Theaterjournal #12

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Wir sind Baselmehrbieter. Weil wir uns bis in die Zehenspitzen fĂźr Sie engagieren. Die Basellandschaftliche Kantonalbank unterstĂźtzt das Ballett Theater Basel.

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ENTSCHEIDUNGEN

LIEBE LESERINNEN UND LESER Die dritte und letzte Ausgabe des Theaterjournals in der Saison 2018/2019 steht ganz im Zeichen verschiedenster «Entscheidungen». So, wie in Schillers «Die Räuber» die diametral entgegengesetzt scheinenden Lebensentscheidungen der beiden Brüder Karl und Franz weitreichende Konsequenzen haben, zahlt auch Cio-Cio-San alias Madama Butterfly einen hohen Preis für die Wahl ihres Lebensentwurfs. Und auch im Handlungsballett «The Comedy of Error(z)» müssen die Charaktere immer wieder entscheiden, ob sie ihrer eigenen Wahrnehmung noch trauen können – oder eben nicht. Entschieden hat übrigens auch die Jury des Theatertreffens – und das Theater Basel mit gleich zwei Inszenierungen zum Berliner Theatertreffen 2019 eingeladen: «Tartuffe oder das Schwein der Weisen» von PeterLicht in der Regie von Claudia Bauer und «Hotel Strindberg» von Simon Stone in einer Koproduktion mit dem Burgtheater Wien fahren im Mai als zwei der zehn bemerkenswertesten Inszenierungen des Jahres nach Berlin. Wenn Sie jetzt aber noch immer nicht wissen, für welches Stück Sie sich zuerst entscheiden sollen, dann besuchen Sie doch «Das Theater der Bilder». Für diesen Theaterparcours im Kunstmuseum Basel haben über zwanzig renommierte Autor_innen von Lukas Bärfuss bis Theresia Walser Texte zu Werken aus der Sammlung des Kunstmuseums geschrieben, die vom Schauspielensemble des Theater Basel zum Leben erweckt werden. Eine Entscheidung für Kunst, Literatur und Theater – und sicherlich eine gute! Herzlich, Ihre Claudia Brier IMPRESSUM INTENDANT Andreas Beck | VERWALTUNGSDIREKTOR AD INTERIM Guy Starck | REDAKTION Dramaturgie und Öffentlichkeitsarbeit, Junges Haus | GESTALTUNG Perndl+Co | ILLUSTRATIONEN Alexander Neubauer | COVER Perndl+Co | FOTONACHWEISE Kim Culetto S. 5, S. 13–15; Thomas Dashuber S. 23; Birgit Hupfeld S. 25; Priska Ketterer S. 3, S. 26; Johanna Mangold S. 27; Katrin Michaels S. 9, S. 16–17; privat S. 11; Sandra Then S. 3, S. 6–7, S. 17, S. 20 BILLETTKASSE Telefon +41 (0)61 295 11 33; www.theater-basel.ch | ÖFFNUNGSZEITEN DER BILLETTKASSE Theaterplatz: Mo–Sa, 11–19 Uhr

Die Abendkasse öffnet eine Stunde vor Vorstellungsbeginn. Vorverkauf auch über Kulturbüro Riehen, Baselstrasse 43 | Kantonsbibliothek Baselland Liestal, Emma Herwegh-Platz 4 | Aktuelle Spielplaninformationen www.theater-basel.ch – Änderungen vorbehalten | Theater Basel, Postfach, CH-4010 Basel | Grosse Bühne, Kleine Bühne, Nachtcafé / Box: Theaterstrasse 7, 4051 Basel | Schauspielhaus: Steinentorstrasse 7, 4051 Basel Partner des Ballett Theater Basel: Medienpartner: Eine Beilage der bz Basel.

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ÜBERSICHT

MÄRZ BIS JUNI

Das nächste Theaterjournal erscheint zu Beginn der neuen Saison 2019/2020 28. MÄRZ 2019

DIE RÄUBER

11. APRIL 2019

YERMA

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Schauspiel von Friedrich Schiller Inszenierung Thorleifur Örn Arnarsson PREMIERE SCHAUSPIELHAUS

Schauspiel von Federico García Lorca Inszenierung Mateja Koležnik PREMIERE KLEINE BÜHNE

30. MÄRZ 2019

16. APRIL 2019

MADAMA BUTTERFLY

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Oper von Giacomo Puccini Musikalische Leitung Antonello Allemandi Inszenierung Vasily Barkhatov PREMIERE GROSSE BÜHNE 7. APRIL 2019

SACHERS MUSIKALISCHE WUNDERKAMMER « … ODER SOLL ES TOD BEDEUTEN?» Musikalische Leitung Stephen Delaney MIT Hyunjai Marco Lee, Ena Pongrac, Domen Križaj, Sarah Brady u. a. Es spielen Mitglieder der Basel Sinfonietta. FOYER GROSSE BÜHNE

DAS THEATER DER BILDER Theaterparcours mit neuen Texten zu Werken der Sammlung des Kunstmuseums Basel Inszenierung Daniela Kranz URAUFFÜHRUNGEN/AUFTRAGSWERKE KUNSTMUSEUM BASEL 25. APRIL 2019

WOYZECK Schauspiel von Georg Büchner Inszenierung Ulrich Rasche WIEDERAUFNAHME SCHAUSPIELHAUS

22/23

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ÜBERSICHT

26/27 27. APRIL 2019

TROUBLE IN TAHITI Oper von Leonard Bernstein Musikalische Leitung Stephen Delaney Inszenierung Maria-Magdalena Kwaschik WIEDERAUFNAHME BROCKENSTUBE IRMA & FRED 3. MAI 2019

THE COMEDY OF ERROR(Z) 18 Ballett von Richard Wherlock nach William Shakespeare Choreografie Richard Wherlock Musikalische Leitung Thomas Herzog URAUFFÜHRUNG/AUFTRAGSWERK GROSSE BÜHNE 25. MAI 2019

SOMMERGALA 2019 Ballettschule Theater Basel GROSSE BÜHNE 29. MAI 2019

RADIO REQUIEM Eine Installation von Thom Luz Inszenierung Thom Luz URAUFFÜHRUNG EHEMALIGE RADIOSTUDIOS AUF DEM BRUDERHOLZ

16/17

4. JUNI 2019

EXKLUSIV FÜR ALLE Abschlusspräsentation der Saison 2018/2019 Impulsprojekt des Theater Basel SCHAUSPIELHAUS

7. JUNI 2019

DIDONE ABBANDONATA Oper von Niccolò Jommelli Musikalische Leitung Daniela Dolci Inszenierung Lotte de Beer PREMIERE GROSSE BÜHNE 18. JUNI 2019

OPERAVENIR – ABSCHLUSS­ KONZERT KLEINE BÜHNE OperAvenir mit freundlicher Unterstützung: HEIVISCH, HIAG, Julius Bär, Novartis


DIODATI. UNENDLICH

Ein Hoch auf den Urknall! In der Villa Diodati am Ufer des Genfersees philosophieren Lord Byron und seine Gäste 1816 über die Entstehung menschlichen Lebens. Physiker_innen des Europäischen Kernforschungszentrums CERN in Genf, wo heute die Entstehung des Universums erforscht wird, lassen die Diskussionen von damals wiederaufleben und studieren sie interessiert. «Diodati. Unendlich» ist wieder am 23. März auf der Grossen Bühne zu erleben.

KOPFENTSCHEIDUNG BAUCHGEFÜHL BIG BÄNG

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DIODATI. UNENDLICH

DIODATI. UNENDLICH Oper von Michael Wertmüller Libretto von Dea Loher In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln Uraufführung/Auftragswerk Grosse Bühne MUSIKALISCHE LEITUNG Titus Engel INSZENIERUNG Lydia Steier BÜHNE Flurin Borg Madsen KOSTÜME Ursula Kudrna VIDEO Tabea Rothfuchs MIT Seth Carico, Holger Falk, Samantha Gaul, Sara Hershkowitz, Rolf Romei /Paul Curievici, Kristina Stanek; Yaron Deutsch (E-Gitarre); Dominik Blum, Lucas Niggli, Marino Pliakas (Steamboat Switzerland) Chor des Theater Basel Statisterie des Theater Basel Es spielt das Sinfonieorchester Basel. Der Kompositionsauftrag wurde realisiert mit Unterstützung der Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung und der Ernst von Siemens Musikstiftung.


