zu
überfordern oder ein kaiserliches Geschmacksurteil in Frage zu stellen. Die aristokratische Gesellschaft des Ancien régime durfte erwarten, von ihren Komponisten angemessen bedient zu werden. Und das hieß: „eben das Mittelding zwischen zu schwer und zu leicht“. In einem Werk wie der „Kleinen Nachtmusik“ hat Mozart diese Maxime spielerisch umgesetzt, im „Dissonanzenquartett“ hat er sie souverän ignoriert. So spiegeln sich in den Mozartabenden der styriarte 2011 beide Seiten seines Wesens wider: der Schwierige und der Meister der Balance. Josef Beheimb
Samstag, 25. Juni, 20 Uhr Stefaniensaal
Freitag, 8. Juli, 20 Uhr Schloss Eggenberg
Mittwoch, 13. Juli, 20 Uhr Schloss Eggenberg
DIE FORELLE Schubert: „Notturno“ in Es, D 897 Mozart: Klavierquartett in g, KV 478 Schubert: „Forellenquintett“, D 667
EINE KLEINE NACHTMUSIK
ALLA TURCA Hummel: Neue Walzer nebst einer großen Schlacht-Coda Steibelt: Der Brand von Moskau Mozart: Sonate in A, KV 331 Haslinger: Ideal einer Schlacht Vanhal: Le combat naval de Trafalgar u. a.
Mozart: Eine kleine Nachtmusik, KV 525 „Dissonanzenquartett“ in C, KV 465 Boccherini: Streichquintett in E, op. 13/5
FOTO: WERNER KMETITSCH
Christian Altenburger, Violine Thomas Selditz, Viola Danjulo Ishizaka, Violoncello Petru Iuga, Kontrabass Markus Schirmer, Klavier
Schuppanzigh Quartett Dane Roberts, Kontrabass
Freitag 1. Juli & Sonntag 3. Juli Stefaniensaal, 20 Uhr
BRAVO! COSA RARA!
Montag, 11. Juli, 20 Uhr Schloss Eggenberg
Chamber Orchestra of Europe Pierre-Laurent Aimard, Klavier & Leitung
Haydn: aus „Die Schöpfung“ Mozart: aus „Don Giovanni“ und „Figaro“ in Harmoniemusik-Bearbeitungen von Georg Druschetzky, Joseph Triebensee und Johann Nepomuk Wendt
Sonntag, 17. Juli, 11 Uhr Montag, 18. Juli, 20 Uhr Schloss Eggenberg DER TOD UND DAS MÄDCHEN
Schubert: Streichquartett in d, D 810 („Der Tod und das Mädchen“) Mozart: „Stadler-Quintett“ in A, KV 581
FOTO: WERNER KMETITSCH
FOTO: WERNER KMETITSCH
MOZART PUR Mozart: Klavierkonzert in d, KV 466 Klavierkonzert in C, KV 467 Klavierquartett in Es, KV 493
Christoph Hammer, Hammerflügel
FOTO: WERNER KMETITSCH
Nichts für Wiener Zähne
FOTO: MARCO BORGGREVE
unzufrieden, und sie wussten sehr wohl warum.
Concentus Harmonie Leitung: Milan Turkovic´ Karten & Informationen: Tel. 0316.825000 www.styriarte.com 13
Wolfgang Meyer, Klarinette Quatuor Mosaïques
SAINT-SAËNS
Foto: Werner Kmetitsch
Momente, in denen Sie Ihre Kleine nicht lesen sollten.
Als Partner der STYRIARTE wünscht die Kleine Zeitung gute Unterhaltung.
Meine Kleine.
Tierisch menschlich Camille Saint-Saëns und sein genialer „Karneval der Tiere“
E
igentlich hatte er es sofort gewusst. In dem Moment, als er seinen wundervollen „Karneval der Tiere“ am Faschingsdienstag des Jahres 1886 in Paris bei einem Privatkonzert aufführte. In dem Moment, wo Schildkröten, Elefanten und Kängurus durch die heilige Tonkunst tapsten, trampelten und hüpften, der Blick in ein seltsames Aquarium die Sinne verwirrte, Fossilien wie Klapperknochen durch die Partitur bebten und schließlich sogar ein Schwan zum Sterben schön dahinschwebte, da merkte Camille Saint- Saëns, dass er gerade seine Karriere aufs Höchste gefährdet hatte. Und so verbot er schriftlich, das wundervolle Meisterwerk zu seinen Lebzeiten noch einmal zu spielen. Doch gerettet hat es den Meister nicht. Kaum war er tot, trat der „Karneval“ den Siegeszug durch die Konzerte der Welt an. Und es kam, wie der Maestro befürchtet hatte: Alles, was er sonst noch komponiert hatte, war so gut wie vergessen.
Manchmal stellt ein populäres Stück wirklich das Gesamtwerk eines Künstlers in Frage. So ist es Ravel gegangen mit seinem „Boléro“, so hat es Bizet erfahren müssen mit seiner „Carmen“, und so ist es mit Camille Saint-Saëns „Karneval der Tiere“. Man kennt diese wundervollen Stücke, und deshalb will das große Publikum immer wieder nur die hören. Fast zwangsläufig müssen andere Werke der Komponisten dahinter verblassen, denn die Erwartungen auf eine zweite Carmen, einen zweiten Boléro werden in aller Regel enttäuscht. All das war dem Pariser Künstler völlig klar. Aber noch ein zweites Argument hatte er selbst gegen sein eigenes Werk vorzubringen: Der „Karneval der Tiere“ ist ein Faschingsspaß. Ein herrlicher Witz, bei dem man weiß: Die Tiere, die hier auftreten, sind eigentlich Menschen. Genauer gesagt sind es Komponisten, über die sich Saint-Saëns auf ausgesprochen hinterlistige Weise lustig macht. So tritt 14
als Fossil der gute Rossini auf, der tatsächlich 1886 schon verblichen war. Offenbach wird als Schildkröte verspottet, und der ungelenke Elefant ist niemand Geringerer als der große Hector Berlioz. Für einen augenzwinkernden Spaß unter Freunden moch-
Camille Saint-Saëns auf einem Gemälde von A. Rossi, 1903. Der Schwan gegenüber schwimmt über den Luzernersee.
te das wohl schon angehen, für die Öffentlichkeit hatte Saint-Saëns das aber ganz und gar nicht gedacht. Denn der Komponist war nicht nur ein bescheidener, sondern auch ein ausgesprochen höflicher Mensch. Dabei hätte Camille Saint-Saëns alle Gründe dafür gehabt, Kollegen und Konkurrenten unbescheiden zu begegnen, schließlich war er ein ausgesprochenes Ausnahmetalent. Er konnte schon als Dreijähriger perfekt lesen, mit sechs Jahren lieferte er erste Kompositionen ab, und mit elf wurde sein erstes großes Konzert in Paris stürmisch bejubelt. Wunderkind ist also fast etwas zu wenig, um die Musikalität und das Talent von Saint-Saëns zu beschreiben. Erfolge feierte er als Opernkomponist („Samson und Dalila“) ebenso wie als Sinfoniker („Orgelsinfonie“). Er
FOTO: RAGESOSS
K. K. FACETTEN
Weil aber der „Karneval der Tiere“ eigentlich ein Gelegenheitswerk ist, ist seine Konzertgestalt fraglich. Wie genau das Stück uraufgeführt wurde, ob Saint-Saëns zwischen den einzelnen Sätzen etwas erzählte, wissen wir nicht. Und so gibt es auch keine Anweisungen des Komponisten, wie das Stück denn präsentiert werden sollte, schließlich hätte er uns deutlich geantwortet: Überhaupt nicht! Ganz für sich alleine, ohne Texte, ohne Erzählung bleibt es jedoch nur der halbe Spaß. Und so haben Autoren seit der posthumen Urauffüh-
rung im Jahr 1922 immer wieder versucht, die einzelnen Sätze textlich miteinander zu verbinden. Große Humoristen wie Peter Ustinov und Loriot haben ihre Vorschläge unterbreitet, die die Autoren jeweils sehr persönlich auf ihr eigenes komisches Talent im Vortrag zugeschnitten haben. Und auch Varianten für Kinder werden gerne erzählt, obwohl der „Karneval“ alles andere als ein Kinderstück ist. Auf jeden Fall hat jede Zeit ihren eigenen „Karneval der Tiere“ verdient. Und deshalb habe auch ich mich daran gemacht, Ihnen einen neuen Karneval zu erzählen, besser gesagt Burgschauspielerin Petra Morzé wird das übernehmen. Sie wird von einer erfolgreichen Unternehmerin berichten, die sowohl in den Untiefen ihrer Seele als auch in der Unterwelt einer großen Stadt auf eine Schar von Vierbeinern stößt, die sich eben so wenig an die Konvention halten wie der große Camille Saint-Saëns in seiner Musik. Thomas Höft 15
Samstag, 25. Juni, 16 Uhr Stefaniensaal KARNEVAL DER TIERE Saint-Saëns: Le carnaval des animaux mit neuen Texten von Thomas Höft Solisten des Chamber Orchestra of Europe Markus Schirmer, Klavier Aris Feslikidis, Klavier Petra Morzé, Erzählerin
FOTO: ISABEL SCHATZ
war der Erste, der eine genuine Filmmusik komponierte (1908 für „Die Ermordung des Herzogs von Guise“), aber trotzdem verblasste sein Stern schnell. Nur sein Karnevalsspaß ist unvergesslich in die Musikgeschichte eingegangen, und darunter besonders eine zärtlich-elegische Cellomelodie, die sicher zu den schönsten und bekanntesten der gesamten Musikgeschichte gehört: der Schwan.
