TCT Germany 3.1

Page 1

MAG TCT DEUTSCH BAND 3 AUSGABE 1 www.tctmagazin.de

30 JAHRE EOS MIT LEIDENSCHAFT FÜR DIE ADDITIVE FERTIGUNG: DER WEG VOM PIONIER ZUR DIGITALEN FABRIK DER ZUKUNFT

SCHMUCKFOKUS

Dentalanwendungen

FORMNEXT RÜCKBLICK

Additive Anwendungen für Juweliere.

Digitale Zahnmedizin ist im Mainstream angekommen.

News und interviews von der Messe in Frankfurt.



BAND 3 AUSGABE 1 ISSN 1751-0333

IMPRESSUM CHEFREDAKTEUR

Daniel O’Connor e: daniel.oconnor@rapidnews.com t: 011 + 44 1244 952 398 CHEFREDAKTEUR - TCT DEUTSCH

Frank H. Diebel e: frank.diebel@rapidnews.com STELLVERTRETENDE CHEFREDAKTEURIN

Laura Griffiths e: laura.griffiths@rapidnews.com t: 011 + 44 1244 952 389 REDAKTEUR

Samuel Davies e: samuel.davies@rapidnews.com t: 011 + 44 1244 952 390 NEWSDESK

Magigoo verbessert den additiven Fertigungsprozess. Entdecke einen zuverlässigen und langlebigen Kleber, der funktioniert.

+44 (0) 1244 680222

WERBUNG MEDIENLEITUNG

Carol Hardy e: carol@rapidnews.com t: 011 + 44 1244 952 386 WERBELEITUNG

Kelley-Jo Beattie e: kelley-jo.beattie@rapidnews.com t: 011 + 44 1244 952 365 Christine Joinson e: christine.joinson@rapidnews.com t: 011 + 44 1244 952 385 VERKAUFSLEITUNG

Paul Lindon e: paul.lindon@rapidnews.com t: 011 + 44 1244 952 360 MEDIENVERTRIEB D/A/CH

Marcus Rohrbacher e: marcus.rohrbacher@rapidnews.com t: +49 (0)1737340316

PRODUCTION

Sam Hamlyn  Tracey Roberts

Matt Clarke

MANAGEMENT C.E.O.

Duncan Wood

VP INHALT, STRATEGIE UND KOOPERATIONEN

Magigoo lässt sich schnell und leicht auf großen Flächen auftragen. Durch eine dünne Schicht benötigt man keine zuzätzlichen Anpassung im Levelling. Extrem starke Haftung auf allen gängigen Druckbettoberflächen. Release Effect - Spare Zeit und Nerven, da sich der Druck beim Abkühlen nahezu von selbst löst. Der Kleber lässt sich einfach mit etwas Wasser oder einem feuchten Tuch entfernen.

James Woodcock e: james@rapidnews.com t: 011 + 44 1244 952 391

ABONNEMENTS

PREISE Printabo TCT Deutsch – Kriterien erfüllt GB & Europa – Gratis USA/Kanada - €249 Rest der Welt - €249 Printabo TCT Europa – Kriterien erfüllt GB & Europa - Gratis USA/Kanada - £249 Rest der Welt - £249 Printabo TCT Nordamerika – Kriterien erfüllt USA/Kanada – Gratis GB & Europa – $249 Rest der Welt – $249 Abo-Anfragen an subscriptions@rapidnews.com

bald erhältlich

KOSTENLOS auf iOS und Android-Geräten – einschließlich Back Catalogue und Buyers’ Guides.

TCT Magazine wird zweimonatlich von Rapid News Publications Ltd Carlton House, Sandpiper Way, Chester Business Park, Chester CH4 9QE, GB, herausgegeben.

t: 011 + 44 1244 68022 f: 011 + 44 1244 671074

für für Polypropylen Polycarbonat

für Polyamid

© 2019 Rapid News Publications Ltd

Obwohl wir uns bestens darum bemühen, sicherzustellen, dass die in dieser Veröffentlichung enthaltene Information korrekt ist, übernimmt der Verlag keinerlei Verantwortung für irrtümlich veröffentlichte Information oder hierin ausgedrückte Meinungen. Alle Rechte für The TCT Magazine vorbehalten. Teilweise oder ganze Reproduktion ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Verlags ist strengstens untersagt.

Kontakt: Thought3D Ltd 2150, KBIC Kordin Industrial Estate PLA3000, Paola, Malta info@thought3d.com

BPA Worldwide Membership

3.1 / www.tctmagazin.de / 03



Editorial

FORMNEXT, EDLE KLUNKER UND BEISSERCHEN AUS DEM 3D-DRUCKER!

V

om 13. bis 16. November 2018 trafen sich die Hauptakteure des Additive Manufacturing zum vierten Mal auf der Formnext in der Main-Metropole. Auf den Seiten 23 bis 33 dieser Ausgabe blicken wir auf die Leitmesse der Additiven Fertigung zurück. Soviel kurz vorab: In den vier Tagen zeichneten sich vor allem zwei maßgebliche Trends im 3D-Druck ab: Die Integration von 3D-Druckern in bestehende Produktionsprozesse sowie die Materialentwicklung. Von der Formnext abgesehen haben wir uns in diesem Heft auch mit der zunehmenden Bedeutung von 3D-Druck in der Schmuck- und Dentalbranche beschäftigt. Auf den Seiten 10 und 11 berichten wir über die Wiener „Schmuck-Architektin“ Marie Boltenstern, die als eine der Ersten filigrane Schmuckkollektionen mit dem 3D-Drucker herstellt. In einem langen Gespräch erklärte mir die junge Österreicherin ihre Beweggründe für die „Pionierarbeit“ und warum sie eigentlich Architektin werden wollte. Mehr Freiheit durch 3D-Druck? Das klingt zunächst verwirrend, aber tatsächlich ermöglicht die Londoner Organisation Free-D jungen Frauen aus gefährdeten Verhältnissen den Schritt in die finanzielle Unabhängigkeit durch eine Berufsausbildung im Bereich 3D-Drucktechnologie. Lesen Sie mehr auf den Seiten 13 und 15. Nach einem holprigen Start hat sich das USUnternehmen Align zu einem weltweit agierenden Player im Dentalbereich entwickelt, der mit seinen transparenten Invisalign-Schienen Millionen von Menschen gerade Zähne beschert hat. Ohne 3D-Druck wäre diese Entwicklung nicht denkbar gewesen. Laura Griffiths, stellvertretende Chefredakteurin der englischen Ausgabe des TCT Magazins erfuhr von Amir Mansouri, CEO von SprintRay Inc., warum sich sein Unternehmen von Anfang an der Dentalbranche

verschrieben hat. Mansouri sagt Zahnprothesen aus dem 3D-Drucker eine große Zukunft voraus. Mein erster Besuch auf der Formnext war eine Feuertaufe. 632 Aussteller aus 32 Nationen zeigten in der Hauptstadt des Ebbelwoi (meiner alte Heimat, der ich vor 20 Jahren den Rücken kehrte, um an der Themse meine Zelte aufzuschlagen) ihre Produkte und Dienstleistungen – wie soll man sich da einen Überblick verschaffen? Nach vier Tagen, geschätzten 500 Tassen Kaffee und ebensovielen Gesprächen blieb mir doch noch ein wenig Zeit, meine Eindrücke zu Papier zu bringen. Erfahren Sie mehr auf Seite 23. Dass Erfahrung durch nichts zu ersetzen ist, zeigte sich einmal mehr in einem Gespräch zwischen Daniel O’Connor, Chefredakteur der englischen Ausgabe des TCT Magazins, und Jared Helfrich, Chief Commercial Officer von ExOne. Im Mittelpunkt standen der Launch des neuesten ExOne 3D-Druck Systems, der Innovent+ Plattform mit Metal Injection Moulding-Technologie (MIM), und des X1 25PRO-Systems (siehe Seite 27). Das in Melbourne beheimatete Unternehmen Titomic sorgte mit weltweiten Schlagzeilen immer wieder für Aufsehen: Entweder hatten die Australier den – nach eigenen Angaben – weltgrößten 3D-Drucker gebaut oder Fahrradrahmen in unter 30 Minuten gedruckt. Bei so viel Innovationsfähigkeit muss natürlich hinter den Kulissen mächtig gewirbelt werden. TCT-Redakteur Sam Davies schaute den Ozzies in die Karten (Seite 29). Nachdem ich wieder eine Ausgabe des TCTMagazins druckfertig gemacht habe, darf ich mir jetzt getrost ein Bier gönnen. Natürlich kein englisches, denn die sind immer noch zu warm… Viel Freude beim Lesen!

FRANK H. DIEBEL CHEFREDAKTEUR

3.1 / www.tctmagazin.de / 05


Aufbaurate (Twin 700 W) bis zu 88 cm3/h* Bauraum (L x B xH) 280 x 280 x 365 mm3

Geschlossenes Pulvermanagement unter Schutzgasatmosphäre

Patentierte Mehrstrahltechnik mit bidirektionalem Pulverauftrag

*abhängig von Material und Bauteilgeometrie

SLM Solutions Group AG Roggenhorster Straße 9c | D-23556 Lübeck Fon +49 451 16082-0

slm-solutions.com


BAND 3 | Ausgabe 1

8

TITELSTORY 8. 30 JAHRE EOS

FORMNEXT 2018

16

SchmucKbranche 10. SCHMUCKTRÄUME AUS DEM 3D-DRUCKER

10

TCT Deutsch Chefredakteur Frank H. Diebel im Gespräch mit Schmuckdesignerin Marie Boltenstern.

13. MEHR FREIHEIT DURCH 3D-DRUCK

Die stellvertretende Chefredakteurin der englischen Ausgabe des TCT Magazins, Laura Griffiths spricht mit dem Team, das benachteiligten Frauen in Indien Wissen im Bereich digitale Schmuckherstellung vermittelt.

20

20. FORMNEXT RÜCKBLICK

Redakteur Sam Davies blickt hinter die Kulissen von EOS und berichtet über den Weg der Firma vom Pionier hin zur digitalen Fabrik der Zukunft.

Vom „Big Bang“ zur fortschreitenden Einbindung der additiven Fertigung. Ein Bericht von Frank H. Diebel.

Dentalbranche 16. DAS LÄUFT WIE AUF SCHIENEN

16

Sam Davies erfährt, wie dank 3D-Druck täglich 320.000 patientenspezifische Schienen hergestellt werden können.

18

18. SPRINTRAY SETZT AUF BEISSERCHEN AUS DEM 3D-DRUCKER

Laura Griffiths im Gespräch mit Amir Mansouri, dem CEO von SprintRay Inc. über die Entwicklung von 3D-Druck im Dentalbereich.

21

21. HINTER DEN KULISSEN VON TITOMIC

Anlässlich des FormnextDebuts erfährt Sam Davis mehr über die Firma, die die Metall-AM aufmischt.

22. NEUES VON DER FORMNEXT 2018 Wir blicken auf die spannendesten Neuankündigungen auf der Formnext zurück.

24. ERFAHRUNG ZÄHLT

Daniel O’Connor, Chefredakteur der englischen Ausgabe des TCTMagazins, sppricht mit Jared Helfrich, Chief Commercial Officer von ExOne.

25

24

25. M LINE IST HIER

Laura Griffiths befasst sich mit den Fortschritten bei Concept Lasers M LINE FACTORY, das eine weitere Automatisierung in der additiven Fertigung anstrebt.

NACHBEARBEITUNG 26. PREISGEKRÖNTE POLITUR

10

24 8

26

Laura Griffiths spricht mit einem TCT Award Gewinner über die automatisierten Oberflächenbearbeitungsprozesse für additiv gefertigte Metallteile. Möglichkeiten des 3D-Drucks in der Medizintechnik-Branche.


30 JAHRE EOS TEXT: SAM DAVIES

MIT LEIDENSCHAFT FÜR DIE ADDITIVE FERTIGUNG: DER WEG VOM PIONIER HIN ZUR DIGITALEN FABRIK DER ZUKUNFT

D

ieses Jahr feiert das bei München ansässige Unternehmen EOS 30-jähriges Firmenjubiläum. Dr. Hans J. Langer, Unternehmensgründer von EOS und heute Executive Chairman der EOS GROUP, meisterte in diesem Zeitraum zahlreiche Herausforderungen. Der promovierte Physiker gründete EOS 1989, kurz nachdem sein ehemaliger Arbeitgeber ein von ihm vorgeschlagenes Projekt abgelehnt hatte. Also beschloss Dr. Langer, seine Vision – unter Einsatz von Lasertechnologie direkt aus CAD-Daten dreidimensionale Körper zu erzeugen – im Alleingang zu verwirklichen. Mit BMW gewann er einen ersten wichtigen Kunden – viele weitere folgten. In den 1990er Jahren folgten für EOS einige Jahre mit Patentstreitigkeiten im Kontext der von EOS damals angebotenen Stereolithographie-Technologie. Man einigte sich schließlich, nachdem EOS entschied, sich ausschließlich auf pulverbasierte additive Fertigung (AM) zu konzentrieren. Was folgte, waren Jahre der technologischen Entwicklung. Ergänzend zu den bereits verfügbaren Polymersystemen präsentierte EOS sein erstes System für den metallbasierten 3D-Druck und führte den auf AM basierenden Prototypenbau bei Kunden in aller Welt ein.

