Heft Ausgabe 24

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Tattoo als Marketing

Werbung die unter die Haut geht SUMO

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Inhalt

Ausgabe WS2014/15

05 Crowdfunding

20 Fremdschämen

08 Neue Social Media Plattform

22 Ukraine-Konfikt

10 Mediendruck auf Entscheidung

24 „Die Tagespresse“

Problemlösungskonzepte der anderen Art ello.co - eine Facebook Alternative

Marketinginstrument oder Eingriff in die Privatsphäre?

12 Non lineares TV

Niveaulosigkeit in der Abendunterhaltung Medien als „inoffizielle“ Waffe im Krieg Eine Satire auf den Journalismus

26 Kinderradios

Stieftöchter der Medienlandschaft

Verlockende Falle

28 Interviews

14 In Game Advertising

„As your Game loads please watch this ad“

16 Tattoo als Marketing

Werbung die unter die Haut geht

19 Die Zukunft des Fernsehens ist deine!

3 Musiker im Gespräch

30 Infotainment

Wenn Information zur Unterhaltung wird

32 Sportliche Helden Das Zeitalter der Actioncams

Editorial Fun, Fun, Fun! Das – aber auf seriöse Weise – erwartet dich in diesem SUMO-Spezial. Ob im klassischen Fernsehen, über Video-onDemand oder auch in Kinderradios: Unterhaltung treibt Medienkonsumenten wie -produzenten an – und das Geldbörserl ins Minus? Diesem grassierendem Phänomen hat sich für dich die auch sonst unterhaltsame SUMO-Redaktion im Rahmen eines breiten Spektrums gewidmet: von schon traditionellen Medienformaten bis zu weniger bekannten. Oder hast du schon mal von Tattoos als bezahlte Werbemaßnahme gehört, oder von McDonald´s in Sportgames?

Wie bei SUMO gewohnt, geht es um eine kritische Durchleuchtung dieser vermeintlichen Harmlosigkeiten. Wenn sich niederösterreichische Testosteronbuben zum Deppen machen und alle darüber lachen, wenn Japanerinnen sich eine Sportartikelmarke auf den Schenkel tätowieren lassen oder die kritische Meinung in Kriegskonflikten unterdrückt wird, wird das Grinsen schal…

Alina Staudner

Dennoch: Unterhaltung wünscht euch auch diese Medium – und willst du dich mit SUMO unterhalten, dann gib uns einen Daumen hoch :). www.facebook.com/sumomag

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Crowdfunding <<

Problemlösungskonzepte der anderen Art:

Crowdfunding

1989 schwebte Michael J. Fox in der legendären Filmtrilogie „Zurück in die Zukunft“ mit einem fliegenden „Hoverboard“ durch die Straßen. Was lange als futuristischer Bubentraum galt, ist seit letztem Jahr Wirklichkeit – dank Crowdfunding.

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in Polster für Powernapping im Flugzeug; der besonders zu Weihnachten gefragte, weil vor dem Griff in die Keksdose schützende „Kitchen Safe“; ein vor der teuflischen Wirkung des Zuckers mahnender „Sugar Skull Spoon“ in Totenkopfform – aber auch Fox’ Skateboard... Wer einen Hang zu skurrilen, euphemistisch formuliert innovativen Produkten dieser Art hat, sollte die Website starterstore.de besuchen. Die Betreiber bringen über diesen virtuellen Laden Waren an Mann und Frau, die von kreativen Köpfen ersonnen und via Crowdfunding finanziert wurden. Sie schließen damit eine nicht unwesentliche Kette in einem sich rasant entwickelnden Markt an Start-Ups. Seit 2009 wurden mittels Kickstarter, der größten amerikanischen Crowdfunding-Plattform, über 75.000 Projekte mit insgesamt einer Milliarde Euro finanziert. Im deutschsprachigen Raum nennt sich das Pendant dazu Startnext. Mit 15 Millionen € sogenannter Fundings über Startnext erkennt man, dass der Trend der „Schwarmfinanzierung“ in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) noch nicht angekommen ist. Mit Crowdfunding lassen sich Projekte, Produkte, Start-Ups und vieles mehr finanzieren. Das Besondere ist, dass eine Vielzahl an Menschen – die Crowd –

ein Projekt finanziell unterstützt und somit ermöglicht. Doch wo werden die Produkte, die durch Nutzerfreundlichkeit, Kreativität und Design bestechen, vertrieben? Um die Frage zu beantworten, gründeten Thorsten Fleckenstein und Andreas Jung vor zwei Jahren Starterstore. Andreas Jung klärt dazu auf.

Das Besondere ist, dass eine Vielzahl an Menschen – die Crowd – ein Projekt finanziell unterstützt und somit ermöglicht.

Niklas Kuhagen: Beschreibe bitte erst mal den Starterstore. Andreas Jung: Starterstore ist ein Online Store für erfolgreiche Crowdfundingprodukte aus der ganzen Welt. Man kann sich das so vorstellen: Ein Produkt wird erfolgreich finanziert, z.B. bei Kickstarter, Indigogo oder Startnext und danach kann das Produkt online, z.B. über unsere Homepage, bezogen werden. K: Mit Kickstarter oder Indigogo hast du zwei große amerikanische Crowdfunding Plattformen genannt. Spielt Crowdfunding in den USA immer noch eine größere Rolle?

Das Wichtigste zu Beginn ist der Businessplan! Nicht unbedingt um mit diesem zur Bank zu gehen, sondern um selbst einen Plan zu haben

J: Absolut! Die USA haben noch eine Vormachtstellung. Alleine Kickstarter hat seit 2009 mittlerweile über 1 Milliarde an Fundings gesammelt. Im Vergleich dazu steht Startnext bei 15 Millionen.

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>> Crowdfunding

Man sieht an dem Unterschied, dass Crowdfunding in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckt – die Wachstumsraten sind aber auch hier gegeben. K: Womit hängt die fehlende Akzeptanz für Crowdfunding in Europa zusammen? J: Man braucht immer eine kritische Masse, damit ein Projekt erfolgreich wird. Gerade bei technologiebasierten Projekten, bei denen es um 100.000 € oder mehr geht, muss man eine gewisse Masse an Leuten erreichen, die bereit sind, so etwas zu finanzieren. Das ist bei uns bis jetzt so noch nicht gegeben. Inzwischen wurden teilweise auch hier schon solche Summen finanziert. In den USA ist es Standard. K: Siehst du Unterschiede zwischen Projekten aus den Staaten und hierzulande?

K: Zurück zu deinem Onlineshop, dem Starterstore. Hast du unter euren Produkten auch einen Favoriten? J: „Topseller“, und mein persönlicher Favorit ist das „Ridge 2.0“ – eine neue Art von Geldbörse, die reduziert alles aufs Geringste, so dass sie in die vordere Hosentasche passt. Das Ding ist auch noch aus Karbon, also richtig schick. K: Front Pocket Wallets scheinen auf Crowdfundingplattformen sehr beliebt zu sein. Woher kommt der Trend?

Man braucht immer eine kritische Masse, damit ein Projekt erfolgreich wird.

J: Der wurde irgendwann auf Kickstarter ausgelöst. Einer hat vorgelegt und gemeint, er macht die beste Geldbörse – das hat sich dann gesteigert. Schon sind andere auf den Zug aufgesprungen, haben versucht eine bessere Geldbörse zu machen und so ist ein regelrechter Wettbewerb daraus entstanden. K: Was sind eure Kriterien bei der Auswahl der Produkte? J: Es muss irgendeine Art von alltagsrelevanten Problemen lösen. Im Falle des Front Pocket Wallet zum

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STARTERSTORE

J: Es gibt schon Unterschiede. Auf Kickstarter sind sie innovativer. Nehmen wir „Oculus Rift“ als Beispiel. (Eine Virtual Reality-Brille mit integrierten Bewegungssensoren und stereoskopischem 3D-Bild ermöglicht ein 360°-Erlebnis. Die Alternative zum herkömmlichen Bildschirm kann für Spiele genauso wie für Filme genutzt werden. Am 25. März 2014 übernahm Facebook das Unternehmen für insgesamt zwei Milliarden Euro. Anm. d. R.) Die haben innerhalb von 30 Tagen über 2 Millionen eingenommen. Das

fördert die Kreativität von Leuten, wenn Sie merken: O.k., wir können auch ein größeres Projekt über Crowdfunding stemmen. Diese Summen gibt es bei uns noch nicht.


Beispiel, dass ich nicht die ganze Zeit auf einer Geldbörse sitze und Rückenschmerzen bekomme. Wir wollen den Leuten etwas qualitativ Außergewöhnliches anbieten. K: Welche Produkte haben es bei euch noch nicht ins Sortiment geschafft? J: 3D-Drucker zum Beispiel. Damit kann man sich bequem vom Schreibtisch aus alles ausdrucken. Kommt voraussichtlich ab nächstem Jahr. Der ist schon teurer, da liegen wir bei ca. 2000 €. Was wir ab nächstem Jahr auch haben werden, ist das erste „Hendo Hoverboard“. Wer den Film „Zurück in die Zukunft“ kennt, erinnert sich. Es ist das erste Hoverboard, das richtig funktioniert! Momentan kann man bei uns das Developerkit für ca. 250 € vorbestellen. Damit kann man selber experimentieren und mit der gleichen Technologie die Dinge zum Schweben bringen.

Nachteil auf „Facebook“: Die ändern die Regeln, Marketingmechanismen oder Algorithmen ziemlich schnell. Man muss immer dabei bleiben, aber wenn man kontinuierlich über die Updates Bescheid weiß, kann man über Social Media-Marketing viel erreichen. Natürlich darf die Anzeige für die Benutzer nicht ganz so plump sein, sondern einen Mehrwert schaffen, also relevanten Content liefern. 80% unseres Budgets sind ins Marketing geflossen.

Marketing zwischen Unternehmen, also um Investitionsgüter. Wir haben 2006 angefangen, QR-Codes für Marketing anzubieten. Wir haben viel mit dem Blog gearbeitet, um über aktuelle Kampagnen zu berichten. Das haben wir übertragen. Wir testen Produkte, berichten und geben eine Empfehlung.

K: 2013 hast du Starterstore zusammen mit Thorsten Fleckenstein gegründet. Wie sieht Starterstore heute aus?

J: Das Wichtigste zu Beginn ist der Businessplan! Nicht unbedingt um mit diesem zur Bank zu gehen, sondern um selbst einen Plan zu haben: Wie ist die strategische Ausrichtung des Unternehmens? Wo soll ich hin und wie komme ich dahin? Es kann auch etwas Kleines sein. Hauptsache ist, man sieht etwas und kann abschätzen, ob das Ding funktioniert.

J: Wir sind immer noch ein Start-Up. Wir haben ein Büro angemietet, das gleichzeitig auch unser Lager ist. Wir haben ein paar Teilzeitbeschäftige, die Logistik und Versand übernehmen. Das steckt alles noch in der Anfangsphase, aber wir wachsen.

K: Wie habt ihr bis jetzt auf euch aufmerksam gemacht?

K: Habt ihr auch vor, auf dem österreichischen Markt aufzutreten?

J: Wir machen sehr viel Social Media-Marketing. Das passt ideal zum Store. Via „Facebook“ können wir wunderbar kommunizieren: Wir haben einen Problemlöser für euch. Das sehen die Leute gerne und so sind wir im Gegenzug recht zufrieden damit. Besser als Google AdWords und günstiger auch! Man erreicht die richtige Zielgruppe besser. Der einzige

J: Ja, wir sind gerade dabei. Der Versand steht schon soweit, jetzt muss nur noch die Website freigeschaltet werden.

K: Hast du abschließend noch einen Tipp für junge Menschen mit Gründungphantasien?

Niklas Kuhagen

K: Ihr betreibt einen Blog, in dem ihr Produkte und Produzenten vorstellt. Wie kam die Idee zum Bloggen? J: Die stammt noch aus unserem ersten Unternehmen. Da ging es ums

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>> Neue Social Media Plattform

„ello.co“ –

eine Facebook-Alternative Immer mehr Menschen kehren dem etablierten Sozialen Netzwerk Facebook den Rücken – zumindest, was ihre Aktivität im Netzwerk betrifft.