HAUSAUTOR THIEMO STRUTZENBERGER

DON PERLIMPLÍN HAT KEINE EHR’!

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Hausautor Thiemo Strutzenberger liest in einer Schreibpause Lorca.

Während Regisseurin Mateja Koležnik mit dem Ensemble des Theater Basel für die Inszenierung «Yerma» probt, lohnt möglicherweise ein kurzer Blick auf eines der unbekannteren Stücke des spanischen Dramatikers und Dichters Federico García Lorca (1898–1936). Als besonders reizvoll erscheint etwa die dramatische Miniatur «In seinem Garten liebt Don Perlimplín Belisa», vier Bilder eines erotischen Bilderbogens in der Art eines Kammerspiels von 1931. Hier erfährt man eine Überraschung der Farben, die Lorca beschreibt: Sowohl die Wände des Hauses, in dem das Stück spielt, als auch die Kleider des Hausherrn Don Perlimplín sind nämlich grün, schwarz aber sind die Möbel. Man kann die Möbel besser sehen als die Hauptfigur, die schon zu Beginn zu verschwinden droht: «Wo bist du, Perlimplín?», fragt dieser sich denn auch selbst. Es tauchen nicht nur Perücken auf, die «voller Vögel» sind, es fliegt auch über den Balkon «ein Schwarm von Vögeln aus schwarzem Papier. Grosse rote Samtcapas» werden um Schultern geworfen. Von Kindern gespielte Kobolde ziehen an «graugetönten Vorhängen», die Kapuzen, die sie überwerfen, sind dabei blau. Die Hörner des gehörnten Ehemanns sind golden, so wie das Licht stark golden ist, das Morgenlicht aber ist weiss – und kann schlicht auch «magisch» sein, wie Lorca notiert. Überhaupt hat man es mit «Perspektiven» zu tun, die «köstlich verzeichnet» sind.

Diese «köstliche Verzeichnung» deutet nicht nur einen so dunklen wie bunten Bühnenraum an, sie lässt sich auch inhaltlich begreifen. Die Handlung nämlich ist fantastischer Ausdruck einer dezenten und doch originellen Kritik an sexuell besitzergreifender Männlichkeit. Sie hebelt diese sogar vollkommen aus, sodass Don Perlimplín ankündigen kann: «Was ich jetzt tue, tat noch niemand je zuvor.» Die junge, kurzerhand geheiratete Belisa, zuvor die Nachbarin des alternden, heiratsunwilligen Don, ergeht sich schon in der Hochzeitsnacht mit etwa fünf anderen Männern. Ein Verehrer schickt ihr in der Folge verführerische Briefe. Dieser ist allerdings von Perlimplín erfunden, er selbst gesteht ihm eine reizvolle Wirkung auf ihn zu. Als sich Belisa mit dem fiktiven Geliebten verabredet, erscheint auch Don Perlimplín in seinem Garten, angetreten, um seine Ehre zu verteidigen. Da es sich bei dem ausserehelich Angebeteten aber um ihn selbst handelt, muss er den Dolch auch gegen sich selbst richten. Als sterbender Geliebter gesteht Perlimplín Belisa, dass niemand sie so geliebt habe wie er. Und Belisa muss am Ende konsterniert feststellen: «Nie habe ich geglaubt, dass alles so verworren, so schwer zu lösen sei!» Nicht nur jede Situation in diesem kleinen Stück ist bunt und dunkel und wird auf poetisch-witzige Weise ad absurdum geführt, auch ein von vermeintlichen Besitzansprüchen geprägtes Verhältnis der Geschlechter geht insgesamt ins Unsinnige über. STÜCK LABOR BASEL HAUSAUTOR 2018/2019 THIEMO STRUTZENBERGER Der in Basel lebende Schauspieler und Dramatiker Thiemo Strutzenberger wurde 1982 in Kirchdorf an der Krems (Oberösterreich) geboren und studierte Schauspiel am Max Reinhardt Seminar in Wien. Neben seiner Tätigkeit als Schauspieler an Häusern wie dem Deutschen Schauspielhaus Hamburg und dem Theater Neumarkt in Zürich absolvierte er zudem an der Universität Wien den Masterstudiengang für Gender Studies. 2010 wurde sein Stück «The Zofen

Suicides» uraufgeführt. Es folgten Uraufführungen seiner Stücke «Queen Recluse» (2013, Regie: Martin Schmiederer) und «Hunde Gottes» (2014, Regie: Barbara Weber) am Schauspielhaus Wien. Seit der Spielzeit 2015/2016 ist Thiemo Strutzenberger Ensemblemitglied des Theater Basel. Die Hausautorenstelle gibt ihm die Möglichkeit, sein Schauspielpensum zu reduzieren und sich für ein Jahr verstärkt auf das Schreiben zu fokussieren.


DIE RÄUBER

IM RÄUBERLABOR Für die Inszenierung von Schillers «Die Räuber» entwirft die isländische Modedesignerin Karen Briem die Kostüme. Sie hat aber keine fertigen Entwürfe mitgebracht, sondern entwickelt in Workshops mit dem Ensemble die Welt der Räuber und Räuberinnen: zwischen heute und Historie, Alltag und Catwalk – und in jedem Fall bunt und opulent. Karen Briem wuchs in Mexiko und Island auf. Sie studierte Modedesign an der Copenhagen Academy of Fashion and Design und absolvierte später den Masterstudiengang Costume Design for Performance am London College of Fashion. Sie gestaltet Kostüme für Filmproduktionen und Musiker_innen. Unter anderem arbeitete sie für Vök, Sigur Rós und Ellie Goulding. Mit dem Regisseur Thorleifur Örn Arnarsson hat sie bereits in der vergangenen Spielzeit für das isländische Sagenepos «Die Edda» am Schauspiel Hannover zusammengearbeitet.

KOPFENTSCHEIDUNG BAUCHGEFÜHL SCHILLERLOCKEN

DIE RÄUBER Schauspiel von Friedrich Schiller Premiere 28. März 2019 Schauspielhaus INSZENIERUNG Thorleifur Örn Arnarsson BÜHNE Wolfgang Menardi KOSTÜME Karen Briem MUSIK Gabriel Cazes CHOREOGRAFIE Laura Witzleben MIT Mario Fuchs, Vincent Glander, Urs Peter Halter, Pia Händler, Nicola Kirsch, Nicola Mastroberardino, Thomas Reisinger, Lisa Stiegler, Leonie Merlin Young

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MADAMA BUTTERFLY

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EINE FRAU MIT COURAGE UND WILLENSSTÄRKE

Die Sopranistin Talise Trevigne singt Madama Butterfly in der Neuinszenierung der gleichnamigen Oper von Giacomo Puccini am Theater Basel. Wir haben mit ihr über ihre Heimat, ihren Weg zur Oper und «Madama Butterfly» gesprochen.