DER DURCHBRUCH

2014 begann Langers Vision, den 3D-Druck in großem Stil im Bereich industrieller Anwendungen einzuführen, auf breiter Ebene Früchte zu tragen. GE Aviation brachte seine additiv gefertigte Leap Einspritzdüse auf den Markt: statt 20 montierter Komponenten nur aus einem Bauteil bestehend, bei einer Gewichtsersparnis von 25 Prozent. Dies war das Ergebnis von mehreren Jahren Arbeit, nachdem der Fertigungsdienstleister Morris Technologies sich erstmalig mit dem metallbasierten 3D-Druck zu beschäftigen begann und schließlich 2012 von GE übernommen wurde.

08 / www.tctmagazin.de / 3.1

5 DER EOS PRODUKTIONSSTANDORT IN MAISACH, DEUTSCHLAND

„Doch Innovation muss über die Weiterentwicklung des reinen 3D-Drucksystems hinausgehen. Gefragt ist der Blick für die großen Zusammenhänge, um Kunden bei der Entwicklung völlig neuer, bislang nicht denkbarer Anwendungen zu unterstützen.“ erklärte Dr. Langer gegenüber dem TCT-Magazin. Bei anschließenden Gesprächen zwischen EOS und der Geschäftsleitung von GE sowie anderen Unternehmen war man sich einig, dass der Prozess von der frühen Anwendungsentwicklung bis hin zur Serienfertigung zukünftig keine zehn Jahre dauern sollte. Der Blick auf das 3D-Drucksystem allein war dafür nicht ausreichend. Aus diesem Grund baute EOS seine Beratungssparte „Additive Minds“ auf, um die Lern- und Innovationskurve seiner Kunden zu beschleunigen. Die Experten von Additive Minds unterstützen Unternehmen dabei, die passenden Anwendungen für den 3D-Druck zu finden, weiter zu entwickeln, eine Produktion aufzubauen und diese schließlich bis zum industriellen Maßstab hochzufahren. Aber Dr. Langer dachte noch weiter: Ein komplettes EOS Ecosystem sei erforderlich, um die gesamte Wertschöpfungskette zu bedienen.

DAS EOS ECOSYSTEM

Der Kerngedanke des EOS Ecosystems: Eine nahtlose, effiziente AM-Integration in bestehende Produktionsumgebungen, die Kombination von industriellem 3D-Druck mit konventionellen Fertigungsverfahren und die kontinuierliche Optimierung von Teile- und Datenfluss. Dies sind grundlegende Anforderungen, deren Umsetzung kommt eine entscheidende Bedeutung zu. Das EOS Ecosystem besteht als mehrschichtiges Netzwerk heute aus Innovatoren aus der EOS GROUP, Start-Up-Beteiligungen, der Beratungssparte Additive Minds und externen Partnern. 2015 gründete Langer mit AM Ventures einen strategischen Investor, der sich auf vielversprechende Start-ups konzentriert,


TITELSTORY

die Lösungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette im industriellen 3D-Druck entwickeln und über entsprechende Expertise in Konstruktion, Simulation, Bauprozess, Werkstoffen und Nachbearbeitung verfügen. AM Ventures ist eine separate Geschäftseinheit neben der EOS GROUP, denn Dr. Langer ist davon überzeugt, dass Start-Ups unabhängig operieren müssen, um die besten Erfolgschancen für ein Projekt

“DIE WELT HAT KEINE VORSTELLUNG DAVON, WAS BEREITS HEUTE ALLES MIT UNSEREN SYSTEMEN HERGESTELLT WIRD..”

zu gewährleisten. AMbition, eine neue Sparte innerhalb der Venture-Gruppe, begleitet Kunden mittlerweile auf dem Weg von der ursprünglichen Produktidee bis zum final, additiv gefertigten Bauteil. Um sich verstärkt dem Ausbau des EOS Ecosystem zu widmen, übergab Dr. Langer 2017 die Rolle als CEO der EOS GmbH an Dr. Adrian Keppler. Als Executive Chairman der EOS GROUP baute Dr. Langer weitere Unternehmen auf: Advanced Metal Powders (AMP), das neue Metallpulver für Industrieunternehmen entwickelt; Additive Manufacturing Customized Machines (AMCM), das Plattformlösungen nach kundenspezifischen Vorgaben entwickelt, die später potentiell als Standardlösungen über EOS angeboten werden können; und Additive Manufacturing Metals (AMM), das sich auf kundenspezifische Metallanwendungen fokussiert. „Was wir sehen ist, dass unsere Kunden damit beginnen, digitale Fabriken aufzubauen. Wenn die Basis dafür die additive Fertigung ist, dann hat sich folgendes herausgestellt: Die größte Hürde auf dem Weg zur Fertigung ist, die nötigen Fähigkeiten und das Fachwissen für die Integration

DEN INDUSTRIELLEN 3D-DRUCK JETZT EINSETZEN

EOS möchte mit seinem mehrschichtigen Ecosystem an Technologien, Beteiligungen und Beratungssparten nicht weniger als „die Welt verändern“. Gleichzeitig betonte Dr. Keppler, dass es nicht um den Wow-Faktor und damit darum gehe, was eventuell mit der additiven Fertigung in Zukunft erreicht werden kann. Vielmehr geht es darum, was bereits heute mit der existierenden AM-Technologie möglich sei. Ein Beispiel: Ende 2018 kündigte Airbus Helicopters die additive Serienfertigung von Komponenten für den Flieger A350 XWB an, die bereits nächstes Jahr zum Einsatz kommen sollen. Zwischenzeitlich wurden laut Angaben von GE Aviation in fünf Jahren mehr als 30.000 Leap-Einspritzdüsen additiv gefertigt. Für EOS geht es darum, dafür zu sorgen, dass derartige Durchbrüche auf Basis von AM alltäglicher werden, indem eine Anwendung nach der anderen von konventionellen Verfahren hin zum industriellen 3D-Druck überführt wird. Die Ziele: Mehrwert schaffen, Leistungsfähigkeit steigern, Technologiezugriff beschleunigen, Kosten senken. Das Partnerprojekt von Premium AEROTEC, Daimler und EOS ist

6 DAS EOS KUNDEN- UND TECHNOLOGIEZENTRUM IN KRAILLING, DEUTSCHLAND

5 DR HANS J LANGER

des gesamten Produktionsprozesses aufzubauen. Aus diesem Grund haben wir die Additive Minds Einheit und das EOS Ecosystem aufgebaut und erweitern diese kontinuierlich“, so Dr. Langer. „Wir wollen dem Kunden eine hochproduktive, selbstlernende AM-Zelle bieten – mit einer erhöhten GesamtanlagenEffizienz (overall equipment efficiency, OEE), klaren vor- und nachgelagerten Schnittstellen und der Möglichkeit zur Verknüpfung von Nachbearbeitungstechnologien wie Fräsen, Schleifen und Wärmebehandlung. Dies gewährleistet einen durchgängigen, optimierten Daten- und Teilefluss entlang des Fertigungsprozesses“, ergänzte Dr. Keppler.

ein weiteres Beispiel dafür. Ziel des Projekts ist die Entwicklung einer automatisierten und effizienten AM-Serienproduktion im Metallbereich. Das Besondere: man nutzt die Fortschritte in den Bereichen Konstruktion, Automation und Robotik für einen integrierten und durchgängigen Produktionsprozess. EOS bietet seinen Kunden aufgrund seiner Expertise, seines breiten Produktportfolios, wichtiger Kooperationen und eines wachsenden EOS Ecosystems alle notwendigen Lösungen – aus einer Hand. Dr. Langers abschließende Bemerkung unterstreicht das: „Die Welt hat keine Vorstellung davon, was bereits heute alles mit unseren Systemen hergestellt wird.“

3.1 / www.tctmagazin.de / 09


SCHMUCKTRÄUME AUS DEM 3D-DRUCKER TEXT: Frank H. Diebel

3D-DRUCK UND KREATIVITÄT – ZWEI UNGLEICHE BETTGEFÄHRTEN? NICHT, WENN MAN MARIE BOLTENSTERN GLAUBEN SCHENKEN DARF. DER CHEFIN DER GLEICHNAMIGEN ÖSTERREICHISCHEN SCHMUCKMARKE GELANG ES, DIE 3D-TECHNOLOGIE UND DIE MUSEN UNTER EINEN HUT ZU BRINGEN.

A

ls eine der ersten Luxusmarken der Welt fertigt die Wienerin Marie Boltenstern seit 2015 edle und außerordentlich einfallsreiche Schmuckstücke aus Gold, Silber und Platin mit dem 3D-Drucker an. Dabei hätte es die visionäre Pionierin auch „einfacher“ haben können: Ihr Vater, Sven Boltenstern, ist einer der bekanntesten Schmuckdesigner Österreichs, der für seine Arbeiten bereits mit dem österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet wurde. Was hätte also nähergelegen, als die international anerkannte Marke des Herrn Papa weiterzuführen? Danach stand Marie Boltenstern jedoch nicht der Sinn: „An sich bin ich natürlich mit Schmuck aufgewachsen, aber das war nie für mich ein Thema. Ich wollte immer Architektur machen, wie mein

FILIGRANE PERFEKTION: BOLTENSTERN 3D-KOLLEKTION EMBRACE

10 / www.tctmagazin.de / 3.1

Großvater Erich Boltenstern, der in Wien Architekt war. Als ich hörte, dass es einen Gold-3D-Drucker gibt hat mich das motiviert, die Schmucksache doch anzugehen. Das Ziel war mit dem 3D-Drucker als Erste Kollektionen auf den Markt zu bringen.“ Das ist der Boltenstern-Chefin, die sich auch selbst gerne als „Schmuck-Architektin“ bezeichnet, inzwischen auch gelungen, denn ihre Marke hat bereits sechs additiv gefertigte Kollektionen gelauncht. Die edlen Stücke werden mit dem PRECIOUS M 080 mit Direct Metal Laser Sintering-Technologie des deutschen 3D-Drucker-Herstellers EOS und des britischen Edelmetallverarbeiters Cooksongold in England angefertigt. Der speziell für die Erstellung von Schmuck entwickelte 3D-Drucker schmilzt Gold-

oder Silberpulver Schicht für Schicht zu einem dreidimensionalen Objekt zusammen. Der Einsatz von 3D-Druck in der Schmuckindustrie ist übrigens nicht ganz neu. Ursprünglich wurde edles Geschmeide mithilfe von Wachsformen hergestellt, die öfter additiv gefertigt wurden. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Cooksongold? „Wir trafen Marie Boltenstern zum ersten Mal auf der Basel World in 2015“, erinnerte sich David Fletcher, AM Business Development Manager von Cooksongold. „Wir demonstrierten unsere Technologie und sie zeigte großes Interesse. Boltenstern hatte bereits mit 3D-Druck von Polymeren gearbeitet. Wir sprachen dann über verschiedene Ideen und wie wir gemeinsam vorgehen könnten, um eine Kollektion zu entwickeln. Marie wollte genau wissen, wie man für unsere Technologie designt, was natürlich von zentraler Bedeutung für hervorragende Ergebnisse ist.“ „Wir haben von Anfang an ganz eng mit Cooksongold zusammengearbeitet, weil die auch von uns lernen, was mit dem Drucker machbar ist und was nicht.“ Außerdem gewährleiste die Kooperation mit Cooksongold, dass die Marke Boltenstern immer auf dem neuesten Stand der Technik sei, denn die britische Firma entwickele ja den Drucker stets weiter. „Als ich mein Diplom fertig hatte wurde ich auf Cooksongold als Hersteller eines Gold-3DDruckers aufmerksam und habe die Firma direkt angesprochen. Weil Cooksongold die Arbeiten meines Vaters kannte waren sie auch gleich überzeugt von mir und meinem Vorhaben. Das hat dann einfach gut gepasst.“ Cooksongold fertigte erstmal einige „Testobjekte“ an, die zur Zufriedenheit beider Parteien ausfielen, woraus sich dann eine umfangreiche Kooperation entwickelte. Ihr „3D-Handwerk“ hat die junge Wienerin schon vor zehn Jahren als Architekturstudentin in Wien, Berlin und London gelernt: „Bereits damals habe ich mich schon auf 3D spezialisiert, das heißt in der Architektur habe ich mit der


