Nr. 7 10. 7. 2015
die zeitung
www.syndicom.ch Gewerkschaft Medien und Kommunikation
AZB 3001 Bern Adressänderungen sind zu richten an: syndicom, Adressverwaltung, Monbijoustrasse 33, Postfach, 3001 Bern
Logistik
PostCom will bei den Arbeitsbedingungen Mindeststandards festlegen Seite 5 besuch bei skyguide
Luftraumschutz Täglich durchkreuzen 26 000 Flugzeuge den europäischen Himmel. Über 3000 davon werden von Skyguide durch den Luftraum geleitet. Bei einem Besuch in Genf erhielt syndicom Einblick in die Problemstellungen im Bereich Luftraumsicherheit. Zukünftig könnte die Schweizer Flugsicherung neue Herausforderungen zu bewältigen haben: Skyguide ist über die bilateralen Verträge in das Konzept eines einheitlichen europäischen Luftraums eingebunden. Die damit verbundenen strukturellen Veränderungen werden die Sozialpartner vor grössere Herausforderungen stellen. › Seite 6
telecom/IT
Firmenkonferenz beschliesst: syndicom soll Probleme mit Cablex angehen Seite 5
Medien
Porträt-Fotoseiten zur Schliessung der NZZ-Druckerei in Schlieren Seiten 8–9
IG Jugend
syndicom-Jugend besucht die Sonderausstellung zur Zimmerwalder Konferenz Seite 11
bundesgesetz zur Überwachung des Post- und FernmeldeverkehrS (Büpf)
Der Staat liest mit
Wie und wann dürfen Behörden unsere Kommunikation ausspionieren? Wie kann unsere Privatsphäre geschützt werden? Das Parlament hat der Revision des Fernmelde überwachungsgesetzes (BÜPF) zugestimmt. Der Widerstand formiert sich. › Seiten 2–3
Medienfreiheit in konfliktgebieten
Im Visier … Im Ostukraine-Konflikt sind Journalisten nicht nur Opfer von Gewalt, sie werden auch in einem Informationskrieg instrumentalisiert. Die Konfliktparteien werfen sich gegenseitig Propaganda und Hass reden vor. Der Bürgerkrieg in der Ukraine war Anlass einer zweitägigen Konferenz in Wien zum Thema «Sicherheit von Journalisten. Medienfreiheit und Pluralismus in Zeiten von Konflikten», durchgeführt von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Ergänzend dazu wurde kürzlich auch ein Handbuch für Journalisten in Konfliktgebieten veröffentlicht. › Seite 10
GAV für die grafische Industrie
Heiterer Einstieg – düstere Aussichten Am 24. Juni wurden in Bern die Verhandlungen zur Erneuerung des Gesamtarbeitsvertrags (GAV) für die grafische Industrie aufgenommen. Bereits konnten zwei erste Erfolge erzielt werden. Wenn wir aber den absurden Forderungen von Viscom entgegentreten wollen, müssen wir uns auf einen langen und harten Kampf gefasst machen. Verhandlungsbeginn für die Erneuerung des GAV für die grafische Industrie war offiziell der 24. Juni. Bis zum 4. November sind vier weitere Verhandlungsrunden vorgesehen, bei denen eine für beide Parteien tragbare Übereinkunft gefunden werden soll.
In der Regel benützen die Delegationen das erste Treffen für eine wirtschaftliche Analyse des Sektors und eine Auslegeordnung der jeweiligen Forderungen. Diesmal ging es aber noch vor diesen beiden Punkten um einen Konsens zur Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) des GAV
sowie zum Reglement der beruflichen Aus- und Weiterbildung.
Ein erster positiver Schrit t Der Morgen begann überraschend positiv: Bildung und Weiterbildung wer-
Fortsetzung auf Seite 7
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syndicom | Nr. 7 | 10. Juli 2015
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syndicom | Nr. 7 | 10. Juli 2015
Die büpf-Debat te im nat ional- und ständerat
Bundesgesetz zur ÜBERWACHUNG DES pOST- UND FernmeldeVERKEHRS (BÜPF)
Präventive Überwachung auf Kosten der Privatsphäre? Mitte Juni hat das Parlament gleich zwei neuen Gesetzen zugestimmt, mit denen künftig die Kommunikation der Schweizer Bevölkerung noch stärker überwacht werden kann: dem Nachrichtendienstgesetz (NDG) und dem Fernmeldeüberwachungsgesetz (BÜPF). Carlos Hanimann* ben darüber, wer wann, wo, wie lange mit wem telefoniert oder gemailt hat. Und schliesslich geht es auch um eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des BÜPF; die Kopplung mit dem Geheimdienstgesetz.
1. Der Staatstrojaner
Bei den Staatstrojanern, von den Behörden lieber kryptisch GovWare genannt, handelt es sich um Programme, mit denen Polizei und Staatsanwaltschaften in Computer von Verdächtigen eindringen können, um dort nach Beweisen zu suchen. Das gängige Argument dafür: Weil Kriminelle heute nicht einfach über Telefone oder offene Mails kommunizierten, sondern mit vervorlage erntet breite Kritik Es war Anfang 2013, als Justiz- schlüsselten Diensten und Proministerin Simonetta Somma- grammen wie Skype oder PGP ruga die Totalrevision des BÜPF arbeiteten, werde das einfache vorstellte. Lustig war an diesem Abhören von Telefonen oder Gesetzesentwurf nur der Name. das Abfangen von E-Mails verunDer Inhalt aber hatte es in sich: möglicht. Deshalb sei es nötig, Dessen Geltungsbereich sollte sich direkt in die Computer von ausgeweitet, die Speicherdauer Verdächtigen zu hacken. der gesammelten Kommunika- Umstritten ist die Massnahme tionsdaten verlängert werden. nicht nur, weil sie den StrafverÜberdies sollten die Strafverfol- folgern ermöglicht, in die Privat ger neue Mittel und Gerätschaf- räume von Verdächtigen einten erhalten, um die Überwa- zudringen, sondern auch, weil chung der Kommunikation über der technisch komplexe VorHandy, Telefon und Internet zu gang zahlreiche Lücken offenlässt. So besteht beispielsweise erleichtern. Bereits in der Vernehmlassung die Befürchtung, dass mit einem hatte es zur Vorlage breite Kri- Staatstrojaner auch zahlreiche tik gehagelt, von über hundert Daten gesammelt werden, die für das Strafverfahren irrelevant sind. Zudem besteht das Es gibt keine stichhaltigen Problem, dass es nur Belege, dass ein Ausbau der sehr wenige Anbieter gibt, die technisch Überwachung notwendig wäre. überhaupt in der Lage sind, einen StaatstroTeilnehmern stellten sich gera- janer mit den gesetzlich vorgede mal vier vorbehaltlos hin- schriebenen Einschränkungen ter das Gesetz: die Kantone Uri, zu programmieren. Obwalden, Genf und die Schwei- Letztlich hinterlässt ein Trojazerische Post. Alle anderen heg- ner auch Sicherheitslücken in ten in der einen oder anderen einem Computersystem, die von anderen Stellen ausgenutzt werForm Bedenken. den können. Um das Problem zu verdeutlichen: Der Einsatz eines Fünf Knacknüsse Im Wesentlichen geht es beim Staatstrojaners ist, als würde BÜPF um fünf Neuerungen, die die Polizei ein Loch in die Wohumstritten sind. Zu nennen nungswand eines Verdächtigen sind hierbei: der Einsatz von schlagen, um einzubrechen und Staatstrojanern, mit denen sich die Wohnung zu durchsuchen, in Computer einbrechen lässt; ohne das Loch nachträglich wiedie Legalisierung von sogenann- der zu verschliessen. ten IMSI-Catchern, die Handybesitzer in einem bestimmten 2. Der IMSI-Catcher Umkreis auslesen und manipu- IMSI-Catcher sind Geräte, die lieren können; die Verlängerung wie Staubsauger funktionieren. der Speicherung von sogenann- Aber statt Schmutz sammeln ten Vorratsdaten, also den Anga- sie Daten. Sie können Handy-
nutzer in einem Umkreis von bis zu einem Kilometer identifizieren. Die Geräte, die mittlerweile so klein sind, dass sie in einen Rucksack passen, simulieren eine Handyantenne, in die sich sämtliche Mobiltelefone in der Umgebung einwählen. So lassen sich die weltweit einzigartigen Registriernummern (International Mobile Subscriber Identity, IMSI) auslesen. Je nach Ausstattung können sie nicht nur die Nummer lesen, sondern auch Manipulationen am Handy vornehmen und Gespräche mitschneiden. IMSI-Catcher können bei der Suche nach vermissten Personen hilfreich sein. Sie dienen aber auch der sogenannten Rasterfahndung. So lassen sich beispielsweise sämtliche Teilnehmer einer Demonstration überwachen. In autoritären Regimes sind die Geräte deshalb sehr beliebt, um RegierungskritikerInnen zu identifizieren und gegen sie vorzugehen. Obwohl der Einsatz von IMSICatchern bislang nicht gesetzlich geregelt ist, setzt die Bundeskriminalpolizei sie schon heute ein. Auch die Zürcher Kantonspolizei hat vergangenes Jahr zwei IMSI-Catcher angeschafft. Welche Modelle und von welchem Anbieter, hält die Polizei geheim.
3. Vorratsdatenspeicherung Am heftigsten umstritten ist die Ausweitung der sogenannten Vorratsdatenspeicherung. Vorratsdaten sind die Angaben darüber, wer wann mit wem wie lange und von wo telefoniert oder mailt. Bereits heute müssen Telekom-Anbieter wie Swisscom, Sunrise oder Salt diese Angaben von Gesetzes wegen während sechs Monaten speichern. Künftig soll diese Frist auf ein Jahr verlängert werden. Wird gegen jemanden ein Strafverfahren eröffnet, können die Behörden die Herausgabe der Daten verlangen. Genau darin liegt die zentrale Kritik an der Vorratsdatenspeicherung: Die Daten werden ohne Anlass und Verdacht auf Vorrat gespeichert, für den Fall, dass jemand später straffällig würde. Der eidgenössische Datenschützer Hanspeter Thür sagte in einem Interview über die Vorratsdatenspeicherung, sie sei «grundrechtlich heikel», weil damit «ein Generalverdacht sta-
bedeutet mehr überwachung mehr aufklärung?
© KEYS TONE/PETER KL AUNZER
Zwei Jahre nach den Enthüllungen von NSA-Whistleblower Edward Snowden geht die Schweiz in eine fragwürdige Richtung: Statt die Massenüberwachung einzuschränken, weitet sie sie noch weiter aus. Verschiedene politische Gruppierungen, darunter Jungparteien sowie netzpolitische Aktivisten, haben bereits Referenden angekündigt. Wenn Nationalund Ständerat die beiden Gesetze im Herbst nach kleineren Differenzbereinigungen verabschieden, steht der Schweiz also eine grössere Debatte zum Überwachungsstaat bevor. Doch der Reihe nach.
und organisierte Kriminalität. 2013 wertete die WOZ erstmals die gesamtschweizerischen Statistiken der angeordneten Überwachungen aus – und zeigte dabei, dass drei dieser vier Delikte eine sehr marginale Rolle spielten.
Nein zum Überwachungsstaat ∙ Bereits ist das Referendum zur BÜPF-Revision beschlossene Sache. Die Unterschriftensammlung beginnt voraussichtlich im Herbst.
tuiert wird». Deshalb gilt die Vorratsdatenspeicherung in breiten Kreisen als präventive Überwachungsmassnahme, auch wenn die Daten erst im Nachhinein und nur mit Bewilligung eines Zwangsmassnahmengerichts ausgewertet werden dürfen. Denn Überwachung beginnt nicht erst beim Analysieren der Daten, sondern schon bei der Sammlung. Verschiedene Verfassungsgerichte in Deutschland und Österreich sowie der Europäische Gerichtshof (EuGH) haben die Vorratsdatenspeicherung als unverhältnismässigen Eingriff in die Grundrechte gewertet und erachten sie als nicht rechtmässig. In Deutschland sind mehrere Versuche, die Vorratsdatenspeicherung einzuführen, an breitem Widerstand gescheitert. Derzeit debattiert die Regierung über eine Vorratsdatenspeicherung mit einer Frist von zehn Wochen. Obwohl die Schweizer Gesetzgebung in der Frage der Vorratsdatenspeicherung rechtsstaatlich besser abgestützt ist als vergleichbare Gesetze in Europa, hat die Digitale Gesellschaft, ein Zusammenschluss netzpolitischer Gruppen und Aktivisten, gemeinsam mit dem Journalisten und MAZ-Leiter Dominique Strebel und mit dem grünen
Nationalrat Balthasar Glättli beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung eingereicht. Das Gericht soll nicht nur die Ausweitung der Speicherdauer von sechs auf zwölf Monate, sondern die Speicherung an sich für unrechtmässig erklären. Die Beschwerde ist derzeit am Bundesverwaltungsgericht hängig. Bereits haben die Beschwerdeführer jedoch angekündigt, das für dieses Jahr erwartete Urteil nötigenfalls auch an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg weiterzuziehen.
Die Debatte ist bestimmt von Wünschen und Begehrlichkeiten statt von Notwendigkeit.
gen, wo Glättli sich während eines halben Jahres aufgehalten hatte, wo er geschlafen, mit wem er gesprochen und wie oft und um welche Zeit er mit seiner Partnerin SMS getauscht hatte.
4. Die Ausweitung des Geltungsbereichs Sind mit dem heutigen BÜPF nur Telekom-Anbieter vom Gesetz erfasst, müssen künftig auch reine E-Mail-Provider oder Anbieter eines WLAN-Netzwerkes mitwirken. Das heisst, dass auch Restaurants oder Hotels, die ein offenes Netzwerk anbieten, zur Herausgabe von Kommunikationsdaten verpflichtet werden können. Dies könnte vor allem für kleinere Provider ernsthafte finanzielle Konsequenzen haben.
5. Der Zugriff des Geheimdienstes Glättli musste sich die Herausgabe seiner Vorratsdaten über Jahre gerichtlich erkämpfen. Letztes Jahr stellte er sie schliesslich dem Online-Portal watson. ch zur Verfügung, um deutlich zu machen, wie viel Vorratsdaten über eine Person preisgeben können. Obwohl die spezifischen Inhalte seiner Kommunikation nicht erfasst worden sind, liess sich dennoch im Detail nachverfol-
Eine umstrittene Neuerung ist zwar nicht im BÜPF geregelt, hängt aber dennoch direkt damit zusammen: die gefährliche Kopplung des BÜPF mit dem Geheimdienstgesetz. Obwohl Justizministerin Simonetta Sommaruga bei jeder Gelegenheit betont, dass das BÜPF nicht mit dem Geheimdienstgesetz NDG vermischt werden dürfe und dass es beim BÜPF nicht um präventive Überwachungs-
formen gehe, sind die Gesetze eng miteinander verknüpft. Bei einer Annahme der beiden Überwachungsgesetze hätte nämlich künftig auch der Geheimdienst Zugriff auf die im Rahmen des BÜPF gesammelten Daten. Zwar muss dieser Eingriff in die Privatsphäre auch laut Geheimdienstgesetz bewilligt werden, aber die Massnahme bleibt rechtsstaatlich äusserst fragwürdig, weil der Verdächtige keine Möglichkeit hat zu erfahren, ob er vom Geheimdienst überwacht wird, geschweige denn, Beschwerde gegen diese Überwachung einzulegen.
«sommarugas apokalypt ische Reiter» Bundesrätin Sommaruga argumentiert, die technischen Neuerungen machten Anpassungen im Gesetz nötig. Man dürfe das Internet nicht den Kriminellen überlassen. Dabei führen die Befürworter einer stärkeren Überwachung immer wieder die gleichen paar wenigen Verbrechen auf, die sich ohne ausgebauten Überwachungsapparat angeblich nicht aufklären liessen. Der auf digitale Themen spezialisierte Rechtsanwalt Martin Steiger nannte diese Delikte auch schon Sommarugas «apokalyptische Reiter»: Drogenhandel, Kinderpornografie, Terrorismus
Zwar wurden 2012 rund 40 Prozent der Überwachungen wegen Drogendelikten angeordnet, von den insgesamt über 10 000 Überwachungsaufträgen betrafen al lerdings lediglich 41 Fälle den Tatbestand der Kinderpornografie, in 79 Fällen ging es um organisierte Kriminalität und in 239 Fällen um Terrorismus. Selbst ein Hardliner wie der leitende St. Galler Staatsanwalt Thomas Hansjakob, ein glühender Befürworter des BÜPF, erklärte an einer Podiumsdiskussion an der Universität Zürich, es handle sich um rund hundert Fälle (rund fünfzig von Kinderpornos und rund fünfzig Kapitalverbrechen), die sich im schlimmsten Fall nicht aufklären liessen. Das sei kein Unglück, sagte Hansjakob, «aber es ärgert mich, wenn ich daran denke, dass die Daten eigentlich vorhanden wären, aber nicht zugänglich sind». Die Aussage offenbart ein grundsätzliches Problem in der Debatte um den Ausbau der Überwachungsmöglichkeiten: Sie ist bestimmt von Wünschen und Begehrlichkeiten statt von Notwendigkeit und Wirksamkeit. So gibt es kaum stichhaltige Belege dafür, dass der Ausbau unerlässlich wäre. Das deutsche Max-Planck-Institut kam bei einer Untersuchung der Wirkung von Vorratsdaten sogar zu einem gegenteiligen Befund. In einer 2010 veröffentlichten Studie heisst es, es gebe keine Hinweise darauf, «dass die in der Schweiz seit etwa zehn Jahren praktizierte Vorratsdatenspeicherung zu einer systematisch höheren Aufklärung [als in Deutschland] geführt hätte». Lieber stützt man sich deshalb in der Debatte um das BÜPF auf Behauptungen von Interessenvertretern. Natürlich ist es Staatsanwaltschaften willkommen, wenn sie mehr Informationen haben, auf grössere Datenbestände zugreifen können und wenn sie weitreichendere Mittel der Überwachung zur Verfügung haben. Aber ist das alles wirklich nötig? Und rechtfertigt es einen derart gravierenden Eingriff in die Privatsphäre aller Bürgerinnen und Bürger?
