Bericht Moegliche Vereinbarkeit

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Mögliche Vereinbarkeit im Sinne einer nachhaltigen Beschäftigung

MÖGLICHE VEREINBARKEIT IM SINNE EINER NACHHALTIGEN BESCHÄFTIGUNG Studie, Analyse und Bewertung über die Anwendbarkeit organisatorischer Strategien, die Vereinbarkeit und Nachhaltigkeit in Krisenzeiten erleichtern (mit besonderer Berücksichtigung des Modells der Arbeitgeberzusammenschlüsse). Faszikel 2/53/2013

PROJEKTBERICHT

Projektdirektion: Confcooperative Bozen Technisch-wissenschaftlicher Beirat: Catina Balotta, Andrea Grata, Letizia Lazzaro, Franca Toffol, Simonetta Fedrizzi, Andrea Simoni (in Zusammenarbeit mit: Rocco Maurizio Moretti, Michael Galster, Federica Viganò) Mitwirkende Einrichtungen: Bozen: KONCOOP Gen., TURANDOT Gen., VEGA GmbH - Trient: SAD Gen., KALEIDOSCOPIO Gen., GPI SPA - Ausländische Fallstudie: Arbeitgeberzusammenschlüsse (AGZ), Deutschland Mitwirkende ExpertInnen: Silvia Vogliotti (AFI IPL), Antonio Gulino (Amt für Arbeitsmarktbeobachtung – Autonome Provinz Bozen), Cristina Ghedina (Autonome Provinz Bozen) [Berichtsredaktion: Catina Balotta]

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Mögliche Vereinbarkeit im Sinne einer nachhaltigen Beschäftigung

1. EINLEITUNG Das allgemeine Ziel des Projektes war die Ermittlung von Strategien, mit denen in den Genossenschaften innovative

Organisationsmodelle

zur

Unterstützung

der

Vereinbarkeit

und

der

(sozialen

und

umweltbezogenen) Nachhaltigkeit eingeführt werden können, sowie die Förderung von Aktionen, die die Flexibilität am Arbeitsplatz und ein besseres Gleichgewicht zwischen Privat- und Berufsleben gewährleisten sollen. Der Begriff Vereinbarkeit bezieht sich auf das Gleichgewicht zwischen zwei Bereichen der zeitlichen Organisation: die Arbeitszeit und die Berufszeit. Wir werden allgemein auf die geschlechtsunabhängige Lebensqualität eines erwachsenen Menschen und anschließend auf die Gleichstellung der Geschlechter eingehen. Das Projekt erfüllt somit die drei allgemeinen Prioritäten der ESF-Ausschreibung: Innovation, Nachhaltigkeit und Gleichstellung der Geschlechter. Das Projekt wurde in folgende Phasen unterteilt: 1.

Analyse der bestehenden Unterlagen: Erkundung der wichtigsten Untersuchungen, die bereits in Südtirol und zum Vergleich auch in der Provinz Trient über die Schwerpunkte Vereinbarkeit und Nachhaltigkeit durchgeführt wurden;

2.

Operative Forschungsarbeit: Fokusgruppe und Interviews in sieben Einrichtungen (drei in Südtirol: ein

gewinnausgerichtetes

Unternehmen

und

zwei

Genossenschaften;

drei

im

Trentino:

ein

gewinnausgerichtetes Unternehmen und zwei Genossenschaften; ein Arbeitgeberzusammenschluss in Deutschland). 3.

Organisationsanalyse in zwei Genossenschaften;

4.

Modellisierung: Ermittlung von Organisationsstrategien, die für die Vereinbarkeit förderlich sind, und Erhebung ihrer positiven Aspekte und eventueller Schwachstellen;

5.

Verbreitung: Projekthomepage, Veröffentlichung und Abschlusstagung.

Das Projekt hat die Ausarbeitung von Pilotmodellen für die Definition von innovativen Strategien und Hilfsmitteln – vor allem im Bereich der Organisation – zur Förderung eines besseren Gleichgewichtes zwischen Arbeitszeiten und Privatleben ermöglicht. Dadurch wurden alle bislang zu diesem Thema durchgeführten Untersuchungen erhoben, die Organisation einiger Genossenschaften und Unternehmen eingehend untersucht und Vereinbarkeitsstrategien ermittelt; weiters wurden die Maßnahmen, die für die Umsetzung der vorgeschlagenen Strategie förderlich sein können, sowie die eventuell hemmenden Schwachstellen beschrieben. Einige Strategien lagen auf der Hand (flexible Arbeitsformen, Telearbeit, Arbeit nach Zielen), andere konnten erst durch das Projekt als Antwort auf die effektiven Bedürfnisse und mit Bezug auf die Innovationsfähigkeit einiger möglicher Organisationsstrukturen erarbeitet werden.

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Das besondere Interesse der Projektveranstalter gilt der Ausarbeitung nachhaltiger Strategien für das Genossenschaftswesen und seine Genossenschaften; damit werden auch die Projektanwender Darsteller einer sehr innovativen sozialen Planung. Das Projekt gliedert sich in 5 Phasen, die wie folgt zusammengefasst werden können. Tab. 1 – Phasen

PHASE 1 - Analyse der bestehenden Unterlagen TÄTIGKEIT: - Untersuchung der bedeutendsten Forschungen im Zeitraum 2010-13 zum Thema Chancengleichheit und Vereinbarkeit (Dokumentationsanalyse); - Untersuchung der bedeutendsten Datenbanken, die Informationen zum Thema Chancengleichheit und Vereinbarkeit enthalten; - Expertenbefragungen; - Berichterstattung.

PHASE 2 - Untersuchung von Best Practices

TÄTIGKEIT: - Ermittlung von 7 Organisations-Best Practices für die nachfolgende Untersuchung (drei aus Südtirol: ein gewinnausgerichtetes Unternehmen und zwei Genossenschaften; drei aus dem Trentino: ein gewinnausgerichtetes Unternehmen und zwei Genossenschaften; ein deutscher Arbeitgeberzusammenschluss); - Untersuchung „vor Ort“ der Best Practices (Interviews mit Präsidenten, Fokusgruppe mit den MitarbeiterInnen und Untersuchung der Unterlagen); - Berichterstattung.

