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Quelle: Frederic Zimmel
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# Editorial
Quelle: www.pixabay.com
Liebe Leserin, lieber Leser!
# Inhaltsverzeichnis > Recherche im Kugelschauer................... Seite 04 > Das Gesetz hinter dem Gesicht............. Seite 06 > Bibliothek goes digital............................ Seite 10 > E-Books: Wer liest mit?.......................... Seite 13 > Toleranz der Anonymität....................... Seite 15 > „Aktenzeichen XY“................................. Seite 17 > Big Data- neither good nor bad............ Seite 19 > Daten in Job und Arbeitnehmersuche Seite 22 > Wolfgang Langenbucher........................ Seite 25 > Einmal Journalist, immer Journalist?... Seite 27 > Beauty-Scan............................................. Seite 30 > Emojis - die ikonische Revolution........ Seite 32 > Storytelling............................................... Seite 35 > Impressum............................................... Seite 38
Willkommen bei SUMO, dem neuen studentischen Medien-Fachmagazin des Bachelorstudiengangs Medienmanagement, willkommen zu „BIG DATA“ – aus anderen Perspektiven. SUMO entstand bereits 2007 als studentisches Lifestyle-Magazin aus einem Praxislabor an der Fachhochschule St. Pölten und wurde seither als Freifach fortgeführt. Nunmehr ist es verpflichtender Bestandteil des Curriculums im Bachelorstudiengang Medienmanagement dieser Hochschule. Studierende erstellen hier zweimal jährlich eine Zeitschrift, die sich aktuellen Vorgängen und Phänomenen der Medienbranche widmet. Geleitet durch Workshops von PraktikerInnen gestalteten sie alle Stationen eines Medienbetriebs: Recherchieren, Interviewen, Anzeigen und Vertriebspartner akquirieren, Release planen, usf.
Diese Ausgabe von SUMO ist damit die erste nach dem sanften Relaunch der letzten Nummern, welche sich ab sofort ausschließlich Medienthemen widmet. Wir bieten Ihnen als unserer Zielgruppe – ManagerInnen aller Mediengattungen, Medien-Lehrende und -Studierende der FH St. Pölten als auch SchülerInnen Höherer Bildender Schulen mit Medienschwerpunkt – mehrere Banden: Studierende, die forschen und schreiben, neue Themen und InterviewpartnerInnen, Vernetzung zwischen Jungen und Jungbleibenden, virulente Themen in der Medienbranche... SUMOneu soll zwei Aufgaben erfüllen: Einerseits hat es allgemein die Funktion einer „Visitenkarte“ für die Ausbildung des Führungskräfte-Nachwuchses für Medienunternehmen an der Fachhochschule St. Pölten, andererseits ermöglicht es auf individueller Ebene den Studierenden eine Referenzierung auf deren im Rahmen des Studiums erstellten Medienproduktionen. Neben der Mediengattung Print – für das u.a. SUMO steht – werden in Zukunft auch alle studentischen Arbeiten der anderen Mediengattungen veröffentlicht. Wo und wie das in den Praxislaboren Radio, Bewegtbild und Online geschieht, erfahren Sie demnächst, natürlich hier in SUMO. Wir wünschen Ihnen eine elektrisierende Lektüre, FH-Prof. Mag. Ewald Volk FH-Doz. Mag. Roland Steiner Studiengangsleiter Bachelor Praxislaborleiter Print Medienmanagement
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Recherche im Kugelschauer
Quelle: Julia Gerber
>> #Karim El-Gawhary #Recherche #Datenproblem
Wie kommt man an Informationen aus Syrien und welche Probleme im Datenzugang entstehen dabei? Ein SUMO-Gespräch mit dem ORF-Nahost-Korrespondenten Karim El-Gawhary über die Berichterstattung aus Kriegs- und Krisengebieten.
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estresst betritt er den Raum. Keine Zeit für Höflichkeitsfloskeln, wir kommen gleich zum Punkt. Es ist Sonntagabend, El-Gawhary ist eine halbe Stunde zu spät gekommen. Wahrscheinlich auch, weil er in jenem Moment etwas anderes im Kopf hatte, nachdem zwei Tage davor – am 13. November 2015 – die Terroranschläge in Paris verübt worden waren. Drei Wochen zuvor, als um das Interview mit ihm angefragt wurde, konnte man noch nicht ahnen, wie aktuell das Gesprächsthema zu dem Zeitpunkt eigentlich sein würde. Wie kommt man eigentlich an Informationen aus Syrien, besonders aus Gebieten, die nicht bereist werden können? Karim El-Gawhary: „Es gibt immer mehr No-Go-Zonen, seien das jetzt Syrien, Irak oder ähnliche Länder; eben da, wo der IS kontrolliert. Es ist tatsächlich ein Problem, wie man da an Informationen kommt und es ist eine sehr unbefriedigende Geschichte, wenn man wo nicht hinfahren kann. Man kann versuchen, dass man dann über persönliche Kontakte noch Gespräche über ‚Skype’ führt. Wenn man für das Fernsehen Bildmaterial braucht, kann man schauen, was man auf ‚YouTube’ findet, wobei
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man immer sehr vorsichtig sein muss, ob das auch authentisch ist. Das ist sehr schwer geworden in den letzten Jahren.“ Und welche Behörden stellen in Syrien eine Barriere dar? An dieser Stelle antwortet El-Gawhary gelassen: „Ich stehe dort auf der schwarzen Liste und kann gar nicht nach Syrien fahren.“ Plötzlich beginnt er absurderweise zu lachen. „Die erste Behörde, die für mich ein Problem darstellt, ist die syrische Botschaft, die mir kein Visum erteilt, Punkt aus!“ Wie kommt ein Journalist bei derartigen Einreiseproblemen dann überhaupt an ‚glaubwürdige‘ Informationen? Zunächst hänge das von der Quelle ab. Es sei ganz normale journalistische Arbeit, dass man sich überlege, welche Datenquelle verlässlich sei und welche nicht, so etwa eine Statistik. „UN-Statistiken oder solche bekannter Organisationen sind verlässliche Quellen. Wenn es andere Quellen sind, muss ich danach trachten, dass ich das wo anders auch noch finde.“ Auf die Frage hin, wie sich die Recherche für Zeitungs- oder TV-Beiträge unterscheidet, antwortet der Auslandskorrespondent:
#Karim El-Gawhary #Recherche #Datenproblem <<
„Die Recherche ist ungefähr die gleiche. Der Unterschied liegt in der Ausführung.“ Haben Sie das Gefühl, es ist einfacher, einen Print-Artikel über ein Kriegsgebiet zu verfassen, weil es auch schwer ist, an audiovisuelles Material zu kommen? El-Gawhary: „Ja, es ist viel einfacher für Printmedien zu arbeiten. Ich kann mich wo hinsetzen, ganz unauffällig, und mir Geschichten anhören. Problematisch wird es immer dann, wenn ich eine Kamera auspacke. Das macht die Arbeit natürlich viel schwerer, weil Menschen eine natürliche Scheu vor der Kamera haben.“ Ist das Berichterstatten für das Fernsehen dadurch nun eine hoffnungslose Angelegenheit? Nicht ganz. Denn durch die Entwicklung der Smartphones könne nun auch unauffällig Bildmaterial gewonnen werden: „Es ist in dem Sinne ein bisschen einfacher geworden, da wir inzwischen auch unsere Handys verwenden können, wenn es wirklich darauf ankommt. Denn wenn ich ein gutes Bild fürs Fernsehen habe, dann ist das eigentlich unschlagbar.“ Ja, ein Bild spricht mehr als tausend Worte. „Aber das musst du eben erst einmal kriegen“, so der ORF-Korrespondent. „Es hängt auch ein bisschen davon ab, worauf es ankommt. Bei Reportagen ist es im Fernsehen wichtig, wenn du ein gutes Bild hast. Wenn du eine analytische Geschichte hast, ist Print eigentlich viel besser, weil du dich einfach viel besser ausdrücken kannst und nicht der Sklave des Bildes bist.“ Und gibt es eine Situation in der Berichterstattung, die so heikel war, dass sie El-Gawhary besonders in Erinnerung geblieben ist? Auf diese Frage hin wird sogar der erfahrene Auslandskorrespondent still. „Die letzte war, als wir im Nordirak an der Front zum IS auf der Seite der kurdischen Peschmerga unterwegs waren. Wir hatten einen Fahrer, der einen Weg genommen hat, den wir nicht hätten nehmen sollen. Auf einmal haben wir gemerkt, dass wir beschossen werden. Es waren Gott sei Dank nur Warnschüsse, die die Peschmerga abgaben, weil sie gedacht haben, wir seien vom IS-Selbstmordkommando.“ Der Journalist
erzählt auf einmal immer schneller und emotionaler. „Dann hat der Fahrer in seiner Panik auch noch aufs Gas gedrückt und es wurde noch mehr geschossen. Dann haben wir ihn doch überzeugen können, stehen zu bleiben und wir mussten alle aussteigen und unsere Oberkörper freimachen, um zu zeigen, dass wir keine Sprengwesten anhaben. Dann aber hat sich das Missverständnis aufgeklärt“, schildert El-Gawhary erleichtert. „Ich lag mit dem Schützen, der so gut daneben geschossen hat, in den Armen und er sagte: ‚Welcome!“. Es stellte sich am Ende heraus, dass es der Cousin unseres Fahrers war.“ Immerhin seien solche Situationen selten. Und das ist es? Man ist hilflos und muss mehr oder weniger hoffen, nie von der syrischen Behörde erwischt zu werden? Das ist es tatsächlich. Wenn man Pech hat, dann geht es einem so wie der Journalistin Rowaida Kanaan, die bei der Berichterstattung aus Damaskus von Soldaten des syrischen Regimes gefangen und in ein Staatsgefängnis gebracht wurde. Nur weil sie einen Presseausweis bei sich hatte. Den ausländischen JournalistInnen würde systematisch der Zugang nach Syrien verwehrt, so Kanaan in einer ARTE-Dokumentation. Dabei hatte die Journalistin noch Glück, weil sie im Rahmen eines Austauschs von Häftlingen zweier Gefängnisse frei kam. Wenn man wirkliches Pech hat, dann kann so ein syrisches Gefängnis von innen das letzte sein, was man vor seinem Tod noch sieht. So stellt sich die Frage für JournalistInnen, Medienunternehmen wie die Öffentlichkeit: Daten um jeden Preis? - Laura Dietrich
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Quelle: Julia Gerber
Quelle: www.pixabay.com
>> #Flüchtlingskrise #Bildrechte #Verletzung
Das Gesetz hinter dem Gesicht Aus rechtlicher Sicht darf das Veröffentlichen von Flüchtlingsbildern nicht willkürlich geschehen, primär müssen die Persönlichkeitsrechte geklärt werden. Eine SUMO-Recherche, wie dies beim Flüchtlingshilfeverein „Train of Hope“ und dem „APA-PictureDesk“ geschieht und wie es mit der Rechtslage aussieht. Fotos, die Flüchtlinge in jeglicher Form abbilden, sollen helfen, ein Gesicht hinter Zahlen „fassbar“ zu schaffen. Jene Zahlen, die von jedem Medium verbreitet werden und versuchen, die Flüchtlingskrise kalkulierbar zu vermitteln. „3.000 Flüchtlinge täglich und noch 10.000 werden diese Woche noch kommen“: Zahlen, die aus einem Menschen eine Nummer machen. Ein Gesicht auf einem Bild bzw. eine Geschichte zu einem Bild allerdings, das aus der Zahl „3.000“ einen 20-jährigen Mohammed oder einen 12-jährigen Louai macht, dient der Sensibilisierung und einmal nicht der Dramatisierung und Kalkulation. Es sind Gesichter, die uns die ankommenden Menschen näher bringen sollen. Aktive Willkommensstruktur „Train of Hope“ präsentiert sich auf seiner Homepage selbst als „ein politisch unabhängiger Verein, der ankommenden Flüchtlingen menschlich, unbürokratisch und weltoffen Hilfe und Unterstützung bietet“. Die Organisation erbringt aktive Hilfeleistung wie Erstversorgung mit Nahrungs- bzw. Hygienemitteln und Gewandversorgung, aber auch Transport für Flüchtlinge, vorwiegend an Wiener Bahnhöfen
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ankommende. Eines der Teams beschäftigt sich mit der Koordination mittels Sozialer Netzwerke. Therese Zalud ist eine der freiwilligen Koordinatorinnen des Social Networks-Teams und beschreibt „Facebook“ als sehr erfolgreiches Kommunikationstool. Vorwiegend wird der aktuelle Bedarf an Lebensnotwendigem für die Flüchtlinge kommuniziert und die Bevölkerung aufgerufen, Sachspenden vorbeizubringen. „Es war faszinierend: Wir haben um drei Uhr in der Früh einen aktuellen Bedarf ins Netz gestellt und um sechs Uhr wurde dieser Bedarf von Freiwilligen bereits gedeckt“, berichtet Zalud, den Herbst 2015 betreffend. Geschichten vom Hauptbahnhof Sekundär geht es hier aber auch darum, den ankommenden Flüchtlingen ein Gesicht zu geben. Eine der Methoden hierfür sind die „Geschichten vom Hauptbahnhof “, welche an das Prinzip von „Humans of New York“ erinnert. Hier werden Flüchtlinge und deren Geschichten abgebildet und mit der Bevölkerung in digitalen Netzen geteilt. Ziel dieser Aktion ist es, das Wort „Masse“ bei der Flüchtlingsthematik verschwinden zu lassen und Menschen einzeln verstehbar werden zu lassen.
