VIVALDI IN WIEN 17. & 18. Oktober 2016
Montag, 17. Oktober 2016, 19.45 Uhr Dienstag, 18. Oktober 2016, 19.45 Uhr Minoritensaal
Johann Joseph Fux (1660–1741) Ouverture a 6 in g, K 355 (aus „Concentus musico-instrumentalis“, 1701) Grave. Allegro. Grave – Rigadon – Trio Bouré – Aire la Double: Andante – Menuet – Aria in Canone: Poco allegro – Passacaille Antonio Vivaldi (1678–1741) Violinkonzert in d, op. 9/8, RV 238 (aus „La cetra“, op. 9) Allegro – Largo – Allegro Johann Joseph Fux Ouvertüre in G zur Oper „Orfeo ed Euridice“, K 309 [ohne Tempobezeichnung] – Adagio – Menuette Antonio Vivaldi Violinkonzert in G, op. 9/10, RV 300 (aus „La cetra“, op. 9) Allegro molto – Largo cantabile – Allegro
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Johann Joseph Fux Le dolcezze e l’amerezze della notte, E 112 Der Nachtwächter – Menuette – Fantasie notturne – Ronfatore – Aria: Presto Antonio Vivaldi L’autunno (Der Herbst) in F, op. 8/3, RV 293 (aus „Le quattro stagioni“) Allegro – Adagio molto – Allegro Johann Joseph Fux Rondeau, E 111 Antonio Vivaldi Konzert für zwei Oboen, Streicher und B.c. in d, RV 535 Largo – Allegro – Largo – Allegro molto
recreationBAROCK Leitung: Rüdiger Lotter, Violine
Konzertdauer: Erster Teil: ca. 50 Minuten Pause: ca. 25 Minuten Zweiter Teil: ca. 40 Minuten
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AD NOTAM
Zwei Todesfälle Wer heutzutage über den Wiener Karlsplatz schreitet und am Hauptgebäude der Technischen Universität vorübergeht, wird kaum einen Gedanken ausgerechnet an Antonio Vivaldi verschwenden. Tatsächlich aber ruht der große venezianische Geiger und Komponist just dort, wo seine sterblichen Überreste am 28. Juli 1741 zu Grabe getragen wurden: auf dem früheren „Spitaller Gottesacker“. In der Nacht zuvor war der 63-jährige Vivaldi verstorben. Seine letzte Wohnung lag nicht zufällig neben dem Kärntnertortheater. Offenbar bereitete er dort eine Produktion seiner Oper „L’oracolo in Messenia“ vor, die dann erst im Fasching 1742 zur Wiener Erstaufführung kam, und zwar mit dem ausdrücklichen Vermerk: „Musik von dem verstorbenen berühmten Don Antonio Vivaldi“. Das Begräbnis, das man ihm hatte zuteilwerden lassen, war keineswegs ruhmreich. Seine Hinterlassenschaft reichte nur für „Kleingeleuth, 6 Trager mit Mantl, 6 Windlichter, 6 Kuttenbuben“ sowie für die Bahre mit Tuch und Pfarrbild. Alles in allem 19 Gulden 45 Kreuzer kostete diese Bestattung – ein Neuntel dessen, was ein anderes Wiener Komponistenbegräbnis im selben Jahr an Kosten verschlungen hatte: Am 16. Februar war der Kaiserliche Oberkapellmeister Johann Joseph Fux im Stephansdom beigesetzt worden, und zwar mit allem „Pompe funèbre“, wie er es eigentlich nicht hatte haben wollen, wie es sich aber für einen treuen Diener dreier Habsburgerkaiser nach 45 Dienstjahren geziemte. Der Heimgang der beiden Komponisten ist ein schönes Paradox: Der bescheidene Bauernsohn Fux, der sein Leben lang auch mit dem Budget der Kaiserlichen Hofkapelle sparsam umgegangen war, wurde mit 81 Jahren verschwenderisch zu Grabe getragen, der venezianische Priester und Geigenstar Vivaldi dagegen, dem man nachsagte, im Laufe seines Lebens Unsummen verschleudert zu haben, musste sich, noch in der Blüte des frühen Alters dahingerafft, mit einem einfachen Begräbnis begnügen. Was die genaue Verortung ihrer Grabstätten betrifft, sind sich beide Meister posthum doch wieder gleich geworden: Wo genau Fux in den Grüften des Stephansdoms be3