PHASE 3 - Organisationsanalyse in zwei Genossenschaften

TÄTIGKEIT: - Vertiefende Untersuchung (Analyse der Dienstcharta, der Sozialbilanz, der Zertifizierungssysteme, des Funktionsmodells, etc.) in zwei Genossenschaften in Bozen und einer Genossenschaft in Trient; - Berichterstattung.

PHASE 4 - Modellisierung

TÄTIGKEIT: - Ermittlung von vereinbarkeitsförderlichen Organisationsstrategien mit Angabe der positiven Aspekte und eventueller Schwachstellen (Swot-Analyse). - Berichterstattung.

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PHASE 5 - Verbreitung

TÄTIGKEIT: - Erstellung des Berichtes mit Beschreibung der einzelnen Phasen und Hauptergebnisse des Projektes, sowie der möglichen Vertiefungen und Weiterentwicklung. - Ausarbeitung der Projekthomepage. - - Abschließende Tagung zur Vorstellung der Ergebnisse. Zusätzlich zu diesen Phasen wurde eine Phase der ÜBERWACHUNG und BEWERTUNG des gesamten Projektverlaufs vorgesehen.

2. PHASE 1 Die erste Arbeitsphase sah folgende Tätigkeiten vor: Tab. 2 – Maßnahmen Phase 1 MASSNAHMEN PHASE 1

SITUATIONSANALYSE (Unterlagenforschung)

INHALTE

-

VIER EXPERTENBEFRAGUNGEN (Forschung „vor Ort“)

Untersuchung der Studien über Chancengleichheit in Südtirol. Benchmark mit durchgeführten Studien über Chancengleichheit im angrenzenden Trentino (zum Vergleich). Erstellung einer zusammenfassenden und vergleichenden Matrix.

Vertiefende, teils strukturierte Interviews und Verteilung eines Fragebogens an einige „Experten“: - Silvia Vogliotti – verantwortlich für die Projekte über Chancengleichheit im AFI-IPL Bozen. - Franca Toffol – Netzwerk Frauen-Arbeit Bozen und Landesbeirat für Chancengleichheit Bozen. - Cristina Ghedina – Autonome Provinz Bozen/Audit FamilieundBeruf - Antonio Gulino – Amt für Arbeitsmarktbeobachtung der Autonomen Provinz Bozen.

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Es wurden dabei folgende Ziele angestrebt: Tab. 3 – Ziele Phase 1

ZIELE PHASE 1

ZIELBESCHREIBUNG

ZWISCHENZIELE

Bereits erstellte Daten, Forschungen und Studien über Chancengleichheit und Vereinbarkeit aus Südtirol und zum Vergleich auch aus dem Trentino zu erheben.

ENDZIEL (der Phase)

Endziel der ersten Phase waren die Erstellung eines aktuellen und ausführlichen Bildes über die aktuelle Lage der Genossenschaft bezüglich Vereinbarkeit und Nachhaltigkeit, mit Untersuchung der entsprechenden Gründe, und die Überprüfung der bereits vorhandenen und vom Genossenschaftswesen als „möglich“ eingestuften Strategien.

3. ÜBERBLICK ÜBER DIE ERGEBNISSE DER PHASE 1 3.1. UNTERSUCHUNG DER UNTERLAGEN PHASE 1 Die erste Arbeitsphase sah eine Untersuchung der verschiedenen Datenbanken und Archive vor, wie zum Beispiel:

1 – Daten über die Bevölkerung und die Chancengleichheit - ISTAT 2 – Daten über die Chancengleichheit – ASTAT Bozen 3 – Daten der jüngsten Untersuchungen über Chancengleichheit und Kinderhorte – AFI IPL Bozen 4 – Daten der Handelskammer über Chancengleichheit - Trient und Bozen 5 – Expertenbefragungen und Fragebögen - Bozen 6 – Bericht über die Beschäftigungslage in der Provinz Trient 7- Untersuchung „Förderung von Maßnahmen zur Aufwertung der weiblichen Beschäftigung und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ (Trient) 8- Zweijahresbericht laut Gesetz 125/91 über die Beschäftigung in den Mittel- und Großunternehmen der Autonomen Provinz Trient – Zeitraum 2006/7, verfasst 2011 (Trient)

