2 Betrachtungen Brief 3 // 2498 nach Buddha
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Teeweg-Schule CARPE DIEM M. S么tai Knipphals
Konnichi wa. Guten Tag. Mit herrlich herbstlichen Farben und dem Klang der Zugvögel erfreut diese Jahreszeit einen jeden, der die Augen nicht abwendet und sich vom täglichen „Druck“ nicht ablenken lässt. Ehemals Grünes und sommerlich Schattenspendendes wandelt sich wie eh und je in leuchtend Gelbes; zeigt sich mitunter auch schon einmal in feurigem Rot und lässt die Natur erneut glühend erblühen. Bei warmen Temperaturen durchströmt die Farbenpracht uns alle. Vergessen sind die Mühen und das harte Eis des Frühlings, das die jungen Triebe damals zu überwinden hatten. Die Astern und Chrysanthemen erblühen orange, hier und da sogar die blauen Azaleen. Späte Winden zeigen ihren weißen Kelch und finden Einzug in der Tokonoma (Bildnische), während der alte, irdene Kessel leise vor sich hinsummt und das Wasser wohltemperiert für Tee zu früher Stunde bereithält. Ein Bächlein plätschert in der Näh und Meisen sammeln emsig zwitschernd. Der Duft von Sandelholz liegt zart im Raum und verbindet sich mit dem des Tees aus frisch gefüllter Natsume (Dose). Die köstlich labende Ruhe trägt die Welt des Seins; friedvoll und mit großer Leichtigkeit. Der Blick geht ungebrochen weit, auch der nach innen. Woran sollt er auch haften? Die Wellen des Meeres wehen salzig-würzige Luft herbei und tragen einen im BeweglosTreiben. Kein Gestern, kein Morgen. Das stille Kommen und Gehen im Ein- und Ausatmen erzeugt keine Wirbel, keine Hast, keine Gier und keine Furcht. Jeder Schwimmer kennt diesen Zustand, und weiß ums reglos auf dem Wasser liegen. Sommer für Sommer sehnen wir alle uns danach und erleben stets aufs Neue diese beglückenden Erfahrung: Über
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uns der blaue Himmel und unendliche Weite mit lachenden Möwen (nicht nur auf Sylt). Wir liegen im frischen Nass und um uns herum der Duft des Meeres. Jeder Augenblick gleicht da einem Sich-Erneuern, sich freuen und auftanken. Atemzug für Atemzug. Still und tief, voll innerem Frieden und großem Glück.
Kein Muss, kein Du-Sollst, kein Hast-Du-Schon, keine Ideologie und auch kein sonstiges von uns erschaffenes Welterklärungsmodell fern der Realität trübt diese köstlichen Augenblicke voll inniger Zufriedenheit und tiefer Verbundenheit mit allem. All die üblichen Konstrukte versagen und sind vollends hinfällig angesichts dieser umfassenden Erfahrung. Der Ozean wird gleichsam zum Ort tiefer Erkenntnis, wird zum Ozean des Seins schlecht hin. Ein lachendes Wegwerfen all der ideologischen Schwimmringe kann man beglückt nur jedem empfehlen. Schließlich benötigt kein Mensch irgendwelche Hilfsmittel, um sich frei im Meer zu bewegen, nicht wahr? Diese Erfahrung machen wir alle. Immer wieder. Oft ohne es zu merken auch im Alltag. Dieser zwingt uns zwar seinen Willen auf, gebiert Hast und Sorge, Gier und Zorn; doch die tiefe Erfahrung in uns allen bleibt. Und auch die Frage, wie man außerhalb des Urlaubs am Meer solch ein freies Sein dauerhaft leben kann. Denn es ist offenkundig: Dies ist der zu uns allen gehörende Normalzustand. Jeder will ihn, jeder möchte ihn und jeder möchte
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mit diesem Grundklang seinem Tagewerk nachgehen können. Ohne all die Beigaben, die wie Ballast an uns zerren und unser aller Leben beeinträchtigen. Jedem ist dies überall möglich. Jeder kann dauerhaft sinnerfüllt und mit tiefer Klarheit im Ozean des Seins existieren. Und während wir üben dieses zu realisieren, durchschreiten wir, wie Millionen vor uns, einen zehn-stufigen Pfad.