graben liegt, weiß heute keiner mehr zu sagen – ebenso wenig wie im Falle des Vivaldi’schen Grabs unter der Technischen Universität. Die Koinzidenz der beiden Todestage vor nunmehr 275 Jahren hat das Programm des heutigen Abends inspiriert. recrationBarock führt den Steirer Fux und den Venezianer Vivaldi in einem musikalischen Wettstreit zusammen, den sie zu Lebzeiten nie direkt ausfechten mussten. Zwar kamen sie sich 1728 einigermaßen nahe, als Kaiser Karl VI. von Graz kommend Triest besuchte und dort Vivaldi in einer langen Privataudienz empfing. In Triest waren es die Violinkonzerte des Opus 9 von Vivaldi, die den Kaiser entzückten, auf der Rückreise in Graz ließ er sich an der Seite seiner Gemahlin Elisabeth Christine die Fux’sche Oper „Orfeo ed Euridice“ vorführen. Ansonsten hatten der Kaiserliche Oberkapellmeister Fux und der geigende Priester aus Venedig nichts miteinander zu tun. Erst mit Vivaldis überraschendem Entschluss, 1740 seine Heimat zu verlassen und sich nach Wien aufzumachen, hätte neuerlich eine Art Konkurrenz entstehen können, wäre Kaiser Karl VI. nicht überraschend am 20. Oktober 1740 an einer Pilzvergiftung verstorben. Die blutjunge Erzherzogin Maria Theresia hatte um ihr Erbe zu kämpfen und kein Ohr für einen zwar berühmten, aber in Wien seinerzeit deplatzierten Komponisten und Priester aus Venedig. Während Fux in seiner Lebensstellung bei Hofe unangetastet blieb und dem verstorbenen Kaiser mit seinem Requiem die letzte Ehre erwies, musste Vivaldi in der Stadt Wien antichambrieren und sich mit dem Verkauf von 12 Violinkonzerten an den Grafen Collalto mühsam über Wasser halten. Rüdiger Lotter macht die Probe aufs Exempel, wie ein musikalischer Wettstreit zwischen den beiden hätte ausgehen können, wären sie einander früher begegnet, etwa 1728 in Graz.
An vierter Stelle dieser Sammlung findet sich die Ouvertüre a 6 in g-Moll. Sie erfüllt in jeder Hinsicht die festlichen Erwartungen an eine Orchestersuite für zwei Oboen, Fagott und Streicher. Nach der typischen „französischen Ouvertüre“ mit ihren pathetischen punktierten Rhythmen und dem fugierten Mittelteil folgt als erster Tanz ein schmissiger Rigaudon. Im Trio schieben die Bläser eine „Bouré“ ein, so französisch, als wäre sie direkt der erlesenen Bläsermusik des Sonnenkönigs in Versailles entsprungen. Dabei trugen die Oboisten der Wiener Hofkapelle hiesige Namen: Franz und Roman Glätzl. Sie kamen just 1701 in die Hofkapelle, als Fux zwei Oboisten brauchte, um seine wunderbare g-Moll-Suite aus dem „Concentus“ aufzuführen. Als wenige Jahre später Franz Glätzl verstarb, trat André Wittmann an seine Stelle, dem Fux bescheinigte, er sei auf der Oboe ein „dergestalten Virtuos als ich noch allhier keinen gehört habe“. Die folgenden Sätze der g-Moll-Ouvertüre lassen zwar keine Oboensoli mehr erkennen, doch können diese unschwer ins Tutti eingebaut werden. Die „Aire la Double“ mutet entsprechend dem Titel besonders französisch an, die „Aria in Canone“ eher italienisch, getragen von einem Kanon im Einklang zwischen den beiden Oberstimmen. Eine wundervolle „Passacaille“ krönt diese großartige Suite, die so unterhaltsam und eingängig ist wie jede Orchestersuite von Telemann, Fasch oder Bach – nur leider weitaus seltener aufgeführt wird. Fuxoper in Graz
Unsere Musikbeispiele aus dem Fux’schen Œuvre beginnen lange, bevor Karl VI. Kaiser wurde, nämlich 1699 mit der Hochzeit seines ungeliebten älteren Bruders Joseph. Der damals schon zum „Römischen König“ gewählte legitime Nachfolger seines kaiserlichen Vaters wurde angeblich zu den Klängen des „Concentus musico-instrumentalis“ von Johann Joseph Fux verheiratet – wenn man der These Glauben schenken möchte, dass sich diese monumentale Sammlung von Orchestersuiten mehr auf die Wiener Hochzeit von 1699 als auf den Ausbruch des Spanischen Erbfolgekrieges bezieht. Dieser tobte bereits, als Fux 1701 seinen „Concentus“ zum Druck beförderte.
