Ernesto Neto and the Huni Kuin – Exhibition Booklet

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Aru Kuxipa Sacred Secret Heiliges Geheimnis Sagrado Segredo Aru bedeutet Geheimnis und das Heilige. Kuxipa steht für das Göttliche. Kuxipa ist der Schöpfer. Kuxipa ist für uns die Natur: die Erde, das Wasser, der Wald, der Wind, die Sonne, der Mond, die Umlaufbahnen. Dies alles ist Natur, dies alles ist Kuxipa und heilig; heilige Stammväter, heilige Vorfahren. Aru Kuxipa ist aber auch die an die Götter der Natur gerichtete Bitte, das große Freudenfest dieser Verbindung, das hier heute stattfindet, zu würdigen. Aru means secret, sacred. Kuxipa means like a god. Kuxipa is the creator. So kuxipa for us is nature: earth, water, forest, wind, sun, moon, paths. All that is nature; all these to us are kuxipa, sacred; sacred ancestors, the sacred ancestry. I see Aru Kuxipa as a request for permission from the sacred, from the gods of nature, in order to praise this great celebration of this union that is taking place here today. — Txana Bane

dieses heilige Geheimnis diese Begegnung mit den Huni Kuin bevor das tiefste Geheimnis enthüllt wird das Offenkundige enthüllen, das wir täglich hören das Geheimnis des Wortes Txai die Hälfte von mir ist in dir und die Hälfte von dir ist in mir wie sich diese Beziehung erhält, dieses Band in der Familie der Huni Kuin so können wir das Feld der indigenen Familien erweitern durch das was Txai ist was Txai bedeutet so this sacred secret this encounter with the Huni Kuin before all of this, the deepest secret is to be unveiled unveil the apparent and what we hear all the time are the secrets of the word txai half of me in you and half of you in me how this relation remains, this brotherhood within the Huni Kuin family we can also enlarge the field of indigenous families from what txai is what txai signifies — Ernesto Neto


Die Ausstellung Aru Kuxipa entspringt der kollektiven Vision des brasilianischen Künstlers Ernesto Neto und amazonischer KünstlerInnen, PflanzenheilerInnen und Pajés (Schamanen) der 37 HuniKuin-Gemeinschaften aus dem Gebiet des Jordão-Flusses. Gemeinsam er­schufen sie im Augarten einen Ort der Transformation, der Begegnung und der Heilung weitab ihrer anzestralen Heimat. Von der gemeinschaftlichen Entscheidung der Huni Kuin getragen, ihre heiligen Formen der Kunst, des Rituals und ihr überliefertes Wissen zu teilen, spürt die Ausstellung den Vorstellungen einer „anzestralen Zukunft“ nach. Diese steht im Zeichen der Novo Mundo/ Novo Tempo – einer Zeit des Austausches und des Strebens nach indigener Selbstbestimmung und Souveräni­tät – und deutet auf einen Transformations­ prozess und auf die Bemühungen der Huni Kuin sich mit der Welt auszutauschen, um gemeinsame neue Wege zu beschreiten. „Wir treffen uns heute hier, morgen anderswo. In der Zwischenzeit ist Gott eine Göttin. Heilige Schwerkraft“ ist eine ältere Arbeit von Neto aus der TBA21Sammlung, geformt von scheinbar gewichtslosen rosa und grün­lichen von der Decke hängenden PolyamideVolumina, die sich in sinnlichen Umarmungen ineinander ver­schlingen. Die antithetischen Dualitätsprinzipien – hier und anderswo, heute und morgen, das Männliche und das Weibliche, das Menschliche und das Göttliche – sind aufgehoben und überwunden durch die (Schwer-)Kraft der Liebe und Vereinigung. Barfüßig werden die Besu­cherInnen in einen inneren Raum des Rituals und des Heilens geleitet, in dem verschiedene Objekte, Maracas, Kené, Webkunst und Zeich­nungen der Python, manche von

Aru Kuxipa expresses the vision and dream of the Brazilian artist Ernesto Neto and the Amazonian artists, plant masters, and pajés (shamans) of the thirty-seven Jordão Huni Kuin communities to co-create a place of transformation, a zone of encounter and expression, and a site of healing away from their ancestral lands. Sanctioned by a communal decision to come to Vienna and to perform and share within the space of art the Huni Kuin’s sacred forms of expression, art, ritual, and knowledge, the exhibition traces luminous trajectories into our ‘ancestral futures.’ This encounter forged under the sign of the Huni Kuin’s Novo Mundo/Novo Tempo calls for a renewed engagement with and contribution to the world at large, a time of exchange, and a striving for indigenous self-governance and sovereignty. The exhibition opens with Neto’s major work of 2003 from the TBA21 collection— A Gente se encontra aqui hoje, amanhã em outro lugar. Enquanto isso Deus é Deusa. Santa gravidade (We meet each other today, tomorrow in another place. In the meanwhile, God is Goddess. Saint Gravity)—fashioned from weightless pink and greenish polyamide forms suspended from the ceiling and intertwined in a voluptuous “embrace.” Here and elsewhere, today and tomorrow, the male and female principles, human and divine: all systems of duality are erased and reunited through the principles of love and union. While removing their shoes, visitors are drawn into an inner space of ritual and healing with objects, maracas, kené, weavings, jiboia (snakes), some hanging from the ceiling, others laid out on tables for their use. The spiritual center of the exhibition is demarcated by NixiForestKupiXawa (2015), a communal space of gathering,


