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9.11.2016

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Landtag Landtag | 14.09.2012 | 13:08

Plenarsitzung ­ Gesetzentwurf zur Toponomastik, Beschlussanträge (5) Anträge von Pdl­Berlusconi und Süd­Tiroler Freiheit. STF­Antrag zur Abschaffung der Ortsnamendekrete angenommen. Die Arbeiten wurden heute mit der Behandlung von Beschlussanträgen zum Toponomastik­Gesetzentwurf der SVP fortgesetzt. 12 von insgesamt 19 wurden bereits gestern behandelt. Der Pdl­Berlusconi forderte eine Informationsoffensive zum Zusammenleben der Sprachgruppen. Es herrsche ein Informationsdefizit zum Thema, auch weil sich die Bevölkerung nicht sehr dafür interessiere, meinte Maurizio Vezzali, und die Politik richte sich eher nach den wenigen Unzufriedenen. Vezzali meine, das Zusammenleben könne nur unter seinen Bedingungen funktionieren und nicht durch die Abschaffung faschistischer Relikte, kritisierte Sven Knoll. Eine Gehirnwäsche für die Bürger sei abzulehnen. In Südtirol habe es ein friedliches Zusammenleben gegeben, bis man den Südtirolern einen fremden Staat aufgezwungen habe. Gegen eine Informationstätigkeit könne man nichts haben, meinte Pius Leitner (Freiheitliche), aber die Prämissen, die Vezzali dem Antrag zugrunde lege, seien nicht akzeptabel. Er verwies auf die Informationskampagne der Schützen, die zu ihren Diskussionen nicht nur ihre Parteigänger eingeladen hätten. Deshalb könne man die Schützen nicht einfach als unzufriedene Querköpfe hinstellen, sie hätten die Thematik intensiv aufgearbeitet. Der SVP­Entwurf sei die Sanierung eines Kulturfrevels, aber die verschiedenen Positionen seien wie sie seien, das müsse man realistisch sehen. Alessandro Urzì (FLI) lobte die Initiative Vezzalis, das Zusammenleben sei ein Grundprinzip der Autonomie. Er kritisierte, dass die Debatte nur darauf hinauslaufe, wie viele Namen und wie viel an Identität man der anderen Sprachgruppe nehmen wolle, anstatt eine Bereicherung zu versuchen. Der Faschismus sei für die Streichung der deutschen Namen zu Recht kritisiert worden, dasselbe Urteil werde die Geschichte über dieses Gesetz fällen. Auch die italienischen Namen seien Teil der Geschichte. Hans Heiss (Grüne) bezeichnete den Antrag als ausgewogen, Vezzali versuche nicht, verschiedene Gruppen in ein schiefes Licht zu stellen, sondern wolle eine bessere Information der Bevölkerung erreichen. Heiss warnte allerdings davor, der Landesregierung dazu freie Hand zu geben, in ihren Informationskampagnen werbe sie meist für ein besseres Verständnis für sie selber. LH Luis Durnwalder erklärte sich bereit, den beschließenden Teil des Antrags anzunehmen. Niemand könne etwas dagegen haben, die Bürger umfassend zu informieren. Alerdings müsse man dann auch akzeptieren, dass die Landesregierung Informationsschriften herausgebe und nicht wieder die Papierflut kritisieren. Der Antrag wurde, ohne Prämissen, mit 19 Ja, 4 Nein bei 8 Enthaltungen genehmigt. Mit einem weiteren Antrag wollte der PdL­Berlusconi die Landesregierung verpflichten, alle Mittel einzusetzen, um das friedliche Zusammenleben auch bei der Ortsnamengebung zu garantieren, wobei die Rechtsgleichheit aller Sprachgruppen zu respektieren sei. Das Verfassungsgericht habe bereits in einem Urteil zu den Namen in Friaul festgestellt, dass Ortsnamen auch in Minderheitensprachen zulässig seien, dass aber die italienischen Namen erhalten bleiben müssten, erklärte Maurizio