Kaiser Karl VI. war noch ein junger Mann von 30 Jahren, als ihm sein Vizekapellmeister Fux 1715 die Oper „Orfeo ed Euridice“ zum Geburtstag schenkte. Der Kaiser muss sich für diesen ersten Wiener „Orfeo“ des 18. Jahrhunderts – knapp 50 Jahre vor dem zweiten von Gluck – eine besondere Liebe bewahrt haben, befahl er doch, gerade diese Oper aufzuführen, als er an der Seite seiner Kaiserin 1728 auf dem Rückweg von Triest erneut durch Graz kam. Die stürmischen Violinpassagen des „prete rosso“ noch im Ohr, muss der konservative Kaiser bei den gediegenen Klängen der Fux’schen Orpheus-Ouvertüre ein behagliches Wohlergehen empfunden haben. Zeitlebens war dem jovialen, aber zeremoniösen Karl, der am liebsten spanischer König geblieben wäre, der Kontrapunkt eines Fux lieber als die verwegenen Streicherstürme eines Vivaldi. So kam es zu dieser sicher verbürgten Fux’schen Opernaufführung in Graz – ganz im Gegensatz zu all jenen angeblichen Aufführungen Vivaldi’scher Opern am Grazer Tummelplatz, die nie stattgefunden haben. Der Vivaldi-Forscher Reinhard Strohm hat diesen Mythos der Vivaldi-Forschung
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Eine Hochzeit
gründlich zerstört, der von dem Italiener Remo Giazzotto herrührte. Strohm kommt in seinem Buch über Vivaldis Opern auf nicht mehr als zehn Einlagearien von Vivaldi, die zwischen 1736 und 1740 in sechs verschiedenen Opern-Pasticci am Grazer Tummelplatz gesungen wurden. Keine dieser Opern stammte vollständig oder auch nur in großen Teilen von Vivaldi, wie man früher vermutet hatte. Aus diesem Grund wurde zwar eine Opernouvertüre von Fux, aber keine von Vivaldi in unser Programm aufgenommen. Vivaldi-Konzerte in Triest Ganz anders als in den Ouvertüren von Fux tönt es in den Violinkonzerten Opus 9 von Vivaldi: rauschend im Streichertutti, virtuos bis zum Exzess in den Geigensoli, galant singend in den langsamen Sätzen. Als der Venezianer dem Kaiser in Wien 1727 diese gedruckte Sammlung von zwölf Violinkonzerten mit dem Titel „La Cetra“ („Die Leier“) dedizierte, wurde der Habsburger hellhörig. Diesen Teufelskerl Vivaldi, der ja im Hauptberuf Priester war, musste er kennenlernen, zumal schon 1725 dessen „Vier Jahreszeiten“ mit einer Widmung an den böhmischen Grafen Morzin in Wien für Furore gesorgt hatten. Also gewährte Kaiser Karl dem Friseursohn Vivaldi beim Staatsbesuch in Triest 1728 eine lange Privataudienz. Die Begegnung war so ungewöhnlich, dass sie von