MADAMA BUTTERFLY Tragedia giapponese in zwei Akten von Giacomo Puccini Libretto von Giuseppe Giacosa und Luigi Illica nach Pierre Loti, John Luther Long und David Belasco In italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln Premiere 30. März 2019 Grosse Bühne MUSIKALISCHE LEITUNG Antonello Allemandi INSZENIERUNG Vasily Barkhatov BÜHNE Zinovy Margolin KOSTÜME Olga Shaishmelashvili LICHT UND VIDEO Alexander Sivaev MIT Talise Trevigne (Cio-Cio-San), Kristina Stanek (Suzuki), Ena Pongrac (Kate Pinkerton), Otar Jorjikia (B. F. Pinkerton), Domen Križaj (Sharpless), Karl-Heinz Brandt (Goro), Vahan Markaryan (Il principe Yamadori), Andrew Murphy (Lo zio Bonze), Vladimir Vassilev (Yakusidé), Hendrik J. Köhler (Il commissario imperiale), Frauke Willimczik (La madre di Cio-Cio-San), Evelyn Meier (La cugina), Xiao Hui Zhang (La zia) Chor des Theater Basel Statisterie des Theater Basel Es spielt das Sinfonieorchester Basel. Presenting Sponsor: Novartis

Eine Tonbandkassette mit Aufnahmen der legendären Sopranistin Leontyne Price, gefunden in einer «Zu verschenken»-Kiste der Stadtbibliothek – das war Talise Trevignes erster Kontakt mit der Oper. Zu hören waren auf dieser Kassette Arien der tragischen Heldinnen aus Giacomo Puccinis Opern. Heute singt Talise Trevigne selbst diese Arien und verkörpert am Theater Basel Puccinis Madama Butterfly in der Neuinszenierung des russischen Regisseurs Vasily Barkhatov.


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MADAMA BUTTERFLY

Aufgewachsen ist Talise Trevigne in der San Francisco Bay Area in Kalifornien in einer Familie, in der das Leben ohne Musik undenkbar wäre: «Meine Familie stammt ursprünglich aus New Orleans und hat kreolische Wurzeln, deshalb spielte vor allem der Jazz bei uns zu Hause eine wichtige Rolle.» Selbst hatte sie nie daran gedacht, Sängerin zu werden. Den ersten Gesangsunterricht bekam sie in der Schule als Vorbereitung auf ein Solo, das sie im Unterricht singen sollte. Talise Trevigne wollte eigentlich Tänzerin werden, doch nach einer Verletzung konnte sie diesen Traum nicht weiterverfolgen. «Mir wurde schliesslich ein Stipendium für das Konservatorium angeboten, und diesen Schritt zur Musik habe ich nie bereut!» «Ich bin fest davon überzeugt, dass die Oper mich erwählt hat», erzählt die Sopranistin, die ihr Studium an der Manhattan School of Music in New York City absolvierte. Ihre erste Bühnenrolle sang sie übrigens auch in einer Puccini-Oper: den Hirten in «Tosca». Die Titelheldin dieser Oper, die Sängerin Floria Tosca, ist Talise Trevignes absolute Traumrolle. Seit ihrem Operndebüt ist die vielgefragte Sopranistin weltweit auf den verschiedensten Opernbühnen zu erleben, sodass ihr Zuhause oft schlicht der Koffer ist, den sie von Produktion zu Produktion, von Stadt zu Stadt, von Opernhaus zu Opernhaus mit sich trägt. Die freie Zeit zwischen den Engagements aber verbringt sie am liebsten mit ihrer Familie an der Ostküste der USA. Und noch eine Sehnsucht verrät sie: Wenn das Singen nicht ihr Beruf wäre, wäre es ihr grösster Traum, ein Yogaretreat irgendwo auf dem Land zu leiten. Doch zunächst steht «Madama Butterfly» am Theater Basel auf Talise Trevignes Agenda. «Madama Butterfly» ist die Geschichte der aus armen Verhältnissen stammenden Cio-Cio-San, die von B. F. Pinkerton, einem amerikanischen Marineleutnant, für eine Ehe auf Zeit gekauft wird. Was für Pinkerton wie ein Spiel ist, ist für Cio-Cio-San grosser Ernst. Drei Jahre wartet sie auf die Rückkehr ihres Geliebten, der schliesslich nur

zurückkehrt, um mit seiner amerikanischen Ehefrau sein Kind nach Hause zu holen. Butterflys Herz und all ihre Hoffnung zerbrechen daraufhin, und sie sieht für sich nur noch einen Ausweg … An dieser Puccini-Heldin fasziniert Talise Trevigne vor allem die gleichzeitige Existenz von zwei scheinbar gegensätzlichen Seiten: «Körperlich erscheint Cio-CioSan als dieses ängstliche, stille japanische Mädchen, aber tatsächlich ist sie eine Frau mit einer unglaublichen Courage und Willensstärke. Sie trotzt allen gesellschaftlichen Konventionen, um allein ihrem Herzen zu folgen und ihren ganz eigenen Lebensweg zu gehen. So bestimmt sie auch, wie ihr Leben enden soll. Manche mögen dieses Verhalten für naiv oder dumm halten, ich bewundere Butterfly enorm!» Text: Juliane Luster KOPFENTSCHEIDUNG BAUCHGEFÜHL MUT


DAS THEATER DER BILDER

«BILDER SIND DA, UM IMMER WIEDER ENTDECKT ZU WERDEN»

Lukas Bärfuss, renommierter Schweizer Autor, hat im Rahmen von «Das Theater der Bilder» einen Text zu Gerhard Richters «Verkündigung nach Tizian» geschrieben. Josef Helfenstein, Direktor des Kunstmuseum Basel, überlässt dem Ensemble des Theater Basel ab dem 16. April 2019 die Räumlichkeiten seines Hauses. Beide sprachen mit Dramaturgin Carmen Bach über die Verbindung von Wort und Bild. Josef Helfenstein: Gerhard Richters «Tizian» hing ursprünglich an anderer Stelle im zweiten Stock, in der Moderne, bevor wir ihn nach Rücksprache mit Richter persönlich zu den alten Meistern gehängt haben, was ihn sehr gefreut hat. In einer bekannten Sammlung wie dieser fällt eine solche Veränderung natürlich sofort auf. Die Basler_innen sind treu, unsere Besucher_innen identifizieren sich mit dem Haus, was ich sehr wertvoll finde. Das ist aussergewöhnlich, wo ja heute alles so schnelllebig geworden ist. Wenn wir Bilder umhängen, erhalten wir viele Reaktionen: «Warum hängt das nicht mehr da  … ?» Die Leute schauen wirklich genau hin, bekommen jede Veränderung mit. Und das ist ja wirklich toll, das ist ein Dialog. Wir haben Besucher_innen, die immer wiederkommen und sehr an gewissen Kunstwerken hängen – und denen man dann auch sagen kann, dass wir ihre Meinung sehr schätzen. Aber wir möchten das, was sie so gut kennen, auch gerne mal in einem neuen Kontext zeigen. Richters «Tizian» war so ein Versuch. Wie waren die Reaktionen? Josef Helfenstein: Sehr positiv. Das hätte ich nicht erwartet – ich dachte eher, es würde als grosser Unterbruch bei den alten Meistern gesehen werden, aber das war überhaupt nicht der Fall. Lukas Bärfuss: Ich verstehe das gut. Die wichtigen Bilder in meinem Leben sind verbunden mit der Topografie des Raums, mit dem Ort, an dem sie sich befinden. Ich war vor anderthalb Jahren wieder einmal in der Accademia in Venedig, die da gerade renoviert wurde. Sie hatten das Gemälde «Die Bergung des Leichnams des heiligen Markus» von Tintoretto umhängen müssen, und es war, als würde ich das Bild zum ersten Mal sehen. Der Ort bestimmt alles, den gesamten Bildeindruck. Ich erinnere mich auch an das erste Mal, als ich im Prado Goyas Bild des halb versunkenen Hundes gesehen habe. Dieses Erlebnis ist eingebettet in den Weg zu diesem Bild hin, und in den Moment, als ich um die Ecke bog und vor diesem sterbenden Tier stand. Es ist entscheidend und für ein Museum und seine Besucher_innen identifikatorisch, wo die Bilder hängen.