Das Parlament gibt grünes Licht für die Internetspionage In der Sommersession wurden zwei heikle Gesetze zur Überwachung durchgewinkt. Das Referendum zum BÜPF ist aber bereits beschlossene Sache. Das Nachrichtendienstgesetz (NDG) ist die gesetzliche Grundlage für die Aktivitäten des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB). Mit 37 zu 2 Stimmen bei 3 Enthaltungen hat der Ständerat am 11. Juni beschlossen, die – bereits umfangreichen – Möglichkeiten zur Terrorismus ermittlung und -prävention zu verstärken. Das Gesetz ermöglicht dem NDB faktisch, die gesamte elektronische Kommunikation zur präventiven Überwachung anzuzapfen.
Ebenfalls am 17. Juni entschied der Nationalrat über die Revision des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Postund Fernmeldeverkehrs (BÜPF) und stimmte mit 104 zu 80 Voten der Verlängerung der Aufbewahrungsfrist von Randdaten sämtlicher Kommunikationsmittel (Post, Telefon, Internet) von sechs auf zwölf Monate zu. Mit 115 zu 31 Stimmen bei 35 Enthaltungen hiess der Nationalrat auch die Verwendung von GovWare und IMSI-Catchern im Rahmen von Strafverfahren gut.
Freiheit zu welchem Preis? Als Ausgleich zu dieser Ausweitung der Kompetenzen hat der Ständerat am 17. Juni der Schaffung einer unabhängigen nachrichtendienstlichen Aufsicht zugestimmt. Diese soll in Koordination mit der für den NDB zuständigen parlamentarischen Delegation tätig sein. Die Linke ist bezüglich des Gesetzes gespalten. «Wir opfern die Freiheit auf dem Altar der Sicherheit» warnt SGB-Präsident Paul Rechsteiner.
droht die komplet te überwachung? Trotz des Fichenskandals und der Enthüllungen von Edward Snowden gehen wir in Richtung eines Nachrichtendienstes, der wie die NSA alles überwacht», so Rechsteiner. Ein anderer Teil der Linken, der die Vorlage in der Kommission stark abgeändert hat, findet sie ausgewogen.
referendum gegen die BÜPFRevision ist beschlossen Weil es zwischen National- und Ständerat noch Differenzen bezüglich des Überwachungsgesetzes und des Nachrichtendienstgesetzes gibt, sind die Vorlagen in Bern auch nach Abschluss der Sommersession nicht vom Tisch. Dennoch ist davon auszugehen, dass die beiden Vorlagen in der Herbstsession definitiv verabschiedet werden. Unter diesen Vorzeichen versammelten sich am 24. Juni BÜPF-Gegner aller Couleur (sämtliche Jungparteien mit Ausnahme der Jungen CVP, Grünliberale, Vereine und Verbände) und beschlossen in diesem Fall, das Referen dum zu ergreifen. Voraussichtlich wird die Referendumsfrist nach Abschluss der Herbstsession am 6. Oktober anlaufen und am 14. Januar beendet. (red)
Die USA machen einen schrit t zurück, Frankreich prescht vorwärts Vor 14 Jahren verabschiedete der US-amerikanische Kongress den «Patriot Act». Dieses Bundesgesetz räumte den Organisationen zur Terrorismusbekämpfung weitreichende Befugnisse ein. Es ebnete den Weg für das umfassende Überwachungssystem «Prism» der Nationalen Sicherheitsagentur (NSA), dessen Ausmass der frühere Geheimdienstmitarbeiter und Whistleblower Edward Snowden offengelegt hat. Am 4. Juni hat der amerikanische Senat nun den «USA Freedom Act» verabschiedet, der die Überwachungsbefugnisse der NSA etwas einschränken wird. – Im Ausland wird allerdings weiter spioniert wie bisher. Am selben Tag, an dem die Amerikaner ihrer Überwachungswut Grenzen setzten, begann in Frankreich die Diskussion über den Entwurf für ein Abhörgesetz. In einem Schnellverfahren verabschiedeten der Senat am 23. Juni und die Nationalversammlung am Folgetag den Entwurf des Geheimdienstgesetzes. Dazwischen kamen wie ein Blitz aus heiterem Himmel die Enthüllungen von «Libération», «Mediapart» und «WikiLeaks» über die Spionageaktivitäten der NSA gegen drei französische Präsidenten in den Jahren 2006 bis 2012. Die Aufdeckungen hatten jedoch keinen Einfluss auf die Diskussionen im Parlament. Das äusserst umstrittene Gesetz räumt den Sicherheitsdiensten weitreichende Befugnisse zur Bespitzelung ein. Es wird nun vom Verfassungsrat auf seine Verfassungsmässigkeit überprüft. Der Entscheid folgt am 24. Juli. (YS)
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syndicom | Nr. 7 | 10. Juli 2015 Streik beendet: Deutsche Post und verdi einigen sich
© ULF S TEPHAN
Der rund vierwöchige Tarifstreit zwischen der Deutschen Post und der Gewerkschaft Verdi ist beigelegt. Mit der Einigung am Wochenende geht ein bundesweiter Streik von über 30 000 Post-MitarbeiterInnen zu Ende. Die beiden Parteien haben am vergangenen Wochenende einen Kompromiss ausgehandelt und ein umfangreiches Paket beschlossen. Es sieht
Pensionskasse Post
Geringere Rendite wirkt sich auf Renten aus
eine Einmalzahlung für die 140 000 Konzernmitarbeitenden von 400 Euro in diesem Jahr vor. Zudem gibt es eine Lohnerhöhung um zwei Prozent im Jahr 2016 und eine Erhöhung um 1,7 Prozent für 2017. Auch der Kündigungsschutz wurde für die Mitarbeitenden bis 2019 verlängert. Allerdings konnte die Gewerkschaft nicht verhindern, dass die Post einen Teil der Paketzustellung in 49 neu gegründete Regionalgesellschaften auslagert. Die neuen Firmen orientieren sich an den Tarifverträgen der Logistik-Branche. Die Löhne für die 6500 Angestellten liegen deutlich unter dem Haustarif der Post. «Aber es ist uns gelungen, die verbleibenden 7600 Paketzusteller in der Deutschen Post dauerhaft abzusichern», sagte die Verdi-Verhandlungsführerin. (red)
Aufgrund der Entwicklung der Finanzmärkte erwartet die Pensionskasse der Post in Zukunft eine geringere Rendite. Um die korrekte Finanzierung der zukünftigen Renten gewährleisten zu können, senkt die Pensionskasse per 1. Januar 2016 sowohl den technischen Zinssatz als auch die Umwandlungssätze. Um die Auswirkungen der Senkungen abzufedern und das bisherige Leistungsniveau halten zu können, haben sich die Ver-
Mehr Infos unter www.verdi.de
Jahresbericht Postcom
Weniger Reklamationen Die Post besorgt ihre Dienstleistungen und ihren Grundversorgungsauftrag mit hoher Qualität, sagt die Eidgenössische Postkommission (PostCom). Dennoch gibt es Verbesserungspotenzial. Aufmerksam verfolgt wird «die Praxis der Post, die Hauszustellung in abgelegenen Häusern einzustellen», so der PostComJahresbericht. Um 897 Häuser machen die BriefträgerInnen bereits einen Bogen. Fünf Beschwerden sind dazu im vergangenen Jahr eingegangen. Es gehe darum, in konkreten Fällen die von der Post angebotenen Ersatzlösungen zu prüfen. Skeptisch sieht PostCom die Vertraulichkeitsklausel, auf welcher die Post besteht, wenn eine Ersatzmassnahme vereinbart wird.
handlungsdelegationen der Post, des Personalverbandes transfair und von syndicom auf folgende Massnahmen geeinigt: • Die Senkung der Umwandlungssätze wird mit Einlagen auf die individuellen Sparkonten der aktiv Versicherten grösstenteils ausgeglichen. • Die Sparbeiträge seitens der Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden um je 1 Prozent erhöht. (red)
Weitere Infos: www.pkpost.ch.
Kommentar
mehr kundenzufriedenheit Bezüglich der Kundenreklamationen steht die Post besser da als im Vorjahr. 2014 gingen 203 103 Reklamationen bei der Post ein, 2 Prozent weniger als 2013. Am häufigsten habe sich die Kundschaft über verloren gegangene Pakete beschwert. Gemessen an der Gesamtzahl von 2,2 Milliarden versandten Briefen und Paketen in der Schweiz, betrügen die Beschwerden aber weniger als ein Prozent der Fälle. Lob erhält die Post bei der Pünktlichkeit der Zustellung
Swisscom Umfrage 2000 Teilnehmende! syndicom hat von Anfang Juni bis Anfang Juli bei den Swisscom-Mitarbeitenden eine Online-Umfrage zur neuen Job-Architektur und dem Prozess zu deren Einführung durchgeführt (Projekt «Claire»). Daran teilgenommen haben rund 2000 Swisscom-Mitarbeitende. syndicom wertet die Daten nun detailliert aus. Anschliessend werden die Umfrageergebnisse mit der Swisscom und an schweizweiten Infoveranstaltungen auch mit den Swisscom-Mitarbeitern eingehend diskutiert und mögliche weitere Schritte besprochen. (SF)
von Briefen und Paketen. Bei A-Post-Briefen habe sich diese von 97,6 Prozent auf 97,7 Prozent verbessert. 99 Prozent der B-Post-Briefe hätten die Empfänger rechtzeitig erreicht. Bei den Priority-Paketen konnten 97,4 Prozent rechtzeitig zugestellt werden (2013: 97,3%), bei den Economy-Paketen waren es 97,5 gegenüber 97,7 Prozent im Vorjahr. Die Post habe damit die Vorgaben des Bundesrates für eine pünktliche Zustellung von 97 Prozent bei Briefen und 95 Prozent bei Paketen übertroffen.
studie in planung Die PostCom will sich künftig stärker mit den Arbeitsbedingungen in der Postbranche beschäftigen und hat dazu eine Studie in Auftrag gegeben. Diese soll Mindeststandards für branchenübliche Arbeitsbedingungen festlegen. syndicom be grüsst diese Massnahme. (red)
© Z VG
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Rentenkürzungen? Nicht mit uns! Nur starke Vertretungen der Arbeitnehmenden in den Stiftungsräten der Pensionskassen und starke Gewerkschaften verhindern Rentenkürzungen bei den künftigen RentnerInnen! Dies ist nicht einfach so dahergesagt. Den Beweis dazu haben wir erbracht bei den Verhandlungen mit der Pensionskasse Post zur Abfederung der Senkung des technischen Zinssatzes per 1. Januar 2016. Wir sind mit der Forderung «Im Alter würdig leben» in die Verhandlungen eingestiegen. Und das Resultat lässt sich sehen: Das Rentenniveau konnte gehalten werden, und die Beitrags erhöhungen für die Arbeitnehmenden fallen moderat aus. Trotzdem: Die berufliche Vorsorge (BVG) in der Schweiz ist eine «Fehlkonstruktion» , weil sie darauf aufbaut, dass sich kontinuierlich weiter Wachstum anhäuft. Gerade in unsicheren Zeiten spielen die Finanzmärkte aber «verrückt». Auch die fatalen Entscheide der Schweizerischen Nationalbank (SNB), den Euro-Mindestkurs auf zugeben und Negativzinsen einzuführen, haben massive Auswirkungen. Betroffen sind einmal mehr die Pensionskassen – die ja zur Sicherung der Rentenzahlungen grosse Bestände an flüssigen Mitteln halten müssen. Es sind eben nicht die Milliardäre in der Schweiz, die unter solchen Krisen leiden müssen. Nein, es sind die normalen Arbeitnehmenden, die diese «versalzene Suppe» aus löffeln dürfen. Zur Angst, die Arbeitsstelle zu verlieren, gesellt sich die Angst, im Alter mit einer viel tieferen Rente leben zu müssen – und das in einem der reichsten Länder der Erde. Mit der Initiative «AHV plus» des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), die im nächsten Jahr zur Abstimmung kommt, versuchen die Gewerkschaften deshalb, die Fehlentwicklungen bei der Altersvorsorge in der Schweiz zu korrigieren und eine Umlagerung von der zweiten in die erste Säule vorzunehmen. Damit schaffen wir mehr soziale Sicherheit. Fritz Gurtner, Leiter Sektor Logistik
Cablex Firmenkonferenz Cablex: Genug ist genug! Letztes Jahr gab es bei Cablex Diskussionen über Verstösse gegen das Arbeitsgesetz und den Gesamtarbeitsvertrag. Knausrigkeit bei Spesen und Arbeitskleidern sowie ein rüder Umgangston verschlechterten die Stimmung zusätzlich. Im Dezember forderten Mitarbeitende von Cablex eine Verbesserung der Situation in den nächsten drei Monaten. Im März wurde beschlossen, weitere drei Monate abzuwarten und die Entwicklungen zu beobachten. An der Firmenkonferenz vom 3. Juli stellten die Mitarbeitenden nun fest, dass sich die anfänglich eingestellte Verbesserung der Situation leider nicht über mehrere Monate halten konnte. Im Gegenteil, die Personalknappheit und die damit verbundenen viel zu langen Arbeitszeiten seien noch nie so schlimm gewesen, beanstandeten Cablex-Mitarbeitende. Dennoch wollen sie ihrem neuen CEO Daniel Binzegger eine Chance geben, die unhaltbaren Zustände zu ändern. Dazu wurde eine überregionale Delegation zusammengestellt, die nun mit syndicom und Cablex die anstehenden Probleme im Dialog lösen soll. (SF)
Unterwegs mit Cablex Für einen Tag begleitete syndicom ein Cablex-Team, um sich ein Bild vom Berufsalltag der Basis zu machen. Ein Erlebnisbericht. Fabrizio D’Orazio* Frühmorgens am 26. Mai trafen wir beim Cablex-Standort Gümligen ein. Nach einem Empfang informierte uns Urs Nyffenegger (Leiter Netzbau Projekte/ Service) über den vorgesehenen Tagesablauf und teilte uns verschiedenen Teams zu, die wir tagsüber begleiten durften. Der erste Auftrag meines Teams führte uns zur Verlegung eines Kabelzuges ins Marzili-Quartier nach Bern. Dort wurde ein Kunststoffrohr
von einer Rolle in einen Schacht gelassen. Als nächster Schritt zur Speisung eines Stromverteilers wurden Elektrokabel ins Rohr verlegt. Sehr bald wurde mir klar, dass im Team die nonverbale Kommunikation den Alltag beherrscht. Jeder Handgriff sitzt, und jeder weiss, was zu tun ist. Alle Teammitglieder bringen langjährige Berufserfahrung mit, wodurch das Team doch
ziemlich harmonisch eingespielt wirkt. Später ging es weiter in Richtung Hindelbank. Alle Schächte an der Krauch thalerstrasse mussten auf mögliche Wasserbestände überprüft und das Wasser zum Teil abgepumpt werden. Ein Debriefing beendete unseren interessanten Besuchstag bei Cablex.
* Regionalsekretär Bern/ Oberwallis
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BESUCH BEI SKYGUIDE
GAV für die grafische Industrie
Schutzengel der Lüfte
Heiterer Einstieg – düstere Aussichten Fortsetzung von Seite 1 den auch in Zukunft von unserer Gewerkschaft im Rahmen des Helias-Programms durchgeführt. Seit Jahren hält syndicom für die Mitglieder ein breites Kursangebot im beruflichen Bereich und darüber hinaus bereit. Der zweite, ebenso wichtige Abschluss an diesem zunächst so friedlichen Morgen betraf das Reglement für die Durchführung und Kontrolle des GAV: ein zentraler Bestandteil der Allgemeinverbindlich erklärung. In diesem Reglement werden die Kontrollen in den Betrieben, die Sanktionen im Falle der Nicht einhaltung und die Finanzierung des GAV festgelegt.