Karten & Informationen: Tel. 0316.825000 www.styriarte.com
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Wer im Deutschland des galanten Zeitalters musikalische Zeitschriften las, musste im März 1737 mit Interesse das Erscheinen eines neuen Blatts verfolgen:
C
ritischer Musicus“ nannte der Leipziger Johann Adolph Scheibe sein Periodikum, das sich die Aufklärung auf die Fahnen geschrieben hatte. „Endlich ist die in den Wissenschaften herrschende Barbarey in einigen Theilen unseres werthen Deutschlands bey nahe gänzlich getilget worden,“ lautete der erste Satz der Nr. 1. Mit dem Impetus des jungen Aufklärers wollte Scheibe nun auch die „Barbarey“ in der Musik ausrotten und nahm sich zu diesem Zweck die Komponisten seiner Heimat vor. Schon zwei Monate später fiel sein kritischer Blick auf einen gewissen Meister, der als „außerordentlicher Künstler auf dem Clavier und auf der Orgel“ beschrieben wird. Ohne dass der Name genannt werden musste, wusste jeder, wer gemeint war: Johann Sebastian Bach. Dem Lob für den Organisten folgte auf dem Fuß der Tadel für den Komponisten: „Dieser große Mann würde die Bewunderung ganzer Nationen seyn, wenn er mehr Annehmlichkeit hätte, und wenn er nicht seinen Stücken durch ein schwülstiges und verworrenes Wesen das Natürliche entzöge, und ihre Schönheit durch allzugroße Kunst verdunkelte.“ Die „beschwerliche Arbeit“, die man in seinen Werken finde, sei „doch vergebens angewandt, weil sie wider die Vernunft streitet.“ Hätte Bach diese Zeilen mit dem Abstand späterer Generationen gelesen, er wäre bei der Lektüre ruhig geblieben. Denn Scheibe tat nichts anderes, als das neue Ideal des galanten Stils konsequent zur Messlatte zu erheben. Wo nicht mehr der Verstand des Zuhörers, sondern das Ohr gefragt war, wo man statt Kunstfertigkeit lieber Eingängigkeit forderte, konnte ein Bach nicht bestehen. Musik hatte fortan „annehmlich“ zu sein, sie musste ins Ohr gehen und natürlich wirken. Damit waren alle Prinzipien bachschen Komponierens über Bord geworfen: ausdrucksstarke Dissonanzen, der selbständige Generalbass, die reichen Mittelstimmen, überhaupt die Kunst des Kontrapunkts. 16
Der
Dass diese Kritik von einem jungen Mann kam, der kompositorisch Autodidakt war und bei der Bewerbung um den Organistenposten an der Thomaskirche 1729 kläglich gescheitert war, musste Bach doppelt ärgern. Nun schien sich der abgewie-
Johann Sebastian Bach, Ölgemälde von Elias Gottlob Haußmann, 1846. Mit Canon Triplex aus den Goldbergvariationen auf dem Notenblatt.
sene Kandidat zu rächen, und zwar in kritisch geschliffenen Worten, denen Bach nicht gewachsen war. Um sein künstlerisches Credo gegen den Generalangriff zu verteidigen, bemühte der Thomaskantor einen Magister der Leipziger Universität. Johann Abraham Birnbaums „Unparteyische Anmerkungen“ zur Bachkritik nahmen bereits 20 Seiten in Anspruch, Scheibes Erwiderung darauf 40 Seiten, Birnbaums Verteidigung ganze 120 Seiten. Aus der knappen Kritik
BACHFESTSPIELE
schwülstige Herr Bach Gelehrte und das Galante miteinander versöhnte, wie etwa in den „Goldbergvariationen“ oder in seinen Suiten für Soloinstrumente. Josef Beheimb
Sonntag, 26. Juni, 11 Uhr Schloss Eggenberg
Sonntag, 10. Juli, 11 Uhr Schloss Eggenberg
DIE SUITEN Bach: Drei Suiten, BWV 1007-1009
WOHLTEMPERIERTES KLAVIER
FOTO: WERNER KMETITSCH
gelehrt. Gerade hier finden auch Hörer von Heute einen leichten Zugang, wie die Air aus der dritten Orchestersuite beweist. Am nachhaltigsten wirkt Bach aber vielleicht dort, wo er das
Bach: aus den Inventionen und Sinfonien sowie aus „Das Wohltemperierte Klavier“ Polonaisen, Fantasien und Sonaten der Bach-Söhne Wilhelm Friedemann, Carl Philipp Emanuel und Johann Christian Stefan Gottfried, Cembalo
Hopkinson Smith, Theorbe
Samstag, 23. Juli, 20.30 Uhr Pfarrkirche Aflenz
Dienstag, 28. Juni, 20 Uhr Herz-Jesu-Kirche
HOHE MESSE Bach: Messe in h, BWV 232
Samstag, 9. Juli, 20 Uhr Helmut-List-Halle GOLDBERG-VARIATIONEN
Bach: Goldberg-Variationen, BWV 988 In einer Bearbeitung für zwei Klaviere von Joseph Rheinberger und Max Reger
Duo Tal & Groethuysen, Klavier
FOTO: HARRY SCHIFFER
TOCCATA Bach: Toccata und Fuge in d, BWV 565 Choral „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ Aria aus „Goldberg-Variationen“ u. a. Gunther Rost, Orgel
FOTO: MICHAEL LEIS
war ein Gelehrtenstreit geworden, der zugleich ein Kampf zwischen zwei Epochen war: dem Spätbarock und dem galanten Zeitalter. Was Scheibe und Bachs Verteidiger in seitenlangen Erörterungen ausführten, lässt sich in zwei Schlagworten zusammenfassen: gelehrt und galant. Bach schrieb gelehrte Musik für Kenner: ausdrucksvoll, harmonisch reich, schwer fasslich. Solche Musik musste notwendig „schwülstig“ erscheinen, sobald sie von Liebhabern beurteilt wurde, die galante Musik erwarteten: eingängig, singend, leicht. Der Streit blieb nicht ohne Folgen: Bachs Ruf als Komponist von Kirchenmusik war dauerhaft beschädigt. „Bachische Kirchen-Stücke sind allemahl künstlicher und mühsamer als die Telemannischen“, gab Scheibe 1738 zu Protokoll. Erst Jahrzehnte später opponierten Musiker gegen dieses Verdikt: „Dem Himmel sey Dank, dass doch endlich einer einmal aufgestanden ist, der gefühlt hat, dass in des alten J. S. Bachs Chören Feuer und Pracht zu finden sey! Seit Scheibens Invectiven wider diesen großen Mann, haben ihn die Leute gar zu sehr für eine Katze angesehen.“ (J. F. Agricola 1771) Wenn Jordi Savall bei der styriarte 2011 die h-Moll-Messe dirigiert, muss er das Publikum vom Feuer und der Pracht in Bachs Chören nicht erst überzeugen. In jenen Werken, die Bach für sein Publikum im Zimmermann’schen Kaffeehaus zu Leipzig komponierte, gab er sich ohnehin mehr galant denn
La Capella Reial de Catalunya Le Concert des Nations Dirigent: Jordi Savall Sonntag, 24. Juli, 20 Uhr Helmut-List-Halle FINALE BAROCCO Bach: Ouvertüre in D, BWV 1068 Rameau: Suite aus „Dardanus“ Vivaldi: Concerto per l’orchestra di Dresda in g, RV 577 Händel: Music for the Royal Fireworks Pachelbel: Kanon und Gigue in D Harmony of Nations Baroque Orchestra Leitung: Bjarte Eike, Violine
Karten & Informationen: Tel. 0316.825000 www.styriarte.com
17
Spielplan 2011 Freitag, 24. Juni Helmut-List-Halle, 19 Uhr (Premiere) Einführung: 18 Uhr
Die verkaufte Braut Smetana: Die verkaufte Braut
Röschmann, Streit, Drole, Scharinger, Kulman, Schäfer, Hirano, von Magnus, Zednik & Nwobilo Arnold Schoenberg Chor Chamber Orchestra of Europe Dirigent: Nikolaus Harnoncourt Regie: Philipp Harnoncourt
(Preise: EUR 220 / 160 / 100 / 70 / 50)
Samstag, 25. Juni Stefaniensaal, 16 Uhr
Karneval der Tiere
Saint-Saëns: Le carnaval des animaux mit neuen Texten von Thomas Höft Solisten des Chamber Orchestra of Europe Markus Schirmer & Aris Feslikidis, Klavier Petra Morzé, Erzählerin
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Stefaniensaal, 20 Uhr
Die Forelle
Schubert: Notturno, D 897 / Forellenquintett, D 667 Mozart: Klavierquartett in g, KV 478 Christian Altenburger, Violine Thomas Selditz, Viola Danjulo Ishizaka, Violoncello Petru Iuga, Kontrabass Markus Schirmer, Klavier
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Heimatsaal, 21 Uhr
Polka Rallye 1
Erste styriarte-Tanznacht: böhmisch
Herz-Jesu-Kirche, 20 Uhr
Toccata
Orgelhits von Bach, Mozart, Chopin und Widor Gunther Rost, Orgel
Preis: EUR 15 (Freie Platzwahl)
Mittwoch, 29. Juni Pfarrkirche Pöllau, 20 Uhr
Secrets of the Vatican
Palestrina: Missa Papae Marcelli / Motetten Allegri: Miserere Arnold Schoenberg Chor Leitung: Erwin Ortner Choralschola der Wiener Hofburgkappelle Leitung: Helmut Hüttler
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Donnerstag, 30. Juni Helmut-List-Halle, 19 Uhr
Einführung: 18 Uhr
Die verkaufte Braut Smetana: Die verkaufte Braut
Dirigent: Nikolaus Harnoncourt
Dirigent: Nikolaus Harnoncourt
Preise: EUR 170 / 130 / 90 / 60 / 30
Stefaniensaal, 20 Uhr
My Piano Album
Aimards Lieblingsstücke von Beethoven bis Bartók, von Webern bis Ligeti Pierre-Laurent Aimard, Klavier
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Freitag, 1. Juli Stefaniensaal, 20 Uhr
Mozart pur
Mozart: Klavierkonzerte in d, KV 466 und in C, KV 467 / Klavierquartett in Es, KV 493 Chamber Orchestra of Europe Pierre-Laurent Aimard, Klavier & Leitung
Samstag, 2. Juli Helmut-List-Halle, 19 Uhr
Die verkaufte Braut Smetana: Die verkaufte Braut
Montag, 27. Juni Stefaniensaal, 20 Uhr
Lust auf Lasso
Chansons von Lasso und Janequin The King’s Singers
Preise: EUR 57 / 41 / 20
Dienstag, 28. Juni Helmut-List-Halle, 19 Uhr Einführung: 18 Uhr
Die verkaufte Braut Smetana: Die verkaufte Braut
Dirigent: Nikolaus Harnoncourt
Preise: EUR 170 / 130 / 90 / 60 / 30
Schloss Eggenberg, 20 Uhr
Träumerei
Stefania Neonato, Hammerflügel
Minoritensaal, 20 Uhr
Aus meinem Leben
Smetana: Streichquartett „Aus meinem Leben“ in e Janácek: Streichquartett Nr. 2 („Intime Briefe“) Dvo∏ák: Streichquartett in G, op. 106 Zemlinsky Quartett
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Dienstag, 5. Juli Mariahilferkirche, 20.30 Uhr
L’homme armé
Josquin Desprez: Missa L’homme armé sexti toni, Mille regretz, Ave Maria u. a. Ensemble Cinquecento
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Mittwoch, 6. Juli Helmut-List-Halle, 20 Uhr
Carmina Burana Orff: Carmina Burana
Nwobilo, Chum, McShane Chöre aus steirischen Schulen recreation – GROSSES ORCHESTER GRAZ Dirigent: Oswald Sallaberger
Donnerstag, 7. Juli Helmut-List-Halle, 20 Uhr
Yesterday
Die Acht Cellisten Leitung: Rudolf Leopold
Roland Pöntinen, Klavier
Dirigent: Nikolaus Harnoncourt
Preise: EUR 170 / 130 / 90 / 60 / 30
Schloss Eggenberg, 20 Uhr
Satie: Gymnopédies, Gnossiennes, Sarabande No. 3 u. a. Preise: EUR 41 / 31 / 17
Smetana: Die verkaufte Braut
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Minoritensaal, 20 Uhr
Best of Satie
Einführung: 18 Uhr
Die verkaufte Braut
Dirigent: Nikolaus Harnoncourt
Preise: EUR 170 / 130 / 90 / 60 / 30
Arrangements für Cello-Ensemble mit Musik von Lennon/McCartney, Offenbach, Mozart, Schubert, Dvo∏ák, Mahler, Grieg, Fauré, De Falla, Schmidt, Milhaud u. a.
