Drei Stunden Warten fuer Dampfbroetchen

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REGION

ZÜRICHSEE-ZEITUNG OBERSEE SAMSTAG, 17. DEZEMBER 2011

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LEBEN IN CHINA VON TANYA KÖNIG*

Drei Stunden warten für Dampfbrötchen

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Fussgängerstreifen Pfäffikon

Fussgängerstreifen Siebnen

Die Schindellegistrasse mit den zwei Einfahrten ist an dieser Stelle unübersichtlich. Autofahrer müssen auf zwei Spiegel und die Fussgänger achten. «Seit Jahren debattieren wir darüber, ob an dieser Stelle ein Lichtsignal erforderlich wäre», sagt der Freienbacher Gemeinderat Andreas Beglinger.

Die Äussere Bahnhofstrasse ist vor allem zwischen 16 und 18 Uhr stark befahren. An dieser Stelle kreuzen die oft schnell fahrenden Autofahrer den Weg des Busverkehrs vom Bahnhof aus und der Kunden der Landi. Zudem befindet sich unmittelbar beim Streifen die Ein- und Ausfahrt des Parkplatzes. Bilder: Sabine Rock

Verantwortung liegt bei Autofahrern und Fussgängern VERKEHR. Tempo-30-Zonen ohne Zebrastreifen wie in Lachen oder in Freienbach sollen zukünftig für mehr Sicherheit im Strassenverkehr sorgen. Allerorts wird aber auch an die Verantwortung der Verkehrsteilnehmer appelliert. MARC ULRICH

Tempo-30-Zonen seien eine ideale Lösung für das Problem mit den Fussgängerstreifen, sagt Peter Marty, Gemeindepräsident von Lachen. «Zumindest für die Wohnquartiere.» Seit vergangener Woche gilt in den Lachner Wohnquartieren die Tempo-30-Zone. Zebrastreifen gibt es dort keine mehr. Fahrzeuge haben gegenüber Fussgängern Vortritt. Fussgänger überqueren die Strasse dort, wo sie sich am sichersten fühlen. Laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) erhöht sich die Sicherheit in solchen Zonen durch die reduzierte Geschwindigkeit um ein Vielfaches. Die Meinungen über die Neuerung gehen in der Lachner Bevölkerung auseinander. «Die eine Hälfte ist froh, dass etwas für ihre Sicherheit getan wird»,

sagt Peter Marty. «Die andere hat Angst, dass der Verkehr ohne Fussgängerstreifen noch gefährlicher wird.» Der Gemeindepräsident glaubt aber, dass sich die Leute erst daran gewöhnen müssen und sie es dereinst als gute Sache empfinden.Auch in Rapperswil-Jona sind die Tempo-30-Zonen in den Quartieren seit mehr als zwei Jahren geplant. «Das Rechtsverfahren läuft – wenn es keine Einsprachen gibt, werden die Zonen im kommenden Sommer umgesetzt», sagt Stadtrat Walter Domeisen. Ziel ist es laut Domeisen, die Wohnviertel vom Durchgangsverkehr freizuhalten und somit auch das Unfallrisiko zu minimieren.

Warnschilder umstritten In der Gemeinde Freienbach hat man mit den Tempo-30-Zonen ohne Fussgängerstreifen gute Erfahrungen gemacht.

«Die Initiative kam vor einigen Jahren vonseiten der Eltern, die sich um ihre Kinder auf dem Schulweg sorgten», sagt Gemeinderat Andreas Beglinger. Um den Schülern das Überqueren der Strasse zu erleichtern, wurden auf dem Teer aber Markierungen angebracht. Auch blaue Warnschilder sowie elektrische Beleuchtungen am Strassenrand wurden installiert, um Fahrzeuglenker auf die Fussgänger aufmerksam zu machen. Die Wirkung solcher Warnsignale bezweifeln die anderen Gemeinden. «Es stehen schon genug Schilder am Strassenrand – wer soll da noch den Überblick haben?», sagt Walter Domeisen. Peter Marty schlägt in die gleiche Kerbe: «Sie verwirren die Autofahrer mehr, als dass sie sie orientieren.» Trotzdem halten sowohl die Kantonspolizei St. Gallen als auch die Beratungsstelle für Unfallverhütung fest, dass Signale die Erkennbarkeit eines Fussgängerstreifens verbessern.