Ihnen allen hierbei und hierfür Mut zu machen ist Grundlage auch dieses Teebriefes und Teil meiner Teeschulen im Bundesgebiet. Denn wer von Ihnen möchte nicht die wundervolle Stimmung und Gelöstheit der wenigen Urlaubsstunden dauerhaft als Lebensgrundlage im Alltag haben. Eine Grundstimmung, die Sie und ich auch hatten, als wir an verschiedenen Orten gemeinsam Tee tranken und uns über vieles unterhielten, was uns real beschäftigt. Auch Ihre Briefe und Emails sprechen hiervon. Sind Sie mit dem, wie es ist, zufrieden und können ferner vollkommen achtsam und voll Respekt mit Ich-freiem Bewusstsein handeln? Dann helfen Sie anderen dies auch zu erlangen. Kommen Ihnen aber hierbei Zweifel, dann mag ein Weiterlesen Ihnen den weiteren Weg aufzeigen und helfen, dieses für sich zu realisieren. Hierbei dürfen Sie bitte nie vergessen, dass es Ihnen möglich ist, nur eventuell noch nicht wie. Haben Sie Geduld mit sich und üben unter fachkundiger Anleitung von Meistern. Das ist wichtig, denn die ersten zehn oder zwölf Jahre sollten Sie intensiv mit ihm üben. Er kennt all die Ausreden und Manöver des ICH‘s. Er weiß, dass das ICH sich irrtümlich isoliert im Meer der anderen ICH‘s sieht. Aber ist ein Tropfen Wasser im Ozean wirklich einzeln und getrennt vorhanden?
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Beim Nachfolgenden greife ich drei wesentliche Ihrer Themen auf:
Klare Weite, nichts von heilig Triffst du den Buddha, so töte den Buddha Die 10 Ochsenstufen Ihrer Frage nach dem Zusammenhang dieser Themen werde ich nachgehen, um Ihnen allen etwas „an die Hand zu geben“, das Ihnen helfen mag. Etwas, das Sie genau genommen eigentlich schon alle längst haben und „wissen“; was für alle gleichermaßen gilt und daher hilfreich ist. Auch für jene, die noch nicht den Zenweg betreten haben. Wobei bedacht sein sollte, dass derjenige, der anfängt zu fragen, schon begonnen hat, echte Antworten und eine alles umfassende Klarheit zu erlangen. Stellen sich im Leben Hürden gleich welcher Art in den Weg, so scheint der Blick auf Lösungen oft versperrt. Trotz brillanten Denkens und aller Bemühungen zeigt sich kein Ergebnis, mit dem wir leben möchten oder leben könnten. Dennoch, und dass kann Ihnen gar nicht deutlich genug versichert werden, liegt es nicht an Ihrer Unfähigkeit. Andernfalls würde es bedeuten, dass Sie nicht in der Lage wären, das Leben zu meistern. Was etwa so absurd ist, wie die Aussage, Delphine könnten nicht schwimmen. Was nur zutrifft, wenn der Delphin an Land liegt. Aber selbst dann kann er von seinem Naturell her schwimmen. Er sollte nur nicht in einem verstaubten Tal nach dem Ozean suchen. Egal wie verlockend ihm dort die objektiven H2O-Daten oder eine Pfütze als Ozean vorgegaukelt werden. Auch seine Psyche ist vollkommen okay, sollte er je daran zweifeln, wenn er auf dem Trockenen herum strampelt, denn er weiß tief in sich, dass er in den Ozean gehört; selbst wenn viele andere bereits aufgegeben und resigniert haben und törichterweise nun am falschen Ort nach dem Meer suchen.
