Pressemitteilung
Bozen, den 9. Mai 2017
Ausführliche Stellungnahmen der ehemaligen Landtagsabgeordneten Dr. Eva Klotz, den amtierenden Landtagsabgeordneten Sven Knoll, Myriam Atz Tammerle und Bernhard Zimmerhofer sowie dem Toponomastikexperten Dr. Cristian Kollmann.
Kurzer Rückblick auf bisherige Initiativen der Süd-Tiroler Freiheit zur Toponomastik (Eva Klotz).
Mit der Landtags-Kandidatur des Wahlverbandes des Heimatbundes im Jahr 1983 wurde die Ortsnamenfrage ein zentrales Thema. Die gerechte Lösung dieses Problems war von Anfang an eine unserer Hauptforderungen, und einer meiner ersten Beschlussanträge zielte darauf ab. Fakt ist, dass das Koalitionsprogramm von SVP und DC aus dem Jahr 1984 die Regelung dieser Frage unabhängig von den Vorgaben der tolomeisch-faschistischen Dekrete vorsah. Dies geschah auf Nachdruck von Alfons Benedikter, der später immer wieder auf diese nicht erfüllte Forderung hingewiesen hat. Auch die Junge Generation in der SVP stand 1984 noch klar hinter dieser Forderung. Was danach kam, war eine Aufweichung der anfänglichen Ausrichtung, und die SVP ließ sich von einem Kompromiss auf den anderen ein. Ich habe im Landtag mit Beschlussanträgen und Gesetzentwürfen getan, was ich konnte, und so zumindest dafür gesorgt, dass dieses faschistische Kulturverbrechen immer wieder ein Thema war.
Vorstellung der Broschüre und des Plakats für die Petition (Cristian Kollmann).
Zum Thema Toponomastik gibt es viele Zugänge: historische, wissenschaftliche, politisch-ideologische, ja auch moralische. Uns als Süd-Tiroler Freiheit war es immer schon ein großes Anliegen, dass auf möglichst allen Ebenen diskutiert wird. Die historisch-wissenschaftliche Seite ist dabei oft zu kurz gekommen. Es kann nicht oft genug gesagt werden, dass Orts- und Flurnamen, genau so wie Personennamen, identitätsstiftend sind. Sie sind Zeugen der Siedlungsgeschichte eines Gebiets, und mit der Manipulation von Orts- und Flurnamen geht die Manipulation eines Gebiets und seiner Bewohner einher. Diesbezüglich gibt es überhaupt nichts zu relativieren. Doch leider ist dies dennoch immer wieder geschehen, in letzter Zeit – man denke an den Appell der Mitglieder der Accademia della Crusca für den Erhalt der faschistischen Toponomastik in Südtirol („Alto Adige“) – auch vermehrt unter dem Deckmantel der Wissenschaft und mit dem Anspruch, dass eine so genannte mehrsprachige Toponomastik dem friedlichen Zusammenleben dienlich sei. Beides kann sehr leicht widerlegt werden: Ettore Tolomei, der Erfinder des „Alto Adige“, ist in keinster Weise wissenschaftlich vorgegangen. Dafür lassen sich zahlreiche Beispiele beibringen, von denen einige wenige auch in der Broschüre Erwähnung Süd-Tiroler Freiheit – Freies Bündnis für Tirol Laubengasse 9 | 39100 Bozen Telefon und Fax +39 0471 970208 | info@suedtiroler-freiheit.com
2 finden. Tolomeis Namen können niemals als Kulturgut reinterpretiert werden – auch wenn sich die Wissenschaftler im Dunstkreis der Accademia della Crusca noch so darum bemühen. Erfundene und teilweise rekonstruierte Namen, die bis heute den Zweck erfüllen, die Geschichte und Gegenwart Südtirols in ein falsches Licht zu rücken, sind und bleiben Ausdruck von Kulturverbrechen! Aus diesem Grund ist die tolomeisch-faschistische Toponomastik nicht förderlich, sondern nur hinderlich für ein friedliches Zusammenleben. Sie baut Mauern zwischen den Sprachgruppen auf, da sie den Italienern eine Scheinwelt vorspielt, die nie existiert hat und immer noch nicht existiert. Alle Südtiroler, aber insbesondere unsere italienischen Mitbürger, sind herzlich dazu eingeladen, die Petition mitzuunterzeichnen. Damit zeigen sie, dass sie bereit sind, auf faschistisches Namen- und Gedankengut zu verzichten und einen Beitrag für das friedliche Zusammenleben zu leisten. Auf der Titelseite der Broschüre sowie auf dem Plakat sind Wegweiser dargestellt. Ein Wegweiser zeigt zum „Klockerkarkopf“, und dieser steht für „Kulturgut“. Im Hintergrund scheint