den Höflingen erstaunt kommentiert wurde: Der Kaiser habe mit Vivaldi in zwei Wochen mehr gesprochen als mit seinen Ministern in zwei Jahren. Sicher werden die beiden nicht nur miteinander gesprochen, sondern auch musiziert haben: Der Kaiser war ein vorzüglicher Cembalist und konnte vom Cembalo aus das Orchester leiten. Vivaldi ließ sich die Gelegenheit, dem erlauchten Habsburger auch als Violinvirtuose zu imponieren, natürlich nicht entgehen, zumal er dem Kaiser gleich noch eine zweite Sammlung von zwölf Konzerten mit dem Titel „La Cetra“ nach Triest mitgebracht hatte. Diese zweite, handgeschriebene „Cetra“-Sammlung wird bis heute in Einzelstimmen in Wien verwahrt, ist aber durch das Fehlen der Solostimme zum Fragment geworden. Der erste Zyklus „La Cetra“ ist dagegen vollständig erhalten, im wunderschönen Amsterdamer Stimmendruck von 1727. Rüdiger Lotter spielt daraus die Concerti Nr. 8 und 10 in d-Moll und G-Dur.
allerhand Passagenwerk auftrumpft. Der Mittelsatz bleibt in der Grundtonart d-Moll (wie so oft bei Vivaldi) und breitet vor dem melancholischen Gesang des Solisten eine stockende Streichereinleitung aus. Das Finale wird von einem venezianischen Volkstanz eröffnet, um in virtuosen Passagen der Geige zu triumphieren. Freilich bleibt die Brillanz bescheiden, gemessen am GDur-Konzert derselben Sammlung: Wie hier der Geiger nach dem rauschenden Streichervorspiel mit einer einzigen riesigen Bariolage auf der leeren G-Saite einsetzt und diesen Bravour-Einstieg später eine Quint höher auf der leeren d-Saite wiederholt, wie er Tremolo, Spiccato, Doppelgriffe und Lagenspiel häuft, übertrifft die Brillanz selbst der „Vier Jahreszeiten“ bei weitem. Der Mittelsatz zählt zu Vivaldis schönsten Geigenmelodien über einem „Bassetto“, einem simplen, hohen Bass der Streicher. Im Finale hat Vivaldi simpelste Phrasen im galanten Stil gegen ein kraftvolles Unisono ausgespielt und der Geige ein Arsenal an galanten Wendungen voller technischer Finessen zugewiesen. Kaiser Karl dürfte über dieses Kunststück nicht schlecht gestaunt haben. Die Nacht alla Fux Im zweiten Teil des Konzerts dürfen unsere geneigten Zuhörer die beiden Komponisten als Meister der Tonmalerei miteinander vergleichen. Fux schilderte in einer bizarren Nachtmusik „Le dolcezze e l’amerezze della notte“, „Die Süßigkeiten und die Bitternisse der Nacht“. Vivaldi malte die Freuden und das Leid des Herbstes aus – im „Autunno“ aus seinen „Vier Jahreszeiten“.