Schmuckbranche

EDLER GEHT’S NIMMER: BOLTENSTERN 3D-KOLLEKTION RESONANCE

Programmierung von 3D-Formen und Geometrien gearbeitet. Es ging immer darum, mithilfe von 3D-Druckern oder anderen computergesteuerten Maschinen komplexe Formen in die Realität zu übersetzen. Das hat mich von Anfang an fasziniert.“ Und so vertauschte die 31-jährige Österreicherin den Goldschmiedehammer mit der Tastatur. Nicht ganz, denn Boltenstern sieht den „3D-Drucker nicht als Ersatz fürs Handwerk, sondern als Ergänzung. Einfache Formen kann man per Hand herstellen, aber der Drucker kommt bei komplexeren Formen ins Spiel, die per Hand nicht herstellbar sind.“ Komplex ist angesichts der raffinierten Schmuckstücke der additiv gefertigten Kollektionen Resonance und Embrace fast schon eine Untertreibung. Die aufwändigen, filigranen goldenen und platin Ohrringe, Manschettenknöpfe und Armbänder sind so vielfältig, dass man bei jedem Hinschauen ein neues Detail entdeckt. Die Inspirationsquelle für Resonance waren Fisch- und Reptilienschuppen: „Auf der einen Seite sind Schuppen sehr steif und schützend, auf der anderen passen sie sich der Körperoberfläche perfekt an“, so Boltenstern. Doch wie setzt man solche ausgefallenen Ideen mit einem 3D-Drucker um, denn schließlich ist es bei derart komplexen Designs nicht mit einem Knopfdruck getan. „Meine Entwürfe sind alle von der Natur inspiriert, aber nicht formal, sondern durch die dahinterliegenden mathematischen Formeln. Jede natürliche Struktur, jede Blume, jede Planze basiert ja auf strikten mathematischen Regeln und ist gleichzeitig in ihrer Vielfalt total einzigartig.“ Boltenstern analysiert also zunächst die mathematische Struktur eines Objekts, die dann über Koordinaten ins Compterprogramm eingegeben wird. Das Objekt an sich wird also nicht modelliert oder gescannt. Die Software enthält Funktionen, die eine digitale Struktur aufbauen und veränderbar machen. Heißt das nicht, die Schmuckstücke sehen immer gleich aus? „Eben nicht, denn ich

kann dem Computerprogramm sagen – und das ist ja das Komplexe daran – das es von einem Stück zum nächsten die Koordinaten immer ein wenig ändern soll. Aber nur so viel, dass man die Form noch erkennt, aber es eben doch eine Veränderung gibt. Wir programmieren sozusagen in manchen Kollektionen eine Serie von Einzelstücken.“ Die Chefdesignerin ließ die Kreativität also durch die elektronische Hintertreppe wieder herein. Der 3D-Drucker als Werkzeug für ein jahrtausendealtes Kunsthandwerk ist natürlich ein enormer technologischer Quantensprung. Da kann man sich zurecht fragen, wie altbewährte Boltenstern-Stammkunden das aufgenommen haben, bzw. wer sich eigentlich für additiv gefertigte Stücke interessiert – neuer Schmuck für eine neue Generation? „Klar gab es erstmal eine gewisse Skepsis, aber bei vielen Kunden gab es auch großes Interesse. Gerade bei den männlichen Kunden, die dann doch mit großer Neugier auf das ganze Thema zugehen. Es gibt erstmal den Gedanken, dass das Schmuckstück mit einem einzigen Knopfdruck entsteht. Aber das ist ja nicht der Fall, weil viel Arbeit in der Programmierung liegt. Wenn man das anhand einiger Bilder erklärt, dann schlagen die Zweifel schnell in Begeisterung um.“ Traditionelle Goldschmiedekunst wird im Wiener Hauptsitz der Marke Boltenstern in der Bräunerstrasse 11 auch weiterhin

DIE „SCHMUCK-ARCHITEKTIN“ MARIE BOLTENSTERN

gepflegt, allerdings „überlasse ich das denen, die es können.“ Sprich fünf gelernten Goldschmieden, die bereits seit vielen Jahren für Boltenstern tätig sind, und deren geübten Händen die sogenannte HeritageKollektion entsprungen ist. Und die Zukunft? Vor einiger Zeit schloss die Wienerin einen Whole¬sale-Deal mit der Schmuckmarke Emphasis in Hongkong ab. „Das ist natürlich für uns eine Riesenchance, weil der chinesische Markt extrem groß ist“, resümierte Boltenstern. „Wir haben vor einem Jahr das erste Mal mit Emphasis gesprochen und die fanden den 3D-Druck gleich toll.“ Und jetzt werden Boltensterns 3D-Kollektionen in den ersten Geschäften in China und Hongkong sowie auf der Emphasis-Webseite angeboten. Insgesamt betreibt Emphasis 400 Stores – mit anderen Worten: Die Marke Boltenstern blickt vermutlich einer rosigen Zukunft entgegen.

3.1 / www.tctmagazin.de / 11


INFO: VDW – Generalkommissariat EMO Hannover 2019 Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e.V. Corneliusstraße 4 · 60325 Frankfurt am Main · GERMANY Tel.: +49 69 756081-0 · Fax: +49 69 756081-74 emo@vdw.de · www.emo-hannover.de 19202_TCT Germ_192x136_de.indd 1

12.02.19 13:27


Schmuckbranche

MEHR FREIHEIT DURCH 3D-DRUCK

EINE IN GROSSBRITANNIEN INS LEBEN GERUFENE ORGANISATION UNTERSTÜTZT BENACHTEILIGTE FRAUEN IN INDIEN, HOCHWERTIGE DIGITALE BERUFE IN DER SCHMUCKBRANCHE ANZUSTREBEN. LAURA GRIFFITHS, STELLVERTRETENDE CHEFREDAKTEURIN DER ENGLISCHEN AUSGABE DES TCT MAGAZINS, UNTERHIELT SICH MIT DEN GRÜNDERN ÜBER DEN EINSATZ VON 3D-DRUCK ALS KARRIERESPRUNGBRETT.

N

ach den jüngsten Statistiken der International Labour Organization (ILO) kommen auf 1.000 Menschen in der Welt 5,4 Opfer moderner Sklaverei. Mehr als 70 Prozent davon sind Frauen. Aber: „Wissen ist Macht“ und aus diesem Grund will die in London ansässige Organisation Free-D Frauen aus gefährdeten Verhältnissen mithilfe von 3D-Technologie unterstützen: Frauen sollen die Möglichkeit erhalten, sich gefragte Kompetenzen anzueignen, die zu sicheren, hochwertigen Arbeitsplätzen führen. Die Institution mit dem bezeichnenden Namen wurde von Katherine Prescott und Siavash Mahdavi gegründet, die sich bei dem später von Autodesk übernommenen Software-Start-up Within kennengelernt hatten. Mit mehr als zwei Jahrzehnten Erfahrung mit 3D-Drucktechnologie und Jobs in der Medizin-, Luft- und Raumfahrt-, Automobil- und Schuhbranche stellten die beiden folgende Überlegungen an: Wie wird 3D-Druck vermittelt? Wie kann die Technik für gute Zwecke eingesetzt werden? Warum sind es oft gerade Menschen mit traditionellem Ausbildungshintergrund, die mit der Technologie sofort warm werden? Nach Gesprächen mit auf soziale Gewalt spezialisierten Nichtregierungsorganisationen kam Prescott und Mahdavi ein zündender Gedanke: Sie beschlossen, eine STEM-Akademie (STEM = Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen

und Mathematik) aufzubauen, die gefährdete Frauen unterstützt, wertvolle Kompetenzen zu erwerben und ihnen damit neue berufliche Möglichkeiten eröffnet. Könnte 3D-Druck den Teufelskreis, in dem sich solche Frauen oft befinden, durchbrechen? „Eine der größten Herausforderungen ist: Frauen, die von ausbeuterischen oder gefährlichen Situationen – wie zum Beispiel Trafficking – befreit wurden, haben nicht viele Möglichkeiten, ihr Leben mit einem hochwertigen Arbeitsplatz wieder aufzubauen und finanzielle Unabhängigkeit zu erlangen. Die einzigen Tätigkeiten, die ihnen offen stehen, gehen oft mit Ausbeutung, niedrigen Gehältern und Arbeitsplatzunsicherheit einher, wie zum Beispiel in der Bekleidungs- oder Dienstleistungsbranche“, erklärte Mahdavi dem TCT-Magazin. „Zudem haben viele nicht die Möglichkeit, ihren Kopf zu benutzen oder kreativ zu sein. Man geht einfach davon aus, dass sie solche höher entwickelten Fähigkeiten ohnhin nicht erwerben können.“ Prescott fügte hinzu: „Expertise im 3D-Druck ist gefragt, insbesondere in Ländern wie Indien. Viele verschiedene Arbeitgeber sagten mir, sie hätten Schwierigkeiten Personal zu finden, das in der Lage ist, das Beste aus dieser Technologie herauszuholen. Aufgrund dieser Qualifikationslücke investieren Unternehmer oft bis zu zwei Jahre in die Ausbildung eines Mitarbeiters, der dann von einer anderen Firma abgeworben wird. Wenn wir Berater zur Verfügung stellen können, die bereits über das entsprechende Fachwissen verfügen, dürften diese sehr gefragt sein. Free-D vermittelt nur High-EndQualifikationen mit einem umfassenden, durchgängigen Verständnis des Design- und Fertigungsprozesses.“ Zum Auftakt des Projekts reisten Prescott und Mahdavi nach Indien, wo geschätzte 14 Millionen Frauen in Sklaverei leben –

mit alarmierenden Rehabilitationsraten. Bewaffnet mit Laptops und einem von PrintLab gespendeten Desktop-3D-Drucker machte sich das Duo im Januar 2017 auf den Weg nach Mumbai, wo sie sich mit diversen Nichtregierungsorganisationen trafen. Der Hintergrund: Das Team wollte zunächst klären, ob sich ihre Vision überhaupt in die Tat umsetzen ließ. Ein zwölfmonatiges Pilotprojekt mit elf Frauen wurde gemeinsam mit Kshamata, einer Hilforganisation, die aus ausbeuterischen Verhältnissen befreite Frauen unterstützt, der örtlichen Juwelierschule IIGJ und dem 3D-DruckerHändler printOmake anberaumt. Der erste Schritt war die Entwicklung eines maßgeschneiderten Lehrplans für die Schmuckbranche. Die Schmuckbranche ist einer der am schnellsten wachsenden Wirtschaftsbereiche Indiens, der bis 2025 einen Wert von 100 Milliarden US-Dollar erreichen soll. 3D-Drucktechnologien von Wachsausschmelzverfahren bis zur Edelmetallverarbeitung gewinnen in diesem Sektor immer mehr an Bedeutung. Der Bedarf an qualifizierten Fachkräften ist dementsprechend groß. Mumbai ist außerdem die Heimat eines der größten indischen 3D-Druckdienstleister: Imaginarium. Das Unternehmen schloß sich mit Free-D zusammen, um Fertigungs- und Ausbildungsunterstützung für das Hilfsprojekt zur Verfügung zu stellen. Angesichts Indiens Tradition der Schmuckherstellung und wachsender technologischer Fortschritte glaubt Kamlesh Parekh, Direktor von Imaginarium, dass Schmuck eine „naheliegende Wahl ist für ein Programm, das langfristige Beschäftigung zum Ziel hat.“ „Zu Beginn der Schulung fanden wir heraus, dass die Frauen einen Draht zu Übungen mit Schmuck hatten und dabei auch kreativ wurden. Diese Kreativität 4

3.1 / www.tctmagazin.de / 13


ULTRA-POLYMER 3D PRINTING

FULLY CAPABLE 3D PRINTER FOR MOST DEMANDING ULTRAAPOLYMERS WITH HEATED CHAMBER UP TO 250°C

ULTEM™ AM1010F ULTEM™ AM9085F PEKK PEEK PPSU

WWW.MINIFACTORY.FI

KOMPLEXES BAUTEIL GESUCHT Komplettlösung gefunden

3D-DRUCK IN METALL BEI TOOLCRAFT – ALLES AUS EINER HAND ++ Komplette Prozesskette mit nur einem Ansprechpartner ++ Komplexeste Bauteile aus High Performance Legierungen ++ Gewichts- und Kostenreduktion durch Topologie-Optimierung und FEM-Berechnungen ++ Industrie- und branchenübergreifend ++ Neueste Anlagen und innovative Software ++ Zeitsparend und energieeffizient ++ Verlässlichkeit durch modernste Analysetechnik inklusive Dauerschwingfestigkeitsversuche

