Bozen, 21. Juli 2017 Offener Brief an alle Bürgermeister von Süd-Tirol Betreff: Keine neuen Verbote für Gastwirte
Verehrte Bürgermeister! Im Regionalrat wurde diese Woche eine neue Gesetzesbestimmung erlassen, welche vorsieht, dass Sie als Bürgermeister von nun an die Befugnis haben, Gastwirten für einen bestimmten Zeitraum den Ausschank von alkoholischen Getränken und Spirituosen zu verbieten. Im Gesetzestext vom Regionalgesetz Nr. 101/ XV „Art. 21b heißt es: Der Bürgermeister kann – unter Einhaltung der Bestimmungen in Sachen Beteiligung am Verwaltungsverfahren – zum Schutz des Ruhebedürfnisses der Anwohner sowie der Umwelt und des Kulturerbes in bestimmten Gebieten der Gemeinde, die – auch in Zusammenhang mit der Durchführung spezifischer Veranstaltungen – einen besonders starken Zulauf an Personen verzeichnen, mit einer nicht außerordentlichen und dringenden Anordnung für einen Zeitraum von höchstens dreißig Tagen die Einschränkung der Verkaufszeiten – auch für die Mitnahme – und der Ausschankzeiten von alkoholischen Getränken und Spirituosen im Rahmen der eventuell von der gebietsmäßig zuständigen Autonomen Provinz festgelegten Kriterien verfügen.“ Die Umsetzung dieser Bestimmung wäre ein massiver Eingriff in die Berufsausübung von Gastronomen. Es ist zwar nachvollziehbar, dass man damit gegen die Ruhestörung in den Nachtstunden vorgehen will, doch diese Regelung geht am eigentlichen Ziel vorbei, da nur dem Gastwirt die Verantwortung zugeschoben wird. Die Gastgewerbeordnung in Süd-Tirol regelt bereits die Ausschank- und Öffnungszeiten der Gastbetriebe, und damit haben Sie als Bürgermeister heute schon alle Möglichkeiten, die Öffnungszeiten der Betriebe so zu gestalten, wie Sie es, je nach Standort des Betriebes, für angemessen halten. Zudem haben Sie als Bürgermeister bereits jetzt die Möglichkeit, wenn es zu wiederholten Ruhestörungen kommt, die Ausschank- und Öffnungszeiten abzuändern. Diese bestehenden Möglichkeiten sollten im Interesse der Anrainer – dort wo es notwendig ist – genutzt werden, anstatt alle Wirte pauschal zu kriminalisieren und diesen zusätzliche Einschränkungen aufzuerlegen. Besonders dort, wo sich Gastwirtschaften in Ortszentren und bewohnten Siedlungen befinden, kommt es immer wieder zu Beschwerden von Anrainern wegen nächtlicher Ruhestörung. Diese sind ernst zu nehmen und sollten mit Augenmaß angegangen werden, damit sowohl den Gastwirten das Wirtschaften als auch den Anrainern das ungestörte Wohnen in den Ortschaften ermöglicht wird. Ich ersuche Sie daher, bei Konfliktsituationen gemeinsame Lösungen zwischen den Gastwirten und den Anrainern zu suchen, anstatt strenge Verbote zu erlassen. Zu einem funktionierenden Dorfleben gehören nämlich auch die Gastwirtschaften, denn diese beleben die Ortschaften und schaffen zahlreiche Arbeitsplätze.
Myriam Atz Tammerle Landtagsabgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit und Gastwirtin