Im d-Moll-Konzert Opus 9 Nr. 8 wollte Vivaldi dem Kaiser seine kontrapunktische Kunst beweisen. (Ein Fux hätte darüber nur milde lächeln können!) Der erste Satz steckt voller Imitationen und kunstvoller Chromatik im Streichorchester, während der Sologeiger mit Doppelgriffen und
Wenn Fux die Fensterläden an seinem „Hofquartier“ in der inneren Stadt schloss, wird er oft genug den eintönigen Gesang des Nachtwächters vernommen haben: „Hört, ihr Leut, und lasst euch sagen: unsere Glock hat fünfe schlagen! ... “ Eine steirische Variante dieses Nachwächterliedes kannte Fux sicher aus seiner Heimat: „Hört, ihr Herrn, und lasst euch sag’n: Der Nachbar hat sein Weib beim Krag’n; schaut’s aufs Fenster und aufs Liacht, dass er’s nit gar derwürgt!“ Welche Verse auch immer: Sie passen auf das Nachtwächterlied, das Fux an den Beginn seines seltsamsten Orchesterwerkes stellte. Die Abfolge der Sätze verleitet dazu, dem Ganzen ein Programm zu unterlegen: Zu Beginn erklingt das Nachwächterlied im fahlen Unisono der Streicher – so, als hörte der Hofkapellmeister Fux tatsächlich den Nachtwächter singen. Inspiriert von dessen merkwürdigem Cantus firmus im zweiten Kirchenton beginnt er sofort, darüber einen kunstvollen Kontrapunkt zu entwerfen. Das Nachtwächterlied wird in üppigen „Contrapunctus
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floridus“ getaucht und wandert als Cantus firmus durch die Stimmen. Am Ende fällt alles wieder in den eintönigen Trott des Nachtwächtergesangs zurück. Ein munteres Menuett in Dur – eines der volkstümlichsten, die Fux geschrieben hat – verscheucht zunächst die düsteren Vorahnungen einer unruhigen Nacht, doch schon das Trio malt in chromatischem Moll dunkle Schatten an die Wand. Um Mitternacht finden sie sich dann wirklich ein: die „Fantasie notturne“, die Schreckensbilder der Nacht. Fux hätte diesen Satz genauso gut „Fantasmi“ nennen können, „Gespenster“. Es handelt sich um pure Spukmusik. Erst tauchen in einer bebenden Klangfläche schemenhafte Gebilde auf, dann feiern die Gespenster in einer wilden Gigue fröhliche Urständ. Mehrfach wechseln das bizarre Adagio und der höllische Tanz miteinander ab. Erst mit den sanften Durterzen des nächsten Satzes scheint sich endlich beruhigender Schlaf einzustellen, doch nun tritt ein anderer Störenfried auf den Plan: der Schnarcher. Bizarre Läufe des Violone unterbrechen das sanfte Schlaflied immer wieder. Ob der rätselhafte Titel „Ronfatore“ sich darauf bezieht oder eher auf den Tanzrhythmus, ist unklar. Eine rasche Bourrée beendet diese Nachtmusik voller „Süßigkeiten und Bitternisse“. Der Herbst alla Vivaldi Noch eindeutiger, sprachlich wie musikalisch, ist das Programm zu Vivaldis „Herbst“-Konzert aus den „Vier Jahreszeiten“, denn der Komponist stellte dem Stimmendruck dieses Zyklus vier erklärende Sonette voran, die das Geschehen jeder Jahreszeit erläutern. Die Gedichtzeilen kehren in den Noten wieder, so dass jeder Spieler genau weiß, was er darzustellen hat. Im ersten Satz des „Herbstes“ handelt es sich um ein Fest der Landleute mit Tanz, in das plötzlich ein Betrunkener hineintorkelt. Die Solovioline stellt seine hilflosen Bewegungen in bizarren Figurationen dar. Nachdem er von den anderen Bauern hin und her geschubst wurde, fallen alle ziemlich betrunken in einen kurzen Schlaf, bevor das Tanzthema des Festes noch einmal wiederkehrt. Danach müssen alle ihren Rausch gründlich ausschlafen: „Il sonno“, „Der Schlaf“ heißt der Mittelsatz mit seinen liegenden Streicherakkorden und den gebrochenen Dreiklängen des Cembalos. Dermaßen ausgeruht, kann man im Finale zur Jagd aufbrechen. Galoppierende Pferde und Hörnerschall, von den Streichern trefflich imitiert, eröffnen den Satz. Bald nehmen die kläffenden Hunde die Fährte des Hirsches auf, der vor ihnen flieht (Sologeige). Fintenschüsse knallen, das arme Tier wird getroffen und verendet kläglich, bevor das Halali der Hörner den Satz beendet. 8