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„You are not a product“ Eine Alternative bietet das Social Network „ello.co“, welches im März 2014 in den USA von sieben Künstlern und Programmierern gegründet wurde. „You are not a product“, heißt es in deren Manifest: „Ello“ verzichtet auf Werbung – auch in der Zukunft; Ello ist kostenlos – und werde dies auch bleiben; „Ello“ legt großen Wert auf Datenschutz und Transparenz – alles nur Versprechen? Gerade diese aber verleiten immer mehr Menschen zum Umstieg. Ganz so einfach gelangt man aber nicht zur Anmeldung. Ursprünglich war das Netzwerk für etwa 100 Freunde und Bekannte der Macher gedacht, die Nachfrage stieg allerdings und so wurde es auch für andere geöffnet. Man kann sich bei ello nicht sofort registrieren, es bedarf einer sogenannten „Invitation“ eines Freundes, der bereits registriert ist, oder man lässt sich auf eine Warteliste setzen. Die Registrierung selbst lässt sich dann relativ

rasch und einfach abwickeln, man gibt seine Mail-Adresse an, wählt einen Benutzernamen – während bei „Facebook“ offensichtliche Fake-Accounts nicht akzeptiert werden – und ein Passwort.

„Say Ello…“ Das Netzwerk befindet sich derzeit noch in der Beta-Version, jedoch kommen laufend neue Features und Aktionsmöglichkeiten hinzu. Das Design ist sehr schlicht in Schwarz und Weiß gehalten, wirkt aber trotzdem modern. Eine für Facebookaffine User neue Funktion bei ello ist die Unterteilung des Newsstreams in „Friends“ und „Noise“. In den Friends-Stream kommen die als relevant Erachteten, deren Updates man immer am Schirm haben möchte, der Noise-Stream ist für alle anderen gedacht. Gefüttert werden die Streams aber nicht durch Algorithmen, sondern vom User persönlich.

SCREENSHOT LENA HOLZINGER, WIKIMEDIA COMMONS

aut aktuellem „Social Media Atlas“ füllen nur noch 38% der User in Deutschland die Site aktiv mit Inhalten, 2012 waren es 58%. In den USA meldeten sich anno 2013 etwa sechs Millionen Nutzer ab. Die Datenschutzrichtlinien und der Privatsphärenverlust sind nur zwei von vielen Gründen für einen Ausstieg. Der Hype um die 2004 gestartete Seite ist längst Geschichte, seit langem sind schon andere Netzwerke, die in den Augen vieler Nutzer besser sind, aufgetaucht. Gerade in der Kernzielgruppe der Jugendlichen macht sich ein Negativtrend in der „Facebook“Nutzung bemerkbar, viele weichen etwa auf – die von ihren Eltern noch nicht so häufig verwendete – „WhatsApp „aus. Die Vorbehalte gegenüber den Werbeund Datensammelaktivitäten anderer Netzwerke möchte sich ein neuer Player zunutze machen.

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Der Minimalismus, der ello zu Grunde liegt, macht sich nach wenigen Minuten auf der Site bemerkbar: Man kann keine Privatnachrichten versenden oder Videos und Instagram-Bilder einbinden. Die Entwickler sind sich dessen bewusst und versprechen, die Seite laufend mit neuen Funktionen zu bereichern. Mit solch zusätzlichen Funktionen will sich das Netzwerk in naher Zukunft finanzieren. Es werde Updates geben, die die User mit einem kleinen Betrag erwerben können. Somit erhält man dann sogenannte „Premium-Funktionen“, zu denen die Macher aber noch keine genaueren Angaben machen. Die Grundfunktionen bleiben aber weiterhin kostenlos. Fotos können per drag & drop unkompliziert hochgeladen werden, Posts bearbeitet oder auch wieder gelöscht werden. Hier kommt die sogenannte „Omnibar“ zum Zug, die es ermöglicht, Wörter auch fett und kursiv zu schreiben oder mit Links zu hinterlegen. Außerdem sieht man, wie viele Leute ein Posting gesehen haben und welche Kommentare es dazu gibt. Eine Zeichenbegrenzung wie bei Twitter oder Klarnamenpflicht gibt es hier keine. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob es „ello“ mit den ganz Großen aufnehmen kann, oder wieder in der Versenkung verschwindet wie andere euphorische gestartete Projekte. User, die ein schlichtes, aufgeräumtes Design bevorzugen und genug vom kleinen blauen f und dessen Werbedominanz haben, sind bei „ello“ jedenfalls genau richtig.

„We believe a social network can be a tool for empowerment. Not a tool to deceive, coerce and manipulate — but a place to connect, create and celebrate life.“ (ello.co)

Vom Lohn bLeibt immer weniger.

Lena Holzinger

rechnen Sie sich aus, was ihnen unser Steuermodell bringt: mehrnetto.arbeiterkammer.at

Die belastungen werden immer höher – warum sollen immer wir Arbeitnehmer alles finanzieren? wir fordern:

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>> Mediendruck auf Entscheidung

Mediendruck auf Entscheider: Marketinginstrument oder Eingriff in die Privatsphäre?

Im Oktober 2014 machte Apple-CEO Tim Cook seine Homosexualität offiziell – souverän und originell. Das Coming-Out eines der mächtigsten Männer in der US-Businesswelt gibt den Anlass, den Druck der Medien auf Geschäftsführer und Vorstände zu hinterfragen.

Die Meinungen in den USA waren zu großen Teilen positiv, sogar streng Konservative reagierten – anders als sonst – harmlos. Wirft man jedoch einen Blick auf die zweitgrößte Stadt Russlands, St. Petersburg, will man

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seinen eigenen Augen nicht trauen: Kurz nach dem Coming-Out wurde ein Denkmal für Apple-Gründer und Tim Cook´s Vorgänger Steve Jobs abgerissen, aufgrund von „Propaganda für Homosexualität“, wie es die russische Firmengruppe ZEFS nannte. Die erste persönliche Stellungnahme, die Cook abgab, hatte es in sich – mehr oder weniger: Ein knappes „Yep, I´m gay!“ ließ er über „Twitter“ verlauten. Nun kann und sollte man sich die Fragen stellen, inwiefern dieses Coming-Out PR-Zwecken oder der Selbstentfaltung diente.

Persönliche Eigenschaften: positive Vermarktung versus negative PR Andauernde Berichterstattungen üben Druck auf die Cooks und Zuckerbergs dieser Welt aus. Es gibt aber verschiedene Ansätze, wie man als „Betroffener“ damit umgehen kann. Entweder zieht man sich zurück und versucht, soviel Privatsphäre wie möglich zu erhalten, oder man stellt sich selbst ins Rampenlicht und präsentiert sich als „Testimonial“ für sein eigenes Unternehmen. Elon Musk, CEO von Tesla, Vorreiter auf dem Automobilmarkt

THENYPOST.FILES.WORDPRESS.COM; I.YTIMG.COM

ber das renommierte US-Magazin „Bloomberg Businessweek“ wurde im Rahmen eines von Cook selbst verfassten Artikels dessen sexuelle Orientierung publik. In (vermeintlich) immer liberaler und toleranter werdenden Gesellschaften sollte eine solche Nachricht nicht mehr allzu viel Reaktionen nach sich ziehen, doch das ist bis heute nicht der Fall.

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und nicht zuletzt Gründer von SpaceX, einem privaten und von der NASA unterstützten Raumfahrtprogramm, nutzt diese Testimonial-Funktion extrem zu seinem Vorteil aus. Ihm spielt dabei eine allgegenwärtige Medienpräsenz perfekt in die Karten – egal ob privat oder bei Business-Präsentationen. So wurden alle drei seiner Scheidungen – zwei mal trennte er sich von der gleichen Frau – in öffentliche Schlammschlachten verwandelt, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung „berichtete. In seinem Fall stimmt wohl das altbekannte Sprichwort: Es gibt keine negative PR. Die mediale Allgegenwärtigkeit lässt ihm für seine Innovationen extrem viel Aufmerksamkeit zu kommen. Musk´s neuestes Projekt befasst sich mit Güter- bzw. Personenverkehr. Techniker und Ingenieure von SpaceX und Tesla arbeiten daran, eine elektronisch betriebene Hochgeschwindigkeitsbahn zu entwickeln, die pro „Transportkapsel“ 28 Personen transportieren soll. Die wirtschaftlich potentiell profitable Innovation daran ist, dass diese Bahn eine Strecke von 600km in etwa 35 Minuten zurücklegen soll. Reisegeschwindigkeiten von ca. 1.200 km/h werden Musk zufolge möglich sein. „Hyperloop“, wie das Projekt genannt wird, könnte jedoch nicht nur den Transportmitteln auf dem Gleis zur Konkurrenz werden, sondern auch dem Flugverkehr, zumindest auf Strecken von bis zu 1.500 Kilometern.

All dies verkündete der exzentrische Innovator bei der Vorstellung dieses Projekts – auf seine ganz eigene Art und Weise: polarisierend. Dass bereits eine „herkömmliche“ Schnellbahn in der Region um Silicon Valley, dem wahrscheinlich Innovationsmittelpunkt der Welt, geplant ist, nahm er zum Anlass, das Rampenlicht im August 2014 ein weiteres Mal zu nützen. Er könne nicht verstehen, warum gerade in Silicon Valley ein Schnellzugsystem angeschafft werde, dass „sowohl eines der teuersten und eines der langsamsten in der Welt“ sei, laut der Tageszeitung „Die Welt“. Hyperloop soll seinen Angaben zufolge um 1,5 Milliarden Dollar weniger kosten, also „nur“ knapp unter 6 Milliarden Dollar. Obwohl der gebürtige Südafrikaner in Europa und speziell in Österreich nicht die Popularität genießt, die ihm in den USA entgegenkommt, ist er das Paradebeispiel dafür, wie man mit Mediendruck umgeht. Sein Imperium profiliert sich über ihn mehr als das umgekehrt der Fall ist – eine Seltenheit. Mark Zuckerberg, Social MediaPionier und „Facebook“-Gründer, ist das genaue Gegenteil. Er führt das Unternehmen nicht an der Front, sondern im Hintergrund – und das gilt auch für sein Privatleben. Meldungen über seine Person außerhalb des Imperiums sind eine Rarität.

Schwarz/Weiß oder doch der Mittelweg? Was ist besser: Druck oder Privatsphäre? Rampenlicht oder Hintergrund? Die Antwort darauf ist genau so einfach wie kompliziert: Es kommt darauf an. Und zwar auf das Unternehmen, das Umfeld – und auf den Menschen. Entscheidet man sich für das Rampenlicht, ist der Grat zwischen Unglaubwürdigkeit und „Mediengeilheit“ ein schmaler. Elon Musk ist das Paradebeispiel, da er es geschafft hat, den Mediendruck effektiv für sich und seine Interessen einzusetzen. Immer wieder spielt er seine Persönlichkeit bewusst herunter, so in der Süddeutschen Zeitung: „Ich bin kein Pop-Star und ich will auch keiner sein. Ich bin Ingenieur, und ob Sie es glauben oder nicht, es ist für mich gar nicht so einfach, so vor den Leuten zu stehen und zu sprechen.“ Diese Aussage tätigte er nur einige Momente, nachdem er seine Konkurrenten in der Automobilindustrie wegen ihrer irreführenden Werbungen durch den Kakao gezogen hatte. Musk versucht also durchaus, Bescheidenheit und gleichzeitig Selbstbewusstsein bis hin zu Arroganz zu versinnbildlichen – mit großem Erfolg. Übertragbar auf öffentliche Auftritte ist dieser Weg nicht. Trotzdem gibt es Ansätze, an denen man sich orientieren kann - und nimmt man Elon Musk einmal unter die Lupe, wird einem klar, dass er den wohl besten Ansatz liefert. In einer so umkämpften Branche wie der Autoindustrie, wo es vor Neuerungen und „concept cars“ nur so wimmelt, kann ein polarisierender CEO, wie Musk es zweifelsfrei ist, den Unterschied machen. Lorenz Knauseder

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>> kategorie

Verlockende Fallen

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etflix, „Maxdome“ und Co. werden bei jungen Leuten immer beliebter. Sogar so sehr, dass diese Angebote das klassische Fernsehen ersetzen können?

„Netflix“ – der wohl bekannteste Provider Das Programm von Netflix und Co. wird zwar beinahe täglich mit Hollywood-Filme und Serien erweitert, aber Nachrichtensendungen oder ähnliches werden dort niemals zu finden sein.