Preise: EUR 170 / 130 / 90 / 60 / 30
Montag, 4. Juli Helmut-List-Halle, 19 Uhr
Smetana: Die verkaufte Braut
Einführung: 18 Uhr
Helmut-List-Halle, 19 Uhr
Preise: EUR 57 / 44 / 38 / 31 / 17 (sichtlos)
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Die verkaufte Braut
Bach: Drei Suiten, BWV 1007 –1009 Preise: EUR 41 / 31 / 17
Chamber Orchestra of Europe Pierre-Laurent Aimard, Klavier & Leitung
Beethoven: Mondscheinsonate Schumann: Träumerei aus „Kinderszenen“ u. a.
Preise: EUR 57 / 44 / 38 / 31 / 17 (sichtlos)
Hopkinson Smith, Theorbe
Mozart: Klavierkonzerte in d, KV 466 und in C, KV 467 / Klavierquartett in Es, KV 493
Einführung: 18 Uhr
Sonntag, 26. Juni Schloss Eggenberg, 11 Uhr
Die Suiten
Stefaniensaal, 20 Uhr
Mozart pur
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Sonntag, 3. Juli Stefaniensaal, 11 Uhr
Yesterday
Arrangements für Cello-Ensemble Die Acht Cellisten Leitung: Rudolf Leopold
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Schloss Eggenberg, 11 Uhr
Träumerei
Beethoven: Mondscheinsonate Liszt: Liebestraum u. a. / Chopin: Walzer u. a. Schumann: Träumerei aus „Kinderszenen“ u. a. Schubert: Impromptu in As, D 935 Stefania Neonato, Hammerflügel
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Carmina Burana Orff: Carmina Burana
Nwobilo, Chum, McShane Chöre aus steirischen Schulen recreation – GROSSES ORCHESTER GRAZ Dirigent: Oswald Sallaberger
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Schauspielhaus, 20 Uhr
Tango Sensations
Piazzolla: Coral, Fuga, Tango Sensations Bach: aus „Die Kunst der Fuge“, Choral Gershwin: Porgy and Bess Suite Werke von Gardel, Strawinsky und Nisinman Marcelo Nisinman, Bandoneon casalQuartett
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Karten & Informationen: styriarte-Kartenbüro Sackstraße 17, 8010 Graz Tel. 0316.825000 www.styriarte.com
Freitag, 8. Juli Schauspielhaus, 20 Uhr
Tango Sensations
Piazzolla: Coral, Fuga, Tango Sensations u. a. Marcelo Nisinman, Bandoneon casalQuartett
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Schloss Eggenberg, 20 Uhr
Eine kleine Nachtmusik
Mozart: Eine kleine Nachtmusik, KV 525 Dissonanzenquartett in C, KV 465 Boccherini: Streichquintett in E, op.13/5 Schuppanzigh Quartett Dane Roberts, Kontrabass
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Samstag, 9. Juli Helmut-List-Halle, 20 Uhr
Goldberg-Variationen
Bach: Goldberg-Variationen, BWV 988 In einer Bearbeitung für zwei Klaviere von Joseph Rheinberger und Max Reger Duo Tal & Groethuysen, Klavier
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Pfarrkirche Stainz, 20.30 Uhr
Caecilienmesse
Haydn: Missa Cellensis, Hob. XXII:5
Bobro, von Magnus, Johannsen, Boesch Arnold Schoenberg Chor Concentus Musicus Wien Dirigent: Nikolaus Harnoncourt
Preise: EUR 120 / 100 / 75 / 45 / 20 (sichtlos)
Heimatsaal, 21 Uhr
Polka Rallye 2
Zweite styriarte-Tanznacht: steirisch Citoller Tanzgeiger
Sonntag, 10. Juli Schloss Eggenberg, 11 Uhr
Wohltemperiertes Klavier
Bach: aus „Das Wohltemperierte Klavier“ u. a. Polonaisen, Fantasien und Sonaten der Bach-Söhne Stefan Gottfried, Cembalo
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Helmut-List-Halle, 20 Uhr
Gassenhauer
Beethoven: Gassenhauer-Trio in B, op. 11 Sonate für Cello und Klavier in D, op. 102/2 Ries: Sonate für Klarinette und Klavier, op. 29 Brahms: Klarinettentrio in a, op. 114 Sabine Meyer, Klarinette Heinrich Schiff, Violoncello Martin Helmchen, Klavier
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Pfarrkirche Stainz, 20.30 Uhr
Caecilienmesse
Haydn: Missa Cellensis, Hob. XXII:5 Dirigent: Nikolaus Harnoncourt
Preise: EUR 120 / 100 / 75 / 45 / 20 (sichtlos)
Montag, 11. Juli Schloss Eggenberg, 20 Uhr
Bravo! Cosa rara!
Harmoniemusik-Stücke aus Haydns „Schöpfung“ und aus Mozarts „Don Giovanni” und „Figaro“ Concentus Harmonie Leitung: Milan Turkovic´
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Dienstag, 12. Juli Helmut-List-Halle, 20 Uhr
Una Notte Italiana
Ouvertüren, Arien und Duette von Rossini, Verdi, Puccini, Mascagni u. a. Eva Mei, Sopran / Saimir Pirgu, Tenor recreation – GROSSES ORCHESTER GRAZ Dirigent: Michael Hofstetter
Preise: EUR 57 / 44 / 38 / 31 / 17
Mittwoch, 13. Juli Schloss Eggenberg, 20 Uhr
Alla Turca
Mozart: Sonate in A, KV 331 Hummel: Neue Walzer nebst einer großen Schlacht-Coda / Steibelt: Der Brand von Moskau Haslinger: Ideal einer Schlacht Vanhal: Le combat naval de Trafalgar u. a. Christoph Hammer, Hammerflügel
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Donnerstag, 14. Juli Herz-Jesu-Kirche, 20 Uhr
Officium Novum
Musik aus Eriwan, Byzanz, Russland, Frankreich und Spanien Jan Garbarek, Saxophon The Hilliard Ensemble
Preise: EUR 57 / 41 / 20
Freitag, 15. Juli Helmut-List-Halle, 20 Uhr
Paukenschlag
Haydn: Sinfonien „Le matin“, „Le midi“ & „Le soir“, Hob. I:6–8 Paukenschlag-Sinfonie in D, Hob: I:94 Concentus Musicus Wien Dirigent: Nikolaus Harnoncourt
Preise: EUR 115 / 92 / 70 / 53 / 21
Samstag, 16. Juli Schloss Eggenberg, 18 Uhr
Fest für Fux
Fux: Streichersuiten und Opernarien aus „Orfeo ed Euridice“ und „Dafne in Lauro“ / Musik für Cembalo solo / Sinfonia in F / Motetten Zelenka: Triosonate Nr. 2 in g, ZWV 181 Volksmusik aus Hirtenfeld Roberta Mameli, Sopran Neue Hofkapelle Graz Leitung: Lucia Froihofer, Violine Marco Vitale, Cembalo Ensemble „Affinità“ Vocalforum Graz (Franz M. Herzog) Schikaneders Jugend Dominik Maringer, Lesung
Preis: EUR 57 / 41 / 20
Helmut-List-Halle, 20 Uhr
Paukenschlag Haydn: Sinfonien
Concentus Musicus Wien Dirigent: Nikolaus Harnoncourt
Preise: EUR 115 / 92 / 70 / 53 / 21
Sonntag, 17. Juli Schloss Eggenberg, 11 Uhr
Der Tod und das Mädchen
Schubert: Streichquartett „Der Tod und das Mädchen“ in d, D 810 Mozart: „Stadler-Quintett“ in A, KV 581 Wolfgang Meyer, Klarinette Quatuor Mosaïques
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Helmut-List-Halle, 20 Uhr
Paukenschlag Haydn: Sinfonien
Concentus Musicus Wien Dirigent: Nikolaus Harnoncourt
Preise: EUR 115 / 92 / 70 / 53 / 21
Montag, 18. Juli Schloss Eggenberg, 20 Uhr
Der Tod und das Mädchen
Schubert: Streichquartett „Der Tod und das Mädchen“ Mozart: „Stadler-Quintett“ in A, KV 581 Wolfgang Meyer, Klarinette Quatuor Mosaïques
Preise: EUR 41 / 31 / 17
Dienstag, 19. Juli Helmut-List-Halle, 20 Uhr
Vier Jahreszeiten
Vivaldi: Le Quattro stagioni, op. 8/1–4 u. a. Geminiani: Concerto grosso in d „La follia“ Giulio Plotino, Violine Venice Baroque Orchestra / Ltg.: Andrea Marcon
Preise: EUR 57 / 41 / 20
MUMUTH, 20 Uhr
dsudl – das schwere und das leichte ein stück musiklaboratorium von bertl mütter
Fleischanderl, Heginger, Kovacic, Molinari, Sepperer, Sigl, Skuta & Waag Bertl Mütter, Spielertrainer
Preis: EUR 15 (Freie Platzwahl) Gemeinsam mit der Kunstuniversität Graz
Donnerstag, 21. Juli Helmut-List-Halle, 20 Uhr
Folías Criollas
Mexikanische Sones und kreolische Folías Montserrat Figueras, Sopran Tembembe Ensamble Continuo (Mexiko) La Capella Reial de Catalunya / Hespèrion XXI Leitung: Jordi Savall
Preise: EUR 57 / 41 / 20
Samstag, 23. Juli Pfarrkirche Aflenz, 20.30 Uhr
Hohe Messe
Bach: Messe in h, BWV 232 Scheen, Kielland, Bertin, Sakurada, MacLeod La Capella Reial / Le Concert des Nations Dirigent: Jordi Savall
Preise: EUR 57 / 41 / 20
Heimatsaal, 21 Uhr
Polka Rallye 3
Dritte styriarte-Tanznacht: aus Amerika
Sonntag, 24. Juli Schloss Eggenberg, 11 Uhr
The Spirit of Gambo
Hume: Poeticall Musicke Gambenstücke von Ferrabosco, Ford, Playford u. a. Jordi Savall, Viola da gamba
Preise: EUR 57 / 41 / 20
Helmut-List-Halle, 20 Uhr
Finale barocco
Bach: Ouvertüre in D, BWV 1068 Rameau: Suite aus „Dardanus” Vivaldi: Concerto per l’orchestra di Dresda in g Händel: Music for the Royal Fireworks, HWV 351 Pachelbel: Kanon und Gigue in D Harmony of Nations Baroque Orchestra Leitung: Bjarte Eike, Violine
Preise: EUR 41 / 31 / 17
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Austrian Couture
it diesem Papst war nicht zu spaßen: Kardinal Gian Pietro Carafa bestieg im Mai 1555 mit 79 Jahren den Stuhl Petri Aimard trifft undPierre-Laurent sollte unter dem Namen Paul IV. Liszt (Kaulbach, 1856) und traurige Berühmtheit erlangen. In 1904). denBartók gut vier(Vedrödy-Vogyeraczky, Jahren seines Pontifikats öffnete er mehr dunkle Kapitel in der Geschichte der Kirche als die meisten seiner sinnenfrohen Vorgänger aus der Riege der Renaissancepäpste. Seine Erfahrungen an der Spitze der Inquisition setzte er sofort in eine gnadenlose Hetzjagd auf die Häretiker um. Er legte gegen den Augsburger Religionsfrieden Protest ein, erkannte die Abdankung Kaiser Karls V. nicht an, zwang die Juden zum Leben im Ghetto, ließ das unterbrochene Konzil von Trient auf sich beruhen, da er alle Leitungsbefugnis bei der Kurie sah, und führte den päpstlichen Index gegen verbotene Bücher ein.