#Flüchtlingskrise #Bildrechte #Verletzung <<
Allgemein lässt sich feststellen, dass es sehr schwer ist, passende Geschichten für das Netz zu finden. „Was liegt, das pickt“ gilt vor allem auch für Daten im Internet. Riskant wird es bei persönlichen Daten von Flüchtlingen, deshalb wird hier besondere Vorsicht genommen und oft strikter vorgegangen, als es die Datenschutzrichtlinien verlangen. „Wir glauben auch, dass manche die Tragweite der Veröffentlichung nicht erkennen können. Man liefert den Menschen dem Netz und allen Kommentaren aus. Deshalb ist uns der Personenschutz hier sehr wichtig“, so Zalud. Sensible Daten, die Usern den Menschen hinter dem Begriff „Flüchtling“ näherbringen, wie zum Beispiel Name, Foto, Herkunft oder Fluchtroute, werden ausschließlich nach Risikoanalyse mit dem Flüchtling und dessen Einverständniserklärung veröffentlicht. Missing People und das Wirken von Gesichtern Des Weiteren sei auch das Erkennen der Reichweite und der Verantwortung der Organisation wichtig. Diese ist auch bei vermissten Personen dringlich. „Die Separierung der Flüchtlingsfamilien passiert oft in Österreich selbst. Die Familie ist groß und muss sich aufteilen; ein Taxilenker fährt nach Wien und der andere unwissend nach Graz. Die größten Problem stellt hier die sprachliche Barriere und die örtliche Orientierungslosigkeit dar.“ Der Verein stellt Vermisstenanzeigen für 24 Stunden ins Netz und kooperiert mit anderen Flüchtlingsorganisationen in Österreich, wodurch bereits viele Familien wieder zusammengeführt werden konnten. Bilder können etwas bewirken. Beispiele hierfür lieferten zwei Bilder aus dem August 2015: Sowohl das Bild des LKW auf der österreichischen Autobahn A4 mit 71 toten Flüchtlingen, als auch das des Jungen am Strand von Bodrum waren für viele der Auslöser aktiv zu werden. „Diese zwei grauenhaften Bilder haben uns wachgerüttelt“, resümiert Zalud. Auch wenn diese Bilder medial dramatisiert wurden, konnte in diesem Fall eben durch die Dramatisierung auch Positives, nämlich ziviles Engagement hervorgerufen werden. „Wir zeigen auch
positive Bilder, wir zeigen, was man machen kann und warum dies gut ist, haben aber sehr strenge Veröffentlichungsrichtlinien, vor allem bei Bildern“, berichtet die Koordinatorin. Identifikation durch persönliche Darstellung Wenn Flüchtlinge abgebildet werden, geschieht das auf unterschiedlichste Art und Weise. Manchmal sehen wir Menschen bloß als Teil einer Masse, die das Europa, wie wir es kennen vor die vielleicht größte Herausforderung in seiner jüngeren Geschichte stellt. Andere Darstellungen zeigen das persönliche Schicksal der Flüchtenden und machen die Situation greifbar. Im Fall des kleinen Aylan Kurdi, der an einem Strand in der Nähe von Bodrum von der
türkischen Fotografin Nilüfer Demir fotografiert wurde, hatte die Krise plötzlich ein Gesicht – das eines leblosen Kindes. Nach und nach tauchten Bilder auf, die den Jungen noch lebend zeigten; im Kreise seiner Liebsten, lachend und fröhlich, ein ganz normales Kind inmitten seiner ganz normalen Familie. Aylan, sein Bruder Galip und deren Mutter Rehan überlebten die Fahrt über das Mittelmeer nicht, doch deren persönlicher Leidensweg wurde publik, vor allem auf Grund des Bildes vom leblosen Körper des Dreijährigen, dessen Gesicht im Sand versteckt lag. Abdullah Kurdi, Vater der beiden Jungen und einziger Überlebender der Familie,
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Quelle: www.pixabay.com
>> #Flüchtlingskrise #Bildrechte #Verletzung
Quelle: www.pixabay.com
sprach sich für die Veröffentlichung der Bilder aus, da sie das Schreckliche zeigen und die Gefahr der Flucht veranschaulichen. Sie schreiben eine Geschichte, die viele der Flüchtlinge in ähnlicher Form teilen. Dass das manchmal nötig sein kann, zeigt sich in Aussagen heimischer Politiker. Im Herbst 2015 stellte der niederösterreichische Nationalratsabgeordnete Christian Höbart das Video von flüchtenden Menschen online und betitelte das Ganze mit „Eine Seefahrt, die ist lustig / Eine Seefahrt, die ist schön / Denn da kann man fremde Länder / Und noch manches andre sehn / Hol-la-hi, hol-la-h / Hol-la-hi-a hi-a hi-a, hol-la-ho.“ Hier stellt sich jedoch die Frage, ob das Zeigen des persönlichen Schicksals die Wahrnehmung insofern verändert, als dass Hohn und Spott dem Erschrecken über das von Menschen tatsächlich erlittene Schicksal weichen – zumindest von großen Teilen der Zivilgesellschaft wird dies verurteilt.
Voyeurismus als Antwort auf Provokation? Bei der Darstellung sensibler Bilder muss bedacht werden, dass der „gesunde Menschenverstand“ alleine ausreichen würde, um zu begreifen, dass die Flucht aus Kriegsgebieten niemals freiwillig geschieht. Provokative Äußerungen, wie die von Höbart, lassen sich auch mit Schreckensbildern nicht verhindern. Und so bleibt die Abbildung von sensiblen Situationen immer eine Gratwanderung. Jene, die den Ernst der Lage von Anfang an begreifen, werden durch Schreckensbilder wohl kaum besser informiert. Den anderen stellt sich die Frage, was diese zusätzliche Information, diese Ausstellung des Furchtbaren, bringen mag. Harald Schneider, Ressortleiter der APA Bildredaktion, sieht in Darstellungen dieser Art mehr ethische Probleme als rechtliche. „Da muss man sich die Frage stellen, wie weit man geht
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und was man will. Wir in der APA achten sehr auf einen sensiblen Umgang. Wir würden niemals das Bild eines verstorbenen Familienmitglieds veröffentlichen. Es gibt angeblich Mütter und Väter, die das sogar wollen, dass ihr Kind veröffentlicht wird, um dem Ganzen ein Gesicht zu geben und die Dimension ein bisschen stärker zu betonen. Wenn das jemand wirklich von sich aus will, dann kann man das möglicherweise vertreten. Wir als Agentur würden das nicht vertreten.” Die mögliche Pietätlosigkeit, die sich aus der Abbildung toter Körper ergeben kann, zeigt das – gänzlich anders geartete – Beispiel von Robin Williams. Nach seinem Tod wurde ein Foto seines Leichnams an die Tochter des Schauspielers gesendet. Es stellte sich im Nachhinein zwar als gefälscht heraus, doch der Umstand, dass ein solches Foto aus reiner Häme weitergegeben wird, stellt den Zweck von Opferdarstellungen in Frage. Muss wirklich alles gezeigt werden, was passiert? Wo endet authentische Darstellung, um in einen Voyeurismus zu kippen? Laut Schneider „gibt es ein übergeordnetes öffentliches Interesse, da kann man dann vielleicht ein bisschen weiter gehen. Aber es kommt immer darauf an, was wirklich passiert ist und einerseits gibt es eine Pflicht möglichst informell darüber zu berichten, aber andererseits muss man nicht alles mitmachen und nicht so weit gehen.” Die Rechtslage in Österreich Aus rechtlicher Sicht darf in Österreich jede Person fotografiert werden, die sich in der Öffentlichkeit bewegt. Es gibt keine Unterschiede zwischen In- und AusländerInnen. Einzig der Täter- und Opferschutz gewährleistet eine Berichterstattung, die einem möglichen Strafverfahren nicht kontraproduktiv, d.h. in diesem Fall meinungsbildend, im Wege steht. TäterInnen und Opfer dürfen also nicht abgebildet werden – werden es zuweilen aber dennoch, unverpixelt. Zusätzlich ist die Darstellung einer Person, die aufgrund der Veröffentlichung eines Bildes negative Konsequenzen zu erwarten hat, rechtswidrig. Beispielsweise darf eine Person im Park mit ihrem/ihrer LebenspartnerIn abgebildet werden.
#Flüchtlingskrise #Bildrechte #Verletzung <<
Ist die Person jedoch auf einem Bild mit dem/ der LiebhaberIn zu sehen, handelt es sich um eine Persönlichkeitsrechtsverletzung. Des Weiteren ist die Verwendung von Fotografien nur dann gestattet, wenn die Bilder nicht verfälscht dargestellt werden. Eine aus dem Zusammenhang gerissene Darstellung ist nicht zulässig. Harald Schneider kommentiert die Rechtslage kritisch: „Das ist in Wahrheit eine Grauzone. Es gibt natürlich Persönlichkeitsrechte, aber die beziehen sich immer auch auf die Verwendung. Es ist nicht verboten, einen Flüchtling zu fotografieren, der über die Grenze kommt. Was aber verboten ist oder zumindest problematisch wäre, wenn man jemand heute fotografiert, dieses Foto in drei Jahren noch einmal verwendet, denn das ist aus dem Zusammenhang gerissen. Wenn ich über die Situation jetzt berichte, kann ich die Flüchtlinge schon zeigen.”
Die Macht obliegt den Bildern Bilder sind mächtig und können manipulativ sein. Sie tragen eine Botschaft und haben vor allem im journalistischen Bereich eine informierende Funktion. Sie bieten eine Möglichkeit, mediale Realität zu kommunizieren. Ein Bild hat die Macht zu schockieren, zu sensibilisieren, moralische Tabus zu brechen und Ethikrechte zu verletzten, die Macht uns eine Träne über die Wange laufen zu lassen und uns ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Bilder haben aber auch die Macht, eine Bevölkerung aufwachen zu lassen, zu mobilisieren und eine Bewegung zu initiieren. Dieser Machtdimensionen muss man sich bei der Veröffentlichung von Bildern immer bewusst sein und gewissenhaft damit umgehen. Was ist meine Story und was soll mein Bild bewirken? Mittels Bildern zu berichten ist ein Privileg. Diese Freiheit darf nicht missbraucht werden. - Sofie Hörtler / Elisabeth Nesensohn
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Quelle: www.pexels.com
>> #Digitalisierung #Bibliothek #neueWege
Bibliothek goes digital Bibliotheken wie die Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB) haben längst Initiativen ergriffen, um ihre Bestände digital zur Verfügung zu stellen. Doch welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf das Berufsbild der BibliothekarInnen und das Medium Buch, was ist bei der Datenarchivierung und -migration zu beachten?
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nter Digitalisierung versteht man das Überführen von einem analogen in ein digitales Objekt. Der erste Schritt der Digitalisierung in der Österreichischen Nationalbibliothek ist die Auswahl der Bestände. „Wir überlegen vorab strategisch, welche Objektgruppen wir digitalisieren wollen“, erläuert Bettina Kann, Leiterin der Abteilung „Digitale Bibliothek“ der ÖNB. Das Hauptaugenmerk liegt dabei einerseits auf Objekten, die stark nachgefragt sind und daher unter starker Benützung leiden und anderseits auf Objekten, die schon urheberrechtsfrei sind, sodass man diese weltweit zur Verfügung stellen darf. „Auch wenn ein Autor über 70 Jahre tot ist, müssen Personenschutzrechte berücksichtigt werden. Wenn zum Beispiel die Nichte in einem Briefwechsel vorkommt, muss man auf die Veröffentlichung ebenfalls 70 Jahre nach deren Tod warten“, erklärt Christa Müller, Leiterin der Abteilung „Digitale Services“. Ab dem Jahr 2004 werden Zeitungen im Projekt „Austrian Newspapers Online“ (ANNO) digitalisiert. In den folgenden Jahren wurden auch andere Sammlungen wie Plakate,
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Papyri oder Ansichtskarten in die Digitalisierung mit aufgenommen. Die Massendigitalisierungs-Initiative ALEX beinhaltet historische und gegenwärtige Parlamentsmaterialien und Gesetzblätter aus Österreich und der Habsburgermonarchie. Das dritte große Projekt der Bibliothek ist die Digitalisierung von Fotos und historischen Porträts. Nach der Digitalisierung werden die Daten in die entsprechenden Programme eingespielt und stehen dann KundInnen der Bibliothek zur Verfügung. Die ÖNB archiviert aber auch „Born digital Dokumente“, also Dokumente, die wie Websites ausschließlich digital erscheinen und aus dem Web wieder verschwinden können. „Wir sind dann unter Umständen die einzige Bibliothek, die diese noch für die Nachwelt erhalten“, so Kann. Die ÖNB kooperiert auch mit „Google“, um ihren urheberrechtsfreien Buchbestand vom 16. bis zum 19. Jahrhundert zu digitalisieren. Dieser umfasst 600.000 Bücher, die von „Google“ digitalisiert werden und dann sowohl über books.google.com als auch über die ÖNB-Website abrufbar sind. „Google“ übernimmt dabei die Kosten für den Transport, die
#Digitalisierung #Bibliothek #neueWege <<
Digitalisierung und den Rücktransport. „Das Ziel bei der Zusammenarbeit mit ‚Google’ ist, dass der gesamte urheberrechtsfreie Bestand gescannt wird“, so Müller.