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Aus den durchgeführten Untersuchungen geht folgende Situation hervor: Auf dem Arbeitsmarkt stellen – trotz der laufenden Fortschritte – die unterschiedlichen Berufschancen der Männer und Frauen immer noch große Barrieren dar. Die Provinz Bozen und die Provinz Trient zeichnen sich durch ihre Sensibilität und Aufmerksamkeit für die Lage der weiblichen Beschäftigung aus, sei es auf gesetzlicher als auch auf politischer Ebene. Dennoch ergibt sich aus einer tieferen Untersuchung (die über die Erwerbs- und Beschäftigungsindikatoren hinausgeht), dass mit Bezug auf die von den Frauen geleisteten Arbeitstypologien, ihre Positionen im Stellenplan, den Zusammenhang zwischen Geschlecht und Prekarität und die tatsächliche Verfügbarkeit von Betreuungsdiensten noch mehrere Schwachstellen bestehen. Zum Beispiel: 1. 1-Ein großer Anteil an Frauen nimmt nicht am Arbeitsmarkt teil bzw. wird von diesem aufgrund der Unvereinbarkeit der Familienpflichten (die größtenteils auf den Schultern der Frauen lasten) mit der Berufstätigkeit ausgeschlossen: So wird insbesondere in Trient ein bedeutender Prozentsatz an Frauen verzeichnet, die den Arbeitsmarkt während der Mutterschaft und in der ersten Lebensphase der Kinder verlassen (Trient: im Zeitraum 2007 – 2009 haben 868 Frauen ihre Arbeit aufgegeben, in zwei Dritteln der Fälle aus Vereinbarkeitsgründen). 2. 2-Weiterbestehen der horizontalen Segregation (hohe Frauenquoten im Tertiärbereich, insbesondere im Pflege-, Erziehungs- und Betreuungsbereich) und der vertikalen Segregation (auch im öffentlichen Bereich, der von einer hohen Frauenquote gekennzeichnet ist). 3. 3- Überdurchschnittlicher Anteil an Teilzeitarbeit (19% im Vergleich zum nationalen Durchschnitt von 17%), die vorwiegend von Frauen beansprucht wird. Teilzeitarbeit ist sehr ambivalent: Man denke zum Beispiel an den Zusammenhang zwischen vertikaler Segregation und den Auswirkungen auf die Vorsorge. Zudem kommt es oft zum Phänomen der unfreiwilligen Teilzeitarbeit. Teilzeitarbeit ist das meist eingesetzte Vereinbarkeitsmittel, insbesondere im öffentlichen Bereich: Dies zeugt von einer allgemeinen Neigung, sich auf eine „traditionelle“ Auffassung der Geschlechterrollen zu beschränken. Innovativere Vereinbarkeitsmittel wie die Telearbeit, die persönliche Gestaltung der Arbeitszeiten und Time-Saving sind schwächer vertreten. 4. 4-Als Folge der Wirtschaftskrise werden vor allem bei den Frauen eine Zunahme der nicht qualifizierten Beschäftigung und somit ein höheres Risiko verzeichnet, in der Falle atypischer Beschäftigungen mit entsprechender Prekarität und Ungewissheit steckenzubleiben. 5. 5-Schlussendlich wird eine nicht einheitliche Verteilung der Kleinkinderdienste (0-3 Jahre) festgestellt, vor allem in der Provinz Trient.

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Anhand der oben hervorgehobenen Elemente können einige Aktionsstrategien in Erwägung gezogen werden (auch als Hinweise für die entsprechende Politik): -

Maßnahmen für die Ausbildung und Bewertung der Führungskräfte

einführen, um

gewisse

Innovationsfähigkeiten zu fördern; -

Verbreitung von innovativen Vereinbarkeitsmitteln unterstützen;

-

Dienste für Kleinkinder im Alter von 0 bis 3 Jahren ausbauen (insbesondere in Trient);

-

Lösungen finden, um auf die Bedürfnisse der jüngeren Generationen einzugehen;

-

Die öffentliche Kommunikation und das Ergreifen von Verhaltensregeln und Eingriffsmitteln, die im Vergleich zu einer asymmetrischen Auffassung der Geschlechterrollen einschneidender wirken, fördern und überwachen. Trotz seiner Komplexität sollte dieser Maßnahmenbereich nicht vernachlässigt werden, wenn die jetzigen Unterschiede zwischen den Geschlechtern tatsächlich überwunden werden sollen.

3.2. DIE EXPERTENBEFRAGUNGEN Zusätzlich zur Untersuchung der bestehenden Unterlagen wurde für das Südtiroler Gebiet eine Befragung mit Experten des behandelten Sachbereiches (mit Verteilung eines Fragebogens) durchgeführt. Wir bedanken uns bei: Silvia Vogliotti – verantwortlich für die Projekte über Chancengleichheit im AFI-IPL Bozen (AFI-IPL) Franca Toffol – Netzwerk Frauen-Arbeit Bozen und Landesbeirat für Chancengleichheit Bozen (Netz F&A) Silvia Ghedina – Autonome Provinz Bozen/Audit FamilieundBeruf (Audit FB) Antonio Gulino – Amt für Arbeitsmarktbeobachtung der Autonomen Provinz Bozen (Beob AM) Es folgen zwei Schaubilder über die Ergebnisse der Fragebögen, die besonders aussagestark sind. Im ersten Schaubild (S1) wird deutlich, dass alle Experten die Ausbildung als strategische Maßnahme zur Erhöhung der „öffentlichen Aufmerksamkeit“ zum Thema Vereinbarkeit ansehen. Nützlich ist es in diesem Zusammenhang, eine „genaue Untersuchung des Bildungsbedarfs“ vorzunehmen und „spezifische Fonds“ zu aktivieren

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Das zweite Schaubild (S2) zeigt, dass die Experten und Expertinnen auch dem Netzwerk der Stakeholder der Arbeitsorganisationen in Hinblick auf die Verbesserung der betrieblichen und zwischenbetrieblichen Vereinbarkeitsmöglichkeiten große Bedeutung beimessen. Insbesondere schien es allen wichtig, „die Netzwerkarbeit zwischen Genossenschaften und zwischen Genossenschaften und Unternehmen anzuregen“ und „die Synergien mit anderen Genossenschaftsverbänden zu steigern“.

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4. PHASE 2 Die zweite Arbeitsphase sah folgende Tätigkeiten vor: Tab. 3 – Maßnahmen Phase 2 MASSNAHMEN PHASE 2

INHALTE

ITALIENISCHE FALLSTUDIEN (Forschung „vor Ort“)

Zum Thema Chancengleichheit und Vereinbarkeit wurden auch folgende Tätigkeiten (in sechs Organisationen) durchgeführt: - Interview mit dem Direktor der Organisation bzw. des Unternehmens (profitorientiert und nicht-profitorientiert). - Übermittlung eines Fragebogens an den Direktor der Organisation bzw. des Unternehmens. - Fokusgruppe mit einigen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Organisation oder des Unternehmens.

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-

AUSLÄNDISCHE FALLSTUDIEN (Forschung „vor Ort“)

- Übermittlung eines Fragebogens an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Organisation bzw. des Unternehmens.

