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Die Natur als Lehrmeisterin

«Die Natur ist meine beste Lehrmeisterin»

Als Wildhüter sei jeder Tag ein Erlebnis, sagt Paul Gartmann aus Thalkirch im Safiental. Der 62-jährige ist gelernter Landwirt und seit 1991 als Jagdaufseher im Tal unterwegs. Im Jahr 1991 wurde er von der Regierung des Kantons Graubünden als Wildhüter gewählt. Seit 2009 ist er auch im Besitz des eidgenössischen Fachausweises. «Wenn ich all die Beobachtungen, die ich in der Natur mache, zusammenfüge, so erhalte ich ein wunderbares Buch, dass mir Seite für Seite spannende Details, packende Geschichten, aber auch von den grössten Zusammenhängen der Natur im Safiental erzählt», sagt Gartmann und ergänzt, die Natur sei seine beste Lehrmeisterin.

Im Interview erzählt er über seine Beziehung zu seinem Heimattal und zur Natur und erklärt, welches seine Aufgaben als Wildhüter sind.

Herr Gartmann, Sie sind ein echter Safier und schon im Tal geboren. Wie würden Sie Ihre Beziehung zu diesem schönen Tal umschreiben?

Wenn man in einem Tal wie dem Safiental aufwächst, baut man eine besondere Beziehung auf. Hier habe ich meine Wurzeln und das spezielle Tal ist mir ans Herz gewachsen. Ich möchte damit nicht sagen, dass es keine anderen Orte gibt, wo ich mich nicht zu Hause fühlen könnte. Es gibt in unserem Kanton viele schöne Täler und auf der ganzen Welt viele besondere Orte, aber das Safiental ist halt schon ein speziell schönes Tal.

Ein speziell schönes Tal, aber auch ein enges!

Wenn man es schafft, bis zuhinterst ins Tal zu kommen öffnet es sich – und die Einwohner auch. Ich glaube man spürt, dass ich zuhinterst im Safiental aufgewachsen bin!

Wie verlief ihre Berufswahl?

Ich bin auf dem Bauernbetrieb meiner Eltern aufgewachsen. Mein Bezug zur Landwirtschaft und besonders zu den Tieren war gross, darum entschloss ich mich, die Landwirtschaftliche Lehre zu machen. Auch die Leidenschaft, Wild zu beobachten und auf die Jagd zu gehen, habe ich schon von klein auf von meinem Vater mitbekommen.

Sie blieben jedoch nicht «nur» Landwirt, wie ging es weiter?

Seit 1991 bin ich beim Amt für Jagd und Fischerei angestellt. Angefangen habe ich als Jagdaufseher mit einem Anstellungsverhältnis von 65 Prozent. Als ich vor 30 Jahren als Jagdaufseher im Safiental gewählt wurde, hat sich für mich eine neue Welt eröffnet und ich darf einen sehr schönen, interessanten, abwechslungsreichen, aber auch herausfordernden Beruf ausüben. Im Jahr 2009 erwarb ich dann den eidgenössischen Fachausweis als Wildhüter.

Was war ihre Motivation, eine Ausbildung zum Wildhüter zu machen?

Ganz einfach gesagt: die Freude an

Paul Gartmann, der Natur und an den Wildtieren. Ich Wildhüter im Safiental habe schon immer gerne Flora und Fauna und ganz speziell Wildtiere beobachtet und mich zudem für unser vielfältiges Ökosystem im Tal interessiert.

Welches sind denn Ihre genauen Aufgaben als Wildhüter?

Meine Hauptaufgabe als Wildhüter ist in erster Linie, das Wild genau zu beobachten. Gibt es von einer Population zu viele oder ist eine Art sogar bedroht? Wie ist der Gesundheitszustand der Tiere und wie ist die Reproduktionsrate der verschiedensten Arten? Im Moment hat es im Safiental einen ausreichenden Bestand der jagdbaren Wildarten, aber es gibt immer wieder – aus verschiedenen Gründen – Veränderungen, z.B. aus klimatischen Gründen, sei das ein strenger Winter oder wegen Wildkrankheiten. Wichtig ist, dass man solche Veränderungen immer im Auge behält, um reagieren zu können, wenn es nötig ist.

Welche weiteren Aufgaben fallen an?

Eine wichtige Arbeit im Herbst ist, die Jagden zu kontrollieren. Das heisst die Hochjagd, Niederjagd, die Hegejagd auf Steinwild, die Herbstjagd auf Hirschwild und nicht zuletzt die Pass- und Fallenjagd

auf Haarraubwild. Ebenso ist es meine Aufgabe, den Bestand aller Schalenwildarten, des Birkwildes sowie der Schneehühner aufzunehmen. Weist eine dieser Wildarten einen Rückgang oder eine Zunahme auf, kann das bei der Jagdplanung berücksichtigt werden. Und wenn gewünscht und die Nachfrage da ist, mache ich auch Öffentlichkeitsarbeit in den Schulen, denn es ist ebenso meine Aufgabe, Erfahrungen, Beobachtungen und mein Wissen weiterzugeben.

Wie zeigt sich für Sie der oft zitierte Interessenkonflikt Natur und Tourismus?