Quelle: www.pexels.com
Vorteile und Probleme der Datenerfassung Durch die Digitalisierung sind die Werke einfach über das Internet zugänglich. Wertvolle Originale oder alte Schriften können sicher verwahrt und geschont werden, während sie in digitaler Form genutzt werden. Zudem bietet die Nationalbibliothek seit einigen Jahren eine Volltext-Suche von Büchern und teilweise auch Zeitungen an. „Das ist ein immenser Fortschritt, denn während man früher nur nach Autor, Titel, Erscheinungsort und -jahr suchen konnte, kann man jetzt den ganzen Text nach Schlagwörtern durchsuchen und erhält dadurch wesentlich mehr Treffer, als wenn man nur über die Metadaten sucht“, erklärt Kann. Während bei dem Scanvorgang nur kleine Probleme auftreten, liegt die wirkliche Herausforderung bereits
bei der Restaurierung und Planung. „Es muss schon vorher kontrolliert werden, ob der Öffnungswinkel ausreicht, welche Scanner-Größe benötigt wird und welche Metadaten man erfassen muss, die dann in einem passenden System gespeichert werden“, erläutert die Expertin. Probleme stellen vor allem Bücher dar, die sehr dick und ganz eng gebunden sind, sodass man sie nicht weit öffnen kann und Spezial-Scanner benötigt werden: „Objekte, die
sich nicht über 90 Grad öffnen lassen, können wir zurzeit nicht scannen.“ Weitere Probleme ergeben sich häufig bei der automatisierten Texterkennung Optical Character Recognition (OCR), mit der digitalisierte Texte nach Wörtern durchsucht werden können. Viele alte Schriften sind nicht in Antiquaschrift verfasst, denn im deutschsprachigen Bereich wurde lange Zeit Fraktur verwendet. Fraktur ist jedoch für die OCR schwer zu unterscheiden, wodurch sich häufig Fehler in der Buchstabenerkennung ergeben, die sich dann auf die Suche auswirken. Digitalisierung der Landesbibliothek Niederösterreich Die Niederösterreichische Landesbibliothek hat mit nur insgesamt 20 MitarbeiterInnen beschränkte Möglichkeiten der Digitalisierung. Dennoch wurden bereits ausgewählte Werke digitalisiert und die gesamten Publikationen des Vereins für Landeskunde Niederösterreich digital zu Verfügung gestellt. Vor allem die Digitalisierung der graphischen Sammlung von 100.000 Bildern wurde vorgezogen, weil sich diese gut präsentieren lassen. Diese Bilder kann man als Vorschaubild im Katalog der Landesbibliothek betrachten und sind zu Präsentations- und Werbezwecken der Bibliothek geeignet. Die Digitalisierung trägt jedoch auch – wie bei der ÖNB – zum Schutz der wertvollen historischen Originale bei. „Digitalisierung erleichtert sicher den Zugang zum Content. Doch es ersetzt das Original nicht. Es ist nur ein Abbild des Inhaltes“, meint Hans-Joachim Alscher, Direktor der Landesbibliothek Niederösterreich. Deshalb wird vermieden, Werke zu digitalisieren, die ohnehin schon im Web verfügbar sind. Rechtliche Schranken durch das Urheberrecht grenzen die Möglichkeiten weiter ein. Das Ziel ist daher, nur Bestände digital anzubieten, wenn es möglich ist und Sinn macht, denn bei der Digitalisierung stehen sowohl Personalkosten, als auch Zeit zu Buche. BibliothekarInnen: Traditionell war gestern „Das Ziel ist das Bewahren des kulturellen Erbes, aber auch den Zugang verstärkt
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>> #Digitalisierung #Bibliothek #neueWege
zu ermöglichen. Die Digitalisierung bietet BibliothekarInnen völlig neue Möglichkeiten, ihre Bestände an potentielles Publikum zu bringen“, so Müller. Und: Durch die Digitalisierung entstünden neue Berufsfelder in den Bibliotheken. Die Hauptabteilung der ÖNB besteht daher aus einem gemischten Pool an MitarbeiterInnen, die sowohl bibliothekarisch ausgebildet sind, der aber auch technisch versierte MitarbeiterInnen beinhaltet, die den Scan-Prozess begleiten und mit den digitalen Objekten arbeiten. Während sich die BibliothekarInnen traditionell mit dem analogen Objekt beschäftigen mussten, werden diese nun auch immer mehr mit dem digitalen konfrontiert. Daher wird in der Ausbildung der Umgang mit elektronischen Ressourcen und Neuerungen im Bereich der Informationstechnologie nun stärker betont. BibliothekarInnen können sich in moderne Themenfelder und Technologien einarbeiten. BibliothekarInnen im Brennpunkt? „Bibliothekarische Tätigkeiten auszuüben ist ohne Internet, Automationsunterstützung, Datenbanktechniken und auch ohne Digitalisierung nicht mehr vorstellbar“, sagt auch Alscher. Er ist nicht der Meinung, dass die Digitalisierung Arbeitskräfte einspare. Der Rationalisierungseffekt sei zwar vorhanden, aber: „Mit den besseren Möglichkeiten der Automation entstehen auch mehr Wünsche, die abgedeckt werden müssen. Die Menge der Arbeit bleibt daher mindestens die gleiche, wenn sie nicht sogar mehr wird.“ Ein weiterer Irrglaube sei es, dass das Buch vom Aussterben bedroht sei. Der Buchausstoß nimmt trotz der neuen Medien zu, weil es durch die neuen Techniken einfacher ist, ein Buch zu produzieren als früher. „Trotz einer Bedrängung am Rande durch andere Medienformen ist das Printmedium bereits so einfach herzustellen, dass es sicher nicht verschwindet“, meint Alscher. Die Bibliotheken von morgen Gleichwohl: Bibliotheken werden zunehmend digital und es scheint nur mehr eine Frage der Zeit, bis ihre gesamten Bestände welt-
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weit im Internet abrufbar sind. Alscher ist jedoch anderer Meinung: „Wir sind weit davon entfernt, trotz ‚Google Books’ und ähnlicher Unternehmungen, auch nur annähernd in die Lage zu kommen, all das, was jemals geschrieben und gedruckt wurde und noch erhalten ist, digital zur Verfügung zu stellen.“ Die Nationalbibliothek nimmt sich jedoch genau dieses Vorhaben zum Ziel. In Zukunft soll in der ÖNB eine weitere Bestandsdigitalisierung erfolgen, bei der auch noch andere Objektgruppen digitalisiert werden sollen. „Das Ziel ist, unseren gesamten Bibliotheksbestand online zugänglich zu machen. Jahrhunderte alte Bestände wollen wir weiterhin gut aufbewahren und Forschern, Laien und Schulen zugänglich machen“, erörtert Müller. Außerdem sollen die Möglichkeiten der volltextlichen Erschließung der digitalen Inhalte ausgeschöpft werden. Das könnte einerseits in Richtung Georeferenzierung gehen, was bedeutet, dass man auch ortsbezogene Vorschläge für Medien bekommt, die an der Bibliothek an dem Ort, an dem man sich befindet, verfügbar sind. Durch die Volltext-Suche soll man unter anderem auch herausfinden können, wie sich ein bestimmter Begriff über die Jahrhunderte verändert hat, wie häufig er war, oder welche Schlagworte zu bestimmten Ereignissen wichtig sind. „Es entstehen neue Möglichkeiten, wie man mit den Beständen umgehen kann “, so Kann. Sie ist auch der Meinung, dass die Digitalisierung im Grunde die einzige Möglichkeit sei, wie Bibliotheken in Zukunft weiterbestehen könnten. Eine Technologie habe nie eine andere komplett verdrängt, sondern es hätten sich immer andere Nischen oder andere Felder gefunden, wo sich diese verbreiten konnten. Bücher werde es daher zwar weiterhin geben, aber Bibliotheken dürften nicht ausschließlich zu Buchmuseen werden. „Wenn sich die Publikationsform ändert, dann müssen Bibliotheken darauf reagieren, wenn sie überleben wollen. Diesen Medienwandel muss man mitmachen“, resümiert Kann. - Christina Guggenberger / Sophie Karpf
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#E-Book #LeserIn #gläsern <<
E-Books: Wer liest mit? E-Books haben die Buchbranche verändert. Was für Verlage neue Handlungsspielräume und Erlösmodelle eröffnet, bedeutet für LeserInnen oft einen Eingriff in die Privatsphäre und bedroht gesamtgesellschaftlich möglicherweise die Büchervielfalt. Große Konzerne sowie Self-Publishing-Verlage prägen den E-Book-Markt, doch auch kleine elektronische Verlage wie „Culturbooks“ haben das Potenzial des aufkommenden E-BookTrends erkannt. „Wir haben 2013 in Deutschland einen E-Book-Verlag gegründet, weil uns aufgefallen ist, dass viele Texte von Verlagen nicht gedruckt werden, weil sie der Meinung sind, dass diese nicht in Marketingschemata passen oder einfach nicht Mainstream genug sind“, hält Zoë Beck, Mit-Gründerin des Verlags und selbst Schriftstellerin im Gespräch mit SUMO fest. „Culturbooks“ kann als literarischer E-Book-Verlag bezeichnet werden, der sich mit einem sehr facettenreichen und sorgfältig ausgewählten Programm jenseits des Mainstreams am Markt zu etablieren versucht. Dabei werden auch speziell Texte, die Buchverlage häufig ablehnen, weil sie nicht in ein bestimmtes Konzept oder Genre passen, zu kurz oder zu lang sind, ausgewählt. Beck erklärt: „Solche Texte brauchen eine Chance, um gesehen zu werden, und die elektronische Version ist dafür die beste Möglichkeit.“ Der E-Book-Verlag bietet daher sehr viele kürzere Texte, Kurzgeschichtensammlungen von einzelnen AutorInnen.
Durch das Aufkommen von E-Books hat sich auch der Self-Publishing-Bereich ausgeweitet, der zumeist von seichter Unterhaltungsliteratur dominiert ist. Obwohl dadurch einige Texte, die hervorragend und einzigartig sind, publiziert werden, öffnet es auch die Pforten für all jene, die es nicht sind. Beck meint, dass einerseits durch Self-Publishing eine Büchervielfalt entstehen könne, aber sich andererseits auch der Trend entwickle, dass große Verlagshäuser am Markt bereits erfolgreiche selbstveröffentlichte Werke in ihr Programm aufnehmen. Viele davon seien aber oft relativ anspruchslos geschriebene Texte, die dann trotzdem hoch gehandelt werden. „Die vielen großen Verlage sind natürlich daran interessiert, solche Titel abzuschöpfen, um eben auch noch Geld daran zu verdienen“, erklärt Beck. Sie ist jedoch der Meinung, dass Literatur etwas Anderes sein sollte als banal geschriebene Texte, denen es an Aussagekraft mangelt, sondern nur noch der simplen Unterhaltung oder dem reinen Bedienen eines Massengeschmacks dienen. Diese Entwicklung im Self-Publishing ist jedoch nicht die einzige Schattenseite der E-Books. Früher war die Leserschaft ein
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>> #E-Book #LeserIn #gläsern
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unbekanntes Publikum, von dem man kaum mehr wusste, als dass es ein bestimmtes Buch gekauft hat. Ob es dieses tatsächlich las, blieb zumal unbekannt. Während die LeserInnen von gedruckten Büchern anonym bleiben, ermöglichen E-Books tiefe Einblicke in das Leseverhalten. Es besteht ein großes Potenzial
für unternehmensinterne Marktforschung, das auch und gerade von Handels- oder auch Hardwie Softwarekonzernen wie Amazon, Barnes & Noble, Apple und Google für das Erfassen von Kauf- und Lesegewohnheiten und dadurch für eine punktgenaue Kundenansprache genutzt wird. Den E-Book-LeserInnen ist es kaum möglich, sich dieser Datenauswertung zu entziehen, meist stimmen sie dieser durch Akzeptieren der Datenschutzbestimmungen sogar unbewusst zu. Aufgrund der meist vagen AGB ist es schwer zu ermitteln, für welche Zwecke die Daten neben Marktforschung oder personalisierter Werbung noch verwendet werden. Amazon zum Beispiel überwacht mit seinem E-Book-Reader Kindle gezielt die Lesegewohnheiten seiner KundInnen. „Was Amazon macht, ist unter ökonomischen Gesichtspunkten nachvollziehbar. Sie bieten alle möglichen Texte an und natürlich wollen sie dann auch wissen, ob diese tatsächlich gelesen werden“, so Beck. Doch
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es kann nun auch ermittelt werden, wie schnell, zu welcher Uhrzeit und wie lange die LeserInnen im Durchschnitt lesen. Es wird unter anderem beobachtet, nach welchen Seiten man Lesepausen macht, welche Passagen markiert werden und auch, wo ein Buch am häufigsten abgebrochen wird. Derartige Informationen erweisen sich für Verlage als äußerst nützlich, um ihr Programm an die Bedürfnisse ihrer LeserInnen anzupassen. Bücher, die häufig vorzeitig abgebrochen werden, könnten im Nachhinein noch geändert werden. Zudem werden daraus wichtige Erkenntnisse über „Fehler“ gezogen, um diese in nachfolgenden Büchern zu vermeiden. „Bessere“ Bücher als Folge kämen sowohl den Anbietern als auch den LeserInnen zu Gute. „Das ist ein logischer Schritt, aber wir beteiligen uns daran nicht. Wir sind für einen anderen Umgang mit Texten“, meint Beck. Andere Verlage könnten jedoch in Zukunft immer häufiger Bücher in Auftrag geben, die bewusst an die gewonnenen Kenntnisse über die LeserInnen angepasst werden. Dadurch werden die Romane zwar massentauglich, aber es gefährdet auch die Büchervielfalt. Die unzähligen Romane, die an Bestseller wie „Shades of Grey“ angelehnt sind, sprechen sicherlich die breite Masse an. Was aber geschieht mit neuen Geschichten, wenn man ihnen keine Chance gibt, veröffentlicht zu werden, weil sie nicht dem gewünschten Genre entsprechen? Möchte man nur mehr gleichartige Bücher lesen, bei denen man sowohl Handlung als auch Ende bereits vorhersehen kann? Man wird vielleicht nicht enttäuscht, aber wohl kaum mehr überrascht. Die durch E-Books erhoffte Vielfalt bliebe somit bisweilen aus. Zoë Beck und ihr Team haben das bereits erkannt: „Wir dachten erst, dass die Digitalisierung eine ganz große Chance für extraordinäre Texte sei. Doch was sich durchsetzt, ist im Prinzip das, was auch schon gedruckt gut läuft. Da entsteht dann gar keine Vielfalt, sondern im Gegenteil, es konzentriert sich wieder auf gewisse Subgenres.“ - Christina Guggenberger
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#Datenschutz #Notruf <<
Toleranz der Anonymität Notrufdienste – wenn wir sie nicht brauchen, beachten wir sie kaum, doch wenn wir uns doch einmal in einer Krise befinden, sind wir froh, dass es sie gibt. Die meisten Notrufdiensten bieten Anonymität bei Anrufen an. Werden Ausnahmen dieser Regelung toleriert und wenn ja, warum? SUMO gingen diesen und anderen Fragen im Gespräch mit Sophie Asperger-Sixthofer von der Magistratsabteilung 57 nach. Die MA57, Frauenabteilung der Stadt Wien, umfasst den Frauennotrufdienst und das Frauentelefon. Das Frauentelefon dient als Rechtsberatung für Fragen in Bereichen wie zum Beispiel Scheidung, Unterhalt oder Obsorge. Der Frauennotrufdienst hingegen ist eine Notrufnummer für akute Krisenfälle und psychosoziale Betreuung von Frauen. Frau Asperger-Sixthofer, was genau ist ihre Tätigkeit? Ich bin Juristin in der MA57 und habe mehrere Aufgabenbereiche. Es gibt pro Magistrat eine Datenschutzbeauftrage, für die Frauenabteilung übernehme das ich. Hier unterstütze ich die Dienststellenleitung bei der Einhaltung der Datenschutzregeln. Und demnach bin ich auch für den Notrufdienst zuständig, hier geht es eher um akute Krisenfälle. Zusätzlich bin ich auch inhaltliche Beraterin am Frauentelefon. Auf der Homepage der Stadt Wien gibt die MA57 an, „kostenlos und auf Wunsch anonym“ zu sein? Wie ist hier der Ablauf?