© YVES SANCEY
Täglich durchkreuzen 26 000 Flugzeuge den europäischen Himmel. 3150 davon werden von Skyguide durch den Schweizer Luftraum geführt. Bei einem Besuch in Genf erhielt die Redaktion Einblick in den Arbeitsalltag der Skyguide-Mitarbeitenden und in die Problematik der Luftraumsicherheit. syndicom verhandelt gegenwärtig mit Skyguide die Erneuerung des GAV. Yves Sancey
AVE anerkannt
Das Herz von Skyguide ∙ Der Kontrollraum ist streng überwacht.
Geräte und Anlagen nach den verschiedenen Flugebenen gruppiert sind. «Durchschnittlich befinden sich 15 bis 25 Flugzeuge in einem Sektor. Es gibt 10 Sektoren. In Genf werden also von maximal 18 Personen manchmal gleichzeitig bis zu 250 Flugzeuge kontrolliert», erklärt Ferretti.
sondere auch mit dem Arbeits inhalt. Dieses Ergebnis einer kürzlich durchgeführten Personalbefragung zeigt, dass bei uns ein gutes Klima herrscht», sagt Roger Gaberell weiter. Es gibt kaum Personalwechsel (rund 2 Prozent), das Dienstalter liegt bei durchschnittlich 13 Jahren. Zur Bindung der Mitarbeitenden, deren Ausbildung relativ aufgeschlossene teuer ist, bietet das Unternehunternehmenskultur Um diese komplexe Aufgabe men sehr gute Löhne, Ruhebewältigen zu können, müssen zeiten nach dem Pikettdienst, Aufstiegsdie hoch qualifizierten Mitar- Weiterbildungen, beitenden unter guten Bedin- möglichkeiten und eine gute gungen arbeiten können. «Sky- Pensionskasse. «Wir setzen uns guide legt grossen Wert auf das auch für eine offene Unternehkörperliche und geistige Wohl- menskultur ein. Wenn es einem befinden der Angestellten. Gute Mitarbeitenden nicht gut geht, Arbeitsbedingungen sorgen für wenn er einen Fehler gemacht engagierte und motivierte Mit- hat oder ein Problem feststellt, kann er dies angstfrei melden. Wir nehmen das Anliegen ernst «Skyguide ist ein guter und reagieren darArbeitgeber – auch dank der auf, ohne dass er um Kooperation mit syndicom.» seine Stelle fürchten muss», erklärt Gaberell. arbeitende», sagt der Kommu- Skyguide legt besonderen Wert nikationsverantwortliche Roger auf die Sozialpartnerschaft. Gaberell. «Deshalb unterstüt- Regelmässig finden Treffen mit zen wir die Personalentwick- den Gewerkschaften statt, vor lung, bieten vorteilhafte Arbeits- allem in den GAV-Kommissiobedingungen und fördern die nen. «Es funktioniert sehr gut Gesundheit und flexible Arbeits- mit syndicom», meint Roger formen.» «87 Prozent der Sky- Gaberell. Die Verhandlungen guide-Mitarbeitenden sind mit über die Erneuerung des GAV für ihrem Beruf zufrieden, insbe- März 2016 verlaufen in einem
Bedingungen wie in China
Noch vor der Präsentation seines Forderungskatalogs versicherte Viscom-Präsident Thomas Gsponer mit einem Seitenhieb auf einen Artikel in der syndicom-Zeitung vom 15. Mai, dass der Arbeitgeberverband in der grafischen Industrie keineswegs chinesische Arbeitsbedingungen einführen wolle. Aber wie «Wir müssen Druck aufbauen soll man dieser Ausund sind bereit für einen sage Glauben schenken, wenn gemäss langen und harten Kampf.» den Forderungen von Viscom die NormalSchweiz unterstehen und nicht arbeitszeit in der Branche auf nur die Unternehmen, die im 42 Wochenstunden angehoben Viscom als Mitglieder zur Ein- werden soll, auch im Zeitungshaltung des GAV verpflichtet druck? Wenn die Zuschläge für sind. Jetzt hoffen wir, dass wir Nachtarbeit auch für diese Kolden Schwung dieser ersten posi- legen auf 50 Prozent gesenkt tiven Ergebnisse beim Kampf für werden sollen – nachdem sie gute Arbeitsbedingungen auch schon im Akzidenzdruck herin die Zukunft mitnehmen kön- untergefahren wurden? Wenn nen. Der Verwirklichung die- die Zuschläge für Personen, die ses wichtigen Zieles, das unsere ihren Arbeitsplatz während
der Pause nicht verlassen können, ebenso gestrichen werden sollen wie die Mahlzeitenzulagen? Wenn die Mindestlöhne für nicht qualifiziertes Personal aufgehoben und die Krankentaggelder reduziert werden sollen? Und wenn ein Krisenartikel, der den GAV total aushebelt, eingeführt werden soll – in einer Branche, die sich seit Jahren und wohl auch in Zukunft in einer Dauerkrise befindet? Was würden diese und all die weiteren Abbauvorschläge von Viscom anderes bewirken als eben dies: «chinesische Zustände»? Wenn dann noch unsere einzige Forderung, die Einführung eines sozialverträglichen Frühpensionierungsmodells, als viel zu teuer abgekanzelt wird, dann stehen wir, wenn noch nicht in China, so doch eindeutig schon im Zollhäuschen. Dies können wir auf keinen Fall akzeptieren!
die schamlosen Attacken verteidigen; zweitens wollen wir dem Frühpensionierungsmodell zur Durchsetzung verhelfen. Die massiven Angriffe von Viscom richten sich vor allem gegen das Personal, das Nachtschicht arbeitet, insbesondere im Zeitungsdruck. Daneben würde eine Aufhebung des Mindestlohns für nicht qualifiziertes Personal dem Lohndumping in der gesamten grafischen Industrie Tür und Tor öffnen, ganz besonders in den Randregionen. Die Einführung der 42-Stunden-Woche würde zu Entlassungen in all jenen Druckereien führen, die heute schon kaum genügend Aufträge haben, um 40 Wochenstunden auszulasten. Keine Frage: Wir müssen zusammenstehen und Druck aufbauen. Vor uns stehen Monate intensiver Arbeit. Wir sind bereit.
Kampfwillen zeigen!
Angelo Zanetti, Zentralsekretär Grafische Industrie
Die Stimmung in unserer Delegation war nach dem ersten Treffen einerseits positiv, aber gleichzeitig geprägt von Kampfwillen. In erster Linie wollen wir den aktuellen GAV gegen
Alle Infos (Frühpensionierungsmodell, Viscom-Forderungen, Hintergründe) im Dossier GIVGAV auf syndicom.ch
Flugraum auf dem bildschirm ∙ Jeder Punkt steht für 200 bis 300 Personen, für die die Skyguide-Mitarbeitenden verantwortlich sind.
konstruktiven Klima, bestätigt Ferretti. «Skyguide ist ein guter Arbeitgeber, auch dank der Arbeit und Kooperation mit syndicom. Es ist wichtig, dass sich unsere Angestellten bei einem so verlässlichen Sozialpartner engagieren», sagt Gaberell.
Schwarze Wolken sind angekündigt In den kommenden Jahren könnte die Schweizer Flugsicherung aber verschiedene Herausforderungen zu bewältigen haben, mit dem Konzept des einheitlichen europäischen Luftraums (Single European Sky), in das die Schweiz und Skyguide über die bilateralen Verträge eingebunden sind. Die Europäische Kommission will den Flugverkehr in Europa besser organisieren. Seit 2006 beteiligt sich die Schweiz zusammen mit Deutschland, Belgien, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden am Projekt FABEC, um einen gemeinsamen funktionalen Luftraumblock zu schaffen. Für Daniel Ferretti handelt es sich um eine «rein finanzielle Logik, die nichts mit der Luftfahrt zu tun hat». Über die Leistungskriterien für die nächste Periode (2015 bis 2019), die noch verhandelt werden, wurde in ganz Europa heftig debattiert. «In den GAV-Verhandlungen wird man diese europäischen Normen zur Senkung der Kosten bei den Löhnen, die heute automatisch und unabhängig von der wirtschaft-
lichen Entwicklung ansteigen, berücksichtigen müssen», sagt Roger Gaberell. «Zusammen mit den Sozialpartnern werden wir zufriedenstellende Lösungen für alle finden.» Die Einführung eines virtuellen Zentrums soll dabei helfen. Dieses soll die Arbeitsinstrumente und -methoden in Genf und Zürich modernisieren. «Durch die schrittweise virtuelle Fusion der beiden Standorte wird es unter anderem möglich sein, die Sicherheit, Flexibilität und Produktivität der Flug sicherung zu verbessern», meint Gaberell. Daraus sollten sich Einsparungen, aber auch Investitionen ergeben. «Diese Einsparungen werden erst langfristig möglich sein. Denn es wird eine äusserst komplexe Aufgabe, eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen den beiden Zentren herzustellen. Dazu wird es mehr Personal brauchen», so Ferretti. «Das gibt allen Mitarbeitenden ein Ziel und verhindert einen Kampf zwischen Genf und Zürich. Es ist ein gemeinsames Projekt. Für den Betrieb ist das unbezahlbar.»
GAV-Verhandlungen syndicom ist in den GAV-Verhandlungen mit Skyguide Sozialpartner auf Arbeitnehmerseite und vertritt dort die Interessen unserer Mitglieder. (red)
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Mitarbeitende bei Skyguide ∙ Daniel Ferretti, syndicom-Mitglied und Vertreter der Sektion Flugsicherung (links), und Roger Gaberell, Kommunikationsverantwortlicher bei Skyguide (rechts).
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Der Zutritt zu Skyguide ist nach dem Zwiebelschalenprinzip aufgebaut und streng gesichert. Zum Herzen des Flugsicherungsbetriebs – den Technik- und Kontrollräumen – dringt man erst vor, nachdem man verschiedene Schleusen passiert hat. In Genf ist nur ein kleiner Teil des Personals, das für sichere An- und Abflüge sorgt, direkt im Kontrollturm beschäftigt. Der Grossteil der Mitarbeitenden von Skyguide arbeitet in einem nur einige Kabellängen entfernten anderen Gebäude: Sie koordinieren den Weiterflug gestarteter Flugzeuge und die Überflüge über die Schweiz. Daniel Ferretti, Vertreter der Sektion Flugsicherung und Mitglied von syndicom, führt uns durch diese Räume, die er wie seine Westentasche kennt. Im Erdgeschoss befinden sich die technischen Anlagen – über 60 Informatiksysteme, die für die Flugsicherung benötigt werden. In den Reihen mit Serverschränken blinken unzählige kleine Lichter in verschiedenen Farben. Seinen Beruf, den er schon vor dem Informatikzeitalter ausgeübt hat, kennt Ferretti von Grund auf . «Meine Aufgabe? Ich muss wissen, ob die 60 Systeme funktionieren, und im Problemfall umschalten und neu starten. Man muss die Interaktionen zwischen den Systemen kennen und den Kontrollraum-Verantwortlichen bei Pannen richtig beraten. Am schwierigsten aber ist es, die Reparaturzeit abzuschätzen!» Daniel Ferrettis Arbeitsplatz liegt im ersten Stock, im Kontrollraum, wo die
© YVES SANCEY
Überwachung von 250 Flugzeugen gleichzeitig
Bekanntlich hat Viscom den AVE-Prozess letztes Jahr entgegen allen früheren Vereinbarungen abgebrochen. Jetzt gab der Unternehmerverband ohne Zögern seine Zustimmung zur Allgemeinverbindlicherklärung – vorausgesetzt, die GAV-Verhandlungen kommen zu einem
positiven Abschluss. Wir betrachten das als Erfolg und verdienten Lohn für die Hartnäckigkeit der Gewerkschaften: syndicom und Syna hatten den festen Willen, diese für den AVE-Prozess unerlässliche bürokratische Hürde noch vor Aufnahme der eigentlichen Vertragsverhandlungen zu überwinden. Denn wir wollen einen GAV, dem sämtliche Druckunternehmen in der
Gewerkschaft schon lange verfolgt, steht nun nichts mehr im Wege – vorausgesetzt, dass die GAV-Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen werden können.
© NINA SCHEU
Eine sichere, flüssige und wirtschaftliche Abwicklung des Flugverkehrs im schweizerischen und im angrenzenden Luftraum – diesen Auftrag hat Skyguide, ein nicht gewinnorientiertes privates Unternehmen im Mehrheitsbesitz des Bundes. Jährlich überwachen 1400 Personen über 1,1 Millionen Flüge an 14 Standorten, hauptsächlich in Genf und Kloten/Dübendorf. Die Bewirtschaftung des engen Luftraums über der Schweiz, in dem sich die bedeutendsten Verkehrs ströme Europas kreuzen, ist besonders komplex. Jeder Punkt auf den Kontrollbildschirmen steht für 200 bis 300 Personen, für welche die Skyguide-Mitarbeitenden verantwortlich sind.
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Viscom-Delegation ∙ Samuel Baumann, Joseph Rudin, Irene Karoussos, Thomas Gsponer, Michael Wasescha, Ruedi Steiner, Andreas Cavelti (es fehlt Stefano Soldati).
Gewerkschaftsdelegation ∙ Toni Kunz, Hansruedi Looser, Trix Kuchen und Tibor Menyhárt von Syna, Niklaus Dähler, Roland Kreuzer, Angelo Zanetti, Pierre Djongandeke, Alexis Patino, Dominik Dietrich.
Abschiedsbesuch bei der Nzz-Druckerei
Die letzten Tage in Schlieren
Die Maschinen von NZZ Print könnten vor lauter Aufträgen Tag und Nacht weiterrotieren. Nun aber wird der Betrieb geschlossen und die gesamte Belegschaft vor die Tür gestellt. Adrian Riklin, WOZ-Redaktor syndicom-Mitglied Thierry Grandchamp scheint bestens gelaunt an diesem Freitagabend. Er begrüsst mich vor dem Seiteneingang des NZZ-Print-Gebäudes in Schlieren, gleich neben den Bahngleisen. Grandchamp ist einer der 125 MitarbeiterInnen, die bis Ende Juni ihre Garderobenkästen für immer räumen müssen. Seit dem Schliessungsentscheid der NZZ-Unternehmensleitung im Februar dieses Jahres sind die Aufträge des florierenden Unternehmens sukzessive heruntergefahren worden. Wie viele seiner Kolleg Innen arbeitet der 44-jährige Grand-
champ seit Jahren in Schlieren. 1988 hatte er als Druckerlehrling bei NZZ Print begonnen. In all den Jahren im Betrieb erlebte er die Entwicklung der verschiedenen Rotationsdruckverfahren vom Hoch- bis zum Offsetdruck – und gestaltete sie mit.
Begehrte MitarbeiterInnen Es ist an diesem Abend das viertletzte Mal, dass der Drucktechnologe in Schlieren eine Nachtschicht antritt. Und doch ist Grandchamp, der seit seiner Lehre gewerkschaftlich engagiert ist (zuerst im Lithografenbund, dann in der Comedia und seit 2011 bei syndicom), erleich-
tert: Bis auf vier haben alle der 73 MitarbeiterInnen in der Produktion, die noch zu jung sind, um wie 33 ältere KollegInnen frühpensioniert zu werden, eine neue Stelle gefunden: «Es hat sich gezeigt, dass NZZ-Print-Mitarbeiter in der Branche einen guten Ruf haben. Auch von den Nicht-Gelernten haben die meisten eine Stelle in einer Druckerei gefunden.» Grandchamp selbst hat in Volketswil, nur wenige Autominuten von seiner Wohnung entfernt, eine Stelle in einem Tiefdruckverpackungsunternehmen gefunden. Tag für Tag wird es stiller in den Gängen und Räumen. Bis Ende
Juni, wenn die letzten Bögen gedruckt werden, wird es noch gespenstischer werden. Der Protest von NZZ-Mitarbeiter Innen (mit Unterstützung von Medienschaffenden und solidarisch Verbündeten) gegen den im November angekündigten Schliessungsentscheid scheint die Unternehmensleitung doch beeindruckt zu haben, zu mindest so weit, dass sie sich zusammen mit den Sozialpartnern zu einem vergleichsweise guten Sozialplan durchgerungen hat. Ansonsten hätte der Abbau nicht derart störungsfrei über die Bühne gehen können: Die Gefahr eines Streiks und
einer nachhaltigen medialen Rufschädigung des Gesamtunternehmens wäre zu gross gewesen. Immerhin besteht etwa die Hälfte der Belegschaft aus Gewerkschaftsmitgliedern. «Mit recht hohen Abgangsentschädigungen wollte die Unternehmensleitung sicherstellen, dass kein längerer Arbeitskampf entsteht. Der Widerstand gegen die Schliessung hielt sich darum in Grenzen», bestätigt syndicom-Regionalsekretär Dominik Dietrich. Je nach Dienstalter seien mehrere Monatslöhne plus Schichtzulagen ausbezahlt worden.
