Nr. 9 25. 9. 2015
www.syndicom.ch Gewerkschaft Medien und Kommunikation
die zeitung
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Nur Politclowns im Wahlzirkus? Etwas belustigt schaue ich in die Manege des Wahlzirkus und beobachte, wie dort zahlreiche Polit-Clowns, begnadete Selbstdarstellerinnen, Worthülsen-Jongleure und Warmluft-Akrobatinnen unterwegs sind. Die inhaltslosen Aussagen von Kandidierenden auf Prospekten und Plakaten, «sauglatte» Wahlvideos und x-beliebige Events lassen bei mir als interessierter Wählerin Zweifel aufkommen: Spielt es wirklich eine Rolle, wer im Herbst gewählt wird? Das haben sich die Gewerkschaften syndicom und SEV auch gefragt. Deshalb haben wir eine Firma beauftragt, das Stimmverhalten der 200 Nationalrätinnen und Nationalräte seit der letzten Wahl auszuwerten. Wir wollten wissen, wer wohl die Interessen unserer Mitglieder am besten vertreten hat. Wer machte sich für einen Service public stark, der breit verankert ist und trotzdem beweglich bleibt, um auch auf neue Bedürfnisse der Bevölkerung reagieren zu können? Wer sorgte dafür, dass die grossen staatsnahen Unternehmen wie Post, SBB und Swisscom die richtigen Rahmenbedingungen haben, um ihre Dienstleistungen für alle in hoher Qualität zu erbringen? Und wer will diese Unternehmen einfach zerschlagen und privatisieren – ohne Rücksicht auf die Konsequenzen für die Angestellten? Wer forderte gesetzliche Regelungen für faire Löhne, gute Arbeitsbedingungen und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz? Wer sorgte sich um die RentnerInnen, damit Menschen nach ihrer Pensionierung nicht in Armut leben müssen? Wer setzte sich ein für eine vielfältige und unabhängige Medienlandschaft? Wer verfolgte eine Sozial politik, die nicht ausgrenzt, sondern die grundlegenden Bedürfnisse aller Menschen deckt? Die Fakten sprechen eine klare Sprache. Es sind PolitikerInnen aus dem linken, grünen und teils aus dem Mitte-Lager, welche die Anliegen der Gewerkschaften in den letzten 4 Jahren unterstützt haben. Den bürgerlichen PolitikerInnen – insbesondere denjenigen aus der SVP – waren sie egal. Wenn du jetzt deinen Wahlzettel ausfüllst, kannst du dich auf solche Fakten stützen. Oder aber du lässt dir einreden, es gäbe noch viel wichtigere Probleme für dich. Zum Beispiel das «Asylchaos», die vielen MigrantInnen oder schlicht der «Untergang des Abendlandes». Selbst wenn die SVP bei diesen Themen viel Lärm macht, heisst das noch lange nicht, dass sie damit etwas zur Lösung beitragen kann oder will. Du kannst am 18. Oktober entscheiden, ob deine Arbeitsstelle in Zukunft noch sicher ist oder ob deine Rente im Alter ausreicht. Du hast das Privileg (und das Risiko) der freien Wahl. Nütze es. Bernadette Häfliger Berger, Vizepräsidentin syndicom
telecom/It
GAV grafische industrie
Brandneuer GAV der Callcenter: eine kritische Würdigung von beiden Seiten Seite 7
Zwei Tage vor Verhandlungstermin kam die Absage der Zeitungsdruckereien Seite 10
Das grosse syndicom-Polit-Ranking
Wer kämpft für uns?
Welche ParlamentarierInnen haben sich in den letzten vier Jahren für die Anliegen der Gewerkschaften engagiert? Antworten liefert das im Auftrag von syndicom und SEV erstellte Polit-Ranking zum Abstimmungsverhalten im Nationalrat. › Seiten 2 und 3
© AL AIN C ARRUPT
Edito
Verpackungsdruck
Arbeitsniederlegung bei Südpack Sechs Entlassungen in einer Woche, darunter ein syndicom-Mann. Diese Hiobsbotschaft nahmen Gewerkschaften und Arbeitnehmende nicht einfach so hin. Es herrscht dicke Luft bei den 120 Angestellten des Verpackungsunternehmens Südpack in Bioggio (TI). Hier ist syndicom zusammen mit der christlichen Gewerkschaft OCST Sozialpartnerin eines Betriebs-GAV. Gegen Ende August kündigte die Südpack fünf Kollegen auf einen Schlag, wenige Tage später, am 28., auch dem Gewerkschafter Diego Moretti, Vizepräsident der syndicom-Sektion Ticino e Moesano. Die angeblich aus wirtschaftlichen Gründen ausgesprochenen Entlassungen erfolgten ohne Absprache mit der Personalkommission oder den Sozialpartnern. syndicom kritisiert dieses Vorgehen aufs Schärfs-
te. Unverzüglich leitete die Gewerkschaft Schritte ein: Noch am Abend des 28. versammelte sich syndicom vor Ort mit den Arbeitnehmenden und verlangte die Rücknahme der Entlassungen. Am 31. August erfolgte ein Treffen mit der Geschäftsleitung, das zu keiner Einigung führte. Nur wenige Stunden später riefen die Gewerkschaften deshalb die Arbeitnehmenden zu einer weiteren Protestversammlung auf. Am 1. September legten die Mitarbeitenden von Südpack ihre Arbeit nieder, bis die Geschäftsleitung zu weiteren Gesprächen einlenkte. Am Tag darauf folgte ein ähnliches Szenario. Nun brachten die Protes-
te der Mitarbeitenden Erfolg! Die Geschäftsleitung zeigte sich endlich verhandlungsbereit. In einer letzten Gesprächsrunde am 14. September konkretisierten sich erste Vorschläge: für die sechs entlassenen Kollegen soll ein Sozialplan erstellt werden. Ausserdem sollen künftig die Personalkommission und die Sozial partner bei jeder einzelnen Entlassung einbezogen werden. syndicom wird nichts unversucht lassen, dass die Mitarbeitenden ihre Anstellung bei Südpack behalten können. Weitere Entscheidungen werden zusammen mit der Belegschaft an einer nächsten Versammlung gefällt. (syndicom)