Beim Frauentelefon ist es meist nicht nötig, den Namen zu nennen. Nach den Namen fragen wir dann, wenn jemand persönlich vorbeikommen will, man kann aber auch einen anderen Namen angeben, hier geht es rein um die Terminkoordination und es wird oft mit Alias-Namen gearbeitet. Sollte aber mit anderen Stellen zusammengearbeitet werden müssen, dürfen wir Daten nur unter Zustimmung der Klientin weitergeben, hier unterschreibt sie vorab eine Zustimmungserklärung. Gibt es einen Unterschied zwischen Geheimhaltung und Anonymität? Datenschutz ist im Datenschutzgesetz 2000 definiert. Es ist sehr genau beschrieben, wann das Recht auf Geheimhaltung in Kraft tritt und wann man es sozusagen brechen darf, z.B. bei Suizidgefährdung. Anonymität bedeutet, dass die Klientin ohne Namen beraten werden kann. Unsere Einrichtungen lassen das zu, das ist das Recht der Klientin und auch eines unserer Qualitätsmerkmale. Bis zu welchen Dimensionen geht die Geheimhaltung? Es ist sehr streng geregelt, wann und wenn etwas aus der Abteilung hinaus geht. Hier
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>> #Datenschutz #Notruf
ein Beispiel: Es geht um Mindestsicherung und die Klientin hat Probleme bei deren Bemessung. Dann darf ich keinesfalls bei der MA40 anrufen und sagen, dass bei ihnen jemand war, der eine Frage hätte. Ich spreche das ganz genau mit der Klientin ab. Nur dann, wenn sie mir versichert, dass ich mich woanders erkundigen darf, kann ich das tun. Wird die Polizei alarmiert, wenn es z.B. um Gewalt geht, müssen ein offizieller Bescheid und eine Sacherklärung erstellt werden, warum hier Daten weitergegeben werden. Und wie wird die Sache mit dem Datenschutz in Krisenfällen gehandhabt? Beim Frauennotruf ist es so, dass man die Nummer am Display sieht, hier gibt es kein Problem mit dem Datenschutz, das sind indirekt personenbezogene Daten. Wenn es aber um das Leben der Klientin geht, kann die Beraterin die Polizei verständigen, was bei uns Praxis ist. Diese darf die Nummer zurückverfolgen, wenn es um Leib und Leben geht. Wird hier die Klientin um Zustimmung gebeten? Natürlich versucht man, die Zustimmung der Klientin einzuholen. Wenn es allerdings um Leben und Tod geht, dann machen wir das auch gegen ihren Willen. Warum wird die Anonymitätsregelung hier gebrochen und dies toleriert? Das ist von der Gesetzgebung vermutlich eine Güterabwegung gewesen. Es wurde abgewogen: das Recht auf Geheimhaltung gegenüber dem Recht auf Leben. Lebensschützende Maßnahmen soll man ergreifen, sofern diese notwendig sind. Da wird auch davon ausgegangen, dasss Suizidgefährdete in diesem Zeitpunkt nicht dispositionsfähig sind, einzuschätzen, was getan werden sollte. Wir sind hier, um zu schützen und zu helfen. Wenn jemand in Lebensgefahr ist, alarmieren Sie sofort die Polizei oder gibt es hier vorab interne Instanzen, die eine Nummer zurückverfolgt? Das darf nur die Polizei. Wir haben natürlich einen Notfallplan bei Suizidgefährdung. Dass die Polizei geholt wird, ist die letzte Stufe. Die erste Stufe ist das Problem der Klientin wahrnehmen, ihr vermitteln, dass es Hilfe gibt
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und sie bitten, sich dort zu melden. Das ist entweder das Kriseninterventionszentrum oder die psychiatrische Soforthilfe. Wenn das nicht möglich ist, bitten wir die Klientin, uns ihre Handynummer zu geben. Beim Frauentelefon sehen wir die Nummer nämlich nicht am Display. Haben wir die Nummer, können auch wir die erwähnten Instanzen alarmieren. Handelt es sich allerdings wirklich um einen Akutfall, sodass jede Sekunde zählt, bitten wir die Klientin, Name und Telefonnummer preiszugeben und alarmieren Polizei und Rettung. Und wenn die Klientin keine Daten zur Verfügung stellen will? Dann bekommt die Polizei die Nummer von uns. Aufgrund des Recht auf Lebens? Genau, das Recht auf Leben steht hier über dem Recht auf Geheimhaltung. Weg von den Krisenfällen, hin zur Datensammlung. Wie stehen Sie zur Datensammlung von AnruferInnen bei Notrufdiensten? Wird hier nicht das Versprechen auf Geheimhaltung verletzt? Wenn es anonymisierte Daten sind, fällt dies nicht unter den Datenschutz. Da gibt es rechtlich kein Problem. Wenn jetzt jemand anonym anruft, darf man die preisgegeben Daten sammeln und weitergeben, solange sie nicht personenbezogen gibt. Archivieren Sie Anrufe beim Frauentelefon? Ja, da gibt es aber recht strenge Auflagen bezüglich der Geheimhaltung. Zu dieser Datenbank haben nur die Beraterinnen Zugriff, das wird streng vertraulich behandelt und es kann nur vom applikationsinternen Netz im Magistrat abgerufen werden. Das ist nützlich, wenn Klientinnen öfters anrufen. Es gibt auch ein Recht auf Löschung der Daten, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Machen Sie sich auch handschriftliche Notizen? Wir schreiben zuerst handschriftlich mit und übertragen das in die Datenbank. Nachdem wir das erledigt haben, wird die handschriftliche Aufzeichnung vernichtet. - Sofie Hörtler
Quelle: Anna Zwiauer
#Aktenzeichen XY #Jubiläum #Datenumgang <<
„Aktenzeichen XY“ - eine Erfolgsstory
Am 14. Oktober 2015 feierte die Fernsehreihe „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ das Jubiläum der 500. Ausgabe. Hat diese Sendung einen rein sachlichen Hintergrund oder kann sie auch als Unterhaltungssendung gesehen werden – und: wie wird mit den Daten umgegangen? Wie alles begann Nach rund 50 Jahren ist die Sendung ein bedeutender Teil der deutschsprachigen Fernsehgeschichte geworden. Mit den Worten: „Den Bildschirm zur Verbrechensbekämpfung einzusetzen – das, meine Damen und Herren, ist der Sinn unserer neuen Sendereihe ‚Aktenzeichen XY… ungelöst‘, die ich Ihnen heute vorstellen möchte“, begrüßte Eduard Zimmermann am 20. Oktober 1967 die ZuseherInnen. Von 1968 bis 2003 arbeiteten das ZDF, der ORF und der SRF zusammen. Zweck der Sendung war und ist es, die Polizei bei der Aufklärung der Verbrechen zu unterstützen. Nachdem den RezipientInnen in kurzen Filmen bisher ungelöste Verbrechen von SchauspielerInnen nachgespielt wurden, können erstere aufklärend mitwirken, in dem sie TäterInnen identifizieren und zur Ergreifung flüchtiger VerbrecherInnen beitragen – telefonisch wie seit längerem auch online. Oft führen sachdienliche Hinweise zur Aufklärung der Taten: Die Aufklärungsquote nach Ausstrahlung der Sendungen liegt bei rund 40%, fast jeder dritte Fall ist ein Mordfall. Bis zur Sendung am 18.11.2015 wurden 1.458 Tötungsdelikte in der Sendung behandelt, davon wurden 599 aufgeklärt. Eine
beträchtliche Zahl, wenn man bedenkt, dass meist hoffnungslose Fälle, bei denen die Polizei im Dunkeln tappt, in der Sendung landen. Das Format kann auf österreichischer Ebene kleinere Erfolge verzeichnen. Bei 455 österreichischen Fällen wurde um Mithilfe gebeten. 10 Fälle wurden, laut einer von Fans eingerichteten Website, aufgeklärt, so zum Beispiel der Fall eines Raubmordes 2009 in Tirol, eine Serie von Banküberfällen 2009 in Wien und ein Mord in Fürstenfeldbruck im Jahr 2008. Wenn KriminalermittlerInnen Hilfe suchen Anton Kiesl, Leiter der steirischen Mordgruppe der Kriminalabteilung des Landespolizeikommandos Steiermark und vor zehn Jahren selbst bei „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ Hilfe suchender Ermittler, verrät im SUMO-Interview: „Die Aufklärungsrate bei Mord ist eigentlich schon sehr hoch, weil es meist eine Täter-Opfer-Beziehung gibt. Die meisten Taten laufen vor einem emotionalen Hintergrund ab.“ Trotzdem wandte sich die Mordgruppe im Jahr 2005, nachdem alle Versuche in Zusammenarbeit mit den österreichischen Medien fehlgeschlagen waren, an das ZDF, um Hinweise auf eine mysteriöse Frauenleiche zu erhal-
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>> #Aktenzeichen XY #Jubiläum #Datenumgang
Quelle: www.pixabay.com
ten. Mit der Hoffnung auf wichtige Hinweise schilderte Kiesl die Details im deutschen Fernsehen. Jedoch konnte der Fall nicht vollständig gelöst werden, da die eingelangten Hinweise nicht ausreichend waren. Bei anderen Fällen kommen laut Kiesl viele Hinweise: „Ja, aber ich habe dort mit den Kriminalbeamten, die dafür zuständig sind, gesprochen: Es melden sich viele Personen, die sich wichtigmachen wollen, meist die gleichen Menschen.“ Die Wichtigkeit von Daten im Alltag von ErmittlerInnen Aber weiß man, mit wem man am Telefon spricht? „Wenn der Anrufer anonym bleiben will, dann bleibt er auch anonym. Dies hat aber leider sehr wenig Sinn, da wir Angaben brauchen, die wir dem Gericht vorlegen können. Ich ersuche immer um die Bekanntgabe der Daten, dieser persönliche Kontakt ist sehr wichtig und kann in bestimmten Momenten entscheidend sein. Wenn die Person anonym bleiben will, stellt sich die Frage, warum hat sie Angst, und ebenso ist es schwierig, die Wertigkeit der Angaben zu beurteilen. Aber natürlich kann man niemanden zwingen, seine Personendaten offen zu legen.“ Oft werden die Medien als Instrument gewählt, um in prekären Fällen die Mithilfe der Bevölkerung in Anspruch zu nehmen. Hierbei ist es sehr schwierig und muss abgewogen werden, welche Angaben zum Fall bzw. zum Stand der Ermittlungen preisgegeben werden können und welche nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Denn die Privatsphäre des Opfers und der Angehörigen soll gewahrt werden. Der Leiter der Mordgruppe Steiermark beschreibt dies als einen Drahtseilakt, man stehe zwischen der Überlegung, was man wissen will und wie wichtig diese Information für den Fall ist. Generell wird der Datenschutz bei den Landeskriminalämtern sehr wichtig genommen: Für jede abgefragte Person muss man die eigene Dienstnummer und die Aktenkennzahl
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hinterlassen. Einmal im Monat führt ein/e Datenschutzbeauftragte/r stichprobenartig Kontrollen durch. Kann man seine Aufrufe nicht durch Akten und Begründungen darlegen, so steht der Verdacht des Amtsmissbrauchs im Raum. Bei Personenfahndungen können und dürfen nur so viele Daten über die zur Fahndung ausgeschriebenen Personen veröffentlicht werden, die zur Wahrung des Interesses an der öffentlichen Sicherheit und zum Schutz der Bevölkerung dienlich sind. Cold Case – Kein Opfer ist vergessen In der Steiermark konnten im vergangenen Jahr alle Kapitalverbrechen aufgeklärt werden. Sollte die Staatsanwaltschaft oder das Gericht ein Verfahren mangels an Beweisen einstellen, so sind diese Vergehen für die ErmittlerInnen des Landeskriminalamtes trotzdem aufgeklärt. In Österreich gibt es für ungeklärte Fälle die Abteilung „Cold Case Management“, eingerichtet beim Bundesministerium für Inneres. Sie ist dafür zuständig, ungeklärte Fälle aus der Vergangenheit neu aufzurollen und zu untersuchen und dabei bei Bedarf ErmittlerInnen der Landeskriminalämter beizuziehen. „Es sind nicht ständig Beamte eingeteilt, die Cold Case Management betreiben, sondern bei Vorhandensein von personellen und zeitlichen Ressourcen wird versucht, die offenen Fälle so gut wie möglich zu bearbeiten“, so Kiesl. „Aktenzeichen XY“ – eine gute Möglichkeit um VerbrecherInnen aufzuspüren? „An sich ist die Idee gut, es wird sicher viel dazu beigetragen, einige Fälle aufklären zu können. Als ich bei der ‚Show’ war, wurde uns aufgetragen, möglichst oft im Hintergrund das Telefon abzuheben, um den Zusehern den Eindruck zu vermitteln, dass viele Anrufe eingehen. Es ist ein Hilfs-, aber nicht das Allheilmittel, und wie immer im Fernsehen ist viel Show dabei.“ Je grausamer und furchtbarer das Verbrechen, umso höhere Einschaltquoten sind zu verzeichnen. Für Österreich habe diese Sendung nicht so viel gebracht, daher ist der ORF Ende 2002 ausgestiegen. - Anna Zwiauer
Quelle: Alexander Zwiefler
#Dan Meisner #Thomson Reuters #OpenData <<
Big data - neither good nor bad Im Rahmen der sechsten Medien.Lounge gastierte Dan Meisner, Head of Open Data bei „Thomson Reuters“, an der Fachhochschule St. Pölten. SUMO traf den Medienexperten und sprach mit ihm über Open Data, seine Arbeit bei „Thomson Reuters“ und die Problematik von Big Data. Dan Meisner ist ein amerikanischer Medienmanager, der bei „Thomson Reuters“ in New York seit Juni 2014 als Head of Open Data tätig ist. In seiner Karriere war er unter anderem als Quant Trader und Portfolio Manager im Einsatz, bis er 2011 bei „Thomson Reuters“ als Head of Quant Technical Strategy einstieg. „Thomson Reuters“ ist neben „Bloomberg L.P.“ einer der größten Informationsdienstleistungs-, Nachrichten- und Medienkonzerne auf der Welt. SUMO: You are Head of Open Data at „Thomson Reuters” . But what is open data in simple terms? Dan Meisner: Open data is any data that is available for use under an open licence. People can leverage that to do whatever they want with it at least with a constraint of that licence. So most often this is government data. There are some thousands of US government agencies alone that are all collecting data and this is data being collected on behalf of tax payers and so it should be available to tax payers as well. It’s about the right to get to it and it’s also about the availability of that. So to me open data is content that is licenced for open use as well as made available and easy to consume for people. SUMO: What is your daily routine or is there
even a daily routine as Head of Open Data at „Thomson Reuters”? I wouldn’t say there is a daily routine. I think it stays pretty varied. A lot of my time is consumed in the management of the actual website permID.org. It is about how we disseminate this open information and then how that connects to the underlying information architecture within „Thomson Reuters”. It is also about talking with the partners at we want to leverage data and talking with clients who we want to let know that this is available to them and make use of it to help them achieve their goals. But also working with the representatives of the government and to make our data solutions known and available for their purposes as well.