der Decke abge­hängt, andere zum Gebrauch auf Tischen aufliegend, für sie bereitstehen. Das spirituelle Zentrum der Ausstellung bildet NixiForestKupiXawa (2015), eine aus bunten Bändern geknüpfte zeltartige Struktur, die der Zusammenkunft, der Zelebrierung und tiefen Kontemplation dient. Pajés und KünstlerInnen der Huni Kuin nehmen im Rahmen einiger Residencys an der Vorbereitung und Initiation der Ausstellung in Wien teil und treten mit Netos künst­leri­scher Sprache in einen Dialog. Musik, Zeichnungen, Webkunst, Rituale, Herbaria, medizinische Pflanzen, Lehrer Pflanzen und Alltagsobjekte tragen mit einer Vielfalt an Ausdrucksmöglichkeiten und Erfah­rungen dazu bei. Una Isĩ Kayawa, das geheime „Buch des Heilens“, ist sorgfältig eingebettet in das kuratorische Konzept der Ausstellung und beinhaltet Beschreibungen der 109 Pflanzenarten, die bei den indigenen Therapien zum Einsatz gelangen. Für die Huni Kuin ist die Pflanzenkunde samt der ihr zugrunde liegenden Ontolo­gie ein mysterium tremendum, ein Ehrfurcht gebietendes Geheimnis, dem mit größter Achtsamkeit begegnet werden muss. Aru Kuxipa, Netos persönlicher Tribut an die Kultur der Huni Kuin, entfaltet einen feinsinnigen Ausstellungs­parcours, der sich von einem Initiations- und Aktivie­rungs­bereich über einen Raum des Rituals bis hin zu einem Ort der Vertiefung und des Wissens öffnet, um in den vielfältigen Stimmen der anzestralen Mythen und des Gesangs seinen Ausklang zu finden. Neto mobilisiert hier ein tiefes Verständnis für indigene Weisheit und Tradition und die relationale und perspektivische Natur der Weltsicht der Huni Kuin. Diese kollaborative Reise markiert eine Erweiterung jener

sheltering rituals, celebrations, and immersive contemplation. Venerated Huni Kuin pajés and artists have participated in the preparation and initiation of the exhibition. They enter into dialogue with Neto’s artistic language through a diversity of experiences, expressions, and forms of knowledge: oral history, music, sounds, drawings, weavings, rituals, herbaria, and everyday objects. Una Isĩ Kayawa, the “Book of Healing,” embedded diligently in the exhibition, compiles for the first time ever descriptions of the 109 plant species used by the Huni Kuin and their applications in various curative treatments. For the Huni Kuin, plant knowledge and the ontology in which it is imbedded are a mysterium tremendum, an awe-inspiring mystery that must be approached and revealed with the greatest respect and thoughtfulness. Aru Kuxipa conceived as Neto’s personal tribute to the Huni Kuin, unfolds as a subtle parcours, which transitions from a space of preparation and initiation to the sacred area of ritual, to a room of study and knowledge, culminating in the community’s multiple voices of myths and songs. Here Neto mobilizes a deep understanding of indigenous wisdom and tradition and the relational and perspectival nature of the Huni Kuin’s world vision. This shared journey marks a crucial extension of concerns that have been evident in his œuvre over the past twenty years: an appreciation of the sensuality of being, the unity of bodies and nature, the celebration of life, and a search for deeper forms of union and correspondence.


Thematiken und Quali­täten, die bereits seit mehr als zwanzig Jahren in seinem Œuvre angelegt sind: die Sinnlichkeit des Seins, eine Symbiose von Körpern und Natur, die Zelebrierung des Lebens und eine Suche nach tiefgehenden Formen der Vereinigung und Korrespondenz.

A Gente se encontra aqui hoje, amanhã em outro lugar. Enquanto isso Deus é Deusa. Santa gravidade, 2003



Die Huni Kuin Die Huni Kuin („wahres Volk“) wurden nach ersten Kontakten mit Brasilianern und Peruanern unter dem Namen Kaxinawá („Fledermaus Menschen“) bekannt. In Brasilien leben sie im Staat Acre im Amazonasgebiet an der Grenze zu Peru in 12 indigenen Gebieten, die sich auf eine Fläche von mehr als 653.000 ha und um die Flüsse Purus, Envira, Murú, Humaitá, Tarauacá, Jordão und Breu verteilen. Mit etwas mehr als 7900 Menschen machen die Huni Kuin 45% der gesamten indigenen Bevölkerung aus und sind so die größte der 18 in Acre lebenden ethnischen Gruppen. Ihre Sprache, welche sie die Hatxa Kuĩ („wahre Sprache“) nennen und deren Reichtum sich auch in ihrer musikalischen Vielfalt und materiellen Kultur ausdrückt, gehört zur linguistischen Familie der Pano. Die soziale Organisation der Huni Kuin kreist um umfangreiche Familiengruppen und um die zentrale Figur des Pajé (Schamanen), dem sie eine wesentliche Rolle in ihrer Kultur zusprechen, da er die Verbindung zum spirituellen Bereich aufrecht erhält. Nach zwei Generationen ausbeuterischer Zwangsarbeit unter Seringalistas und Caucheiros – brasilianischen Gummi­ plantagen-Besitzern und umherziehenden peruanischen Gummizapfern – und einem schweren Genozid, der die große Mehrheit ihrer Ethnie auslöschte, sind die Huni Kuin heute in einen tiefgreifenden Prozess der Wiederentdeckung ihrer reichen Traditionen, Glaubenssysteme und Praktiken involviert, während sie gleichzeitig vor neuen Herausforderungen und Bedrohungen ihres Lebens­ raumes stehen.

The Huni Kuin The Huni Kuin people (“true men” or “true people”), as they call themselves, became known as Kaxinawá (“bat people”) since their first contacts with Brazilian and Peruvian people. In Brazil, they live in the state of Acre in twelve indigenous lands, with an aggregate area of 653 thousand hectares, distributed around the Purus, Envira, Murú, Humaitá, Tarauacá, Jordão, and Breu rivers. With a little more than 7.900 individuals, the Huni Kuin constitute 45% of the total indigenous population and they are the largest of the 18 ethnic groups living in Acre. Their language belongs to the linguistic family Pano, that they call Hatxa Kuĩ (“true language”) and whose abundance manifest also in their musical diversity and material culture. The Huni Kuin society, traditionally, has a social organization that turns around groups of extensive families, with prominence on the figure of the pajé (shaman) whom they assign a significant role in its culture in helping to maintain the connection with the spiritual realm. After two generations of working under exploitative conditions for seringalistas and caucheiros (respectively, the Brazilian rubber estate owners and Peruvian itinerant caoutchouc extractors), which resulted in a severe genocide that wiped out a large part of their ethnic group, today the Huni Kuin are engaged in a profound process of recovering their rich traditions, beliefs, practices while facing new pressures to protect their land rights.