Lendenschurze und verbannte Sänger Im ausgesuchten Fachhandel und im
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Offizieller Ausstatter des Styriarte Teams Foto Toni Muhr
Nicht nur das geschriebene Wort war ihm ein Dorn im Auge, sondern auch Malerei und Musik, sofern sie seinen strengen Prinzipien widersprachen. Die nackten Gestalten auf Michelangelos „Jüngstem Gericht“ hätte er am liebsten abschlagen lassen. Nur mit Mühe konnten ihn die Kardinäle davon 20
überzeugen, dass es auch mit gemalten Lendenschurzen für die Schamteile getan war. Noch eine andere päpstliche Einrichtung in der Sixtinischen Kapelle wurde gründlich durchleuchtet: der päpstliche Chor, ebenfalls „Cappella Sistina“ genannt. Schon zwei Monate nach der Papstwahl mussten drei Sänger ihren Hut nehmen. Ihr Vergehen: Sie waren verheiratet. Die Ohren des Papstes und die Ehre seiner Kapelle sollten fortan nicht mehr durch den Gesang von Laien beleidigt werden. Nur noch Kleriker waren zugelassen. Zu den drei Ausgestoßenen gehörte ein Mann, der sich gerade anschickte, der römischen Kirchenmusik einen völlig neuen Charakter zu verleihen: Giovanni, mit bürgerlichem Namen Pierluigi, besser bekannt unter dem Namen seiner mutmaßlichen Heimatstadt, Palestrina bei Rom. Gerade erst hatte Giovanni Pierluigi seinen ersten Band von Messen veröffentlicht. Nun musste er die Sixtinische Kapelle verlassen und ganze zehn Jahre darauf warten, bis man ihn im Vatikan rehabilitierte.
Probesingen vor den Kardinälen Erst nachdem der verhasste CarafaPapst gestorben war, berief sein Nachfolger Pius IV. das Konzil von Trient
A CAPPELLA
Messen über ein Kriegslied
wieder ein. Die Beschlüsse des Konzils zur Zukunft der Kirchenmusik fanden 1565 in Rom ihren Niederschlag in einem denkwürdigen „Probesingen“. Dabei ging es ausnahmsweise nicht um die Qualität der Sänger, sondern um die der gesungenen Stücke. Kardinal Carlo Borromeo, der Neffe des Papstes und treibende Kraft der kirchlichen Reform, hörte sich mit gleichgesinnten Kardinälen einige neuere Vertonungen des Messordinariums an, um zu prüfen, ob denn kunstvolle polyphone Musik überhaupt noch für die Liturgie tauge. Wahrscheinlich war es die berühmte „Missa Papae Marcelli“ von Palestrina, die an jenem römischen Apriltag die Zukunft der kunstvollen Mehrstimmigkeit im katholischen Kirchenraum sicherte. Denn nur wenige Wochen später ernannte Pius IV. den Komponisten zum „Modulator pontificus“. Offenbar hatte die Messe Eindruck gemacht, löste sie doch alle musikalischen Probleme des Konzils auf einen Schlag: Obwohl sie geradezu ein Virtuosenstück des Kontrapunkts war, wirkte sie doch vollendet klangschön und vollkommen textverständlich. Palestrina war die Quadratur des Kreises gelungen. Dass diese Messe nicht den Namen des Papstes trägt, unter dem sie ent-
Bei der styriarte 2011 wird es der Arnold Schoenberg Chor sein, der die „Missa Papae Marcelli“ aufführt, und zwar im steirischen Petersdom, der Pfarrkirche in Pöllau. Dabei kann sich das Publikum in die Rolle der Kardinäle von 1565 zurückversetzen, die über die Zukunft der Kirchenmusik zu entscheiden hatten. Sie waren keineswegs musikalische Analphabeten, die ihr Heil in einer Art „neuem geistlichen Liedgut“ suchten, sondern im Gegenteil musikalisch hoch gebildet. Sie wollten den Impetus der Reform auch in der liturgischen Musik spürbar werden lassen und die Exzesse der Hochrenaissance überwinden. Um 1500, am Hof des Borgiapapstes Alexander VI. und seiner Nachfolger, waren die Komponisten selbst vor freizügigen weltlichen Liedern nicht zurückgeschreckt, um sie zur Grundlage polyphoner Messen zu machen. „L’homme armé“, ein Soldatenlied aus dem Hundertjährigen Krieg, lebte in dieser Form noch bis weit ins 16. Jahrhundert weiter. Nicht jedem Komponisten war es gegeben, jene derbe Chanson französischer Soldaten vollkommen in die Sphäre religiöser Musik zu überführen, wie es Josquin in seiner zweiten Messe über dieses Lied gelang. Kardinal Borromeo und seine Mitstreiter untersagten derlei weltliche Spielereien. Ironie der Geschichte: Selbst der hehre Palestrina hat noch zwei Messen über „L’homme armé“ geschrieben. Josef Beheimb 21
FOTO: BEN WRIGHT
LUST AUF LASSO Chansons von Lasso und Janequin
The King’s Singers Mittwoch, 29. Juni, 20 Uhr Pfarrkirche Pöllau SECRETS OF THE VATICAN
Palestrina: Missa Papae Marcelli Allegri: Miserere Palestrina: Motetten
FOTO: WERNER KMETITSCH
standen ist, war vermutlich ganz im Sinne von Pius IV. Denn der wollte ganz bewusst an seinen Vorvorgänger erinnern, jenen Papst Marcellus II., der zwar nur 22 Tage regierte, in dieser Zeit aber so deutliche Zeichen für eine kirchliche Reform setzte, dass er unvergessen war – eine Art Johannes Paul I. des 16. Jahrhunderts. Heute ruht Marcellus II. in einem wenig beachteten Winkel der Grotten unter dem Petersdom, während Chöre auf der ganzen Welt sein Andenken in Palestrinas glühenden Tönen besingen.
Montag, 27. Juni, 20 Uhr Stefaniensaal
Arnold Schoenberg Chor Leitung: Erwin Ortner Choralschola der Wiener Hofburgkappelle Leitung: Helmut Hüttler Dienstag, 5. Juli, 20.30 Uhr Mariahilferkirche L’HOMME ARMÉ Josquin Desprez: Missa L’homme armé sexti toni, Mille regretz, Ave Maria u. a.