Vergleich der deutschen Arbeitgeberzusammenschlüsse mit den Genossenschaften aus Trentino und Südtirol. Im Rahmen dieser Forschungstätigkeit wurden 8 Themenbereiche anhand von Interviews mit den Spitzen der Organisationen mit 30 Einzelfragen zu folgenden Themen eingehender untersucht: 1. Kultur der Vereinbarkeit und des Genossenschaftswesens 2. Expertise der Betriebsverantwortlichen zum Thema Vereinbarkeit 3. Auswirkung der Vereinbarkeitspolitik auf Personen und Organisation 4. Vereinbarkeitspolitik des Betriebes 5. Managementsystem und Arbeitsmethoden 6. Fluktuation der Arbeitslasten 7. Finanzierungen und Beziehungen zum öffentlichen Bereich 8. Wahrnehmung der Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit (siehe dazu spezifischen Bericht auf der Projekthomepage)

Tab. 4 – Ziele Phase 2 ZIELE PHASE 2

ZIELBESCHREIBUNG

ZWISCHENZIELE

Die eingeführten, proaktiven und tatsächlich funktionierenden Strategien für die Chancengleichheit und die Vereinbarkeit in sieben Organisationen erheben. Die Meinung der MitarbeiterInnen und Beschäftigten sowie der Führungskräfte über die untersuchten Themen, ihre Komplexität und die entsprechenden ergänzenden und einführbaren Strategien kennenlernen. Die untersuchten Betriebe waren: Bozen - KONCOOP Gen., TURANDOT Gen., VEGA GmbH; Trient - SAD coop, KALEIDOSCOPIO coop, GPI SPA. Zusätzlich wurde auch ein deutscher Arbeitgeberzusammenschluss untersucht.

ENDZIEL (der Phase)

Endziel ist es zu beschreiben, wie die sechs italienischen (und zum Teil auch die deutsche) Organisationen das Problem der Chancengleichheit und der Vereinbarkeit angehen. Untersucht wurden die Strategien und Hilfsmittel für die Vereinbarkeit, die alle Organisationen aufweisen bzw. nur bei einigen anzutreffen sind bzw. nur eine einzige Organisation kennzeichnen und somit als spezifische Best Practices einzustufen sind.

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5. ÜBERBLICK ÜBER DIE ERGEBNISSE DER PHASE 2 Die Ergebnisse der zweiten Phase sind besonders interessant und wichtig. Sie zeigen auch einige Punkte auf, die allen untersuchten Organisationen – unabhängig von ihrer Gesellschaftsform (Genossenschaften, GmbH oder AG) – gemeinsam sind. Hier einige „Schlüsselvariablen“ zum Thema Chancengleichheit und Vereinbarkeit: - die Sensibilität der Führungsebene; - die Geschichte der Organisation; - die Art der geleisteten Tätigkeit; die Ausbildung zu den Themen; - die Anwesenheit von Frauen in der Gesellschaft; – die Wertvorstellungen und Verhaltensweisen in der Organisation, die von den führenden Berufsfiguren legitimiert werden. Für die Umsetzung der Vereinbarkeit sind insbesondere folgende Maßnahmen von strategischer Bedeutung: 1 – Maßnahmen, die die Arbeitszeit reduzieren oder anders gestalten, 2 – Stützmaßnahmen, die freie Zeit schaffen, 3 – Stützmaßnahmen zur Aufwertung der Kompetenzen.

In den nachfolgenden Absätzen werden einige Anregungen der Geschäftsleitungen der Betriebe, die für die Fallstudien herangezogen wurden, wiedergegeben.

5.1. MASSNAHMEN, DIE DIE ARBEITSZEIT REDUZIEREN ODER ANDERS GESTALTEN Im Schaubild S3 wird der Bedeutungs- und Machbarkeitsgrad der Maßnahmen erläutert, die die Arbeitszeit unterschiedlich gestalten: Teilzeitarbeit, Arbeitsplatzteilungen, flexible Ein- und Ausgänge, Stundenbank, Telearbeit, organisatorische Lösungen auf Maß. Die Geschäftsleitungen der befragten Betriebe haben die Teilzeitarbeit und die organisatorischen Lösungen auf Maß als besonders effiziente Maßnahmen bezeichnet. Die beschriebenen Maßnahmen sind mittlerweile bekannt und werden bereits, zumindest in einigen Fällen, von den Betrieben angewandt. Vielleicht besteht nicht (immer) das Bewusstsein, dass einige Maßnahmen unterschiedliche Folgen haben, die von der persönlichen Lage und den Modalitäten der Anwendung abhängig sind. Ein Beispiel dafür ist die Teilzeitarbeit. Mit dem jetzigen lohnbezogenen Rentensystem läuft eine Frau, die einen Teil ihres Berufslebens in Teilzeit ableistet, Gefahr, das Rentenalter mit einem sehr niedrigen Monatslohn zu erreichen. In einigen Fällen reicht er nicht zum Überleben aus (wenn wir nur die niedrigsten Einkommen betrachten). Es stellt sich somit die Frage, ob ein derartiges System noch als Mittel für

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die Chancengleichheit vorgeschlagen werden kann oder ob es nicht de facto mit der Zeit eine abschreckende Wirkung hat. Eine ungenügende wirtschaftliche Lebenssicherung im Rentenalter ist keine Gleichstellung.