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Blow vibrates Hauch vibriert Beim Betreten des Ausstellungsraums werden die BesucherInnen aufgefordert, ihre Schuhe abzulegen, und eingeladen in eine Art Versuchsgelände für sinn­ liche, körperliche und kognitive Erfah­ rungen einzutreten. Barfüßig erfühlt man hier den weichen blauen Boden, der unter dem Gewicht sich bewegender Körper nachgibt. Eine Mischung aus Lavendel, Basilikum, Oregano und Kamille verströmt zarte Düfte, während sich eine Symphonie aus unterschied­ lichen Formen und Perspektiven von oben über den gesamten Raum entfaltet. A Gente se encontra aqui hoje, amanhã em outro lugar. Enquanto isso Deus é Deusa. Santa gravidade (2003) ist eine von Netos charakteristischen Hänge­ skulpturen aus transparentem Polyamid. Ihr prekäres Gleichgewicht beruht auf einem ausgeklügelten System von Gegengewichten aus Styropor und Reis. Übersetzt lautet der Titel „Wir treffen uns heute hier, morgen anderswo. In der Zwischenzeit ist Gott eine Göttin. Heilige Schwerkraft“ und evoziert Begegnungen verschiedenster Lebewesen und göttlicher Entitäten. Kreuz und quer schweben die amorphen grünlichen und rosa Formen aus Nylon durch den Raum, bilden ein expansives aber leichtfüßiges Wesen mit langen, von der Decke hängenden, strumpfartigen Röhrenbeinen. Als maßgebliches Werk in Netos Œuvre zeigt A Gente einen

On entering the exhibition space, visitors are asked to take off their shoes. They are then invited to step into a testing ground for sensory, bodily, and cognitive experience. Barefoot, they feel a soft blue floor that gives way beneath the weight of their moving bodies. Simultaneously a delicate melody of scents of lavender, basil, oregano, and chamomile conveys olfactory impressions while a symphony of various shapes and perspectives inhabits the space, unfolding from above. A Gente se encontra aqui hoje, amanhã em outro lugar. Enquanto isso Deus é Deusa. Santa gravidade (2003) is one of Neto’s signature hanging sculptures. Made of translucent polyamide, it maintains a precarious balance through a system of counterweights made of Styrofoam and rice. The title—which translates as “We meet each other today, tomorrow in another place. In the meanwhile, God is Goddess. Saint Gravity”—invokes encounters of various forms, beings, and divine entities. Crisscrossing the space in an elegant dance, amorphous greenish and pink nylon forms—including long, stocking-like tubes suspended from the ceiling—make up an expansive yet light-footed entity. A decisive work in Neto’s extensive œuvre, A Gente operates in a state of energetic balance in which every element is involved in a spatial and temporal union


Zustand der energetischen Balance auf: Jedes Element ist in ein räumliches und zeitliches Zusammenspiel eingebunden, das von sich stetig bewegenden Körpern, wechselnden Positionen, Perspektiven und Beziehungen erforscht werden möchte. Die Schwerkraft erweist sich als eine energetische Mittlerin, die Körper und Materie zu vereinen mag, während die üppigen Formen, die fühlbaren Texturen und die sinnliche Materialität unsere Sinne für die Fluidität und Transformation vorbereitet, die dieser Reise durch die Ausstellung innewohnt. Ebenfalls von der Decke hängen farbenprächtige Kené Webereien aus Baumwolle, die über den Raum verteilt sind, um von ihren hölzernen Aufhängungen abgenommen zu werden. Kené stellen ein heiliges und multi-perspektivisches Emblem der Huni-Kuin-Identität dar. Die geometrischen Webmuster sind von Naturformen abgeleitet und werden von Frauen mit Samen, Glasperlen und Baumwolle hergestellt. Vergleichbar mit den traditionellen Gesängen der Huni Kuin stellen sie ein zentrales Ausdrucksund Kommunikationsmittel für und mit der Natur dar, begleiten, beschützen und verleihen Heilkraft. Die heiligen und viel verwendeten Motive der Python oder Jiboia verweisen in diesem Zusammenhang auf Ver­ wandlung und Erneuerung, Mut und Stärke. Ihre Kraft, die als allumfassendes Symbol durch das Ausstellungsszenario führt, wird etwa an Jiboia ea DNA (2015), einer Wandmalerei der helixförmigen Zwillingsschlangen sichtbar. Diese „kosmische Schlange“ ist eine zentrale Figur in der Mythologie der Huni Kuin und Vermittlerin von weitreichenden Korrespondenzen zwischen Tierform,

that seeks to be explored by bodies moving in a constant flux of changing positions, perspectives, and relations. Gravity shows itself as a force that unites all bodies and matter, as a common denominator and mediator of differences, while the voluptuous shapes, palpable textures, and sensual materiality open up our senses to the fluidity and transformation guiding the entire journey through the exhibition. Also strung from the ceiling and extending across the room are colorful kené that can be removed from their wooden mountings. As sacred and multiperspectival emblems of Huni Kuin identity, kené are handcrafted geometric weavings emulating patterns of nature, woven by women with seeds, glass pearls, and cotton. Like traditional songs, they serve as a central means of communication for and with nature, accompanying and providing the Huni Kuin with the power to heal, give guidance, and protect. The commonly used sacred patterns of the python, or jiboia central figure in the Huni Kuin’s mythology, here represent transition and renewal, courage, strength, and power: a force guiding the journey as an overarching spirit of the exhibition scenario, visible in Jiboia ea DNA (2015), a helix-shaped twin “cosmic serpents” painted on the wall. This mural likewise suggest prolific correspondences between nature, DNA, and the cosmos. Aiming toward moments of reversal and reactivation within this collaborative space, Neto and the Huni Kuin advocate shared experience and movement over stasis to unite dualistic divisions between body and mind, subject and object. A conversa dos pajés (Pajés’ conversation,