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Für uns Menschen der Neuzeit steht fest, wir haben bislang in einem Tal nach dem Ozean gesucht. Heute wissen wir: Die Erde ist keine Scheibe und naturwissenschaftliche Daten nahezu ohne Relevanz für den Alltag. Beide Methoden A) willkürlich meinen, spekulieren, glauben B) objektive Datenberge anhäufen sind letzten Endes untauglich. Die uralte Kernfrage ist und bleibt: Wo ist das Meer und wie lerne ich darin schwimmen? Oder wie ein Zen-Freund es einmal formulierte: Wo bitte geht‘s zum echten Leben?
So oder so ähnlich sehen es sehr viele und wollen der großen Frage nachgehen und den Kern erfassen. Wir alle spüren, mal mehr mal weniger, dass es möglich und anders sein müsste; wann immer wir aus der Bequemlichkeit des Alltags oder der selbst erzeugten very-busy-Situation als Fluchtverhalten herausfallen, weil uns das Leben zeigt, dass es so nicht geht.
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Folgt man diesem Impuls des vorerst nur Ahnens, kann man schon bald recht gut erkennen, dass man bislang nur in der falschen Richtung gesucht hat. Man ist gar nicht unfähig oder nur ein Träumer vom Ozean. Nur die unkritisch übernommene und sehr lange eingetrichterte Blickrichtung hat ein echtes Erkennen verhindert. Mehr nicht. Ändert man die Blickrichtung, öffnen sich zunehmend andere Perspektiven. Schritt für Schritt verlässt man das enge Tal und nähert sich dem Meer. Und je weniger Ideologien und Auffassungen man auf die Reise mitnimmt, desto schneller gelangt man voran. Dieses ist jedem möglich. Unabhängig von Bildung und Herkunft. Mag es auch ein wenig dauern, bis das Gehen und Finden des Ozeans gelingt. Übung ist hierbei unerlässlich. Tag für Tag. Doch dieses Üben macht nun endlich Sinn. Und mit dem Hin-Schreiten zum Kern, statt eines Fort-Schreitens von ihm, schärft sich Ihr Blick, da man die alten Zöpfe und Schleier nun nicht mehr benötigt und als überflüssigen Ballast lächelnd abschüttelt. Viele Zuschriften seit dem letzten Teebrief waren voll der Klage über die Banker, Wirtschafts-Manipulatoren, Fanatiker der einen oder anderen Richtung und die offenkundige Unfähigkeit der Politiker. Was eigentlich erstaunlich ist. Seit Platon wissen wir doch, dass dem so ist. Was ist daran neu? Es ist eine betrübliche Wahrheit. Vergessen wir nie: Nur derjenige versucht sich immer anderer zu bemächtigen, der seiner selbst nicht mächtig ist. Die fatale Tragweite des heutigen Unwesens dieser will ich gar nicht ausblenden oder herunterspielen. Gerade als Freiberufler erlebe ich die Auswirkung Tag für Tag … Nun denn, zugegeben, wir leben in einer Zeit der Umbrüche. In Wirtschaft, Politik und Kultur führt uns eine unleugbare und gewaltige Orientierungslosigkeit in Abgründe, die in diesem Ausmaß von der Menschheit noch nie erlebt wurde. Extreme Schlachten und perverse heilige Kriege, die bestialische
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Inquisition, brutale Diktaturen rechter und vornehmlich linker Systeme sind nicht neu. Das kennen wir alle. Leider und leidvoll. Doch die heutige Dimension ruiniert nicht nur Menschen in ein paar Ländern oder in Teilen von einem Kontinent. Nein, sie ruiniert nun alle Menschen in allen Ländern und darüber hinaus noch den gesamten Planeten und raubt außerdem unseren Enkeln die Grundlage. Mit dem Schaum der völlig entfesselten Gier vor dem Mund geifern viele, nicht nur einige wenige! hemmungslos nach Macht und Geld für fragwürdige Ziele, die diese — beim Auf-Den-ZahnFühlen — noch nicht einmal genau benennen können! Oder die so erbärmlich albern und banal sind, dass man laut lachen müsste, wäre deren übles Gebahren nicht so fatal und rücksichtslos gegen die ganze Menschheit und jene, die nach uns kommen. Bei genauem Hinsehen lässt sich hierbei gut erkennen: Ängstliche Kleingeister in engen und muffigen „Berg- oder Wüstentälern“ mit abstrusen Ideologien fern der wundervollen Realität des Seins konstruieren rücksichtslos als ausgewiesene Nichtschwimmer Anleitungen zum Schwimmen im Ozean des Lebens?! Einem Ozean, den diese noch nicht einmal rochen, geschweige denn je sahen oder gar darin schwimmen gelernt hätten! Das kann nicht funktionieren. Und es hat de facto nicht funktioniert. Deren maßlose Selbstüberschätzung liegt als globaler Finanz-, Klima- etc. Kollaps vor. Und da sie unreif und in hohem Maße unfähig sind, blenden sie alles aus und lassen uns die Mehrheit bzw. die verhängnisvollen Folgen tragen … ? ……… Das Resultat dieser Möchte-Gerns ist uns allen nur zu gut bekannt: Griechenland, Spanien, USA, Iran, Al-Quaida, China, Rußland, usw. .................