Vezzali. Das Minderheitenrecht schließe nicht die Abschaffung von Namen in der Staatssprache ein. Dem widersprach Sven Knoll (Süd­Tiroler Freiheit). In Aosta, aber auch in Moena seien die italienischen Namen durch die historisch gewachsenen ersetzt worden. Was Vezzali wolle, sei das, was China mit seinen Minderheiten gemacht habe. Das sei Nationalismus in Reinform. Lana, Plaus und Gais seien Beweis, dass auch ein einziger Name zulässig sei. Diese Äußerungen seien ein weiterer Angriff auf ein Prinzip der Autonomie, die Zweisprachigkeit, erklärte Alessandro Urzì (FLI). Diese Positionen seien eine Beleidigung der italienischen Sprachgruppe, ein völliger Mangel an Respekt. Das Statut sehe die Zweisprachigkeit bei den Ortsnamen vor, wer das in Frage stelle, dürfe sich nicht als Autonomist bezeichnen. Art. 101 des Statuts sage klar, dass die Ämter gegenüber den deutschsprachigen Bürgern auch die deutschen Namen verwenden müssen, "auch" und nicht "nur". Hier werde das Zusammenleben als Einbahnstraße gesehen, erklärte Andreas Pöder (BürgerUnion) in Richtung Urzì und Vezzali. Eine echtes Zusammenleben würde hingegen die Anerkennung und Wiedergutmachung des faschistischen Unrechts voraussetzen. Urzì versuche, das faschistische Unrecht mit anderen Worten zu umschreiben und zu verteidigen, kritisierte LH Luis Durnwalder und sprach sich gegen den Antrag aus. Der Antrag wurde mit 4 Ja, 27 Nein bei 2 Enthaltungen abgelehnt. http://www.landtag­bz.org/de/datenbanken­sammlungen/landtag.asp?archiv_action=4&archiv_article_id=403633

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Die Verwendung der gewachsenen Namen in der Tourismuswerbung forderte die Süd­Tiroler Freiheit. Die SMG habe den Tourismusorganisationen empfohlen, außerhalb des deutschen Sprachraums die italienischen Namen zu verwenden, berichtete Eva Klotz, diese Empfehlung müsse offiziell zurückgenommen werden. Tolomei hatte die Absicht, Südtirol als durchgehend italienisches Gebiet zu verkaufen, und dieser Geist werde durch die SMG nun in andere Länder getragen. In Aosta würde die Italiener wegen der einsprachigen Namen nicht ihr Heimatgefühl verlieren. Die SVP habe immer die Position vertreten, dass sich die Politik nicht in die Tourismuswerbung einmischen solle, erklärte Elmar Pichler Rolle (SVP). In Deutschland z.B. habe man den Begriff "Südtirol­Italia" verwendet, um mehr Gäste anzuziehen, die sich dann vor Ort selbst ihre Meinung bilden könnten. Den Tourismuswerbenden freie Hand zu lassen, sei einfach ein Akt der Feigheit, meinte Pius Leitner (F), es sei eine Ausrede. Einen Großteil der Diskussion könnte man vermeiden, wenn man die Leute dazu bringen könnte, die echten Namen zu verwenden, und dazu könnte auch die Tourismuswerbung beitragen. Viele italienische Namen, die Knoll als Erfindung bezeichne, ließen sich historisch nachweisen, erklärte Alessandro Urzì. Aber die Geschichte sei nicht das richtige Kriterium, um zwischen gültigen und ungültigen Namen zu unterscheiden. Er stelle fest, dass kein Italiener die Abschaffung der deutschen Namen fordere, umgekehrt geschehe das sehr wohl. Der Antrag zeige, dass manche bei 1918 stehen geblieben seien, meinte Maurizio Vezzali. Die Geschichte sei danach weitergegangen, gut oder schlecht, aber das sei auf jeden Fall zur Kenntnis zu nehmen. Das Statut, in dem er sich übrigens immer weniger wiedererkenne, schreibe die Zweisprachigkeit vor, stellte Donato Seppi (Unitalia) fest. Dass das Land