Josef Helfenstein: Ihre Uminterpretation der «Verkündigung nach Tizian» finde ich beispielsweise wunderbar. Das kann ein Objekt im Museum auslösen. Diese mit einem Ort verbundene Wahrnehmung ist das, was das Kunstwerk ausmacht. Wie im Theater, wo das ausgesprochene Wort eine ganz andere Wirkung, einen viel stärkeren Effekt hat, als wenn man einfach einen Text liest. Was interessiert Sie als Museumsdirektor daran, Ihre Bilder zum Sprechen zu bringen? Josef Helfenstein: Bilder sind da, um immer wieder entdeckt zu werden, sie sind stumm und nicht einfach selbstverständlich. Motive wie diese religiöse Geschichte der unbefleckten Empfängnis bei Tizian beispielsweise sind heute keineswegs mehr allgemein bekannt. Aber gerade diese inhaltlichen Aspekte machen ja Gemälde oder Geschichten, die uns noch vor fünfzig Jahren sehr bekannt vorkamen, heute sehr exotisch. Und da kann Kunst etwas auslösen. Ein Rembrandt ist ja nur dann gut, wenn er uns heute immer noch interessiert. Oder wie im Fall Tizian/Richter/Bärfuss: Da kommt jemand und schreibt über diese Füsse des Engels, das ist doch wunderbar. Ich habe Literatur studiert, ich finde, Literatur ermöglicht einen ganz besonderen Zugang zur Kunst. Und insofern ist das für mich immer eine schöne Nachbarschaft gewesen, Literatur und bildende Kunst. Herr Bärfuss, der Tizian schmückt das Cover Ihres Essaybands «Stil und Moral» – was verbindet Sie mit der bildenden Kunst? Lukas Bärfuss: Malerei ist ein wichtiger Teil meines Lebens. Ich habe meine Kinder in alle Museen dieser Welt geschleppt. Das war zu Beginn nicht einfach, aber mittlerweile gehört es zu ihnen. Sie verbinden viele prägende Erfahrungen und Erinnerungen mit diesen Erlebnissen. Beispielsweise unser Besuch in den Uffizien in Florenz, das Bildnis «Judith und Holofernes» von Artemisia Gentileschi: eine grausame, wirklichkeitsnahe Darstellung einer Enthauptung. Wir waren gerade beim doch eher harmlosen Botticelli gewesen, und ich


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wusste nicht, wie ich die Kinder nun an diesem Massaker vorbeibringen sollte. Sie liessen sich aber nicht ablenken, und es entstand eine lange Diskussion über Gewalt und ihre Darstellung. Und im Kunsthistorischen Museum in Wien haben wir über Velázquez’ degenerierte Habsburger gelacht. Um auf die Frage nach der Verbindung von Wort und Bild zurückzukommen: Natürlich gibt es eine Konkurrenz. Zwischen Wort und Bild liegt etwas Unversöhnliches, etwas Unvereinbares. Eine Bildbeschreibung ist eine Eroberung, eine Prägung. Man liest das Bild, wie es nicht gelesen werden will. Die Suche nach der Erzählung in den Bildern, das ist das, wie Herr Helfenstein gesagt hat, was ein Bild in die Gegenwart holt. Das ist die Leistung des Betrachters, das Bild fordert dies nicht ein. Er muss es schütteln und mit Worten angreifen, ähnlich wie bei Träumen. Erst, wenn man sie erzählt, kann man sie deuten. Meine Erfahrung mit der «Verkündigung» Tizians in der Scuola Grande di San Rocco ist dafür ein gutes Beispiel. Ich verstand das Bild nicht, bevor ich es nicht erzählt hatte. Josef Helfenstein: Was ich an Ihrem Text toll finde: Sie machen genau das Gegenteil von dem, was Richter macht. Richter führt weg von der Erzählung, er vernichtet das Erzählerische im Bild und führt es an einen ganz anderen Ort. Aber das Bild wird nie vergessen. Sie entkleiden etwas an diesem Bild, Sie schlagen eine völlig neue Sichtweise, Leseweise vor, die mit Richters Interesse an Tizian überhaupt nichts zu tun hat. Das finde ich erfrischend und inspirierend. Das ist das Schöne an Literatur, sie muss und kann ja nicht das Gleiche tun wie die Malerei. Lukas Bärfuss: Ich bin vollkommen einverstanden, aber ich möchte trotzdem widersprechen. Richter braucht diese Folge, die Sequenz der fünf Bilder. Man kann es wie die allmähliche Überdeckung eines traumatischen

Erlebnisses lesen. Im letzten Bild ist vom Gewaltakt nichts mehr vorhanden. Ich habe das Gefühl, Richter wolle einen Schmerz verwandeln, eine Erinnerung, die er nicht mehr präsent haben will. Josef Helfenstein: Das würde Richter natürlich total ablehnen, aber das soll Sie nicht hindern. (Beide lachen.) Die Essenz des Dramas, das hier so schön verschleiert wird, kommt in der Folge eigentlich noch klarer zum Ausdruck. Richter sah den Tizian 1972 in Venedig und wollte das Original eigentlich ursprünglich nur für sich und sein Wohnzimmer kopieren. Er kaufte sich eine Postkarte, aus der Kopie wurde eine Übermalung. Herr Bärfuss, Sie als Schriftsteller wiederum überschreiben die Übermalung des Originals. Wenn man so eine Vorlage hat, wie fängt man da an? Wie Sie eben so schön gesagt haben, da fallen einem erst mal keine Worte ein, es sind Gefühle, Emotionen, die man damit verbindet. Wann und wie kommt dann die Geschichte dazu? Lukas Bärfuss: Indem man weglässt und versteht, worüber man nicht schreibt. In meinem Text ist es eine Erfahrung, die für das Verständnis von Tizians Gemälde entscheidend war und zwar die Begegnung mit einer anderen «Verkündigung», jener von Fra Angelico im Kloster San Marco in Florenz. Dieses Fresko ist von einer ungeheuren Intimität, man möchte sich als Betrachter abwenden. Zwei Personen in einem kostbaren, innigen Moment, an einem Ort, der während Jahrhunderten der Öffentlichkeit unzugänglich war. Ausser den Mönchen hat diese Fresken von Fra Angelico nie jemand zu Gesicht bekommen. Dasselbe Motiv, die Verkündigung, aber bei Tizian findet man eine völlig andere Interpretation. Bei ihm findet sich keine Innigkeit, eher ein Eindringen, eine Penetration. Seine «Verkündigung» ist nicht friedlich, und ohne Fra Angelico hätte


DAS THEATER DER BILDER

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ich die Brutalität in diesem Bild wahrscheinlich nicht gesehen. Es ist entscheidend, was ich an einer Erzählung weglasse, das verschwiegene, dialektische Gegenüber.

Holbein anschauen: Es gibt keine Darstellung des toten Christus, die so brutal und realistisch ist wie diese. Dostojewski hat fast einen epileptischen Anfall bekommen, als er vor diesem Bild stand. Ich finde es wunderbar, wenn Autoren die Geschichte des Bildes zum Anlass nehmen und thematisieren – und der Text dann trotzdem autonom ist vom Bild. Lukas Bärfuss: Ich bin überzeugt, dass die Aura eines Kunstwerks im Sinn von Walter Benjamin existiert. Alle Versuche, diese Idee in der Postmoderne zu zerstören, sind gescheitert. Die Fälscher sind die beste Affirmation dieser Aura. Ausser der Aura gibt es ja nichts zu fälschen. Josef Helfenstein: Man kann die Authentizität eines Künstlers mit grossartigen Fälschungen durchaus usurpieren. Lukas Bärfuss: Es ist sehr betrüblich, dass Betrüger und Fälscher mittlerweile der Kunstwelt die Moral erzählen wollen. Wie sich etwa Wolfgang Beltracchi als Nemesis des Kunstbetriebs präsentiert, das ist unerträglich. Das zeigt einen Zerfall in der Betrachtung der Kunst, eine kleinliche Häme, voller Ressentiments. Josef Helfenstein: Diesen Genuss, dass man jemanden hinters Licht geführt hat, den gab es schon immer. Ein Spiel mit der Virtuosität. Einige dieser Typen sind auch gut, aber einige sind auch einfach nur frustrierte Künstler, die gescheitert sind. Und die Medien sind verführbar, wenn etwas kurzfristig Aufmerksamkeit erregt. Dann hat man sofort die moralische Unterstützung der Frustrierten. Von denen gibts ja viele. Nicht nur in der Kunst.

