AUTONOME PROVINZ BOZEN - SÜDTIROL Landesrätin für Gesundheit, Sport, Soziales und Arbeit
An die Landtagsabgeordneten Sven Knoll Bernhard Zimmerhofer Myriam Atz Tammerle Süd-Tiroler-Freiheit Silvius-Magnago-Platz 6
Bozen, 14.06.2018 Bearbeitet von: Dr. Cristina Ghedina Tel. 0471 41 80 77 c.ghedina@provinz.bz.it;
PROVINCIA AUTONOMA DI BOLZANO - ALTO ADIGE Assessora alla Salute, Sport, Politiche sociali e Lavoro
Zur Kenntnis
An den Präsidenten des Südtiroler Landtages Dr. Ing. Roberto Bizzo Silvius-Magnago-Platz 6 Ihre Anschrift
Beantwortung der Anfrage 3443-18 – Bis zu acht Monate Wartezeit für neurologische Visite Mit Beschluss der Landesregierung Nr. 856 vom 11/05/2011 wurde die Einteilung der klinischen Dringlichkeit festgelegt, mit welcher der Arzt bei der Verschreibung eine Zuweisung der Prioritätsklasse vornimmt, um eine dem gesundheitlichen Bedarf angemessene Wartezeit sicherzustellen. Die Prioritätsklasse ist ein wichtiges Instrument, um den Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu den fachärztlichen ambulanten Leistungen in einer, dem Gesundheitszustand angemessenen Zeitspanne zu garantieren. Der verschreibende Arzt hat bei einer Erstvisite die Möglichkeit, auf der Verschreibung eine der folgenden Prioritätsklassen festzulegen:
Dringend (U): Die Leistung ist ehest möglich und in jedem Fall innerhalb von 24 Stunden nach ärztlichen Anfrage zu erbringen. Der Zugang erfolgt über die Notaufnahme oder direkt über das zuständige Ambulatorium und ohne Vormerkung. Der Patient benötigt die Verschreibung, welche die klinische Fragestellung oder den diagnostischen Verdacht sowie den Vermerk „DRINGEND“ enthält. Prioritär (B): Die sanitäre Leistung muss innerhalb von 8 Tagen nach ärztlichen Anfrage erbracht werden. Der Zugang erfolgt ausschließlich mit vorhergehender Vormerkung und über die Krankenhausstruktur oder die wohnortnahe Versorgung. Aufschiebbar (D): Die sanitäre Leistung muss in der Regel innerhalb von 60 Tagen nach ärztlichen Anfrage erbracht werden (Ausnahme: Erstvisite HNO 90 Tage und Erstvisite Augenheilkunde und radiologische Leistungen 120 Tage). Der Zugang erfolgt ausschließlich mit vorhergehender Vormerkung und über die Krankenhausstruktur oder die wohnortnahe Versorgung. Programmierbar (P): Die sanitäre Leistung kann über einen größeren Zeitraum geplant werden, da diese auf Prognose, Schmerzen, Dysfunktion oder Behinderung keinen Einfluss hat. Die Leistung wird am frühestmöglichen Termin im Anschluss an der vorgesehenen Begrenzung für die Prioritätsklasse „D/aufschiebbar“ (60, 90 oder 120 Tage je nach Leistung) vorgemerkt. Der Zugang erfolgt ausschließlich mit vorhergehender Vormerkung über die Krankenhausstruktur oder die wohnortnahe Versorgung.
Die Kriterien HGW (Homogene Gruppierung der Wartezeiten), die national erarbeitet und mittels Landesbeschluss an die lokalen Erfordernisse angepasst wurden, bieten dem verschreibenden Arzt eine evidenzbasierte Empfehlung bei der Auswahl der Priorität auf Grundlage des diagnostischen Verdachts.