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Bekanntlich erzeugt eine Welle, die auf einen Strand läuft, viel Gischt. Und in der Gischt ist erst einmal nichts zu erkennen. Das ist normal. Nur wenige behalten in solch einer Situation einen unbestechlichen Blick auf die klare Weite. Dazu gehört: Die Erde ist keine Scheibe und auch nicht der Mittelpunkt des Universums, nicht einmal Mittelpunkt dieser Milchstrasse. Und bisherige Welterklärungs-Systeme gleich welcher Art sind als untauglich entlarvt. Talbewohner wissen eben nichts über das Meer und das Schwimmen darin. Aber auch diese tragen die Sehnsucht nach dem Meer in sich und würden gern frei und sinnvoll leben und handeln. Ja, wenn — und schon kommen die Millionen Ausreden — dieses und jenes erfüllt ist … Was im Klartext heißt: Wenn man das staubige Tal dreist zum Ozean erklärt und man sich nicht bewegen muss, die Erde eine Scheibe bleibt, verhindert, dass Wasser nass ist, und 2+2 = 6,37 ergibt, dann … könnte man ja eventuell, möglicherweise, gegebenenfalls mal daran denken …, vielleicht … Jeder kennt dies. Doch genau betrachtet haben die sich aufgegeben und versuchen nicht mehr ans Meer zu gelangen. Als Ersatz erschufen sie sich Erklärungskonzepte, um wenigsten etwas zu haben, an dem sie sich festhalten können. Hierbei spielen sie einen globalen Poker, da sie, wie alle Selbstmordkandidaten, eine alles umfassende Gleichgültigkeit haben. Und da jeder bekanntlich nur soviel Freiraum hat, wie er den eines anderen nicht einschränkt, muss man jenen heftigst und mit klarer Stirn Einhalt gebieten. Und die neuzeitliche Variante mit vermeintlich „wissenschaftlichen Entdeckungen“ fern des „Meeres“ ist nicht besser. Zumal diese Entdeckungen nicht halten, was man sich davon verspricht; z.T., weil sie schneller überholt sind als publiziert, z.T. weil mit der „sachlichen“ Analyse des Ozeans, der Psyche und anderen kopfgemäßen Methoden niemand tatsächlich real im Ozean (auch des Lebens) schwimmen lernen kann. All das ist totes Wissen ohne Nährwert. Hier benebeln Nichtschwimmer andere M. Sôtai Knipphals - Teebrief Nr 3 // 2498 nach Buddha // Seite 9
Nichtschwimmer mit sog. „Wissenswerten“. Tatsächlich versuchen diese aber nur ihre eigene Hilflosigkeit mit Denk-und Laborspielchen zu verdecken. Mit verhängnisvollen Folgen. Was auch jeder weiß. Was nun, fragen immer mehr Menschen. Wie kommen wir endlich zu einem zeitlos gültigen Ergebnis aus zeitlos gültigem Handeln, statt mit einem Datenberg zugemüllt zu werden? Wie gelangen wir in den uns-gemäßen Zustand, um im Einklang mit allem zu leben? Denn das im-Einklang-Leben ist offenbar unser aller Natur. Tag für Tag. Wie kommt man aus dem x-beliebigen und relativen