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Porträts von NZZ-Print-Mitarbeiterinnen 1
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Die Menschen hinter den Zahlen Die NZZ-Druckerei in Schlieren wird stillgelegt, die gesamte Belegschaft vor die Tür gestellt. In einer Bildserie porträtierte WOZ-Fotografin Ursula Häne betroffene MitarbeiterInnen auf eindrückliche Weise in ihrem privaten Umfeld.
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Mit dem Entscheid der NZZ-Unternehmensleitung, die Druckerei in Schlieren auf Ende 8 Juni zu schliessen, haben 125 von 184 MitarbeiterInnen ihre Stelle verloren: Menschen mitten im Leben, die teilweise seit vielen Jahren mit Herzblut ihrer Arbeit nachgingen. Auf dieser Doppelseite zeigen wir einen Ausschnitt aus der WOZ-Fotoserie, die die-
1 Rita Pally (62), Sachbearbeiterin · «Ich liebe Blumen.» Rita Pally arbeitet seit 25 Jahren in Schlieren. Aufgewachsen im rätoromanischen Curaglia, spricht sie alle vier Landessprachen. Im Sommer wird sie frühpensioniert. Dann wird sie noch mehr Zeit in ihrem Schrebergarten in Oberengstringen verbringen und Collagen mit gepressten Blumen kreieren.
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2 Christian Möller (38), Betriebsmechaniker · «Die Familie gibt meinem Leben Sinn.» Seit sieben 12 Jahren fährt der gelernte Autoschlosser mit der Honda nach Schlieren. Dort arbeitet der Thüringer Schicht, weil er so mehr Zeit für die Familie hat. Sohn Jan ist drei Monate alt, Sohn Carl ist neun. Zur Familie zählt auch Lemmy (links unten), benannt nach dem Motörhead-Sänger. 3 Noah Schamberger (25), Drucktechnologe · «Zu wissen, dass Drucken keine Zukunft hat, nimmt einem die Freude an der Arbeit.» Schamberger arbeitet seit 2006 in Schlieren, wo er schon seine Lehre gemacht hat. Seine berufliche Zukunft lässt er vorläufig offen. Auf seinem selbst gebauten Velo mit starrem Gang und ohne Bremsen geniesst er das Gefühl von Freiheit.
Fortsetzung von Seite 7 «Einen so guten Sozialplan hat es in der grafischen Branche in den letzten zwanzig Jahren kaum gegeben», sagt auch Grandchamp. «Das heisst aber nach wie vor nicht, dass die Schliessung für uns nachvollziehbar ist», betont Dietrich, der selbst jahrelang als Drucker gearbeitet hat und sich mit syndicom im Rahmen eines Konsultationsverfahrens bis zum definitiven Entscheid im Februar vehement für die Weiterführung des Betriebs eingesetzt hat.
Unnötige Schliessung Die Betriebskommission legte in ihrem Bericht im Januar detailliert dar, weshalb eine Schliessung «betriebswirtschaftlich unnötig und strategisch falsch» sei. Den Preis zahlt die ganze Branche: Die Schliessung ist ein schlechtes Signal für die grafische Industrie.» Dietrich ist froh, dass die meis-
ten MitarbeiterInnen bereits Anschlusslösungen gefunden haben: «Am schwierigsten war es für Ungelernte, eine neue Stelle zu finden.» Insgesamt sei man bei der NZZ Print «mit einem blauen Auge davongekommen», bilanziert Dietrich. «Bei Swiss Printers, der ehemaligen Druckerei des «St. Galler Tagblatts, die ebenfalls zur NZZ-Gruppe gehört, war es viel schlimmer.» Ende 2011 wurden dabei in Zürich und St. Gallen über 300 MitarbeiterInnen auf die Strasse gestellt. «Ich habe Kollegen», so Dietrich, «mit denen ich in St. Gallen als Drucker zusammengearbeitet habe und die inzwischen ausgesteuert sind.» Hohe Abfindungen, Weiterbildungsbeiträge, Unterstützung bei der Stellensuche: All das ändert nichts daran, dass es unternehmerisch verantwortungslos ist, einen solchen Betrieb zu schliessen. Die Stra-
tegie der Unternehmensleitung, die dahintersteckt, ist so simpel wie zynisch: Einziges Ziel der NZZ ist es, mit der Opferung des Zeitungsdrucks das operative Ergebnis der Gruppe «um jährlich einen hohen einstelligen Millionenbetrag» zu verbessern.
Jede Woche Abschiedstränen «Seit Jahren ist in der NZZ Print niemand entlassen worden. Die vielen langjährigen MitarbeiterInnen bildeten ein perfekt eingespieltes Team. Und die Identifikation mit dem Betrieb war überdurchschnittlich hoch», sagt Grandchamp. Er wirft einen Blick auf die Uhr. Wenige Minuten noch bis zur Nachtschicht. Jetzt erst, in diesen paar Sekunden des Schweigens, ist Trauer spürbar. «Am meisten wird mir wohl die Teamatmosphäre fehlen», sagt Grandchamp. «So ein Zusammenhalt: So etwas gibt es heute fast nicht mehr – das ist, wie wenn man eine Fami-
lie auseinanderreisst.» Schliesslich greift Thierry zur Türklinke. «Jede Woche Abschiedstränen», sagt er. Und lacht. «Wir sind schon eine fröhliche Multikultitruppe», sagt er zum Abschied. «Hier ein Australier, dort ein Amerikaner – und dort drüben, schau: Da kommt ein Aargauer!» Und schon ist Grandchamp im Gebäude verschwunden. Wenig später ist ein mächtiges Dröhnen zu hören. Während die 120 Tonnen schwere, 68 Meter lange und 13 Meter hohe Hochleistungsmaschine rotiert und rattert und die 124 000 Exemplare über die Rollenwechsler, Drucktürme und durch die Wendestrasse in die Falzapparate jagt. Da regiert sie wieder, als würde es ewig so weitergehen: die Gegenwartsform. Alles ist voll auf Kurs.
Die ungekürzte Originalversion dieses Beitrags erschien am 25. Juni in der WOZ.
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9 Thierry Grandchamp (44), Drucktechnologe · «So musste ich halt eine neue Arbeit suchen.» Thierry Grandchamp arbeitet seit 1992 in Schlieren, wo er schon seine Lehre machte. Lange organisierte der passionierte Tennisspieler (ehemaliger Ostschweizer Juniorenmeister) das NZZ-Turnier. Er hat inzwischen eine neue Stelle in einem Tiefdruckverpackungsunternehmen gefunden. 10 Oktay Bülent SerdaroĞlu (43), Maschinenführer · «Ich hoffe, wieder ein so gutes Arbeitsklima zu finden – möglichst in einer Druckerei.» Oktay Bülent Serdaroğlu arbeitet seit 2004 in Schlieren. Aufgewachsen in Istanbul, kam er 1993 aus Trabzon in die Schweiz. Mit Sohn Mehmet ist er oft im Vereinslokal Zenozena in Baar anzutreffen. Beide sind sie Fans des FC Trabzonspor. 11 Jasmina StankoviĆ (21) und Petra Kneubühl (22), Drucktechnologinnen · «Beim Velofahren schalten wir ab», sagen Jasmina Stanković (links) und Petra Kneubühl. Stanković schliesst im Sommer ihre Lehre als Drucktechnologin ab und will anschliessend die Matura nachholen; Kneubühl bildet sich berufsbegleitend in Medienmanagement und -wirtschaft weiter. 12 Felix Tabulong (48), Maschinenführer · «Ich arbeite gerne Nachtschicht, weil ich so tagsüber viel Zeit fürs Training habe.» Felix Tabulong arbeitet seit 25 Jahren bei der NZZ-Druckerei. An den freien Tagen lebt der Vater zweier erwachsener Söhne seinen Bewegungsdrang mit Joggen, Schwimmen und diversen Kampfsportarten aus.
5 Jasmin Kündig (22), Köchin · «Schwimmen gibt mir ein gutes Körpergefühl», sagt Kündig, die als Mädchen Silber bei der Regionalmeisterschaft der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft gewann. Die Köchin und Bäckerin/Konditorin kocht seit 2011 für die Schlieremer Belegschaft. Jasmin ist auf der Suche nach einer neuen Anstellung.
13 Jason Dähler (26), Maschinenführer · «Beim Thaiboxen kann ich überschüssige Energie rauslassen.» Jason Dähler arbeitet seit bald vier Jahren in der NZZ-Druckerei und ist dort für das Beheben von Störungen an diversen Anlagen verantwortlich. Dreimal wöchentlich geht er nach der Arbeit ins benachbarte Dietikon zum Training.
6 Christof Goetschi (53), Teamleiter Druck · «Modellfliegen: Für mich ist das Erholung pur.» Wenn immer möglich, nutzt der passionierte Modellflugpilot die Gunst der Stunde, um seinem Hobby zu frönen. Ab diesem Sommer will der gelernte Offsetdrucker, der seit 22 Jahren bei der NZZ Print arbeitet, vermehrt 16 Computerkurse besuchen.
14 Franko Brajković (48), Maschinenführer · «Der Entscheid der Konzernleitung, die Druckerei Ende Juni zu schliessen, hat mich ins Herz getroffen.» Franko Brajković arbeitet seit fünfzehn Jahren in der NZZ-Druckerei. Er bedient und überwacht Maschinen zur Adressierung und Verpackung. Dabei schätzt er das gute Arbeitsklima. In der Freizeit tanzt er leidenschaftlich, derzeit vor allem Salsa.
7 Marco Meyer (30), Drucktechnologe · «Ein Jobwechsel kann auch eine Chance sein.» Marco Meyer arbeitet seit 2010 als Drucktechnologe bei der NZZ. Der passionierte Skateboarder fährt regelmässig zu seinem Lieblingsplatz in Nuolen am Zürichsee. 24 Unterschriften von ArbeitskollegInnen zieren das Board, das diese ihm letztes Jahr zur Hochzeit geschenkt haben.
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Die letzten Tage in Schlieren
4 Giuseppe Bufalino (60), Hilfsdrucker · «Wir wohnen im Paradies.» Giuseppe Bufalino aus Thalwil arbeitet seit 27 Jahren in Schlieren. Nun wird er frühpensioniert. Bald hat der gebürtige Sizilianer, der 14 fünfzig Jahre leidenschaftlich Fussball spielte und «seit Geburt» Inter-Mailand-Fan ist, Zeit für seine neue Passion: ausgedehnte Spaziergänge, zusammen mit Kollegen.
se Menschen in den Fokus rückt. Berührende Geschichten von Hobby-GärtnerInnen, passionierten Vätern, Velobastlern und Radfahrerinnen, leidenschaftlichen Fussballern und Fussballfans, preisgekrönten Schwimmerinnen und Tennisspielern, Modellflugpiloten, Skateboardern, Kampfsportlern, Tänzern und Fotografen.
8 Ostoja SpasojeviĆ (58), Hilfsdrucker · «Letztes Jahr habe ich fast fünf Kilo Feigen geerntet.» Nach 25 Jahren als Hilfsdrucker bei der NZZ in Schlieren wird Ostoja Spasojević im Sommer frühpensioniert. Dann möchte er sich eine Teilzeitstelle suchen. Neben der Arbeit verbringt er viel Zeit mit der Pflege seines Gartens und freut sich auf die Früchte seines Lieblingsbaums.
15 Marcel Keller (43), Maschinenführer · Der gelernte Maschinenmechaniker arbeitet seit vier Jahren in Schlieren. «Liest jemand im Tram Zeitung, freut mich das – Wissen mitzuverbreiten, gefällt mir.» Keller sorgt dafür, dass Beilagen korrekt eingesteckt werden. Er ist auch passionierter Fotograf: www.flickr. com/photos/radical_overflow. 16 David Pierlot (33), Schichtleiter Ausrüstung und gelernter Automechaniker · «Ich arbeite gerne Schicht, weil ich dadurch viel Zeit für Estelle und Maxime habe.» David Pierlot arbeitet seit 2005 in Schlieren. Als Schichtleiter organisiert er die Versandarbeit und überwacht die Produktion: «Immer neue Herausforderungen, das gefällt mir.»
syndicom | Nr. 7 | 10. Juli 2015 in Kürze
Medienfreiheit und Pluralismus in Zeiten von konflikten
Landesverräter zwischen den Fronten Der Ukraine-Konflikt ist auch ein Informationskrieg, der JournalistInnen auf beiden Seiten gefährdet. Roman Berger, Journalist
im visier der konfliktparteien ∙ Längst sind Medienleute nicht mehr nur Opfer, sondern als informationsübermittelnde Akteure in Konflikte eingebunden.
Ein Schnappschuss vom Kriegsschauplatz Ostukraine (s. Bild): Ein Journalist liegt am Boden. Obwohl er eine kugelsichere Weste mit der Aufschrift «Press» trägt, wird er von einem bewaffneten Kämpfer verfolgt. Seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges in der Ostukraine vor vierzehn Monaten sind mindestens acht Medienschaffende bei der Ausübung ihrer Arbeit getötet worden. Im Ukraine-Konflikt sind Journalisten nicht nur Opfer von Gewalt, sie werden in einem Informationskrieg auch instrumentalisiert. Die Konfliktparteien werfen sich gegenseitig
Die OSZE setzt sich für Medienfreiheit in Konfliktund Kriegsgebieten ein. Propaganda und Hassreden vor. Am staatlich kontrollierten russischen Fernsehen heisst es: «Die Ukraine wird von einer faschistisch-nazistischen Junta kontrolliert.» Auf der Gegenseite führt die ukrainische Regierung eine «antiterroristische Operation» gegen die Aufständischen. Die Bewohnerinnen und Bewohner in den «Volksrepubliken» Lu gansk und Donezk sind empört: «Wir sind doch ukrainische Bürger, keine Terroristen.»
knallharter informationskrieg Der Bürgerkrieg in der Ukraine und die neue Ost-West-Spannung waren Anlass einer zweitägigen
Konferenz in Wien zum Thema «Sicherheit von Journalisten. Medienfreiheit und Pluralismus in Zeiten von Konflikten», durchgeführt von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). «Es ist schlimmer als zur Zeit des Kalten Krieges», meint der ukrainische Journalist Yevhen Fedchenko. Die russische Regierung habe die Information in eine Waffe verwandelt. Mit dem englischsprachigen Fernsehkanal RT («Russia Today») und dem in dreissig Sprachen produzierenden Nachrichtenportal «Sputnik» sei es Moskau gelungen, einen globalen Informationskrieg vom Zaun zu brechen. Paula Slier, eine Mitarbeiterin von RT, widerspricht: »Es war höchste Zeit, dass der Westen neben CNN, BBC und Voice of America auch andere Gesichtspunkte zu hören bekommt.» Der britische Medienspezialist Aidan White verweist auf das angeschlagene Image führender amerikanischer Medien. Weil sie die Propaganda der Bush- Regierung zur Rechtfertigung des Irak-Krieges übernommen hätten, seien noch heute viele Amerikaner überzeugt, Saddam Hussein habe über Massenvernichtungswaffen verfügt und sei ein Drahtzieher der Anschläge von 9/11 gewesen. «Offensichtlich haben Lügen einen Langzeiteffekt, auch in Ländern mit freien Medien», meint White. Mikhail Zygar ist Chefredaktor der einzigen unabhän
gigen russischen Fernsehanstalt «Doschd» (Regen). «Gerade weil wir gezwungen sind, gegen die vom staatlichen Fernsehen verbreitete Propaganda anzukämpfen, gibt es in Russland immer noch unabhängige Medien mit hohem journalistischem Niveau.» «Doschd» erreiche wieder 15 Prozent der städtischen Mittelschicht, nachdem der Sender unter dem Druck des K remls fast zusammengebrochen sei. Zygar: «Solange wir weiterkämpfen, kann uns das Regime nicht vernichten.» Der Journalistenausbildner Boro Kontić aus Sarajevo erinnert an die Jugoslawien-Kriege in den 90er-Jahren: «Wer damals als Journalist die Wahrheit schreiben wollte, wurde entlassen oder musste mit dem Tod rechnen.» In Kriegszeiten erwarte die Öffentlichkeit von Journalisten, dass sie als Patrioten Partei ergreifen.