S3 – AUSARBEITUNG DER FRAGEBÖGEN AN DIE DIREKTOR/INNEN – BEDEUTUNG UND MACHBARKEIT (VON INSGESAMT 6 ORGANISATIONEN: SAD, KONCOOP, CALEIDOSCOPIO, TURANDOT, VEGA, GPI)

5.2. MASSNAHMEN, DIE FREIE ZEIT SCHAFFEN Im Schaubild S4 wird der Bedeutungs- und Machbarkeitsgrad der Maßnahmen dargestellt, die freie Zeit schaffen: Kinderhorte, Kindersommerferien, Mensas und Reinigungen, Verkaufsstellen, Informationsstellen, Seniorenbetreuung. Die Geschäftsführungen der befragten Betriebe haben Informationsstellen als besonders wirksam bezeichnet, während bei den Kinderhorten und der Seniorenbetreuung große Unterschiede zwischen dem (stets sehr hohen) Bedeutungsgrad und dem Machbarkeitsgrad deutlich wurden. Interessant ist auch die Verbindung Kinderbetreuung und Seniorenbetreuung. Dies zeigt, dass mit der Alterung der Bevölkerung auch neue Bedürfnisse entstehen und der Bedarf nach „Schaffung freier Zeit“ für die Pflege älterer Menschen steigt. Diese Angaben entsprechen auch den allgemeinen Daten über die Alterung der italienischen Bevölkerung und die größere Anzahl an Über-75-Jährigen. Dieses Phänomen und seine Folgen, die in ganz Italien zu beobachten sind, werden auch in Südtirol verzeichnet (Astat-Daten 2013).

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S4 – AUSARBEITUNG DER FRAGEBÖGEN AN DIE DIREKTOR/INNEN – BEDEUTUNG UND MACHBARKEIT (VON INSGESAMT 6 ORGANISATIONEN: SAD, KONCOOP, CALEIDOSCOPIO, TURANDOT, VEGA, GPI)

5.3. MASSNAHMEN ZUR AUFWERTUNG DER KOMPETENZEN Im Schaubild S5 wird der Bedeutungs- und Machbarkeitsgrad der Maßnahmen dargestellt, die der Aufwertung der Kompetenzen dienen: Weiterbildung, Einrichtung von Gleichstellungsorganen, Information während der Elternzeit, Informationen an alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, Mentoring, individuelle Prozesse der Wiedereingliederung nach der Elternzeit. Diese Stützstrategien sollten eingehend überlegt werden, da nicht alle für jeden Lebens- und Berufsweg geeignet sind; sie werden auf jeden Fall als „Paket“ angeführt, das bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden sollte. Die Angabe der „Informationsmaßnahmen“ als erste nützliche Strategie deutet auf aufmerksame Führungskräfte hin, die Freiräume und Methoden für die Verbesserung und das Wachstum suchen. Dieses eindeutig positive Zeichen lässt auf eine Überwindung der Situation bezüglich vertikaler Laufbahnen und auf eine Anerkennung der betrieblichen Wachstumsprozesse hoffen, die das Recht auf Vereinbarkeit und förderliche Bedingungen berücksichtigen.

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S5 – AUSARBEITUNG DER FRAGEBÖGEN AN DIE DIREKTOR/INNEN – BEDEUTUNG UND MACHBARKEIT (VON INSGESAMT 6 ORGANISATIONEN: SAD, KONCOOP, CALEIDOSCOPIO, TURANDOT, VEGA, GPI)

5.4. DIE VEREINBARKEIT IN DEN GENOSSENSCHAFTEN MIT HILFE ZWISCHENBETRIEBLICHER NETZWERKE Die befragten Führungskräfte sind auch der Auffassung, dass Synergien und Netzwerke mit anderen Betrieben und Genossenschaften effiziente Lösungen im Bereich Vereinbarkeit liefern können. Das Problem der Synergie zwischen Betrieben bzw. Genossenschaften wirft das Thema Netzwerk im Zusammenhang mit der Chancengleichheit auf. Dabei sollten nicht nur Möglichkeiten zwischen einzelnen Organisationen und Genossenschaften

betrachtet

werden,

sondern

auch

allgemeine

Möglichkeiten

in

den

Unternehmensnetzwerken. Auch die Welt der verschiedenen Organisationen und Genossenschaften fragt sich, wie effiziente zwischenbetriebliche Lösungen für die Vereinbarkeit gefunden werden können, oder besser gesagt, wie sich die Organisationen und Genossenschaften in einem halborganisierten Netzwerk unterstützen können. Insbesondere scheint für das Genossenschaftswesen die Idee interessant und beachtenswert zu sein, dass eventuelle Ressourcen für die Vereinbarkeit, die in einer Organisation ermittelt werden, auf das gesamte Genossenschaftswesen

oder

zumindest

auf

geographisch

und

produktionsmäßig

naheliegende

Genossenschaften übertragen werden. Wenn zum Beispiel eine Genossenschaft einen Kinderhort führt, sollte

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den MitarbeiterInnen der Genossenschaften, die dem selben Genossenschaftsverband angehören und deren Arbeitszeiten für die Vereinbarkeit nicht förderlich sind, der Zugang zum Kinderhort erleichtert werden. Wenn sich zwei Sozialgenossenschaften jeweils um die Betreuung von Kindern und Senioren kümmern, könnten sie Schnittpunkte finden, die die Nutzung für beide Zielgruppen und somit die Vereinbarkeit für die Familien erleichtern, usw. So können zwischenbetriebliche Netzwerke geschaffen werden, die vielseitige Antworten auf die

verschiedensten

Situationen

liefern

können.

Auch

die

Genossenschaftsverbände

können

als

zusammenschließende Organe zwischenbetriebliche Aktionen unterstützen oder sogar Personen zur Verfügung stellen, die spezifische Lösungen und eine mögliche Vernetzung derselben mit einer entsprechenden Organisation ausarbeiten.

6. PHASE 3 Die dritte Arbeitsphase sah folgende Tätigkeiten vor: Tab. 5 – Maßnahmen Phase 3 MASSNAHMEN PHASE 3

INHALTE

Ermittlung der zwei Genossenschaften für die Organisationsanalyse

Ermittlung von zwei Genossenschaften (n=2) für die Organisationsanalyse. Die Wahl wurde aufgrund folgender Parameter getroffen: Teilnahme an der vorhergehenden Arbeitsphase; Anerkennung als Organisation, die bereits wirksame Strategien für die Chancengleichheit eingeführt hat; Interesse an der Beteiligung an dieser Arbeitsphase; Interesse an der Überlegung, welche Organisationsstrukturen für die Chancengleichheit geeignet sein können.