Kantonsstrassen werden geprüft Oftmals liegt das Problem aber nicht an der mangelhaften Beschilderung, son-

dern an unaufmerksamen Verkehrsteilnehmern. Der Bund will nun in einer 6-Millionen-Kampagne Autofahrer und Fussgänger gleichermassen sensibilisieren und an das Verantwortungsgefühl der Verkehrsteilnehmer appellieren. Hanspeter Krüsi von der Kantonspolizei St. Gallen glaubt an die Wirkung dieser Kampagne: «Viele Unfälle würden verhindert, wenn von beiden Seiten die Situationen besser eingeschätzt würden.» Die St. Galler Kantonspolizei überprüft zurzeit in Zusammenarbeit mit dem Tiefbauamt alle Fussgängerstreifen auf den Kantonsstrassen. Gefährliche Streifen sollen erkannt und – wenn möglich – umplatziert werden. Besonders Tempo-80-Zonen sollen sicherer werden. «In diesen Bereichen werden keine Fussgängerstreifen mehr gebaut», sagt Krüsi. Ausserorts würden stattdessen bauliche Einrichtungen wie beispielsweise Mittelinseln errichtet. Für vier gefährliche Stellen am Obersee recherchierte die «ZSZ» im Internet, fragte bei den Behörden nach und holte Stimmen aus dem Volk ein.

nstehen, anstehen, anstehen. (páiduì, chin. für anstehen) gehört zum Alltag der Menschen in Peking. Muss ich zum Arzt, rechne ich mit mindestens zwei Stunden, und einmal zur Bank raubt gleich einen halben Tag. Freiwillig anstehen, dafür ist mir die Zeit jedoch zu kostbar. Die Einheimischen sind da anders. An der Guloustrasse gibt es einen Laden mit einer Warteschlange, bei der man meinen könnte, Hu Jintao stehe höchstpersönlich hinter der Theke.

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ch stelle mein Velo ab und gehe auf eine ältere Dame in der Schlange zu. Sie strickt einen orangen Pullover. Ich frage sie, weshalb sie anstehe. «Um Mantous zu kaufen.» Mantous? «Dampfbrötchen», antwortet sie und lacht. Aber die kann man doch überall kaufen, erwidere ich und kann mir nicht vorstellen, dass die Brötchen hier so viel besser als sonst sind, zumal Mantous nichts mehr als gedämpfte Teigklumpen sind. Ein Mann hinter der strickenden Frau mischt sich ein: «Hàoch, hàoch!», sie seien lecker. «Für wen ist der Pullover?», frage ich die Dame. «Für meine Enkelin», sagt sie und lächelt. Eine gute Beschäftigung, während man ansteht. Der Mann fragt, woher ich sei. «Aus der Schweiz.» «Oh! Dein Chinesisch hört sich gut an!» «Wie lange stehen Sie schon an?» «Seit drei Stunden.» «Müssen Sie nicht arbeiten?» «Ich bin pensioniert. Die meisten hier sind pensioniert, wir haben Zeit.» Die meisten sind aber nicht alle; zuhinterst in der Schlange steht eine junge Frau, die in meinem Alter sein muss. «Und wie viele Mantous kaufst du dir?», frage ich. «Vier Stück.» «Vier Stück?! Dafür stehst du heute bis zu drei Stunden an.» Sie seien eben so lecker. Sie komme alle drei Tage hierher. «Und die vier Brötchen sind sich das lange Anstehen wert?» Sie grinst und nickt. Ein älteres Paar stellt sich in die Reihe. Nach fünf Minuten meint die Frau, sie gehe nach Hause. «Bis du deine Brötchen hast, ist Feierabend. Ich habe keine Lust, in den Stau zu kommen!» Er bleibt. Ich frage ihn, wie oft er hierher komme. Es sei das erste Mal. Er habe von einem Freund gehört, dass die Mantous hier so gut seien. «Ich hoffe, sie sind wie damals, als wir noch klein waren.» Heute finde man nicht mehr dieselbe Art, deshalb sei er gekommen. Eine Dame geht mit ihrem Velo an mir vorbei, in ihrem Korb ein Sack voll Mantous. «Sie waren erfolgreich», spreche ich sie an. «Ja!», und sie strahlt. «Willst du eines meiner Mantous?» «Aber nein, dafür stehen die Leute mehrere Stunden an.» «Ich bin auch fast drei Stunden angestanden. Ich schenke dir zwei Stück.» Glücklich mache ich mich auf den Heimweg. Heute bin ich um das Anstehen herumgekommen, das nächste Mal werde wohl auch ich zwei Stunden opfern müssen. *Tanya König (24) lebt seit August 2011 in Peking und lernt Chinesisch. Das Ende ihrer Kolumne kann man sich auf www.youtube.com/ cosmotay anschauen.

Fussgängerstreifen Rapperswil

Fussgängerstreifen Uznach

Das Problem an diesem Übergang ist, dass die eine Ampel bis zur Mittelinsel früher auf Grün umschaltet als die andere. «Viele Fussgänger überqueren die Strasse im Glauben, dass das Lichtsignal für beide Teile gedacht ist», sagt Stadtrat Walter Domeisen. Zudem herrscht an dieser Stelle starker Durchgangsverkehr.

Dieser Zebrastreifen ist vor allem deswegen gefährlich, weil man die Autofahrer aus dem Städtchen nicht sieht. Zudem befindet sich das Schulhaus in unmittelbarer Nähe, viele Kinder überqueren an dieser Stelle die Strasse. Eine Lösung wäre, den Streifen Richtung Bahnhofstrasse zu verschieben.

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