die Sonne. Der andere Wegweiser zeigt zur „Vetta d’Italia“, und dieser Begriff steht für „Kulturverbrechen“. Im Hintergrund ziehen dunkle Wolken auf. In der Broschüre erfolgt der Einstieg in die Thematik über die Familiennamen. Wir wollen in Erinnerung rufen, dass es im Faschismus Bestrebungen gab, nicht nur die Orts- und Flurnamen, sondern auch die Personen- und Familiennamen zu italianisieren, doch dass diese Maßnahme nur teilweise umgesetzt werden konnte. Von den Personen- und Familiennamen wird dann in der Broschüre auf die Ortsund Flurnamen übergegangen. Es soll klargemacht werden, dass Namen, egal ob Personen-, Familien-, Orts- oder Flurnamen, in jedem Fall Teil des kollektiven kulturellen Erbes einer Gemeinschaft sind und dass ein Angriff auf einen Namen die Würde einer Person bzw. einer Landschaft verletzt. Der Urheber der faschistischen Namengebung darf in der Broschüre natürlich auch nicht fehlen: Ettore Tolomei. Es wird kurz erklärt, was hinter dem Konzept des „Alto Adige“ eigentlich steckt und warum dieser Begriff so abwegig ist. Ebenso abwegig sind weitere tolomeisch-faschistische Begriffe wie „Vetta d’Italia“, „Collalbo“ und viele mehr. Die Absurdität dieser Namenskreationen wird besonders durch Rückübersetzung deutlich, etwa ‚Weißbichl‘ für „Collalbo“, ergo Klobenstein. Sehr wichtig erschien es uns, daran zu erinnern, dass die Junge Generation der Südtiroler Volkspartei im Jahr 1984 ebenfalls eine Toponomastikbroschüre herausbrachte, mit der sie die Abschaffung der faschistischen Ortsnamen forderte. Die Argumentation von damals haben wir teilweise exzerpiert, und es mag für den Einen oder Anderen heutigen SVP-Exponenten verblüffend sein festzustellen, wie sehr seine Partei indes von ihrer damals streng antifaschistischen und antirelativierenden Position abgerückt ist. Wir hoffen auch, dass die heutigen politischen Verantwortlichen, die diese Broschüre in den Händen halten werden, sich rückbesinnen und sich zum Umdenken bewegen lassen.
Details zur Petition (Sven Knoll).
Wir haben uns lange überlegt, wie wir den Text für die Petition formulieren sollten. Wir gehen davon aus, dass sich die Mehrheit der Südtiroler in einem Punkt einig ist: Süd-Tiroler Freiheit – Freies Bündnis für Tirol Laubengasse 9 | 39100 Bozen Telefon und Fax +39 0471 970208 | info@suedtiroler-freiheit.com
3 Die faschistischen Dekrete dürfen nicht die Grundlage für die Lösung der Ortsnamenfrage bilden. Nun gilt es, mit einer Willensbekundung zum Ausdruck zu bringen, dass diese Dekrete abgeschafft gehören. Und genau darauf beschränkt sich der fordernde Teil der Petition, den ich Ihnen im Folgenden vorlese: Die Unterzeichnenden fordern die italienische Regierung und den Südtiroler Landtag auf, dafür zu sorgen, dass die faschistischen Dekrete (Regio decreto Nr. 800 vom 29. März 1923; Decreto ministeriale Nr. 147 vom 10. Juli 1940; Regio decreto Nr. 6767 vom 9. März 1942) abgeschafft werden. Die ausgefüllte Unterschriftenliste kann wahlweise an folgende Empfänger gesendet:
als Brief (an Süd-Tiroler Freiheit, Laubengasse 9, 39100 Bozen). als Fax (an +39 0471 970208). als eingescannte pdf-, Bilddatei oder als Foto (an info@suedtirolerfreiheit.com). als Foto über WhatsApp (an +39 333 3024111).
Die Broschüre kann auch online auf der freiheit.com/toponomastik heruntergeladen werden.
Seite
www.suedtiroler-
Unterschreiben können alle in Südtirol wahlberechtigte Bürger – entweder auf der Unterschriftenliste in Papierform oder direkt online. Die von uns angestrebte Anzahl der Unterschriften beläuft sich auf 25.000. Die Laufzeit der Petition erstreckt sich noch über das ganze Jahr 2017. Die gesammelten Unterschriften werden wir dann dem Südtiroler Landtag und der italienischen Regierung vorlegen, da zum Einen der Südtiroler Landtag die primäre Zuständigkeit in der Ortsnamengebung hat und es sich zum Anderen um Dekrete handelt, die auf Staatsebene eingeführt wurden.
Vorstellung von Rahmenveranstaltungen (Myriam Atz Tammerle).