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>> #Dan Meisner #Thomson Reuters #OpenData
SUMO: Why is open data getting more and more important in business matters? It’s recently maybe five or ten years ago a professional client of ours – say in the financial asset management space – would purchase their information products from us. It might be a handful of data bases and so what we are giving them might be 95% of the information they are looking at. Today they are trying to look at a much more realistic picture: They are bringing in information from the other systems within their organisation where their research data bases might not be connected to their customer management systems and so they are bringing that together. And then you have things like News Flow and Social Media like “Twitter” and open data as well, and we are starting to see businesses evolve that are really based on open data. I don’t know if they have a presence here, but in the US we have “Silo” which is a massive source of information for real estate. You go on there and look at real estate listings and it is using publicly available information about schools and crime and transportation that can help you find the right home to purchase. So the commercial component of the knowledge that is being leveraged is becoming smaller and smaller and we want to be able to play in that space rather than become obsolete. Not that we are really in danger becoming obsolete, there is always a need for reference data, but to the extent that we can facilitate this network effect, our customers benefit because they can get a much richer picture of what is going on in the world and ultimately make better decisions driven by data. SUMO: How is „Thomson Reuters” dealing with big data? We were very early adopters of big data. We have been engaging big data since before we called it big data. One of the key issues that we are noticing with our clients who are almost engaged in some form of significant big data project is, that it is not purely a technology issue. Big data removes the scarcity in data storage we had previously and might be limited by the physical capacity of a data
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base in terms of what we can put together. Now I have essentially build this box of infinite scale that I can throw everything into but putting it all into one place it is not equal to integrating it. There is just a lot more of it. Imagine if you took every file in this building and threw it into one big box. Yes, it is in one big box, but that doesn’t make it any easier to use. The ability to manage the structure of that information, the Meta data and the organisational aspects of that information become far more important because the promise of big data is that I can leverage everything that my organisation knows. But that is only really true if I can bridge the gaps in meaning between data set A and data set B and if they have different notions of like I said. If one is Microsoft Inc. and the other is Microsoft Incorporated and we can’t draw that line between them to connect them together. Those definitions are different depending on the content set, depending on the specifics of the entities being described and depending on the professional domain. To a lawyer a subsidiary of a company is different than to an asset manager. Being able to bridge those gaps in a computer-readable way becomes much more important and what we have noticed is, we have been dealing with these issues for decades because for us we might have lots of different products that distributes that data, but then our clients will take multiple products. And if they have five different „Thomson Reuters” products with five different definitions of Microsoft we get angry phone calls. Or they have to do the work themselves, either way it is suboptimal. There is some loss involved there. SUMO: People often mention big data with a sceptical undertone. How much is big data influencing our private life? Big data is just a tool. It is about how this tool is used and so certainly aspects of this have enabled our national security apparatus to basically look into the lives of Americans in a way that we have not enjoyed and what have become a big scandal. The ability to look at all of this data about our own citizens in a way that’s
Quelle: Alexander Zwiefler
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quite frankly very creepy is enabled by these technologies, but technology is amoral, it is neither good nor bad. It is all a question of how you use it. A gun in a hand of a police officer is probably a good thing. A gun in a hand of a criminal is a bad thing. SUMO: Are there any suitable solutions or programmes at this moment to handle the big amount of data in various business fields? It is mainly about Apache Hadoop, an open-source software framework, as far as the data storage goes. Things like some broadly speaking semantic web technologies are very important. The standards are limited in certain ways especially for us. We need to understand the time dimensions as well. How things are changing which the standards don’t really address right now. We have incredibly large volumes of unstructured data. Things like news articles or research or filings. They are documents, they are not meaningful to a machine and so bridging that gap with natural language processing enables us to embed some structure into unstructured documents and gain some understanding. Then you are able to do things like form an implicit graph of relationships based on companies that are mentioned together. SUMO: What do you think about the future of big data? Will there be just advantages or do you see also risks? It helps us to understand the world around us a lot better. It’s a force multiplier on the human brain because I can look at massive
volumes of data and simulate that information and make decisions based on that data. The flipside is that if I am making all my decisions algorithmically we start to lose some of that where innovation comes from. You look at something like the music genius Pandora or Netflix original content and a lot of that is partially driven algorithmically based on all the data that they are collecting and figuring out what are the aspects that we need to hit in designing media to appeal to a widest demographical group and ultimately to make the most money. That also limits our ability to take risk that – if we don’t know any better – we have not calculated. We just try something and if we fail – whatever. But if we have that feral understanding of risk we know that this piece of music that I am composing or this movie that I am trying to put together has his tiny fraction of 1 percent chance of succeeding – who is going to finance that project? There is no sort of emotional element that creates an innovation. So I think that is a risk. But there is always that danger whenever you’re trying to break everything down into matrix. You are creating models and those models are approximations of the phenomenon that we are trying to explain. Not necessarily a detailed understanding of the phenomenon which is maybe impossible but it makes risk much more measurable, which is good and bad. And again: It could be good or bad depending on how you using it. - Paris Zinner
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>> #private #Daten #Jobsuche
Daten in der Job- und Arbeitnehmersuche Datenschutz im Internet ist vor allem im Zuge der Diskussion um Soziale Netzwerke ein öffentlich stark präsentes Thema. Dabei wird das Preisgeben von persönlichen Daten und deren freiwillige Übermittlung in einem anderen Bereich aber völlig außer Acht gelassen: in der Jobsuche. Der Umgang mit persönlichen Daten und besonders die damit verbundenen Empfehlungen beschränken sich auf die zumeist offensichtlichen Felder: den Finanzverkehr, das aktive Auseinandersetzen und erst danach gegebene Einverständnis mit Datenschutzerklärungen anstatt des in der Eile und zumeist schon routiniert gesetzten Häkchens, oder die Offenbarung des gesamten Privatlebens über Soziale Netzwerke. Der Umgang mit persönlichen Daten im Zuge eines Bewerbungsprozesses wird kaum hinterfragt, denn der Erfolgszwang steht im Vordergrund. Vom Lebenslauf zum Bewerberprofil Eine Bewerbung per Post abzuschicken, ist kaum noch denkbar. Neben den per E-Mail geforderten Arbeitsgesuchen werden Jobportale auf Unternehmenshomepages häufiger, auf denen Bewerbungsdaten eingegeben und Unterlagen hochgeladen werden müssen. Reinhard Schulz, Personalleiter des „Niederösterreichischen Pressehauses“, sieht darin sowohl auf Bewerber-, als auch auf Unternehmensseite eine Erleichterung. Um den Bewerbungsprozess erfolgreich abzuschließen und eine/n geeignete/n KandidatIn zu finden, wird eine im
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Hintergrund aktive Datenbank eingesetzt. Mittels dieser wird für jede/n BewerberIn ein Profil angelegt, da die relevanten Daten automatisch aus dem Lebenslauf gescannt und ins System eingespielt werden. So ergibt sich ein einheitliches Übersichtsblatt, auch die hochgeladenen Fotos sowie die Originalunterlagen sind sofort abrufbar. „Man sieht den genauen Verlauf, wann die Bewerbung eingetroffen ist, wie der Schriftverkehr war, ob es ein Gespräch gegeben hat, alles wird dokumentiert“, so Schulz weiter. Außerdem kann manuell digital notiert werden, wie das Gespräch verlaufen ist und ob bzw. warum ein/e andere/r BewerberIn bevorzugt wurde. Diese Informationen sind auch Jahre nach der erfolgten Bewerbung abrufbar. Wenn der Job also noch einmal ausgeschrieben wird, besteht die Möglichkeit, auf die damaligen BewerberInnen zurückzugreifen. „Die, die vorher in der engeren Wahl und nur um Nuancen schlechter als der oder die genommene BewerberIn waren, kann man direkt ansprechen, ob sie Interesse haben, weil man die Daten ja hat. Natürlich passiert das nur dann, wenn es schwierig ist, jemanden zu finden“, so Schulz. Wenn bei der ersten Ausschreibung nur wenige qualitativ hochwertige Bewerbungen eingegan-
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gen sind, wird diese Möglichkeit also in Anspruch genommen. Die aktive Kontaktierung von bereits registrierten KandidatInnen bleibt jedoch eher aus, wenn man damit rechnet, erneut eine hohe Anzahl an Bewerbungen von qualifizierten KandidatInnen zu erhalten, erklärt der Personalleiter. Eine derartige Datenbank bringt Unternehmen viele Vorteile, für die BewerberInnen kann diese aber durchaus bis extrem nachteilig sein. Eine schlechte Tagesverfassung und der damit verbundene schlechte Gesprächsverlauf können sich so auf Monate oder Jahre auswirken, genauso wie eine mögliche, rein persönlich begründete Antipathie des Interviewers oder der Interviewerin. Genauso wird das unter Beweis Stellen der persönlichen und fachlichen Weiterentwicklung der KandidatInnen so erschwert. Jobportal als Hemmschwelle? Da Jobportale schon länger existieren, wurde im Fall des „Niederösterreichischen Pressehauses“ die Vorerfahrung von anderen Unternehmen genutzt. Um den Bewerbungsprozess für die KandidatInnen möglichst einfach zu gestalten, sind die einzugebenden Daten über das Jobportal daher möglichst wenige. „Da ist die Hemmschwelle dann gering. Manchmal macht es aber durchaus Sinn zu sagen, man setzt mit einem kleinen Test oder Entscheidungsfragen bewusst einen Selektionsmechanismus, wenn man sonst zu viele Bewerber und Bewerberinnen hätte. Eine Vorselektion kann also stattfinden, sodass die, denen das schon zu mühsam ist, nicht infrage kommen“, so Schulz. Die absichtlich aufgebaute Hemmschwelle ist somit, aus Sicht der Unternehmen auf der Suche nach dem am besten geeigneten Personal, durchaus positiv zu bewerten, gleichzeitig kann auf Bewerberseite aber kritisch gesehen werden, dass mögliche Abbrüche bei der Dateneingabe nicht immer auf mangelndem Interesse beruhen, sondern auf Bedenken und Vorsicht in Bezug auf die eigenen Daten. Auch wenn die Gründe stark differieren, ist das Ergebnis der abgebrochenen und damit nicht berücksichtigten Bewerbung das gleiche.
Datenspeicherung in der Arbeitsplatzvermittlung Persönliche Daten bekanntzugeben ist nicht nur im gängigen Bewerbungsprozess unumgänglich; auch das österreichische Arbeitsmarktservice (AMS) arbeitet mit Daten, die in Lebensläufen verfügbar sind. Zusätzlich gibt das AMS Kurse, wie Lebensläufe und Motivationsschreiben aufgesetzt und formuliert werden sollten. Dabei wird auch Rücksicht auf die Datenschutzbestimmungen genommen, erläutert Thomas Pop, Geschäftsstellenleiter des AMS St. Pölten: „Die KundInnen brauchen jetzt beispielsweise nicht mehr anzugeben, welcher Religion sie angehören, das ist nicht notwendig und kann auch nicht verlangt werden. Zugleich werden die Lebensläufe, nicht aber die Bewerbungsschreiben, abgespeichert. Wir können jederzeit auf den Lebenslauf zurückgreifen: Das ist wichtig, da es unsere Aufgabe ist, diese Personen schnell wieder in den Vermittlungsprozess zu integrieren und dafür zu sorgen, dass sie einen Arbeitsplatz finden.“ Die Speicherung der Lebensläufe erfolgt in Form von Stammdatenblättern. Innerhalb dieser werden persönliche Daten sowie der Werdegang bis dato erfasst: Aus- und Weiterbildungen, Arbeitgeber und Dienstverhältnisse, wie oft das AMS aufgesucht wurde und wie viele und welche Kurse besucht wurden. Außerdem wird gespeichert, wie viele Bewerbungen mit welchem Ergebnis und einer Erklärung bei negativem Ausgang erfolgt sind. Die angeforderten Daten nicht preiszugeben, sei keine Option, da die gesetzlichen Regelungen eingehalten werden müssen und damit auch der Bezug des Arbeitslosengeldes einhergeht, so Pop weiter. Rechtliche Regelungen in der Arbeitsplatzvermittlung „Von den KundInnen stehen alle möglichen Daten in den Lebensläufen, die datenschutzrechtlich gedeckt sind. Wir sind das meistgeprüfte Institut in Bezug auf persönliche Daten“, sagt der Geschäftsstellenleiter. Aufgrund der vielen Kontakte mit persönlichen Daten sind auch Anzeigen wegen der Nichteinhaltung des Datenschutzgesetztes, besonders
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wegen rechtswidriger Vorankündigungen, keine Seltenheit. Bisher jedoch wurden alle Klagen bei der Datenschutzkommission gewonnen. „Alle Programme, die es heute gibt, alle Textierungen, alles was wir dem Kunden oder der Kundin mitgeben, ist unendlich oft gesetzlich auf Datenschutz geprüft.“ Bestimmte Daten müssten aber weitergegeben werden, wozu auch der Name gehört. Alles, was gegen das Diskriminierungsgesetz verstößt ist hingegen unzulässig. Dazu gehören etwa Angaben zu Krankheitsgeschichten, körperlichem Auftreten sowie der Religion. Außerdem müsse das Gleichbehandlungsgesetz im Hinblick auf Männer und Frauen im Bewerbungsprozess eingehalten werden.