Schwierige Vermit tlung zwischen den Fronten Die Medienbeauftragte der OSZE, Dunja Mijatović, will zwischen den Journalistenverbänden von Russland und der Ukraine vermitteln. In Wien haben die Verbände ein Handbuch mit Tipps für Journalisten in Konfliktsituationen veröffentlicht (s. Link unten). In ihrem Land riskieren sie allerdings, als «fünfte Kolonne» und Landesverräter abgestempelt zu werden, weil sie mit dem «Feind» Gespräche führen.
www.ifj.org/fileadmin/images/ Europe/Europe
NZZ versucht, das wahre Ausmass des abbaus zu verschleiern Ende Juni gab die NZZ bekannt, dass an der Falkenstrasse 7 Redaktionsstellen abgebaut würden. Nicht bekannt gab die Unternehmensleitung, dass zudem 5 Personen vorzeitig pensioniert werden. Und ebenfalls nicht erwähnen wollte man, dass weitere 12 Personen ihre Pensen reduzieren müssen oder nach ihrer Kündigung bzw. Pensionierung nicht ersetzt werden. Total wird die Redaktion also nicht «nur» um 7 Leute ausgedünnt, sondern es sind 21 Stellen betroffen! Da muss man davon ausgehen, dass die Chefetage nicht rechnen kann, wenn sie gebetsmühlenartig verlautbaren lässt, in der Redaktion seien in den letzten Jahren nicht Arbeitsplätze abgebaut, sondern neu geschaffen worden. Unlängst verfügte die Chefredaktion, dass die Mitarbeiter der Nachrichtenredaktion ab dem 1. Juli längere Schichten absolvieren müssen – bei gleichem Lohn. Gegen diese einseitige Abänderung der geltenden Arbeitsverträge wehren sich die betroffenen zwölf RedaktorInnen, denn es handelt sich um eine Verletzung des Arbeitsrechts. Mit Erfolg: Mittlerweile ist die Massnahme auf Eis gelegt. Es sollen Gespräche geführt werden. syndicom hat ihren Mitgliedern selbstverständlich Unterstützung angeboten. (red) Einladung an die Verleger: GAV-Verhandlungen jetzt! Seit 2004 herrscht in der Presse der vertragslose Zustand. Seither haben sich die Arbeitsbedingungen konstant verschlechtert. Mit der Anzeigen serie «Jetzt schlägt’s 13» machten syndicom und impressum die ungeregelte Arbeitszeiterfassung und Überbelastung auf den zusammengesparten Redaktionen zum öffentlichen Thema. Am 24. April erhielten wir unerwartet Schützenhilfe von Medienministerin Doris Leuthard, die in einem Interview mit der «Südostschweiz» wünschte, die Verleger sollten sich mit den Gewerkschaften einigen. Verlegerpräsident Hanspeter Lebrument konterte mit der Behauptung, ihm gegenüber habe noch nie ein Journalist den Wunsch nach einem GAV geäussert. Seither haben über 400 JournalistInnen Lebrument ein Mail geschickt, in dem sie ihn zu GAV-Verhandlungen auffordern. Die Zeit der Ausflüchte ist vorbei, jetzt müssen sich die Verleger mit an den Verhandlungstisch setzen. syndicom und impressum haben die Verlegerverbände Schweizer Medien und Stampa Svizzera jetzt noch einmal brieflich zu GAV-Verhandlungen eingeladen. Um die Herausforderungen der Branche zu meistern, brauchen die Medien motivierte Arbeitnehmende, die sich auf Mindeststandards bei den Arbeitsbedingungen verlassen können: in einem GAV für die Print- und Onlinemedien. Wir sind bereit, jetzt müssen die Verleger (ver)handeln. (red) Massenentlassungen bei Ringier Axel Springer in Serbien Die Ringier Axel Springer Media AG hat in Serbien mehr als dreissig JournalistInnen entlassen. Weder wurden den Betroffenen Auffangmassnahmen angeboten, noch wurde das Personal informiert, geschweige denn, dass die Gewerkschaften konsultiert worden wären. syndicom schliesst sich dem Protest des europäischen JournalistInnenverbands EJF und der beiden serbischen Schwestergewerkschaften an und lanciert einen Appell an die Verlage. Das in Osteuropa tätige Medienunternehmen Ringier Axel Springer Media AG wird seit bald fünf Jahren als Joint Venture zwischen dem Schweizer Verlag Ringier und dem deutschen Verlag Axel Springer von Zürich aus geleitet. syndicom kritisiert die Entlassung der fest angestellten und ständigen Mitarbeitenden in Serbien und zieht Parallelen zu der Art und Weise, wie Axel Springer Schweiz letzten Monat bei der Entlassung von neun Angestellten der Zeitschrift «BeobachterNatur» vorgegangen ist: keine Konsultation, keine Suche nach Alternativen, keine Massnahmenpakete für die Entlassenen, stattdessen die totale Verweigerung, die zuständigen Gewerkschaften und Verbände einzubeziehen. Die Unternehmen versuchen, sich über jegliche Gewerkschafts- und Arbeitnehmerrechte hinwegzusetzen. (syndicom) CEO-Löhne stiegen letztes Jahr weiter an Auch letztes Jahr zahlten sich die CEOs grosser Schweizer Unternehmen fürstliche Löhne – durchschnittlich rund 5 Prozent mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig schloss sich die Schere zwischen den Höchst- und Tiefstlöhnen nur minim und verharrt auf extrem hohem Niveau. Das zeigt die neueste Lohnstudie von Unia, die 41 meist börsenkotierte Unternehmen unter die Lupe nimmt. Insgesamt zahlten diese Firmen knapp eine Milliarde Franken an ihre Geschäftsleitungs- und Verwaltungsratsmitglieder aus – 37 Millionen mehr als im Vorjahr. Im Unia-Ranking der bestbezahlten CEOs nehmen Novartis (José Jimenez 12,7 Mio. Franken), Roche (Severin Schwab 12 Mio.) und UBS (Sergio Ermotti 11,1 Mio.) Spitzenpositionen ein. Aufsteiger des Jahres sind unter anderen Michael Mack von Syngenta (plus 64,6% auf 7,5 Mio.) und Bernard Fontana (Holcim, plus 55,2% auf 5,2 Mio.). Im Durchschnitt stiegen die Höchstlöhne der untersuchten Firmen um 5,2 Prozent, jene der Arbeitnehmenden hingegen nur um 0,8 Prozent. Unternehmen begründen höhere Löhne für ihre Topmanager gerne mit gestiegenen Gewinnen. Tatsache ist: Zehn der untersuchten Unternehmen verzeichneten einen Gewinnrückgang, die Cheflöhne stiegen dennoch beträchtlich. Die Abzocker-Initiative vermochte den exzessiven Toplöhnen keinen Riegel zu schieben. (Unia)
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syndicom | Nr. 7 | 10. Juli 2015 Ferienjobs und Arbeitsrecht
zimmerwalder konferenz
Wissenswertes für junge KurzjobberInnen Die Ferien nahen. Für viele SchülerInnen und Studierende eine Möglichkeit, via Jobs etwas Geld zu verdienen. Aber Achtung: Auch für diese Jobs gilt das Arbeitsrecht.
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Legendäres Hotel ∙ Im «Beau-Séjour» fand 1915 die Konferenz von Zimmerwald statt.
syndicom-Jugend auf Zeitreise Vor 100 Jahren traf sich im kleinen bernischen Bauerndorf Zimmerwald eine Gruppe von Revolutionären aus zwölf Ländern und schrieb Weltgeschichte. Unter ihnen Wladimir Iljitsch Lenin und Robert Grimm. Beide prägten die Arbeiterbewegung in ihren Ländern wie kaum andere. Die Konferenz gilt als eines der wichtigsten Ereignisse auf dem Weg zur Spaltung der Arbeiterbewegung in ein sozialdemokratisches und ein kommunistisches Lager und damit auch zur Gründung der Sowjetunion. Die syndicom-Jugend begibt sich zu diesem Anlass auf eine Zeitreise! Zusammen mit dir? Wir freuen uns auf alle interessierten Mitglieder! Zusammen mit dem Historiker Adrian Zimmermann werden wir eine private Führung durch die Son-
derausstellung im Regionalmuseum in Schwarzenburg erleben und spannende Hintergründe über die Geschehnisse vor hundert Jahren und ihren Einfluss auf das letzte Jahrhundert erfahren. Anschlies send laden wir alle auf ein gemeinsames Mittagessen in Schwarzenburg ein. (red)
Der Anlass ist gratis und für Interessierte jedes Alters gedacht, für die Führung dürft ihr gerne auch Freunde und Bekannte mitbringen. 22. August, 10.30 bis 13.00 Uhr (anschliessend Mittagessen). Treffpunkt im vordersten Wagen im Zug nach Schwarzenburg, Abfahrt 10.36 Uhr. Anmeldung: jugend@syndicom.ch www.regionalmuseum.info
Das Arbeitsgesetz (ArG) erlaubt Erwerbsarbeit erst ab 15 Jahren. Ab 13 können Jugendliche leichte Arbeiten verrichten. Unter 13 Jahren ist eine Beschäftigung in sportlichen und kulturellen Tätigkeiten zulässig, allerdings nur unter speziellen Bedingungen und mit Bewilligung einer kantonalen Behörde. In all diesen Fällen ist auch eine elterliche Einwilligung für die Unterzeichnung des Arbeitsvertrages nötig.
Wer darf was (nicht)? Für unter 18-Jährige sind gefährliche Arbeiten verboten, ebenso die Beschäftigung in gewissen Bereichen (Diskotheken, Bars usw.). Sonntagsarbeit ist nur für Jugendliche zulässig, die ihre obligatorische Schulpflicht beendet haben – maximal einen Sonntag auf zwei und ausschliesslich in Tierpflegebetrieben, Bäckereien und im Gastgewerbe (in dem Mindestbeschäftigungsalter 16 gilt). In touristischen Zonen ist Sonntagsarbeit während der ganzen Dauer der Sommerferien in entsprechend ausgerichteten Betrieben möglich. Nachtarbeit ist für unter 18-Jährige verboten, es sei denn, sie sei für die berufliche Grundbildung unerlässlich. Die Arbeit der unter 13-Jährigen darf höchs-
tens 3 Stunden pro Tag und 9 Stunden pro Woche betragen. Jugendliche über 13 Jahre, die ihre Schulpflicht noch nicht erfüllt haben, können während der Hälfte der Schulferien zwischen 6 und 18 Uhr beschäftigt werden – maximal 8 Stunden pro Tag und 40 Stunden pro Woche. Bei mehr als 5 Arbeitsstunden täglich muss eine Pause von mindestens einer halben Stunde gewährt werden. Für alle Jugendlichen gilt, dass ihre Arbeitsdauer jene der anderen Angestellten im Unternehmen nicht überschreiten darf und dass sie innerhalb einer Zeitspanne von 12 Stunden erfolgen muss. Jugendliche haben also Anrecht auf eine tägliche Ruhezeit von mindestens 12 aufeinanderfolgenden Stunden. Abends dürfen unter 16-Jährige nur bis 20 Uhr, 16- bis 18-Jährige bis 22 Uhr beschäftigt werden. (sgb)
Die Beschäftigung von Jugendlichen ist im Arbeitsgesetz (ArG) und in der Verordnung 5 zum ArGV geregelt. Versicherungstipps, Mindestlohnempfehlungen, Ferienansprüche und weitere Infos zum Arbeitsrecht finden sich in der Ratgeberbroschüre der SGB-Jugendkommission. Download: www.gewerkschaftsjugend.ch
Publireportage
Reisezahlungsmittel – sicher unterwegs Endlich Ferien! Damit Sie die schönste Zeit des Jahres unbeschwert geniessen können, lohnt es sich, bereits bei der Reisevorbereitung auf die passenden Zahlungsmittel zu achten. Der richtige Mix bietet Ihnen nicht nur finanzielle Sicherheit, sondern auch Flexibilität.
Viele Leute fragen sich vor den Ferien, in welcher Form sie ihr Geld am besten mitnehmen können. «Unser Ratschlag ist immer: Setzen Sie nie alles auf eine Karte», sagt Annkathrin Dittmann, Produktmanagerin Karten und Reisezahlungs mittel bei der Bank Coop. «Für die meisten Destinationen empfehlen wir einen Mix: eine Kredit- und eine Maestro-Karte für Geldbezüge am Bankomaten und bargeldloses Bezahlen sowie ein wenig Bargeld in der Landeswährung für Taxifahrten und weitere kleinere Ausgaben.» Mit der Maestro-Karte können Sie in über 210 Ländern Bargeld in der Landeswährung beziehen. Die Karte eignet sich insbesondere für Bezüge innerhalb Europas. Bargeld bezüge mit der Maestro-Karte sind meist günstiger als mit der Kreditkarte. Zudem wird die Maestro-Karte in vielen Restaurants und Geschäften als Zahlungsmittel akzeptiert.
Eine Kreditkarte ist dennoch auf jeder Reise ein Muss, ge- niesst sie doch weltweit die höchste Akzeptanz beim Bezahlen in Geschäften und Hotels. Vor allem auf Reisen ausserhalb Europas, für die Miete eines Fahrzeugs oder OnlineBuchungen von Hotels ist sie unverzichtbar. In vielen Fällen ersetzt das kontaktlose Bezahlen mit Visa payWave und MasterCard PayPass das Kleingeld. Diese Funktion ist ideal für Beträge bis maximal 40 Franken. Ohne Unterschrift oder PIN-Eingabe können Sie zum Beispiel schnell und unkompliziert Ihre Taxifahrt in New York bezahlen.
Kartenlimiten überprüfen Damit Sie in der Ferienzeit keine bösen Überraschungen erleben, überprüfen Sie rechtzeitig die Limiten Ihrer Karten.
Laden Sie die Travel-Cash-Karte einfach vor Ihrer Abreise in Euro, US-Dollar oder Schweizer Franken auf. Sie können damit rund um den Globus an Bankomaten Bargeld in der Landeswährung beziehen und in über zehn Millionen Geschäften bargeldlos bezahlen. Bei Verlust oder Diebstahl wird Ihnen die Karte mit dem Restwert weltweit rasch und kostenlos ersetzt.
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12 | Kultur
syndicom | Nr. 7 | 10. Juli 2015
Neu im Kino
Porträt einer Hartnäckigen
Eine Meerjungfrau auf Reisen
«Wir sind doch keine Dummchen» syndicom-Mitglied Eveline Dudda hat nach nur einem Jahr ihr Mandat als Chefredaktorin des unabhängigen Gartenmagazins «Freude am Garten» niedergelegt. Sie wollte mehr Inhalt. Suleika Baumgartner
Träumen von Ruhm und Erfolg ∙ Mascha wähnt sich auf dem Weg zum Star als tanzende Meerjungfrau in einem Nachtclub.
wo sich – mehr als anderswo – mit aller Schärfe zeigt, wo ein entfesselter Kapitalismus hinführt.