Mehr Details: www.toolcraft.de/ metall-laserschmelzen


Schmuckbranche

war ein hervorragender Motivationsfaktor für die Bewältigung von schwierigeren Aufgaben. Wir wollten die Free-D-Studenten nicht auf ein Arbeitsgebiet beschränken, aber wir hielten die Arbeit mit Schmuck für ein gutes Sprungbrett“, so Prescott. Am Anfang der Ausbildung standen zunächst die Grundlagen: Wie werden Dinge hergestellt und was sind die fundamentalen mathematischen Prinzipien bei der Arbeit mit 3D-Druck? Dazu platzierten die Studentinnen geometrische Formen auf einer Bauplattform und experimentierten mit Skalierung. Mithilfe von CAD-Software wie Meshmixer, Rhino und Magics wurde den Frauen der Design-Thinking-Prozess erklärt, damit sie ihre eigenen Schmuckprojekte angehen konnten. Außerdem beschäftigten sich die Studenten mit dem Generieren von Unterstützungsstrukturen, der Auswahl der besten Druckmethode, Prototyping und Nachbearbeitung. Die Entwürfe wurden ursprünglich mit einem Verfahren auf Kunststoffextrusionsbasis gedruckt bevor man zu komplexeren Prozessen wie Stereolithographie überging mit dem die Modelle auf das Wachsausschmelzverfahren vorbereitet wurden. Durch verschiedene Module und ganzheitliches Training – nicht nur in 3D-Drucktechnologien, sondern auch in Sprachen und Präsentationstechniken – sollte den Projektteilnehmerinnen ein grundlegendes Verständnis der verschiedenen Tätigkeitsfelder in der virtuellen Produktentwicklung vermittelt werden. „Ich glaube, 3D-Druck unterscheidet sich insgesamt von anderen STEM-Fächern“, resümierte Mahdavi. „Sie können etwas im Kopf entwerfen und es innerhalb von wenigen Stunden in der Hand halten. Die Kraft, die man da spürt, wenn man sich etwas ausgedacht hat und es dann tatsächlich existiert, das hat schon etwas Magisches. Wenn man lange in der Branche gearbeitet hat, dann vergisst man das manchmal. Diesen Aspekt wollen wir auch untersuchen: ob 3D-Druck an sich stärkend und therapeutisch wirken kann.“ Die erste Phase des Pilotprojekts wurde bereits abgeschlossen und die Studentinnen haben ihre Stücke bereits potenziellen Arbeitgebern vorgelegt. Zehn Frauen wurden Jobs bei Imaginarium und Fab Jewels angeboten: ein Riesenerfolg für das Pilotprojekt, aber die Auswirkungen reichen noch viel weiter. Viele Absolventinnen berichteten, dass der Kurs ihnen nicht nur neue Fachkenntnisse vermittelt, sondern auch mehr Selbstvertrauen und neue Perspektiven für das Arbeitsleben gegeben hätte.

Einige Frauen wollen ihre CAD-Ausbildung fortsetzen und sich um eine qualifizierte Tätigkeit in der Schmuckbranche bemühen, andere wollen eigene kreative Nebenprojekte ins Leben rufen. Eine Studentin namens Sara* träumt davon ihr eigene Firma zu gründen, um anderen Menschen aus benachteiligten Gebieten zu helfen. „Ich will mehr über CAD, Design und Fertigung lernen“, erklärte Sara, „sodass ich in Zukunft mein eigenes Unternehmen in einer benachteiligten Region aufbauen kann, wo die Menschen wirklich Hilfe brauchen. Ich will nicht, dass andere das durchmachen müssen, was ich in meiner Kindheit durchgemacht habe. Ich will, dass die Menschen ihre Rechte kennen, denn ich kannte meine nicht. Ich will Kindern zu Möglichkeiten verhelfen, die ich nicht hatte. Ich will ein Vorbild sein.“ Nach dem Erfolg des Pilotprojekts soll das Programm in ein wiederholbares Modell umgewandelt werden mit dem mehr Frauen unterstützt werden können. Anfänglich wird eine von Studenten entworfene Kollektion von Imaginarium angefertigt und über Free-D und Fachhändler vertrieben. Prescott hofft, dass mit den Profiten neue Fertigungs- und Ausbildungsstätten eingerichtet werden können. Auf diese Weise sollen Marken und Fachhändler, denen ethische Lieferketten ein Anliegen sind, schon in diesem Jahr Schmuck bestellen können. Die edlen Stücke werden dann direkt von Absolventinnen des Studiums bearbeitet oder die Frauen können als CAD- und Fertigungsberaterinnen tätig werden. Free-D ist auf der Suche nach Partnern für die Einrichtung von Anlagen und Lehrplanentwicklung, um auf dem neuesten Stand der Technologie zu sein. „Wir haben bereits so viel von unserem Pilotprojekt gelernt“, freute sich Prescott. „Ich wüsste nicht warum wir in Zukunft nicht Zentren in ganz Indien einrichten können – überall, wo Fachwissen im 3D-Druck gefragt ist. Bislang hat Free-D von einer kleinen, aber engagierten Gruppe von Partnern profitiert. Um das Projekt auf die nächste Stufe zu heben, würden wir gerne von potenziellen Partnerunternehmen oder -individuen hören, die unsere gute Sache mit Technologien, Werkzeugen und Expertise fördern wollen. Wir brauchen diese Unterstützung, um die Branche zugänglicher zu machen.“ * Namen wurden geändert.

3.1 / www.tctmagazin.de / 15


NACH ANFÄNGLICHEN GEBURTSWEHEN IST 20 JAHRE SPÄTER AUS ALIGN EIN GLOBAL PLAYER GEWORDEN, DER MILLIONEN VON MENSCHEN IN ALLER WELT IHR LÄCHELN ZURÜCKGESCHENKT HAT.

DAS LÄUFT WIE AUF SCHIENEN

W

enn ein Unternehmen ein Patent anmeldet, dann ist die Absicht, eine Erfindung für einen Zeitraum von 20 Jahren zu schützen. Aber die Visionen jeder Firma mit einer originären DNA erstrecken sich viel weiter in die Zukunft. Das heißt, ein Unternehmem muss sich stetig weiterentwickeln, damit es nach dem Auslaufen des Patentschutzes in einer starken Position ist, um die Konkurrenz (die sich möglicherweise auf die Erfindung stürzt) in die Schranken verweisen zu können. In 1997 brachten zwei Absolventen der amerikanischen Elite-Uni Stanford – Novizen in der Welt der Kieferorthopädie – eine neue Idee auf den Markt. 20 Jahre später stützt sich die Massenproduktion dieser Erfindung ausschließlich auf Fortschritte im 3D-Druck, der Datenmanagement-Software und der Automatisierungstechnik. In gleichem Maße sind Millionen von Menschen auf der ganzen Welt auf Align Technology angewiesen, die Entwickler der transparenten Schienen von Invisalign. Wie zu erwarten, hatte Invisalign einen dornenreichen Weg vor sich. Verschwenderischer Umgang mit Marketingbudgets war ein Pferdefuß, eine Verwarnung der US Food and Drug Administration bezüglich unzureichender Rückmeldungen schwerer Patietenten-reaktionen auf das Produkt ein anderer. Inmitten dieses Trubels warf einer der Gründer noch das Handtuch und rief seine eigene Firma namens OrthoClear ins Leben, was in einen Rechtsstreit über Schutzrechtsverletzungen mündete – der schließlich durch die Unterzeichnung eines bindenden Streitbeilegungsverfahrens beilegt wurde. Über die nächste potentielle Hürde berichtete letztes Jahr das amerikanische Wirtschaftsmagazin Forbes: Die frühen Patente von Invisalign laufen demnächst aus.

6 16 / www.tctmagazin.de / 3.1

TEXT: SAM DAVIES

Diese Patente waren der Zündfunken eines Feuers, das noch zwei Jahrzehnte später lichterloh brennt und in der jüngsten Enthüllung des Unternehmen kulminiert: Invisalign kann inzwischen bis zu 320.000 patientenspezifische Schienen täglich oder 1.600.000 wöchentlich (eine Arbeitswoche) herstellen. Solche Zahlen können die Konkurrenz auf Abstand halten. Genau wie die Tatsache, dass die auslaufenden Patente vor allem der anfänglichen digitalen Behandlungsplanung galten, die Lauf der Jahre von Align stets weiterentwickelt und wiederum mit Patenten geschützt wurde – insgesamt 816 weltweit. „Wir brauchten viele Jahre, um an diesen Punkt zu gelangen“, sagte Srini Kaza, Vice President of Product Innovation, dem TCT Magazin, „und wir mussten uns weiterentwickeln. Unsere Technologie und Prozesse haben sich dramatisch verändert, seit diese frühen Patente ausgestellt wurden. Ein gewaltiger Lernprozess.“ Die Anfertigung transparenter Schienen beginnt zunächst mit einem einminütigen 3D-Scan und der Erstellung eines persönlichen virtuellen Behandlungsplans. Hier kann der Patient sehen, wie sein Gebiss nach der Behandlung aussieht. Der fertige Behandlungsplan wird anschließend von Align mittels seiner ClinCheck-Software an die Dentalfachleute geschickt, die entsprechende Modifikationen vornehmen. Behandlungspläne werden in den Align-Niederlassungen Costa Rica, Chengdu, Köln und Madrid entwickelt und sobald sie abgesegnet wurden,

PROX SLA 3D-DRUCKTECHNOLOGIE VON 3D SYSTEMS IST EIN KERNBESTANDTEIL DES SCHIENEN-HERSTELLUNGSPROZESSES

BILDQUELLE: ALIGN TECHNOLOGY


Dentalbranche

JEDE KOMPONENTE DER ADDITIVEN FERTIGUNGSLÖSUNG – EINSCHLIESSLICH DER SOFTWARE FÜR DAS ANLEGEN EINER CAD-DATEI JEDER PATIENTENSPEZIFISCHEN SCHIENE – WURDE GEMÄSS DEN JEWEILIGEN FERTIGUNGSANFORDERUNGEN UND -PROZESSEN FÜR ALIGN OPTIMIERT.

6

beginnt die Produktion in Juarez. Die mexikanische Stadt ist ein regelrechtes Fertigungs-Mekka mit Produktionsbetrieben von GE Healthcare, Honeywell Aerospace und Johnson & Johnson, um nur einige zu nennen. Align wählte diese Location, um auf eine Fülle von Ingenieur-Nachwuchs zurückgreifen zu können und das macht sich bemerkbar. In Juarez verfügt Align über ein automatisiertes Workflowsystem mit modular aufgebauten Arbeitsplattformen für Herstellung, Transport, Nachbearbeitung und Verpackung. Das Endergebnis sind versandfertige Produkte. Mit den ProX SLA-Systemen von 3D Systems werden die Formen unter Verwendung der von ClinCheck generierten CAD-Daten nach exakten Vorgaben des Patienten gedruckt. Jede Form besitzt ein einzigartiges Datenetikett, das von einem digitalen Managementsystem ausgelesen wird. Auf diese Weise wird dafür gesorgt, dass sein Weg im gesamten Prozess nachvollzogen wird und es die richtigen Fertigungsschritte durchläuft. Auf dem Montageband legen die gedruckten Teile an verschiedenen Haltepunkten einen Zwischenstopp ein, wie zum Beispiel Markieren und Formen, wo ein Kunststoff medizinischer Qualität thermisch über die Aligner-Form geformt wird. Anschließend wird das Teil nach Maßgabe des digitalen Behandlungsplans zugeschnitten und poliert. Mit Hilfe des Datenetiketts werden die Schienen ausfindig gemacht, gruppiert, verpackt und an den entsprechenden Kunden geliefert. Die 3D-Drucktechnologie ist dabei nur einer der Bausteine einer Reihe von Verfahren, die bei der Herstellung zum Einsatz kommen. Trotzdem wäre ohne sie die flexibilisierte Massenproduktion von einzelnen Schienen kaum möglich. „Wenn wir täglich 320.000 Mal das gleiche Teil herstellen, dann kann man sich mit Fug und Recht die Frage stellen: Warum kommt hier 3D-Druck zum Einsatz? Wenn die Form immer dieselbe ist, dann könnten wir ja auch ein Spritzgießverfahren oder etwas ähnliches benutzen“, betonte Kaza. „Fakt ist aber: Es handelt sich um 320.000 unterschiedliche Teile, das heißt wir müssen 100 Prozent herstellen. Wir können nicht sagen, wir haben 95,5 Prozent Ertrag erreicht und das ist großartig. Wir müssen jedes einzelne Teil anfertigen. Und wir müssen jedes einzelne Teil im Auge behalten und die Teile schließlich wieder zusammenbringen, denn die Patienten sind alle verschieden. Wir müssen die richtigen Schienen für den richigen Patienten an der richtigen Haltestelle haben und die Daten überwachen. Das ist eine sehr komplexe Angelegenheit.“ Ein solches Verfahren erfordert laufende Investitionen in Neuerungen und Upgrades. Die Neuigkeit, dass Align 320.000 Schienen pro Tag herstellen kann, wurde erst veröffentlicht, nachdem das Unternehmen seine Investitionen in ProX SLA-Maschinen von 3D Systems erhöht hatte. Die Stereolithographie ist ein Standbein der Produktion und obwohl es Weiterentwicklungen geben wird, dürfte Align auch weiterhin auf den ersten kommerziell verfügbaren 3D-Druckprozess setzen. „Nach all den Jahren wissen wir, dass Stereolithographie der mit Abstand robusteste Prozess im Hinblick auf die Produktion ist“, so Kaza. „Wir haben sehr hart daran gearbeitet, daraus ein