Vertiefende Studie über zwei Genossenschaften

Die vertiefende Studie über zwei Genossenschaften sah folgende Tätigkeiten vor: - Sammlung der Unterlagen und strategischen Dokumente der Genossenschaft - „Inhaltsanalyse“ einiger Dokumente (Dokumentationsanalyse) - Untersuchung der „Entscheidungsfreiräume“ (durch Befragung des Direktors und Beobachtung vor Ort) - Untersuchung einiger strategischer Dokumente

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Tab. 6 – Ziele Phase 3 ZIELE PHASE 3

ZIELBESCHREIBUNG

ZWISCHENZIELE

Erhebung der Strategien für Chancengleichheit und Nachhaltigkeit mit Bezug auf die effektive Organisationsstruktur der zwei untersuchten Genossenschaften. Die Untersuchung der Dokumentation der Organisation eine klare Darstellung der Strategien, die die Entwicklung eines Dienstes im Sinne der Nachhaltigkeit fördern.

ENDZIEL (der Phase)

Das Endziel ist die Darstellung einer organisatorischen Struktur, die die Chancengleichheit und eine nachhaltige Vereinbarkeit unterstützt. Zu diesem Zwecke wurden folgende Verwaltungsinstrumente der zwei

Genossenschaften der Stichprobe untersucht: Sozialbilanz, Genderbilanz, Dienstleistungscharta, Verhaltenscharta, ISO-Zertifizierung, Audit FamilieundBeruf; ethische Unternehmenszertifizierung.

Für eine eingehendere Behandlung der Ergebnisse der Phase 3 wird auf den spezifischen Bericht verwiesen. An dieser Stelle soll folgendes hervorgehoben werden: Zum Abschluss der Arbeitsphase wurde wie geplant die Organisation in den zwei Genossenschaften SAD und TURANDOT (jeweils aus Trient und Meran) vertieft. Dazu wurden einige typische Hilfsmittel für die Entwicklung der Organisation genauer betrachtet und auf ihre tatsächliche Anwendbarkeit geprüft (Sozialbilanz, Dienstleistungscharta, Verhaltenscharta, ISO-Zertifizierung, Audit FamilieundBeruf und ethische Unternehmenszertifizierung). Aus der Vergleichsanalyse zwischen den beiden Fallstudien wurde folgendes deutlich: -

Beide Genossenschaften haben die Sozialbilanz verfasst, die allerdings nicht als Hilfsmittel zur Betrachtung der Chancengleichheit angesehen wird;

-

Turandot hat auch eine Genderbilanz verfasst, die als nützliches Mittel für die „Debatte“ über die Chancengleichheit betrachtet wird;

-

die Dienstleistungscharta wurde nur von der Sad verfasst, wird aber im Rahmen der Chancengleichheit nicht als bedeutende Grundlage angesehen;

-

Die „Verhaltenscharta“ spielt in den zwei Genossenschaften eine unterschiedliche Rolle: In der Genossenschaft SAD „beschreibt sie jene Verhaltensweisen, die der Arbeit auf der Grundlage bestimmter

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Wertvorstellungen einen Mehrwert verleihen“; in der Genossenschaft Turandot „beschreibt sie die interne Ordnung“; -

Die ISO-Zertifizierung 9000 wird nur von Sad beibehalten und bringt laut der Genossenschaft keinen besonderen Nutzen für die Sensibilisierung zum Thema Vereinbarkeit (sie erfüllt andere Anforderungen);

-

Das Audit FamilieundBeruf wird ebenso nur von SAD durchgeführt, welche es („zumindest teilweise“) als nützlich erachtet;

-

Die ethische Zertifizierung des Unternehmens ist für beide Genossenschaft kein nützliches Hilfsmittel.

Die zitierten Arbeitsmittel werden für die Chancengleichheit und die Vereinbarkeit für nützlich erachtet, sofern sie folgende Voraussetzungen erfüllen: -

Anteilnahme der MitarbeiterInnen an den Inhalten;

-

Festlegung umsetzbarer Ziele;

-

ergänzende Strukturen mit nicht allzu großem Zeit- und Kostenaufwand;

-

Überzeugung der Führungsebene, sie auch umsetzen zu wollen;

-

das Personal muss die Rückmeldungen im Sinne einer Verbesserung verwenden können.

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Mögliche Vereinbarkeit im Sinne einer nachhaltigen Beschäftigung

6. PHASE 4 Die vierte und letzte operative Arbeitsphase sah folgende Tätigkeiten vor: Tab. 6 – Maßnahmen Phase 4 MASSNAHMEN PHASE 4

INHALTE

Systematisierung aller Informationen, die in den vorhergehenden Phasen gesammelt wurden

Bei der Durchsicht aller Informationen, die in den vorhergehenden Phasen gesammelt wurden, wurden Schautafeln nach einheitlichen Themengruppen erarbeitet (Technik der Inhaltsanalyse der Dokumente).

Entwicklung der Szenarien

Die Ausarbeitung der Szenarien erfolgte durch den Aufbau eines Modells für die nachhaltige Entwicklung der Chancengleichheit in den Genossenschaften (auch mit nützlichen Angaben für die gewinnausgerichteten Unternehmen). Das Modell sieht die Beschreibung einer konkreten Liste von Strategien und Hilfsmitteln für die nachhaltige Vereinbarkeit vor, mit Abklärung der Anwendungsmodalitäten, der positiven Aspekte und der möglichen Schwachstellen, die es im Sinne eines effizienten Einsatzes zu überwinden gilt.

Tab. 6 – Ziele Phase 4 ZIELE PHASE 4

ZIELBESCHREIBUNG

ZWISCHENZIELE

Ermittlung der Organisationsstrukturen, die die Chancengleichheit und die nachhaltige Vereinbarkeit tatsächlich unterstützen können, und Definition ihrer Struktur- und Funktionsmerkmale und der strategischen Hilfsmittel (Dienstcharta, Sozialbilanz, Kompetenzbilanz, etc.) .