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Mit über 50 Millionen Abonnenten weltweit ist „Netflix“ der erfolgreichste Video - on - Demand - Anbieter. Seit September 2014 ist der US-Gigant auch in Deutschland und Österreich verfügbar. Für 7,99 € gibt es die kostengünstigste Variante, bei der man nur auf einem Gerät gleichzeitig und mit Standardauflösung (kein HD) schauen kann. Weitere Ausführungen gibt es um 8,99 € (zwei Geräte gleichzeitig; HD-Auflösung) und 11,99 €

(vier Geräte gleichzeitig; Ultra-HD-Auflösung). Der erste Monat ist kostenlos. „Netflix“ konzentriert sich mehr auf Serien als auf Filme und man ließ mit „House Of Cards“ oder „Orange Is The New Black“ sogar eigene produzieren, welche natürlich auch auf der Site rezipiert werden können. Das Angebot in den USA ist jedoch bedeutend umfangreicher als das österreichische. Alle Serien und Filme können auf Wunsch im englischen Originalton oder auf Deutsch konsumiert werden. „Ich habe „Netflix“ seit dem Österreich-Start abonniert und muss sagen, dass ich eigentlich zufrieden bin. Das Angebot an Serien hat mich überzeugt, lediglich bei den Filmen könnte man noch zulegen.“, erzählt ein Nutzer, „auch dass es problemlos auf allen Plattformen funktioniert finde ich gut.“

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Mit über 50 Millionen Abonnenten weltweit ist Netflix der erfolgreichste Video-on-Demand-Anbieter.

WIKIMEDIA COMMONS

Fernsehen was, wann und wo man will – mit diesen und ähnlichen Slogans buhlen Video-On-Demand-Anbieter um die Konsumenten. Für einen monatlichen Pauschalpreis und mit einer guten Breitband-Internetverbindung sei alles möglich...


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„Maxdome“ – die deutsche Konkurrenz Auch im September, allerdings schon 2013, startete der deutsche Anbieter „Maxdome“ in Österreich. Laut eigenen Angaben stehen den Abonnenten über 50.000 Spielfilme und Serienepisoden zur Verfügung. Der Anbieter gehört zur „ProSiebenSat.1“-Gruppe, entsprechend ist auch das Angebot gestaltet: Es überwiegen eigenproduzierte Formate dieser deutschen Privatsender, die Auswahl an aktuellen Blockbustern ist noch recht überschaubar. Mit 7,99 € ist „Maxdome“ preislich gleich aufgestellt wie „Netflix“, auch der erste Monat ist hier kostenlos zum Testen. Allerdings kann man bei dem deutschen Anbieter auch Serien oder Filme einzeln kaufen und ist nicht nur auf das Pauschalangebot angewiesen. Die Nachteile sind, dass erstens nicht alle Filme auf HD gestreamt werden können und zweitens man nicht alle Serien bzw. Filme im englischen Originalton anschauen kann.

„Amazon Instant Video“ Der größte Versandhändler stieg schon 2006 in das Filmverleih-Geschäft ein. Anfangs konnte man Filme von „Lovefilm„ ausleihen, danach wurden sie gestreamt und im Februar 2014 löste „Amazon Instant Video“ diese Plattform in Deutschland ab. Mit „Amazon Prime“ zog man den Zorn vieler Kunden auf sich: Mit der Mitgliedschaft sollte man nämlich gratis Premiumversand bekommen, viele Titel kostenlos am Kindle ausleihen können sowie Zugang zum unbegrenzten Streaming-Angebot haben. In der Realität sah das jedoch anders aus, da nur Kunden mit Wohnsitz in Deutschland alle drei Begünstigungen nutzen konnten. Es wurde nur über einige Umwege darauf hingewiesen, die Kunden aus Österreich sollten trotzdem den vollen Preis von 49 € pro Jahr zahlen. Seit November 2014 können aber auch diese das volle Angebot nutzen, was für deutsche Kunden schon im Februar möglich war. Alternativ ist es auch

möglich, nur den Videodienst von „Amazon Prime“ entweder für eine monatliche Pauschale von 7,99 € (wie bei „Netflix“ und „Maxdome“) oder nur durch Einzelkauf der Filme und Serie zu nutzen. Das Angebot an Serien ist auch hier sehr gut und gegenwartsnah, so findet man zum Beispiel alle Staffeln von „Breaking Bad“ oder Staffel eins bis zehn von „Two and a half Men“. Jedoch muss man teilweise auf die originale englische Tonspur verzichten. Für Studenten ist das erste Jahr gratis, erst im zweiten Jahr zahlt man 49 €. Es gibt auch noch andere Subscription-Video-on-DemandAnbieter in Österreich, die zuvor beschriebenen bieten jedoch die größte Auswahl. Zum Beispiel konzentriert sich der österreichische Provider Flimmit fast ausschließlich auf österreichische Filme in seinem Angebot, das ca. 2.400 Filme umfasst. Der ORF ist schon mit 25% an der Plattform beteiligt und möchte 2015 die Mehrheitsanteile übernehmen. Zusammengefasst fällt auf, das preislich alle drei großen Anbieter mit 7,99 € gleich liegen und das aktuelle Angebot an Spielfilmen ist noch ausbaufähig.

Wie sieht nun die Zukunft von Video-On-Demand-Plattformen in Österreich aus?

Zielgruppen abzudecken) ansprechen. Eine aktuelle Studie aus den USA zeigt , dass das Eine das Andere nicht so leicht ersetzen wird. Dort werden in der Gruppe der 18- bis 35-Jährigen durchschnittlich vier Stunden Fernsehen täglich konsumiert, aber lediglich 35 Minuten bei Streaming-Angeboten. Außerdem ist das klassische Fernsehen noch gratis (bis auf die GIS-Gebühr) und bei diesen Subscription-Video-onDemand-Angeboten muss monatlich gezahlt werden. Und: Das Programm von „Netflix“ und Co. wird zwar beinahe täglich mit Hollywood-Filme und Serien erweitert, aber Nachrichtensendungen oder ähnliches werden dort niemals zu finden sein. Der einzige Grund, warum Video-Plattformen dem klassischen Fernsehen gefährlich werden können, ist, dass man sich alle Folgen einer Serie auf einmal ansehen kann und nicht wie im Fernsehen noch einen Tag oder eine Woche warten muss. Dies kann aber auch für manch einen Nutzer gefährlich werden, da man somit dem exzessiven Schauen einer Serie verfallen kann. Experten haben sogar einen eigenen Begriff für dieses Dauerglotzen, nämlich „BingeWatching“. Es wird wohl ein Paralleluniversum – dive into oder konsumier Frischluft, draußen ist auch Welt...

Philipp Thoma

Die große Frage ist nun, ob diese Vide o-On-D emand-Platt for men das „klassische Fernsehen“ ersetzen können. Die klare und deutliche Antwort lautet: Nein! Der erste Grund ist, dass das „klassische Fernsehen“ einen Entspannungseffekt hat. Man kommt nach Hause und setzt sich gemütlich vor den Fernseher und möchte nicht erst nach Sendungen suchen müssen. Es handelt sich also um ein passives Konsumverhalten, die Nutzung von Videoplattformen dagegen ist eine aktive. Ein anderer Grund ist, dass diese Plattformen eine andere Zielgruppe (junge, internetaffine Menschen und Familien) als das klassische Fernsehen (versucht alle

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>> In Game Advertising

„As your game loads, please watch this ad.“ Rasanter technologischer Fortschritt - der Katalysator für die Weiterentwicklung digitalen Marketings. Zielgruppengenaue Ansprache - der Wunsch jeden Werbers. „Klassische“ Werbebanner auf Websites sind nur eine Nuance der Möglichkeiten im Rahmen von Onlinewerbung - eine sich auf dem Vormarsch befindende, aber oftmals vergessene Disziplin stellt In-Game-Advertising dar.

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Jahren 84% - dies zeigte eine Studie, die von der GfK durchgeführt wurde. Ebenso konnte erhoben werden, dass in absoluten Zahlen bereits knapp 28 Millionen der Deutschen zumindest gelegentlich Videospiele nutzen. “I look back at the old days in my previous life at Sega, when we were actually paying for licenses of consumer-product companies to put in the game. […] Boy, the shoe is on the other foot now, no pun intended.” - Peter Moore, Corporate Vice President von Microsoft Corp. Seit der Jahrtausendwende konnten Werbetreibende den Bereich In-Game-Advertising immer mehr für sich entdecken. McDonald’s und Intel zahlten in Summe 2 Milliarden Dollar, um an „Sims Online“ mitzuwirken. Das Ergebnis: Sims-Charaktere konnten virtuelle BigMac’s verzehren

und den neuesten Computer von Intel verwenden, mit dem man schneller im Spiel vorankommt - klassisches, situationsbezogenes Product Placement, aber eben virtuell. Markenprodukte werden zunehmend im Rahmen der Handlung als Requisit inszeniert und emotional in die Spielwelt integriert, so auch im Agentenspiel „Splinter Cell“: Der Hauptcharakter kaut in kniffligen Situation immer „Airwaves“ Kaugummi, der ihn wieder durchatmen lässt. Allerdings ist Product Placement nur eine der „Spielarten“ von In-Game-Advertising.

Bandenwerbung - ganz wie im Stadion! Statisches In-Game-Advertising bezeichnet Formen, bei denen Werbetreibende bereits im Entwicklungs-

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SPLASHBASE/CC0-PAWEL KADYSZ

er Videospiel- und Konsolenmarkt wächst seit Jahren kontinuierlich - das Marktvolumen von Gaming-Hardware weltweit beträgt gemäß einer Studie von John Peddie Research bereits 20 Milliarden Dollar. In Deutschland werden beinahe zwei Milliarden Euro pro Jahr durch den Absatz von Videospielen erwirtschaftet. Die serviceorientierte Herangehensweise der Anbieter ist eine der Ursachen für steigende Popularität sowie Umsatzzahlen der Videospielindustrie - diese kombinieren ein Hightechangebot mit ansprechenden Inhalten. Wo liegt der Nutzen für die Werbebranche? Dieser wird die Möglichkeit geboten, eine stetig wachsende Nutzerschaft mit ihren Werbebotschaften zu erreichen. Mittlerweile beträgt der Anteil männlicher Gamer in Deutschland zwischen 14 und 29


prozess eines Spiels Verträge mit den Anbietern aushandeln, um ihre Marke in die Spielwelt zu integrieren. Paradebeispiele hierfür sind FIFA und andere Sportspiele: Bandenwerbung wird gebucht und bleibt über die gesamte Lebensdauer des Produkts ein Teil dieser Spielwelt. Unternehmensseitig sind vorrangig Procter&Gamble sowie McDonald’s zu nennen, die Deomarke „AXE“ und die unverkennbaren Golden Arches der Fast-Food-Kette waren in diverse Videospiele integriert. Im Gegensatz dazu zeichnet sich bei dynamischem In-Game-Advertising der technische Fortschritt ab. Zunehmend sind Spieler untereinander vernetzt: Sie spielen zusammen in Online-Modi gegeneinander. Hierbei wird auf Basis ihres Standortes und Nutzerprofils zielgenaue Werbung in ihr jeweiliges Spiel geschalten. In-Game-Advertising bringt hochspezialisierte Agenturen hervor - diese bieten Targetingmöglichkeiten und fortschrittliche Ansprachemöglichkeiten, die auch im Rahmen von Displaykampagnen zum Einsatz kommen. Man kann ebenso Parallelen ziehen zwischen Entwicklungen virtueller Werbeformen und klassischer Werbeformen: So werden auch „In-Game“ Plakatflächen mit Werbung bespielt, die Gamer einer bestimmten Region erreichen soll. Diese werbliche Entwicklung gleicht einer Reflexion tagtäglicher Erlebnisse - mit dem Unterschied:

Man erlebt das Geschehen mit seinem „Avatar“, welche die Person in virtuellen Sphären erkennbar macht.