der Struktur der DNA und dem Uni­ versum. Die Momente der Umkehrung und Reaktivierung, die in diesem Raum reichhaltiger Referenzen angedeutet sind, also das Spiel mit Widersprüchen und Gegensätzen, mit Bewegung gegen Stasis vermögen tiefgreifende Dualismen zwischen Körper und Geist, zwischen Subjekt und Objekt neu formen oder gar vereinigen. A conversa dos pajés (Konversation der Pajés, 2015) besteht aus einem blumenförmigen Holztisch, der mit Fell ausgelegt ist, auf dem Maracas und eine Reihe weiterer Objekte der Huni Kuin aufliegen. Dieser Fluss von Erfahrungen, in dem die Objekte und Kenés eingebettet sind, vermag verstummende (Re)präsen­ tationssysteme sich ständig wandelnden Identitäten, die der relationalen und perspektivischen Kosmovision der Huni Kuin eigen sind, hin zu öffnen. Dieser Raum markiert so einen Übergang in mögliche Formen der Selbst-Repräsentation und des Austauschs. Bestimmte Objekte haben einen sym­ bolischen Wert, weil ihre Präsenz die Existenz bestimmter Geister verstärkt, wie die Falkenfeder, die beim Ritual animalische Macht und Wissen auf die Teilnehmer und Anführer der Zeremonie überträgt. Diese Objekte werden daher berührt und benutzt und nicht entfernt verwahrt. Wenn man sie auf Distanz ließe, würde das ihre Macht reduzieren. – Pirjo Virtanen

2015), a wooden table of flower-shape covered with fur, holds maracas and a selection of objects from the Huni Kuin. This flux of experiences, harboring Huni Kuin objects and kénes, transforms muting (re)presentation into identities in motion proper to the relational and perspectival ontologies of the Huni Kuin, and marks a transition into possibilities of self-representation and exchange. Certain objects, such as the hawk’s feathers used in the ritual, have symbolic value because their presence contributes to the existence of certain spirits, which bring the power and knowledge of the animal to the ritual participants and the ritual leader. The objects are thus touched and acted upon, not kept at a distance. Distancing them would decrease their power. — Pirjo Virtanen


NixiForestKupiXawa, 2015


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Spirit cures Geist heilt Das spirituelle Zentrum der Ausstellung markiert NixiForestKupiXawa (2015), ein Kuxipawa, auch traditionell Maloca genannt. In diesem Raum der Gemein­ schaft finden Heilungsrituale statt, ebenso ist es ein Ort der Entspannung, der tiefen Kontemplation und des gemeinsamen Feierns. Die aus handgefärbten grünen, pink- und orangefarbenen Baumwoll­ bändern geknüpfte und mit Lavendel, Nelken und Kurkuma gewürzte zeltartige Struktur ist der Formensprache des zentralen Versammlungsortes der Huni Kuin entlehnt. Aus farbigen Rautenund Diamantenmuster der Jiboia zusammengesetzt, spannt sich die durchsichtige Netzmembran dachartig in die Raummitte und wirft schlangenartige Schattenmuster auf den Boden. In der Mitte des Raumes schwebt canoaKeneOnçaPataLampaLuz (canoeKeneJaguarPawLampLight, 2015), ein aus gelber Baumwolle geknüpfter Leuchter von der Decke, der in mit Kristallsteinen gefüllten Glasschalen Kerzen auf seinen strumpfartigen Armen trägt. Als wiederkehrendes Mo-tiv in Netos Arbeiten schaffen diese hängenden Tropfenformen eine räumliche und ener­getische Beziehung zwischen Decke und Boden, Himmel und Erde. Eine gehäkelte Leiter, mit Nelken- und Kurkumadüften angereichert, ist einer alten Huni Kuin Mythe nachempfunden. Der mit Strohmatten ausgelegte und

The spiritual center of the exhibition is demarcated by NixiForestKupiXawa (2015), a kupixawa, also called a maloca, a communal space that here shelters spiritual rituals of healing, relaxation, immersive contemplation, and joyful gathering. Crocheted from hand-tinted green, pink, and orange cotton ribbons and spiced with lavender, clove, and turmeric, the tentlike structure in this exhibition borrows the forms and language of the Huni Kuin’s central place of social and spiritual assembly. Regular lozenge or diamond patterns of the jiboia (python) decorate the transparent net membrane stretched overhead and cast shadows of serpent shapes onto the floor. Suspended from the ceiling in the center of the space canoaKeneOnçaPataLampa Luz (canoeKeneJaguarPawLampLight, 2015), a chandelier knotted from yellow cotton string, carries lit candles in bowls filled with little crystal stones in stockinglike tassels. These pendulous drop forms, a prominent feature of Neto’s past work, create a spatial and energetic relation between ceiling and floor, sky and earth. Alongside, a crocheted ladder, enriched with clove and turmeric scents, can be climbed to light the candles and refe-rence an old Huni Kuin myth. On the floor, bamboo mats are laid out next to specially fabricated cushions, and two narrow undulating benches, YubeBanco ZinhoNó (BenchLittleKnot, 2015), face