ENDZIEL (der Phase)

Ziel ist es, den Genossenschaften eine konkrete Liste von Strategien und Hilfsmitteln zu liefern, die für die Chancengleichheit und die nachhaltige Vereinbarkeit förderlich sind, sowie die entsprechenden Anwendungsmodalitäten, Stärken und Schwächen (Swot-Analyse aus Expertenpanel) zu klären

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Mögliche Vereinbarkeit im Sinne einer nachhaltigen Beschäftigung

7. EINIGE ERGEBNISSE DER PHASE 4 Auch in diesem Fall wird für eine detaillierte Behandlung der Ergebnisse der Phase auf den spezifischen Bericht auf der Projekthomepage verwiesen. Die Untersuchung der Nachhaltigkeit erfolgte mit einem „Fachgutachten“ unter Mitwirkung der Mitglieder des technisch-wissenschaftlichen Projektbeirates. Die Entscheidung, die Mitglieder als „informiertes“ Panel einzusetzen, war durch die genaue Kenntnis des gesamten Projektes und all seiner Phasen bedingt. Ein besonderer Dank gilt daher Franca Toffol, Letizia Lazzaro, Maurizio Moretti, Simonetta Fedrizzi und Catina Balotta. Nachfolgend die Swot-Analysen der drei wichtigsten Organisationsstrategien, die für die Vereinbarkeit förderlich sind und in den vorhergehenden Arbeitsphasen ermittelt wurden.

1) UNTERSCHIEDLICHE GESTALTUNG DER ARBEITSZEIT Die nachfolgende Strategie hat die höchste Bedeutungsstufe (in ihrer Gruppe) erreicht. Die befragten Personen wurden gebeten, die Swot-Analyse in Anbetracht der erhaltenen Informationen zu ergänzen:

TEILZEITARBEIT STÄRKEN

CHANCEN

Leichte Anwendbarkeit

Mehr arbeitsfreie und Freizeit (2)

Stärkere

• •

Mehr Zeit für die Betreuung und Pflege (2)

Mehr Zeit für sich selbst (3)

der

Mehr Ausgeglichenheit im Privatleben (3)

außerberuflichen Verpflichtungen und der Freizeit (3)

Positive Auswirkung auf die Erwerbstätigenquote

Weniger arbeitsbezogene Stresssituationen (und

Wichtige Maßnahme, um die tatsächliche und

Motivation,

bessere

Organisation

arbeitsbedingte Krankheiten)

psychologische Entfernung von der Arbeitswelt

Teilzeit wird von der Gesellschaft akzeptiert (im

zu vermeiden (wenn die Frau die Kinder betreut)

Zusammenhang mit der Rolle der arbeitenden

Kann eine Grundlage für Job-Sharing sein

Mutter) •

Allgemein ist die Produktivität im Verhältnis zum Zeitaufwand bei Teilzeitbeschäftigungen höher als bei Vollzeitbeschäftigungen

SCHWÄCHEN •

GEFAHREN

Ersetzen der Arbeit außer Haus mit Hausarbeit ohne

Möglichkeit zum „Energietanken“

Verwendung der Teilzeit durch den Arbeitgeber als einzige Arbeitsmöglichkeit. In einem solchen

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Mögliche Vereinbarkeit im Sinne einer nachhaltigen Beschäftigung

Fall wird die Teilzeit zu einer Berufsfalle (3)

Ungleichmäßige Verteilung der Teilzeitarbeit nach Geschlecht und Alter der Beschäftigten (2)

Höhere Gefahr einer beruflichen Instabilität (2)

Abwesenheit auch in wichtigen Momenten des

einen

bedeutenden

Teil

ihres

Budgets

einzubüßen

Betriebslebens: Gefahr der Ausgrenzung aus

Entscheidungsprozessen und wichtigen Projekten.

Niedrigere Löhne (3). Die Familie läuft Gefahr,

Weniger

Zugang

zu

Zuwendungen

und

Förderungen (z.B. im Vorsorgebereich)

Hindernis für den beruflichen Aufstieg, besonders

(Vorausblickend) weniger Vorsorgeabdeckung (3)

bei Männern (3)

Weniger

Bildungschancen

und

berufliche

Weiterentwicklung

Die von Männern beantragte Teilzeitarbeit ist bei der Gesellschaft nicht gut angesehen (im Gegensatz

zu den öffentlichen Bekundungen auf politischer

Frauenteilzeit:

Gefahr,

alle

eventuellen

Pflegearbeiten übernehmen zu müssen

Ebene)

Gefahr der doppelten Arbeit (von der ein Teil unbezahlt)

Verlust des personengebundenen geistigen Kapitals

Auf Führungsebene und bei Arbeiten mit zahlreichen

Reduzierung der Effizienz und Wirksamkeit

Außendiensten nur beschränkt anwendbar.

2) MASSNAHMEN, DIE FREIE ZEIT SCHAFFEN Die nachfolgende Strategie hat die höchste Bedeutungsstufe (in ihrer Gruppe) erreicht. Die befragten Personen wurden gebeten, die Swot-Analyse in Anbetracht der erhaltenen Informationen zu ergänzen:

KINDERHORTE STÄRKEN •

Öffentliche und private Dienste bieten

CHANCEN •

unterschiedliche Lösungen an • •

Arbeitszeiten und an die tatsächlichen Bedürfnisse der Familien angepasst werden (3)

Aufbau erziehersicher Prozesse mit spezifischen Vorschlägen

Logistisch bequemer

Eltern sind beruhigt

Kontinuität des Dienstes mit Bezug auf die

Kinderhort kann mit Diensten ergänzt werden, die die Schließzeiten abdecken (2)

Qualität der Erziehung. Professioneller Betreuungs- und Lehrdienst (3)