MITHILFE DER ADDITIVEN FERTIGUNGSLÖSUNG WIRD „SACRIFICIAL TOOLING“ (WERKZEUGE AUS LÖSLICHEM UND AUSWASCHBAREM MATERIAL) FÜR DIE ERSTELLUNG DER FINALEN SCHIENEN GEFERTIGT, DIE AUF JEDE PHASE DES BEHANDLUNGSABLAUFS DES PATIENTEN ABGESTIMMT SIND

Herstellungsverfahren zu machen und die ProX SLA-Maschinen sind schlicht der Schritt zur nächsten Generation. Unsere Sichtweise: Wir wollen auf dem neuesten technischen Stand in diesem Sektor bleiben und beachten zugeich, dass Stereolithographie unsere Basistechnik für die Produktion ist.“ Die 3D-Druckmaschinen sind – genau wie der gesamte Produktionsworkflow – Tag und Nacht im Einsatz und liefern einen kontinuierlichen Output, um die globale Nachfrage nach InvisalignProdukten zu befriedigen. Im Verlauf dieses Jahres soll eine identische (aber kleinere) Produktionsstätte in China ihren Betrieb aufnehmen, um dortige Kundenbedürfnisse in der Landessprache zu bedienen. In der Zweigstelle soll das geistige Eigentum der mehr als 800 Patente mithilfe eines von Juarez kopierten Produktionsworkflows ausgeschöpft werden. Der Grund für die Fokussierung auf den chinesischen Markt: Das Land ist die am stärksten wachsende Region für Invisalign. Dank der neuen Fertigungsanlage vor Ort dürften diese Wachstumsraten noch weiter in die Höhe klettern. Was als neuartige Idee begann, hat sich inzwischen zu einem Mammutprojekt gemausert, aber die Räder stehen niemals still. Im Laufe der Jahre hat Align sein SmartTrack-Material auf den Markt gebracht, um die Zahnbewegungen besser kontrollieren zu können. SmartForce-Zusatzteile und Features sind in das Design der Schienen integriert, um – neben anderen Funktionen – die Vorhersehbarkeit der Zahnbewegungen zu verbessern. Manche sind bereits patentiert, bei anderen steht die Patentierung noch an. Diese Evolution hat kein Ende. Align investiert ständig in neue Technologien, um die Produktivität zu steigern und die Kosten zu senken. Der Umstand, dass frühe Patente jetzt auslaufen, bereitet dem Unternehmen keine Kopfschmerzen: „Natürlich kann eine andere Firma ebenfalls transparente Schienen herstellen“, resümierte Kaza, „aber die Technologie dafür dürfte unserer mehr als zehn Jahre hinterherhinken.“ Align hat 20 Jahre Grundlagenarbeit geleistet, um 320.000 Schienen am Tag herstellen zu können. Das war kein Kinderspiel und es war nicht billig. Und jeder Wettbewerber muss ähnliche Hürden überwinden, wenn er Align ernsthaft Konkurrenz machen will.

3.1 / www.tctmagazin.de / 17

6


SPRINTRAY SETZT AUF BEISSERCHEN AUS DEM 3D-DRUCKER LAURA GRIFFITHS, STELLVERTRETENDE CHEFREDAKTEURIN DER ENGLISCHEN AUSGABE DES TCT MAGAZINS, IM GESPRÄCH MIT AMIR MANSOURI, CEO VON SPRINTRAY INC. ÜBER DIE ENTWICKLUNG VON 3D-DRUCK IM DENTALBEREICH. F: Seit seiner Gründung 2014 hat sich SprintRay der Dentalbranche verschrieben – warum fokussiert sich Ihr Unternehmen auf diesen Sektor? A: Als wir den MoonRay Desktop 3D-Drucker auf Kickstarter launchten, hatten wir noch keinen bestimmten Markt vor Augen. 3D-Duck hat sich in den letzten Jahren stark verändert und wir wussten, dass Glidewell Laboratories unsere Drucker für die Herstellung von Dentalmodellen, Kronen und Brücken benutzte. Im Gespräch mit Zahnärzten wurde uns dann folgendes klar: Glidewell Laboratories befand sich in der einzigartigen Position, mit 3D-Druck einen positiven Einfluss auf Endverbraucher auszuüben. Das spiegelte unsere ursprüngliche Vision wider: mit 3D-Druck positive Veränderungen im Leben von Menschen bewirken. Also begannen wir uns mehr und mehr auf die Dentalbranche zu konzentrieren. F: Welche unterschiedlichen Nutzer wenden diese Technologie an? Handelt es sich dabei in erster Linie um große

18 / www.tctmagazin.de / 3.1

Dentallabore oder springen einzelne Zahnarztpraxen auch schon auf den Zug auf? A: Beides. Einer unserer ersten Kunden aus dem Dentalbereich war ein Zahnchirurg mit einer eigenen Praxis. Verglichen mit den sechsstelligen Summen, die viele Einzel- oder Gruppenpraxen für Geräte wie ConeBeam-Scanner ausgeben, bedarf ein vierstelliger Betrag für einen 3D-Drucker – mit dem man selbst herstellen kann – keiner langen Überlegung. Manche unserer Kunden haben ihren Workflow komplett überholt, nachdem sie unsere Drucker integriert hatten. Damit haben Zahnärzte auch wesentlich mehr Kontrolle über die Behandlungspläne und sind stärker denn je in stationäre Fälle involviert. Die Zukunft der Zahnarztpraxis ist die hauseigene Herstellung von Dental-Geräten. Die Neubelebung des Workflows nimmt hier eine zentrale Stellung ein und das nützt auch dem Patienten: Wenn Praxen und Zahnkliniken ihre dentalen Applikationen nicht mehr außer Haus herstellen lassen, verkürzen sich Wartezeiten enorm.

F: Die Patienten profitieren also auch von dieser Entwicklung? A: Auf jeden Fall. Bei einem unserer ersten Kunden aus der Dentalbranche handelte es sich um einen Professor von der University of Southern California, der sich auf Endodontologie spezialisiert hat. Bevor er 3D-Druck in seiner Praxis einführte, dauerte die Bohrzeit der Wurzelbehandlungen oft bis zu anderthalb Stunden. Bei besonders komplizierten Fällen erstreckte sich die Prozedur auf mehrere Behandlungstermine. Nachdem der Endodontologe einen SprintRay 3D-Drucker in seiner Praxis aufgestellt hatte, verkürzte sich die Bohrzeit auf zehn bis 20 Minuten. Und das waren nur die Anfangstage. Letzten Monat druckte einer unserer Zahnärzte in Süd-Kalifonien eine komplette Zahnprothese mit dem 3D-Drucker und lieferte sie kostenlos an einen seiner Patienten. Der Hintergrund: Der Patient konnte sich traditionell hergestellten Zahnersatz nicht leisten und hatte aus diesem Grund seit den 1990er Jahren keine Zähne mehr. Herkömmlich


Dentalbranche

F: Der Marktanteil für Desktop 3D-Drucker in der Dentalbranche ist deutlich gewachsen – wie hebt sich SprintRay von seinen Wettbewerbern ab? A: Unser größtes Kapital ist der Direktdruck von dentalen Applikationen mit unserem zertifizierten Resin 3D-Drucksystem. Viele große 3D-Druck-Unternehmen liebäugeln derzeit mit der Dentalbranche. Es gibt einige gewöhnliche Dentalapparaturen, die auf dem stereolithografischen Drucker angefertigt werden können. Aber es gibt nur sehr wenige Geräte, die FDA-geprüfte PMMA-Werkstoffe verwenden können, und noch weniger Hersteller, die technische Unterstützung für Harze von Drittanbietern zur Verfügung stellen. Wenn ich als Zahnarzt keine Prothesen drucken kann, dann kann ich auch keine Kronen drucken. Wenn ich keine Anwendungen drucken kann, die im Mund von Patienten untergebracht werden können, dann habe ich keinen Dental-3D-

F: Der Materialbereich ist eines der größten Entwicklungsfelder in der Dentalbranche. Wie sieht der Zertifizierungs-undIdentifizierungsprozess für dentalspezifische Werkstoffe aus? A: Der Identifizierungsprozess wird häufig durch Gespräche mit Zahnärzten und Dentallabore angestoßen. Wir fragen schlicht nach, was dort gebraucht wird. Unsere Zertifizierung von NextDent war erforderlich, weil wir Zahnärzte mit FDAgeprüften Werkstoffen für den Direktdruck versorgen wollten. Die Flexibilität, die damit einherging, war enorm. Diese Harze zu zertifizieren war eine schwierige Aufgabe, die zahlreiche Druckvorgänge mit minimalen Veränderungen unserer Software erforderlich machte. Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit auszubalancieren ist immer eine Herausforderung. Zahnärzte haben keine Verwendung für fehlgeschlagene Drucke. Unser Zertifizierungsprozess ist also sehr strikt und wir geben keine neue Harzkompatibilität bekannt, bis wir 100 Prozent sicher sind, dass sie funktioniert. F: Letztes Jahr ging SprintRay eine Kooperation mit Patterson Dental ein – wie hat sich diese Partnerschaft entwickelt? A: Von seiner enormen Größe und Reichweite abgesehen, hat Patterson viel Erfahrung mit der Einführung neuer

4 F: Welche Hürden müssen Kunden bei der Integration von 3D-Druck in ihre dentalen Arbeitsabläufe meistern? A: Am meisten Schwierigkeiten bereitet die Software. Sobald ein Druck eingerichtet und initiiert ist, kommt das fertige Modell aus dem Gerät – das ist der einfache Teil. Eine neue Software in ein ohnehin empfindliches Ökosystem von unterschiedlichen Datenteilen einzuführen ist die größte Hürde. Aus diesem Grund gehen wir so viele Partnerschaften für Integration ein. Die Kopplung der Programme, sodass sie in der Lage sind miteinander zu kommunizieren, ist wesentlicher Bestandteil einer reibungslosen Workflowumstellung. Der Datentransfer vom Scan zur Modellierung bis hin zum endgültigen Druck bereitet den Kunden manchmal Kofschmerzen.

Drucker gekauft. Sie erinnern sich an die kostenlosen Zahnprothesen, die ich vorhin erwähnt habe. Es gibt nur eine handvoll Drucker auf dem Markt, die monolithischen Zahnersatz in einem unterstützten Ökosystem drucken können. Und diese Geräte sind im Schnitt drei-, vier- oder fünfmal so teuer wie unsere. Außerdem arbeiten wir ständig daran, unsere Software um neue Harze zu erweitern. Damit passt sich die Leistungsfähigkeit unseres Geräts den Marktentwicklungen an.

4

angefertigte Zahnprothesen dürften eine solche gute Tat unerschwinglich machen, aber dank 3D-Druck lassen sich die Kosten so weit reduzieren, dass es möglich ist.

AUF EINEM SPRINTRAYPATIENTENSPEZIFISCH GEDRUCKTER ZAHNERSATZ

GERÄT 3D-GEDRUCKTE NACHTSCHIENE

Technologien – und das war uns besonders wichtig. Pattersons Erfolg mit dem CEREC System zeigte uns: Dieses Unternehmen hat das Zeug hat, alle Möglichkeiten des 3D-Drucks auszuschöpfen. Gemeinsam haben wir den 3D-Druck in Zahnarztpraxen und Dentallabore gebracht, die wir im Alleingang nie hätten erreichen können. Unsere Zusammenarbeit nähert sich jetzt dem einjährigen Jubiläum und wir können mit Fug und Recht behaupten, dass Patterson den 3D-Druck wirklich angenommen hat. F: Der dentale 3D-Druckmarkt soll bis 2027 auf 9,5 Milliarden USD anwachsen – wo sehen Sie das größte Wachstumspotenzial? A: Abgesehen von riesigen, unvorhergesehenen Fortschritten im Werkstoffbereich sind wir der Ansicht, dass Zahnersatz und vollständig gedruckte Zähne der nächste Durchbruch sind. Momentan ist das Einpassen von Zahnersatz ein Alptraum für Patienten. Dazu sind mindestens drei Behandlungstermine erforderlich (oft sogar mehr) und monatelanges Warten. 3D-Druck hat das Potenzial, dies auf einige Behandlungstermine über ein oder zwei Wochen zu verringerrn. Gedruckte Prothesen können schnell angepasst werden, sind äußerst stabil und lassen sich wesentlich schneller reparieren als herkömmlich hergestellte Modelle. Wir setzen auf Zahnprothesen.