mit handgefertigten Kissen versehene Boden wird umrahmt von zwei schmalen, gewellten Bänken, die sich über beide Längen des Raumes hinweg erstrecken. Diese Bänke in der Form der Jiboia sind mit farbigen Stoffen aus den wieder­ kehrenden kraftvollen und heilenden Mustern der Schlange in der NózinhoKnüpftechnik fabriziert. Heilende Steine aus Amazonit (Stein der Kraft) und Rosenquarz (Stein der Liebe) werden in kleinen Taschen in den Vertiefungen der Bänke aufbewahrt. Gegenüber der dekorativen Pajésitze steht PedraGibo LagoDuaBusen (StonePythonDuaBusen Lake, 2015), ein tiefgrüner aus GuatemalaMarmor gefertigter Ritualtisch, auf dem die Konturen der Jiboia und eines Pajé mit Maraca eingemeißelt sind. Hier werden Ritualobjekte wie Kuripe und Tepi abgestellt. Es handelt sich um Blas­röhrchen aus Bambus oder Knochen, mit denen Heilmittel – normalerweise medizinische Mischungen aus Tabak, Asche und Blättern – zur Reinigung von Körper und Geist eingenommen werden. Symbolisch und perfomativ, tritt Netos künstlerisches Schaffen hier in einen Dialog mit Wissensformen, Bräuchen und (rituellen) Erfahrungen der Huni Kuin. Es entstehen polyphone und die Sinne ansprechende Szenarien, die den Raum durch Gesang, Tanz und Mythen aktivieren. Mit unterschiedlichen Ausdrucksmöglichkeiten und mit großer Sensibilität verhandeln Neto und die Huni Kuin gemeinsam die Grenzen zwischen künstlerischen, natürlichen, göttlichen und sozialen Welten neu und eröffnen eine Zone der Korrespondenzen und Transformation – des Lernens und Umlernens –, um unsere Formen der Erfahrung, der Interaktion und des (Selbst-)Verständnisses grundlegend auf die Probe zu stellen.

each other along the two sides of the room. Shaped like jiboia, these benches are covered with colorful fabric and powerful and healing patterns made in a traditional durational weaving technique called nózinho (little knot). Adding to the sensual experience of this space, healing stones of amazonit (stone of power) and rose quartz (stone of love) are stacked in holes in the benches for visitors to reach their hands into and feel the sensations of the surfaces on their skin. At the center of the space, next to an assembly of pajé benches, PedraGibo LagoDuaBusen (StonePythonDuaBusen Lake, 2015), a green marble table from Guatemala, is engraved with shapes of the jiboia and a pajé with maraca and holds objects by the Huni Kuin such as blowpipes made from bamboo or bone for inducing remedies, most commonly Amazonian medicinal compounds made of tobacco, ashes, and leaves, applied for cleansing and detoxifying body and mind. The self-applicator pipe is known as a kuripe; the blowpipe is known as a tepi. Symbolically and performatively, Neto’s artistic practice here steps into dialogue with knowledge, customs, and (ritual) experiences led by members of the Huni Kuin, who contribute to the polyphonic and multisensual scenario and activate the space with singing, dance, and myths. With differing forms of expression and sensibilities, Neto and the Huni Kuin collaboratively renegotiate boundaries between artistic, natural, divine, and social worlds to open up a zone of correspondence and transformation—of learning and unlearning—to profoundly challenge our ways of experiencing, interacting, and (self-)understanding.


PedraGiboLagoDuaBusé (StonePythonDuaBuséLake), 2015


RAUM 3 SPACE 3

Pajé teaches Pajé lehrt In braunen Stoff und gedämmtes Licht gehüllt und mit KenéRedeSonhoDorme (KenéHammokSleepDream, 2015) von Huni Kuin Frauen gewebten Hängematten ausgestattet, bietet dieser Raum Platz für Entspannung, Reflexion und Ein­tauchen in Wissen, Zeichnungen, Bücher und Dokumentationen von und über Mit­ glieder der indigenen Gemeinschaft. Den unterschiedlichen Stimmen der Huni Kuin gewidmet, lädt er zur eingehenden Beschäftigung mit ihrem Volk ein.

Covered in brown fabric, illuminated by soft lighting, and equipped with Kené RedeSonhoDorme (KenéHammokSleep Dream, 2015) several hammocks woven by Huni Kuin women, this room offers a space for relaxation, reflection, and engagement with firsthand sources, drawings, books, and documentation of and by members of the community. Dedicated to various voices of the Huni Kuin, the space allows for a deeper engagement with their people.

Im Zentrum des Raumes – an dessen Wänden mehr als 40 Zeichnungen von Pajés und KünstlerInnen zu sehen sind, die während jener Assembleia (Ver­ sammlung) im Dorf Novo Natal, auf der das Engagement für Aru Kuxipa einstimmig beschlossen wurde, entstanden ist – liegt das Una Isĩ Kayawa auf. Das „Buch des Heilens” enthält eine Beschreibungen der 109 Pflanzenarten, die bei den Therapien der Huni Kuin verwendet werden. Das Una Isĩ Kayawa wurde in einem Traum des Pajé Agostinho Manduca Mateus Ĩka Muru empfangen, der das heilige Wissen der Huni Kuin über medizinische Pflanzen über 30 Jahre dokumentiert hat, um es für zukünftige Generationen zu bewahren. Die Publikation, die aus Ĩka Murus Bemühungen resultierte, entstand 2014 als zweisprachige Ausgabe (Portugiesisch und Hatxa Kuĩ) in Zusammenarbeit zwischen Huni Kuin Pajés, dem Rio de

At the center of the space—surrounded by more than forty drawings by pajés and artists produced during the assembleia (assembly) in the village of Novo Natal that predated and univocally authorized their engagement in Aru Kuxipa rests Una Isĩ Kayawa. The “Book of Healing” compiles descriptions of the 109 plant species used in indigenous therapies of the Huni Kuin people of Jordão and Tarauacá and their applications in various curative treatments. Una Isĩ Kayawa was conceived in a dream by the pajé Agostinho Manduca Mateus Ĩka Muru, who has documented the sacred Huni Kuin knowledge of medicinal plants for thirty years, attempting to preserve it for future generations. The publication that resulted from Ĩka Muru’s endeavor was a collaboration between Huni Kuin pajés, the Rio de Janeiro Botanical Garden Research Institute (JBRJ), and Editora Dantes, which published the bilingual