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Conclusio Auch wenn die Möglichkeiten der Datenabfrage rechtlich eingeschränkt sind, ist es inzwischen auch im Bewerbungsprozess unerlässlich, ein Bewusstsein dafür aufzubauen, dass bekanntgegebene Daten über Jahre hinweg gespeichert werden. Ein kritischer Blick auf die eigene Bewerbung ist daher nicht nur in Bezug auf Formalitäten und den erzeugten ersten Eindruck zu empfehlen, sondern auch vor dem Hintergrund, dass die versendeten Dateien auch bei einem negativen Ausgang des Prozesses nicht so einfach wieder verschwinden. - Alina Staudner
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Gemeinsam erreicht: Jetzt tritt die Lohnsteuersenkung in Kraft. Wie viel Ihnen mehr bleibt, sehen Sie auf mehrnetto.arbeiterkammer.at
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Eine Legende im Ruhestand
Plötzlich ist niemand mehr da: keine KollegInnen zum Austausch über neue Forschungsbeiträge, keine Studierenden, die den Vorträgen lauschen? Wie groß ist die Motivation, auch noch im Ruhestand zu lehren oder zu forschen bzw. sich mit Daten auseinanderzusetzen? SUMO interviewte mit O. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang R. Langenbucher einen der bedeutendsten Kommunikationswissenschaftler im deutschsprachigen Raum. Nach der Emeritierung, wie man den Ruhestand bei UniversitätsprofessorInnen nennt, beginnt ein neuer Lebensabschnitt. So war es auch für Wolfgang R. Langenbucher, 1938 in Pforzheim geboren, der acht Jahre als Professor an der Universität München lehrte und danach von 1984 bis 2006 ein Ordinariat am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien (IPKW) innehatte und viele Jahre lang als Institutsvorstand wirkte. „Meine Emeritierung habe ich als einen wichtigen Abschnitt in meinem Leben betrachtet und von Anfang an erklärt, dass ich mein Institut besenrein verlasse, was ich auch gemacht habe.“ Jedoch haben WissenschaftlerInnen im Ruhestand das Recht, weiterhin Lehraufträge anzunehmen, sofern sie das möchten.
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ür Langenbucher kam dies allerdings nicht in Frage. „Ich bin eine jener Karrieren in unserem Fach, die mit dem Studium begonnen haben und nach der Assistentenzeit weitergegangen sind mit der Promotion und der Habilitation. Zwar habe ich alles Mögliche au-
ßerhalb gemacht, allerdings ohne die Universität je ernsthaft zu verlassen. Ich war Jahrzehnte lang mit Lehre, Forschung und Verwaltung beschäftigt und finde, das ist genug. Man soll das jetzt den Jüngeren überlassen.“ Kurz vor seinem Austritt hinterließ der Wissenschaftler allerdings ein Werk, welches einen ganz besonderen Titel trägt. „Damals beim Verlassen des Instituts hinterließ ich eine Informationsdokumentation und gab sie allen MitarbeiterInnen. Sie trägt den Titel: ‚Mein Vorlass’. In diesem Papier ist vieles dokumentiert an Interessen, die ich hatte, an Seminaren, die ich leitete, wo ich der Meinung war, das Thema könnte man weiter verfolgen. Wenn ich heute, zehn Jahre später, dieses Dokument prüfe, dann stelle ich fest, dass vieles von dem Inhalt heute genauso wenig aufgegriffen und erledigt ist, wie es damals war, als ich ausgeschieden bin.“ Aus diesem Grund möchte er sich in den nächsten Monaten die Aufgabe machen, diese einzelnen Themen aufzuspalten: Ein großes Thema wird die Kommunikationsfreiheit der Gesellschaft und
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ein weiteres die Kommunikator-Forschung sein. „Diese Überarbeitung wird dann an einzelne Kollegen und Kolleginnen weitergegeben, mit der Bitte, ob sie das weiterverfolgen und sich dafür interessieren könnten“, erzählt Langenbucher.
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nlässlich seiner Emeritierung erstellte der deutsche Kommunikationswissenschaftler Walter Hömberg, 1988 bis zu seinem eigenen Ruhestand im Jahr 2010 Inhaber des Lehrstuhls Journalistik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, seinem Kollegen zu Ehren dessen schier unglaubliche Bibliografie: rund 440 unselbständige Beiträge in Buch- und Zeitschriftenform, mehr als 20 selbständige Werke. Neben dem Verfassen weiterer Schriften hält Langenbucher noch gelegentlich Seminare oder spricht auf diversen Tagungen, wie unlängst in Münster am 60 Jahre-Jubiläumskongress der „Publizistik“, der wohl bedeutendsten kommunikationswissenschaftlichen Fachzeitschrift im deutschsprachigen Raum, dessen Mitherausgeber er von 1972 bis 2006 war. Auf einer Gedenkfeier für den anno 2014 überraschend verstorbenen IPKW-Vorstand (2006-2010) Hannes Haas berichtete er über das gemeinsame Projekt „Die Top-Ten des Buchjournalismus“ in der Zeitschrift für Journalismus „Message“. Nach der Emeritierung folgten einige Aufsätze, meist in Form von Festschriften, denn oft wenden sich ehemalige KollegInnen an ihn mit der Bitte, er möge doch an einem solchen Werk mitwirken. Diese Schriften werden WissenschaftlerInnen an ihren runden Geburtstagen im „fortgeschrittenen“ Alter ausgehändigt, um sie zu ehren. „Demnächst muss ich wieder einen solchen Aufsatz für eine Festschrift schreiben. Aber schon beim gedanklichen Vorbereiten des Schreibens habe ich mir eigentlich vorgenommen, solchen Anfragen nie mehr zuzusagen, weil es mich in meinem jetzigen Leben stört, wenn ich solche Verpflichtungen auf mich nehme.“
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uf die Frage, ob dem ehemaligen Universitätsprofessor Kontakte aus seiner aktiven Zeit fehlen beziehungsweise ob er noch viele
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aufrechterhält, antwortet er, dass ihm einige wenige AbsolventInnen im Auge geblieben sind – vor allem jene, die Karriere gemacht haben. Der Kontakt zu zehn bis zwölf ehemaligen KollegInnen wird hauptsächlich via E-Mail gepflegt. Jedoch gebe es auch hier und da persönliche Treffen, zum Beispiel in einem Wiener Kaffeehaus. „Ende Jänner oder Anfang Februar 2016 schicke ich aus meiner Münchner Wohnung eine Einladung, die unter dem Motto steht: ‚Nostalgische Erinnerungen an alte Zeiten’, da kommen sowohl ein paar alte Kollegen, als auch damals junge, heute 50-60-jährige Absolventen“, so Langenbucher.
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elchen Interessensgebieten widmet sich der emeritierte Wissenschaftler in seiner Freizeit? Theaterbesuche, Klassikkonzerte in Wien, München, Zürich. „Ich habe eine große Musiksammlung, vor allem von Jazz. Insgesamt habe ich viel mehr gekauft, als ich jemals in meinem Leben noch vernünftigerweise hören kann. Außerdem prägt mich meine schon sehr lang andauernde Affinität zur modernen Literatur, angefangen mit dem Roman ‚Frost’ von Thomas Bernhard. Mein Ziel ist es, alle seine Werke zu lesen, die Hälfte habe ich bereits geschafft. Heimito von Doderer, Richard Ford oder amerikanische Gegenwartsliteratur zählen ebenfalls zu meinen großen Interessengebieten.“ So sieht also das Leben eines Wissenschaftlers im Ruhestand aus. Zu tun gibt es immer etwas, ob man will oder nicht. Man könnte fast sagen, die Arbeit kommt auf einen zugeflogen. Der Tatsache, im Alter von beinahe 80 Jahren noch dermaßen aktiv und agil zu sein, gehört Bewunderung geschenkt. Selbst wenn man beschließt, das Vortragen und Forschen endgültig sein zu lassen, ergibt sich doch jedes Mal wieder eine neue Gelegenheit, um dies doch zu tun. Das Klischee, dass der Alltag jedes Pensionisten zyklisch eintönig oder einsam ist, kann man somit getrost verabschieden. Das Leben von Wolfgang R. Langenbucher ist bestimmt vieles, nur das nicht: Er ist eben Wissenschaftler mit Leib und Seele. - Julia Gerber
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#Journalist #RastlosRuhestand <<
Einmal Journalist, immer Journalist? Artikel schreiben. Interviews führen. Daten sammeln. Kontakte pflegen. Der Beruf JournalistIn bringt einiges mit sich. Doch wie ergeht es ihnen mit all den gesammelten Kontakten, Daten und Fakten im Ruhestand? Juckt es noch zu schreiben bzw. von außen zu kommentieren? KURIER-Sportredakteur Wolfgang Winheim schreibt seit mehr als 45 Jahren für die Tageszeitung und stand für SUMO Rede und Antwort. SUMO: In einem Artikel der „Katholischen Medien Akademie“ (KMA) aus dem Jahr 2013 stand, dass Sie sich in Bälde von der „KURIER“-Redaktion verabschieden. Nun sind sie allerdings immer noch hier. Wie kam es dazu? Wolfgang Winheim: Das stimmt. Vor zweieinhalb Jahren habe ich meinen Abschied angekündigt, jedoch mich kurz darauf anders entschieden und beschlossen als freier Mitarbeiter weiterzumachen. Diesen Schritt werde ich demnächst allerdings tatsächlich realisieren und mich aus dem aktiven Geschäft zurückziehen. Irgendwann muss man sich eingestehen, dass der Zeitpunkt zum Aufhören gekommen ist. Vor allem im Sportjournalismus muss man stets hellwach sein und viel reisen. Dies wird auf Dauer ziemlich anstrengend. SUMO: Demnach hatten Sie nicht immer vor, nach dem Ruhestand weiterhin aktiv zu sein? Ich habe eigentlich immer vorgehabt, solange zu arbeiten, wie es gesetzlich vorgeschrie-ben ist, im Idealfall noch darüber hin-
aus, was natürlich von körperlicher und geistiger Fitness abhängt. Ich war immer schon ein sehr ehrgeiziger Mensch und bin sehr früh in das Berufsleben gestartet. Für mich war es immer eine Sache des Stolzes zu arbeiten bzw. viel zu arbeiten. Grob geschätzt, war ich in 50 Jahren vielleicht fünf Tage im Krankenstand und habe keinen Feiertag ausgelassen. Gesetzlich darf man sich zusätzlich zur Pension ohnehin nicht viel dazuverdienen, deshalb arbeiten die Wenigsten aus meiner Branche aus finanziellen Gründen weiter. Die Gagen sind eigentlich lächerlich. SUMO: Sie werden sich nun bald nach fast fünf Jahrzehnten aus dem Geschäft zurückziehen. Glauben sie, dass es dann jucken wird zu schreiben, zu kommentieren? Vielen Journalisten wird vorgeworfen, dass sie nicht loslassen können. Dies stimmt zum Teil und es wird auch mir so ergehen. Man ist jahrzehntelang gewohnt, sein Wissen anderen mitzuteilen. Ähnlich wie bei einem Sportler, welcher es gewohnt ist, sich fit zu halten
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>> #Journalist #RastlosRuhestand
und gesund zu ernähren. Nach deren aktiver Zeit können sich viele nicht mehr umstellen und führen dieses Leben fort. Ein Journalist hat ein gewisses Mitteilungsbedürfnis, welches er befriedigen will. Im Ruhestand wird es nun schwieriger, dieses Bedürfnis zu befriedigen. SUMO: Sie haben in dem Artikel der KMA von 2013 auch erwähnt, dass Sie Angst vor dem Ruhestand haben. Haben Sie Angst etwas zu versäumen bzw. über etwas nicht berich-ten zu können? Ich höre von vielen Kollegen, dass diese nach ihrer aktiven Zeit in ein Loch fallen, auch ich habe davor Angst. Wenn man aber so viel erlebt und gesehen hat wie ich, ist die Angst etwas zu versäumen nicht sehr groß. Ich habe von fast 20 Olympischen Spielen und ebenso vielen Welt- und Europameisterschaften berichtet. Außerdem weiß ich, dass man es als Journalist heutzutage schwieriger hat. Zum einen gibt es weitaus mehr Medien als früher, die Konkurrenz wird also zweifellos immer größer und auch besser, da das Ausbildungsniveau der
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Journalisten steigt. Fehler wurden früher häufiger toleriert, das Geschäft ist rücksichtsloser geworden. Zum anderen kommt man aufgrund strenger Sicherheitsmaßnahmen kaum noch an wichtige Akteure heran, vor allem im Sportjournalismus. Demnach beneide ich die nachkommenden Journalisten nicht wirklich, zum Teil bedauere ich sie sogar, da sie es wesentlich schwieriger haben als meine Generation. SUMO: Kommen Sie als erfahrener Journalist in Situationen, in denen Sie sich denken, man hätte besser recherchiert, besser geschrieben? Es gibt viele Journalisten, welche dazu neigen, neue Zeitungen, Magazine oder Artikel sofort zu kritisieren. Ich zähle allerdings nicht dazu. Ich versuche stets das Gute in einem Artikel zu suchen. Viel mehr ärgere ich mich, dass ich etwas nicht so gut geschrieben habe oder bestimmte Informationen schlichtweg nicht hatte. Zudem weiß ich aus Erfahrung, dass Journalisten oft unter sehr stressigen Bedingungen arbeiten, vor allem wenn sie vor Ort berichten. Da muss man hellwach sein, Geschehnisse rasch
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aufnehmen und zum Teil sofort niederschreiben. Mit diesem Hintergrundwissen neige ich dazu, nicht übereilt zu urteilen. SUMO: Nun sammelt man im Laufe der Jahre Unmengen an Daten, Fakten und Informationen. Wie gehen Sie mit diesen um? Viele epochale, wichtige Sachen speichere ich automatisch im Kopf ab. Man muss dazusagen, dass es mittlerweile, vor allem in der Welt des Sports, eine Inflation an Ereignissen gibt. Früher gab es wenige, dafür sehr ausschlaggebende, welche einem für immer in Erinnerung bleiben. Heutzutage begegnen wir einer Flut an Geschehnissen und Informationen. Durch die Fortschritte in der Kommunikation und generell dank der Globalisierung erhält man Fakten aus aller Welt binnen kürzester Zeit. Es ist schwierig, alle Informationen aufzunehmen und abzuspeichern. SUMO: Wie wichtig war es in Ihrem Beruf, bestimmte Kontakte zu pflegen? Darauf war ich eigentlich immer sehr bedacht. Wenn man zu einer Person eine Art Beziehung aufbaut, freuen sich diese meistens sich mit dir zu treffen und bei einem Kaffee etwas erzählen zu dürfen. Vor allem junge Leute neigen dazu, da sie es zu schätzen wissen, dass sich überhaupt jemand für sie interessiert. Von solch guten Kontakten profitiert ein Journalist natürlich, da man gewisse Informationen erhält, welche der Rest der Öffentlichkeit vermutlich nicht mitgeteilt bekommen hätte. Gefährlich wird es, wenn man einem Menschen zu nahe steht. Da fällt das Urteil schon mal milder aus, was auch mir des Öfteren vorgeworfen wurde. Da man heutzutage ohnehin kaum noch an wichtige Personen herankommt und die Zeitungen aus Kostengründen immer weniger Außenreporter vor Ort schicken, neigen Journalisten dazu, Akteure rasch und rücksichtslos zu kritisieren; sie werden medial vernichtet, möchte ich fast sagen.