3.1 / www.tctmagazin.de / 19


VOM „BIG BANG“ ZUR FORTSCHREITENDEN EINBINDUNG DER ADDITIVEN FERTIGUNG. EIN RÜCKBLICK AUF DIE FORMNEXT 2018.

VERNETZUNG UNDMATERIALIEN TEXT: Frank H. Diebel

D

as erste Mal, dass ich bewusst mit 3D-Druck in Berührung kam, war vor etwa zehn Jahren. In einer Episode der US-amerikanischen Comedyserie „The Big Bang Theory“ schaffte sich Howard Wolowitz einen 3D-Drucker an, den er anschließend zurückgeben musste, weil seine Freundin Bernadette ihm Ärger machte. Der Grund: Er hatte sich finanziell übernommen. Bevor Howard das Gerät retounierte, fertigte er allerdings zwei handgroße Puppen von ihm und seiner Freundin an. Ich war damals fasziniert davon, wie so etwas mit einem Drucker möglich war. Die Detailtreue von Mini-Howard und -Bernadette war unglaublich. Wie ich darauf komme? Das deutsche Unternehmen Nanoscribe – ein Spin-Off des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) – präsentierte auf der Formnext ein Druckverfahren für den 3D-Mikrodruck. Eines der Anschauungsobjekte am NanoscribeStand war ein extrem detailgetreues, 3D-gedrucktes Eiffelturm-Modell – an sich nichts spektakuläres. Den Eiffelturm konnte ich als solchen allerdings nur mithilfe einer starken Lupe erkennen. Für jemanden, der in Sachen 3D-Druck noch als Novize unterwegs ist, war das eine unglaubliche technische Leistung. Nanoscribe erreicht mit dem weiterentwickelten Druckverfahren Auflösungen im Submikrometerbereich und will damit die Lücke zwischen der Mikround Makroskala schließen. Das soll neue Anwendungsfelder beim Rapid Prototyping funktionaler Teile, der Mikromechanik oder in der Biomedizintechnik erschließen.

20 / www.tctmagazin.de / 3.1

Was meinen Status als AM-Neuling betrifft so hatte ich während der von TCT organisierten internationalen „TCT conference @ Formnext“ viel Gelegenheit für einen Wissens-Boost: Auf der Konferenz tauschten rund 850 Experten aktuellste Erfahrungen und Erkenntnisse aus der AM-Welt aus. Besonders faszinierend: 3D-gedruckte Organe. Es dürfte zwar mindestens noch zehn Jahre dauern, aber ich habe Hoffnung, dass ich meine geschundene Raucherlunge durch ein blütenreines, 3D-gedrucktes Exemplar ersetzen kann. Später hatte ich aufgrund meiner Tätigkeit als Chefredakteur des Jaguar Kundenmagazins immer mal wieder mit 3D-Druck zu tun, aber nicht wirklich im großen Stil. Auf der Formnext 2018 (mein erster Besuch der Fachmesse) wurde mir deutlich vor Augen geführt, wie stark diese Branche in den letzten zehn Jahren gewachsen ist: Immerhin präsentierten in Frankfurt 632 Aussteller aus 32 Nationen ihre Produkte und Dienstleistungen. Und wie sich die Einbindung von AM in bestehende Fertigungsketten mehr und mehr zum Leitmotiv entwickelt. Der Fokus der Branche liegt inzwischen nicht nur auf größeren und schnelleren Druckern, sondern auch auf der Integration der Geräte in herkömmliche Produktionsprozesse. Viele der präsentierten Drucker besitzen bereits Industrie-4.0-Schnittstellen für die Kommunikation mit anderen Maschinen. Auch die Materialvielfalt wächst stetig und innovative Werkstoffe werden künftig eine immer größere Rolle spielen. Zudem wächst der Einfluss deutscher Unternehmen im AM-Bereich spürbar. Inzwischen sind zum Beispiel auch Branchenriesen wie Bosch, Daimler und BASF auf den Zug aufgesprungen

und sind zumindest Kooperationen mit 3D-Druck-Unternehmen eingegangen. Die bayerischen Branchenpioniere von EOS setzten dieses Jahr mit EOS LaserProFusion-Technologie, dem neuesten System EOS M 300-4 und Technology Readiness Level (TRL) für Werkstoffe und Prozesse, auf mehr Power. „Damit werden unsere Kunden nicht Tausende, sondern Millionen Teile jedes Jahr produzieren“, versprach EOS-Chef Adrian Keppler. Auch die Branchenriesen 3D Systems und Stratasys ließen sich auf der Messe gerne in die Karten sehen: 3D Systems präsentierte zwei neue Metalldrucker, DMP Flex 350 und DMP Factory 350, und eine neue Aluminiumlegierung. Stratasys veröffentlichte weitere Details zur „Layered Powder Metallurgy“-Technologie (LPM) konzipiert für Kleinserien von Metallanwendungen. Das auf die Produktion von Großformatdruck spezialisierte Unternehmen BigRep zeigte auf der Formnext ebenfalls zwei neue 3D-Drucker: BigRep PRO und BigRep EDGE. Spannend auch am BigRep-Stand: Das weltweit erste, komplett im 3D-Druck produzierte und voll funktionsfähige E-Motorrad. Obwohl die Maschine aussah. als wäre sie geradewegs vom Set eines Batman-Films an die MainMetropole geflitzt, ist sie mit 40 km/h Topspeed nicht gerade ein Feger – aber was nicht ist kann ja noch werden. Der deutsche Industriegigant Siemens hielt ebenfalls nicht hinter dem Berg und legte einen Plan für den industriellen 3D-Druck vor: „Das Siemens Digital Enterprise Portfolio ist die einzige Lösung, die die gesamte digitale Prozesskette in einer einzigen integrierten und assoziativen Softwareumgebung abbildet“, erklärte Dr. Karsten Heuser, Vice President Additive Manufacturing, Center of Competence Digital Factory der Siemens AG. Größer wurden aber nicht nur die Fortschritte, sondern auch die Besucherzahlen: Die Formnext erreichte dieses Jahr mit 26.919 Fach- und Führungskräften, die sich an der Frankfurter Messe einfanden, eine neue Bestmarke.


Formnext 2018 HINTER SCHLAGZEILENTRÄCHTIGEN ENTWICKLUNGEN, WIE DEM WELTWEIT GRÖSSTEN 3D-METALLDRUCKER ODER FAHRRADRAHMEN, DIE IN UNTER 30 MINUTEN GEDRUCKT WERDEN KÖNNEN, VERBIRGT SICH – WIE KAUM ANDERS ZU ERWARTEN – EIN UNTERNEHMEN, DAS HINTER DEN KULISSEN MÄCHTIG AKTIV IST.

TEXT: SAM DAVIES

6

D

as in Melbourne ansässige Unternehmen Titomic entstand aus den Bemühungen der australischen Regierung, die reichhaltigen landeseigenen Titanvorkommen gewinnbringender zu nutzen. Diese Reserven bestehen laut des U.S. Geological Survey 2014 aus 24.000 Millionen Tonnen Rutil, dem am häufigsten vorkommende Titandioxidmineral, und 160.000 Millionen Tonnen Ilmenit, auch bekannt als Titaneisenerz. Diese Rohstoffe werden in der Luft- und Raumfahrt, der Automobil-, Verteidigungs- und Schiffsindustrie und im Konsumgütersektor industriell verarbeitet. Das verwendete Verfahren ist eine Kaltspritztechnologie genannt Titomic Kinetic Fusion (TKF), das gemeinsam von CSIRO, Australiens nationale Forschungs Agentur, und Force Industries entwickelt und exklusiv an Titomic auslizenziert wurde. Der Hintergrund: Australien hatte beschlossen, seine Reserven nicht als Rohstoff zu exportieren oder als Titandioxid zu verkaufen, sondern sie im großen Stil zu verarbeiten. „Statt unsere Reserven zu verkaufen haben wir lieber eine Industrie darauf aufgebaut“, fasste Jeff Lang, CEO und CTO von Titomic, das auf der Formnext 2018 zusammen. Die Kommerzialisierung von TKF nahm hier eine Schlüsselstellung ein. Titomic Kinetic Fusion bedeutet, dass Titanpartikel

TITOMIC-STAND AUF DER FORMNEXT 2018

durch eine Düse aus einer Sprühpistole hinaus beschleunigt werden. Wenn die Teilchen kollidieren, dann verschmelzen sie durch einen Prozess der plastischen Verformung. Die Spritzpistole kann von einem Kuka or ABB Roboterarm gesteuert werden. Das Verfahren kann kundenspezifisch angepasst werden oder als Standardlösung auf einer 9 Meter langen x 3 Meter breiten x 1,5 Meter hohen Skala drucken. Titomics 3D-Drucker können pro Stunde rund 30 Kilogramm und pro Tag bis zu 500 Kilogramm Material ablegen.

ERHEBLICHE ERSPARNISSE

TKF ermöglicht also die Nutzbarmachung von Australiens üppigen Titan-Reserven – aber wie sieht so etwas in der Praxis aus? Titomic-Chef Lang verdeutlichte das anhand des Beispiels Schiffsindustrie, ein Sektor, in dem Titan häufig verwendet wird, aber die Verarbeitung von größeren Mengen oft unerschwinglich teuer ist. Der Preis für feines Titanpulver liegt um 250 US-Dollar pro Kilo. Mit anderen Worten: An einem sehr produktiven Tag kann der Einsatz des TKF-Verfahrens mit 125.000 US-Dollar an Materialkosten zu Buche schlagen. Einer der Vorzüge von TKF ist jedoch, dass es auch Pulver mit unregelmäßiger Morphologie verarbeiten kann, die bereits für 50 US-Dollar pro Kilo zu haben sind.

6

HINTER DEN KULISSEN VON TITOMIC

Eben erwähnter Produktionstag würde also nur noch ein Loch von 25.000 US-Dollar an Materialkosten in die Kasse reißen. Anfang 2018 schloss Titomic eine Kooperation mit dem italienischen Bootshersteller Fincantieri ab, um zu eruieren, ob sich TKF für die Herstellung von größeren Schiffsteilen eignet. Der Schiffsbauer hat bereits Muster getestet und beschäftigt sich jetzt im Rahmen von Kooperationen mit der Naval Group, BAE und der Australian Submarine Corporation (ASC) mit der Neugestaltung von Schiffen und Erhöhung ihrer Lebensdauer. „Anfänglich konzentrieren wir uns auf Beschichtungen und Schiffsrümpfe“, so Lang. „Zur Zeit muss ein Schiff alle zwei Jahre zum Trockendock gebracht werden, um eine neue Antifoulingbeschichtung zu erhalten. Wir arbeiten an einer Antifoulingbeschichtung, die Metalle wie Kupfer und Titan enthält und diesen Zeitraum von zwei auf 20 Jahre erhöht. Kupfer, zum Beispiel, verhindert jegliches Marinewachstum. Die Herstellung von Schiffsrümpfen ist ein Langzeitprojekt,

MUSTERTEIL: ÖLVENTILKOMPONENTE

aber wir arbeiten außerdem noch an der Verbesserung der Antriebssysteme, großformatigen Schiffsschrauben und sogar Turbinenschaufeln.“ Die Schiffsindustrie ist für Titomic allerdings nur die Spitze des Eisbergs. Das australische Unternehmen kooperiert außerdem mit Industriegiganten wie Boeing, Airbus, Sonaca, Spirit Aerospace, TAUV, U.S. Raytheon, Northrop Grumann, Lockheed Martin, BAE, Callaway Golf und sogar Louis Vuitton. Der eine will ballistische Beschichtungen oder Motorenteile, der andere Luxuskoffer. Was alle wollen: solide, leichtgewichtige und widerstandsfähige Produkte. Und Australien will sich ein größeres Stück vom Titan-Kuchen abschneiden.