Angebot kann auch an „unkonventionelle“

Erzieherische Kontinuität mit dem Kindergarten

„erzieherische Einstellung“ der Eltern

SCHWÄCHEN

GEFAHREN

Hoher Kostenaufwand (2)

Hoher Kostenaufwand (2)

Lösung der Bedürfnisse der Erwachsenen, aber

Bei Betriebshorten höhere Organisationskosten für

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Mögliche Vereinbarkeit im Sinne einer nachhaltigen Beschäftigung

nicht des Kindes •

Vereinbarkeit mit den Zeiten der Familie (2)

Unangemessene Zugangskriterien

das Unternehmen Unfähigkeit, auf Notfälle IN den Arbeitszeiten der

Familien einzugehen Geringe Dienstqualität

3) MASSNAHMEN ZUR AUFWERTUNG DER KOMPETENZEN Die nachfolgende Strategie hat die höchste Bedeutungsstufe (in ihrer Gruppe) erreicht. Die befragten Personen wurden gebeten, die Swot-Analyse in Anbetracht der erhaltenen Informationen zu ergänzen: INFORMATIONSMASSNAHMEN (Information über die Geschehnisse im Betrieb während der Elternzeit) STÄRKEN •

CHANCEN

Stärkeres Gefühl der Betriebszugehörigkeit und

–treue (2) • •

Reduzierung der Zeiten und Modalitäten des Wiedereinstieges (2)

Mehr Möglichkeiten für den Betrieb, „Talente zu

Stärkerer Antrieb beim Wiedereinstieg

binden“

Stärkere Zusammenarbeit mit den Kollegen

Stärkerer Antrieb zur Weiterbildung des

Bewertungen über die eigene Position vorziehen

Personals (3) •

Weniger Umstände bei der Rückkehr

Aufwertung der Humanressourcen

Personen sind für eventuelle bedeutende

Hält die Beziehung zum Betrieb aufrecht

organisatorische Änderungen gerüstet

SCHWÄCHEN •

Teilinformation

Übermäßiger Investitionsaufwand für den

GEFAHREN •

Verzerrung der Botschaften aufgrund des

Betrieb

Ungenügende Informationsmaßnahmen

Eindringen in die „Privatsphäre“

Angstzustände beim Gedanken an die Rückkehr

Unfähigkeit des Beschäftigten, während der

fehlenden direkten Kontakts (2)

Elternzeit Abstand vom Unternehmen zu nehmen

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Mögliche Vereinbarkeit im Sinne einer nachhaltigen Beschäftigung

EINIGE SCHLUSSBEMERKUNGEN Die zweifellos interessante Arbeit war mit großen Arbeitsmengen und die Mitwirkung von etwa 60 Personen auf Führungs- und Mitarbeiterebene in Genossenschaften, Unternehmen und anderen Organisationen verbunden. Hinzukommen natürlich noch die Mitglieder des technisch-wissenschaftlichen Beirates und weitere ForscherInnen, die aus verschiedenen Gründen am Projekt mitgearbeitet haben. Unserer Meinung nach wurde das Ziel, Strategien für die Vereinbarkeit zu ermitteln und deren Schwächen und Stärken durch Einsatz der Techniken der Sozial- und Organisationsforschung zu beleuchten, auch erreicht, auch wenn die Ergebnisse in einigen Fällen auf der Hand zu liegen schienen. Das mangelnde „Vertrauen in die Zukunft“ und vor allem der Mangel an stabilen Arbeitsplätzen scheinen einerseits gegen das Problem einer betrieblichen Umorganisation zwecks besserer Vereinbarkeit der Arbeitszeit und der Pflege- und Freizeit zu stoßen; andererseits scheinen sie auch einige verbreitete Formen der Vereinbarkeit (zum Beispiel die Teilzeitarbeit) in Frage zu stellen. Das Thema der Chancengleichheit ist sehr heikel und kulturbedingt, sodass es oft in seinen deutlich werdenden Formen unveränderbar zu sein scheint; die Forschung und Auswertung können hier nur dann eine Stütze sein, wenn starke und aktivierende Grundsätze übernommen werden, die eine Änderung durch die „Bewertung“ einzuleiten vermögen [Vergani 2013]. Durch die Einführung und den Ausbau von Forschungs- und Bewertungstechniken für die Strategien der Vereinbarkeit in den Unternehmen bzw. Genossenschaften werden wieder die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in besagte Strategien wachgerüttelt, was sie wiederum stärkt [Marra 2013]. Ein interessanter Aspekt dieser Arbeit ist, dass die Forschung vorwiegend im Genossenschaftsbereich durchgeführt wurde. Zu den Wertvorstellungen von Confcooperative gehören nämlich die Solidarität, die Anerkennung der Arbeit als ein Recht aller Bürger und Bürgerinnen sowie der Ausbau des Zugehörigkeitsgefühls zur Gemeinschaft. Diese Kooperationsgrundsätze sind auch die Grundsätze der Gleichstellung. Gute Forschungs- und Auswertungsarbeiten sollten somit im Stande sein, einen Kreislauf zu schaffen, der einerseits die tatsächlichen Gleichstellungselemente im Genossenschaftswesen hervorhebe, andererseits Verbesserungsmöglichkeiten und Lösungen für die Vereinbarkeiten aufzeige, sowie die Einführung neuer Strategien im Sinne der Gleichstellung und der Kooperation erleichtere. Die Legitimierung der Arbeit zu diesem Thema ist daher aus zwei Gründen für das Genossenschaftswesen notwendig: -

die Genossenschaftsgrundsätze umfassen auch die Chancengleichheit der Geschlechter als Grundwert aller Handlungen, Arbeiten und Aufgaben der Genossenschaften;

-

im Genossenschaftswesen, vor allem in den sozialen Genossenschaften, arbeiten viele Frauen. Es wird somit zu einem privilegierten Ort, an dem dynamische Werte und ihre operative Anwendung Wurzeln schlagen und einen fruchtbaren Boden für ihre Neugestaltung und neue Aktionen finden können.

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