Dahinleben in die Möglichkeit eines Handelns mit zeitlos gültigem Aspekt? Die alten Fragen sind also ungebrochen vorhanden. Wenn also die Suche nach dem Meer im Tal nichts bringt, macht es Sinn den Blick zu wenden und von oben erwähnten Modellen Abstand zu nehmen, nicht wahr? Nur die Richtung der Suche war falsch, nicht Ihr Können oder Ihr ehrliches Bemühen. Die alten Zöpfe mögen immer wieder einmal an einem zerren, doch der Ozean liegt in genau der anderen Richtung. Haben Sie Geduld mit sich. Das braucht seine Zeit. Eines ist hierbei doch schon positiv: Sie fallen heute nicht mehr so schnell auf voreilige Thesen und waghalsige Welterklärungsmodelle mit intergalaktischen Superwesen herein. Denn die gibt es nicht. Da ist bekanntlich nur klare Weite - nichts Heiliges. Ohne Ausnahme. Die Unendlichkeit kennt kein dahinter. Daher ist sie ja unendlich. Egal wie geschickt manche das mit Worten neu zu definieren versuchen, um doch noch irgendwie an alten Denkmustern festhalten zu können. Im Rückblick für uns Heutigen: Was früher bei z.B. den Sumerern die Erschafferin des Universums, die Göttin Nammu war, und in vielen anderen Kulturen andere und anders ausgerichtete Götter und Heerscharen an Sub- und Nebengöttern, bei den Hindus ..., in Polynesiern ..., bei den Juden Jehova voll Rache und Zorn, beide den Japanern die Obergöttin Amaterasu voll Güte und Nachsicht, bei den Christen ein barmherziger Gott, der sich selbst allerdings M. Sôtai Knipphals - Teebrief Nr 3 // 2498 nach Buddha // Seite 10
Menschenopfer machte — seinen unehelichen Sohn —, um das Übel aus der Welt zu schaffen, was bekanntlich als Versuch vollkommen fehlgeschlagen ist, oder was in Griechenland Zeus war oder der für Nordeuropa zuständige Gottvater Wotan und etliche Hundertschaften anderer oberster und weiterer Gottheiten, das ist heute durch Fortschritts- und Naturwissenschaftsglaube, und Materialismus etc. ersetzt worden. Das eine Konstrukt so untauglich wie das andere: Fiktive Oberwesen, Scheinziele und willkürliche Konzepte helfen eben nicht. Das verheerende Ergebnis liegt nun unübersehbar vor. Der Fortschritt - das Fortschreiten vom Kern - ist offenkundig. Mutter Natur belehrt uns gerade deutlich eines anderen. Dennoch gibt es immer noch zahlreiche Träumer, die wie seit eh und je alles ausblenden, um ihrer realitätsfremden Ideologie zu frönen. Ideologien, die allesamt dem Dualismus entspringen und nichts mit der Realität des Seins zu tun haben. Die immer lauter werdende Frage in allen Ländern ist und bleibt die: Wie findet man zu einem Leben in der Realität des Daseins? Ohne Ideologien. Wie erfahre ich das Glück des Soseins, von dem die Wegmeister berichten und es auch im Alltag vorleben?