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Freundschaften entstanden, welche sie nach ihrer aktiven Zeit weiterführen werden? In manchen Fällen haben sich tatsächlich Freundschaften fürs Leben entwickelt. Mit eini-gen Leuten habe ich gemeinsam Urlaube verbracht, obwohl ich nichts mehr über diese zu schrei-ben hatte. An meinem 50. Geburtstag gab es ein großes Fest, zu dem ungefähr zehn Skiweltmeis-ter erschienen sind. Das ist natürlich schön und ehrt einen auch. Es gibt mir das Gefühl, dass ich einiges richtig gemacht habe in meinem Beruf. - David Pany
SUMO: Sind aus bestimmten Kontakten auch
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>> #Schönheit #Medienbranche
Beauty Scan – Schönheit im Journalismus Schönheit ist schwer zu definieren. Sie hat viele Facetten, wird von Kultur zu Kultur und von Individuum zu Individuum unterschieden. Es ist kaum möglich, ein allgemein gültiges Ideal zu erstellen. Wie aber ergeht es Journalistinnen mit Schönheit als „Datum“ im lateinischen Sinn: als Gegebenes – oder geforderte? Ulrike Weish, Medienaktivistin der Plattform „20000frauen“ sowie Expertin der Wiener Watchgroup gegen Sexismus in der Werbung und Lektorin am Institut für Publizistikund Kommunikationswissenschaft der Universität Wien, zählt im Gespräch mit SUMO drei historisch gewachsene Schönheitsansätze auf. Der erste Ansatz hat seinen Ursprung in der griechischen Antike: Das Wahre ist schön und das Schöne ist wahr. Laut diesem Ansatz ist ein schöner Mensch gut und Schönheit wird mit Göttlichkeit und Tugend gleichgesetzt. Die zweite These hält dagegen und postuliert, dass Schönheit nicht für jeden gleich zugänglich sei. Das heißt, dass Schönheit auch verborgen sein kann, durchaus auch unter etwas Hässlichem. Der dritte Ansatz beschäftigt sich wirklich mit dem Äußeren, der Ästhetik und Symmetrie, jene der Gesichtszüge, ein harmonisches Verhältnis der Gliedmaßen, usw. In der postmodernen Welt überlappen sich diese Ansätze. Generell gilt, alles was schwer zu erreichen beziehungsweise selten ist, gilt auch als schön. Als großer Hunger geherrscht hatte, waren fülligere Körper schön, heute haben wir das umgekehrte Phänomen.
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Laut Untersuchungen und gemäß Beobachtungen der ORF-Fernsehmoderatorin Claudia Reiterer achten 97% des Publikums auf Aussehen, Mimik und Gestik der Moderatorin bzw. des Moderators. Da bleiben nur mehr verschwindende 3% an Aufmerksamkeit für den Inhalt, so die Journalistin im Interview mit SUMO. Durch diese vermehrt optische Wahrnehmung hat das Thema Schönheit in der Medienwelt eine klare Berechtigung. Die Gattung. in der Schönheit die größte Rolle spielt ist das Fernsehen. Weish grenzt das Schönheitsideal im Fernsehen klar ein: Eine Nachrichtensprecherin muss schöne volle Lippen, große kindliche Augen, glänzende Haare und eine reine Haut haben. Die Forscherin bemerkt außerdem eine Vorliebe für wenig markante Gesichtszüge. Die Journalistin und Moderatorin Claudia Reiterer sieht dieses Bild nicht ganz so eng: Die perfekt aussehende Journalistin oder den perfekt aussehenden Journalisten gebe es nicht. Die RezipientInnen wollen sowohl blonde, als auch dunkelhaarige, sowohl dünne, als auch stärkere JournalistInnen vor den Bildschirmen. Ihr ist es wichtig, dass das gesellschaftliche Bild genauso im Fernsehen dargestellt wird. Der
#Schönheit #Medienbranche <<
ORF setzt auch in den letzten Jahren verstärkt auf die Vielfalt des äußeren Erscheinungsbildes der Moderatorinnen und Moderatoren. Generell sind Geschmäcker freilich verschieden. Der eine findet die Moderatorin schöner, die eine die andere. Ein Fernsehsender, der sich nach möglichst hohen Quoten orientiert, wird aber womöglich mehr auf den Wunsch der Masse eingehen, als auf den des Individuums. Fakt ist, dass man im Fernsehen viel am Äußeren beachten muss. Eine Moderatorin wie Reiterer darf sich zwar grundsätzlich ihre Garderobe aussuchen, muss aber aufpassen, ob das Muster im Fernsehen auch funktioniert. Jene die am Bildschirm flimmern, sind zu vermeiden, ebenso wie „Nude“-Farben, da diese am Bildschirm leicht aussehen, als hätte man nichts an. Das Outfit muss dann schlussendlich auch zur Dekoration passen. Seit High Definition benötigt man auch länger in der Maske, denn dank der hohen Auflösung sieht man jede Falte und jeden Pickel. Die Männer müssen sich sogar zweimal am Tag rasieren, weil man sonst die Bartstoppeln sieht. „Ich lasse mich im wahrsten Sinne des Wortes nicht beschneiden.“ (Claudia Reiterer) Die Moderatorin musste im Zuge ihrer Arbeit schon harte Kritik in Sachen Schönheit einstecken. 2003/2004 moderierte sie den „Report“, als sie von einer Woche auf die andere abgesetzt wurde, weil sie ihre Haare nicht abschneiden wollte. Begründung: lange blonde Haare würden unseriös wirken. Nachdem Reiterer nicht nachgegeben hatte, wurde sie nach drei Monaten nochmal angerufen. Man bot ihr an, weiter den „Report“ zu moderieren, wenn sie ab sofort mit hochgesteckten Haaren moderieren würde. Dem nicht genug. Nachdem sie kurz nach ihrer Karenz die „Pressestunde“ moderiert hatte, wurde sie zu ihrem Vorgesetzten gerufen. Der kritisierte ihre starke Gewichtszunahme im Zuge der Schwangerschaft, sie sei eine „Beleidigung für das Auge des Zuschauers“. Nach dieser harten Kritik schaltete sie die Gleichbehandlungskommission ein,
verzichtete dann aber auf eine Klage. Strenge Schönheitsvorgaben gelten aber nicht für beide Geschlechter gleichermaßen. Während Männer oft nach Charisma oder Vorwissen rekrutiert werden, sind Frauen meist nur das schöne Accessoire. „Männer und Frauen werden noch immer unterschiedlich behandelt.“ (Claudia Reiterer) Weish sieht aber auch hier einen Wandel. Heute verfallen auch Männer dem Schönheitskapitalismus und müssen sich gesellschaftlichen Schönheitsvorstellungen wie Muskelansatz, ebenmäßige Haut und einer dunkel Stimme anpassen. Die Kommunikationswissenschaftlerin beobachtet einen generellen Wandel in der Medienwelt: Während die Arbeiten früher in Redaktion und Moderation weitgehend miteinander verschwammen, entfernen sich diese beiden Bereiche heute immer mehr voneinander. Mit ihren Erfahrungen aus der Praxis gibt Reiterer auch den Tipp, den Job von der Pike auf zu lernen, nur so werde man später auch eine gute Moderatorin oder ein guter Moderator – jenseits der Schönheitsdaten. Der hohe Stellenwert der Schönheit in der Medienbranche lässt sich im Fernsehen leicht begründen. In anderen Gattungen wie zum Beispiel dem Printjournalismus gibt es das Phänomen des „Augenaufschlagjournalismus“: Dabei handelt es sich um eine sehr alte Strategie, in der man einen schönen „Lockvogel“ benutzt, um Interviewpartnern, meist Männer in mächtigen Positionen, mit naiven Fragen Aussagen zu entlocken, mit denen man sie dann erpressen kann. Die Medienbranche, ein hartes Pflaster. Trotzdem sehen weder Reiterer noch Weish für besonders schöne Menschen einen wesentlichen Vorteil. Schönheit ist nur eine Hülle, die im ersten Moment vielleicht positiv irritiert, aber dann doch nicht darüber hinweg täuscht, wenn nichts an Intelligenz oder Vorbereitung vorhanden ist. Ausschlaggebend sind das Charisma – und das „Gesamtpaket“. - Tamara Hendrich-Szokol
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Emoji – die ikonische Revolution
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>> #Emoji #IkonischeDaten
Alles begann mit einem simplen Smiley. Heute gibt es unzählige Bilder, die unsere digitale, mobile Kommunikation beherrschen: Emoji und Emoticons. Doch welche Beweggründe stecken hinter der Verwendung der Zeichen, die unsere schriftliche Kommunikation lebendiger machen? Emoji versus Emoticon Der Ursprung des Emoji datiert auf 1990. Der japanische Programmierer Shigetaka Kurita hat das Emoji für Mobiltelefondisplays entwickelt und sich von Straßenbildern, Manga Comics und chinesischen Schriftzeichen inspirieren lassen. Margarita Köhl, Kommunikationswissenschaftlerin an der Universität Wien, charakterisiert die Entwicklung in Japan als Gegenkultur zur dominanten Erwachsenenkultur; als eine Art Geheimsprache der Jugend, die einerseits Sprachkonventionen auf die Schippe nimmt und andererseits traditionelle Regeln der japanischen Kommunikation aufrechterhält. Dabei wird das Emoji in Japan auch enthusiastischer als in anderen Ländern genutzt, verweist die Expertin. Emoji bedeutet aus dem Japanischen übersetzt illustrierte, bildliche Darstellung. Hingegen definiert sich das Emoticon als bildliche Darstellung, die Gesichtsausdrücken gleicht. Ersteres kann jede Art von Gegenstand oder Symbol darstellen, wie eine Krone oder ein Piktogramm. Emoticons sind immer gelb illustrierte Rundungen mit Gesichtsausdrücken, wie beispielsweise das Freudentränen-Emoji. Beide sind Bestandteil der rasant wachsenden
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digitalen Bildersprache und laut der offiziellen Unicode Consortium-Website seit 2010 im Unicode aufgenommen. Dieser ist ein internationaler Standard, der bekannte Schriftzeichen oder auch Textelemente als digitale Codes beinhaltet. Das für die Code-Vergabe zustände Konsortium entscheidet darüber, welche Symbole in die digitale Kommunikation aufgenommen werden. Es besteht aus VertreterInnen von großen IT-Firmen und Userverbänden, Vollmitglieder etwa sind Apple, Facebook, Google, Microsoft und IBM. Die Kriterien nach denen sich dieser Verbund richtet, um Darstellungen in den Unicode aufzunehmen sind unter vielen anderen die Eindeutigkeit des Emoji, dessen Metaphorik und Vollständigkeit. Wissenschaftliche Befunde zu Beweggründen Emojis zu verwenden. Die Bedeutung eines Emoji ist stark kontextabhängig. Köhl, die sich in ihrer eigenen Forschung mit emotionalen Ressourcen in digitalen Netzwerken auseinandergesetzt hat, versteht den Interpretationsspielraum sowohl als Funktion, als auch als Dysfunktion. Emoji können irreführend sein und zu Missverständnissen führen, jedoch auch ergänzend zu text-
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schickt ist und auch viel vermitteln kann. Unter anderem erwähnt sie in diesem Zusammenhang die Enthemmungseffekte oder im Fachjargon „Disinhibition“. Dieser Effekt besagt, dass es einfacher ist, emotionale Themen via ChatApp zu artikulieren als Face-to-Face. Das Forschungsprojekt „Distanzierte Verbundenheit als neue Sozialform? Vom Wandel der Intimität in konvergierenden Medienumgebungen in Asien“ von Margarita Köhl und Gerit Götzenbrucker an der Universität Wien befasst sich mit dieser „distanzierten Verbundenheit“: Negative Emotionen im Zuge der Face-to-Face-Kommunikation auszusprechen wird im asiatischen Kontext als negativ bewertet; durch digitale Kommunikation kann dabei eine soziale Barriere überschritten werden. Die österreichischen Befragten nutzen die digitale Kommunikation weniger dazu, Emotionen offener zu artikulieren. Sie verwenden soziale Netzwerke, um Kontakte zu sammeln und in gewisser Weise ein „soziales Pedal zu akkumulieren“. Emoji stillen das Bedürfnis der kommunikativen Flui-
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basierter Kommunikation als Mehrdeutigkeit angeführt werden. Ein Bild kann ihrer Auffassung nach durch diesen Interpretationsspielraum viel subtiler eine Information oder ein Gefühl vermitteln, die oder das in Worte kaum zu fassen ist. Jedoch spielt bei der Interpretation von Emoji der kulturelle Hintergrund eine wichtige Rolle. Hierbei muss gelernt sein, welches Emoji an den/die KommunikationspartnerIn geschickt wird, darüber hinaus wie ein Emoji verstanden wird und auch, dass bei der Nutzung sich kulturelle Unterschiede ergeben. Aufgrund dessen haben Emoji laut der Expertin Erfolg, wenn sie spezifisch lokalisiert sind. Zum Beispiel gibt es für China andere Emoji als für Russland, denn in einem gewissen lokalen Rahmen werden bestimmte Emoji verwendet, die woanders einerseits nicht verwendet werden und andererseits falsch verstanden werden könnten. Christian Gutschi, Medien- und Kinderpsychologe sowie Schriftexperte in Wien, sieht die Hauptfunktion von Emoji und Emoti-
cons darin, Gefühle spürbar auszudrücken. Die Sprache stelle dafür ein schlechtes Instrument dar, während Emoji helfen, dieses Bedürfnis verwirklichen zu können. Eine weitere Funktion sei laut Köhl, dass ein Bild sehr rasch ver-
dität durch ständigen kommunikativen, bildlichen Austausch. Durch dieses „soziale Rauschen“ findet eine emotionale Einbettung statt. Nach Christian Gutschis Forschungsbefunden hat der imitierte Gesichtsausdruck einen gro-
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>> #Emoji #IkonischeDaten