3.1 / www.tctmagazin.de / 21


NEUES VON DER FORMNEXT 2018

MEHR NEWS VON DER WELTLEITMESSE FÜR ADDITIVE FERTIGUNG RIZE ENTHÜLLT FULL-COLOR DESKTOP 3D-DRUCKER

Der in Boston ansässige 3D-DruckerHersteller RIZE stellte auf der Formnext seinen aktuellsten Drucker sowie neue Materialien und Software vor. Bei dem XRIZE handelt es sich um die nächste Generation des RIZE ONE-Systems. Der neue 3D-Drucker von RIZE kann funktionale Polymerund Verbundbauteile in Vollfarbe herstellen. Die neuen Materialien RIZIUM CARBON (ein mit Kohlefaser verstärktes thermoplastisches Filament) und ENDURA (ein faserverstärktes

Filament) zeichnen sich vor allem durch hohe Schlagzähigkeit und Genauigkeit aus. Die neue Software RIZE CONNECT ermöglicht Anwendern durch digitale Teile-Identifikation zusätzliche Sicherheit für ihre Bauteile. Andy Kalambi, Präsident und CEO von RIZE: „Wir machen gewaltige Fortschritte und schaffen damit Werte für unsere Kunden. Wir sind kein sehr großes Team, aber wir zeigen, dass auch eine kleine Mannschaft viel in der Branche bewirken kann. Niemand bietet Farben an wie wir das tun – das ist eine bahnbrechende Sache.“

3D SYSTEMS ERWEITERT SEINE DRUCKERFLOTTE

NEUES 3D-DRUCK KERAMIKMATERIAL VON XJET

Auf der Fachmesse Formnext stellte Xjet ein neues Keramikmaterial sowie ein lösliches Stützmaterial für einen demnächst erhältlichen Edelstahlwerkstoff vor. Der Keramikwerkstoff Alumina ist das Resultat eines Austauschs mit Industriepartnern und soll ein sehr gutes elektrisches Isolationsvermögen, hohe mechanische Festigkeit, Druckfestigkeit und Härte aufweisen. Dennoch hat Alumina im Vergleich zu Zirconia eine geringere Verschleißfestigkeit, das heißt es kann vor und nach dem Brennen einfach maschinell bearbeitet werden. Das lösliche Stützmaterial emöglicht die Produktion komplexer Geometrien und feiner Details, ohne dass diese später bei der Entfernung der Stützstrukturen beschädigt werden. Die beiden Produkteinführungen repräsentieren den aktuellsten Stand von XJets NanoParticle Jetting-Technologie. „Obwohl die XJet NanoParticle JettingTechnologie einzigartig ist“, sagte Hanan Gothait, CEO von XJet „und deutliche Vorteile bietet, untersuchen wir in dem Bestreben das Bestmögliche herauszuholen jeden Prozessschritt inklusive Hardware und Materialchemie.“

22 / www.tctmagazin.de / 3.1

In Rahmen der Frankfurter Formnext wartete 3D Systems mit zwei Neuzugängen auf: dem 3D-Metalldrucker DMP Flex 350 und dem DMP Factory 350. Der DMP Flex 350 und der DMP Factory 350 wurden für die Serienproduktion von kritischen Komponenten für die Luft- und Raumfahrt sowie das Gesundheits- und Transportwesen entwickelt. Der DMP Flex 350 zeichnet sich durch einen verbesserten Gasfluss aus, was für eine einheitlichere Teilequalität im gesamten Bauraum und eine Steigerung der Druckproduktivität von 15 Prozent sorgt. Ein Upgrade des DMP Flex 350 zum DMP Factory 350 für anspruchsvollere Produktionsumgebungen ist möglich. Das US-Unternehmen präsentierte außerdem die neue Aluminiumlegierung LaserForm AISiMg0.6 (A) mit der leichte und hochbelastbare Teile hergestellt werden können, ohne dass ein Gussverfahren erforderlich ist.

STRATASYS ENTHÜLLT WEITERE DETAILS ZUM „LAYERED POWDER METALLURGY“-VERFAHREN

Stratasys, eines der führenden Unternehmen der additiven Fertigungsbranche, gab auf der Frankfurter Formnext weitere Informationen zu seiner neuen Metall-3D-Druck-Plattform bekannt. Die Plattform adoptiert die einzigartige „Layered Powder Metallurgy“Technologie (LPM), die die Herstellung von Metallteilen für Kleinserien schneller, einfacher und kosteneffektiver macht. Andy Middleton, Executive Vice President von Stratasys, beschreibt das Verfahren als Durchbruch in der Metalltechnologie. Die LPM-Lösung besteht aus einem dreistufigen Prozess und kombiniert traditionelle Pulvermetallurgie mit der PolyJet™-Technologie von Stratasys. Der Prozess umfasst das Drucken von Konturen mit proprietärem Thermaldruckmaterial, Pulverdosierung und -auftrag sowie Pulverkompression für eine hohe Dichte und kontrollierbare Schrumpfung. Das System ist für Kunden aus der Automobilbranche, der Luft- und Raumfahrt sowie der Verteidigungsindustrie konzipiert, die die Produktion von Vorserienteilen, Kleinserienfertigungen für Produktneuanläufe oder individuell abgestimmte, leichtgewichtige und komplexe Teile benötigen.


Formnext 2018 EOS PRÄSENTIERT NEUE POLYMER3D-DRUCKTECHNOLOGIE NAMENS LASERPROFUSION

WELTPREMIERE: GRÜNER LASER VON TRUMPF VERARBEITET KUPFER UND EDELMETALLE

Das deutsche Hochtechnologieunternehmen TRUMPF zeigte auf der Formnext seine gesamte Palette von additiven Fertigungslösungen, darunter auch das teilautomatisierte 3D-Drucksystem TruPrint 5000 und seine grüne Lasertechnologie. Der aktuellste 3D-Drucker aus dem Hause TRUMPF, der TruPrint 5000, kann auf 500 °C vorgeheizt werden, um durchgehärteten Kohlenstoffstahl oder Komponenten aus Titanlegierung zu drucken, ohne dass diese reißen oder sich stark verziehen. Auf diese Weise können Werkzeug- und Formbauer nun ohne Probleme Umformwerkzeuge, Stempel oder Matrizen drucken. Das Vorheizen führt außerdem zu Spannungsabbau und verbessert die Verarbeitungsqualität. Außerdem sind Stützstrukturen häufig nicht mehr erforderlich, was die Herstellung von Prothesen und Implantaten erleichtert. Der Bedarf an nachgeschalteten Wärmebehandlungen kann verringert werden, das Titan wird widerstandsfähiger und Implantate langlebiger. TRUMPF zeigte außerdem in Frankfurt einen neuen grünen Laser mit Pulsfunktion für das Drucken von reinem Kupfer und anderen Edelmetallen. Dafür haben die Entwickler den neuen Scheibenlaser TruDisk 1020 an den 3D-Drucker TruPrint 1000 angebunden. Der grüne Laser eröffnet neue Möglichkeiten für 3D-Druck in der Elektronik- und Automobilindustrie sowie das Verarbeiten von Gold für die Schmuckindustrie.

BIGREP STELLT ZWEI NEUE GROSSFORMATIGE 3D-DRUCKER MIT MXT-TECHNOLOGIE VOR BigRep hat seinen Drucker-Fuhrpark um zwei neue 3D-Ducker mit Metering Extruder Technologie (MXT®) erweitert. Der BigRep Pro und der BigRep Edge wurden für die Herstellung von Funktionsprototypen, CompositeWerkzeugen und Endprodukten entwickelt. Beide sind mit einem neuen hochmodernen CNC- und Motion ControlSystem von Bosch Rexroth ausgestattet, das maximale Reaktionsfähigkeit, Präzision und modernste Konnektivität gewährleistet. Der Druckraum des BigRep Pro bietet ein Volumen von einem Kubikmeter und eine große vor Feuchtigkeit geschützte Spulenkammer mit der kontinuierlich großformatige Industriebauteile aus ASA, ABS und Nylon gedruckt werden können. Der BigRep Edge eignet sich für die Herstellung von großformatigen Druckobjekten aus industrietauglichen

Materialien in einer thermisch kontrollierten Umgebung. Beide Geräte verfügen über zwei MXT Extruder mit Dosierfunktion für maximale Steuerung des Materialausstoßes beim Druckvorgang: Dies wurde durch die Trennung von Filament- Zuführung, Schmelzen und Extrusion des geschmolzenen Materials ermöglicht. Laut Stephan Beyer, CEO von BigRep, sind die neuen Drucker fünf Mal schneller als derzeitige Extrusionsgeschwindigkeiten bei höherer Genauigkeit und Qualität.

Die LaserProFusion-Technologie zur additiven Fertigung mit Kunststoffen des führenden Technologieanbieters im industriellen 3D-Druck EOS feierte auf der Formnext 2018 Premiere. Das Verfahren fertigt laut Angaben des Unternehmens dank einer Million Diodenlaser bis zu zehn Mal schneller und kann aufgrund seiner Produktivität als Spritzgussersatz dienen. Statt – wie beim bisherigen Laser-Sintern – das gesamte Baufeld mit einem einzigen CO2-Laser abzudecken, werden für die LaserProFusion-Technologie bis zu einer Million Diodenlaser eingesetzt, die eine maximale Gesamtleistung von bis zu 5 Kilowatt erreichen. Die Diodenlaser werden für jede Bauteilschicht nur an den Stellen aktiviert, an denen es die CAD-Daten des Bauteils vorgeben. Somit werden die Belichtungszeiten unabhängig von der Anzahl der Teile und ihrer Geometrie drastisch verkürzt. „Mit der LaserProFusion-Technologie erreichen wir beim industriellen 3D-Druck mit Polymeren ein neues Maß an Produktivität für die Serienfertigung“, erklärte Dr. Tobias Abeln, Chief Technology Officer bei EOS. „Es ist eine Technologie, die bei vielen Applikationen eine Alternative zum Spritzguss sein kann, beziehungsweise einen werkzeuglosen Spritzguss ermöglicht. Damit wird der industrielle 3D-Druck in Zukunft für einen komplett neuen Markt attraktiv.“

SOLVAY BAUT SEINE PALETTE VON 3D-DRUCK-FILAMENTEN AUS

Die LaserProFusion-Technologie zur additiven Fertigung mit Kunststoffen des führenden Technologieanbieters im industriellen 3D-Druck EOS feierte auf der Formnext 2018 Premiere. Das Verfahren fertigt laut Angaben des Unternehmens dank einer Million Diodenlaser bis zu zehn Mal schneller und kann aufgrund seiner Produktivität als Spritzgussersatz dienen. Statt – wie beim bisherigen Laser-Sintern – das gesamte Baufeld mit einem einzigen CO2-Laser abzudecken, werden für die LaserProFusion-Technologie bis zu einer Million Diodenlaser eingesetzt, die eine maximale Gesamtleistung von bis zu 5 Kilowatt erreichen. Die Diodenlaser werden für jede Bauteilschicht nur an den Stellen aktiviert, an denen es die CAD-Daten des Bauteils vorgeben. Somit werden die Belichtungszeiten unabhängig von der Anzahl der Teile und ihrer Geometrie drastisch verkürzt. „Mit der LaserProFusion-Technologie

3.1 / www.tctmagazin.de / 23


Formnext 2018

ERFAHRUNG ZÄHLT

D

TEXT: DANIEL O’ CONNOR

as im amerikanischen Pennsylvania ansässige 3 D - Te c h n o l o g i e Unternehmen ExOne kann auf mehr als 20 Jahre Erfahrung mit dem Binder-Jetting-Verfahren zurückblicken. Der Launch seines neuesten 3D-Druck Systems, der Innovent+ Plattform mit Metal Injection Moulding-Technologie (MIM), Anfang diesen Jahres erregte also erwartungsgemäß viel Aufsehen. Tatsächlich war das Interesse so überwältigend, dass die Amerikaner gleich den X1 25PRO hinterherschoben. Der neue X1 25PRO kombiniert die Feinmetall-Spritzgießmaschine (MIMPulver) der INNOVENT+ Maschine von ExOne mit Produktionsvolumen. Daniel O’Connor, Chefredakteur der englischen Ausgabe des TCTMagazins, sprach mit Jared Helfrich, Chief Commercial Officer von ExOne, auf der Frankfurter Messe über das aktuelle 3D-Druck-System. „Der X1 25Pro ist im Kern eine Vergrößerung des Innovent+ Systems, das außerordentlich feine MIM-Pulver verwendet. Wir reden hier von neun Mikrometern. Der Drucker ist eine mittelgroße Produktionsplattform und ist in der Lage, alle Prozesseinstellungen vom Innovent+ System für einen höheren volumetrischen Output zu übernehmen.“ Das System druckt mit MIM-Pulvern wie Edelstahl 136 L, 304 L und 17-4PH; Inconel 718 und 625; Werkzeugstähle M2 und H11; Kobaltchrom; Kupfer; Wolframcarbid-Kobalt und vielen anderen. Der 3D-Ducker reichert diese Pulver mit einem Bindemittel an und druckt ein Grünteil, das anschließend gesintert wird. „Die Pulvermetallurgie von MIMPulvern ist bekannt“, sagte der ExOne-Chef. „[Beim Sintern] entsteht eine gleichmäßige Schwindung, die berechenbar ist. Sie müssen nur dafür sorgen, dass Sie die Skalierung kennen und dann ist der Prozess reproduzierbar. Die Schrumpfung liegt im Allgemeinen bei

17 bis 20 Prozent, aber sie ist einheitlich, bekannt und wiederholbar.“ Mit dem X1 25Pro gedruckte Teile zeichnen sich durch eine bemerkenswerte Oberflächenbeschaffenheit aus: Sie sind glatt und fügen sich nahtlos aneinander. Welche Nachbearbeitungsschritte waren dafür erforderlich? „Keine“, sagte Helfrich lächelnd. „Die Teile wurden mit einer sehr hohen Auflösung und mit sehr engen Toleranzen gedruckt. Abgesehen von den vielfältigen Materialvarianten ist einer der wesentlichen Vorzüge des Systems die Oberflächenbeschaffenheit und -qualität der gedruckten Teile.“ Dank der Erweiterung von ExOnes Portfolio, das unter anderem aus Maschinen wie der S-Max™, der S-Print™ für den Sanddruck und der M-Print™ und M-Flex™ besteht, um das X1 25PRO-System bietet sich der Metallverarbeitungsindustrie jetzt eine Vielzahl von Optionen. „Es gibt einen Übergangspunkt, an dem sich Guss aufgrund der Größe oder

6 24 / www.tctmagazin.de / 3.1

X1 25PRO-PLATTFORM

dem Umfang eines Bauteils anbietet“, erklärte Helfrich abschließend. „Wir sind Fachleute auf beiden Gebieten. Wir besitzen die Formen und Kerne für das Gießen von Aluminium, Eisen und Stahl und auf unserer direkten Seite verfügen wir über hochwertige Werkstoffe und unterschiedliche Teileanwendungen. Mit einem solchen Spektrum kann ExOne einen breiten Fertigungsbereich abdecken.“ ExOne nimmt ab sofort Bestellungen für das X1 25PRO System auf. Interessenten können den X1 25PRO auf dem RAPID + TCT 3D-Event vom 21. bis 23. Mai 2019 in Detroit selbst in Augenschein nehmen.