FOTO: WERNER KMETITSCH
Michelangelo, Das Jüngste Gericht, Sixtinische Kapelle (1534-41)
Ensemble Cinquecento Karten & Informationen: styriarte-Kartenbüro Sackstraße 17, 8010 Graz Tel. 0316.825000 www.styriarte.com
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FOTO: PAOLO SORIANI / ECM RECORDS
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enschen, die sich mit klassischer Musik beschäftigen, werden ja nicht müde, die Gegenwärtigkeit aller Musik zu betonen. Nikolaus Harnoncourt hat es ebenso oft gesagt, wie es die styriarte überall ankündigt: In dem Moment, in dem wir Musik der Vergangenheit zum Klingen bringen, ist es Musik von heute. Jan Gabarek und das Hilliard-Ensemble gehen dabei aber noch einen großen Schritt weiter. Für sie scheint es überhaupt keine Musik der Vergangenheit zu geben, sondern nur ein Kontinuum, das alle Fragen nach dem Heute und dem Gestern aufhebt. Ihre Musik ist Musik von jetzt und für immer. Und auch die Schranken zwischen Klassik und „Pop“ sind hinweggeblasen, denn ihre Projekte sind außerordentlich populär, sind Millionenseller. Wenn in ihrem neuen Programm „Officium novum“ also ein Halleluja von Perotin anhebt, einem der ältesten namentlich bekannten Komponisten der westlichen Musikgeschichte überhaupt, dann raunen keine Botschaften aus dem frühen Mittelalter zu uns herüber, dann ist der spirituelle Meister des frühen Mittelalters schlicht da. Als Jazzer,
als großer Improvisator, als Genius oder schlicht und einfach als Idee – ganz genau weiß man es nicht, denn die ständige Vereinigung von scheinbar entferntesten Polen ist das eigentliche Programm. Mit ihrem Programm „Officium“, das die styriarte 1994 als Premiere präsentieren konnte, haben sich der norwegische Saxophonist Jan Gabarek und das britische Vokalconsort The Hilliard Ensemble in die Weltspitze der Weltmusik gespielt. So nimmt es nicht Wunder, dass auch die Weiterentwicklung dieses Projektes Station in Graz macht. Viel ist Donnerstag, 14. Juli, 20 Uhr Herz-Jesu-Kirche OFFICIUM NOVUM Musik aus Eriwan, Byzanz, Russland, Frankreich und Spanien Jan Garbarek, Saxophon The Hilliard Ensemble
Karten & Informationen: styriarte-Kartenbüro Sackstraße 17, 8010 Graz Tel. 0316.825000 www.styriarte.com 23
inzwischen passiert, die Fusion von Alter Musik und Jazz ist längst keine Unerhörtheit mehr, und doch haben die Musiker nicht aufgehört, weiter zu fragen. So ist denn auch „Officium novum“ keinesfalls eine Fortsetzung des alten Programms, sondern vielmehr ein neuer Ansatz. Gewiss, wieder gehen mittelalterliche Vokalmusik und Jazzimprovisationen aufeinander zu, wieder scheinen die Klang- und Sinnbrücken über ein Jahrtausend aufs Müheloseste geschlagen, aber diesmal gibt es noch einen weiteren Brückenschlag, und zwar den zwischen Orient und Okzident. Schnittstelle ist die Stadt Eriwan, in der die Musiker auf Spurensuche nach dem reichen Erbe der armenischen Musik gingen. Gefunden haben sie eine imponierende, für uns nahezu unbekannte Musikgeschichte, die zwischen Islam und Christentum ebenso changiert wie zwischen Kunst und spirituellem Akt. Ein lohnenswertes Klangforschungsgebiet also, das Jan Gabarek und die Hilliards mit dem bekannten Gespür, mit traumwandlerischer Musikalität und dem unbedingten Willen zur Gegenwart aufbieten können. Thomas Höft
AM KLAVIER
Schumann im Flügelkleid „Alles Schöne ist schwer, und das Kurze am schwersten.“ Robert Schumann wusste, wovon er sprach, als er diesen Satz niederschrieb. „Was ich noch componirt, war wie ein Nachklang von Deinen Worten, einmal wo Du mir schriebst, ich käme Dir auch manchmal wie ein Kind vor. – Kurz, es war mir ordentlich wie im Flügelkleid und hab da an die 30 kleine putzige Dinger geschrieben, von denen ich ihrer zwölf auserlesen und ‚Kinderscenen‘ genannt habe. Du wirst Dich daran erfreuen, musst Dich aber freilich als Virtuosin vergessen.“
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as Poetische auf engstem Raum einzufangen und tiefste musikalische Kunst hinter kindlicher Unschuld zu verbergen, reizte den Klavierpoeten Schumann lebenslang. Nicht nur seine „Kinderszenen“ entsprangen diesem Wunsch. Auch seine frühen Klavierzyklen verraten bei aller überbordenden Fantastik des Davidsbündlers immer das Bedürfnis, sich in wenigen, tief innigen musikalischen Gesten ganz auszusprechen – so wie im Porträt des verehrten Kollegen Chopin im „Carnaval“. Die Größe von Schumanns Musik liegt in dieser Verdichtung auf die eine, über alle Maßen rührende Phrase, auf das in sich restlos stimmige Klavierstück.
Träumerei Woraus diese Innigkeit und Stimmigkeit entsteht, daran allerdings rätseln die Kenner schon seit 170 Jahren herum. Die „Träumerei“ wurde zum Tummelplatz widerstreitender ästhetischer Positionen. Hans Pfitzner benutzte sie 1920, um zum Angriff auf die Neue Wiener Schule zu blasen. Unter der Überschrift „Die neue Ästhetik der musikalischen Impotenz“ brandmarkte er den analytischen Ansatz der Moderne und verwies das „Zarte, Trauliche“ von Schumanns Stück völlig in den Bereich der Inspiration, des Irrationalen. Alban Berg konterte mit einer minutiösen kompositionstechnischen Analyse des kurzen Stückes. Joachim Kaiser meinte seinerseits: „Je länger man
sich darin vertieft, desto unfasslicher scheint die Kunst, die bei Schumann solche immateriellen ‚Tagträume‘ fixiert.“ Andererseits wies er darauf hin, „wie viel Durch-Imitation Schumann in diesen Tagtraum hineingeheimnißte“. Der Interpret hat es in der Hand, das Gewicht unter dem federleichten Saum des Schumann’schen Flügelkleids hervorzuholen. Stefania Neonato spielt die „Träumerei“ auf einem Hammerflügel, und schon dadurch ist sie dem Klang, der Schumann 1838 vorschwebte, näher als heutige Pianisten etwa am Steinway. Was der Komponist damals seiner Verlobten Clara Wieck empfahl, wird auch sie beherzigen: Sie muss sich „als Virtuosin vergessen“. Dem scheinbar Kunstlosen der Komposition entspricht das scheinbar Zwanglose des Vortrags. Keine Demonstration von Virtuosität, sondern Verdichtung auf reinen sprechenden Ausdruck.
„Beethoven, die Mondschein-Sonate komponierend“: Zeichnung von Lorenz Vogel (um 1890).
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Virtuosen Auch Ludwig van Beethoven hatte erklärtermaßen eine Abneigung gegen „alles Exterieur oder Interieur aller Meister Virtuosen“, und dies, obwohl er selbst als junger Pianist ein wahrer Tastenlöwe war: „gewaltig, mächtig und ergreifend“ in seinen Wirkungen, unerschöpflich im Erfinden neuer, sensationeller Effekte. In seiner „Mondscheinsonate“ spiegeln sich beide Seiten des Pianisten Beethoven wieder: der Träumer am Klavier, der den Ausdruck ganz nach innen verlegt, und der Stürmer und Dränger im wilden Finale. Zur Abneigung Beethovens gegen die Virtuosen hat sicher auch Daniel Steibelt beigetragen, ein seinerzeit in Paris und London gefeierter Pianist, der leichtsinnig genug war, bei seinem Gastspiel in Wien Beethoven herauszufordern. Er spielte eigene Variationen über ein Thema, das Beethoven zuvor variiert hatte. Letzterer revanchierte sich, indem er die Cellostimme eines Quintetts von Steibelt umgekehrt aufs Pult legte und darüber Variationen improvisierte. Die Europatournee seines Konkurrenten fand damit ein vorzeitiges Ende. Später wirkte Steibelt in Sankt Petersburg, wo er sein kuriosestes Klavierstück komponierte: ein Tongemälde über den Brand Moskaus mit Napoleons „Grande Armée“ im Zentrum. Christoph Hammer spielt in seinem styriarte-Klavierabend mehrere solcher Schlachtengemälde aus der Napoleonischen Zeit, Rara aus dem Kurio-
H HAYDN AY DN
Donnerstag, 30. Juni, 20 Uhr Stefaniensaal
FOTO: WERNER KMETITSCH
MY PIANO ALBUM Aimards Lieblingsstücke von Beethoven, Schubert, Schumann, Mussorgski, Bartók, Webern, Schönberg, Messiaen, Boulez, Stockhausen, Kurtág, Ligeti, Murail, Stroppa, Benjamin u. a.
Pierre-Laurent Aimard, Klavier Sonntag, 3. Juli, 11 Uhr Montag, 4. Juli, 20 Uhr Schloss Eggenberg TRÄUMEREI Beethoven: „Mondscheinsonate“, op. 27/2 Liszt: Liebestraum Nr. 3 in A „La Leggierezza“ Schubert: Impromptu in As, D 935 Schumann: Chopin aus „Carnaval“, op. 9 Träumerei aus „Kinderszenen“, op. 15 Chopin: Valse in As, op. 34/1 „Minutenwalzer“ in Des, op. 64/1 Nocturne in Des, op. 27/2 Sonate in b, op. 35/2
sitätenkabinett des Virtuosenzeitalters. Von der Klavierpoesie Schumanns ist man hier denkbar weit entfernt, umso näher am Zeitgeist der Salonmusik.
Sonntag, 26. Juni, 20 Uhr Minoritensaal BEST OF SATIE Satie: Gymnopédies, Gnossiennes, Sarabande No. 3, Nocturne No. 3, Sonatine bureaucratique, Je te veux u. a.
FOTO: WERNER KMETITSCH
Robert und Clara Schumann am Klavier. Stahlstich auf Basis einer Daguerreotypie von Johann Anton Völlner, Hamburg, März 1850.
Moderne Träumereien
Stefania Neonato, Hammerflügel FOTO: MATS BÄCKER
„Die Seele des Salons war Chopin.“ So hat Heinrich Heine geschrieben. Was der Exilpole an der Seine in Bewegung setzte, trug auch im 20. Jahrhundert Früchte. Roland Pöntinen beweist es mit seinem Satie-Klavierabend im Minoritensaal, dann Pierre-Laurent Aimard mit seinem ganz persönlichen Klavieralbum, das einen weiten Bogen spannt – von Beethoven zu Boulez, von Schumann zu Schönberg. Auch das 20. Jahrhundert hat seine „Träumereien“ am Klavier hervorgebracht. Josef Beheimb
Roland Pöntinen, Klavier Karten & Informationen: styriarte-Kartenbüro Sackstraße 17, 8010 Graz Tel. 0316.825000 www.styriarte.com
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Mittwoch, 13. Juli, 20 Uhr Schloss Eggenberg ALLA TURCA Hummel: Neue Walzer nebst einer großen Schlacht-Coda Steibelt: Der Brand von Moskau Mozart: Sonate in A, KV 331 Vanhal: Le combat naval de Trafalgar Haslinger: Ideal einer Schlacht u. a. Christoph Hammer, Hammerflügel
FOTO: HARRY SCHIFFER
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igentlich reicht ja schon ein Violoncello, um die Menschen zu begeistern. Nicht erst seit einem der berühmtesten Fotos der Kunstgeschichte steht dieses Instrument wie kaum ein anderes für pure Sinnlichkeit. Man Rays Aufnahme einer nackten Schönen mit Turban, auf deren Rücken die beiden Schalllöcher eines Streichinstrumentes gemalt sind, behauptet: Das Cello ist weiblich. Aber das ist es natürlich nicht allein. Schon Rachmaninow wusste: „Warum sollte ich für die Violine schreiben, wenn ich es für Cello tun kann?“ Diese zugegeben etwas pointierte Sottise des effektbewussten Komponisten trägt eine schöne Wahrheit in sich: Das mit „samtig“, „warm“ oder „rauchig“ nur sehr schwach zu beschreibende Timbre des Instrumentes ist der eigentliche Anziehungsfaktor. Wo die Violine brillant ist, ist das Cello sonor, wo die Geige virtuos beeindruckt, verkörpert das Cello im Wortsinn die Emotion. Nehmen wir nur einmal den sterbenden Schwan, den die berühmte
Primaballerina Anna Pawlowa auf das sehnsuchtsvolle Cello-Solo aus Camille Saint-Saëns „Karneval der Tiere“ imaginierte. Trauriger und tröstlicher zugleich ist in der Musikgeschichte sicher niemand gestorben. Und gleichzeitig ist aus dieser Nummer etwas geworden, mit dem man die Zugkraft des Cellos noch potenzieren kann, ein echter Ohrwurm. Denn das ist die griffigste Kombina26
tion von allen: die Sinnlichkeit des Violoncellos, kombiniert mit wirklich populärer Musik. Kein Wunder, dass die styriarte das Konzert mit den „Acht Cellisten“ unter Rudolf Leopold wegen großen Interesses gleich doppelt anbietet. Gewiss, das mag manchem doch ein wenig zu viel des Guten sein, aber Angst vor Schlagern darf man in diesem Zusammenhang nicht haben.