Schönheit um jeden preis Die Geschichte beginnt mit einem Klischee: Mascha (Tina Dalakischwili), eine lebenslustige junge Frau im Moskau unserer Tage, ist mausarm, doch sie hat hohe Ziele. Nichts weniger als ein Star möchte sie werden, eines jener Mädchen, die täglich auf den TV-Bildschirmen in den zwar schwachsinnigen, aber umso erfolgreicheren Castingshows zu sehen sind. Allerdings ist da Maschas Körper, der zwar durchaus ansehnlich daherkommt, aber doch nicht
in jeder Hinsicht den medial vorgeführten Idealen entspricht. In ihrem ärmlich eingerichteten Zimmer hat Mascha daher eine Checkliste an die Wand gehängt mit Dingen, die ihrer Meinung nach dringend geändert werden müssen: Ohren, Brüste, Lippen und Beine. Während die «Sanierung» dieser vier Problemzonen mit hohen, für Mascha unerschwinglichen Kosten verbunden ist, kann sie mit gefärbten Haaren, einem Tattoo und einem falschen Zahndiamanten auf ihrem Weg zum Ruhm immerhin schon kleine Erfolge vorweisen. Schliesslich schafft sie es zwar nicht ins Privatfernsehen, aber in einen Nachtclub, wo sie als
Es ist der Beginn einer zarten Romanze. Kostia ist der Sohn eines glatzköpfigen Oligarchen mit Ministerrang (Andrei Smoliakow), mit seinem widerwärtigen Erzeuger will er aber nichts mehr zu tun haben. Doch weil sein Lohn aus den gelegentlichen Einsätzen im Nachtclub nirgends hinreicht, bessert er sich den Lebensunterhalt mit Diebstählen auf. Stolz stellt sich der Oligarchensohn also als «professioneller Dieb» vor – eine Berufsbezeichnung, die Mascha mächtig Eindruck macht –, zumal sie hofft, in Kostia ihren dringend benötigten Sponsor für die Schönheitsoperationen gefunden zu haben.
rendez-vous im nachtclub Da wäre sie bei Kostias Vater an der besseren Adresse gewesen. Dieser betätigt sich mit Hingabe als «Sugardaddy» seiner Geliebten Rita (Severija Janushauskaite), einer blutjungen Blondine, die ein wenig wie die Glamour-Version von Na thalie Rickli aussieht. Zwar hat Rita materiell alles, was man
Buchtipp
Schweiz-Armenierin auf Spurensuche Vor hundert Jahren begann in der heutigen Türkei der Völkermord an den ArmenierInnen. 1,5 Millionen Menschen kamen in den Massakern um, Hunderttausende flüchteten. Familien wurden auseinandergerissen und in alle Welt zerstreut. Heute leben rund 6000 Armenierinnen und Armenier in der Schweiz. So auch die Autorin Manuschak Karnusian, Schweizerin armenischer Herkunft. Sie hat sich in der Schweiz auf die Suche nach der armenischen Identität gemacht und dabei eindrückliche Lebens- und Familiengeschichten aufgezeichnet. Die zwölf Porträtierten könnten unterschiedlicher nicht sein. Dass sie in der Schweiz wohnen, ist kein Zufall. Ihre Geschichte geht auf die menschenverachtenden Massaker in Arme-
nien von 1915–1918 zurück, bei denen Tausende Familien auseinandergerissen wurden. Während dieser Zeit spielte die Schweiz als Fluchtland eine wichtige Rolle. So leben heute rund 6000 Armenierinnen und Armenier bei uns, sie alle sind Nachfahren von Überlebenden des Völkermords in der heutigen Türkei. Vom Drama des Genozids, aber auch über den Alltag dieser Menschen erfahren wir im vorliegenden, reich bebilderten Porträtbuch. Wir lernen u. a. eine engagierte Politikwissenschaftlerin aus dem Emmental kennen, einen Architekten, der dem Verein «Gesellschaft Schweiz-Armenien» zu nachhaltiger politischer Kraft verhalf, einen umtriebigen Unternehmer und eine junge Frau, die vor allem die wun-
derbar üppigen armenischen Feste mit Musik und Tanz vermisst. Jedes Porträt ist in sich abgeschlossen und wird nicht kommentiert, die Erzählenden berichten frei, was sie beschäftigt (und nicht was sie berichten
Freilicht theater rüderswil
«sollten»). Das bringt mir diese Menschen nahe, ganz besonders den ehemaligen Geheimagenten aus Ägypten. Es ist ein hoffnungsvolles Buch, das sich gut als Geschenk eignet. Zwischen den Porträts stehen kurze, sachliche Texte zu Geschichte, Kunst, Kultur und Politik Armeniens. Eine Landkarte und eine Zeittafel runden die Lektüre ab. «Shnorhakalutyun!» Herzlichen Dank!
Christine Hunziker ist Buchhändlerin und Museums mitarbeiterin Manuschak Karnusian, Unsere Wurzeln, unser Leben, Stämpfli Verlag 2015, 144 Seiten, ca. Fr. 34.–, ISBN 978-3-7272-1433-2
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wenn sich hoffnung und romanze treffen
sich wünschen kann, doch als zukünftige Frau Minister sollte sie ihrem Mann gesunden Nachwuchs schenken. Damit klappt es allerdings nicht recht. Je länger die immer groteskeren Bemühungen andauern, doch noch schwanger zu werden, desto mehr wird sich Rita bewusst, wie unglücklich sie an der Seite dieses alten Geldsacks ist. Als sie dies ihm gegenüber verdeutlicht, muss sie ihren goldenen Käfig schneller verlassen, als sie sich das je vorgestellt hatte. Nun wird auch für Rita der Nachtclub zur Anlaufstelle, wo sie Bekanntschaft macht mit Mascha, die sie erst einmal bei sich aufnimmt. Die Lebenswege der drei Hauptfiguren verstricken sich von nun an auf überraschende Weise.
«Sturmzyte» Ein Freilichtspiel und eine Zeitreise: «Sturmzyte» nach einem Roman von Arthur Honegger spielt während der Zeit der gros sen Wirtschaftskrise in den Dreissigerjahren des letzten Jahrhunderts – irgendwo im schweizerischen Mittelland. Die Menschen haben in der lokalen Schraubenfabrik Arbeit gefunden. Nach dem Crash werden viele entlassen. Auch dem tüchtigen, jungen Jörg Zollinger wird gekündigt. Eigentlich möchte er nur eine anständige Arbeit und dann seine Freundin heiraten. Doch aus dem Traum wird vorderhand nichts. Wie soll es nun für ihn weitergehen? Man drängt ihn, der Gewerkschaft beizutreten. Aber die sturen Gewerkschafter sind ihm genauso zuwider wie der arrogante Fabrikant. Schliesslich begreift Jörg, dass man zusammenstehen muss, um sich trotz allem eine Zukunft zu schaffen. Über vierzig Darstellende lassen auf dem Areal der Spinnerei und Weberei Rüderswil im Rüderswilschachen eine schwierige Zeit aufleben. (red)
8. Juli bis 20. August, Reservation: 034 402 42 52, www.theater-lützelflüh.ch
«Ich war schon mehr als einmal froh, dass es syndicom gibt», sagt Eveline. Etwa damals, als ein Artikel in mehreren Publikationen der «Südostschweiz» zweitverwertet wurde, ohne dass die Redaktion mit ihr Rücksprache gehalten oder sie dafür entschädigt hätte. «In solchen Situationen ist es für eine freie Journalistin hilfreich, eine Gewerkschaft zu haben, die Argumente liefert und juristisch berät.» Schliesslich liess sich der Verlag auf einen Vergleich ein. «Danach waren die Artikel richtig gut bezahlt», sagt Eveline, aber «natürlich» habe sie von der «Südostschweiz» seither keinen Auftrag mehr erhalten. Im Februar dieses Jahres wandte sich Eveline erneut an syndicom. Ein Jahr zuvor hatte die 56-Jährige die Chefredaktion von «Freude am Garten» übernommen. Nach einigen Ausgaben nahm die Publikation Konturen an: «Ich wollte eine Zeitschrift machen, die mehr bietet als hübsche Bilder. Gartenliebhaber Innen sind schliesslich keine Dummchen.» Sie lehnte ausserdem die Vermischung von PR und redaktionellen Inhalten ab. Dies führte zu zermürbenden Diskussionen ohne positiven Ausgang. Schliesslich legte Eveline ihr Mandat nieder. Wieder stärkte ihr syndicom beim Streit um die letzte Honorarzahlung den Rücken.
von der Kompostberatung zum Webpublishing Seit vierzehn Jahren wohnt Eveline mit ihrem Partner in einem Haus mit Gemüse- und Blumengarten, Taubenschlag und Obstbäumen ausserhalb von Altstätten im Kanton St. Gallen. Ihr Akzent könnte als Vorarlberger Mundart durchgehen, doch eigentlich stammt sie aus dem Raum Stuttgart. Sie wollte ursprünglich Agronomie studieren, um einer sinnstiftenden Tätigkeit nachzugehen. Noch während des Praktikums wurde sie schwanger. Als sie dann als 21-Jährige mit dem Studium begann, hatte sie bereits zwei Kinder. Die alleinerziehende Mutter finanzierte ihre Ausbildung als Zeitungsverträgerin und als Verkäuferin auf dem Gemüsemarkt. Schon damals fuhr sie regelmässig in die
«Ich wollte eine Zeitschrift machen, die mehr bietet als hübsche Bilder.» Schweizer Berge: «Mit dem Zug durchs Rheintal zu fahren, das war schon damals wie nach Hause kommen.» Nicht viel später zog Eveline ins Bündnerland, wo sie gemeinsam mit Bekannten ein Ferienhaus führte. Später arbeitete sie beim Amt für Umweltschutz in Chur.
Nachdem sie für den Bund eine Kampagne für dezentrales Kompostieren geleitet hatte, machte sie sich 1993 als Kompostberaterin selbstständig. Nach sieben Jahren wagte sie schliesslich etwas Neues: Nach einer Ausbildung arbeitete Eveline im Webpublishing-Bereich für eine Start-up-Firma. Als sich die jungen Chefs mit einem Grossauftrag übernahmen, stand Eveline auf der Strasse. Daraufhin fasste sie neuen Mut für einen weiteren Schritt: Sie machte sich als freie Agrarjournalistin selbstständig.
Journalismus im grünen Bereich In den vergangenen zehn Jahren hat sich Eveline in ihrem Fachgebiet etabliert: «In neun von zehn Fällen kaufen mir die Redaktionen meine Themenvorschläge ab.» Ihr Pluspunkt: «Es gibt nicht so viele JournalistInnen, die über meinen fachlichen Hintergrund verfügen. Ich liebe es zudem, Statistiken auszuwerten.» Gerade Agrarpolitik werde zunehmend komplexer – die Kunst sei es, einfach und verständlich darüber zu schreiben. Auf Evelines Publikationsliste findet sich eine breite Palette vielversprechend betitelter Artikel wie «Duftblindheit», «Pferde auf der Alp», «Das Single-Haus»
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Meerjungfrau in einem Bassin ihr Bestes geben soll. Nur: Mascha kann nicht schwimmen! Als sie bei der Ausübung ihres neuen Jobs beinahe ertrinkt, wird sie von dem sympathischen Kostia (Pawel Tabakow) gerettet.
versteckt im Kirschbaum · Eveline in ihrem Garten in Hinterforst.
oder «Das Moos-Radio». Zurzeit arbeitet Eveline an einem Buch über Gemüsebau: «Bislang gibt es kein Gartenbuch, das auf die Besonderheiten der Schweiz Rücksicht nimmt.» Ihr Buch werde Anbautipps für jede Region enthalten, freut sich Eveline. Eveline ist überzeugt, dass der Markt auf eine neue Gartenzeitschrift wartet. Das Konzept dafür sei fertig, die Suche nach
einem Verleger habe begonnen. Eine Gartenzeitschrift sollte ihrer Meinung nach so interessant sein, dass sie auch Leute lesen, die keinen grünen Daumen haben. Sie will ausserdem das Gärtnern in der Stadt oder neue Vertriebsformen wie die Vertragslandwirtschaft thematisieren «und insbesondere junge Familien mit Kindern ansprechen».
Recht so!
Rückforderung von Arbeitslosenentschädigung Vor zwei Jahren verlor ich meine Arbeitsstelle. Ich meldete mich bei der Arbeitslosenkasse an und erhielt Arbeitslosentaggelder. Für ein paar Stunden pro Woche konnte ich in dieser Zeit in einem Betrieb aushelfen. Nach einem Jahr erhielt ich im selben Betrieb eine Vollzeitanstellung und meldete mich bei der Kasse ab. Nun habe ich eine Verfügung erhalten, in der steht, dass ich Arbeitslosentaggelder zurückzahlen muss. Wie kann das sein? Das Gesetz sieht in Art. 25 ATSG vor, dass unrechtmässig bezogene Leistungen zurückzuerstatten sind. Eine Sozialversicherung kann aber nicht ohne Weiteres bezahlte Taggelder oder Renten wieder zurückfordern. Dazu müssen Wiedererwägungs- oder Revisionsgründe vorliegen. Das heisst, das Ausrichten der Leistungen muss zweifellos unrichtig gewesen sein, oder es müssen sich nach der Auszahlung neue Beweise oder erhebliche neue Tatsachen
gezeigt haben, die eine Rückforderung rechtfertigen. In deinem Fall hat sich nach der Ausrichtung von Arbeitslosentaggeldern, ja sogar nach Abmeldung bei der Arbeitslosenkasse gezeigt, dass du während des Bezugs von Arbeitslosenentschädigungen einer Erwerbstätigkeit nachgegangen bist und dadurch ein Einkommen erzielt hast. Grundsätzlich ist eine Arbeitstätigkeit während des Taggeldbezugs möglich, ja sogar geboten. es ist jedoch erforderlich, den
Erwerb bei der Arbeitslosenkasse zu deklarieren. Denn ein sogenannter Zwischenverdienst muss bei der Höhe der Taggelder berücksichtigt werden. Meldet man diesen Verdienst nicht, hat man seine Meldepflicht verletzt. Ein Zwischenverdienst lohnt sich finanziell, man sollte also nicht vor der Meldepflicht zurückschrecken. Der erzielte Lohn zusammen mit den – wenn auch reduzierten – Taggeldern ist höher als die Arbeitslosenentschädigung. Dass du während des Taggeldbezugs gearbeitet hast, konnte die Arbeitslosenkasse aufgrund der fehlenden Meldung erst bei der jährlichen Kontrolle mit dem Auszug aus dem individuellen Konto feststellen. Deshalb erfolgte die Rückforderungsver-
fügung erst jetzt. Dies ist aus Sicht der Verjährungsfristen noch zulässig. Während einer einjährigen Verjährungsfrist – und definitiv nach der absoluten Verjährungsfrist von fünf Jahren – kann die Kasse Rückforderungen beantragen. Die Arbeitslosenkasse muss nun im Nachhinein den erzielten Verdienst als Zwischenverdienst anrechnen. Das ergibt eine Korrektur von zu viel ausbezahlten Taggeldern. Dieser Betrag darf die Arbeitslosenkasse von dir zurückfordern. Bei Rückforderungen von Leistungen besteht die Möglichkeit, ein Erlassgesuch zu stellen. Denn wurden die Leistungen in gutem Glauben empfangen und würde die Rückzahlung eine grosse Härte bedeuten, kann auf die
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«Star», nach «Rusalka» der neueste Spielfilm der russischen Regisseurin Anna Melikian, ist die vergnüglich-maliziöse Abrechnung mit einem entfesselten Kapitalismus und eine poetisch-verspielte Hymne an eine Frauenfreundschaft. Geri Krebs
Die 1976 geborene Anna Melikian, deren vorheriger Film «Rusalka» ihr 2008 international zum Durchbruch verhalf und dessen internationaler Verleihtitel «Mermaid» ein Märchenmotiv antönte, greift dieses nun in «Star» wieder auf. Mit leisem Schalk, bisweilen aber auch mit derbem Humor zeigt sie, was Schönheitswahn und das Bemühen um die von Andy Warhol beschriebenen fünfzehn Minuten Berühmtheit mit jungen Frauen anstellen. Angesiedelt im jeglicher sozialen Werte beraubten Russland Putins, ist «Star» nach «Durak» und «Leviathan» innerhalb von weniger als einem Jahr erneut ein starkes Kino stück aus einem Teil der Welt,
Aktuell | 13
syndicom | Nr. 7 | 10. Juli 2015
Olivia Kaderli, Master of Law Mitarbeiterin Rechtsdienst
Rückforderung ganz oder teilweise verzichtet werden. Ein solches Gesuch muss innert dreissig Tagen nach Eintritt der Rechtskraft eingereicht werden. Ob die Voraussetzungen für einen Erlass erfüllt sind, muss geprüft werden. Am besten ist, du meldest dich zur genaueren Überprüfung bei deinem zuständigen Regionalsekretariat.
14 | Service
syndicom | Nr. 7 | 10. Juli 2015 syndicom-kurs
Weiterbildung syndicom Frauen «Meine Kollegin für syndicom begeistern» 28. August, 10–16 Uhr, in Biel Erfahrungsaustausch und Diskussion Weisst du nicht recht, wie du deine Kollegin überzeugen kannst, Mitglied bei syndicom zu werden? Möchtest du diskutieren, wie wir junge Frauen besser erreichen können? Möchtest du dich mit deinen Kolleginnen und Kollegen austauschen, wie ein erfolgreiches Werbegespräch abläuft? In verschiedenen Workshops hast du Gelegenheit, über das eigene Gesprächsverhalten nachzudenken und mitzureden, wie syndicom Frauen künftig ansprechen soll. Weitere Infos und Anmeldung: www.syndicom.ch > Frauen > Weiterbildung
MOvendo Aktiv in meiner Gewerkschaft: Basisseminar für Vertrauensleute D1.8.1504: 31. August bis 1. September, Solbadhotel, Sigriswil. Inhalt: Funktion der Gewerkschaft, aktuelle Themenschwerpunkte, Mobilisierung und Aktionsfelder. Referentin: Bildungsverantwortliche aus den Verbänden, Christine Goll (Movendo). Beruf und Familie – Herausforderungen im Alltag meistern D2.5.1508: 8. September und 10. November, Hotel Olten, Olten. Inhalt: Grenzen der Vereinbarkeit, Strategien für den Alltag, Arbeitsteilung, Verhandlungen mit dem Arbeitgeber. Referentin: Elisabeth Häni (Fachstelle UND). Beruflich am Ball bleiben – persönlich weiterkommen D2.5.1507: 8. und 22. September, Trigon Bildungszentrum, Zürich. Inhalt: Ausführliche persönliche und berufliche Standortbestimmung, Ressourcen, Fähigkeiten und Stärken erkennen, berufliche Möglichkeiten kennen, Berufs- und Lebensziele, Aktionsplan. Referent: Christoph Dengler (S&B Institut). Gesund bleiben am Arbeitsplatz: Führungsaufgabe Gesundheit D2.2.1503: 14. und 15. September, Solbadhotel, Sigriswil. Inhalt: Analyse des eigenen Führungsstils, Umgang mit Belastung und Leistungsansprüchen, Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden, Ressourcen-Management. Referent: Samuel Woodtli (Erwachsenenbildner). Konfliktmanagement und Mediation D2.4.1531: 16. und 17. September, Hotel Carlton-Europe, Interlaken. Inhalt: Konflikte diagnostizieren, persönliche Konfliktfähigkeit, Methoden und Instrumente zur Vermittlung in niederschwelligen Konflikten. Referent: Oliver Martin (Organisationsberater und Mediator). Schreibwerkstat t D1.8.1516: 24. und 25. September, Computerschule Bern. Inhalt: Artikel verfassen, LeserInnenbriefe schreiben, Wirkung eigener Texte überprüfen, in den Medien Themen setzen. Referent: Stefan Keller (Journalist und Autor). Stress in Beruf und Alltag D2.5.1503: 28. und 29. September, HotelRestaurant Toggenburgerhof, Kirchberg SG.