Diese Frage beschäftigt mich ebenfalls sehr stark. Stelle ich beispielsweise fest, dass das Wild durch touristische Aktivitäten gestört oder sogar in Richtung gefährlicher Stellen vertrieben wird, muss eine Lösung gefunden werden. Im Sommer ist das meist weniger ein Problem, da das Wild genügend Ausweichmöglichkeiten hat.

Und im Winter?

Im Winter sind es vor allem Eisfallkletterer, die sich an bestimmten Gebieten und Eisfällen orientieren müssen. Dabei gilt es, die Wildruhezonen zu berücksichtigen. Ebenso ist das Schneeschuhlaufen sehr stark im Trend. Auch hier müssen die ausgesteckten Schneeschuhtrails benützt und die Wildruhezonen eingehalten werden. Die Wildruhezonen hat man dort angelegt, wo sich das Wild im Winter ansammelt und nicht gestört werden darf. Dies, weil die Tiere in diesen Gebieten genügend Äsung und auch ihre Ruhe finden. Wird es jedoch in diesen Zonen immer wieder gestört, verbraucht es zu viel Energie und wird geschwächt, das kann auch sehr schnell zum Tod von Tieren führen. Darum ein dringender Aufruf an die Touristen: haltet euch an die gekennzeichneten und beschrifteten Wege und informiert euch genau, wo sich die Wildruhezonen befinden.

Wildhüter/Wildhüterinnen sind Angestellte der kantonalen Fachstellen für die Jagd. Wer diesen Beruf ausüben möchte, muss sich zuerst um eine Stelle als Wildhüter/als Wildhüterin bewerben. Diese werden von den kantonalen Fachstellen für die Jagd öffentlich ausgeschrieben. Das Angebot an Stellen ist allerdings gering, zurzeit werden jährlich gesamtschweizerisch 10 bis 15 Stellen frei.

Das Anforderungsprofil ist von Kanton zu Kanton etwas verschieden. In der Regel werden folgende Anforderungen an die Bewerber/innen gestellt: — abgeschlossene Berufsausbildung oder gleichwertige

Ausbildung — Jagdfähigkeitsausweis — körperliche Leistungsfähigkeit — gute mündliche und schriftliche Ausdrucksweise — sicheres Auftreten und Verhandlungsgeschick — selbstständiges und verantwortungsbewusstes Arbeiten — Anwendungskenntnisse Informatik — Bereitschaft zu unregelmässigen Arbeitszeiten

Gutes Fachwissen oder Vorkenntnisse in den Bereichen Wildbiologie, Jagd, Naturschutz erhöhen die Chancen, eine Stelle zu erhalten.

Aus- und Weiterbildung

Die Struktur der Wildhüter/innen-Ausbildung in der Schweiz unterscheidet sich wesentlich vom Ausbildungsweg anderer Berufsgattungen. Für die Grundausbildung zugelassen sind nur bereits bei einem Kanton angestellte Wildhüter/innen und Nationalparkwächter/innen. Die Ausbildung Wildhut Schweiz AWS besteht aus 7 Modulen, welche über 3 Jahre verteilt sind. An insgesamt 25 Kurstagen erlangen die Kursbesucher/ innen berufsbegleitend theoretisches und praktisches Grundwissen als wichtige Basis für die Ausübung ihres Berufes. Es handelt sich dabei um eine höhere Berufsbildung. Verantwortlich für die Durchführung dieser Grundausbildung ist die Jagd- und Fischereiverwalterkonferenz JFK bzw. eine daraus formierte Ausbildungskommission. Nach Abschluss der Ausbildung legen die Kursbesucher/ innen eine schriftliche Zertifikatsprüfung des Schweizer Wildhüterverbandes SWHV ab. Wer die Ausbildungsmodule besucht und die Zertifikatsprüfung erfolgreich absolviert hat, wird zur Berufsprüfung für Wildhüter/innen zugelassen. Das erfolgreiche Bestehen der Berufsprüfung berechtigt zum Tragen des Titels «Wildhüter/Wildhüterin mit eidg.Fachausweis». Neben dieser interkantonalen Grundausbildung besuchen Wildhüter/innen regelmässig kantonsinterne, fachspezifische Aus- und Weiterbildungen. Für Wildhüter/innen, welche eidg. Jagdbanngebiete (bundesrechtliche Schutzgebiete) in ihrem Aufsichtsgebiet betreuen, bietet das Bundesamt für Umwelt BAFU zusätzlich alljährlich einen 2-tägigen Weiterbildungskurs, den sogenannten eidgenössischen Wildhüterkurs, an. Sowohl die Grundausbildung wie auch die übrigen Aus- und Weiterbildungen dürfen nur von Wildhütern/innen besucht werden, welche bereits bei einer kantonalen Fachstelle angestellt sind. Man kann sich in der Schweiz also nicht vorgängig durch einen Wildhüterkurs auf einen Job als Wildhüter vorbereiten bzw. sich zum Wildhüter/ zur Wildhüterin ausbilden lassen.

Quelle: www.wildhueterverband.ch/ wie-wird-man-wildhueter.html

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