Dann interessiert Sie an Bildern vor allem das, was dahintersteckt, die Historie? Woher kommt es, dass Ihnen der Ursprung des Bildes so wichtig ist? Sie könnten ja auch einfach drauflosfabulieren, hätten ja auch völlig frei eine Geschichte erfinden können  … Lukas Bärfuss: Das kann ich nicht, ich kann nichts erfinden, das ist mir nicht möglich. Ich kann nur beschreiben. Ich weiss nicht, was «erfinden» ist. Ich kann einen Bewusstseinszustand, einen Gedanken, einen Ort, einen Menschen beschreiben, aber erfinden ist mir bis heute irgendwie nicht gelungen. Es ist viel grundsätzlicher. Ich reagiere affektiv auf Bilder. Ich war jahrelang verliebt in das Porträt der Grace Dalrymple Elliott von Thomas Gainsborough, das im Metropolitan Museum hängt. Gehen Sie Gemälde mehrmals anschauen? Lukas Bärfuss: Bei jeder Gelegenheit. Und stellt sich dabei immer wieder dasselbe Gefühl ein oder ändert sich dieses? Lukas Bärfuss: Die Erinnerung an ein Gefühl stellt sich natürlich ein, aber man verändert sich, und die Reisen sind anders … Josef Helfenstein: … die Gefühlszustände ändern sich ... Lukas Bärfuss: … absolut! Das Bild wird ein Teil der inneren Biografie. Obwohl natürlich jedes Bild lügt und gerade dadurch eine unangenehme Wahrheit enthüllt. Josef Helfenstein: Sie sagen, es sei eine Lüge, aber es wurden durchaus Dinge zugleich auch sehr wahr abgebildet, ohne Beschönigungen. Diese Ungeschminktheit ist natürlich das, was grosse Kunst auszeichnet. Wir können uns gleich auch noch den «Christus» von

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus einem längeren Gespräch. Text: Carmen Bach


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KOPFENTSCHEIDUNG BAUCHGEFÜHL KUNSTGENUSS

DAS THEATER DER BILDER Theaterparcours mit neuen Texten zu Werken der Sammlung des Kunstmuseums Basel Uraufführungen/Auftragswerke 16. April 2019 Kunstmuseum Basel I Hauptbau Weitere Vorstellungen MI 17., SA 27. & SO 28. April 2019, jeweils 20, 20.30, 21, 21.30 & 22 Uhr

Die bildenden Künste mit Sprache und theatraler Darstellung zu vereinen – das ist der Gedanke eines gemeinsamen Projekts von Theater Basel und Kunstmuseum Basel. Es wurden über zwanzig renommierte Schriftsteller_innen und Drama­tiker_innen eingeladen, über ein von ihnen ausgewähltes Werk aus der Sammlung nachzudenken. Entstanden sind Gespräche und Überlegungen, Miniaturen und Anekdoten, Bildbetrachtungen aus unterschiedlichen Perspektiven und Blickwinkeln, unterhaltsam wie nachdenklich, heutig wie historisch, realistisch wie fantastisch. Geschichten, die etwas über die Wirkung von Werken der bildenden Kunst erzählen, aber natürlich auch etwas über die individuelle und assoziative Betrachtungsweise der jeweiligen Autorin, des jeweiligen Autors. Abends, wenn sich die Türen für die Besucher_innen schliessen, wird das Museum zur Bühne, die Schauspieler_innen des Ensembles erwecken die Ausstellungsräume zum Leben.

INSZENIERUNG Daniela Kranz AUSSTATTUNG Marion Menziger KOSTÜME Jorina Weiss KURATOR PROGRAMME KUNSTMUSEUM BASEL Daniel Kurjaković

MIT Mario Fuchs, Vincent Glander, Franziska Hackl, Pia Händler, Urs Peter Halter, Steffen Höld, Barbara Horvath, Martin Hug, Nicola Kirsch, Florian von Manteuffel, Nicola Mastroberardino, Thomas Reisinger, Lisa Stiegler, Cathrin Störmer, Thiemo Strutzenberger, Michael Wächter, Leonie Merlin Young Statisterie des Theater Basel Eine Koproduktion des Theater Basel mit dem Kunstmuseum Basel

MIT TEXTEN VON Lukas Bärfuss, Sacha Batthyany, Irena Brežná, Elisabeth Bronfen, Martina Clavadetscher, Rolf Dobelli, Dorothee Elmiger, Reto Finger, Nora Gomringer, Erwin Koch, Joël László, Charles Lewinsky, Lukas Linder, Philipp Löhle, Urs Mannhart, Milena Moser, Ewald Palmetshofer, Monique Schwitter, Darja Stocker, Thiemo Strutzenberger, Alain Claude Sulzer, Patrick Tschan, Theresia Walser


RADIO REQUIEM

BITTE STEHEN LASSEN!

Im Frühjahr übersiedelt SRF Schweizer Radio und Fernsehen vom Studio Basel im Bruderholz in den Neubau am Bahnhof SBB. Der Hausregisseur Thom Luz begibt sich im leer stehenden Gebäude auf die Suche nach den zurückgebliebenen Gespenstern aus knapp achtzig Jahren Radio- und Hörspielgeschichte in der Novarastrasse. Während er das Gebäude für das Stück mit Schauspieler_innnen und Musiker_innen besetzen wird, ist er zurzeit bereits mit Beat Weissenberger von der Theatertechnik, der Ausstatterin Anne Wallucks, dem Videokünstler Jonas Alsleben und dem Regieassistenten Timon Jansen im Gebäude unterwegs, um die Produktion zu planen – und die schönsten Fundstücke vor dem Müllschlucker zu bewahren.

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RADIO REQUIEM Eine Installation von Thom Luz Uraufführung 29. Mai 2019 Ehemalige Radiostudios im Bruderholz

KOPFENTSCHEIDUNG BAUCHGEFÜHL ON AIR


THE COMEDY OF ERROR(Z)

WER BIN ICH – UND WENN JA, WIE VIELE?

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Das Ballett «The Comedy of Error(z)» von Ballettdirektor Richard Wherlock nach William Shakespeare ist ein verwirrendes Verwechslungsspiel um zwei Zwillingspaare, die sich nach jahrelanger Trennung wieder über den Weg laufen.

DAS STÜCK Egeon, ein Kaufmann aus Syrakus, kommt nach Ephesus, um seinen verlorenen Sohn zu suchen. Der ist ein Zwilling und verschwand als Kind bei einem Schiffbruch auf hoher See gemeinsam mit seiner Mutter und einem zweiten Zwillingsknaben namens Dromio. Die Anwesenheit Egeons auf Ephesus ist jedoch rechtswidrig, hat er doch keine Aufenthaltsbewilligung für diese schöne Stadt und wird stracks verhaftet. Kaum volljährig geworden, hatte nun auch der mit Egeon gerettete Zwillingssohn in Syrakus darauf bestanden, sich mit seinem Freund Dromio auf die Suche nach dem Bruder und der Mutter zu machen. Die Spur führt nach Ephesus. Wie es die Komödie will, sind nun beide Zwillingsbrüder mit beiden Freunden, die ebenfalls Zwillinge sind, auf der Insel, und dort müssen die Neuankömmlinge die verwirrende Erfahrung machen, in einer fremden Stadt scheinbar jedermann bekannt zu sein. Der Antipholus, der erst seit wenigen Stunden auf der Insel weilt, versteht nicht, dass jeder ihn kennt, grüsst und beschenkt – und dass er darum gebeten wird, seinen ehelichen Pflichten nachzukommen, wo er doch gar nicht verheiratet ist. Hingegen wundert sich der andere Antipholus, der am Ort seit Jahren ansässig ist, warum ihm sein Heim verweigert wird, man Schulden bei ihm einfordert, die er nicht gemacht hat, und ihm plötzlich so manch anderes Ungemach widerfährt.