Formnext 2018

M LINE IST HIER TEXT: LAURA GRIFFITHS

I

m November 2016 öffnete ein renommiertes Unternehmen für additive Fertigungsverfahren in einer vollgepackten Frankfurter Messehalle ein Fenster in die Zukunft: Zu sehen war ein neuartiges, modulares Maschinenkonzept, das Bauteile zwischen Metall-AM und Verarbeitungseinheiten für die Serienproduktion transportiert. Heute – zwei Jahre später – wurde auf der Formnext 2018 die Kundenreife dieser Technologie bekanntgegeben. Bei diesem Unternehmen handelt es sich übrigens um Concept Laser, das seit Ende 2016 Teil von GE Additive ist, ein Tochterunternehmen von General Electrics. Die Technologie ist Concept Lasers M LINE FACTORY, die wirtschaftliche Serienproduktion additiver Metallbauteile mittels direktem Metall-Lasersintern (Direct Metal Laser Sintering) ermöglicht. Das modulare System besteht aus zwei unabhängigen Maschineneinheiten: M LINE FACTORY LPS (Laser Processing Station) und MHS (Material Handling Station), die es ermöglichen Produktionsabläufe parallel statt sequentiell ablaufen zu lassen. Das Resultat: geringere Stillstandzeiten und gesteigerte(r) Verfügbarkeit und Output der Prozesskette. Seit ihrem Debüt wurde M LINE FACTORY, GEs zweiter Hardware-Launch in diesem Jahr, strengen Funktionskontrollen unterzogen, die in einer Optimierung der Bauweise und der Automatisierungsleistungen gipfelten. Der Bauraum der M LINE FACTORY LPS wurde auf 500 x 500 x bis zu 400 mm³ vergrößert und die Maschine ist wahlweise mit ein bis vier Laserquellen mit je 1000 Watt Laserleistung ausgestattet. Im Gespräch mit TCT auf der Formnext 2018 erklärte Christine Furstoss, Vice President & Chief Technology Officer von GE Additive, wie Kunden mithilfe des neuen Maschinenkonzepts optimale Konfigurationen finden können, die speziell auf ihre Produktionsstätte oder ihr Produkt zugeschnitten sind. „M LINE ist nicht nur die Fabrik der Zukunft, sondern auch ein Statement zur Leistungsfähigkeit der additiven Fertigung“, sagte Furstoss dem TCT Magazin. „Es ist unsere erste komplett softwaregesteuerte Maschine für die neue modulare Maschinensoftware CL WRX 3.0. Sie können innerhalb der Software eine Simulation

der digitalen Fabrik ausführen. Für uns repräsentiert das das Zusammentreffen von digitaler und physischer Welt. Solche Aussagen klingen zunächst sehr beeindruckend, aber was wollen wir eigentlich damit sagen? Wir wollen damit sagen: Diese Simulationen sind glaubwürdig. Wir wollen damit sagen: Es ist möglich, im Hinblick auf das zu produzierende Bauteil First Time Yield zu erzielen, sprich das Teil entspricht den gewünschten Vorgaben.“ Software war ein großes Thema auf dem GE-Stand, wo das Unternehmen seine Strategie präsentierte. Gespräche mit anderen Herstellern auf der Messe ergaben ebenfalls, dass man sich der Schlüsselstellung von Software zunehmend bewusst ist. Um dieser Herausforderung zu begegnen, erwarb GE Additive letztes Jahr das belgische Privatunternehmen GeonX, Entwickler von Simulationssoftware. Außerdem kündigte der US-amerikanische Konzern Branchenpartnerschaften mit Autodesk, PTC, Siemens PLM, Vera Security und Dassault Systemes an.

REVOLUTION IN KLEINEN SCHRITTEN

Eine der ersten Maxime zum Zeitpunkt der Gründung von GE Additive war „die additive Revolution zu beschleunigen“. Zwei Jahre später sprach Furstoss von einer

eher pragmatischen Herangehensweise. Eine Revolution sei zwar durchaus möglich, aber der Begriff „Offenbarung“ würde den gegenwärtigen Stand der Industrie besser beschreiben, räumte die Vizepräsidentin ein. „Wir müssen jetzt herausfinden, wie wir das Ganze industrialisieren können“, vertiefte Furstoss diesen Gedanken. „Wenn wir in der Lage sind, eine kleine Autowerkstatt für additive Fertigung zu begeistern, weil man Ersatzteile selbst drucken kann, statt sie auf Lager zu haben, dann hat Additive gewonnen. Dies ist meine Mission: AM für jeden zugänglich und leicht einführbar zu machen. Das wäre eine Revolution, denn dann kann AM wirklich Geschäftsmodelle verändern.“ GE ist in der einzigartigen Position, auf knapp drei Jahrzehnte als AMEndnutzer zurückzublicken. Auf diesen Erfahrungsschatz beruft sich der US-Konzern jetzt, um mit seinem AddWorks-Team Engineering-Services und Industrialisierung von Dienstleistungen über Design hinaus bis hin zu Fertigungseinrichtungen und Qualitätskontolle anzubieten. „Wir reden von Strategien für eine gesamte Fabrik oder Produktionsstraße bei denen wir von einem Teil ausgehen und den additiven Prozess darauf aufbauend entwickeln. Für mich als Ingenieurin ist das sehr aufregend.“

CONCEPT LASER M LINE FACTORY

3.1 / www.tctmagazin.de / 25


Nachbearbeitung

PREISGEKRÖNTE POLITUR TEXT: LAURA GRIFFITHS

A

n einigen ausgewählten Ständen waren auf der diesjährigen Formnext lilafarbene Logos zu sehen. Diese farbigen Auszeichnungen signalisierten keineswegs eine Mitgliedschaft im Alice-Schwarzer-Fanclub, sondern einen TCT Award, den ein stolzes Unternehmen für herausragende Leistungen nach Hause getragen hatte. Einer dieser Preisträger war das in Barcelona ansässige Unternehmen Steros GPA Innovate S.L. (GPA INNOVA), das sich den TCT Post Processing Award 2018 für sein DLyte dry-Elektropoliersystem gesichert hatte. Das 2015 gegründete Unternehmen GPA INNOVA hat sich auf Maschinen für die Oberflächenbearbeitung von Metallen spezialisiert. Seine DryLyte-Technologie zum Schleifen und Polieren erzielt spiegelglatte Metalloberflächen in einem einstufigen Prozess – das erste trockene Elektropolierverfahren seiner Art. Im Unterschied zum herkömmlichen nasschemischen Elektropolieren benutzt das DryLyte-Verfahren zum Ionentransport ein pulverförmiges Elektrolyt. Auf diese Weise bleiben Konturen beim Polieren erhalten, es wird ein gezielter Materialabtrag an der Oberfläche erreicht und die Oberflächentextur bleibt bestehen (keine Micro-Riefenbildung). Komplexe Geometrien können bearbeitet werden, ohne diese zu verändern. DryLyte-Elektropolieren eignet sich für eine Reihe von Metallen wie Stahl, Edelstahl, KobaltChrom, Titan, Aluminium, Nickel und Edelmetalllegierungen für die Zahnmedizin, das Gesundheitswesen, die Luft- und Raumfahrt, die Automobil- und andere Industrien. Je nach Anwendung kann die Prozessdurchlaufzeit im Vergleich zum mechanischen Polieren um bis zu 75 Prozent reduziert werden. Jaume Miras, Finanzdirektor von GPA INNOVA, beschrieb dem TCT Magazin diese bahnbrechende Technologie: „Unser Verfahren ist eine Art digitales Polieren. Wir müssen keinen Druck ausüben, um Druck auf der Oberfläche zu erzeugen. Wir brauchen auch keine Bewegung auf der Oberfläche. Die Kugel muss lediglich die Oberfläche berühren und der Ionentransport vom Teil zum Medium erledigt den Rest.“ Der Prozess ist vollautomatisiert und erfordert keine aufwendige Programmierung – besonders vorteilhaft für die Verarbeitung von Chargen maßgeschneiderter AM-Teile.

MIT DEM DRYLYTE-VERFAHREN BEHANDELTES MEDIZINISCHES TEIL AUS TITAN

6

26 / www.tctmagazin.de / 3.1

6 ZAHNMEDIZINISCHES TEIL VOR

UND NACH DER ELEKTROPOLITUR

Obwohl diese Technologie auch auf herkömmliche Verfahren wie CNC-Zerspanungstechnik und Druckguss ausgerichtet ist, kooperiert GPA INNOVA bereits mit einer Reihe von Additive Manufacturing-Unternehmen wie EOS, Renishaw und 3D Systems. Gemeinsam arbeiten die Kooperationspartner an einer Komplettlösung für die Herstellung von Fertigteilen mit einer Oberflächenrauhigkeit von weniger als 0,09 Mikrometern. „Wenn keine großen Mengen des gleichen Teils benötigt werden, wie zum Beispiel im Dentalbereich, wo jeder Mund anders ist, wäre bei herkömmlichen Verfahren für jedes Teil eine Programmierung erforderlich“, so Miras. „Bei unserer Technologie ist das nicht der Fall: Sie können mehrere Teile in derselben Charge bearbeiten. Alles was Sie brauchen ist ein Standardprogramm, denn die Teilegeometrie spielt keine Rolle.“ 140 Elektropolieranlagen, die jeweils für unterschiedliche Sektoren und Materialien konzipiert wurden, sind bereits weltweit im Einsatz. Ein Großteil der Kunden stammt aus der europäischen Dentalbranche, aber DryLyte-Geräte wurden auch schon an größere Unternehmen wie den französischen Technologiekonzern Safran oder den US-amerikanischen Pharmazie- und Konsumgüterhersteller Johnson & Johnson geliefert. Es heißt, ein mittelständisches zahntechnisches Labor in dem rund 50 Teile pro Tag hergestellt werden, spart dank der DryLyte-Elektropolieranlage mehr als 100.000 EURO im Jahr an Arbeitskosten ein. Die Geräte können auch für die Integration in vorhandene Arbeitsabläufe an den jeweiligen Kundenbedarf angepasst werden. So war auf der Formnext 2018 die neue DLyte 10000 Industrial Series ausgerüstet mit einem Roboterarm von KUKA zu sehen. Der GPA INNOVA Finanzdirektor fügte hinzu: „Wir wissen, dass jedes Unternehmen anders ist. Unsere Maschinen sollen in bestehende Produktionsketten integriert werden, also passen wir ein Standardgerät an die jeweiligen Kundenbedüfnisse an. In Kürze werden wir maßgeschneiderte Lösungen für alle Industrien im Programm haben.“


Einfaches Prototyping Lernen Sie die Stratasys F123 Serie kennen Die neue Stratasys F123-Serie ist für Benutzer mit unterschiedlichsten Vorkenntnissen einfach zu bedienen und zu warten. Sie funktioniert in jeder Prototyping-Phase einwandfrei – von der Konzeptüberprüfung zur Designvalidierung und Funktionsprüfung.

Erfahren Sie mehr unter STRATASYS.COM/F123



Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.