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Landtagsklub. Tirol, den 26. Juni 2017.

Abänderung zum Beschlussantrag Nr. 583/16:

Sprachkompetenz an Süd-Tirols Schulen. Auf den offenen Veranstaltungen des Süd-Tirol-Konvents wurde von den Teilnehmern immer wieder die Bedeutung des rein muttersprachlichen Unterrichts hervorgehoben. Artikel 19 des Autonomiestatuts ist eine der wichtigsten Grundsäulen der Autonomie und sichert des Überleben der Süd-Tiroler als sprachliche Minderheit im fremdnationalen Staat Italien. Weltweit lässt sich in Minderheitenregionen feststellen, dass überall dort, wo vom muttersprachlichen Unterricht abgegangen wird, zunächst die Sprachkompetenz in der Muttersprache abnimmt und es in der Folge zum Verlust der ethnischen Identität und damit zur Assimilierung kommt. Das Aostatal ist hiefür ein warnendes Beispiel. Anstatt den unschätzbaren Wert des muttersprachlichen Unterrichts in Süd-Tirol zu erkennen (für den uns andere Minderheiten beneiden), wird dieser seit einigen Jahren gezielt schlechtgemacht, und den Eltern wird eingeredet, dass ihre Kinder dadurch unzureichend Italienisch lernen würden. Einhergehend damit wird die Erhöhung der Anzahl der Italienischstunden oder gar die Einführung gemischtsprachiger Schulen gefordert. Ohne empirische Belege über die langfristige Verschlechterung der Sprachkompetenzen vorweisen zu können, wird pauschal behauptet, dass die Süd-Tiroler Jugendlichen heute insgesamt schlechter Italienisch sprechen würden als früher. Als Reaktion darauf hat man in den vergangenen Jahren die Anzahl der Italienischstunden erhöht und in einigen Schulen einzelne Fächer bereits in Italienisch unterrichtet. Diese CLIL-Methode soll nun auf weitere Schulstufen ausgedehnt werden. All dies geht auf Kosten des muttersprachlichen Unterrichts. An die Landesregierung wurden in diesem Zusammenhang mehrfach Anfragen gerichtet, um in Erfahrung zu bringen, ob es durch die Erhöhung der Unterrichtsstunden zu einer Verbesserung der Sprachkompetenzen gekommen ist und wie es um die Kenntnisse der Zweitsprache an Süd-Tirols Schulen bestellt ist, also ob italienische Schüler gleich gut die deutsche Sprache sprechen wie deutsche Schüler die italienische Sprache.

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Die Antwort der Landesregierung war ernüchternd:  „Es wurden in den letzten 5 Jahren in keiner Schulstufe Untersuchungen durchgeführt, die diese Frage beantworten könnten.“  „Um diese Frage beantworten zu können, müsste es auch dafür Vergleichsdaten geben, die derzeit allerdings nicht vorliegen.“ Abgesehen von der Kolipsi-Studie-I (2007/2008), die diese wesentlichen Punkte nicht untersucht hat, gab es bisher keine wissenschaftlichen Erhebungen, mit denen sich die Notwendigkeit der Sprachexperimente an den Süd-Tiroler Schulen rechtfertigen ließe. Nicht unerwähnt bleiben sollte auch, dass Mehrsprachigkeit in dieser Diskussion immer als mehr Italienisch verstanden wird, denn die Frage, warum es Italiener in Süd-Tirol gibt, die gar kein Deutsch sprechen, bleibt völlig ausgespart. Es steht außer Zweifel, dass Süd-Tirols Schüler so gut als möglich Fremdsprachen lernen sollen, wenn aber bereits nach vier bis fünf Jahren Unterricht die Sprachkenntnisse in Englisch und Französisch besser sind als nach 13 Jahren Italienischunterricht, kann es nicht an der Quantität der Unterrichtsstunden liegen, sondern an der Art, wie Italienisch unterrichtet wird. Bevor an Süd-Tirols Schulen weitere Sprachexperimente durchgeführt werden, die Artikel 19 des Autonomiestatuts untergraben und damit den muttersprachlichen Unterricht gefährden, sollte zunächst einmal erhoben werden, wie es überhaupt um die Sprachkompetenz in der jeweils anderen Landessprache an den deutschen und italienischen Schulen insgesamt bestellt ist und wie die Fremdsprachenkenntnisse der Schüler im Vergleich zu anderen europäischen Regionen sind. Erst anhand dieser Daten lässt sich feststellen, ob es überhaupt Änderungen im Schulsystem braucht, und wenn ja, welche. Mit Spannung wurde daher die aktuelle Kolipsi-Studie II (2014/2015) erwartet, die erstmals ― wenn auch nur für Oberschüler der 4. Klasse ― Vergleichsdaten liefert. Diese zeigen, dass die Sprachkenntnisse in der jeweils anderen Landessprache bei den deutschen Schülern insgesamt wesentlich besser sind als bei den italienischen Schülern. Angesichts der Tatsache, dass der CLIL-Unterricht gerade in den italienischen Schulen massiv gefördert und ausgebaut wurde, zeigt sich, dass dieses Experiment von gemischtsprachigem Schulunterricht sein Ziel klar verfehlt hat. Anhand der vorliegenden Daten muss man sogar die Frage aufwerfen, ob die Sprachkompetenzen heute nicht schlechter sind als vor der Einführung des CLILUnterrichts. Die Kolipsi-Studie II zeigt aber auch, dass das Erlernen der so genannten zweiten Landessprache nicht von der Schule alleine bewältigt werden kann und dass Süd-Tiroler Freiheit | Freies Bündnis für Tirol landtag@suedtiroler-freiheit.com