Südtirol­Alto Adige heiße, sei eindeutig festzulegen, damit nicht dauernd Unsicherheit herrsche. Der Antrag verlange etwas, was erst nach Verabschiedung des Gesetzes möglich sei, erklärte LH Luis Durnwalder. Wenn die amtlichen Namen einmal festgelegt seien, dann könne man Maßnahmen zu deren Verwendung beschließen. Die SMG sei eine private Körperschaft, der man das nicht vorschreiben könne, aber er werde auf jeden Fall mit ihr über das Thema reden. Der Antrag wurde mit 9 Ja, 22 Nein bei 2 Enthaltungen abgelehnt, die Forderung nach Verwendung der historischen Namen mit 12 Ja und 22 Nein. Mit einem weiteren Beschlussantrag forderte die Süd­Tiroler Freiheit die Kennzeichnung der tolomeischen Namen, die durch dieses Gesetz amtlich werden, als ahistorisch. Solche Namen sollten weder den Gemeinden für die Straßennamen noch Privatpersonen und ­betrieben aufgezwungen werden. Gemeinden sollten demnach nicht belangt werden können für eine "via Mölten" oder "via Schlern", erläuterte Eva Klotz. Es gebe Ortsnamen, deren Bedeutung unbekannt sei, hier sei eine Übersetzung nicht nur unsinnig und lächerlich, sie würde auch die Siedlungsgeschichte verschleiern. Die Absicht, Südtirol einsprachig zu machen, werde immer deutlicher, erklärte Maurizio Vezzali. Namen seien Namen, auch wenn sie manchen lächerlich vorkämen. Privatbetrieben eine gewisse Handhabung der Toponomastik zu empfehlen, wie Klotz es mache, sei unsinnig. Ein Privatbetrieb werde vor allem seine Interessen und die seiner Kunden berücksichtigen. Bei Straßennamen sei das Verfassungsgericht eindeutig, hier sei auf jeden Fall der italienische Name, falls vorhanden, zu verwenden. Südtirol gehöre zu Italien, aber das heiße nicht, dass man hier alles so handhaben müsse wie in anderen Provinzen, das sollte auch Klotz berücksichtigen, wenn sie Beispiele aus anderen Provinzen zitiere. Klotz rede von "italienisch klingenden Namen", das sei für ihn ein Alarmsignal, erklärte Alessandro Urzì, das erinnere an unselige Zeiten. Mit dem Antrag würden Privatbetriebe aufgefordert, gewisse amtliche Namen nicht zu verwenden, was bedeute, sie sollten ein Gesetz nicht anwenden. Das sei eine faschistische Position, damals sei Privaten eine bestimmte Sprach und auch eine bestimmte Kleidung verboten worden. Der Antrag wolle den Privaten nichts vorschreiben, konterte Sven Knoll. Das Problem sei, dass viele Private meinten, sie müssten die erfundenen Namen verwenden, und darüber wolle man sie aufklären. Man müsse ihnen sagen, dass diese Namen nicht historisch gewachsen seien. Pius Leitner unterstützte den Antrag. Mit Namen sollte man sorgfältig umgehen, daher wäre auch eine Information über die Etymologie eines Namens nützlich. Hans Heiss (Grüne) sprach sich gegen den Antrag aus. Mit dem SVP­Antrag würde ein Gutteil der tolomeischen Namen entfallen, und das sei eine Wiedergutmachung die er anerkenne. Der Antrag hingegen habe diskriminierenden Charakter. Auch die Bürger würden sich nicht freuen, wenn an ihrer Ortstafel stünde, dass dies ein faschistisch belasteter Name sei. Mit dem Gesetzentwurf würden Namen aufgezwungen, die keine Berechtigung hätten, erklärte Andreas Pöder. Eine Minderheit könne aufgezwungene erfundene Namen nicht akzeptieren. Sollte dieser Frevel geschehen, sollten die erfundenen Namen auf jeden Fall gekennzeichnet werden. LH Luis Durnwalder sprach sich gegen den Antrag aus. Die STF tue so, als ob das Gesetz dazu da wäre, faschistische Namen anzuerkennen. Es sei auch praktisch nicht vorstellbar, dass man bei jedem Ortsschild einen Roman http://www.landtag­bz.org/de/datenbanken­sammlungen/landtag.asp?archiv_action=4&archiv_article_id=403633