Rondeau aus Dresden Unter dem unscheinbaren Titel „Rondeau“ verwahrte man im Dresden des 18. Jahrhunderts einen kleinen Schatz Fux’scher Orchestermusik, der sich an der Elbe offenbar großer Beliebtheit erfreute. Es handelt sich um eine Chaconne en Rondeau, also einen jener Sätze in ständigen Vier-Takt-Gruppen, wie man sie aus der Orchestermusik eines Lully oder Purcell kennt. Fux konnte mit diesen prominenten Vorbildern an Lieblichkeit durchaus konkurrieren, wobei hier neben der Solovioline besonders das Fagott virtuos bedacht ist. Doppelkonzert für Wien? Ob Kaiser Karl VI. bei seiner Begegnung mit Vivaldi 1728 in Triest auch Werke für die Wiener Hofkapelle bestellte, weiß man nicht. Das Doppelkonzert d-Moll für zwei Oboen und Streicher RV 535 könnte durchaus für die kaiserlichen Solo-Oboisten komponiert worden sein, denn es zählt zu den ungewöhnlichsten Konzerten von Vivaldi: Kein rauschendes Allegro steht am Anfang, sondern ein pathetisches Largo im Dreiertakt, von dauernden Pausen unterbrochen. Im folgenden Allegro verbündet sich die erste Oboe mit den ersten Violinen, die zweite mit den zweiten, während die beiden Solisten im nachfolgenden Largo mit dem Continuo alleine bleiben. Nach diesem Trio-Intermezzo beendet ein bizarres Allegro über absteigende Dreiklänge mit seltsamen Fermaten dieses beinahe mürrische Konzert.
Josef Beheimb
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DIE INTERPRETEN Rüdiger Lotter, Violine & Leitung Als einer der interessantesten und vielseitigsten Barockgeiger seiner Generation macht sich Rüdiger Lotter inzwischen auch als Dirigent einen Namen im Bereich der historischen Aufführungspraxis. So dirigierte er Ende 2014 beim Festival des Westdeutschen Rundfunks, den „Tagen der Alten Musik“ in Herne, in einer umjubelten Aufführung Glucks Oper „Orfeo“. Ebenso enthusiastisch reagierten Publikum und Presse auf zwei von Rüdiger Lotter geleitete Arienabende mit dem Sopranisten Valer Sabadus im Opernhaus Düsseldorf und im Prinzregententheater München. Seine Interpretation der Brandenburgischen Konzerte, die er mit der Hofkapelle München für Sony Music 2013 vorlegte, wurde von der Fachpresse mit Lob überschüttet. Seine kammermusikalische Zusammenarbeit mit Künstlern wie Ronald Brautigam, Hille Perl oder Irvine Arditti belegen seine Vielseitigkeit ebenso wie seine Aufgeschlossenheit auch zur zeitgenössischen Musik. Als Kammermusiker mit seinem Kammerensemble Lyriarte oder dem Einstein-Klaviertrio und als Solist tritt er regelmäßig bei wichtigen Festivals auf. Rüdiger Lotter erhielt mehrere Auszeichnungen, so beim renommierten Wettbewerb „Premio Bonporti“ in Rovereto (Italien) und beim internationalen „Johann-Heinrich-Schmelzer-Wettbewerb“ in Melk (Österreich). 2007 war Rüdiger Lotter Gastprofessor an der staatlichen Hochschule für Musik Trossingen. Als Spezialist für historische Aufführungspraxis arbeitet er auch mit Orchestern wie dem Sinfonieorchester des WDR, den Bremer Philharmonikern, dem Stuttgarter Kammerorchester, dem Orchester der Ludwigsburger Schlossfestspiele, dem „Teatro di Liceu“ Barcelona und recreationBAROCK zusammen und er ist auch Konzertmeister des styriarte Festspiel-Orchesters.