CEL LISSIMO
Anna Pawlowa in ihrer Paraderolle als sterbender Schwan, 1907.
los, aufgehoben im kulturellen Gedächtnis der Menschheit. Hat wirklich der grausame König Heinrich VIII. das bezaubernde „Greensleeves“ geschrieben? Egal, wir werden es darum nicht weniger lieben. So mag es auch mit „Yesterday“ gehen, das Paul McCartney 1965 für die Beatles komponiert hat. Und damit wären wir auch schon beim ultimativen Cello-
Samstag, 25. Juni, 16 Uhr Stefaniensaal KARNEVAL DER TIERE Saint-Saëns: Le carnaval des animaux mit neuen Texten von Thomas Höft Solisten des Chamber Orchestra of Europe Markus Schirmer, Klavier Aris Feslikidis, Klavier Petra Morzé, Erzählerin
Samstag, 2. Juli Schloss Eggenberg, 20 Uhr Sonntag, 3. Juli Stefaniensaal, 11 Uhr YESTERDAY Arrangements für Cello-Ensemble mit Musik von Lennon/McCartney, Offenbach, Mozart, Schubert, Dvo∏ák, Mahler, Grieg, Fauré, De Falla u. a. Die Acht Cellisten
programm der heurigen styriarte. Hier begegnen wir gleich einem ganzen Cello-Oktett, das beweist, wie mit dem richtigen Arrangement eigentlich auf alle anderen Instrumente verzichtet werden kann, um trotzdem Eindruck zu machen. Rudolf Leopold und seine Mitstreicher haben sich vorgenommen, die Frage nach den Megahits wirklich einmal grundsätzlich zu nehmen. Und so versammeln sich Mozarts Figaro und Griegs Peer Gynt, um Mahlers Adagietto zu lauschen. Wie auch Paul McCartney hier seinen Platz findet, so darf sich auch Giacomo Meyerbeer freuen, denn nicht alle Ohrwürmer, die einmal en vogue waren, haben sich bis heute gehalten. So ist es zum Beispiel Meyerbeers Grande Opéra „Robert le Diable“ gegangen. Oder Franz Schmidts „Notre Dame“. Zeit, sie sich noch einmal anzuhören und auf ihr Gassenhauerpotential zu überprüfen. Man kann ja schließlich nicht nur einen Ohrwurm haben … Thomas Höft 27
Leitung: Rudolf Leopold Sonntag, 10. Juli, 20 Uhr Helmut-List-Halle GASSENHAUER Beethoven: „Gassenhauer-Trio“ in B, op. 11 Sonate für Cello und Klavier in D, op. 102/2 Ries: Sonate für Klarinette und Klavier Brahms: Klarinettentrio in a, op. 114 Sabine Meyer, Klarinette Heinrich Schiff, Violoncello
FOTO: HEINRICH SCHIFF
Man Ray, Le Violon d’Ingres, 1924
FOTO: WERNER KMETITSCH
Die hat übrigens auch der so strenge Klassiker Ludwig van Beethoven nicht gehabt, als er ein Motiv aus Joseph Weigls Oper „Der Korsar“ im dritten Satz seines „Gassenhauertrios“ unter besonders eindrücklicher Verwendung des Cellos ausführlich variierte. Was ihm prompt bis heute genügend Kritik dahingehend eingetragen hat, er habe sich hier nun leider zu weit in die Niederungen des Gewöhnlichen herabgelassen. Die Weltklasseklarinettistin Sabine Meyer, der Ausnahmecellist Heinrich Schiff und ihr genuiner Klavierpartner Martin Helmchen werden in ihrem styriarte-Programm beweisen, dass auch für Beethoven kompositorisches Gold auf der Straße liegen konnte. Weigls fröhliches Terzett wurde damals in Wien wirklich straßauf, straßab gesungen – ein Gassenhauer war im Wortsinn jemand, der sich auch noch spätabends auf den Gassen der Stadt herumtrieb und wahrscheinlich durchaus angeheitert das eine oder andere Liedchen lauthals anstimmte. Und so kam es auch dem großen Klassiker zu Ohren, der der kleinen Melodie auf hinreißende Weise ein Andenken rettete. Und damit auch Joseph Weigl ein kleines Stück Unsterblichkeit, obwohl der sicherlich mehr verdient hätte. Aber so ist es nun mal mit den wirklich beliebten Melodien, sie gewinnen ein Eigenleben. Sie lösen sich im besten Sinne von ihrem Schöpfer
Martin Helmchen, Klavier Karten & Informationen: Tel. 0316.825000
JOHANN JOSEPH FUX
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s war nicht Joseph Haydn, der Meister des schweren Leichten in der Wiener Klassik, der als Erster das künstlerische Credo des Wiener Musikgeschmacks formulierte, und auch nicht Johann Strauß Sohn. Es war Johann Joseph Fux. In seinem „Gradus ad parnassum“ schrieb er zum Thema des guten Geschmacks: „Das Leichte ist das Schwere. In diesem schweren Leichten beruht die Vorzüglichkeit des guten Geschmacks und seine Würze.“ Solche Sätze ausgerechnet von der Respektsperson mit der Allongeperücke, vom Inbegriff des schweren österreichischen Kaiserstils? Das styriarte-Publikum weiß es seit letztem Jahr besser: Die Fantasie des steirischen Bauernsohnes, der aus Sehnsucht zum Musiker wurde, sprühte heißere Funken als die kalten Künste trockenen Kontrapunkts. Wenn Fux von der Leichtigkeit schreibt, meint er sein eigenes Komponieren: die tänzerische Eleganz der Menuette und den Aplomb der Chaconnes, die kantable Süße seiner langsamen Sonatensätze und den mitreißenden Schwung der schnel-
len. Im Dreivierteltakt ist er Haydn und Strauß näher, als man vermuten würde, in seinen Opernarien eher ein österreichischer Händel denn ein komponierender Theoretiker. Gegen das Klischee vom trockenen Kontrapunktmeister anzuspielen, hatte sich die styriarte im Fuxjahr 2010 vorgenommen. „Fortsetzung folgt“ wurde damals versprochen und wird nun eingehalten, denn gerade im Falle eines so hartnäckig missverstandenen Komponisten höhlt nur steter Tropfen den Stein. Darum bittet die styriarte wieder zum Fuxfest, das in Schloss Eggenberg seinen idealen Rahmen hat. Nur in der steirischen Heimat des Komponisten findet sich noch ein Schloss, das ganz der Ästhetik seiner Jugendzeit entspricht, der Würde und Pracht des Hochbarock. Dieselbe Würde und Pracht findet man in seinen Opern und Oratorien wieder. Die schönsten Sopranarien aus diesem Repertoire hat sich Roberta Mameli herausgesucht. Die junge Römerin bezauberte im Vorjahr als Proserpina im Fux’schen „Orfeo“ unter der Leitung von Jordi Savall. 2011 vertraut sie sich weiblicher Leitung an: Lucia Froihofer und die „Neue Grazer Hofkapelle“ begleiten mit der ganzen Klangpracht, die Fux über das Wiener Hoforchester seiner Zeit ausgestreut hat. Für die Chorsänger
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im Hofgottesdienst des Kaisers dagegen schuf er strenge, herbe Motetten, die vom Vocalforum Graz gesungen werden. Am Cembalo verdiente sich der junge Fux seine ersten Sporen. Der Sizilianer Marco Vitale beweist, wie viel federnde Leichtigkeit in den Cembalosuiten des Steirers steckt. Mit seinem Schüler Jan Dismas Zelenka löste Fux dagegen schwere Kontrapunkt-Aufgaben. Zum Beweis schrieb der Tscheche in seiner Wahlheimat Dresden sechs wundervolle Triosonaten, die das Ensemble „Affinità“ mit der Triokunst seines Lehrers vergleicht. Auch die Hirtenmusik aus der steirischen Heimat darf im Fuxbild der styriarte nicht fehlen – und natürlich der Meister selbst. Der Tiroler Dominik Maringer schlüpft in die Rolle des kaiserlichen Kapellmeisters und berichtet in barocker Sprache vom (Musik-)Leben bei Hofe. Der junge Schauspieler, der heute in Hannover engagiert ist, spielte drei Jahre lang am Schauspielhaus Graz und auch schon diverse TV-Rollen. Die Verwandlung in den gar nicht so alten Fux wird ihm nicht schwer fallen, denn er ist musikalisch dank Geigenstudium in Linz einschlägig gebildet. Josef Beheimb
JOHANN JOSEPH FUX
Samstag, 16. Juli, 18 Uhr Schloss Eggenberg
FOTO: WERNER KMETITSCH
FEST FÜR FUX Fux: Streichersuiten und Opernarien aus „Orfeo ed Euridice“ und „Dafne in Lauro“
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Fest für Fux oder: Wie 2011 der Hase läuft
m Fux-Jahr 2010, in dem der kaiserliche Hofkapellmeister die 350. Wiederkehr seines Geburtstages feiern konnte, hat die styriarte auf der Grazer Stadtkrone – zwischen Jesuitengymnasium und Burggarten – dem Meister aus Hirtenfeld eine Party ausgerichtet. 2011 geht es nun mit der ganzen Musik nach Schloss Eggenberg, und in den hochherrschaftlichen Räumen des Weltkulturerbe-Schlosses wird das Lebenswerk von Fux zu erwandern sein. In acht Gruppen teilt sich das Publikum, die hören ganz tierisch auf die Namen Fux, Bock, Wolf und Bär zum einen, Henn, Gans, Katz und Maus zum anderen. Jeweils vier Gruppen erleben da nach einem steirischen Aperitiv ab 18 Uhr im Planetensaal ein großes Konzert von Orchester- und Opernmusiken,
während die übrigen vier Gruppen durch das Schloss wandern und in den Prunksälen und in der Kirche die anderen Programmteile erleben können, die Kirchenmusik, die Cembalomusik, die Triosonaten und mehr – alle Gruppen geführt vom reizenden styriarte-Personal. Um 19.30 Uhr gibt es Pause, und um 20 Uhr wiederholt sich der erste Programmteil mit umgekehrten Vorzeichen: Die Haustiere siedeln in den Planetensaal, während die wilden durch das Schloss wallen. Um 21.30 Uhr spielen wir für alle und mit allen ein brillantes Finale im Schlosshof. Wer bis dahin noch nicht zu einem Fux-Fan geworden ist, dem können wir dann auch nicht mehr helfen. Außer vielleicht bei einem dritten Fux-Fest 2012? 29
Aus den Lebenserinnerungen von Caroli VI. Kapellmeister Fux Dominik Maringer, Lesung Fux: Musik für Cembalo solo Marco Vitale, Cembalo Fux: Sinfonia in F Zelenka: Triosonate Nr. 2 in g, ZWV 181
FOTO NICOLA DAL MASO
FOTOS: WERNER KMETITSCH
FOTO: JOHANNES GELLNER
Roberta Mameli, Sopran Neue Hofkapelle Graz Leitung: Lucia Froihofer, Violine