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Unter anderem bietet hier der Buddhismus in Form von Zazen und Teeweg eine Möglichkeit den Dualismus zu überwinden, um dann tatsächlich ganzheitlich zu existieren und handeln zu können. (Nebenbei: Viele reden zwar überall leichtfertig von ganzheitlichem Handeln, meinen aber damit nur ein viel-heitliches Handeln, das immer noch im Dualismus verheddert und damit natürlich untauglich ist. Um tatsächlich ganz zu sein, muss man nämlich zuerst den Dualismus überwunden haben. Was alleine aber auch noch nicht genügt. ) Auf dem Weg der Erkenntnis und Durchdringung all dieser Vorgänge haben Sie viel erfahren, verehrte Leser. Jeder von Ihnen. Schritt für Schritt. Oft mit harten Lebensschicksalen verbunden. Hierbei durchschreiten Sie/ wir alle zehn Stufen oder Entwicklungs-Phasen, die bildhaft in den zehn Ochsenstufen seit rund 1200 Jahren veranschaulicht sind. So wie Sie in diesem Moment „wissen“ viele, dass alles anders laufen müsste, dass es einen Weg zur Klärung der Kernfrage gibt, und dass es außerhalb des „verordneten Tales“ eine große, weite Ebene und dahinter ein Meer gibt. Nebenbei: Schon längst sind Sie übrigens auf dem Weg dorthin! Einen Schritt weiter erfahren Sie viel über Ihr Denken und Handeln und all die Ideologien, denen Sie früher nachgelaufen sind. Sie durchschauen und verlassen das Tal. Während des Gehens lassen sie immer mehr hinter sich, da Ihnen bewusst wird, dass Sie all die konstruierten Hilfsmittel/ Ideologien gar nicht benötigen. In weiteren Schritten erfahren und erblicken Sie ... , was hier nicht in Worte gekleidet werden sollte. Sie kommen mit geduldigem Üben dahin, wo Sie eigentlich schon immer waren und erkennen, wie Millionen vor Ihnen: Klare Weite, nichts von heilig. Und schon geht es weiter. Längst haben Sie selbst den Buddhismus überwunden, und wissen, dass ein Festhalten an ihm als Übungsweg diesen nur zu einer Religion degradieren würde (also wieder Dualismus). Daher wird seit jeher gesagt: Triffst du
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den Buddha, so lass auch diese Vorstellung von etwas los, „töte“ den Buddha, also lass diese Idee in Form von Buddha los. Obgleich es Meister Buddha im Gegensatz zu irgendwelchen Göttern tatsächlich gab, kann er keinen reich, gesund und mächtig machen, er ist nämlich seit rund 2500 Jahren tot. (Nebenbei: Sehr viele Tempel-Gemeinschaften in Asien machen aus dem Buddhismus leider doch eine Religion, was natürlich nicht dem Buddhismus und seinem tatsächlichen Ansinnen, dem Überwinden eben dieses dualen Denkens und Handelns entspricht. ) Sie schreiten also weiter, bleiben nicht stehen. Stufe für Stufe, bis zur zehnten Phase. Denn nun gilt es all das Durchschaute und Erlebte im Alltag anzuwenden. Sei es beim Kochen, Pflegen, Bauen, Blumenstellen, Erziehen oder all den anderen Verrichtungen des profanen Alltags. Und dass dies „automatisch“ zum Wohle aller ist, liegt auf der Hand. (Sie müssen nichts und niemand mehr Untertan machen, kontrollieren oder gar die Welt beherrschen und dererlei absurdem Wahn frönen. ) Ganz einfach und friedvoll regeln Sie nun Ihren Alltag. Kochen, was die Jahreszeit und Region liefert, trinken Tee statt Kaffee, lassen die Selbstverstümmelung durch Rauchen, Alkohol und Fleischessen sein, Bauen ohne Gags und aus gesunden Materialien wohl-proportionierte Häuser, legen besinnliche Gärten an, malen zeitlos gültige Bilder und geben vor allem diese Lebensweise an jene weiter, die nach Ihnen kommen. Ihnen ist nämlich vollkommen bewusst, dass Sie die Welt nur von jenen geliehen haben, die Ihnen folgen werden. Sie sind nur Gast. Doch ist all das neu für Sie? Ich denke mal nicht. Selbst wenn Ihnen die konkrete Umsetzung heute eventuell noch nicht in vollem Umfang und mit großer Tragweite zur Verfügung steht. Ihre stillen Ahnungen sind also kein Wunsch, kein Traum, sondern das erste Hören des noch recht leisen Rauschens des Meeres, ein erstes zartes Riechen der würzigen Salzluft aus großer, klarer Weite. Darin kann ich Sie nur bestärken. Gehen Sie weiter. M. Sôtai Knipphals - Teebrief Nr 3 // 2498 nach Buddha // Seite 13