ßen Einfluss auf die Beweggründe von NutzerInnen, Emoji zu verwenden. Durch das Senden von Emoji und Emoticons kann der fehlende Gesichtsausdruck in der schriftlich mobilen Kommunikation kompensiert werden. Gesichtsausdrücke stellen eine Gefühlssprache dar und können durchaus kulturübergreifend Gefühlen zugeordnet werden. Dennoch kompensieren Emoji und Emoticons den nicht vorhandenen Gesichtsausdruck nur und vermögen ihn nicht zu ersetzen, Emoji seien demanach etwas „Reduziertes“. In seiner Dissertation erforschte Gutschi die Wirkung von Druckschriften, sowie die Unterschiede in der Wahrnehmung von bildlicher vs. sprachlicher Codierung der Emotionen. Im Gespräch mit SUMO erörterte er auf dieser Basis, dass bildliche Codierung stärker ist, sobald es um den Faktor der Emotionalität geht. In allen untersuchten Sprachen (Englisch, Deutsch, Ungarisch) wurde das Forschungsergebnis belegt; eine Kombination von textlicher und bildlicher Darstellung ist jedoch am stärksten im Sinne des emotionalen Ausdrucks. Emoji und Emoticons in der Kinderpsychologie Die schwedische Kinderhilfsorganisation Barnens Rätt i Sanhället (BRIS) unterstützt Kinder in schwerwiegenden psychologischen Krisen via Smartphones, Chats und E-Mails. Sie hat 2015 eine Smartphone-Tastatur entwickelt, die Kinder helfen soll, durch sogenannte „Abused Emoji“ ihre Missstände auszudrücken,
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ohne Worte verwenden zu müssen. Gutschi ist von dem Projekt positiv überzeugt, da „sich jemand Gedanken gemacht hat, wie Kinder kommunizieren“. Kinder und Jugendliche fühlen sich in der Symbolsprache wohl, die auch häufig Einsatz in der Kindertherapie findet, um die Sprachbarriere zu durchbrechen: „Es ist schwieriger zu sagen, mein Papa oder meine Mama schlägt mich, als ein Symbol dafür auszusuchen“, so der Kinderpsychologe. Obwohl Köhl und Gutschi von der Funktion des Sprachbarriere-Bruchs überzeugt sind, verneinen sie, dass diese Bildsprache eine universelle Sprache darstelle. Nach ihrer Expertise gilt dies zwar für ein standardisiertes Set von Emoji, welches ermöglicht, die 7 Grundgefühle der Psychologie (Freude, Trauer, Verachtung, Ekel, Angst, Wut, Ärger) zu verbildlichen. Köhl betont einerseits die Verwendung von lokalen Emoji und andererseits die These, dass Emoji und Emoticon eine eigene Bildsprache darstellen, die auf einen größeren dahinterliegenden kulturellen Wandel verweist – den „Pictorial/Iconic Turn“. Durch diesen Wandel zur Hinwendung zu Bildern entstehen neue Kompetenzen und neue Kommunikationswege. Die traditionelle Schriftsprache hat sich bereits verändert und wird auch in Zukunft durch neue Funktionen und Formen bereichert werden. Emoji und Emoticons werden dabei wahrscheinlich eine noch größere Rolle in unserer schriftlichen Kommunikation spielen. - Katja Vertetics
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#Storytelling #transmedial #Kinder <<
Vom Geschichten erzählen zum Storytelling Geschichten verleihen Sachverhalten Bedeutung und erwecken die Aufmerksamkeit des Publikums. Doch einfaches Geschichten erzählen ist nicht gleich Storytelling. Es will gelernt sein – seitens der ProduzentInnen wie RezipientInnen – und wird transmedial. Storytelling lässt sich mittels einiger Kriterien erklären. Laut Christian Schwertz, Professor für Medienpädagogik am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien, beschäftigt sich Storytelling mit Geschichten aus dem Alltag. Diese Geschichten sind oft an Medien gebunden, sei es ein Film, ein Text oder auch eine zusammenhängende Bilderfolge. Storytelling wird grundsätzlich von jedem Medium ausgeführt, in der Praxis aber seien es seiner These nach ausschließlich audiovisuelle Inhalte, die online verfügbar sind, so Schwertz im SUMO-Interview. Der Begriff „Storytelling“ ist allerdings kein trennscharfer und außerdem fluide: Er ist ein Begriff der Praxis und wird immer wieder neu interpretiert, je nachdem, was ausgedrückt werden soll. Storytelling in Kinderbüchern und Schulen Für den österreichischen Roman- und Kinderbuchautor Michael Stavaric liegt der Ursprung des Storytellings bei klassischen Lagerfeuergeschichten, in denen ein weiser, alter Mann von seinem Leben erzählt. Grundlegend für Storytelling ist auch, so der Autor im SUMO-Gespräch, dass am Ende der Geschichte
eine Moral aus dieser resultiert. Das klassische Unterrichten in der Schule oder an der Universität kann auch als Storytelling bezeichnet werden. Bei der Vorbereitung werden Ziele und Inhalte festgesetzt, die vermittelt werden sollen. Der Fokus auf die Zielgruppe ist dabei von hoher Bedeutung, weil auf ihre Vorerfahrungen angeschlossen werden muss. Es ist wichtig, sie an das Thema heranzuführen und dabei ihre Neugierde zu wecken. Geforderte Kompetenzen auf beiden Seiten Storytelling ist aber nicht nur Erwachsenen – AutorInnen oder Erziehungsberechtigten – überlassen. Im Zeitalter der transmedialen Wirklichkeit, in der Inhalte über mehrere Mediengattungen vermittelt werden, wird es auch für Kinder immer wichtiger, die Disziplin des Storytellings zu beherrschen. Konkret ist die Selbstinszenierung das Instrument für Kinder und Jugendliche, mit dem sie ihre eigene Story erzählen. In dieser konvergenten Medienlandschaft sind Kinder und Jugendliche gefordert, neue Kompetenzen zu erwerben. Dabei stehen sie jedoch vor einer großen Herausforderung. Einerseits sollten möglichst wenige persönliche
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>> #Storytelling #transmedial #Kinder
ansprechen muss. Kinder bevorzugen bei Büchern vor allem die Themen Tiere, Fabelwesen und Monstergestalten. Das zweite große Thema ist die Familie, die hier oft in Verbindung mit Tieren steht, zum Beispiel in Form eines Familienhundes. Aber auch ernste oder schwierige Themen werden von Stavaric behandelt. Eines, das bei Kindern in frühen Jahren schon präsent sein kann, ist der Tod. Diesbezüglich stellte er eine divergente Geschlechterrolle fest: In Sprachen, in denen der Tod einen männlichen
Öffentlichkeit werden, mit deren Ausübung jedoch Verantwortungen verbunden sind. Kompetenzen werden aber auch durch „gewöhnliche“ Geschichten geschaffen. Kindergeschichten zu entwickeln, zu verfassen und zu illustrieren ist eine große Kunst. Michael Stavaric beschäftigt sich sehr lange mit der Idee, die dem Buch zugrunde liegt, um einen Zugang zu seinen LeserInnen zu schaffen. Er geht davon aus, dass Kinder und Erwachsene das Buch gemeinsam lesen, weshalb es Erwachsene genauso
Artikel hat, wird er als Sensen- oder Knochenmann dargestellt. Dagegen hat er in Sprachen mit weiblichem Artikel die Rolle der guten Fee inne. Stavaric hat sich folglich entschieden den Tod in seinem Buch „Die kleine Sensenfrau“ weiblich darzustellen.
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Daten online gestellt werden, andererseits sollten Kinder und Jugendliche, um zu mündigen MedienrezipientInnen heranzuwachsen sich an der öffentlichen Diskussion beteiligen. Sie sollen Meinungen zu gesellschaftlichen und politischen Debatten entwickeln und auch kundtun. Beteiligungen an der öffentlichen Diskussion gehen Hand in Hand mit Feedback, mit dem Kinder entsprechend umgehen müssen. Christian Schwertz postuliert, dass viele Personen durch Selbstinszenierung zu einer Person der
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„Warum sollte die Mama nicht Autos reparieren und der Papa kochen?“ (Michael Stavaric) Die Geschlechterfrage beschäftigt ihn generell. Er kritisiert, dass in Kindermedien
#Storytelling #transmedial #Kinder <<
viele gesellschaftliche Rollenklischees dargestellt und somit Themen speziell für Jungen oder Mädchen konzipiert werden. Die Klassiker bei Jungen sind abenteuerlich gestaltete Inhalte, während sich Geschichten bei Mädchen auf Schönheit und Haushalt konzentrieren. Die Frage ob diese Interessen angeboren oder anerzogen sind, spaltet nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Meinungen der ExpertInnen. Während Stavaric konstatiert, dass das Einnehmen der Geschlechterrolle durch Erziehung geprägt ist, behauptet Christian Schwertz, dass ein Teil entweder Jungen oder Mädchen angeboren ist. Der Medienpädagoge sieht außerdem diese Frühsozialisierung in die Gesellschaft nicht problematisch: Im Gegenteil sei es das Ziel der Pädagogik, sich der Geschlechterrollen und deren gesellschaftlicher Verortung bewusst zu werden. Seiner Ansicht nach versuchen Medien beide Geschlechter gleichermaßen anzusprechen, da eine möglichst hohe Nutzung erreicht werden soll. Bei der Rezeption hätten Kinder ohnehin die Wahl, welche Inhalte sie favorisieren. Er spricht den Kindern und den Eltern gar so viel Selbstbestimmung zu, dass sie sich genau bewusst seien, welches Klischee sie in der Gesellschaft erfüllen. Passen sie nicht in dieses Klischee, liege es ihnen jederzeit frei, daraus auszubrechen. Bezogen auf die Rezeption von Inhalten, könne sich jedes Kind gegen Medien entscheiden, die jenes geschlechtsspezifische Bild vermitteln, mit dem es nicht einverstanden ist. Christian Schwertz geht sogar noch weiter und behauptet, dass sich Kinder ihrer Geschlechterrolle in der Gesellschaft nicht nur bewusst seien, sondern diese auch gezielt einsetzen. Um sich seine These besser vorstellen zu können, skizziert er ein Beispiel aus seinem privaten Leben. Seine Söhne beobachteten im Zuge eines Onlinespieles, dass weibliche Charaktere viel mehr Hilfestellungen von anderen Mitspielern bekommen und somit einen klaren Vorteil haben. Um davon zu profitieren, erstellten sie weibliche Charaktere. Die Frage, ob Frauen und Männern gewisse Eigenschaften angeboren sind oder nicht, wird seit jeher aufgeworfen. Auf der einen Seite wird heute gefordert, dass traditionelle Rollen-
bilder der Vergangenheit angehören und kritisch betrachtet werden müssen. Im Zuge dessen können und sollten Medien auch gezielt dagegen wirken, um eine möglichst geschlechtsneutrale Umgebung zu schaffen, in der sich Kinder selbst (er)finden können Auf der anderen Seite sind Medieninhalte bereits geschlechtssensibel bzw. für Jungen wie Mädchen gedacht. Kinder sind diesem Ansatz nach in der Lage, ihre Rolle in der Gesellschaft bewusst wahrzunehmen und bei Wunsch auch auszubrechen. Letztendlich geht es aber beim Storytelling darum, Kindern die Welt zu erklären. Insofern hat sich im Laufe der Zeit das Motiv Geschichten zu erzählen nicht verändert. Bloß werden sie nicht mehr am Lagerfeuer erörtert, sondern in Form diverser Mediengattungen. Und schlussendlich hat jedes Kind seine eigene Story und sollte sie zeitgemäß erzählen können und dürfen. - Tamara Hendrich-Szokol / Katja Vertetics
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Impressum Medieninhaberin: Fachhochschule St. Pölten GmbH c/o SUMO – Das Magazin Matthias Corvinus Straße 15 3100 St. Pölten Telefon: +43(2742) 313 228 - 261 Telefax: +43(2742) 313 228 - 339
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Quelle: Frederic Zimmel
Redaktion SUMO: Laura Dietrich, Julia Gerber, Christina Guggenberger, Tamara Hendrich-Szokol, Sofie Hörtler, Selina Leiss, Katharina Lohninger, Jérémie Machto, Eva-Maria Milgotin, David Pany, Astrid Schipfer, Valerie Schlagenhaufen, Katharina Schwab, Daniel Seknicka, Alina Staudner, Larissa Tretter, Katja Vertetics, Stefanie Wurzer, Adiamin Zahic, Frederic Zimmel, Paris Zinner, Anna Zwiauer, Alexander Zwiefler
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MOBILE MARKETING Anzahl der Smartphone User weltweit (2015*) NORDAMERIKA
57%
WESTEUROPA
54%
ZENTRAL- & OSTEUROPA
44%
LATEINAMERIKA
29%
ASIEN - PAZIFIK
27%
NAHER OSTEN, AFRIKA
10%
WELTWEIT
28%
bis 2018* steigt die Anzahl der Smart-Phone User auf
2,6 Mrd.
*Prognose
Prognostizierte Ausgaben für Mobile Advertising in Millionen $
Umsätze mit Mobile Marketing in Millionen $ Die Umsätze mit mobiler Werbung stiegen von 2012 bis 2014 um mehr als
7,5
2014 2013 2012
14,5 24,0
300%.
200 150 100 50
Quelle: Denise Misek, Masterstudiengang Digitale Medientechnologie, Seminar Grafik Design
0
42,4
72,4
104,9
136,7
169,1
198,8
2014
2015
2016
2017
2018
2019
Wahrnehmung & Akzeptanz
Präferenzen der Kunden
Online-Umfrage zu Wahrnehmung und Akzteptanz bei mobiler Werbung, Deutschland, 1.600 Befragte, 2012
Online-Umfrage, Deutschland, 1.600 Befragte, 2012
wird wahrgenommen
wird akzeptiert
KEIN TON / SOUNDEFFEKTE
39%
UNAUFFÄLLIG
37%
SO KLEIN WIE MÖGLICH
36%
WITZIG & UNTERHALTSAM
25%
AKTUELLE THEMEN
21%
Bannerwerbung
49%
Plakate mit QR-Codes
45% 71%
Zeitschriften mit QR-Codes
44%
Werbung in Suchmaschinen
36% 39%
NUR IN BROWSERN
11%
Videowerbung
26% 21%
GROSS GENUG
10%
Couponing, Gutscheine
21% 57%
INTERAKTIV
8%
Informationen zu Sonderangeboten
18% 51%
NUR IN APPS
7%
41%
69%
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Quellen: statista.com ID 232404, 238170, 250183, 250234, 309656, 321263
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