Ausgabe 6 | Mai 2015
zu zwei Jahren. Im Interview mit „ebbes aus Hohenlohe“ erzählt sie von ihrer Motivation, ihrer Herangehensweise und ihren Erfahrungen.
„Textilien haben mich schon immer stark angezogen“
Petra Studer-Daubek schafft außergewöhnliche Kunst in Kirchberg Warum haben Sie sich bei Ihrer künstlerischen Arbeit für Textilien entschieden? Zu den Textilien fand ich erst durch einen Wendepunkt in meinem Leben: Ich erkrankte ernsthaft und so musste ich mir, ein neues Betätigungsfeld suchen. Die Textilien haben mich stark angezogen und mir innerlich gut getan. Später war ich dann sehr erstaunt, als ich von einer Homöopathin erfuhr, dass Jute aus Brennnesselfasern hergestellt wird und mich mein Weg unbewusst zu den Heilpflanzen geführt hatte, die mir bei meiner Krankheit halfen. Für Ihre Werke verwenden Sie Naturfasern. Gibt es dafür einen besonderen Grund? Ja, die Veredelung der Textilien mit Fasern und Garnen aus der Natur durch die menschliche Arbeit. Hierzu gehören auch die Arbeitsverhältnisse der Textilindustrie in den Schwellenländern, wo
Petra Studer-Daubek zeigt gerne technische Details, wie offene Nähte und ausgefranste Stoffkanten.
Textilarbeiterinnen oft unter ausbeuterischen Bedingungen unsere Markenkleidung herstellen. Sticken auf Textilien heißt, dass Sie durch Formen Dynamik auf die Leinwand bringen müssen: Wie schaffen Sie es, Geometrie und Bewegung miteinander in Einklang zu bringen? Ich arbeite mit verschieden langen Stichen und
wechsle die Garnstärken. Es ist ähnlich dem Zeichnen: Durch den Wechsel von kurz und lang, dicht und lose, grob und fein, Richtungsänderungen und Wiederholung sowie vielfältige Überlagerungen entstehen Ordnungen und Bezüge. Sie beschäftigen sich in der letzten Zeit mit Textilien als räumliche Skulpturen: Wel-
che neuen Herausforderungen bringt diese Technik? Sie stellt mich vor ganz neue Aufgaben, denn die Textilien haben von sich aus nur bedingt eine Statik im Raum. Ich muss ihnen ein inneres Gerüst geben, über das ich sie spannen kann. Hierzu lasse ich mich von Fundstücken inspirieren. Gibt Ihnen die Dreidimensionalität in Ihrer Kunst
eine neue inhaltliche Bedeutung? Ja, unbedingt. Denn die eingearbeiteten Fundstücke eröffnen den Raum für neue Assoziationen. Ich habe zum Beispiel die Werke mit den Zungen später „Don Camillo und Peppone“ genannt, oder „Zwei, die ihr Herz auf der Zunge tragen“. Dieser Titel ist im Verlauf der Arbeit entstanden, als mir bewusst wurde, welche tiefe Berührung die Kälbertränken in mir auslösten und ich ihrer Benutzung durch die Tiere gedachte.
In diesen Räumen finden viele intensive und oft sehr bewegende Gespräche statt und diese Räume wurden im Hinblick auf den Anlass eines Trauergespräches von uns eingerichtet. Die Atmosphäre ist ruhig und in gewisser Weise sakral, ich möchte es als spirituell bezeichnen. Die Textilarbeiten fügen sich hier sehr gut ein. Die Strukturen und Farben der Materialien schaffen einen abstrakten, offenen Raum. Meine Textilien hier erhalten
Die beiden Zungen Peppone …
… und Don Camillo.
Ihre Bilder hängen im Bestattungshaus Daubek in Kirchberg und dort kann man sie jederzeit anschauen. Warum haben Sie diesen Ort als Bühne für Ihre Werke gewählt?
wieder ihre wahre Bedeutung: Sie sind dem Menschen nahe, geben ihm Schutz und verhüllen gleichzeitig seine Nacktheit.
Info: Petra Studer-Daubek, 52 Jahre alt, lebt und arbeitet in Kirchberg an der Jagst. Nach ihrer Ausbildung als Steinbildhauerin arbeitete sie 3 Jahre an der Münsterbauhütte in Schwäbisch Gmünd. Danach studierte sie Bildhauerei an der Kunstakademie in Stuttgart. Seit 1995 experimentiert sie mit textilen Materialien.
Fotos: thinkstock.com, ZG Medien (3)
K u n s t m i t S t o ff , N a del und Faden in einem Bestattungshaus: Petra Studer-Daubek beschäftigt sich mit ihren Kunstwerken teilweise bis