DAS BALLETT Shakespeares «Komödie der Irrungen» als Ballettabend? Das scheint im ersten Moment eine ungewöhnliche Kombination. Richard Wherlock hat das Shakespeare-Stück für sein neues Ballett einer zeitgenössischen Umschreibung und Neuinterpretation unterzogen und es unserer heutigen Lebenswirklichkeit nähergebracht. Sein Ephesus ist die golden glänzende reiche Welt, in die zwei Fremde auf der Suche nach ihrer Familie gespült werden. Verwirrung und Missverständnisse bleiben auch hier nicht aus. Wherlock choreografiert die irrwitzige Verwechslungskomödie zur treibend-pulsierenden Musikpartitur des Musikers und Komponisten Antony Genn, der Mitglied der Rockbands Pulp und Elastica war und u. a. die Musik zur erfolgreichen englischen TV-Serie «Peaky Blinders» geschaffen hat.


SKULPTURALE VOLUMEN UND ABGESTREIFTE SCHLANGENHAUT

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Interview mit der Modedesignerin Catherine Brickhill Für das Ballett «The Comedy of Error(z)» arbeitet Richard Wherlock zum ersten Mal mit der Modedesignerin Catherine Brickhill zusammen. Die Figurinen und Kostümentwürfe auf diesen Seiten stammen von der Britin, die noch während ihrer Masterpräsentation 1995 an der berühmten Modeschule Central Saint Martins in London vom legendären Designer Alexander McQueen entdeckt wurde, der sie als erste Designerin für sein eigenes Modestudio auswählte. In den nächsten fünf Jahren arbeitete sie mit McQueen zusammen und erhielt von ihm den Spitznamen «Die Lederkönigin». Heute lebt und arbeitet Catherine Brickhill in Paris, wo sie für französische Modehäuser wie Givenchy und Montana arbeitet. Im Jahr 2004 brachte sie ihre eigene Kollektion auf der Paris Fashion Week auf den Markt. Sie ist ausserdem beteiligt an verschiedenen Projekten zeitgenössischer Marken wie John Richmond, Barbara Bui und dem italienischen Luxuslabel Haute, wo sie als Co-Creative Director tätig war. Zuletzt entwickelte sie die Ready-to-wear-Kollektion für das Label ASH, bei dem sie als Artistic Director mitwirkte. Seit über zwanzig Jahren bist du in der Modebranche tätig und kreierst jetzt zum ersten Mal Kostüme für ein Ballett. Was sind deine ersten Eindrücke von dieser Art von Arbeit? Das Entwerfen der Kostüme für ein Ballett ist für mich ein ganz neuer Ansatz, der es mir ermöglicht, die Perspektive zu wechseln und die Funktionalität von Kleidung in einem kreativ unbegrenzten Rahmen neu zu sehen. Meine Inspiration hierfür ziehe ich aus einer Reihe von Themen, darunter Musik, Kunst und auch Anthropologie. Trotzdem bleiben für mich meine «Designwerte», wie ich sie nenne, auch bei Kostümen für ein Ballett gleich: Instinkt, Neugier und Erfindungsreichtum.

Ein Kostüm für eine Tänzerin oder einen Tänzer in einem Handlungsballett muss sowohl der Rolle gerecht werden als auch maximale Bewegungsfreiheit lassen. War das eine besondere Herausforderung für dich? Obwohl ich in meiner Arbeit als Modedesignerin immer gern eine gewisse Bewegungsfreiheit schaffe, brauchte ich nun beim Kreieren der Kostüme für die spezielle Physis der Tänzerinnen und Tänzer und ihren äusserst extremen körperlichen Ausdrucksbereich einen völlig neuen Ansatz. Mein Ausgangspunkt war diesmal die Idee einer Schlange, die sich aus ihrer Haut schält. Das Häuten einer Schlange, das klingt, als würden die Kostüme die Bewegungen mittanzen oder sogar ein Eigenleben entwickeln. Ja, es sind Kleidungsstücke, die – halb übergeworfen, fliessend und fast schwebend, dekonstruiert wie abgestreifte Schuppenhaut, um den Körper geschlungen – mit minimalem Bewegungsaufwand skulpturale Volumen erzeugen und die Tänzerinnen und Tänzer gleichzeitig von den Einschränkungen normaler Kleidung befreien. Die Kostüme sind für mich fast eher Accessoires, die mit Riemen am Körper befestigt sind, als normale Kleidungsstücke. Welchen Einfluss hatte Shakespeares Geschichte auf deine Entwürfe? Das Konzept verschmolz mit dem dystopischen Hintergrund der Geschichte, der ominösen Musik und der Tatsache, dass die Tänzerinnen und Tänzer die Bühne während des Stücks nicht verlassen, was zur Entwicklung von abgekürzten, vielseitigen, reversiblen Kleidungsstücken führte. Das Schlüsselstück ist eine Weste, die, wenn sie verkehrt herum getragen wird, ein Kragen, eine Schwimmweste, ein Schutz oder auch ein avantgardistisches Modedetail sein kann.

Gab es Zwänge, denen du deine Entwürfe unterordnen musstest? Nein, im Gegenteil. Als Designerin empfand ich den kreativen Prozess fast als befreiend, da ich eine völlig neue konzeptuelle Abkürzungssprache erkunden konnte. Das Interview führte Bettina Fischer. THE COMEDY OF ERROR(Z) Ballett von Richard Wherlock nach William Shakespeare Musik von Antony Genn und Martin Slattery Uraufführung/Auftragswerk 3. Mai 2019 Grosse Bühne CHOREOGRAFIE Richard Wherlock MUSIKALISCHE LEITUNG Thomas Herzog BÜHNE Bruce French KOSTÜME Catherine Brickhill LICHT Yaron Abulafia MIT Carina Braunschmidt und dem Ensemble des Ballett Theater Basel Es spielt das Sinfonie­ orchester Basel. Partner des Ballett Theater Basel:


DIE DREI MUSKETIERE

MODETIPP:

Das nicht mehr ganz so junge Jahr ist im Zeichen der Musketiere gestartet, was für die Männermode bedeutet: ganz oder gar nicht! Für besonderes Aufsehen sorgt ihr, wenn ihr diese Outfits gemeinsam im Boyband-Style tragt. Von Kopf bis Fuss kommt es vor allem auf die kleinen Details an: Mit der phallischen Feder am Hut könnt ihr ganz dezent eure Potenz zur Schau tragen und mit ausladender Geste den Hut zur tiefen Verneigung lüpfen, um nach guter alter Schule den Damen den Hof zu machen. Overknees machen nicht nur Damenbeine zum absoluten Hingucker, sondern schützen bei echten Kerlen zusätzlich vor unschönen Flecken auf dem coolen Dress, wenn ihr euch mal wieder ordentlich auf dem schlammigen Schlachtfeld verausgabt. Eure Wäschefrauen werden es euch danken. Der Anzug wird in zarten Pastelltönen von elegantem Blau bis Grau getragen – oder für die Mutigeren, Originelleren unter euch in leuchtendem, fröhlichem Gelb. Die Rhomben, fälschlicherweise oft verwechselt mit banalen Flicken, stechen als handgearbeitete Details besonders ins Auge und machen den Look erst perfekt. Dazu trägt man passende Spitzenkragen und Spitzenmanschetten in unschuldigem Weiss, denn der feine Herr von Welt hat kein Problem damit, neben seinem harten Alltag auf dem Schlachtfeld auch mal seine feminine, verspielte Seite zu zeigen. Degen und Dolch dürfen natürlich nicht fehlen, runden das Trendsetter-Outfit wunderbar ab und sind der Beweis dafür, dass es auch 2019 noch echte Männer gibt, die bereit sind, ihre Ehre bis aufs Blut zu verteidigen. En garde!

