Süd-Tiroler Freiheit Freies Bündnis für Tirol Landtagsklub
An den Präsidenten des Süd-Tiroler Landtages
Tirol, 8. März 2016.
Beschlussantrag:
Erhebung der Sprachkompetenzen an Süd-Tirols Schulen. Auf den offenen Veranstaltungen des Süd-Tirol-Konvents wurde von den Teilnehmern immer wieder die Bedeutung des rein muttersprachlichen Unterrichts hervorgehoben. Artikel 19 des Autonomiestatuts ist eine der wichtigsten Grundsäulen der Autonomie und sichert des Überleben der Süd-Tiroler als sprachliche Minderheit im fremdnationalen Staat Italien. Weltweit lässt sich in Minderheitenregionen feststellen, dass überall dort, wo vom muttersprachlichen Unterricht abgegangen wird, zunächst die Sprachkompetenz in der Muttersprache abnimmt und es in der Folge zum Verlust der ethnischen Identität und damit zur Assimilierung kommt. Das Aostatal ist dafür ein warnendes Beispiel. Anstatt den Wert des muttersprachlichen Unterrichts in Süd-Tirol zu erkennen, wird jedoch seit einigen Jahren versucht, diesen gezielt schlechtzureden. Den Eltern soll suggeriert werden, dass ihre Kinder, wenn diese die Schulen mit nur deutscher Unterrichtssprache besuchen, unzureichend Italienisch lernen würden. Mit dieser manipulativen Fehlinformation einhergehend wird die Erhöhung der Anzahl der Italienischstunden oder gar die Einführung gemischtsprachiger Schulen gefordert. Pauschal wird behauptet, dass die Süd-Tiroler Jugendlichen heute schlechter Italienisch sprechen würden als früher, ohne dabei empirische Belege über die Verschlechterung der Sprachkompetenzen vorweisen zu können. Als Reaktion auf diese Behauptung hat man in der Tat in den vergangenen Jahren die Anzahl der Italienischstunden erhöht und in einigen Schulen einzelne Fächer bereits in Italienisch unterrichtet. Diese CLIL-Methode soll nun auf weitere Schulstufen ausgedehnt werden. All das geht auf Kosten des muttersprachlichen Unterrichts. Süd-Tiroler Freiheit – Freies Bündnis für Tirol Landtagsklub | Südtiroler Straße 13 | 39100 Bozen Tel. +39 0471 981064 | Fax +39 0471 979251 | landtag@suedtiroler-freiheit.com
Die Süd-Tiroler Freiheit hat große Vorbehalte gegenüber derartigen Sprachexperimenten. Aus diesem Grund wollte sie mit einer Anfrage an die Landesregierung in Erfahrung bringen, ob es durch die Erhöhung der Unterrichtsstunden zu einer Verbesserung der Sprachkompetenzen gekommen ist, und wie es um die Kenntnisse der Zweitsprache an Süd-Tirols Schulen bestellt ist; kurzum: ob italienische Schüler gleich gut die deutsche Sprache sprechen wie deutsche Schüler die italienische Sprache. Die Antwort der Landesregierung war ernüchternd: • „Es wurden in den letzten 5 Jahren in keiner Schulstufe Untersuchungen durchgeführt, die diese Frage beantworten könnten.“ • „Um diese Frage beantworten zu können, müsste es Vergleichsdaten geben, die derzeit allerdings nicht vorliegen.“
auch
dafür
Abgesehen von der KOLIPSI-Studie aus dem Jahr 2009, die diese wesentlichen Punkte nicht untersucht hat, gibt es somit keine wissenschaftlichen Erhebungen, mit denen sich die Notwendigkeit der aktuellen Sprachexperimente an Süd-Tirols Schulen rechtfertigen ließe. Nicht unerwähnt bleiben sollte auch, dass Mehrsprachigkeit in der gesamten Diskussion immer als ein Mehr an Italienisch verstanden wird. Die Frage, warum es Italiener in Süd-Tirol gibt, die gar kein Deutsch sprechen, bleibt nämlich völlig ausgespart. Es steht außer Zweifel, dass Süd-Tirols Schüler so gut als möglich Fremdsprachen lernen sollen. Wenn aber bereits nach vier bis fünf Jahren Englisch- und Französischunterricht die diesbezüglichen Sprachkenntnisse besser sind als nach 13 Jahren Italienischunterricht die Italienischkenntnisse, kann es nicht an der Anzahl der italienischen Unterrichtsstunden liegen, sondern an der Methode, nach der diese Sprache unterrichtet wird, sowie an den Inhalten. Es ist somit vielmehr eine Frage der Qualität als der Quantität. Bevor an Süd-Tirols Schulen weitere Sprachexperimente durchgeführt werden, die Artikel 19 des Autonomiestatuts untergraben und damit den muttersprachlichen Unterricht gefährden, sollte zunächst einmal erhoben werden, wie es überhaupt um die Sprachkompetenz in der jeweils anderen Landessprache an den deutschen und italienischen Schulen bestellt ist und wie das Niveau der Fremdsprachenkenntnisse der Schüler im Vergleich zu Schülern in anderen europäischen Regionen ist. Erst anhand dieser Daten lässt sich feststellen, ob überhaupt Änderungen im Schulsystem erforderlich sind, und wenn ja, welche.
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Aus diesem Grunde stellen die Gefertigten den Antrag: Der Süd-Tiroler Landtag wolle beschließen: 1. Die Süd-Tiroler Landesregierung wird beauftragt, eine detaillierte Studie über die Sprachkompetenzen der Süd-Tiroler Schüler durchzuführen, die folgende Punkte berücksichtigt: • Ein Vergleich über die Sprachkenntnisse in der jeweils anderen Landessprache, um feststellen zu können, ob italienische Schüler gleich gut die deutsche Sprache sprechen, wie deutsche Schüler die italienische Sprache. • Eine Feststellung, ob sich die Sprachkenntnisse der deutschen und italienischen Schüler in der jeweils anderen Landessprache in den letzten Jahren verbessert oder verschlechtert haben. • Eine Erhebung über die Fremdsprachenkenntnisse der Süd-Tiroler Schüler im Vergleich zu Schülern aus anderen europäischen Regionen. • Eine Untersuchung der didaktischen Gründe dafür, warum Süd-Tiroler Schüler nach nur einigen Jahren Unterricht in anderen Fremdsprachen bessere Sprachkenntnisse aufweisen als nach wesentlich mehr Jahren Italienischunterricht an deutschen Schulen bzw. Deutschunterricht an italienischen Schulen. 2. Die Süd-Tiroler Landesregierung wird beauftragt, in anderen Regionen mit sprachlichen Minderheiten Informationen über die dortigen Schulsysteme einzuholen, um in Erfahrung zu bringen, ob es auch andere Möglichkeiten gibt, den Schülern bestmöglich Fremdsprachen beizubringen, ohne dass dabei der muttersprachliche Unterricht gefährdet wird. L.-Abg. Sven Knoll
L.-Abg. Bernhard Zimmerhofer
L.-Abg. Myriam Atz Tammerle
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