In-Game-Advertising: Zusammenspiel mit Spieleindustrie

das der

inszeniert?“ oder „Drehen sich künftig ganze Spielereihen um Marken?“ sind nur einige davon. Nichtsdestotrotz: früher oder später werden Marken Einzug in die Spieleindustrie finden als Werber. Lukas Klinser

Im Spotlight steht immer das Videospiel - die Atmosphäre, das Storytelling, die designtechnischen Elemente, die liebevoll und teilweise über Jahre hinweg entwickelt werden. Für ein derartiges Projekt braucht es Spezialisten diverser künstlerischer Bereiche: Design, Musik, Drehbücher, Programmierexperten. Viel zu oft bleiben diese aber nur Teil des Abspanns und erscheinen erst bei erfolgreichem „Durchspielen“. Langfristig angelegte Projekte sind in der Spieleindustrie generell mit Risiko behaftet. Somit besteht die Möglichkeit für Publisher, ihre Projekte auch über eine neue Einnahmequelle, nämlich Kosten für Werbeplätze, zu finanzieren. Die aktuelle Situation der Spieleindustrie ist geprägt von einer steigenden Zahl angebotener Werbeplätze und Werbeeinnahmen. Zunehmend verschmelzen Realität und Virtualität, reale Marken werben in Fantasiewelten und erreichen spezielle Käufersegmente. Noch sind aber zu viele Fragen ungeklärt, um die zukünftige Relevanz von In-Game-Advertising in der Werbebranche einzuschätzen. „Werden Marken spielerisch

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>> Tattoo Als Marketing

Tattoo als Marketing: Werbung die unter die Haut geht

ie Tradition die eigene Haut mit Bildern zu schmücken, hat ihren Ursprung bereits vor 7000 Jahren. Damals waren es religiöse Zeichen, welche ein Beweis für die Mitgliedschaft eines Stammes waren. Heutzutage gehören Tattoos zur gesellschaftlichen Norm. Dies haben auch Werbefirmen erkannt und kamen nun auf die Idee, Haut als Werbefläche zu kaufen. Die Platzierung dieser Werbung – bei der es sich um das Logo der Firma, deren Name oder Internet-Adresse handelt – ist vertraglich vorgeschrieben. Aber egal ob auf dem Arm, den Beinen oder auf der Stirn: Hauptsache, es ist sichtbar und wird von möglichst vielen Leuten gesehen.

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Aufkleber tragen für Geld Wie etwa auf den Schenkeln junger Frauen. Eine Firma in Japan hatte den Einfall, diese Stelle als Werbefläche zu vermarkten, wie die Sendung „taff “ („ProSieben“) im Oktober 2014 berichtete. Dabei werden temporäre Tattoos, die entweder ein Firmenlogo oder Produkt zeigen, auf die entblößten Oberschenkel der Frauen geklebt. Diese Tattoos funktionieren wie Sticker und sind leicht abwaschbar. Da vor allem in Japan viele Frauen sehr kurze Miniröcke mit Kniestrümpfen kombinieren und das freie Stück Haut dazwischen als erotischster Bereich des Körpers gilt, bietet sich dieser Platz bestens als Blickfang an.

2010 sollen sich allein 1300 Frauen als Werbeträgerinnen registriert haben, wie die Online-Seite „businessinsider“ berichtet. Der Lohn von bis zu 80 Euro am Tag für das Tragen eines Firmenlogos ist kein schlechter Verdienst, denn dafür wird lediglich das tägliche Posten von zwei Beweisfotos im Internet verlangt. Es werden jedoch nur Frauen über 18 engagiert, die auch eine gewisse Anzahl an Freunden und Followern in Sozialen Netzwerken besitzen. Männer sind übrigens nicht als Werbeträger vorgesehen – wahrscheinlich aufgrund der Tatsache, dass diese zumindest in Japan (noch) nicht so stark sexualisiert werden.

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MAXIMILIAN DÖRINGER; WIKIMEDIA COMMONS

Visuelle Überreizung aller Ortens: egal ob in Magazinen, auf Plakaten oder auf Werbetafeln. Auch die Menschen auf der Straße tragen Werbung auf T-Shirts, Aufklebern, Schildern oder Schuhen - und sogar auf der Stirn?


Haut im Internet Ganz anders in Europa oder den USA. Auch in den westlichen Ländern hat sich der Verkauf von Körperfläche bereits etabliert, doch hier sind nicht nur junge Frauen begehrt: Auf Websites wie etwa „leaseyourbody“ können sich User beiderlei Geschlechts registrieren, um von Firmen als temporäre Werbefläche angeworben zu werden. Wurde der registrierte Nutzer von einer Firma auserwählt, verpflichtet sich dieser per Vertrag das Logo der Firma auf seinem Körper als temporäres Tattoo zu tragen. Die Vertragsdauer und Bedingungen sind je nach Firma unterschiedlich. Ebenso wie die Preise, die zwischen 100 $ und 5.000 $ variieren.

Werbung auf der Haut – für immer Aber es geht auch härter: Auf Portalen wie eBay oder diversen Foren bieten Einzelpersonen mittels Auktion ihren Körper als Werbefläche. So verkaufte Karolyne S., eine Amerikanerin aus Utah, laut „Daily Mail“ ihre Stirn um 10.000 $ an ein OnlineCasino namens „GoldenPalace“ – nicht einfach so, denn sie „gewann“ dies im Rahmen einer Auktion. Nun trägt Karolyne S. das Logo dieser Firma auf ihrer Stirn – für immer. Denn es handelte sich bei dieser Auktion nicht

um temporäre, sondern permanente Tattoos: eine weitere Form des Tattoo Marketing. Nun fragt man sich, was Tattoo-Enthusiasten von diesem Trend halten. Auf der „Wildstyle-Tattoo Convention 2014“ im VAZ St. Pölten kommen jährlich Tätowierer, Piercer und Bewunderer dieser Kunst zusammen. Doch nur wenigen Besuchern war der Trend, Haut als Werbefläche zu verkaufen vertraut, einige hörten zum ersten Mal von solchen Kampagnen.

Wer sich das größte Logo auf der „Tough Viking Competition“ in Stockholm auf die Haut stechen ließ, erhielt ein EinJahres-Sponsoring im Wert von 5.800 $.

Gut oder Schlecht Bei vielen Menschen stößt diese Aktion auf Unverständnis. So auch bei Sabrina, einer Besucherin der Messe. „Meiner Meinung nach ist ein Tattoo etwas sehr persönliches. Wenn du dir ein Tattoo im Gesicht oder sonst wo auf deinen Körper stechen lässt, ist es deine Entscheidung und vielleicht auch ein Teil deiner Persönlichkeit.“ Noch deutlicher wird Adam, ein mit seinem Studio „Renegade Tattoo“ gastierender Ungar: „Es ist richtig schlecht, wenn das Tattoo eine Marketing-Sache wird, denn dafür steht es nicht, es ist eher eine Art Kunst.“ Beinahe alle Befragten schüttelten beim Anblick des großflächigen Tattoos mitten auf der Stirn den Kopf. Jedoch fanden sich auch Leute auf

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>> Tattoo als Marketing

550 €. Siegerin der Kampagne war Camilla N., welche sich das Delta-Logo auf die Rückseite ihres Oberschenkels stechen ließ, wie unter anderem „adweek“ berichtete. Bei dieser Kampagne ging es darum zu zeigen, wie loyal man zu dieser Marke und der damit verbundenen Lebenseinstellung ist. Denn auch andere sportinteressierte Menschen identifizieren sich mit ihren jeweiligen Sportfirmen und tragen deren Symbole auch freiwillig auf der Haut, ganz ohne Bezahlung. Die Piercerin Janine, findet dies eine gute Idee: „Wenn man Sportler ist und dafür lebt und dann von jemandem gesponsert wird, warum nicht.“

Freiwillige vor

Damals und Heute

Vor allem im Sport ist das Tragen von Werbe-Tattoos schon länger bekannt. Doch nicht nur Profisportler werden dafür bezahlt: So startete Reebok im August 2014 die Kampagne „Reebok Forever“. Wer sich das größte Logo auf der „Tough Viking Competition“ in Stockholm auf die Haut stechen ließ, erhielt ein Ein-Jahres-Sponsoring im Wert von 5.800 $. Die Kampagne wurde ein voller Erfolg. Jeder konnte sich in dem mobilen Tattoo-Studio ein Reebok-Logo stechen lassen, jedoch wurden nur neun Leute tätowiert, da nur ein Tätowierer vor Ort war. Allerdings schrieben sich knapp 100 Leute auf eine Warteliste. Als Dankeschön erhielten diejenigen Reebok-Artikel im Wert von ca.

Waren Tattoos noch vor einigen Jahren Brandmarkung von Häftlingen oder ein Zeichen der Rebellion von aufsässigen Teenagern, so sind es heute ganz normale Leute, die man auf diesen Messen findet. Wie der Besuch auf der Wildstyle-Messe zeigte, sind Tattoos längst im gesellschaftlichen Leben angekommen und akzeptiert. Aber die Bereitschaft den eigenen Körper als Werbetafel zu nutzen, ist bis jetzt noch nicht gegeben.

Ricarda Ristic

Denise Misek

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SABRINA GONSTALLE / PIXELIO.DE

der Messe, die das Ganze etwas lockerer sahen. „Jeder hat einen Preis. Ich weiß keinen für mich. Das ist wirklich ein Thema, über das ich noch nie nachgedacht habe. Aber sich etwas für eine Million Euro auf die Stirn tätowieren zu lassen – wieso nicht? Damit könnte ich leben. Wie lange muss ich es tragen? Fünf Jahre könnte ich mir gut vorstellen und danach einfach etwas anderes darüber tätowieren“, sagt Tim, seit zwei Jahren Tätowierer. Die allgemeine Meinung bei permanenten Tattoos als Werbemittel fällt jedoch negativ aus, so empfinden dies einige Besucher und Tätowierer sogar als Missbrauch des Tattoo-Mediums.


Die Zukunft des Fernsehens ist deine! <<

Die Zukunft des Fernsehens ist deine! Dank „Google“ können wir fast jede Information mit nur wenigen Klicks finden, dank „Facebook“ Bilder und Statusmeldungen teilen, dank „Spotify“ und „YouTube“ Musik und Videos unabhängig von Ort und Zeit aufrufen: Konsequenzen für das Fernsehen?

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urch das Leben in einer schnelllebigen Gesellschaft, in der früher typische „9 to 5“-Jobs kaum noch existieren, haben sich unsere Nutzungsgewohnheiten bezüglich des Mediums Fernsehen verändert. Jeden Abend pünktlich aus dem Büro zu gehen, um zu einer gewissen Uhrzeit seine Lieblingssendung im Fernsehen zu sehen, ist heute selten möglich. Viele Sender haben das Internet als zusätzlichen Vertriebskanal ihrer Inhalte für sich entdeckt und bieten diese nun auch online an, um Nutzern zeitunabhängig den Konsum zu ermöglichen.