Inhalt: Standortbestimmung, Stressanalyse, Zielsetzungen, Umgang mit Belastungen. Referentin: Nora Herzog (Erwachsenenbildnerin).
Ein persönlicher Kursbericht einer Mitarbeiterin Verkauf.
Homepage-Baukasten: Websites erstellen mit Jimdo 27. August und 10. September, jeweils 18 bis 21 Uhr. Referent: Diobe Wyss. Anmeldeschluss: 18. August. Up-to-date mit der Adobe Creative Cloud 3. und 4. September. Referent: Andreas Burkard. Anmeldeschluss: 11. August.
Ziel der syndicom-Kurse Wissensaufbau, Neues lernen für den Post-Alltag, Austausch mit KollegInnen, Rechte und Pflichten kennen, Umsetzung in die Praxis.
Gäbig Chläbrig … Ein Leimkurs beim Profi. 4. September, Bern, Kumagra. Referent: Leandro Ferrug gia. Anmeldeschluss: 11. August.
Inhalte der Lektionen Unterstützung im Telco-Verkauf: Workshop, Verkaufsablauf, Abo- und Gerätekunden, Ausarbeitung eines Kundennutzens. Focus, Lohn, Umgang mit Druck, positiv Ziele formulieren, Motivation und Kommunikation.
Info und Anmeldung Die Kosten werden für Gewerkschaftsmitglieder meistens von deiner Gewerkschaft getragen. Mit deiner Anmeldung klären wir die Kostenfrage ab und informieren dich unverzüglich. Anmeldung: online auf Movendo. ch, per Mail: info@movendo.ch, Telefon 031 370 00 70 oder Fax 031 370 00 71. Helias
Workshop: Plakatgestaltung analog Theorie: 9. September, Workshop: 14. bis 16. September, Allmendingen BE, Gasthof Hirschen. Referent: Niklaus Troxler. Anmeldeschluss: 10. August. Workshop: Einführung in die Schriftgestaltung mit Glyphs 11. und 12. September, Zürich, Sihlquai 131, in Kooperation mit Colab Zürich. Referent: Rainer Erich Scheichelbauer. Anmeldeschluss: 18. August. Photoshop: T ipps und Tricks 24. und 25. September. Referent: Dieter Wassmer. Anmeldeschluss: 1. September.
Infos und Anmeldung Helias-Kurse finden in der Regel im syndicom-Bildungszentrum, Looslistrasse 15, Bern, statt. Anmeldung: Helias.ch. MAZ Kompaktkurs Onlineredaktor 21. August bis 18. Dezember 2015 (12 Tage). Leitung: Dozierende aus der Praxis. Infos und Anmeldung: MAZ.ch
Unsere Pensionierten laden ein
Arbeiten im Verkauf und in Poststellen Meine persönlichen Verkaufsziele belasteten mich bisher oft. Ich war zwischendurch regelrecht blockiert und am Schalter und im täglichen Umgang mit den Kunden nicht mehr ich selbst. Das wiederum widerspiegelte sich in meiner Ausstrahlung und hatte einen negativen Einfluss auf meinen Verkaufserfolg. Eine Abwärtsspirale begann, obwohl ich eigentlich Freude an meiner Arbeit hatte. Der Kurs von syndicom fürs Verkaufspersonal kam für mich gerade zum rechten Zeitpunkt. Ich wollte, musste und konnte etwas gegen diese Situationen unternehmen. So habe ich mich für die kostenlose Weiterbildung entschieden und mich gleich über die syndicom-Website am Kurs «Arbeiten im Verkauf» angemeldet.
Die Teilnehmenden kommen aus der ganzen Schweiz. In einer lockeren Art versteht das LeiterInnen-Team, uns die letzten Unsicherheiten zu nehmen. Die Teilnehmenden arbeiten meist in kleinen Gruppen. So haben alle die Möglichkeit, sich einzubringen, und es besteht Raum und Zeit für persönliche Fragen und Anliegen. Diese Art von Unterricht ist ideal, so kann rasch Vertrauen aufgebaut werden. Regel Nummer eins während des ganzen Kurses: Was im Unterricht diskutiert wird, bleibt unter den Anwesenden. Regel Nummer zwei: Es wird Wert auf selbstständiges Arbeiten gelegt. Alle bringen sich ein. Regel Nummer drei: Der Spass im Unterricht darf nicht fehlen! Das LeiterInnen-Team versteht es immer wieder, die Lektionen spannend zu gestalten. Sie arbeiten mit neusten Lernmedien. Der Bezug von Theorie und Praxis ist immer gegeben. Es werden Workshops angeboten, die Teilnehmenden können ihren Fähigkeiten ent-
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syndicom | Nr. 7 | 10. Juli 2015
Melde dich an! Arbeiten im Verkauf Basis 9. bis 11. November, Nottwil. Zielpublikum: alle MA im Frontoffice (besonders auch für TZA). Arbeiten im Verkauf Folgekurs 16. bis 18. November, Thun. Zielpublikum: Basiskurs absolviert. Arbeiten in Poststellen 12. bis 14. November, Nottwil. Zielpublikum: POL, AblöserInnen. Infos und Anmeldung: www.syndicom.ch, Kursangebote «Post»
sprechend daran teilnehmen. Besonders gespannt war ich auf Telco. Hier wurden die Abos aller Anbieter auf sämtliche Kundennutzen untersucht, damit den Kunden ein optimales Angebot unterbreitet werden kann. Es ging dabei um folgende Fragen: Wie gestalte ich auf natürliche Weise ein Beratungs- und Verkaufsgespräch? Auch hier habe ich wertvolle Impulse erhalten. Aktiv zuhören und argumentieren hilft nicht nur, im Focus erfolgreich zu sein. Eine gute Vorbereitung stärkt das Selbstvertrauen. Ich lernte, die erhaltenen Ziele positiv zu sehen und motiviert daran zu arbeiten. Denn im Kopf und mit der richtigen Einstellung beginnt der erfolgreiche Verkauf. Den GAV verstehe ich jetzt besser und kenne die wichtigsten Eckwerte darin. Ich habe gelernt, dass es Hol- und Bringschulden gibt. Dass ich für mich selbst verantwortlich bin und Hilfe anfordern kann, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Feedback zum Kurs Ich habe ganz viel Neues gelernt. Ich habe den Glauben an mich selber wiedergewonnen, viele neue KollegInnen kennengelernt. Vorne steht ein LeiterInnen-Team, das vor und nach dem Kurs am gleichen Ort arbeitet wie wir Teilnehmende und das unsere Sorgen und Probleme kennt. Der Kurs war ein grosser Gewinn für mich. Jetzt stehe ich wieder motiviert am Schalter und glaube an meinen Erfolg. Danke syndicom!
Das syndicom-Sudoku Zu gewinnen gibt es eine lässige Trinkflasche, gespendet von unserer Dienstleistungspartnerin KPT. Die Lösung (die dreistellige Zahl aus den farbigen Feldern, Reihenfolge: von links nach rechts) wird in der nächsten Ausgabe zusammen mit dem Namen des Gewinners oder der Gewinnerin veröffentlicht. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Lösung und Absender auf einer A6-Postkarte senden an: «syndicom, die zeitung», Monbijoustrasse 33, Postfach 6336, 3001 Bern. Einsendeschluss: 17. August. Kreuzworträtsel Die Lösung des syndicom-Kreuzworträtsels aus Nr. 6 lautet: Lohngleichheit. Gewonnen hat Günter Dresselhaus aus Adligenswil. Er erhält Gutscheine im Wert von 100 Franken von unserer Dienstleistungs partnerin Coop. Wir gratulieren herzlich!
Pensionierte Medien Aarau Der Monatshock im August fällt aus. Mittwoch, 19. August, Jahresausflug in den Schwarzwald. Carfahrt nach Oberried im Dreisamtal mit Mittagessen im Gasthof Zum Goldenen Adler. Persönliche Einladungen sind verschickt worden. Anmeldung bis spätestens 8. August an Peter Rymann (perymann@ gmail.com / 056 441 44 87 / 076 436 00 93). Peter Rymann Pensioniertenverein Region Basel Sommerhock 2015 Im Juli wird der Sommerhock für alle organisiert. Der Wander- und Reiseleiter macht auch dieses Jahr etwas Neues. Wir treffen uns am 23. Juli um 10.45 Uhr an der Tramhaltestelle der BLT-Linie 10 in Flüh, um 11.13 Uhr fährt uns das Postauto nach Mariastein, wo um 12.30 Uhr im Hotel Post das Mittagessen serviert wird. Es gibt dieses Jahr ein einheitliches Menü: Tagessuppe, Schweinsbraten, Kartoffelstock, Gemüse, Caramelköpfli mit Rahm, Fr. 28.50. Nach dem Essen sitzen wir bis etwa 15 Uhr gemütlich beisammen, danach entscheidet jeder für sich, ob er seine Sünden in der Klosterkirche beichten, im Kloster- oder Kerzenladen etwas einkaufen oder die Beine vertreten will. Nach Hause reist jeder, wann er Lust hat. Das Billett besorgen die Teilnehmenden selbst; wer kein U-Abo (TNW) hat, löst am besten eine Tageskarte fürs ganze TNW oder ein Zonenbillett, ab Basel 4 Zonen (Fr. 8.20). Leserbrief syndicom Nr. 6/2015, Interview mit Alain Carrupt Mit Interesse habe ich das Interview über die künftige Strategie von syndicom gelesen. Die am Kongress verabschiedete Vision stellt die strukturelle Frage der Zukunft von syndicom zur Debatte. Inwiefern aber die Gründung der IGs zum besseren Zusammenhalt der Einheitsgewerkschaft beitragen kann, bleibt eine Hypothese. In der heutigen Zeit des ausgeprägten Egoismus wird es schwer sein, mittels einer IG den Einheitsgedanken der Gewerkschaft zu stärken. Es fragt sich, ob eine IG als Struktur innerhalb einer Gewerkschaft überhaupt funktionieren kann. Im zusammengewürfelten System einer Einheitsgewerkschaft verliert das Einzelmitglied in der IG den Kontakt zur Einheit. Eine weitere Problematik der neuen Strategie ist die IG zu den Beziehungen der Pensionierten. Es erstaunt eigentlich schon ein wenig, wie die heutige Kommunikationsgewerkschaft mit der alten PTT-Union umgeht. Diese ehemaligen Gewerkschafter sind gerade noch recht, um die Mitgliederbeiträge zu bezahlen. Sicher hat sich in der Gewerkschaftsarbeit vieles verändert, und es ist daher nicht immer opportun, als Pensionierter unbequeme Fragen zu stellen. Leider hinterliess die letzte Hauptversammlung der Sektion den Eindruck, als würde gerade diese Sache nicht verstanden. Es entstand zum Teil das Gefühl, dass es für die Einheitsgewerkschaften von Vorteil wäre, wenn die Ewiggestrigen solchen Veranstaltungen fernbleiben würden. Nun gilt es aber zu bedenken (gemäss syndicom-Zeitungsartikel), dass 30 Prozent der Mitgliedschaft im Rentenalter stehen. Damit stellt sich einmal mehr auch für die Einheitsgewerkschaft die Frage, ob sie mit oder ohne die Pensionierten der ehemaligen PTT-Union existieren will. Johann Schüpbach, früheres Zentralvorstandsmitglied PTT-Union
Wir nehmen Abschied
Herbstausflug vom 17. September 2015 Geschätzte Kolleginnen, Kollegen, Ehefrauen, Partnerinnen und Partner, die diesjährige Herbstreise führt uns nach Deutschland. Vom Schauinsland zum Kaiserstuhl. Pünktlich um 8 Uhr fahren wir an der Gartenstras se in Basel ab. Der Todtnauerberg ist unser erstes Ziel, dort gibt es Kaffee und Gipfeli. Um 10.30 Uhr geht es dann weiter, Schauinsland, Freiburg nach Burkheim zum Mittagessen ins Hotel Kreuz-Post, wo es Tagessuppe, Salat, gemischten Rinds- und Schweine braten, Gemüse, Pommes und hausgemachte Spätzle gibt und zum Dessert «Heisse Liebe». Nach dem Essen geht es nach Breisach, wo noch ein Stadtbummel gemacht werden kann. Die Heimfahrt dauert ca. 1 ¾ Std. Der Preis ist heiss, Fr. 60.– pro Person. Anmeldeschluss: 10. September 2015. Es erhält jedes Mitglied eine persönliche Einladung mit ES oder per E-Mail. Für die Reise ist angemeldet, wer auf das Postkonto des Pensioniertenvereins Region Basel für sich und seine Ehefrau oder den Partner einbezahlt hat. Es gilt: «Es hat, solange es hat.» Euro nicht vergessen. So, jetzt an das Reservieren seines Platzes! Vorstand und Reiseleiter hoffen auf eine grosse Reiseschar. Auch unter www.pensyba.ch nachzulesen. Euer Wander- und Reiseleiter Othmar Pensioniertenvereinigung Bern Geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Unsere Monatsversammlung findet am Donnerstag, 6. August 2015 um 15 Uhr im Saal des Hotels Bern, Zeughausgasse 9 in Bern statt. Wegen Umbaus der Casa d’Italia findet die Versammlung ausnahmsweise im Hotel Bern statt. Als Referentin konnten wir Nationalrätin Regula Rytz gewinnen. Es erwartet uns ein sehr interessanter Nachmittag. Trotz Sommer ferien hoffen wir auf zahlreiches Erscheinen. Beat Thierstein, Sekretär Jass-Nachmittag Liebe Kollegin, lieber Kollege, wir laden ein zum 3. Jass-Nachmittag mit einem kleinen «Zvieri», am Mittwoch, 11. November 2015, 14 Uhr, im Restaurant Jardin, Militärstrasse 38, 3014 Bern (Tram 9 bis Breitenrainplatz). Wir hoffen, dass viele von euch den Weg zum Restaurant Jardin finden. Anmelden bis 17. Oktober bei Roland Gutmann, Schleusenweg 1A, 2502 Biel, Tel. 079 350 71 27. Mit kollegialen Grüssen OK Pensioniertenvereinigungen Bern syndicom Interessengruppe Pensionierte Biel/ Bienne Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, vergesst die Grillparty im Blockhaus Sandgrube Brügg vom 6. August 2015 nicht. Anmeldeschluss ist der 26. Juli 2015. Mit freundlichen Grüssen. Der Vorstand Pensionierten-Vereinigung Post Sekt ion Lötschberg Post Liebe KollegInnen, am Dienstag, 4. August 2015, treffen wir uns ab 11 Uhr in der Chemihütte in Aeschiried. Postauto 62 fährt ab Bahnhof Spiez um 10.35 Uhr über Hondrich, Aeschi bis zur Haltestelle Chemihütte, Ankunft 10.48 Uhr. Anmeldungen nimmt unser Obmann Markus Stender, Tel. 033 335 17 18, entgegen und erteilt auch Auskunft. Den Kranken wünschen wir gute Besserung. Werner und Margrit Haldi Pensionierte Zofingen Medien Grillfest am Fr., 7. August 2015. Mit der Bus-Linie 1 ab Zofingen um 10.22 Uhr bis