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dazuschreibe. Der Antrag wurde mit 5 Ja, 21 Nein bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Der Landtag solle sich für die Aufhebung der faschistischen Ortsnamendekrete aussprechen, die Regierung dazu auffordern und die Wiederbestätigung dieser Dekrete im Jahr 2009 verurteilen, forderte die Süd­Tiroler Freiheit. Nachdem sich LH Luis Durnwalder für den Antrag ausgesprochen hatte, wurde er mit 27 Ja, 2 Nein bei 1 Enthaltung genehmigt. Die Süd­Tiroler Freiheit forderte die Streichung von nachträglich erfundenen pseudoitalienischen Namen. Sven Knoll nannte als Beispiel "Verdines", eine Fraktion von Schenna. Solche Namen seien vielfach von Landesämtern vergeben worden. Den Ämtern sollte eine entsprechende Weisung erteilt werden. Er fragte, ob es gesetzlich zulässig sei, dass eine Gemeinde ohne Beschluss einen Namen einführe. Eva Klotz nannte als weiteres Beispiel "Sorgente" für den Quellenhof. Der Name sei auch nachträglich erfunden worden, und der Bürgermeister habe auf ihre Intervention nicht reagiert. Sie wies darauf hin, dass der Begriff "Lokalität", wie er im Fitto­Durnwalder­Abkommen verwendet werde, noch zu Problemen führen werde. Auf jeden Fall würden mit dem SVP­Gesetz zu viele erfundene Namen übrig bleiben, darunter die "Vetta d'Italia". Die erste Zeitgrenze, die zu setzen sei, sei das Kriegende 1945, als man von der Diktatur zur Demokratie überging, erklärte Riccardo Dello Sbarba (Grüne). Die Namen, die nach dieser Zeit eingeführt wurden, könne man nicht als aufgezwungen bezeichnen. Das sei die Wiederaufnahme einer natürlichen Entwicklung, das müsse man akzeptieren und nach dem Kriterium des Gebrauchs bewerten. Wenn neue Orte benannt würden, könne man nicht die eine Bezeichnung als natürlich, die andere als unnatürlich bezeichnen. Der Antrag zeuge von der Schwierigkeit, die Zweisprachigkeit zu akzeptieren, urteilte Alessandro Urzì. Genauso wie man der Wohnbauzone Mignone den deutschen Namen Rosenbach gegeben habe, habe man Verdins "Verdines" dazugegeben, das sei historische Entwicklung. Die Geschichte gehe weiter, sie bleibe nicht stehen. Donato Seppi wies darauf hin, dass der Faschismus 1943 zu Ende gegangen sei und nicht 1945. Nur weil jemand "Verdins" ein e hinzugefügt habe, müsse man kein Drama daraus machen, die Südtiroler hätten andere Sorgen. Die Amtlichkeit der Namen sei noch eine schwierige Frage, solange die Kartographie fehle, erklärte Elmar Pichler Rolle. Auch diese Forderung der STF baue auf die Verabschiedung eines Gesetzes auf, das die STF als Schande bezeichne. Der Antrag sei gefährlich, meinte LH Luis Durnwalder, da er von "pseudoitalienischen Namen" rede. Der Antrag wurde mit 2 Ja, 23 Nein bei 7 Enthaltungen abgelehnt. Elmar Pichler Rolle stellte den Antrag auf eine Nachtsitzung. Alessandro Urzì sprach sich dagegen aus: Über den Gesetzentwurf werde seit Monaten diskutiert, er müsse nicht über Nacht beschlossen werden. Elena Artioli sprach sich ebenfalls dagegen aus, aus Rücksicht auf die Mütter. Die Mehrheit sprach sich für eine Nachtsitzung aus. Die Sitzung wird am Nachmittag wieder aufgenommen, und zwar mit der Behandlung des letzten Beschlussantrags. (AM)

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