Qualitätskriterium Onlineangebot Auf Grund des veränderten Nutzungsverhaltens der Gesellschaft sind Fernsehsender quasi gezwungen ihr Angebot auch online verfügbar zu machen. Laut Tassilo Pellegrini, Dozent der Fachhochschule St. Pölten und Projektleiter am Österreichischen Institut für Medienwirtschaft, hat sich das Anbieten der Inhalte im Internet zu einem Qualitätskriterium der Fernsehanbieter entwickelt. „Es gibt sicher einen gewissen Druck, dass jeder Sender sein Angebot auch on Demand verfügbar macht.“ so Tassilo Pellegrini. Durch die ständige Präsenz des Internets haben wir uns daran gewöhnt, on Demand zu konsumieren, also die Möglichkeit zu haben Inhalte dann abzurufen, wenn wir diese sehen wollen. Pellegrini: „Man hat sich

einfach daran gewöhnt, on Demand zu konsumieren, das ist ja auch das Grundprinzip des Internets.“

Entwicklung von Abrufdiensten Doch wie ist es überhaupt dazu gekommen, dass das Fernsehen das Internet als einen attraktiven Distributionskanal sieht? Pellegrini erklärt, dass vor allem die technischen Entwicklungen hierbei eine große Rolle spielen: Die zunehmende Breitbandfähigkeit der Internetinhalte und die daraus folgende Möglichkeit, Bewegtbilder überhaupt in entsprechender Qualität verbreiten zu können, ist ein wesentlicher Grund, warum das Medium Internet als zweiter Verbreitungskanal der Inhalte funktionieren kann. Doch Inhalte zum Abruf anzubieten, ist kein neues Geschäftsmodell, denn auch vor der Einführung des Internet hatten Nutzer das Bedürfnis, Inhalte abseits des Tagesprogramms der Fernsehsender zu sehen. Dies wurde durch das Aufnehmen in Form von Videokassetten, später DVDs oder Blue-Rays ermöglicht.

der Art und Weise weiterhin bestehen kann. Werden wir künftig nur noch per Abrufdienst fernsehen und wird das klassische, heißt lineare Fernsehen verschwinden? Pellegrini sieht hier jedoch keine Gefahr der Substitution, also des Ersatzes. „Fernsehen ist sicher here to stay.“ Denn hinter dem Medium Fernsehen stehe eine Industrie, die sich über die Jahre entwickelt hat. Weiters bildet das klassische Fernsehen die Grundlage für Online-Abrufdienste, da es ohne dem klassischen Fernsehen und den Erlösen aus diesem keine Inhalte für das Online-Angebot gäbe. Denn die Erlöse aus Online-Angeboten sind nicht hoch genug, um rein für Internet-TV produzieren zu können. Das klassische Fernsehen wird demnach, zumindest nicht in nächster Zeit, durch Abrufdienste ersetzt werden (s. Artikel von Philipp Thoma) – as good as it gets. Anika Kisielewski

Gefahr der Substitution? Nun allerdings stellt sich die Frage, ob das Fernsehen in der Form wie wir es kennen, nämlich als das Leitmedium für Information und Unterhaltung, in

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>> Fremdschämen

Shame on you? Niveaulosigkeit in der Abendunterhaltung eutschland sucht seinen unendlichsten Superstar und Dieter Bohlen wird nicht müde, Gesangskünste zu verurteilen. Larissa isst im Dschungel Maden, entblößt Charakterzüge, die besser versteckt geblieben wären und lässt vor allem eines vermissen: Selbstachtung.

chigen Raum „Saturday Night Fever“, „Das Dschungelcamp“ und Partnerfindungsshows, bei denen anstatt emphatischer Tiefgründigkeit oder satirischer Überhöhung exhibitionistische Niveaulosigkeit und dramaturgische Voyeurismus-Appelle im Vordergrund stehen, einen Namen bekommen.

Die Geburt des Fremdschämens

Eine süße Qual?

Das Wort „Fremdschämen“ findet erst seit dem Jahr 2009 Erwähnung im Duden. Die Beschreibung dafür lautet: „sich stellvertretend für andere, für deren als peinlich empfundenes Auftreten, schämen“. Auch wenn das Phänomen schon länger besteht, hat es erst in den letzten Jahren durch Fernsehshows wie im deutschspra-

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Durch die Verfügbarkeit von deutschen Fernseh-Shows und dem inländischen TV-Sender ATV, dessen Ideenpool für primitive Formate, um mit „Bauer sucht Frau“, „Saturday Night Fever“ oder „Das Geschäft mit der Liebe“ nur ein paar zu nennen, wohl unerschöpflich ist, scheint auch (und gerade?) in Österreich ein Genuss am Fremdschämen zu existieren.

Irgendwie nachvollziehbar ist er ja, der Spaß an der Beobachtung eines von sich selbst als begabt empfundenen Künstlers, der leider aber völlig frei von Talent ist. Schon weniger nachvollziehbar ist hingegen das Feedback eines Jurors, der sich sowohl an seiner Bekanntheit, als auch an so mancher Botox-Behandlung – insbesondere aber an seiner vom Sender vorgegebenen „Scharfzüngigkeit“ vulgo Untergriffigkeit erfreut. Konstruktive Kritik ist weniger unterhaltsam als menschenverachtende Vergleiche und öffentliche Bloßstellung. Die ehemalige „Austria´s Next Topmodel“-Kandidatin Larissa ist ein selbsternanntes Multitalent (laut, aufdringlich, nervend), unter anderem Schauspielerin, was einen Hoffnungsschimmer aufkommen lässt, dass ihr penetrantes Aufzeigen eines Mangels

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WIKIMEDIA COMMONS

Eigi und Pichler sind jenseits einer noch zurechnungsfähigen Promillegrenze angekommen; Tara und Moni suchen einen Ehemann, der reich sein, aber die eigenen intellektuellen Fähigkeiten nicht beanspruchen sollte – a normal Saturday Night, right?


an Selbstachtung doch auf einem Drehbuch beruht. Immerhin, sie hat ihre Performance im „Dschungelcamp„ als „Karrieresprungbrett“ genutzt und durfte Jurorin bei der „Großen Chance„ im ORF sein. Dann gibt es Molti, Eigi, Pichler und Spotzl, die berühmtesten Vertreter von Saturday Night Fever, deren ATV-Fernsehkarriere in der Disco „La Boom“ in St. Pölten ihren Anfang nahm. Ihr Auftreten wird vor allem durch übermäßigen Alkoholkonsum geprägt, unter dessen Einfluss sie ihre wenig aufgeschlossenen Thesen, aber umso aufgeschlosseneren Meinungen kundtun. Den Großteil der Zeit versuchen sie, Erfolg beim anderen Geschlecht zu haben und schaffen dabei vor allem eins: dass sich jede beobachtende Frau in ihrer Haut unwohl fühlt, außer dann, wenn sie selbst betrunken ist und sich von tiefblickenden Kontaktanbahnungsversuchen überzeugen lässt. Dann muss man sich als TV-Zuseherin der bestürzten Frage der eigenen, vor dem Fernseher sitzenden Mutter stellen, ob das bitte heute eh nicht wirklich so zugeht. Nein tut es nicht. Gespräche mit einem Niveau oberhalb der Gürtellinie werden auch von der heutigen Jugend noch geschätzt.

Die Folter der Emanzipation Aber es ist nicht genug, die Frau der Fleischbeschau auszusetzen und als Objekt zu deklarieren. Da gibt es nämlich noch Tara und Moni, die, nach ihrer Performance bei „Saturday Night Fever“, ihre eigene gleichnamige Sendung erhielten, in der sie frei von Denkkraft und Peinlichkeitsempfinden den Millionär fürs Leben suchten. Die beiden haben es schließlich geschafft, dass man sich für die Zugehörigkeit zum eigenen Geschlecht schämen muss: Sie bedienen das Klischee der Frau, deren Oberweite durch Silikon ausgeweitet wurde (um sich auch ja nichts an Selbstachtung zu bewahren, wurde auch das vor laufender Kamera erledigt) und die den Genuss der Gegenwart eines Mannes lediglich an seinem Kontostand misst. Es bleibt die Hoffnung, dass die beiden

ihre Aussagen beim besten (auf den Leib geschriebenen Dramaturgie-) Willen doch selbst nicht glauben. Was aber keinen Unterschied macht, denn die Botschaft ist verkündet und vermittelt so manch pubertierendem Halbwüchsigen ein höchst fragwürdiges Bild.

Motive für Schauspieler, Produzenten und Zuschauer Im Zusammenhang damit stellt sich die Frage, warum sich Hobbyschauspieler zur Verfügung stellen, um sich vor versammeltem Fernsehpublikum derart demütigen zu lassen. Wie Darsteller solcher Sendungen offenbaren, sei alles nur gestellt. Laut dem deutschen Regisseur Dieter Wedel ist es ein menschliches Bedürfnis, von aller Welt wahrgenommen zu werden. Dafür ziehen sich junge Leute körperlich und seelisch aus, lassen sich niedermachen und auslachen. Im Gegenzug weiß die Welt für einen Moment, dass es sie gibt. Meist ist ihnen aber nicht klar, wie schnell sie wieder ausgespuckt werden, sie sind nur für einen Moment lang auf der Bildfläche, bevor sie wieder verschwinden. Sie werden benutzt, aber sich benutzen zu lassen ist ihre freie Entscheidung. Für produzierende TV-Sender ist es jedenfalls lukrativ auf die Erfolgswelle von niveaulosen Formaten aufzuspringen. Die selbsternannten Schauspieler werden im Falle von „Saturday Night Fever“ nur mit Getränken bezahlt: billig wie zielführend. Für Bernhard Pörksen, Medienwissenschaftler, und den Journalisten Wolfgang Krischke ist eine mögliche Erklärung für den großen Anklang derartiger Scripted Reality-Shows (denn die „Realität“ in diesen ist eine dramaturgisch geschriebene) das Zusammenspiel zwischen dem Voyeurismus des Publikums und dem Exhibitionismus der Darsteller. Dem Zuschauer bleibt nichts verborgen, Seelen-Striptease und der Bruch der letzten Tabus inklusive, stellen sie in ihrem Buch „Die CastingGesellschaft“ fest: „Mit Maden und Würmern in Nahaufnahme,

besonders prolligen – manchmal auch rassistischen – Sprüchen, Kopulationen vor der Kamera und einem demonstrativem Kult der Unbildung bildet diese Art von Shows die Avantgarde bei der Schleifung letzter bürgerlicher Tabu-Reste.“ Natasha Birkan, die selbst schon in einigen RealitySendungen als Protagonistin zu sehen war, erklärt das Phänomen auf Zuschauerseite damit, dass die meisten Leute sich dafür interessieren, was sich bei anderen Menschen abspielt. Wenn sie feststellen, dass es bei jenen schlimmer zugeht als in ihrem eigenen Wohnzimmer, sind sie beruhigt. Besonders wichtig, um die Zuschauer zu aktivieren sind Reibungspunkte, normale Umstände haben die meisten ohnehin auch bei sich zu Hause. Somit bieten diese Shows neben sozialer Orientierung auch Trost. RTL-Unterhaltungschef Tom Sänger bestimmt die drei Faktoren „Neugier“, „Voyeurismus“ und „Vergleich“, die die Attraktivität dieser Sendungen begünstigen. Also sind wir alle neugierig auf den Striptease „der Anderen“?

Alina Staudner

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>> Ukraine Konflikt

Medien als „inoffizielle“ Waffe im Krieg Es wird schon stimmen, dass Russland in die Ukraine einmarschiert ist, dass die EU in der Helferposition ist und Putin sowieso der größte aller Bösewichte: Weshalb trotzdem Millionen von Russen Putin anhimmeln und zu ihm aufsehen?

„Wir glauben dass die USA der Drahtzieher in Europa ist und wir mögen Obama nicht!“

Ira, eine in Moskau lebende russische Studentin, erzählt: „Unsere Massenmedien haben uns US-Programme gezeigt, die sagen, dass Russland das Flugzeug abgeschossen hat, es war sogar ein Beweisvideo dabei. Jedoch hat uns dann unser TV erklärt, dass dieses besagte Video von einem Computerspiel stammt und dass auch alle anderen Beweise gegen

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Pressefreiheit oder doch eher „a one man show“? Die NGO „Freedom House“ deklariert Russlands Presse als „not free“: Mit Werten die noch weit entfernt sind von freiem Journalismus, liegt Russland in der weltweiten Liste im untersten Drittel, zwischen kommunistischen afrikanischen Ländern. Unter Vladimir Putins Regierung wurde die Kontrolle über die öffentlichen Rundfunksender weiter verstärkt und die Zensur der Online-Medien weiter ausgebaut. „Those who own information own the world. It is obvious that when foreigners enter the mass media market of any country they practically gain access to people‘s minds, to forming public opinion“, so Putin selbst auf „Russia Today“ über das neue Mediengesetz, das besagt, dass nichtrussische Staatsbürger nicht mehr als 20% Anteil an russischen Medien haben dürfen.

Die Medien in der Ukraine Doch nicht nur Russlands Medien wissen Fakten und Nachrichten zu manipulieren, dass sie ins gewünschte, für die Öffentlichkeit entsprechende

IWONA GOLCZYK / PIXELIO.DE; DIETER SCHÜTZ /PIXELIO.DE

Unter Vladimir Putins Regierung wurde die Kontrolle über die öffentlichen Rundfunksender weiter verstärkt und die Zensur der Online-Medien weiter ausgebaut.