Ensemble „Affinità“ Elisabeth Baumer, Oboe Fux: Motetten Vocalforum Graz Einstudierung: Franz M. Herzog Volksmusik aus Hirtenfeld Schikaneders Jugend auf Schalmei, Sackpfeifen und Drehleier Karten & Informationen: styriarte-Kartenbüro Sackstraße 17, 8010 Graz Tel. 0316.825000 www.styriarte.com
MOZART Das WOCHE G 2012
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Mozartwoche
„gefaltet“ – ein choreographisches Konzert Sasha Waltz, Mark Andre, Sasha Waltz & Guests, Carolin Widmann, Nicolas Altstaedt, Alexander Lonquich, Thomas Schenk, Beate Bormann Dirigenten David Afkham, Daniel Barenboim, Ivor Bolton, Pierre Boulez, Douglas Boyd, Ivan Fischer, Sir John Eliot Gardiner, René Jacobs, Louis Langrée, Marc Minkowski, Peter Rundel, András Schiff Orchester Camerata Salzburg, Cappella Andrea Barca, Les Musiciens du Louvre . Grenoble, Mozarteumorchester Salzburg, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Sinfonieorchester der Universität Mozarteum, Wiener Philharmoniker Sänger Colin Balzer, Annette Dasch, Mojca Erdmann, Christian Gerhaher, Julia Lezhneva, Claron McFadden, Marita Solberg, Nathalie Stutzmann, Luca Titotto Solisten Nicolas Altstaedt, Emanuel Ax, Jonathan Biss, Gerold Huber, Sharon Kam, Patricia Kopatchinskaja, Robert Levin, Radu Lupu, Ramón Ortega Quero, Miklós Perény, Fazil Say, András Schiff, Peter Sigl, Frank Stadler, Janne Thomsen, Mitsuko Uchida, Dénes Várjon, Carolin Widmann, Jörg Widmann Ensembles & Chöre Estonian Philharmonic Chamber Choir, Hagen Quartett, Minguet Quartett, oenm . oesterreichisches ensemble für neue musik, Quatuor Ébène
Konzerte Wissenschaft Museen
Tickets: Tel. 43 662 873154 tickets@mozarteum.at, www.mozarteum.at
27. JÄNNER – 5. FEBRUAR
radus ad Parnassum – Die Stufen zum Parnass, dem Berg der Musen, auf dem der Gott Apoll thront – das ist der Titel des vielleicht erfolgreichsten Kompositions- sprich Kontrapunkt-Lehrbuchs aller Zeiten. Im Jahr 1725 ist es erschienen, ein eleganter Folio-Band, für dessen Ausstattung Kaiser Karl VI. einiges springen hat lassen. Immerhin war der Autor des Werkes der weltberühmte Chef der Kaiserlichen Hofkapelle, Joannes Josephus Fux, Styrus, wie er sich im Vorwort des Bandes unterzeichnet hat. Johann Joseph Fux, ein Kind des Steirerlandes: Er hatte seinen Heimathof in Hirtenfeld bei Graz schon in den 1670er Jahren verlassen, um eine atemberaubende Karriere als Musiker, als Komponist und schließlich als Kopf der ganzen Wiener Hofmusik zu machen. An deren Ziel, im Alter von 65 Jahren, und schon gichtgeplagt, fasste er die Summe seiner kompositorischen Lebenserfahrung in jenes Lehrbuch zusammen, dessen brillantes Latein die kulturelle Welt lobte, dessen klare Systematik sie bewunderte. Auch der große Bach in Leipzig hat den Gradus hochgehalten, Mozart, Schubert, Bruckner, wahrscheinlich alle Tonsetzer bis weit ins 20. Jahrhundert hinein, haben durch die fuxischen KontrapunktÜbungen hindurch Stufe um Stufe den Parnass der Kunst erklommen.
MARKUS SCHIRMER
schwere Leichte
– ein Thema von Johann Joseph Fux
Hinter diesem musiktheoretischen Denkmal ist dann verblasst, dass Fux über Jahrzehnte vor allem blutvolle Musik für die drei musikalischsten Kaiser überhaupt, Leopold I., Josef I. und Karl VI., verfasst hat. Am Beginn des großen Lehrbuchs, im Liber primus, fasst Fux die Musiktheorie der Zeit zusammen. Im Liber secundus geht es um den Kern der
Eine Seite aus dem Gradus ad Parnassum von Johann Joseph Fux (oben). Der Parnass, mit Apollo und den Musen, gesehen von Anton Raphael Mengs, Mitte des 18. Jahrhunderts. Heute übrigens sind die Musen vom Parnass ausgezogen. Auf dem fast 2500 Meter hohen Gebirgsstock hat sich ein beliebtes Schigebiet etabliert.
Sache, um den Kontrapunkt. Und ganz am Schluss streift Fux noch einige musikästhetische Fragen. Eine dieser Fragen handelt vom guten Geschmack. De Gustu. Da lesen wir vom Kampf des Großmeisters ums Leichte, ums Bekömmliche, und da lesen wir, dass gerade das Leichte schwer zu treffen sei, dass es schwer sei, leicht zu schreiben und doch dabei
den guten Geschmack nicht zu beleidigen. Das ist doch klar keine Problemstellung eines Theoretikers, das ist die eines Praktikers, und sie hat von hier ausgehend so viele Komponisten beschäftigt, dass wir beschlossen haben: Diese fuxische Problemstellung machen wir zum Thema der styriarte 2011: „Im schweren Leichten“. Mathis Huber 31
OSTERFESTIVAL
Canto a la vida zu Ostern in Graz 17. – 25. April
2011
Der Glaube, dass ein Leidensweg die tiefsten Tiefen durchschreiten muss, um wieder ans Licht zu tauchen. Eine solche Passionserfahrung, die dem christlichen Osterfest entspricht, ist wie geschaffen, das Grazer Osterfestival Psalm ganz zu füllen. Lateinamerika: Das im Namen des Kreuzes eroberte und entvölkerte Land sah religiösen Eifer und entsetzliche Kriege ebenso wie Demokratie und Glück. In den vergangenen
Das Osterfestival PSALM 2011 bringt Lateinamerika nach Graz Jahrzehnten waren es vor allem die Revolutionen und die „Theologie der Befreiung“, die Zeichen setzten. Selbstbewusst beziehen die Nachkommen von Spaniern, Indianern und Afrikanern Position in Fragen der sozialen Gerechtigkeit, über die bis heute leidenschaftlich gestritten wird. Gestritten und gesungen, denn die Musik trägt wie keine andere Kunst in Lateinamerika die Botschaften der Politik zu den Menschen. Kein Wunder also, dass die Konzerte im Festival voller vitaler, aufregender und volkstümlicher Musik sind.
Das Programm „Sensemayá“ konfrontiert das gleichnamige hypnotisch-radikale Orchesterwerk des me32
xikanischen Komponisten Silvestre Revueltas, einen Aufschrei gegen die Sklaverei, mit Darius Milhauds poetischer Sehnsucht nach Brasilien. Der junge, hochbegabte Geiger und Komponist reiste 1916 als Botschafts— attaché nach Brasilien und verliebte sich in das pulsierende, aufstrebende Land. In „Saudades do Brazil“ verarbeitete Milhaud die Klänge aus seinem Reich der Träume. Worauf der brasilianische Komponist und Jazz-
FOTO: ALEX SEIDEL
Den Festivalauftakt macht „Das Mädchen von Guantanamo“. Wir können sie alle mitsingen, die lateinamerikanischen Hits wie „Guantanamera“. Aber wer weiß schon, dass hier ein Mädchen aus einem kubanischen Dorf beschrieben wird? Hinreißende Musik transportiert in Lateinamerika politische Botschaften. Den Inhalt dafür lieferten auch Männer wie der ehemalige Priester Ernesto Cardenal. Er interpretierte das Evangelium als Anleitung zum Protest. Schlüsseltexte des „Theologen der Befreiung“ werden am Palmsonntag von Erika Pluhar gelesen. Und Maria Jonas interpretiert mit Grazer Kindern und Jugendlichen die Klassiker der lateinamerikanischen Protestlieder neu.
FOTO: INGE PRADER
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anto a la vida“ – „Ein Lied an das Leben“ – unter diesem Titel hat der Poet und Priester Ernesto Cardenal auf sein Wirken zurückgeblickt. Und damit nicht nur sich selbst ein Motto geschenkt, sondern der Geschichte Lateinamerikas ganz grundsätzlich. Zwar scheint ein Paradox in der Idee zu liegen, gerade in Lateinamerika ein Lied vom Leben singen zu wollen, einer Region unserer Erde, die seit Jahrhunderten mehr Lieder von Tod, Leid und Elend anstimmen könnte als fast jede andere. Aber gerade darin liegt die Magie.
gitarrist Alegre Corrêa im Konzert mit dem Orchester recreation unter Christian Muthspiel ganz eigen reagieren wird. Revolutionäre Klavierwerke schufen sie beide: Ludwig van Beethoven, der sich in seinen aufwühlenden EroicaVariationen an der Herausforderung Napoleon abarbeitet, und Frederic Rzewski, der in 36 hochvirtuosen Variationen Sergio Ortegas aufrüttelndes und doch so sanftes Kampflied „El pueblo unido“ („Das vereinte Volk kann niemals besiegt werden“) feiert. Christopher Hinterhuber spielt beide Paradestücke an einem Abend. Pachamama, die Mutter Erde der indianischen Kulturen des Andenraumes, war ein Urmythos. Die spanischen Missionare erkannten in der
OSTERFESTIVAL
Musik Rituale des Candomblé unter dem Titel „Tanz der Götter“ anschaulich, artifiziell und doch mystisch und wild. Im Süden Mexikos liegt die Stadt Oaxaca, wo spanische Conquistadoren eine prächtige Kathedrale bauten. Priester bildeten dort Indianer aus, die bald auch Ämter übernahmen. Tatsächlich musizierten Indianer bei Gottesdiensten, und die Barockmusik aus Europa sprach sie ganz offensichtlich besonders an. Sie bereicherten mit ihren traditionellen Instrumenten die Cappella der Kathedrale, bis heute eine Fundgrube für musikalische Schätze. Rubén Dubrovsky hat dort Ostermusik entdeckt und nennt so das Finale des Festivals Psalm 2011 „Alleluja mexicana“. Thomas Höft
DAS MÄDCHEN VON GUANTANAMO
PACHAMAMA Y LA VIRGEN
Canto a la vida: Texte von Ernesto Cardenal u. a. Volks- und Revolutionslieder aus Lateinamerika Erika Pluhar, Lesung Multikultureller Kinderchor „Latinitos“ (Leitung: Marisol Kahrrillo) HIB.art.chor Liebenau (Leitung: Maria Fürntratt) Maria Jonas, Sopran & musikalische Leitung Hugo González & Mariano Leal, Gitarre, Cuatro & Tres Ismael Barrios, Percussion
Indianische Musik aus den Andenstaaten zur Semana Santa (Karwoche) u. a.