Obristhof Oftringen, an ca. 10.35 Uhr. Wanderung: Obristhof bis «Vogelschutzhüttli». Essen mitbringen, Trinken vor Ort erhältlich. Gute Laune und schönes Wetter unbedingt mitbringen! Eure Wanderkollegen F. und P. Postveteranenverein Zürich Wanderung Juli Wir kehren in die Surselva zurück und sind auf der Senda Sursilvana unterwegs. Do., 30. Juli, Zürich ab 7.37, Disentis an 10.11 Uhr. Im Hotel La Furca trinken wir den obligaten Kaffee. Die Wanderung führt uns nach Disla zum Restaurant Ustria Fravia und weiter nach Sumvitg-Cumpadials, ab 15.51, Zürich an 18.23 Uhr. Kolleginnen und Kollegen, die zum Mittagessen in Disla anreisen möchten: Zürich ab 8.37,Disentis an 11.11 Uhr, Wanderung nach Disla 30 Min., oder mit dem Bedarfsbus. Fr., 31. Juli: Wanderung nach Acletta, Mittagshalt in Segnas und anschliessend weiter bis Sedrun. Billette nur für den 1. Tag: Wohnort bis Disentis und retour ab Sum vitg. Für beide Tage: Wohnort–Disentis und retour via Oberalppass. Die Anmeldungen für die Übernachtung benötige ich bis Mittwoch, 15. Juli. Kari Bichsel, Tel. 044 302 40 51. Ausführliches Programm via Mail! Wanderung August Wir fahren für zwei Tage auf die Riederalp. Do., 27. August, Zürich ab um 7.02, Riederalp an 9.55 Uhr. Kaffeehalt im Hotel Silbersand. Die Wanderung führt ums Riederhorn zur Mittagspause auf der Riederfurka, Zeit 1 Std. 30 Min. Dann via Blausee auf die Riederalp zurück, wir werden 1 Std. 40 Min. unterwegs sein. Riederalp ab 16.03, Zürich an 18.58 Uhr. Fr., 28. August: Wir ziehen weiter via Riederfurka – Biel, zur Pause in der Bättmer Hitte. Wanderzeit 2 Std. 30 Min. Der Nachmittag ist kurz, 50 Min. bis Fiescheralp, ab 16.10, Zürich an 19.28 oder 19.58 Uhr. Billette für Do.: Gemeindetageskarte oder SBBTK. Für beide Tage: Wohnort–Riederalp und zurück ab Fiescheralp. Halbtax ab Zürich HB Richtpreis Fr. 108.–, GA und TK sind für die Riederalp sowie die Fiescheralp gültig. Für die Übernachtung im Silbersand benötige ich eure Anmeldung bis 15. August, DZ Fr. 160.–, EZ Fr. 80.–. Nächste Wanderung: 24./25. September, Altstätten SG, Kari Bichsel, Tel. 044 302 40 51. Ausführliches Programm via Mail! Pensionierten-Höck Syndicom Der ehemalige Pensioniertenverein Zürich Post und Telecom macht wieder eine Herbstwanderung. Diese findet statt am Do., 24. September 2015. Wanderer treffen sich im HB Zürich beim Gruppentreffpunkt um 9.20 Uhr. Fahrt mit Bahn und Bus via Winterthur/Embrach bis Teufen, dann 20 Minuten wandern, nach kurzem Kaffeehalt in der Tössegg gemütlich weiter ca. 1 ½ Std. bis Rüedlingen. Nichtwanderer treffen sich im HB Zürich um 11.30 Uhr beim Gruppentreffpunkt; sie fahren mit der S-Bahn nach Rafz, dann mit dem Postauto nach Rüedlingen. Nach dem Essen geht es um 15.04 Uhr weiter nach Winterthur. Dort ist Gelegenheit für einen Höck. Um ca. 17.15 Uhr sind wir im HB Zürich. Jeder löst den 9-Uhr-Pass selber, evtl. ein Anschlussbillett vor 9 Uhr, oder Start ausserhalb ZVV. Das Mittagessen mit Dessert kostet Fr. 30.– im Restaurant Sternen, Rüedlingen, Anmeldung erforderlich. Letzte Anmeldemöglichkeit beim Treff im Aargauerhof, 2. September beim Wanderleiter Hans Steiner oder über Tel. 044 734 05 61. Bitte nicht verpassen. Rolf Baruffol
Ernst Althaus, Sektion Bern, 82 Jahre, Mitglied seit 1959. Alois Bischof, Sektion Basel, 64 Jahre, Mitglied seit 1984. Walter Bula, Sektion Zürich Telecom, 79 Jahre, Mitglied seit 1972. Karl Burri, Sektion Zentralschweiz, 82 Jahre, Mitglied seit 1953. Werner Dürrenberger, Sektion Basel, 82 Jahre, Mitglied seit 1987. Ulrich Gerber, Sektion Bern Postpersonal, 71 Jahre, Mitglied seit 1960. Heinz Hostet tler, Sektion Bern, 80 Jahre, Mitglied seit 1963. Klaus Jacob, Sektion Basel, 74 Jahre, Mitglied seit 1966. Hans Jaussi, Sektion Bern Postpersonal, 83 Jahre, Mitglied seit 1952. Walter Käch, Sektion Zentralschweiz, 83 Jahre, Mitglied seit 1955. Hansruedi Lörch, Sektion Zentralschweiz, 69 Jahre, Mitglied seit 1964. Pascal Magnin, Sektion Fribourg, 45 Jahre, Mitglied seit 1986. Paul Merk, Sektion Zürich Logistik, 82 Jahre, Mitglied seit 1957. Franz Müller, Sektion Zürich Telecom, 78 Jahre, Mitglied seit 1960. Ernst Sannwald, Sektion Zürich Telecom, 95 Jahre, Mitglied seit 1947. Jacques Sautebin, Sektion Bern, 64 Jahre, Mitglied seit 1971. Daniela Schmid, Sektion Bern Postpersonal, 50 Jahre, Mitglied seit 2002. Karl Voggensperger, Sektion Basel, 84 Jahre, Mitglied seit 1951. Heinz Witschi, Sektion Bern, 78 Jahre, Mitglied seit 1964. Franco Zampat t i, Sektion Rhätia, 79 Jahre, Mitglied seit 1964. Sekt ion Zürich/Ostschweiz Infoveranstaltung: Tisa – was ist das? 18. August 2015, 19.30 Uhr, Infoveranstaltung mit Stefan Giger vom VPOD, Birmensdorferstrasse 67 (VPOD), Zürich. Eintritt frei. Hinter verschlossenen Türen verhandelt eine Gruppe von 21 Staaten, darunter die USA, Japan, die EU und auch die Schweiz, ein neues «Handelsabkommen». Alle Dienstleistungen, insbesondere die Leistungen des Service public, sollen dem globalen Markt ausgeliefert werden. Ausländische Firmen sollen gleich behandelt werden wie inländische Anbieter oder die öffentliche Hand. Eine spätere Rückverstaatlichung wird ausdrücklich verboten! Organisation: syndicom Zürich/Ostschweiz IMpressum
syndicom-Zeitung Redaktion: Naomi Kunz Tel. 058 817 18 18, redaktion@syndicom.ch Layout: Katja Leudolph Korrektur: Christoph Gassmann Adressänderungen: syndicom, Adressverwaltung, Monbijoustrasse 33, Postfach, 3001 Bern Tel. 058 817 18 18, Fax 058 817 18 17 Inserate: stab@syndicom.ch Druck: Ringier Print Ebikonerstrasse 75, 6043 Adligenswil Verlegerin: syndicom – Gewerkschaft Medien und K ommunikation. «syndicom» erscheint 12 Mal im Jahr. Ausgabe Nr. 8 erscheint am 28. August. Redaktionsschluss: 10. August.
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syndicom | Nr. 7 | 10. Juli 2015
nachwort zur RTVg-Abstimmung
Der Westschweiz ist es zu verdanken, dass das Radio- und Fernsehgesetz am 14. Juni angenommen wurde. Ein Nein in der Deutschschweiz hatte sich bereits seit Längerem abgezeichnet. Doch das klare Resultat im Tessin überraschte. Barbara Bassi Vor allem den DeutschschweizerInnen muss ich immer wieder erklären, weshalb sich die Tessiner Bevölkerung deutlich gegen die Neuregelung ausgespro chen hat, die endlich alle Unternehmen erfasst und vor allem niedrigere Fernsehgebühren für die Privathaushalte bringt. Ausgerechnet ein Kanton mit einer extremen Sensibilität für alles, was Arbeit und Arbeitsplätze betrifft, sendet hier ein Signal aus, das man nicht anders interpretieren kann denn als Nein zu Subventionen und, wenn man noch weitergehen will, als Freipass für den Abbau des Service public.
sem Thema fast immer aus dem Bauch heraus stattfand, auf einer emotionalen Ebene und im Windschatten einer populistischen politischen Kampagne, die mit dem einfachen Rezept «Weniger Steuern für alle» auf Stimmenfang geht. Kaum jemand hat realisiert, dass ein Nein einen Angriff auf den gesamten Service public bedeutet hätte – mit dem Nebeneffekt, dass das gegenwärtige Medienangebot von RTSI (Radio Televisione Svizzera Italiana) zerschlagen worden wäre – einhergehend mit einem direkten oder indirekten Abbau zahlreicher Arbeitsplätze.
kampagne im hintergrund populismus herrscht vor War es Kurzsichtigkeit, Ignoranz oder politische Indoktrination? Auf jeden Fall haben die TessinerInnen bedenkenlos Hunderte von Arbeitsplätzen aufs Spiel gesetzt. Am häufigsten hiess es auf Nachfrage: «Ich habe Nein gestimmt, weil ich diese ungerechte Steuer ablehne.» Anders gesagt: Man will nicht bezahlen für etwas, das man nicht konsumiert. Dabei sind die Nutzungsdaten der privaten Radio- und Fernsehprogramme und der SRG-Ausstrahlungen eindeutig: Die überwältigende Mehrheit der Wohnbevölkerung im Kanton Tessin macht von diesen Angeboten regelmässig Gebrauch. Selbstverständlich nicht nur, indem Radio gehört oder ferngesehen wird, sondern auch übers Internet oder das Mobiltelefon. Wenn man bei den Neinsagern nachhakt und die Diskussion etwas vertiefen will, wird es interessant. Ich habe festgestellt, dass die Meinungsbildung zu die-
Der Nationalrat hat das Gesetz in der Schlussabstimmung mit 109 : 85 Stimmen gutgeheissen. Abgelehnt wurde es von der SVP-Fraktion, von den Grün liberalen und von einem schönen Teil der FDP. In den Wochen vor der Abstimmung haben wir dann beobachtet, wie eine Medienkampagne gegen das neue Radiound Fernsehgesetz gefahren wurde, vor allem in der Presse. All die Zeitungstitel, die sich als Informationsorgane für diese, milde ausgedrückt: parteiische Kampagne hergaben, waren jene aus dem Umkreis der erwähnten politischen Kräfte – natürlich wie immer mit Ausnahmen wegen anders gelagerter Interessen. Am Tag nach der Abstimmung trat der Verein Medien Schweiz in vollkommener Eintracht zwischen Westschweizer, Deutschschweizer und Tessiner Sektionen schon wieder mit seinen Lieblingsforderungen an die Öffentlichkeit: kompletter Abbau des Service public bei der
Waffenstillstand © THOMAS CUNZ
Zeit aufzuwachen!
Kommentar
Das Theater rund um die Abstimmung über die eigentlich technische Revision des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG ist über die Bühne. Der Wechsel zur geräteunabhängigen Haushaltsabgabe ist, wenn auch knapp, geschafft. Manager, die gerne eine kämpferische Sprache pflegen, reden von einer geschlagenen Schlacht mit offenem Kriegsausgang. Das Bild mag übertrieben tönen, die Kernaussage aber stimmt. Denn diejenigen politischen Kräfte, die mit dem Referendum eine teure Abstimmung erzwungen hatten, werden auch nach diesem Entscheid nicht ruhen. Ihre Mission geht weiter, da sie es auf den Abbau im Service public insgesamt und in der SRG im Besonderen abgesehen haben. Anlass genug, sich auch aus gewerkschaftlicher Sicht wieder vertieft damit auseinanderzusetzen, welchen Service public wir in den Medien wollen und was wir von der SRG erwarten. Klar ist, dass die Medien eine soziale, kulturelle und politische Rolle spielen und dass der Programm auftrag an die SRG für die Schweiz weiterhin bedeutend ist: Sie soll durch Informationen einen Beitrag zur freien Meinungsbildung leisten, zu kultureller Entwicklung, Bildung und Unterhaltung. Dabei soll das Verständnis, der Zusammenhalt, der Austausch unter den Landesteilen und den gesellschaftlichen Gruppierungen gefördert werden. Viele private Medien tragen zwar auch zum medialen Service public bei. Im Unterschied zu den allermeisten privaten Verlagen und Sendern arbeitet die SRG jedoch nicht unter Gewinnvorgaben. Das lässt sie anders funktionieren. Sie bleibt unabhängig; das heisst, sie darf bei der Programmgestaltung vieles, sie soll aber anders sein als kommerzielle Medien und damit für das Gemeinwohl mehr bieten. Daran wird sie gemessen, und darüber soll sie Rechenschaft abgeben. Stephanie Vonarburg, Zentralsekretärin Branche Presse und elektronische Medien
Information bzw. vollständige Öffnung für die Privatwirtschaft.
für den service public einstehen Was schert es diese Kreise, wenn wir in Zukunft für unsere TV-Programme nicht mehr wie heute 400 Franken bezahlen, sondern zum Beispiel die 864 Euro, die ein Sky-Abonnement in Italien kostet? Aber ist uns tatsächlich egal, wenn die Kohle in die Taschen von Unternehmern fliesst, die ihre Medien nach eigenem Gutdünken ausbauen – ohne irgendwel-
che Rechenschaftspflichten, ohne Rücksicht auf sprachliche Minderheiten, ohne Angebote für Gehörlose; die sich keinen Deut scheren um journalistische Standards oder gute Arbeitsbedingungen? Wir als StimmbürgerInnen müssen endlich erkennen, dass derzeit eine breit orchestrierte Strategie zum Abbau des Service public umgesetzt wird, die in den nächsten drei Jahren garantiert auch die Post und die Telekommunikation ins Visier nehmen wird. Es ist höchste Zeit für uns alle, aufzuwachen!
Landesmantelvertrag baugewerbe
Gemeinsam kämpfen! Die Bauarbeiter kämpfen im Namen aller Arbeitnehmenden in der Schweiz. Darum: Stehen wir gemeinsam für den Landesmantelvertrag und gegen die Erhöhung der Renten ein! Dieses Jahr geht es für die Bauarbeiter in der Schweiz um viel: Der Landesmantelvertrag, der GAV für das Bauhauptgewerbe, läuft Ende Jahr aus. Ohne Vertrag gibt es auf dem Bau keine Mindestlöhne, keinen garantieren 13. Monatslohn und auch keine anständige Lohnfortzahlung bei Krankheit. Zudem gibt es verschiedene Probleme, die mit dem neuen Vertrag gelöst werden müssen.
solidarität mit den Bauarbeitern! Gefährliche und belastende Arbeits be dingungen, Druck auf die Löhne und der Angriff auf das Rentenalter sind nicht nur auf dem Bau ein Problem. In fast allen Berufen sind die Entwicklungen ähnlich. Der Kampf der Bauarbeiter ist der Kampf der Arbeitnehmenden in der Schweiz. Wenn der Landesmantelvertrag nicht verteidigt werden kann, wird der Druck auf
alle anderen GAV zunehmen. Daher ist es wichtig, dass sich alle Arbeitnehmenden mit den Bauarbeitern solidarisieren. Wir müssen uns der gemeinsamen Stärke wieder bewusst werden und zusammen für gute Arbeitsbedingungen einstehen!
ungenügender schutz bei schlechtwet ter und lohndumping Der Termindruck auf dem Bau hat in den letzten Jahren massiv zugenommen. Viel zu oft müssen die Arbeiter auch bei gefährlichen Schlechtwetter-Bedin gungen weiterarbeiten. Jahr für Jahr verunfallt jeder fünfte Bauarbeiter bei der Arbeit. Es braucht klar Verbesserungen im neuen Vertrag, denn die Bauarbeiter bezahlen mit ihrer Gesundheit. Bauarbeiter müssen zum Teil für Hungerlöhne arbeiten. Dass in der Schweiz Arbeiter für ein paar Franken
pro Stunde schuften müssen, ist eine Schweinerei. Und es hat Auswirkungen auf alle Löhne auf dem Bau. Daher braucht es griffige Massnahmen, um unseriösen Firmen, die Lohndumping betreiben, den Riegel zu schieben.
rente mit 60 muss sein! Schliesslich muss die Rente mit 60 für die Bauarbeiter verteidigt werden. In den nächsten Jahren erreichen viele Bauarbeiter das Rentenalter. Ein Teil
der Baumeister will dies als Vorwand benutzen, um das Rentenalter zu erhöhen. Das Bauarbeiterparlament der Unia hat klar gesagt: Das kommt nicht infrage! Die Bauarbeiter werden für die Rente mit 60 kämpfen. Es kann und darf einfach nicht sein, dass die Bauarbeiter, die jetzt jahrelang für das Rentenalter 60 Beiträge bezahlt haben, letztlich länger arbeiten müssen.
Nico Lutz, Sektorleiter Bau bei Unia