Wie bei unseren Kampagnen in der Vergangenheit wird auch diese Aktion von Rahmenveranstaltungen begleitet. Neben dem Großflächenplakat, das ab Mitte Mai an 200 Bushaltestellen zu sehen sein wird, und den 90.000 Broschüren, die auch als Zeitungsbeilage unter die Leute kommen sollen, werden wir in ganz Südtirol Infostände, insbesondere auf Märkten, unterhalten und Infoabende veranstalten. In ca. 14 Tagen werden wir eine Liste veröffentlichen, die informiert, wo überall unterschrieben werden kann (z. B. in Geschäften und Gasthäusern), da die Broschüre mit der Unterschriftenliste dort aufliegen wird. Ebenso vorgesehen sind ein Radiospot sowie weitere Aktionen, über die wir Ihnen zum gegebenen Zeitpunkt mehr verraten werden. In der Endspurtphase unserer Aktion werden wir noch einmal 800 Plakate in Standardgröße aufhängen. Zudem ist es uns ein großes Anliegen, dass auch die Bevölkerung außerhalb Südtirols über unsere Petition informiert und dafür sensibilisiert wird. Wir denken Süd-Tiroler Freiheit – Freies Bündnis für Tirol Laubengasse 9 | 39100 Bozen Telefon und Fax +39 0471 970208 | info@suedtiroler-freiheit.com
4 hierbei besonders an die Südtiroler Heimatfernen, an die wir die Broschüre zusenden werden.
Erläuterungen zum Paradefall „Vetta d’Italia“ und Vorstellung der ASTATStudie zur Toponomastik (Bernhard Zimmerhofer).
Noch in der laufenden Legislaturperiode wird ein Beschlussantrag behandelt werden, mit dem wir die Rückbenennung von „Vetta d’Italia“ in „Klockerkarkopf“ fordern. Diese Maßnahme hatte Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder gegen Ende seiner Amtszeit verheißungsvoll angekündigt, doch seinen Worten sind keine Taten gefolgt. Fakt ist nämlich: Die Südtiroler Volkspartei hat die „Vetta d’Italia“ nun doch wieder auf die Liste jener faschistischen Namen gesetzt, die es zu retten gilt. Dabei gibt es in ganz Südtirol keinen Berg, dessen Name symbolischer nicht sein könnte, zumal er bis heute die „italianità“ Südtirols bis zum (angeblich) nördlichsten Punkt Italiens markieren soll. Auch wir erwarten uns eine symbolische Geste von der Landesregierung, und zwar in die andere Richtung und nach dem Vorbild der US-Regierung unter Barack Obama. Dieser hat im Jahr 2015 veranlasst, dass der höchste Berg in Nordamerika – ich zitiere: „in Anerkennung der Traditionen der Ureinwohner Alaskas“ – seinen autochthonen Namen „Denali“, der in der Sprache der Ureinwohner „der Große“ bedeutet, zurückbekommt und der 1917 aufgesetzte Begriff „Mount McKinley“ abgeschafft wird. Mit Blick auf Südtirol kann man an dieser Stelle fragen: Und wo bleibt die Anerkennung der Traditionen der Tiroler? Ich möchte in diesem Zusammenhang an eine ASTAT-Studie erinnern, mit der das Sprachbarometer für das Jahr 2014 vorgestellt wurde. Mit diesem wurden u.a. Meinungen über die Mehrsprachigkeit der Toponomastik festgehalten. Ergebnis: Von den drei Sprachgruppen erscheint offenbar der italienischen die Ortsnamenfrage am wichtigsten. Ebenso spricht sich die italienische Sprachgruppe am stärksten, und zwar zu 72,2 Prozent, für eine mehrsprachige Toponomastik aus, die deutsche Sprachgruppe dagegen nur zu 28,6 Prozent und die ladinische zu 53,7 Prozent. Diese Daten waren für uns der Beweis dafür, dass insbesondere die italienische Sprachgruppe nur dürftig über die Toponomastik Bescheid weiß. Aus diesem Grund haben wir damals umgehend einen Beschlussantrag formuliert, mit dem wir forderten, dass die Südtiroler Bevölkerung, insbesondere die italienischen Mitbürger, über die Toponomastik im Rahmen einer Informationskampagne der Landesregierung ausführlich aufgeklärt wird. Der Beschlussantrag wurde im Jänner 2016 insofern vom Landtag angenommen, als dessen Präsidium mit der Ausarbeitung eines Konzepts für eine Informationskampagne beauftragt wurde. Wir als Süd-Tiroler Freiheit tragen indes unseren Teil mit Aktionen wie dieser bei, die wir Ihnen gerade vorstellen. Es ist nämlich gut und wichtig, dass wir uns gegenseitig ergänzen.
Süd-Tiroler Freiheit – Freies Bündnis für Tirol Laubengasse 9 | 39100 Bozen Telefon und Fax +39 0471 970208 | info@suedtiroler-freiheit.com