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Seit 2009 ist Rüdiger Lotter künstlerischer Leiter der Hofkapelle München. Als künstlerischer Leiter der Hasse-Gesellschaft München setzt er sich zudem intensiv für die Wiederentdeckung des Werks von Johann Adolph Hasse ein. 2011 wurde auf seine Initiative hin Hasses Oper „Didone Abbandonata“ im Münchner Prinzregententheater mit großem Erfolg wieder aufgeführt. Rüdiger Lotter spielt eine Violine von Jacobus Stainer, die sich zuvor im Besitz von Reinhard Goebel befand. 11
Foto: Werner Kmetitsch
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DIE HEUTIGE BESETZUNG Violine 1 • Rüdiger Lotter (Konzertmeister) • Marina Bkhiyan • Albana Laci • Harald Martin Winkler • Violine 2 • Barbara Haslmayr • Simone Mustein • Toshie Shibata • Viola • Ingeburg Weingerl-Bergbaur • Lucas Schurig-Breuß • Violoncello • Ruth Winkler • Kontrabass • Tim Dunin • Oboe • Georg Fritz • Andrea Dujak • Fagott • Tonia Solle • Cembalo • Eva Maria Pollerus 13
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AUS DER NEUEN WELT Sie versteht sich auf den „American Way of Music“: Karina Canellakis, „Assistant Conductor“ in Dallas und gefragte Gastdirigentin von Chicago bis New York. Nachdem sie 2015 bei der styriarte für Nikolaus Harnoncourt eingesprungen war, um eine bravouröse Achte von Dvoˇrák zu dirigieren, darf man nun auf ihre Neunte gespannt sein. „Den Einfluss von Amerika muss jeder, der Gespür hat, herausfühlen.“ So schrieb Dvoˇrák 1893 über seine e-Moll-Sinfonie. Wie ein gebürtiger Amerikaner 20 Jahre später sein Land in Töne fasste, kann man aus der Musik von Charles Ives erfahren.
Johannes Brahms: Tragische Ouvertüre, op. 81 Charles Ives: Three Places in New England Antonín Dvoˇrák: Symphonie Nr. 9 in e, op. 95, „Aus der Neuen Welt“
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recreation • GROSSES ORCHESTER GRAZ Dirigentin: Karina Canellakis Einführung im Saal um 19.15 Uhr.
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Orchestervorstand: Heide Wartha • Simone Mustein • Karlheinz Kunter • Manuela Höfler Orchesterintendant: Mathis Huber Chefdirigent: Michael Hofstetter Organisation: Gertraud Heigl Inspizient: Matti Kruse
Wir stillen
Müßiggang war Bach fremd, auch zu Weihnachten. Kaum waren die Weihnachtskantaten einstudiert, mussten schon die nächsten Konzerte im Zimmermann’schen Kaffeehaus vorbereitet werden. Aus diesem Stoff entwickeln Eva Maria Pollerus und Stefan Gottfried ihr Adventprogramm: Doppelkonzerte für zwei Cembali von Bach, kombiniert mit seiner Weihnachtspastorale, dem Weihnachtskonzert von Locatelli, das Bach in Leipzig dirigiert hat, und einem der schönsten Vivaldikonzerte. Cembali im Glitzerglanz und stimmungsvolle Streicherklänge. Medienpartner:
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Samstag, 3. Dezember 2016 (styriarte-Advent), 19.45 Uhr – Minoritensaal Sonntag, 4. Dezember 2016 (styriarte-Advent), 19.45 Uhr – Minoritensaal Montag, 5. Dezember 2016, 19.45 Uhr – Minoritensaal Dienstag, 6. Dezember 2016, 19.45 Uhr – Minoritensaal
BACH AN DER KRIPPE
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Bach: Konzert für 2 Cembali in c, BWV 1060 Konzert für 2 Cembali in C, BWV 1061 Pastorale in F, BWV 590 Locatelli: Concerto grosso in f, op. 1/8, „Weihnachtskonzert“ Vivaldi: Concerto per 4 violini e violoncello in h, op. 3/10, RV 580 Eva Maria Pollerus, Cembalo recreationBAROCK Leitung: Stefan Gottfried, Cembalo
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Eine Produktion