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KINDERRÄTSEL VORHANG AUF FÜR DAS «THEATER-SUCHSEL» OJE – DIE WORTE HABEN SICH ALLE DURCHMISCHT. FINDEST DU ALLE VERSTECKTEN ANTWORTEN, DIE ZU DEN FRAGEN PASSEN?

Die allererste Aufführung eines neu geprobten Stücks nennt man eine …

Wenn man mehr über ein Stück wissen will, liest man am besten nach im …

Eine Gruppe, in der viele Personen gemeinsam singen, heisst …

Vergisst eine Schauspielerin einmal ihren Text, wird er ihr wieder eingesagt vom …

Beim Einlass muss man etwas vorzeigen, das man zuvor gekauft hat, ein …

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Bekommt man für seine Rolle neue Haare aufgesetzt, so nennt man das eine …

Beleuchtung und Licht sind im Theater sehr wichtig, dafür hängen auf unserer Grossen Bühne 420 strahlende …

Wünscht man sich vor einer Aufführung «Hals und Beinbruch», so spuckt man sich über die Schulter und sagt …

Ein Gegenstand, den man während einer Aufführung auf der Bühne verwendet, heisst …

Am Theater Basel gibt es Oper, Schauspiel und …

Sänger singen Tenor, Bariton oder Bass. Sängerinnen singen Alt, Mezzosopran oder …

Die «Bretter, die die Welt bedeuten», befinden sich auf der …

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YERMA – DAMALS WIE HEUTE

Ein Gespräch mit der slowenischen Regisseurin Mateja Koležnik, die als Meisterin des Weglassens und Versteckens gilt und sich mit Federico García Lorcas «Yerma» erstmals dem Schweizer Publikum vorstellt. Du inszenierst zum ersten Mal am Theater Basel, hast aber vor Jahren schon einmal hier gelebt. Wie fühlt sich diese Rückkehr an? Was verbindet dich mit Basel, und worauf freust du dich am meisten? Damals war ich wegen der Arbeit meines Mannes hier, ich war die Frau des Maestros – mein Ehemann Marko Letonja war von 2003 bis 2006 Chefdirigent und Musikdirektor des Sinfonieorchesters und des Theater Basel. Es ist schön, dass ich jetzt wegen meiner eigenen Arbeit nach Basel zurückkehre, um hier als Regisseurin ein Stück zu inszenieren. Am meisten freue ich mich auf die Arbeit mit den Schauspielerinnen und Schauspielern des Basler Ensembles. Und abseits des Theaters erinnere ich mich sehr gut und gerne an die Delikatessenabteilung bei Globus. Mit «Yerma», das 1934 uraufgeführt wurde, bringst du erstmals ein Stück des spanischen Autors Federico García Lorca auf die Bühne. Was erzählt es fünfundachtzig Jahre später über unsere Zeit? Ich glaube grundsätzlich, dass jedes Stück, das wir heute spielen, etwas mit unserer Zeit zu tun haben muss, sonst würde es schlichtweg nicht mehr auf den Spielplänen auftauchen. Auch heute lastet viel Druck von innen und aussen auf einer Frau, die einen unerfüllten Kinderwunsch hat. Dies kann sich zu einer Art Obsession entwickeln – bis sich alles nur noch um diesen unerfüllten Wunsch dreht. Eine Differenzierung, ob es sich dabei wirklich um einen eigenen Wunsch handelt oder ob sich darin nur die Erwartungen der Gesellschaft spiegeln, ist nicht mehr möglich. Auch für ein Paar ist es schwierig, die nicht selbst gewählte Kinderlosigkeit zu akzeptieren, und früher oder später wird immer nach dem oder der «Schuldigen» gesucht. Lorca war in den 1930er-Jahren Leiter der von Studenten aus Madrid gegründeten Wanderbühne «La Barraca», deren Ziel es war, das Theater aufs Land zu bringen und die Menschen dort durch kritische Stücke aufzuklä-

ren. Mit «Yerma» wollte er die Auswirkungen gesellschaftlicher Konventionen auf Individuen aufzeigen und prangerte gleichzeitig die untergeordnete Rolle der Frau in der Gesellschaft an. In kleinbürgerlichen Milieus ist die ideale Frau auch heute noch eine Hausfrau und fürsorgliche Mutter. Da kann ich viele Parallelen zwischen «Yerma 1934» und «Yerma 2019» erkennen, auch wenn sich durch technische Fortschritte das alltägliche Leben natürlich verändert hat. Und wie siehst du Yerma? Ist sie für dich nur ein Opfer unserer Gesellschaft oder eine kaltblütige Mörderin? Ich glaube, dass wir heute vielfach nach einem Sinn im Leben suchen, weil wir uns leer fühlen. Es wird erwartet, dass wir stets glücklich sind. Und während wir vermeintlich nach diesem Glück streben, streben wir eigentlich nach Geld. Yerma hat sich bewusst dazu entschieden, einen Mann zu heiraten, den sie nicht liebt, der ihr aber zu Geld und einem besseren Leben verhelfen soll – das hat sie ins Unglück geführt. Sie erhofft sich, durch die Geburt eines Kindes diese innere Leere ausfüllen zu können. Das ist ein sehr egoistischer Gedanke, der aber dem Druck der Gesellschaft geschuldet ist. Du bist Slowenin und hast 2012 in Chemnitz erstmals im deutschsprachigen Raum inszeniert. Wie unterscheidet sich deine Arbeit als Regisseurin, wenn du in einer anderen Sprache als in deiner Muttersprache arbeitest? Ich spreche bei den Proben in allen Sprachen, die ich irgendwie sprechen kann: Slowenisch, Englisch, Deutsch … Ich arbeite aber immer mit einer Dolmetscherin, sonst würde die Hälfte wohl irgendwo im Übersetzungschaos verloren gehen und zwar nicht unbedingt wegen der Sprache, sondern wegen der unterschiedlichen Referenzen. Weil ich in Slowenien aufgewachsen bin, habe ich eine andere kulturelle Prägung. Vieles, was in Slowenien zur Allgemeinbildung gehört,


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YERMA

kennt im deutschsprachigen Raum niemand, und umgekehrt – oder es wird ganz anders wahrgenommen und interpretiert. Unterscheiden sich deutschsprachige Schauspieler_innen in ihrer Art zu spielen von den slowenischen? In Slowenien konzentrieren wir uns viel mehr darauf, was wir beim Erzählen einer Geschichte empfinden, anstatt darauf, achtzugeben, was wir aus dem Gesehenen lernen können. Deine Inszenierungen machen den Eindruck, als wären sie aus einem Guss. Das Bühnenbild, die Kostüme, die Musik fügen sich perfekt zu einem Ganzen zusammen. Wie sieht die Zusammenarbeit mit deinem künstlerischen Team aus? Wir diskutieren, streiten, machen Witze … Mit einigen verbindet mich bereits eine dreissigjährige Arbeitsbeziehung. Wir kennen uns eigentlich so gut, dass wir oft schon die Gedanken der anderen kennen, ohne dass sie etwas sagen müssen. Das bedeutet aber auch, dass es nicht mehr so viele Überraschungen gibt. Das ist manchmal anstrengend, trotzdem kann ich mir aber kein anderes Team vorstellen. Da wir die meiste Zeit irgendwo fern von Zuhause arbeiten, ist es schön, dass man eine Art «Familie» hat, mit allen Vor- und Nachteilen – manchmal fühlt es sich halt auch an wie eine schlechte Ehe. Ich glaube, dass ein_e Regisseur_in nur so stark sein kann wie das Team drum herum. Deswegen habe ich mir Leute gesucht, die sehr viel von ihrem Beruf verstehen.