Russland von Twitter stammen. Dies ist nicht wirklich offiziell und kann nicht ernst genommen werden, jedoch scheinen alle Europäer dies zu glauben. Wenn dann Russland weitere Beweise von den USA fordert, dann heißt es nur, die seien geheim .“

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ericht erstatten über ein Ereignis gebiert mitnichten denselben Bericht: Vor allem zwischen „westlicher“ und „östlicher“ Berichterstattung treten große Unterschiede auf, die in der öffentlichen Meinung der jeweiligen Bevölkerungen widergespiegelt werden. Am Beispiel des Ukraine-Russland-Konflikts wird dies deutlich sichtbar. Am 17. Juli 2014 stürzte das Flugzeug MH17 der Malaysian Airline auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur ab: 197 Tote, keine Überlebende. Und kein auf den ersten Blick ersichtlicher Grund, geschweige denn Verantwortlicher. Bald jedoch tauchten Beweise auf, dass pro-russische Rebellen die Passagiermaschine verwechselt und abgeschossen haben, zumindest behaupteten das europäische Medien wie „Spiegel Online“ oder „BBC News“. In russischen Medien wie „Rossija“ ist die Darstellung aber eine andere: Ukrainisches Militär habe die Maschine mit Putins Präsidentenmaschine verwechselt und bewusst abgeschossen. Die anderen „Beweise“ seien vom US-Geheimdienst aus einem Computerspiel gefälscht worden...


Bild passen. Auch in der Ukraine hat sich die Situation rund um die Pressefreiheit seit den Protesten im November 2013 dramatisch verändert. Von der Polizei ausgeführte Belästigungen und Gewalt, unter anderem gegen Journalisten, die kritisch über die aktuelle Situation berichten, gehören zum Alltagsbild. Nun stellt man sich die Frage, ob die Krim, die seit Frühling 2014 offiziell zu Russland gehörende Halbinsel im Osten der Ukraine, so wie russische Medien es verbreiten, „freiwillig“ nach einer Abstimmung zu Russland übergetreten oder doch von den „bösen“ Russen eingenommen worden ist. Laut einem Artikel der deutschen Tageszeitung „Die Welt“ habe es keine eindeutige Wahloption auf dem Stimmzettel gegeben, um ein „Nein“ gegen einen Anschluss an Russland auszudrücken. Krim ist die einzige Region in der Ukraine in der russische Staatsbürger die Mehrheit in der Bevölkerung stellen, jedoch ist sie seit der Abstimmung 1991 ein Teil der Ukraine.

einem besseren Licht erscheinen zu lassen – Medienstars von heute. Auch wenn man ihnen alles glauben will, sollte man doch immer noch eine Frage stellen, nämlich: „Was sagen andere ?“ Verena Stahl

Blickwinkel der Welt Ira: „Wir glauben, dass die USA der Drahtzieher in Europa ist und wir mögen Obama nicht!“ Wer hat den Konflikt angefangen: Putin? Oder geht doch alles von den Vereinigten Staaten aus und Obama ist der große Feind? Welche Rolle spielt die EU? Haben die von der EU auferlegten wirtschaftlichen Sanktionen Russland geschadet oder das Bündnis zwischen Russland und China nur noch mehr verstärkt? Fragen über Fragen und viele verschiedene Antworten, nur welchen Leuten oder welchen Medien soll man Beachtung und sein Vertrauen schenken? Medien dienen seit ihrem Bestehen als subtile Waffe um die Bevölkerung zu manipulieren, Hitlers Propaganda als Beispiel, und diese Methoden entfalten noch immer ihre Wirkung. Putin erfindet gerne Geschichten, der ukrainische Präsident Poroschenko zeichnet gerne Bilder und Obama fehlt es sicher auch nicht an Kreativität um Fakten so zu drehen, um sich selbst in der Welt in

INFO WORLD FREEDOME HOUSE ist eine internationale NGO mit Sitz in Washington DC, deren Hauptziel es ist Freiheit auf der ganzen Welt zu fördern. Bekannt geworden ist die Organisation vorallem durch die jährlich veröffentlichten Berichte Freedome of the World und Freedome of the Press.

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>> „Die Tagespresse“

Eine Satire auf den Journalismus Das ist oft das, was „Die Tagespresse“ (dietagespresse.com) laut Jürgen Marschal, seit 2014 Autor ebendieser, macht – und das erfolgreich: Sie verzeichnet 140.000 Fans auf „Facebook“, die Artikel werden hundertfach geteilt und tausendfach gelesen.

Das Phänomen der „seriösen“ Online-Zeitung Der Erfolg lässt sich, so Marschal, unter anderem darauf zurückzuführen, dass es das – zumindest im 21. Jahrhundert (denn Vorläufer gab’s bereits in den 1920ern) – erste FakeNews-Magazin Österreichs ist und somit eine Pionierrolle im hiesigen Web übernimmt. Viele, die die „Tagespresse nur über „Facebook“ verfolgten, waren lange nicht sicher, ob es sich nun um echte Nachrichten handelt oder nicht, was anfänglich für Rätselraten und Missverständnisse sorgte. Eigene Recherche bzw. zumindest ein Blick auf die Homepage reicht aber schon aus, dort immerhin wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Inhalt aller Artikel frei erfunden ist. Außerdem steht hinter dem Verarsch-Magazin weder ein Verlag, eine Zeitung, noch der ORF, sondern Fritz Jergitsch, der das Magazin im Alleingang ins Leben gerufen hat. Dieses Faktum verleiht zusätzlich Sympathiewerte, sagt Marschal, der seit 2007 Gags schreibt für die Stermann-/ Grissemann-Sendung „Willkommen

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Österreich“ (ORF). Die Artikel sind außerdem einfach und schnell zu konsumieren, ein paar Minuten reichen – um es zu glauben und den Kopf zu schütteln oder immerhin zu schmunzeln. Wichtig sei, dass ein Satireblatt immer unpolitisch bleibt. „Das Schlimmste für ein Satiremagazin wäre, sich auf eine Seite zu schlagen. Man kann weder ein konservatives noch ein linkes Satiremagazin sein, oder auch kein ökologisches oder religiöses“, so Marschal.

Von der Schlagzeile zum Witz An Ideen um einen Artikel zu verfassen mangelt es nicht, im Gegenteil. Durch das bloße Zeitunglesen gibt es schon mehr Inspirationen für Satire als vorhandene Zeit diese zu kreieren, es handelt sich also eher um einen Selektions-, als um einen Ideenfindungsprozess. Wenn sich eine passende Schlagzeile gefunden hat, wird versucht in dem Artikel die gleichen typischen Phrasen zu verwenden, die man in jeder Tageszeitung findet. Außerdem sei die reißerische Gestaltung von banalen Ereignissen eine Persiflage auf übertrieben plakative Berichte, wie Marschal die Arbeitsweise der „Tagespresse“ erläutert.

Die Freiheit der Satire Satire sei weder als besondere Form der Kritik noch als Gegenbewegung zur gängigen Negativberichterstattung

zu sehen. Für ihn ist Satirejournalismus ein „Abfallprodukt des Journalismus“. „Bei satirischen Artikeln hat man die Freiheit, in einem Witz auch mal etwas zu schreiben, das man in einem ernsthaften Artikel niemals schreiben dürfte, weil es entweder der Ehrenkodex verbietet oder der Chefredakteur, weil es entweder nicht der Blattlinie entspricht oder einen Anzeigenkunden vergraulen könnte“, so Marschal. Viele seiner Kollegen fanden den Weg zur Satire über die Frustration. „Man ist umgeben von sehr vielen Medienmenschen mit viel zu großem Ego, die sich alle viel zu wichtig nehmen“, kritisiert Jürgen Marschal die Situation des Journalismus in Österreich, der obendrein schlecht bezahlt sei.

Die Grenzen der Unterhaltung Um Rufschädigungen zu vermeiden, hat die „Tagespresse“ einen eigenen Anwalt, der in heiklen Fällen Passagen abschwächt. Grundsätzlich gilt aber: Je berühmter die Person, desto unwahrscheinlicher, dass sie sich beschwert. Marschal hat eine Faustregel für sich selbst, nämlich, „dass die Personen, die angegriffen werden, es auch verdient haben müssen. Ich schreibe gerne auch über Themen wie Kriege, Umweltkatastrophen oder auch den Holocaust, dann muss die Pointe aber unbedingt die treffen, die es auch verdient haben, und nicht Opfer oder Unschuldige.“ Mit Kritik an seiner eigenen Person geht er locker um. Wenn man selber hart kritisiert,

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it Schlagzeilen wie „Snowden in Wien gelandet: Vertraut auf die Trägheit der Justiz“, „Nach Beinbruch wegen Plateauschuhen: Kim Jong-un droht mit Vergeltungsschlag gegen Zalando“ oder „Nach Kontakt mit Heute-Zeitung: Wienerin steckt sich mit Ebola-Panik an“ wird mit pointiertem Witz unterhalten, persifliert und kritisiert.

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muss man auch in Kauf nehmen selbst hart kritisiert zu werden. Gerade aufgrund der Anonymität von Facebook und der gesunkenen Hemmschwelle wird man schnell mit Gewalt bedroht oder als „Nazi“ oder „Arschloch“ beschimpft. Das darf man aber nicht persönlich nehmen…

Alina Staudner

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>> Kinderradios

Kinderradios –

Stieftöchter der Medienlandschaft? Oft haben Radiomacher schon versucht eine Lizenz für ihr Kinderradio zu bekommen, die meisten sind jedoch gescheitert. Warum haben es diese zielgruppenspezifischen Radios so schwer?

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Das Problem der Finanzierung Zum einen liegt das Problem an der zahlenmäßig geringen Zielgruppe, liegt doch der Anteil der Vier- bis Zehnjährigen – für diese Altersklasse soll Kinderradio gemacht werden – in der österreichischen Bevölkerung bei unter 10%. Zum anderen an den bereits erwähnten ethischen Problemen mit Werbeeinschaltungen; denkbar wären jedoch Kooperationen mit verschiedenen Unternehmen, wie Kinderhotels. Herczeg sieht ein weiteres Problem in der aktuell gravierenden Medienkonkurrenz, den Smartphones, Spielkonsolen, Computern und Sozialen Netzwerken. Denn auch über diese Medien werden oftmals pädagogisch wertvolle Inhalte, meist in Form von interaktiven Spielen, vertrieben. Kindern fällt der Zugang zu diesen Produkten sehr leicht, da hierzulande die allermeisten Eltern solche technischen Geräte besitzen.

Kinderradios haben eine wesentlich kleinere potenzielle Zielgruppe als alle anderen Projekte, liegt die Zielgruppe bei bloß 10 % der Gesamtbevölkerung in Österreich.

Außerdem sind mobile Telefone, Playstations, Computer und Spiele in sozialen Netzwerken eine mächtige Konkurrenz. CR 94.4/GABRIELE EBMER

ommerzielle Kinderradios haben ein grundsätzliches Ethik-Problem, so Petra Herczek, stellvertretende Studienprogrammleiterin der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien. Die Kommunikationswissenschaftlerin hat sich in Forschung und Lehre intensiv mit dem Thema beschäftigt und stellte fest: Das Problem liegt in der Vermischung von redaktionellen Inhalten und Werbung, dies wäre nämlich für potenzielle Werbekunden besonders interessant, ist jedoch bei verantwortungsbewusstem Umgang mit dem Zielpublikum nicht denkbar. Laut Herczeg ist ein reines Kinderprogramm daher Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, denn Kinderradios sollen einen Bildungsauftrag erfüllen und pädagogisch wertvolle Inhalte vermitteln.

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Das Problem der Definition Die Frage, welche sich bei Kinderradios stellt ist, als welche Form des Radios sich diese definieren. Die österreichische Radiolandschaft besteht aus öffentlich-rechtlichen, privat-kommerziellen sowie privat-nichtkommerziellen Sendern. Letztere werden auch als Community Radios oder BürgerRadios bezeichnet. Diese Gattung hat Anspruch auf eine Förderung, d.h. würden Kindersender sich als Freie Radios definieren, wäre das Problem der Finanzierung zu einem gewissen Teil gelöst. Wissenschaft wie auch Eltern konstatieren einen Bedarf nach solchen Spartensendern, jedoch scheinen die Lizenzanforderungen allzu schwer erfüllbar. In Italien beispielsweise leisten sich Freie Radios – vorwiegend religiöser Machart – Sendeschienen für ein rein kindliches Publikum.