Landhaus 12, Kanonikus-Michael-Gamper-Straße 1 39100 Bozen Tel. 0471 41 80 00 Fax 0471 41 80 09 http://www.provinz.bz.it/stocker welfare@provinz.bz.it Steuernr./Mwst.Nr. 00390090215
Palazzo 12, via Canonico Michael Gamper 1 39100 Bolzano Tel. 0471 41 80 00 Fax 0471 41 80 09 http://www.provincia.bz.it/stocker welfare@provincia.bz.it Codice fiscale/Partita Iva 00390090215
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Frage 1: Der Mangel an ärztlichem Personal, welcher nach der Einführung der europäischen Rechtvorschriften über die Arbeitszeit in ganz Europa spürbar ist, führt auch hierzulande unweigerlich zu langen Wartezeiten für Erstvisiten mit der Prioritätsstufe D/aufschiebbar. Nichtsdestotrotz hat die Landesregierung mit Beschluss Nr. 1553 vom 11.12.2015, Beschluss Nr. 609 vom 30.05.2017 und Beschluss Nr. 507 vom 29.5.2018 eine Aufstockung des ärztlichen Personals für kritische Fachbereiche genehmigt, um die Wartezeiten zu verkürzen, unter anderem auch jene für neurologische Visiten. Das Ärzteteam der Neurologie im Meraner Krankenhaus besteht derzeit aus 4,25 Fachärzten und dem geschäftsführenden Primar. Diese Anzahl an Neurologen garantiert den 24-Stunden-Dienst und die Versorgung akuter Patienten in der Abteilung. Die Ärzte erbringen außerdem die allgemeinen neurologischen und hochspezialisierten Visiten und gewährleisten wöchentliche Facharztvisiten und Beratungen im Krankenhaus Schlanders. Dies bedingt, dass nur ein begrenzter Teil der zur Verfügung stehenden Arbeitszeit der ambulanten Tätigkeit gewidmet werden kann. Außerdem kann der Arzt bei dringenden neurologischen Leistungen den Patienten direkt auf die Notaufnahme verweisen, wo rund um die Uhr ein Neurologe zur Verfügung steht. Voraussetzung ist die Angabe der Dringlichkeitsstufe U/urgente auf der Verschreibung vom behandelnden Arzt. Frage 2: Für Patienten mit neurologischen Problemen gelten die allgemeinen Grundsätze für den Zugang zu ambulanten Leistungen, wie sie im Beschluss der Landesregierung Nr. 856 vom 23.05.2011 (Landesplan zur Eindämmung der Vormerkzeiten für fachärztliche Leistungen) und im Beschluss Nr. 500 vom 29.05.2018 geregelt sind. Der verschreibende Arzt versieht das Rezept mit der Angabe zur Höchstvormerkzeit (Prioritätsklasse U/B/D/P), welche im Einklang mit dem effektiv festgestellten Gesundheitsbedarf des Betroffenen stehen muss. Frage 3: Bei einem dringenden Verdacht einer schweren neurologischen Erkrankung kann die Annahme und die Betreuung des Patienten mittels der Notaufnahme erfolgen, wo rund um die Uhr ein Neurologe zur Verfügung steht. Sollte der verschreibende Arzt hingegen festlegen, dass die Visite im Rahmen eines Zeitfensters von 24 Stunden erfolgen kann, wird der Zugang in einem festgelegten Ablauf erfolgen. Dafür stellt der behandelnde Arzt eine Verschreibung mit Priorität U/dringend aus. Frage 4: Grundsätzlich kann jeder Bürger in Südtirol in allen vier Gesundheitsbezirken sowie italienweit mit einer entsprechenden Verschreibung fachärztliche Visiten und sanitäre Fachleistungen in Anspruch nehmen. Der Landesbeschluss Nr. 450 vom 15.04.2014 sieht außerdem bei fachärztlichen Leistungen, welche die gesetzlich vorgesehenen Höchstvormerkzeiten überschreiten, die indirekte fachärztliche Betreuung vor, die dem Patienten die Möglichkeit einräumt, bei privat beanspruchten fachärztlichen Leistungen eine Rückvergütung in Höhe von 50 Euro zu erhalten. Voraussetzung ist die Vorlegung der entsprechenden Honorarnote/Rechnung. Alle Bürger, die in den Landesgesundheitsdienst eingeschrieben sind, haben Anrecht auf Leistungen zur Diagnose, Behandlung und Rehabilitation in hochspezialisierten Einrichtungen im Ausland, falls diese nicht in angemessener Form oder innerhalb des klinisch notwenigen Zeitrahmens in italienischen Sanitätsstrukturen erbracht werden können, und zwar mittels folgender Modalitäten:
in direkter Form (Europäische Verordnung Nr. 883 vom 29. April 2004) bei öffentlichen oder privaten vertragsgebundenen Einrichtungen in allen EU-Mitgliedsstaaten oder in den Ländern mit bilateralem Abkommen zur sozialen Sicherheit. Falls die Leistungen in den wesentlichen Betreuungsstandards (LEA) fallen und in Italien nicht innerhalb des klinisch notwendigen Zeitrahmens durchgeführt werden können, wird dem Patienten eine Vorabgenehmigung vom zugehörigen Gesundheitsbezirk ausgestellt. Die Kosten der Leistung gehen zu Lasten des Sanitätsbetriebes, bis auf die Kostenbeteiligung, die
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vom Gesundheitssystem des jeweiligen Landes vorgesehen ist. in indirekter Form (Europäische Verordnung Nr. 24 vom 9. März 2011) bei nichtvertragsgebundenen privaten Einrichtungen in allen EU-Ländern oder öffentlichen und privaten vertragsgebunden Einrichtungen in allen Nicht-EU-Ländern. Die Patienten bezahlen die Leistungen als Privatpatienten und können im Anschluss beim Südtiroler Sanitätsbetrieb eine Rückerstattung in Höhe der Kosten, die bei einer vergleichbaren Behandlung im Inland angefallen wären, beantragen. Um eine eventuelle Rückvergütung der Behandlungskosten im Ausland zu erhalten, muss vorab das dafür vorgesehene Formular ausgefüllt und beim Gesundheitssprengel mitsamt der Verschreibung der Leistung und allen vorhandenen klinischen Unterlagen zum Fall eingereicht werden.
Frage 5: Im mehrjährigen Plan zur Eindämmung der Wartezeiten 2016-2020 des Südtiroler Sanitätsbetrieb wurden eine Reihe von strukturellen, organisatorischen und verwaltungstechnischen Maßnahmen identifiziert, um bis zum Jahr 2020 die Wartezeiten für alle fachärztlichen Visiten und sanitären Fachleistungen mit der Prioritätsklasse D/aufschiebbar zu reduzieren. Ich weise nochmals auf den letzthin genehmigten Beschluss der Landesregierung Nr. 507 vom 29.5.2018 hin, mit welchem der Stellenplan des Südtiroler Sanitätsbetriebes unter anderem um insgesamt 4 Vollzeitstellen für Ärzte mit der Fachrichtung Neurologie erhöht wurde. Die drei großen Handlungsfelder, die bis zum Jahr 2020 umgesetzt werden, sind:
die Verbesserung der Angemessenheit in der Verschreibung und der Leistungserbringung, durch die Festlegung einheitlicher Regeln in der Art und Weise der Verschreibung, die einheitliche Anwendung der HGW-Kriterien (Kriterien zur homogenen Gruppierung der Wartezeiten) sowie die Definition und die zielgerichtete Verwendung der Prioritätsklasse „programmierbar“. die Verbesserung der Governance von Angebot und Nachfrage bei fachärztlichen Leistungen, durch die Festlegung von Standards bei der Vormerkung und der Leistungserbringung, die Einführung einer Terminerinnerung per SMS/E-Mail, die Einführung einer Verwaltungsstrafe bei nicht termingerechter Absage von Visiten, die Genehmigung der freiberuflichen „Intramoenia-Tätigkeit“ und die Anstellung von sog. Sumai sowie den Ankauf von stark nachgefragten Leistungen bei privaten vertragsgebunden Kliniken. die Schaffung eines einheitlichen Vormerkungssystems auf Betriebsebene, durch die Vereinheitlichung der Verwaltungsstruktur in den vier Gesundheitsbezirken, die Einführung neuer Zugänge für die Vormerkung (App mobile und online), die Schaffung eines Callcenters zur Terminverwaltung der neuen Pflichtimpfungen sowie die schrittweise Vereinheitlichung der Rufnummern für die Vormerkung.
Mit freundlichen Grüßen Dr.in Martha Stocker Landesrätin (mit digitaler Unterschrift unterzeichnet)