YERMA Schauspiel von Federico García Lorca Deutsch von Susanne Lange Premiere 11. April 2019 Kleine Bühne INSZENIERUNG Mateja Koležnik BÜHNE Raimund Orfeo Voigt

Du giltst als Meisterin der Verdichtung – keine deiner Inszenierungen hat bisher länger als zwei Stunden gedauert. Woher kommt dein Bestreben, möglichst schnell auf den Punkt zu kommen? Ich bin Kettenraucherin … Interview: Sabine Egli KOPFENTSCHEIDUNG BAUCHGEFÜHL OBSESSION

KOSTÜME Alan Hranitelj KOMPOSITION Malte Preuss CHOREOGRAFIE Matija Ferlin MIT Liliane Amuat, Chantal Dubs, Steffi Friis, Evelyne Gugolz, Florian von Manteuffel, Myriam Schröder, Cathrin Störmer, Simon Zagermann Statisterie des Theater Basel


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WELCHES STÜCK PASST ZU DIR?

Die Hälfte meiner Familie ist leider verschollen ...

Herrscht in deiner Familie immer Drama?

Ja, stimmt genau, weil mein Bruder schon immer bevorzugt wurde! THE COMEDY OF ERROR(Z)

Nein, bei uns ist immer alles harmonisch.

DIE RÄUBER

Nur in meinem Kopf.

Ja – aber wir reden nicht darüber.

YERMA

Verreist du gern?

Nicht allzu weit weg.

Ja, los gehts!

DAS THEATER DER BILDER

Wohin soll es gehen?

Zum Beispiel an den Genfersee?

Oh ja, wie schön! Ein Ausflug zur Villa Diodati. Weit weg in exotische Länder!

MADAMA BUTTERFLY

Auf ins sonnige Karthago! Oder halt – wurde das bereits zerstört?

DIODATI. UNENDLICH

Nein, ich bleibe lieber in Basel und spaziere durch das Bruderholz.

DIDONE ABBANDONATA RADIO REQUIEM


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SPUK IN DER VILLA STERN

Opernsängerin Noëmi Nadelmann und Chansonnier Michael von der Heide tanzen vor glitzernder Kulisse in den Abend des von ihnen ausgerichteten Kostümfests. Doch der argwöhnische Blick von Ensemblemitglied Karl-Heinz Brandt, hier in Gestalt der Immobilienmaklerin Sandrine Chandelier im Hintergrund, deutet es schon an: Etwas stimmt ganz und gar nicht in der Villa Stern … Das nächste Mal erleben können Sie «Spuk in der Villa Stern» von David Gieselmann, frei nach der Revue von Friedrich Hollaender, am DI 2. April 2019 um 19.30 Uhr auf der Grossen Bühne.

PREISRÄTSEL

Wie heisst der Kinostar, der mit Songs von Friedrich Hollaender weltberühmt wurde? A)  Hildegard Knef B)  Barbra Streisand C)  Marlene Dietrich

Senden Sie Ihre Antwort bis DO 28. März 2019 an kommunikation@theater-basel.ch und gewinnen Sie für die Vorstellungen am 10. & 14. April jeweils 3 x 2 Eintrittskarten.


HAUSBESUCH

HAUSBESUCH BEI DANIELA DOLCI, MUSIKALISCHE LEITERIN DER OPER «DIDONE ABBANDONATA» Der Besuch bei Daniela Dolci in ihrem Haus in Oberwil kam ganz spontan zustande: Man könne einfach bei ihr vorbeikommen, sie sei am Lesen für die Uni und eh zuhause. Diese Spontaneität passt zu Daniela Dolci. Sie packt an, privat wie beruflich. Die gebürtige Sizilianerin lebt seit über vierzig Jahren in Basel. Damals kam sie hierher, um an der Schola Cantorum Basiliensis zu studieren. Der Liebe ist es zu verdanken, dass sie letztendlich geblieben ist. Mutter von drei Töchtern, ist sie Leiterin der Musica Fiorita, eines Musikensembles, das sich auf den Barock spezialisiert hat. Bald dreissig Jahre gibt es das Ensemble, das schon auf der ganzen Welt aufgetreten ist. Die Musiker_innen spielen Vivaldi, Händel oder Bach, am liebsten jedoch Musik, die keiner kennt. Im wahrsten Sinne des Wortes: Bis heute durchstöbert Dolci leidenschaftlich Notenarchive nach bisher noch unbekannten Werken und bringt diese zur Aufführung.

Zum Schwingen will sie auch die Musik am Theater Basel bringen. Dort wird Daniela Dolci ab dem 7. Juni mit der Musica Fiorita zu hören sein. Es ist das erste Mal am Theater Basel, sie betritt quasi Neuland. Das Stück musste immerhin nicht ausgegraben werden, es ist schon vorhanden: Es handelt sich um die barocke Oper «Didone abbandonata» (1763) des Italieners Niccolò Jommelli. Zwar gibt es eine CD-Aufnahme des Werks, aufgeführt wurde diese «Didone» in jüngerer Zeit jedoch nicht. Eine szenische Rarität also. Neugierig ist Dolci vor allem auf die Zusammenarbeit mit der Regisseurin Lotte de Beer und dem Bühnenbildner Christoph Hetzer. Da alte Instrumente im Vergleich zu modernen ihren Klang anders entfalten, erfordern sie einen speziellen Bühnenaufbau. Für die Inszenierung wurde aber eine perfekte Lösung gefunden – bühnentechnisch nicht alltäglich, für die Oper aber ideal. Das Publikum darf gespannt sein!

Dolcis Liebe zu Raritäten ist übrigens auch in jeder Ecke ihres Hauses zu spüren. Überall stehen oder hängen Musikinstrumente, die nicht unbedingt alltäglich sind. Vor allem ihre Sammlung von Cembali – das Tasteninstrument des Barocks – ist beeindruckend. Zwinkernd wirft sie ein, man möge den italienischen Pizzasteinofen im Garten ebenfalls würdigen. Oder das Cello mit den integrierten Weinhalterungen. Highlight des Hauses ist jedoch das grosszügig angelegte Musikzimmer mit Blick ins Grüne. Von einem Akustikfachmann konzipiert, bringt es durch seine rechteckige Form, den harten Boden, die weiche Decke und die porösen Wände die Musik optimal zum Schwingen, was Dolci mit einer Kostprobe am Cembalo auch sofort unter Beweis stellt.

Zum Abschied gibt es noch ein paar Lieblingsstellen aus der «Didone», dann geht es zurück zu den Büchern.

DIDONE ABBANDONATA Opera seria in drei Akten von Niccolò Jommelli Libretto von Pietro Metastasio In italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln Premiere 7. Juni 2019 Grosse Bühne MUSIKALISCHE LEITUNG Daniela Dolci INSZENIERUNG Lotte de Beer BÜHNE UND KOSTÜME Christof Hetzer LICHT Roland Edrich CHOR Michael Clark

KOPFENTSCHEIDUNG BAUCHGEFÜHL BEZIEHUNGSDRAMA

MIT Nicole Heaston (Didone), Vince Yi (Enea), Hyunjai Marco Lee (Iarba, Nettuno), Sarah Brady (Selene), Luigi Schifano (Araspe), Ena Pongrac (Osmida) Es spielt das Barock­ ensemble Musica Fiorita.


HAUSBESUCH

«Didone abbandonata»: Aeneas ist nach der Zerstörung Trojas auf der Flucht. Nach einem Meeressturm landet er an der Küste Karthagos, wo er von der Königin Dido aufgenommen wird. Die beiden verlieben sich ineinander, doch kurz vor der Hochzeit verlässt Aeneas Dido – scheinbar aus heiterem Himmel. Mit verheerenden Konsequenzen …

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DIE BLÄTTER, DIE DIE WELT BEDEUTEN.

Vegetarian & Vegan Restaurant Bar Take Away Catering Stänzlergasse 4, 4051 Basel www.tibits.ch |

AB NG F RÜ H L I M AU C H I L I! E D N U G


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