weder eine Ausweitung des CLIL-Unterrichts noch die Einführung gemischtsprachiger Schulen die Sprachkompetenzen verbessern kann, wenn die Bereitschaft zum Erlernen einer Sprache nicht gegeben ist. Besonders deutlich wird dies anhand des Vergleichs der italienischen und deutschen Schule. Während die italienischen Schüler nämlich im ganzen Land ― und somit täglich ― die Möglichkeit hätten, Deutsch zu sprechen, sind ihre Sprachkenntnisse deutlich schlechter als jene der deutschen Schüler, die außerhalb der Schule oft kaum die Möglichkeit haben, Italienisch zu sprechen. Keine Vergleichsdaten liefert die Studie leider über die Entwicklung der Sprachkompetenz in den anderen Schulstufen, über einen Vergleich derselben mit anderen europäischen Regionen sowie über die Entwicklung der muttersprachlichen Kenntnisse über einen längeren Zeitraum. Gerade diese Daten wären jedoch notwendig, um den Sprachunterricht an den Süd-Tiroler Schulen auf Grundlage von wissenschaftlichen Fakten zu gestalten.

Aus diesem Grunde stellen die Gefertigten den Antrag: Der Süd-Tiroler Landtag wolle beschließen:

1) Der Süd-Tiroler Landtag unterstreicht die Bedeutung des rein muttersprachlichen Unterrichts in Süd-Tirol und spricht sich gegen die Einführung gemischtsprachiger Schulen aus. 2) Die Süd-Tiroler Landesregierung wird beauftragt, langfristige Vergleichsstudien über die Entwicklung der Sprachkompetenzen der SüdTiroler Schüler in allen Schulstufen durchzuführen, welche zuvörderst folgende Punkte beinhalten:  Entwicklung der Sprachkompetenz in der Muttersprache über einen längeren Zeitraum.  Ein Vergleich über die Sprachkenntnisse in der jeweils anderen Landessprache um feststellen zu können, ob italienische Schüler gleich gut die deutsche Sprache sprechen wie deutsche Schüler die italienische Sprache und wie sich die Kenntnisse im Laufe der Schuljahre entwickeln.  Eine Erhebung über die Fremdsprachenkenntnisse der Süd-Tiroler Schüler im Vergleich zu Schülern aus anderen europäischen Regionen. Süd-Tiroler Freiheit | Freies Bündnis für Tirol landtag@suedtiroler-freiheit.com


 Eine Untersuchung der Gründe dafür, warum Süd-Tiroler Schüler nach nur einigen Jahren Unterricht in anderen Fremdsprachen, bessere Sprachkenntnisse aufweisen als nach wesentlich mehr Jahren Italienischunterricht an deutschen Schulen bzw. Deutschunterricht an italienischen Schulen. 3) Die Süd-Tiroler Landesregierung wird beauftragt, in anderen Regionen mit sprachlichen Minderheiten Informationen über die dortigen Schulsysteme einzuholen, um in Erfahrung zu bringen, ob es auch andere Möglichkeiten gibt, den Schülern bestmöglich Fremdsprachen beizubringen, ohne den muttersprachlichen Unterricht zu gefährden.

L.-Abg. Sven Knoll.

L.-Abg. Myriam Atz-Tammerle.

L.-Abg. Bernhard Zimmerhofer.

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