Janeiro Botanical Garden Research Institute (JBRJ) und Editora Dantes. Die englische Übersetzung, die gemeinsam mit TBA21 erarbeitet, von den Huni Kuin initiiert und im Augarten erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wird, gewährt einen Einblick in ihr „heiliges Geheimnis“. Emblematisch für das marginalisierte und exotisierte Wissen, das Pflanzen und dem Wald Willenskapazitäten und Bewusstsein einräumt, bietet es Eingangspunkte in ein Neudenken unseres gegenwärtigen Moments, der durch eine Entfremdung von und Zerstörung der Natur gekennzeichnet ist. Auf einem weiteren Tisch liegt ein Buch mit Zeichnungen einer gemalten Wunschliste, die die Pajés und andere Mitglieder der Huni Kuin angefertigt haben, sowie ein Fotoalbum mit Bildern ihrer verschiedenförmigen Kupixawa (Gemeinschaftsräumen). Als Ort des Studierens und der Reflexion bietet die Bücherecke PescandoOSegredo (FishingTheSecret, 2015) die Möglichkeit in Ruhe und bequem in den Hängematten zu entspannen und die vielfältigen Gedankengänge, die in diesem komplexen Ausstellungsund Symposiumsprojekt zu Tage getreten sind, zu kontextualisieren.

edition (in Portuguese and Hatxa Kuĩ) in 2014. The English translation, realized with the support of TBA21, “initiated” by the Huni Kuin, and presented to the public for the first time ever, aims to introduce this “sacred secret.” Emblematic of the marginalized and exotiziced knowledge that grants agency and willing capacities to plants and the forest, it offers entry points into a rethinking of our contemporary moment marked by alienation from and the violation of nature. On a separate table, a book contains a wish list of drawings made by the pajés and members of the Huni Kuin, and another book with photographic documentations of their kupixawa (communal gathering spaces). As a locus of research and reflection, PescandoOSegredo (FishingTheSecret, 2015), a library setting offers space to recline in silence and comfort, facilitated by the hammocks, and to relax and contextualize the manifold threads brought up by this complex exhibition and symposium project.


RAUM 4 SPACE 4

Jiboia chants Jiboia singt In diesem Raum betreten die BesucherInnen das reiche mythologische Universum mündlich überlieferter Geschichten der Huni Kuin. Ihre mannigfaltigen Stimmen erklingen in sechs kurzen Filmen, die diese Passage in ihre Kosmovision begleiten: die Mythe über die uralten Heilmittel, die aus dem Körper des Pajé Dua Buse wuchsen; über die Vielfalt an Vogelgesängen und die Transformationen zwischen Menschen und Federtieren; die Entstehung der Kené durch eine folgenreiche Begegnung zwischen einem Jiboia Paar und einer Huni Kuin Frau. Die Anfertigung von Töpferarbeiten zeigt sich hier als privi­legiertes Wissen der Kunkoro, der Mutter Natur, das sie zur Zubereitung von Maniok mit den Huni Kuin teilte. Das verzauberte Eichhörnchen verkörpert den allegorischen Bereich der Pflanzenvielfalt und das mystische Gedeihen von Nahrungsmitteln. Die Geschichte des Nixi Pae (Ayahuasca) und Zeremonien mit dieser „Mutterpflanze“ sind von zentraler Bedeutung in den Heilpraktiken und für das Wohlbefinden der Huni Kuin. Weitere Filme sind den heiligen Gesängen der Pajés gewidmet. Die Auswahl und Zusammenstellung der Mythen eröffnet die perspektivische Weltsicht der Huni Kuin, in der die Welt von verschiedenartigen Subjekten und Personen, menschlicher oder nichtmenschlicher Art, bewohnt ist und sich

As another passage into the manifold voices and rich oral histories of the Huni Kuin, this room accesses their mythological universe. Six short films narrate stories about sacred remedies that grew from the pajé Dua Buse’s body, tell of the diversity of bird chants and the transformations between humans and these aviary animals, and recount the creation of the Kené drawings from a momentous encounter between a pair of jiboia (boas) and a Huni Kuin woman. The making of pottery is the privileged knowledge of Kunkoro, Mother Earth, who shared it with Huni Kuin for the preparation of manioc. The enchanted squirrel embodies the allegorical realm of abundance and the mythical growth of vegetables. The Story of Nixi Pae (Ayahuasca) and ceremonies with this mother plant are of primordial importance for Huni Kui people’s healing and well being. Other films are dedicated to sacred chants and songs delivered by the pajés. This room of myths opens up to indigenous perspectivist ontologies, according to which the world is inhabited by different sorts of subjects or persons, human and nonhuman, which apprehend reality from distinct points of view. According to Eduardo Viveiros de Castro, “the way humans perceive animals and other subjectivities that inhabit the world—gods, spirits,


in einem intersubjektiven Austausch befinden. Die BesucherInnen können hier eintauchen in „die Art und Weise, wie Menschen, Tiere und andere Subjektivi­ täten, die die Welt bewohnen – Götter, Geister, die Toten, Bewohner kosmischer Ebenen, meteorologische Phänomene, Pflanzen und teilweise auch Objekte und Artefakte –, die sich grundsätzlich davon unterscheidet, wie diese Wesen den Menschen und sich selbst sehen“, um es mit den Worten des brasilianischen Anthropologen Eduardo Viveiros de Castros auszudrücken. Von der zentralen Wand überblickt das Abbild eines in einer Meditationspose ruhenden Pajés den Raum. Von der Figur der verschlungenen Python umrahmt, bewahrt er die Erdsphäre in seinen Händen und hält den symbolischen Bereich des Retters, des Meisters der Balance, inne. Er bringt die Erde zur Ruhe. Die zeitlichen und weltlichen Domänen – die Miniaturdarstellung des Planeten – sind hier in das strahlende Feld der Spiritualität und der Gnade eingeschmiegt.

the dead, inhabitants of other cosmic levels, plants, meteorological phenomena, geographic accidents, objects and artifacts—differs profoundly from the way in which these beings see humans and see themselves.” Here the viewer can engage with these alternative perspectives. On the central wall, the painted effigy of a pajé sitting cross-legged in a pose of deep meditation overlooks the space. Framed by the figure of two intertwined pythons, he holds the sphere of earth in his hands. He occupies the symbolic field of the savior, the master of balance, bringing the earth to rest. Here the temporal and worldly domains—the miniature representation of the planet— are nested in the radiant realm of spirituality and grace.