Montag, 18. April 2011 Helmut-List-Halle, 19 Uhr SENSEMAYÁ
Darius Milhaud: Saudades do Brazil (1921) Le Boeuf sur le Toit (1919) Alegre Corrêa: Reflections on Saudades do Brazil Silvestre Revueltas: Sensemayá (1937) Alegre Corrêa Group: Alegre Corrêa, guitar & vocals Klemens Bittmann, violin Gerald Preinfalk, reeds Alune Wade, bass recreation – GROSSES ORCHESTER GRAZ Leitung: Christian Muthspiel Dienstag, 19. April 2011 Helmut-List-Halle, 19 Uhr EL PUEBLO UNIDO Ludwig van Beethoven: 15 Variationen mit einer Fuge für Klavier in Es, op. 35 (Eroica-Variationen) Frederic Rzewski: 36 Variationen über „The People United Will Never Be Defeated“ (1975) Christopher Hinterhuber, Klavier
Karten & Informationen: styriarte-Kartenbüro Sackstraße 17, 8010 Graz Tel. 0316.825000 www.psalm.at
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FOTO: WAYRA Q’HANTATI
Donnerstag, 21. April 2011 (Gründonnerstag) Helmut-List-Halle, 19 Uhr
Ensemble Llajtaymanta (Argentinien): María Rosa Rosolén, Antonio Daniel Sabatini, Mario Heredia Salgueiro, Eduardo Ismael Hossein, Paco Alanez Pilco & José Omar Federico Freitag, 22. April 2011 (Karfreitag) Helmut-List-Halle, 19 Uhr TANZ DER GÖTTER
Perkussion, Tanz und Gesang Afoxé Loni (Brasilien/Deutschland): Dudu Tucci, Perkussion & musikalische Leitung Murah Soares, Tanz & tänzerische und choreographische Leitung Krista Zeißig, Fabiano Lima & Débora Saraiva, Perkussion Mariana Viana & Grécia Gouveia, Tanz Montag, 25. April 2011 (Ostermontag) Helmut-List-Halle, 19 Uhr ALLELUIA MEXICANA Schätze zur Osterzeit aus der Kathedrale von Oaxaca (Mexiko) Musik von Gaspar Fernández (1566–1629) und Manuel de Sumaya (1678–1755) Traditionelle argentinische Musik auf Barockinstrumenten Yetzabel Arias Fernández, Sopran Katrin Wundsam, Mezzosopran Maria Weiss, Mezzosopran Gernot Heinrich, Tenor Günter Haumer, Bariton
FOTO: WERNER KMETITSCH
FOTO: MLADEN SEVER
völkerübergreifenden Figur schnell eine Möglichkeit, ihren Kult um die Gottesmutter Maria mit vertrauten Vorstellungen zu verbinden. Und so kam es zu einer Verschmelzung beider weiblichen Figuren. Musikalisch erzählt davon das argentinische Ensemble Llajtaymanta im Konzert „Pachamama y la virgen“. Es gilt bis heute in Brasilien als dämonisches Wort: Candomblé. In geheimen Riten werden Dämonen beschworen. In der Karwoche steuern die Rituale ihrem Höhepunkt zu. Trommelmusik bereitet die Ekstasen vor, in denen sich die Teilnehmer in einen Rausch hineinsteigern und Opfer vollziehen, um magische Kraft zu erhalten. Die brasilianische Gruppe Afoxé Loni macht in einer faszinierenden Vorstellung aus Tanz und
Sonntag, 17. April 2011 (Palmsonntag) Helmut-List-Halle, 19 Uhr
Bach Consort Wien Leitung: Rubén Dubrovsky
Samstag, 2. Juli Schloss Eggenberg, 20 Uhr
Play it again, styriarte! styriarte doppelt gut
Sonntag, 3. Juli Stefaniensaal, 11 Uhr YESTERDAY
Arrangements für Cello-Ensemble von Mozart bis zu den Beatles Die Acht Cellisten Leitung: Rudolf Leopold Sonntag, 3. Juli, 11 Uhr Montag, 4. Juli, 20 Uhr Schloss Eggenberg TRÄUMEREI Beethoven: „Mondscheinsonate“ Schumann: Träumerei aus „Kinderszenen“ Stücke von Liszt, Chopin, Schubert u. a. Stefania Neonato, Hammerflügel
Donnerstag, 7. Juli, 20 Uhr Freitag, 8. Juli, 20 Uhr Schauspielhaus TANGO SENSATIONS
Piazzolla: Tango Sensations u. a. Werke von Gershwin, Bach, Gardel, Strawinsky und Nisinman Marcelo Nisinman, Bandoneon casalQuartett Karten und Informationen: Tel.: 0316.825 000 www.styriarte.com
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enn sich die styriarte aufmacht, ein ganzes Festival dem „schweren Leichten“ zu widmen, dann ist die Hitdichte erwartungsgemäß groß. So empfindet es offensichtlich auch das Publikum, das einige Programme so stürmisch nachgefragt hat, dass beim besten Willen nicht alle Kartenwünsche hätten befriedigt werden können. Doch wunderbarerweise haben sich im eng gewebten Terminplan des Festivals noch einige Lücken aufspüren lassen, die in drei Fällen etwas möglich machen, was sonst im Klassikbetrieb eher ungewöhnlich ist: „Just play it again!“
Yesterday Drei besonders gefragte Konzerte der styriarte werden also wiederholt. Den Anfang machen „Die Acht Cellisten“ unter Leitung von Rudolf Leopold – Grenzgänger der Klassik, die gute Musik überall finden, ob bei den Beatles oder bei Bach. Und wer sie am Samstag, dem 2. Juli abends in Schloss Eggenberg nicht hören kann, der hat nun am 3. Juli noch einmal die Gelegenheit dazu. Geboten werden „Greatest Hits“ aus drei Jahrhunderten – von Gustav Mahlers 34
„Adagietto“ bis zu „Yesterday“ von den Beatles.
Träumerei Es gibt Klavierprogramme, die wagen es, neu zu interpretieren, was jedermann zu kennen glaubt. Aber Beethovens „Mondscheinsonate“, Liszts „Liebestraum“, Schumanns „Träumerei“ und Chopins Sonate „mit dem Trauermarsch“ in einem Konzert zu präsentieren, das ist doch schon etwas ganz Besonderes. Stefania Neonato hat sich diese Zusammenballung von Ohrwürmern auf ihr Hammerklavier gelegt. Ein Da Capo zum Programm am 3. Juli in Schloss Eggenberg gibt es am 4. Juli abends im Planetensaal.
Tango Sensations Gar nicht verträumt geht es bei den „Tango Sensations“ zu, die der Bandoneonspieler Marcelo Nisinmann und das Schweizer casalQuartett am 7. Juli, und in der Wiederholung auch am Freitag, dem 8. Juli abends im Grazer Schauspielhaus präsentieren. Astor Piazzollas Vermächtnis, sein großer, letzter Tangozyklus, steht im Mittelpunkt des Programms. Thomas Höft
DA S SUJET
Mohnblumen bei Argenteuil Zum Titelmotiv der styriarte 2011
FOTO: RMN (MUSÉE D’ORSAY) / HERVÉ LEWANDOWSKI
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ür Pariser in der Epoche der dritten Republik hatte die Leichtigkeit des Seins vor allem einen Namen: Argenteuil. Nach der Niederlage gegen Deutschland und dem Sturz Napoleons III. wehte zwar ein neuer Geist von Freiheit durch die Metropole, doch das Leben in der Hauptstadt wurde dadurch nicht weniger anstrengend. Paris wuchs und wuchs, und nur weit draußen vor den Toren der Stadt, an den Ufern der Seine, konnte man Kraft für den Moloch schöpfen. Also drängten sich Wochenende für Wochenende Tausende von Sonnhungrigen, Stressgeplagten, Natursüchtigen in die Eisenbahnzüge Richtung Westen. Ihr erstes Ziel: Argenteuil, damals ein verschlafenes Nest von 7000 Einwohnern, bekannt für seine malerische Lage an der Seine, wo noch 1924 die olympischen Ruderwettbewerbe stattfanden. Heute ist von alldem nichts mehr übrig. Die Industrie hat Argenteuil fest im Griff, die HunderttausendEinwohner-Stadt zählt zu den berühmt-berüchtigen Vororten im Westen von Paris. In vielen Museen der Welt aber kann man das alte Argen-
Claude Monet: Les Coquelicots à Argenteuil (Mohnblumenfeld bei Argenteuil), 1873
teuil noch bewundern, so, wie es eine kleine Schar von Künstlern mit geübtem Auge sah und malte: die Impressionisten. Auch sie kamen nach Argenteuil zum Baden und Spazierengehen, Essen und Trinken, Rauchen und Schwatzen. Doch sie hielten die Leichtigkeit dieses VorortDaseins in ihren Bildern fest. Claude Monet kam 1872 als erster hierher, ein junger Mann von 31 Jahren, der sich mit seiner jungen Familie inmitten des Mohns ansiedelte. Sie hatten es ihm angetan, die üppigen Mohnfelder von Argenteuil, denen er 1873 eines seiner berühmtes35
ten Bilder widmete. Eine junge Frau geht einen Abhang voller Mohn hinab, ihr kleines Kind versinkt fast im hohen Gras. Oben auf dem Hang folgen eine zweite Frau und ihr Kind. Die Hüte wehen im Wind, er streift durch die Felder. Fast meint man, das wogende Gras zu hören. Alles ist leicht, beinahe durchsichtig gemalt bis auf die Mohnblumen, die durch ihr kräftiges Rot hervorstechen. Sie werden zum Symbol dieses vollkommenen Sommertages, seiner zarten Stimmung, seiner federleichten, unbeschwerten Heiterkeit. Ein ideales Titelmotiv für ein Festival, das dem so schwer zu beschreibenden, so schwer zu erreichenden Leichten gewidmet ist. Josef Beheimb