Ihr Tal hat einen Ausgang. Sie wissen es nun. Ihr Weg hat also bereits begonnen. Und dennoch meldet sich in alter Gewohnheit das Denken, das sich selbst feiernde ICH, nicht wahr? … , und will jetzt schon wissen, wohin die Reise geht. Es will das Ergebnis vorher wissen. Doch kann man per Denken Schwimmen lernen? Nicht ?! … Na bitte ! Frage: Was ist, wenn die Antwort z.B. sehr kompliziert ausfiele, wie eine 10.000 Seiten lange Formel? Sie würden abwinken und ihr ICH würde sagen: „ICH versteh das nicht, das ist MIR zu schwierig. Da mach ICH doch lieber so weiter, wie ICH das bisher auch getan habe. Warum soll ICH ans Meer gehen und Schwimmen lernen? Das enge kleine Tal find ICH auch ganz hübsch.“ Sie kämen per Denk- Antwort also nicht weiter. Und was wäre, wenn die Antwort leicht ausfallen würde, dann würde Ihr ICH sagen: „Das kann nicht die Antwort sein. Das ist zu leicht. Einatmen, ausatmen, und einfach nur ans Meer gehen und Schwimmen lernen, das kann doch jeder. Da bleib ICH lieber beim bisherigen und warte bis ein heiliger Guru kommt, der Mein ICH erlöst. Und bis dahin mache ICH, was ICH schon immer nach MEINEM Willen getan habe.“ Und auch hierbei kommen Sie nicht wirklich weiter, bleiben stecken. Seit Lucy, jener frühzeitlichen Lady — wir kennen sie vom Beatles-Song auf Sgt. Pepper —, argumentieren wir Menschen so. Aber das liegt bald hinter Ihnen. Daher: Denken als Arbeitskonzept? In den wesentlichen Fragen des Seins? — Sackgasse —
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Nun zum Gehen: Gehen wir, um anzukommen, oder gehen wir, um zu gehen? Ist das Gehen nicht ein Prozess? Ein lebenslanger Prozess?
Sollte die Frage nicht eher lauten: Auf welche Art gehen wir?
A) Mit Ellbogenmanieren? Gier-gesteuert? Ichsüchtig? Auf wertlos Materielles ausgerichtet? Und die Sinn-Leere mit Ideologien aller Art und Vergnügungen betäubend?
Oder gehen wir
B) Eigenverantwortlich. Mit Nachsicht und Respekt. Harmonie-orientiert. Mit wahrhaftigem Handeln. Um den Sinn wissend und kreativ in jedem Moment des Seins.
Das ist was Sie können und das ist, was tief in Ihnen verborgen längst vorhanden ist. Sie müssen oder können es also gar nicht erlangen, sondern nur zulassen und ans Licht holen. Mehr nicht. Sie alle sind ja schon im Zustand der Erleuchtung. Sie befinden sich mitten im Paradies. Hier und jetzt. Nur ist dieser Zustand momentan von unendlich M. Sôtai Knipphals - Teebrief Nr 3 // 2498 nach Buddha // Seite 15
vielen Gedanken, wechselnden Konzepten und Daten über die Welt überlagert und mit Zweifeln an diesem und jenem. Ließe man all dies weg, denn wer braucht schon Schwimmringe, könnte jeder ohne Ballast endlich frei atmen und ohne Anstrengung im Ozean schwimmen. Hier stellt sich nun die verständliche Frage: Wie kann man erlangen, was man offenbar nicht (mit Denken, Ergründen, Meinen, Glauben usw.) zu erlangen vermag? Wie gelingt das Zulassen von Schon-Vorhandenen? Nun, da sie mit allem ausgestattet sind, was sie für die Lebensreise benötigen, wie selber essen, selber gehen, selber Handeln, selber verantwortlich sein für dies und das, so gilt auch hier: Selber atmen. Doch von nun an bewusst und nicht nur reflexartig. So