Film 1 Ixã – Aldeia Altamira Die Geschichte des Rapé A Story of Rapé Film 2 Isaka – Aldeia São Joaquim Die Geschichte der Vögel The Story of Birds Film 3 Dua Buse – Aldeia coração da Floresta Wie die Kené erschaffen wurden How the Kené were created

Film 4 Savio – Aldeia Três Fazendas Die Geschichte der Keramiken The Story of Ceramics Film 5 Tadeu – Aldeia São Joaquim Das verzauberte Eichhörnchen The enchanted Squirrel Film 6 Zezinho Yube Mibãya Die Geschichte des Nixi Pae The Story of Nixi Pae

O voo do Pajé - Segura a terra meu pajé (The Pajé’s Flight – Hold the earth my Pajé), 2015


BELVEDERE

O tempo lento do corpo que é pele, 2004 Oberes Belvedere, Marmorsaal 25/06–07/08/15

Die amorphe Bodenskulptur O tempo lento do corpo que é pele (Der langsame Takt des Körpers, der die Haut ist) ist aus leuchtend roten und sandfarbenen Stoffstreifen geknüpft, in einer tradi­ tionellen Technik, die in Brasilien als nózinho (kleiner Knoten) bezeichnet wird, und breitet sich gleich einem Teppich über den Boden aus. Dabei erinnert sie an eine Insel, an deren Oberfläche sich Hügel und Wölbungen bilden. Der Titel der Arbeit ist zugleich eine Referenz an die Membran der Haut, der Zelle und der Architektur und an die weiche Silhouette einer Tierform. Sie unterstreicht Netos fundamentales Interesse an der Beziehung zwischen Körper und Raum, Innen und Außen. Die wundersame Landschaft ist mit den Gewürzen Kurkuma, Nelke, Pfeffer und Kumin aromatisiert, jenen olfaktorischen Elementen, die Neto oftmals einsetzt, um unsere Aufmerksamkeit vom Visuellen zum Sensorischen und Haptischen, von Skulptur zum Environment zu lenken. Die Idee der Haut ist in allen meinen Arbeiten sehr wichtig; die Haut als der Ort der Existenz, und die Haut als jene Zellschicht, an dem unsere inneren Schwingungen mit äußeren Schwingun­ gen in Beziehung treten. Ich sehe den Körper als eine Landschaft etwa wie das Meer oder ein Feld. Ich verstehe Skulptur

O tempo lento do corpo que é pele (The slow Pace of the Body that is Skin) is an amorphous sculpture woven in Brazil from red and sandy strips of rubbery fabric in a traditional weaving technique called nózinho (little knot). It spreads over the floor like a carpet and resembles an island with hillocks swelling out of its surface. The title makes reference to the skin, the cell, the architectural membrane and the soft silhouette of an animal and underscores Neto’s fundamental interest in the relationship between body and space, the inside and the outside. This fantastic landscape is imbued with the aroma of spices—turmeric, cloves, pepper, and cumin—regular olfactory ingredients of his works and directs our attention from the visual to the sensual and haptic, from sculpture to environment. This idea of the skin is very important in all my works: the skin as the place of existence, and the skin as the place where our internal vibrations deal with external vibrations. I see the body very much as a landscape—like a sea, a field—and the sculpture is a landscape. If we look inside our body, there is this new landscape, which has a very important presence in the inspiration for my work, the micro world landscape, the bio landscape. O tempo lento do corpo que


als Landschaft. Wenn wir in das Innere unseres Körpers blicken, dann ist da diese andere Landschaft, die eine sehr wichtige Inspiration für meine Arbeit ist: die Landschaften der Mikrowelt, die biologischen Landschaften. O tempo lento do corpo que é pele ist eine Arbeit, die das sehr klar zeigt; man kann sie als eine Landschaft und/oder als ein Tier wahrnehmen. Dieser Übergang ist von zentraler Bedeutung… Die Raum-Zeit in dieser Arbeit steht in enger Beziehung zu den vielen kleinen Knoten, den Zellen, welche die Oberfläche erzeugen. Sie wurden von der Frauenkooperative Coparoca hergestellt – Knoten für Knoten – und diese Produktionszeit schwingt für mich als unsichtbarer Inhalt mit. — Ernesto Neto

é pele shows it very clearly; you can see it as a mountain and/or an animal. This transition is fundamental... The timespace in this piece is related more to the many little knots, the cells, that generate the surface. They were made by the women’s cooperative Coparoca. There is something interesting to me about the time they take to make knot by knot with their own hands, so this craft-time is revealing the invisible content. — Ernesto Neto


COLOPHON IMPRESSUM

Übersetzung und Lektorat / Translation and Copy-editing Eva Ebersberger, Cassio de Figueiredo, Karen Jacobson

TBA21–Vorsitzende / Chairwoman Francesca Habsburg

Ausstellungsfotografie / Exhibition Photography Jens Ziehe

Kuratorin / Curator Daniela Zyman

Catering Die Au Café / Restaurant

Kuratorische Assistentin / Curatorial Assistant Franziska Wildförster

Gastkurator / Guest Curator / Ephemeropterae Boris Ondreička

Produktion / Production Julia Kordina, Franziska Mahmoud-Zahl

TBA21 Team Christine Böhler, Laura Creed, Reinhard Heisler, Claudia Naue, Markus Reymann, Marlene Rigler