Kinder als Radiomacher Das „Campus und City Radio 94,4„ – eine Mischung aus Ausbildungsmedium der Fachhochschule St. Pölten und Freiem Bürgerradio – arbeitet seit 2009 an diversen Projekten mit Kindern und Jugendlichen im Alter von sieben bis 17 Jahren. So wurde in einem aktuellen Projekt das Thema „Zeitzeugen“ behandelt. Kinder erlernen dabei auf spielerische Weise in Workshops Interviewführung, Moderation, Aufnahme-, Schnittund Sendetechniken. Im Laufe der verschiedenen Projekte lässt sich eine wachsende Medienkompetenz der Kinder feststellen. Für Gabriele Ebmer, Bereichsleiterin „Kultur und Generation“, ist die Zusammenarbeit mit Kindern im Radiobereich eine große Bereicherung, da das Medium eine große Begeisterung bei den Kindern auslöst. Die einzige Schwierigkeit bestehe darin, dass diese auf Grund ihres Stundenplans in der Schule einen sehr strikten Tagesablauf haben – aber auch das ist planbar.

Es geht doch!

Gesellschaftliche Relevanz

Am 28.07.2014 ging „Mein Kinderradio“ in Wien on air. Dieses konnte die Lizenz für die Frequenz 103,2 gewinnen, welche im ersten und neunten Wiener Gemeindebezirk empfangbar ist. Der Sender ist weiters über einen Web-Livestream in ganz Österreich und über dessen Grenzen hinaus hörbar. Das erste österreichische Kinderradio versorgt laut Selbstbeschreibung die jungen Hörer im Alter von zwei bis zehn Jahren täglich mit einem umfassenden Programm. Eltern können abends auf sie abgestimmten Programmen lauschen, denn ab 20 Uhr sendet „Mein Kinderradio“ Musik ohne Werbeunterbrechungen. Das Radio verzichtet auf Werbung im klassischen Sinn, da man sich der ethischen Verantwortung bewusst sei, jedoch gibt es Sonderwerbeformen wie Kooperationen, etwa mit „Kinderhotels“. Der Sender ist das erste Privatradio, das einem (beinahe) öffentlich-rechtlichen Auftrag folgt. Entstanden ist es im Rahmen einer Projektarbeit an der Universität in Halle/Wittenberg (BRD), österreichische Privatradiomacher übernahmen Idee und die Geschäftsführung, zwölf Personen – darunter die neunjährige Programmchefin – wirken mit.

Doch nicht nur in Wien, sondern auch in Deutschland gibt es schon einige Kinderradios. Besonders wertvoll ist, dass deren Programm nicht ausschließlich von Radioprofis gestaltet wird, sondern auch von Kindern und Eltern. Diese Eigenschaft macht Kinderradios zu einem interaktiven Medium und wichtigen Teil der Gesellschaft, denn das Programm wird somit von Kindern für Kinder gestaltet und gibt der jungen Bevölkerung die Möglichkeit, sich zu entfalten und zu lernen wie Radio gemacht wird. Ein weiterer wichtiger Wert ist, dass viele der Kinderradios, laut eigenen Angaben, auf Werbeeinschaltungen verzichten. Sie kooperieren zwar mit einigen Partnern, jedoch verzichten sie auf klassische Einschaltungen und den daraus folgenden Erlösen. Da Massenmedien eine immer bedeutsamere Rolle im Prozess des Hineinwachsens in die Gesellschaft und des Erwachsenwerdens erfüllen, sind solche Peergroup-Projekte wertvoller denn je. Get on air, kids! Anika Kisielewski

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>> Interviews

Musik Durchstarter in Österreich Wie schwer haben sie es wirklich?

on Anfang an habe ich alleine gearbeitet und bin meinen eigenen Weg gegangen. Andere haben mich nie beeinflusst und ich glaube das macht mich aus.

Ein Künstler muss einem im Gedächtnis bleiben Seit 2011 hat sich meine Musik komplett verändert und heiße jetzt BADASSARAB, da dieser Name meine Art wiederspiegelt. Man muss nur meine Musik hören, um zu wissen was mich von anderen Musikern unterscheidet. Meine Sprache, die Musik und die Art wie ich beides kombiniere macht meine Musik aus.

Man muss sich selbst kritisieren, um besser zu werden 28 SUMO

was man will. Das Problem bei mir ist, dass ich viel zu stolz bin. Ich bin ehrlich, das ist etwas Schlechtes. Ich hatte hauptsächlich nur Glück. Ich wurde auf Youtube entdeckt und auf mein Mixpe sind anscheinend die richtigen Leute aufmerksam geworden und wollten mit mir arbeiten. So habe ich weitere Kontakte geknüpft. Man kann versuchen Musik hauptberuflich zu machen, aber es ist ein schwieriger Weg. Für mich wird die Musik immer ein Hobby bleiben und vielleicht kann ich mir Nebenberuflich etwas dazuverdienen, aber es gibt mehr im Leben. Ich lege sehr viel Wert auf meine Ausbildung, aber möchte dennoch einen guten Ausgleich finden.

Alleine kommt man nicht sehr weit Im Musikgeschäft ist es wichtig Leute anzuschreiben und sich gut und oft zu präsentieren. Manchmal muss man auch nervig sein, damit man bekommt

EMIL BAUER

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Jedes Mal wenn ich einen Track, in den ich sehr viel Zeit und Mühe investiert habe fertigstelle, fühle ich mich besonders. Ich bin erleichtert endlich fertig zu sein, aber auch stolz auf meine Arbeit. Es ist sehr wichtig seine Entscheidungen immer wieder zu überdenken, sonst bereut man etwas. Als Rapper musst du deine Sprache beherrschen. Meine Musik ist hauptsächlich auf Deutsch, aber viele Teile sind auch auf Englisch. Ich möchte keinen 0815-Rap machen. Wäre mein Rap nur auf Englisch, würden immer die gleichen Reime herauskommen. Es ist schwer die deutsche Sprache und amerikanische Beats zu vereinen, aber ich finde das ist mir einigermaßen gelungen.

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BADASSARAB


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Adrian Walther usik mache ich eigentlich schon seit Ewigkeiten. Seitdem ich fünf bin, habe ich schon viele Instrumente wie Klavier, Jazzklavier, Schlagzeug und Gitarre gelernt. Ich war auf einem Musikgymnasium, also war die Musik immer präsent.

Schon als Kind habe ich viel positives Feedback bekommen, welches mich motiviert hat mit der Musik weiterzumachen. Damals war ich nicht so selbstbewusst, doch heute sieht das ganz anders aus – ich bin sehr stolz auf meine Musik. Meine Musikalischen Erfolge sind dadurch entstanden, dass ich aus allem das Beste gemacht habe. Mir reicht es das Leben zu genießen und ich freue mich bereits jetzt schon auf neue Projekte.

Musik ohne Genre

David Slomo

Ich komponiere und programmiere meine eigene elektronische Musik. Diese geht in verschiedenste Richtungen, wie zum Beispiel Soundtracks für Videospiele und Dokumentationen, Drum and Bass oder auch Minimal Tracks. Aber am liebsten mache ich Musik die man keinem Genre zuordnen kann. Meine Musik ist rhythmisch, melodisch und der Gesang spielt eine wichtige Rolle als Klangbild. Sie kommt von Herzen und ist meistens sehr intuitiv. Während ich am Klavier spiele habe ich oft Ideen, die ich dann Schritt für Schritt aufbaue. Meine Ideen kommen so schnell, als wären sie immer schon da gewesen.

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Kooperationen helfen weiter Gelegentlich lade ich Musiker zu mir ein, um mich weiterzuentwickeln und neue Leute kennenzulernen. Kontakte knüpfen geht bei mir automatisch. Je mehr man in diesem Netzwerk integriert ist, desto schneller werden die Leute auf dich aufmerksam. Man muss immer sagen wer man ist, was man macht und zeigen was man kann. Präsentiert man sich gut, lernt man schnell viele neue Leute kennen.

Aus der Traum? Viele sagen es ist nicht möglich Musik hauptberuflich zu machen, aber eigentlich ist genau das mein Traum. Jeden Monat neue Aufträge bekommen und meine Leidenschaft ausleben.

chon sehr früh wurde ich von Michael Jackson inspiriert. Zuerst wollte ich so tanzen und dann so singen wie er. Da habe ich bemerkt: Musik ist cool. Vor jedem meiner Auftritte habe ich Lampenfieber. Meinen ersten Auftritt hatte ich in einer Berufsschule. Das lustige war, dass ich gar kein Berufsschüler war. Die anderen Kandidaten haben mich nicht sehr gemocht, da ich ganz gut abgeschnitten habe. Das habe ich nicht ernst genommen und mich einfach über das Lob der Jury gefreut.

Deine Erfahrungen, dein Stil

nicht so gut wie „Wiggle, wiggle“ und „Talk dirty to me“. Dennoch ist es eine Herausforderung der ich mich gerne stelle. Als ich 2014 im Theater am Spittelberg zum ersten Mal mit meinen eigenen Liedern aufgetreten bin, bemerkte wie ruhig es war und wie viele mir zugehört haben. Der schönste Moment für mich war als mein Lied zu Ende war und das Publikum anfangen hat zu klatschen. Der Beifall hat mir gezeigt, dass die Leute meine Musik mögen und gut finden was ich mache. Da war ich besonders stolz.

Hartnäckig sein, um das Ziel zu erreichen Um Kontakte zu knüpfen schreibe ich sehr viele E-Mails. Natürlich nicht irgendwem, sondern Leuten, die sich mit Musik befassen. Wenn etwas zurückkommt, freue ich mich, und wenn nicht, dann versuche ich es trotzdem weiter. In diesem Business ist es wichtig nicht nachzugeben und hartnäckig zu bleiben. Ich möchte erreichen, dass so viele wie möglich meine Musik einmal gehört haben. Ob sie diese dann gut finden oder nicht ist ihre Sache. Sie sollen wissen, dass es mich gibt. Ricarda Ristic

Ich habe selbst mit Covern angefangen und das war ein Fehler. So entwickelt man keinen eigenen Stil. Es geht darum selbst zu schreiben und sich zu entfalten und nicht darum die Lieder anderer Künstler nachzusingen. Das ist keine Kunst. Ich persönlich versuche bei jedem meiner Lieder meine eigenen Erfahrungen einfließen zu lassen. Das erzeugt eine tiefe Verbundenheit. Mit meinen Texten möchte ich Bilder malen. Wenn ich die Augen zumache und singe, versuche ich mir Bilder oder auch eine Geschichte vorzustellen. Das geht auf Deutsch besser als auf Englisch, da ich mich so besser ausdrücken kann. Auf Englisch klingen Texte schnell gut, aber auf Deutsch muss man aufpassen. „Wackel, wackel“ oder „Sprich dreckig zu mir“ klingen

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>> Infotainment

Infotainment - wenn Information zur Unterhaltung wird Information und Entertainment scheinen auf den ersten Blick widersprüchliche Begriffe zu sein, im „Infotainment“ finden aber beide zueinander – in teils übler Ausformung.

Räder. Beim allgegenwärtigen Thema „Doping“ fällt die Berichterstattung sehr verhalten aus, um Sponsoren und Verbände – deren PR-Partner Medien oft selbst sind – nicht zu vergrämen. Den Kulturkritikern mit allen Facetten ihres Handelns ergeht es ähnlich. Die Politjournaille, was vor allem den Boulevardmedien zu verdanken ist, befinden sich in einer von den Eigentümern bzw. Verlegern aufgezwungenen Falle, aus der es kein Entrinnen gibt.

Lisa Payreder: In welchen Formen kommt Infotainment in der Zeitung vor?

Z: Die Grenzen bei zunehmender „Boulevardisierung“ (den Wandel hin zu Unterhaltung, Anm. d. R.) abzustecken, gleicht der Quadratur des Kreises. Jeder Journalist wird seinem selbst auferlegten Berufsethos und ihm beim Jobeinstieg vorgegaukelten Idealismus dann Tribut zollen, wenn der Chefredakteur oder Herausgeber – heutzutage treten diese meist in Personalunion auf – zu einem Gespräch bittet. Information darf selbstverständlich unterhalten: exemplarische Beispiele sind die mittlerweile inflationären Quiz-Sendungen im Fernsehen. Selbst Bildungsbürger können dabei noch viel lernen, und selbst weniger Wissensbeflissene gieren nach diesen

Ludwig Zechmeister: In vielfältiger Weise, wobei man zwischen den Ressorts unterscheiden muss. Ein Reise-, Motor- oder Lifestyle-Bericht (mit allen seinen Ausprägungen wie Mode, Essen, Trinken und Events) war Infotainment und wird es auch immer bleiben. Sportjournalisten müssen unterhaltend schreiben, pushen, mit dazu beitragen, dass Events beim Publikum ankommen und sich die Stadien füllen. Die negative Kritik über die Leistungen der Athleten kommt dabei immer häufiger unter die

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P: Wo liegen die Grenzen des Entertainmentanteils an der Information? Darf Information überhaupt unterhalten?