und mit weiteren Übungen erklimmen Sie Stufe für Stufe; sich selbst gesundend und mit zunehmend klarem Blick. Oder anders formuliert: Sie erschließen sich die anderen 99% Ihres Seins, von denen Sie bislang nur ahnten, dass die da sind. Lassen Sie sich nicht länger vor den Karren der einen oder anderen Ideologie-Fraktion spannen. Die haben nicht Ihr Weiterkommen im Sinn, sondern nur einen ICH-gesteuerten GierHorizont, wo man mit Geld und Macht andere zu beherrschen sucht. Und wie Sie natürlich längst wissen, tun sie das nur, weil sie ihrer selbst noch nicht mächtig sind und vor dem freien Schwimmen Angst haben und auch Neid auf all jene, die das enge muffige Tal hinter sich lassen wollen. Doch all deren Gezappel ist sinnlos. Die Erde ist schließlich keine Scheibe. Gehen Sie unbeirrt Ihren Weg. Ihren Weg zu sich selbst. Und freuen Sie sich auf wundervolle Erlebnisse und Erfahrungen während der Reise. Wohin Sie das führen wird? Denken Sie an all vielen kleinen und großen Ergebnisse der Weggänger vor Ihnen (mittlerweile auch in Übersee, in Japan schon seit über einem halben Jahrtausend). Und obwohl die Menschen auch in Japan recht unterschiedlich sind, hat es dennoch alle berührt und gemeinschaftlich geformt. M. Sôtai Knipphals - Teebrief Nr 3 // 2498 nach Buddha // Seite 16
Auch im Westen sind wir längst von Sushi und stillen Gärten, Meditation und Teeweg angetan. Der Geruch des „Meeres“ hat uns erfasst, da es völlig normal und uns vollkommen gemäß ist, frei und mit klarem, weitem Blick im „Ozean des Lebens“ zu schwimmen. Ohne Hilfsmittel gleich welcher Art. Die sind nur Ballast. Wahre Schönheit und echter Sinn sind keine Stil- oder Geschmacksfrage oder gar Thema eines philosophischen Laberkreises. Wer hier noch diskutiert, nimmt nicht wahr und ist Lichtjahre von allem getrennt. Ganz im Gegenteil zeigt gerade Ihr kulturelles Handeln den Grad des Erkennens und natürlich auch derer, die z.B. Kreatives hervorbringen. (Zur Kunst später einmal mehr.) Wie Sie nun gut sehen können, liegt also gerade im Alltag eine große Chance zum Wachsen vor. Ein Weglaufen und Ausweichen führt bekanntlich nur zu Krankheit und zu Leid. Auch für andere. Was keiner möchte. Den Alltag werden wir alle folglich zusammen nur befriedigend lösen können, wenn wir auf den Dualismus als Wirrnis-Quelle verzichten. Ein für alle mal.
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Ihr Handeln im Alltag zeigt, wo Sie tatsächlich stehen. Und Ihre wohl gewählte Blume an richtigem Ort, oder Ihr Tee und Ihre Verbeugung zeigen es. Nicht Ihr Designer-Fummel, Ihre Goldcard oder ein xy-Preis aus der Hand von Nichtschwimmern. Nur Ihr kulturelles Agieren, Ihr wertvolles und auch notwendiges Mitwirken im menschlichen Dasein und in der Kultur Ihrer Zeit machen Sinn und geben Ihnen Inhalt. Und somit auch anderen. Denn das hängt zusammen. Untrennbar. Daher sind die drei Themen für Sie wie eine Art neutraler Kompass für sich selbst, um mitten in der Gischt seinen Kurs halten zu können, wenn es schon mal schwierig wird. Und den Jüngeren sei gesagt, dass Sie sich gleich zu Anfang Ihres Lebens vor einer x-beliebigen Berufswahl um eine echte Basis bemühen sollten. Voller Konstrukte und Illusionen in der Öffentlichkeit zu agieren ist zu leichtsinnig und mit all den Folgen zu fatal; wie man heutzutage sehr gut und v.a. leidvoll in allen Sparten erkennen kann. Hierbei ist Ihr Atem das Fahrzeug, da überall verfügbar. Und Ihr friedvolles und kreatives im Einklang-Sein-Wollen mit allem ist der Brennstoff für die Reise.
Mit besten Wünschen für diese Reise von Herzen
M. Sôtai Knipphals
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