Sammlungsmanagement / Collection Management Simone Sentall, Andrea Hofinger, Elizabeth Stevens Projektarchitekt / Project Architect Philipp Krummel Audio & Video Markus Taxacher Ausstellungs- und BesucherInnenbetreuung / Exhibition and Visitor Service Markus Schlüter, Philipp Bauer, Nadia Brandstätter, Ziva Drvaric, Philipp Kolla, Clemens Rettenbacher, Anna Schmoll, Lisa Slawitz, Bettina Stefani, David Weidinger Art Handling Valentin Aigner, Gabriele Edlbauer, Fabian Fink, Robert Gruber, Katharina Hummer, Stephan Kobatsch, Walter Kräutler, Matthew Lenkiewicz, Clemens Leuschner, Glaucia Mayer, Caroline Nitsche, Julia Obleitner, Bianca Pedrina, Stephan Riedel, Jael Singer, Leandro Ventura Konservatorische Betreuung / Conservation Eva Bartsch, Alexandra Grausam, Christiane Jordan, Gerda Kaltenbruner Administration und Finanzen / and Finance Niclas Schmiedmaier, Karin Berger, Paulina Sosna, Barbara Hörhan Press / PR / Marketing / Social Media Tereza Grandičová, Felicitas Herberstein, Ema Kaiser-Brandstätter, Gérard Rabara, Marianne Stahlhös, Istvan Szilagyi, Nathalie Badr AusstellungspraktikantInnen / Exhibition Interns Ines Hipolito, Julia Wiegele, Mariana Yanez Rodriguez

Letter of Thanks from the indigenous People of the Huni Kuin. Our Family Huni Kuin fondly thanks for the invitation from our brother Ernesto Neto, and that we can take part together in this big meeting in the city of Vienna at TBA21. The Family Huni Kuin also thanks TBA21’s chairwoman Francesca and curator Daniela for the invitation to the people Huni Kuin, which is presenting our culture. Our family comes also to thank all the people who are working for the realization of this project: all the staff from TBA21, and all guardian groups who are in support of our family Huni Kuin. Our Family thanks all their family, all their peoples who are together and united celebrating union, peace, the healing art, and the beauty of diversity. Greetings to all families, much Haux and much peace. Ernesto Neto I would like to thank so many people that have been so important to make this exhibition possible. First my wife and my kids Lito and Bruno, the Huni Kuin family of Rio Jordão and Tarauaca, the people from São Joaqui and Novo Natal. Special thanks to Siã, Txana Bane, Tadeu Isaka Dani, and Ayani; Salvio, Dua Busen, Sabino, Lauro, Ednaldo, Oselia, and Tiago, Zezino Yube, Marcelo Piedrafita, Bia Saldanha, Jerry, Janea, Minha Parceira, Anna Dantes, Camilla Coutinho, Romina, Mauro Inu, Marcela, João Shemitu, Hilas, Pepe, Carou, Grabriel Takashi, all the guardians of the Huni Kuins. Alexandre Quinet, Janaína, Caparelli from Jardim Beira Mar, my friends Ailton Krenak and Joao Fortes, TBA21, Francesca, Daniela, Simone, Franziska and every one from the office. Philipp and his great team installing here at Augarten, finally our team at Atelienave, Carmen, Leandro,


Glaucia, Jocilene, Marcia Daniel, Jorge, Arqueiro, Dalva, Ana, and Marcelo, and special thanks to the great spirit Huni Kuin Yushibu, Gibóia who is enlightening our time, the plants, the earth, the rivers, and the sea, all the nature and its spirits. We are nature. Thyssen-Bornemisza Art Contemporary would like to thank Ernesto Neto, the Huni Kuin and guardians – especially Kathy Makuani Lewin, Fabiano Maia Sales, José Osair Sales, Camilla Couthino, Romin Vilar Lindemann, as well as Alexander Ehrmann (Saint Charles Apotheke), Claudia Augustat, Barbara Plankensteiner and Cassio de Figueiredo (Weltmuseum Wien), Carmen Riquelme, Glaucia Menez dos Santos Mayer and Ivan Leandro Ventura (Atelienave), Galeria Fortes Vilaça, Pirjo Kristiina Virtanen, Max Güller, Agnes Husslein-Arco (Österreichische Galerie Belvedere), Hans-Peter Wipplinger (Kunsthalle Krems), AO&, the companies FINK, Herbert Fürst, Tischlerei Ing. G. Heinzl, hs art service austria, Foto Leutner, Josef Mitter, Rema Print, Holger Senger Naturrohstoffe, Robert Siwiec and stone4you

Thyssen-Bornemisza Art Contemporary wishes to extend special thanks to its generous sponsors

Ausstellungspartner / Exhibition partners Oberes / Upper Belvedere Marmorsaal / Marble Hall O tempo lento do corpo que é pele 25/06–07/08/2015 täglich / daily 12–18 Uhr / 12–6 pm Prinz-Eugen-Straße 27, 1030 Vienna www.belvedere.at Kunsthalle Krems Ernesto Neto 19/07–01/11/2015 Di–So 10–18.00 Uhr und Mo wenn Feiertag / Tue–Sun 10 am–6 pm and Monday if feast day Franz-Zeller-Platz 3, 3500 Krems an der Donau www.kunsthalle.at


ENTRANCE

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EPHEMEROPTERAE PAVILLION

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DIE AU CAFÉ RESTAURAN T

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Thyssen-Bornemisza Art Contemporary—Augarten

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TBA21 EXHIBITION SPACE

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BELVEDERE AMBROSI MUSEUM

Ernesto Neto und die Huni Kuin Aru Kuxipa | Sacred Secret 25/06–25/10/2015

Library / Book shop Die AU Terrace Residency

Freier Eintritt / Free Admission

A B C D

Öffnungszeiten / Opening Hours Mi–Do, 12–17 Uhr / Wed–Thu, 12–5 pm Fr–So, 12–19 Uhr / Fri–Sun, 12–7 pm Geöffnet an Feiertagen / Open on holidays

Blow vibrates / Hauch vibriert Spirit cures / Geist heilt Pajé teaches / Pajé lehrt Jiboia chants / Jiboia singt

Öffentliche Verkehrsmittel / Public transportation Tram 2 & 5 to Am Tabor Metro U2 to Taborstraße

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Scherzergasse 1A, 1020 Vienna T +43 1 513 98 56 24 augarten@tba21.org www.tba21.org


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