LUDWIG ZECHMEISTER

Infotainment möchte weniger gebildete und leseaffine Bevölkerungsschichten als Medienkonsumenten gewinnen.

eprägt wurde der Begriff durch den US-amerikanischen Medienkritiker Neil Postman. In seinem Buch „Wir amüsieren uns zu Tode“ behauptet er, dass durch das Fernsehen der rationale öffentliche Diskurs in Unterhaltung verwandelt wird. Heute werden unter diesem negativ besetzten Mischbegriff auch positive, weil durchaus lehrreiche Medienformate wie z.B. Quizsendungen verstanden. Er kommt aber nicht nur im Fernsehen vor, sondern auch in Zeitungen. Ludwig Zechmeister war 24 Jahre als Journalist bei den „Niederösterreichischen Nachrichten“ tätig und hatte selbst mit Infotainment zu tun.

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TV-Formaten, wie die Einschaltquoten dokumentieren. Ein Beispiel aus dem Wirtschaftsressort, das die strikte Trennung von Information und Unterhaltung am augenscheinlichsten illustriert: Analysen und Bewertungen von Hedgefonds, Derivaten und anderen hochspekulativen Finanzangebote sind ausschließlich Domäne der Information, mit allen einer Prognose innewohnenden Unsicherheiten.

P: Laut Medienkritiker Neil Postman wird durch Infotainment die wesentliche Errungenschaft der Aufklärung zerstört: die Fähigkeit zur rationalen Urteilsbildung. Diese Entwicklung würde die Grundlage der Demokratie zersetzen und in eine neue Unmündigkeit führen. Sehen Sie das auch so drastisch? Z: Nicht in der ganzen Bandbreite so drastisch. Zustimmen muss man Neil Postman, wenn es um den politischen und partiell den Wirtschaftsbereich geht. Die Untergruppe „Parteipolitik“ mit ihren Anhängseln wie Interessensvertretungen, Kammern, Bünden, Teilorganisationen usw. schürt auf gefährliche Weise die Ängste von Postman. Sie biedert sich dem Boulevard an, versorgt diesen im Gegenzug mit großzügigen Inseraten, Druckkostenbeiträgen usf. und bekommt auch postwendend die entsprechenden redaktionellen Schmeicheleinheiten. Das ist Infotainment in seiner primitivsten und besorgniserregendsten Ausprägung. „Silberstreif am Mentalitätshorizont“: Dass dies nicht mehr funktioniert, musste vor Kurzem der Bundeskanzler dieser Republik zur Kenntnis nehmen, als ihn die eigenen Genossen beim Bundesparteitag abstraften und ihn offenbar nach nicht vollbrachten Leistungen beurteilten. Salbungsvoller Polit-Mediendusel wird heute nicht mehr goutiert.

P: Welche positiven Infotainment?

Seiten

hat

Z: Infotainment hat die guten Seiten, wenn diese Form der journalistischen Darstellung nicht missbraucht wird. Infotainment trägt sicherlich dazu bei, weniger gebildete und weniger leseaffine Bevölkerungsschichten als Medienkonsumenten zu gewinnen. Man darf diese allerdings nicht verführen, was vor allem die politische Kaste – egal welcher Farbe – zunehmend versucht.

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i n e m a Paradiso

P: Wie geht man als Journalist am besten mit Infotainment um, um trotzdem objektiv zu berichten? Z: Für Journalisten, egal in welcher Sparte der Kommunikation, scheint ein Licht am Ende des Tunnels zumindest aufzuflackern: Immer öfter kommen Medienverantwortliche zur Erkenntnis, dass die Redaktionen nach einer Zeit des Aushungerns wieder aufgepäppelt gehören. Was zur Folge hätte, dass Storytelling, Hintergrund, Reportagen – eben Content – fröhliche Urstände feiern. Daraus ergäben sich neue Prämissen, welche die Objektivität der Journalisten erleichtern und das Infotainment zurückdrängen. Obendrein würden davon Seriosität und Glaubwürdigkeit der Medien profitieren. Denn: Die Zeit drängt. Laut einer soeben publizierten Umfrage des NDR-Medienmagazins Zapp haben im Dezember 2014 nur 29% der Befragten „großes oder sehr großes Vertrauen“ in deutsche Medien. Im April 2012 lag dieser Wert noch bei 40%. Bleibt nur zu hoffen, dass das Damoklesschwert der prekären globalen Wirtschaftssituation nur schwebt – und nicht herabsaust. Lisa Payreder

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>> Sportliche Helden

Sportliche Helden von heute Ein Blick hinunter auf die Erde, aus 1.000 Metern Höhe. Schwindelerregend bewegt sich der Korb des Heißluftballons – dann der Drop – immer schneller geht es auf die Erde zu – der Fallschirm öffnet sich – drei, zwei, ein Meter bis zum Gras – und der Sprung ist geschafft.

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man vorher so nicht umsetzen konnte. Sie können in Situationen eingesetzt werden, in denen andere Kamerasysteme an ihre Grenzen kommen.“ Dazu trägt die Größe der Kamera erheblich bei, denn sie ist kleiner als die geschlossene Faust. Ein weiterer Vorteil ist der relativ geringe Preis: Gerade bei Unterwasseraufnahmen sind sie die billigste Option.

GoPro – und setz dir ein Denkmal Die umsatzstärkste Actioncam weltweit ist GoPro, der Name ist fast schon zum Synonym für diese kleinen, stoßfesten Kameras geworden. Nicholas Woodman, Vorstandsvorsitzender des Unternehmens, wollte im Jahr 2002 Aufnahmen beim Surfen machen. Für Amateure gab es aber keine erschwingliche Kamera, deswegen begann er, an der Weitwin-

ZWUPP; JULIAN MIES/PIXELIO.DE; BOSOWSKI/PIXELIO.DE

as jedoch ein Skydiver aus 1.000 Metern Höhe sieht, war für lange Zeit denen vorbehalten, die sich getraut haben, zu springen. Kleine Action-Kameras, die am Körper oder Helm montiert werden, erlauben nun allen den Blick auf das atemberaubende Panorama. War früher der Skydiver nur ein stecknadelgroßer Punkt auf dem Video, ist es jetzt möglich, den Sprung aus seiner Perspektive zu erleben. Besonders Extremsportarten werden dadurch in den Fokus gerückt und neue sportliche Helden werden geboren. Point-of-View (kurz POV) heißt die Aufnahmetechnik, bei der aus der Perspektive einer Person gefilmt wird. Clemens Prankl, Mitglied des Filmproduktionsunternehmens Zwupp, benutzt Actioncams für die Egoperspektive bei riskanten Sportarten: „Die Anbringung solcher Kameras an Gegenstände, ohne dabei viel Gewicht zu haben, bietet Kamerawinkel, die

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kelkamera zu arbeiten. Mittlerweile ist die vierte Generation auf dem Markt und die Absatzzahlen steigen kontinuierlich. Der Slogan der Marke lautet: „Be a hero“. Und tatsächlich versuchen viele Sportler, sich mit waghalsigen Stunts ein Denkmal zu setzen und ihre „aufregende“ Lebensweise der virtuellen Welt preiszugeben. Auf Videoportalen und sozialen Netzwerken gibt es unzählige Beispiele dafür. Oder wie Prankl es ausdrückt: „Selbstdarstellung ist das neue Schwarz.“

Protagonisten entsteht das Risiko, dass er in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist und es deshalb zu Stürzen oder Verletzungen kommt. 2012 wurde der US-amerikanischen Skifahrerin Lindsey Vonn vom Internationalen Skiverband das Tragen einer Helmkamera verboten. Auch die Schweizer Beratungsstelle zur Unfallverhütung spricht sich gegen die Cam am Helm aus, denn bei einem Sturz könnte sie wie ein Hebel funktionieren und den Aufprall verstärken.

Die Schattenseiten

Neues Messkriterium: Waghalsigkeit

Diese Selbstdarstellung kann aber sehr gefährlich sein. In Videos von Profisportlern sehen die Stunts einfach aus, Amateure imitieren sie. Extremsport aber ist immer eine Gratwanderung, die man nur mit dem nötigen Hintergrundwissen vollbringen kann. Amateure sind sich dieser Gefahr oft nicht bewusst und überschätzen sich selbst. Es gibt auch andere Gründe, die gegen Actionscams sprechen. Prankl versucht, den Einsatz gering zu halten: „Mangelhafte Bit- und Farbtiefe, geringer Blendendynamikumfang und Rolling Shutter (diagonale Verzerrung bei schnell bewegten Motiven, Anm. d. R.), liefern oft nicht das gewünschte Ergebnis.“ In der Postproduktion besteht deshalb ein dauerhaftes Risiko, einzelne Aufnahmen nicht bearbeiten zu können. Auch für den

Extremund Randsportarten werden seit dem Einsatz von Actionscams anschaulicher präsentiert. Im Wintersport sind Freeriding und Freestyle beim Skifahren und Snowboarden in den Fokus gerückt. „Die Sportarten profitieren aber nicht direkt davon. Das ‚Selbsterleben’ hat sich auf Bildschirme verlagert. Viele geben sich mit der Betrachtung von Sportarten zufrieden“, weiß Prankl, denn auch er ist Snowboarder. In der heutigen Sportwelt zählen nicht mehr nur Sekunden und Punkte, auch in Waghalsigkeit wird gemessen. Um sich im World Wide Web zu verwirklichen, braucht es spektakuläre POV-Shots. Ohne Limits begeben sich Amateure in gefährliche Situationen, und das alles nur, um seine vielleicht letzten Momente auf Speicherkarte zu bannen. Ist es das wert?

Extremsport aber ist immer eine Gratwanderung, die man nur mit dem nötigen Hintergrundwissen vollbringen kann. Amateure sind sich dieser Gefahr oft nicht bewusst und überschätzen sich selbst.

„Das Selbsterleben der Sportarten hat sich auf die Bildschirme verlagert.“

Lisa Payreder

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Impressum

Ausbildungsmagazin SUMO Bei uns fallen Medien und Kommunikation ins Gewicht Fachliche Leitung: Mag. Roland Steiner Studentische Leitung: Lukas Klinser Redaktionsleitung: Alina Staudner

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Team Ricarda Ristic, Aminta Maria Rembart, Lena Holzinger, Lisa Payreder, Denise Misek, Philipp Thoma, Niklas Kuhagen Coverfotograf: Maximilian Döringer Covermodel: Melissa Poindl Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeberin wieder. Für den Inhalt von Inseraten haftet ausschließlich der Inserent. Für unaufgefordert zugesandtes Bild- und Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Jegliche Reproduktion nur mit schriftlicher Genehmigung der Medieninhaberin.

Offenlegung gemäß §25 Mediengesetz: Medieninhaberin: Fachhochschule St. Pölten GmbH, Matthias Corvinus-Straße 15, A-3100 St. Pölten. Bankverbindung: Sparkasse St. Pölten, Kontoinhaber: Fachhochschule St. Pölten GmbH BIC: SPSPAT21XXX IBAN: AT152025600700002579 Erscheinungsweise: 2 Ausgaben pro Jahr Erscheinungsort: Verlagspostamt: 3100 St. Pölten Druckproduktion: druck.at, Leobersdorf

CLAUDIA MANN

Geschäftsführung: Dr. Gabriela Fernandes, Dipl.-Ing. Gernot Kohl, MSc

Produktionsleitung Verena Stahl Kommunikationsleitung Anika Kisielewski Onlineredaktionsleitung Lorenz Knauseder

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Daniel, 30 Jahre

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Was zählt, ist mein tempo. Damit ich mein ziel so erreiche, Wie es am besten zu mir passt. Onlineredaktionsleitung Lorenz Knauseder

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Mehr über Daniel und seinen Rhythmus auf www.was-zählt.at


St. Pölten University of Applied Sciences

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y a d . n e op 5 1 0 2 . 3 0 . 1 2 00 Uhr

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Bachelor, Master, Weiterbildung in den Bereichen: Medien & Wirtschaft | Medien & Digitale Technologien | Informatik & Security | Bahntechnologie & Mobilität | Gesundheit | Soziales


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