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I AM WHAT I AM
LIEBE LESERINNEN UND LESER «I am what I am!» Das ist nicht nur das Motto unseres aktu ellen Theaterjournals, sondern auch der wohl bekannteste Hit aus «Ein Käfig voller Narren», der neuen Musicalproduk tion des Theater Basel. Es ist ein flammender Appell, zu sein, wer man wirklich ist – ohne Entschuldigungen und ohne das Gefühl, sich permanent verbiegen zu müssen. Ein Aufruf zu Mut, Toleranz und Individualität. In vielen unserer kommen den Produktionen ist diese Suche nach dem eigenen, unver wechselbaren Ich das grosse Thema. Anfang des Jahres wird der britische Erfolgsregisseur Robert Icke, der zum ersten Mal in der Schweiz arbeitet, in «Hexenjagd» untersu chen, was passiert, wenn eine Gesellschaft die Grenzen von Respekt und Toleranz sprengt. Ein vielfältiges Spektrum an Individuen auf der Suche nach Sinn und Glück bietet Simon Stones Inszenierung «Hotel Strindberg» auf. Die Koproduk tion mit dem Burgtheater Wien wurde gerade eben in zwei Kategorien mit dem begehrten Theaterpreis NESTROY aus gezeichnet. Im Musiktheater gehen Michael Wertmüller und Dea Loher in der Uraufführung ihrer Oper «Diodati. Unend lich», ausgehend von einem historischen Treffen sehr unter schiedlicher, britischer Schriftsteller_innen in der Villa Diodati am Genfersee, den Fragestellungen von Freiheit und Individualität in einer Welt, die aus dem Gleichgewicht gera ten zu sein scheint nach. Ob in St. Tropez, Skandinavien oder Genf – bleiben Sie, wie Sie sind: neugierig und wage mutig. Wir bleiben das auch. Herzlich, Ihre Claudia Brier
Adressen und Kontakte: INTENDANT Andreas Beck | VERWALTUNGSDIREKTORIN Danièle Gross | REDAKTION Dramaturgie und Öffentlich keitsarbeit, Junges Haus und Betriebsdirektion | GESTAL TUNG Perndl+Co | ILLUSTRATI ONEN Perndl+Co; Alexander Neubauer S. 15 | FOTO NACHWEISE Cover: Perndl+Co; Reinhard Werner S. 3, S. 10, S. 16 + 17; Lucian Hunziker S. 6 + 7, S. 14, S. 22 + 23; Birgit Hupfeld S. 9; Manuel Harlan S. 12; Carmen Bach S. 18; Sand ra Then S. 19; Privat S. 20; Kim Culetto S. 21; Priska Ketterer S. 21, S. 27 BILLETTKASSE Telefon +41 (0)61 295 11 33; www.theater-basel.ch | ÖFFNUNGSZEITEN DER BILLETTKASSE Theaterplatz: Mo–Sa, 11–19 Uhr
Die Abendkasse öffnet eine Stunde vor Vorstellungsbeginn. Vorverkauf auch über Kulturbüro Riehen, Baselstrasse 43 | Kantonsbibliothek Baselland Liestal, Emma Herwegh-Platz 4 | Aktuelle Spielplaninformationen www.theater-basel.ch – Änderungen vorbehalten | Theater Basel, Postfach, CH-4010 Basel | Grosse Bühne, Kleine Bühne, Nachtcafé / Box: Theaterstrasse 7, 4051 Basel | Schauspielhaus: Steinentorstrasse 7, 4051 Basel Partner des Ballett Theater Basel: Medienpartner: Eine Beilage der bz Basel.
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ÜBERSICHT
NOVEMBER BIS FEBRUAR
Das nächste Theaterjournal erscheint am 20. März 2019! 28. NOVEMBER 2018
22. DEZEMBER 2018
Ballett von Richard Wherlock AUFTRAGSWERK/WIEDERAUFNAHME GROSSE BÜHNE
Aufführung der Ballettschule Theater Basel GROSSE BÜHNE
30. NOVEMBER 2018
1. JANUAR 2019
Schauspiel nach dem gleichnamigen Roman von Cornelia Funke Inszenierung Daniela Kranz PREMIERE KLEINE BÜHNE
LUDWIG VAN BEETHOVEN «SINFONIE NR. 9 D-MOLL OP. 125»
DER NUSSKNACKER
TEWJE
NEUJAHRSKONZERT
HERR DER DIEBE
2. DEZEMBER 2018
JOHN GABRIEL BORKMAN
Eine Kooperation von Theater Basel und Sinfonieorchester Basel
Inszenierung Simon Stone WIEDERAUFNAHME GROSSE BÜHNE
11. JANUAR 2019
14. DEZEMBER 2018
EIN KÄFIG VOLLER NARREN (LA CAGE AUX FOLLES) Musical von Jerry Herman und Harvey Fierstein Musikalische Leitung Thomas Wise Inszenierung Martin G. Berger PREMIERE GROSSE BÜHNE
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Musikalische Leitung Ivor Bolton Mit Federica Lombardi, Rolf Romei, Kristina Stanek, Callum Thorpe Chor und Extrachor des Theater Basel Es spielt das Sinfonieorchester Basel. GROSSE BÜHNE
HEXENJAGD Schauspiel von Arthur Miller Inszenierung Robert Icke PREMIERE SCHAUSPIELHAUS 16. JANUAR 2019
HOTEL STRINDBERG 10/11
15. DEZEMBER 2018
DER MESSIAS Weihnachtsfarce von Patrick Barlow Inszenierung Nikola Weisse WIEDERAUFNAHME SCHAUSPIELHAUS
Schauspiel von Simon Stone nach August Strindberg Inszenierung Simon Stone URAUFFÜHRUNG/AUFTRAGSWERK GROSSE BÜHNE Eine Koproduktion von Burgtheater Wien und Theater Basel
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ÜBERSICHT
22/23 26. JANUAR 2019
SPUK IN DER VILLA STERN
14. FEBRUAR 2019
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Von David Gieselmann, frei nach der Revue von Friedrich Hollaender Musikalische Leitung Kai Tietje Regie Christian Brey URAUFFÜHRUNG/AUFTRAGSWERK GROSSE BÜHNE 2. FEBRUAR 2019
DIE DREI MUSKETIERE Nach Alexandre Dumas. In einer Fassung von Antonio Latella und Federico Bellini Inszenierung Antonio Latella PREMIERE KLEINE BÜHNE 8. FEBRUAR 2019
DER KAISER VON ATLANTIS ODER DIE TODVERWEIGERUNG Kammeroper von Viktor Ullmann Musikalische Leitung Stephen Delaney Inszenierung Katrin Hammerl Eine Produktion von OperAvenir in Zusam menarbeit mit der Hochschule für Musik Basel FHNW/Musik-Akademie Basel. PREMIERE 14/15 FOYER GROSSE BÜHNE OperAvenir mit freundlicher Unterstüt zung: HEIVISCH, HIAG Immobilien, Julius Bär, Novartis
THOMAS NOONE/ JIŘÍ POKORNÝ Tanzabend mit Choreografien von Thomas Noone und Jiří Pokorný URAUFFÜHRUNGEN SCHAUSPIELHAUS 21. FEBRUAR 2019
DIODATI. UNENDLICH
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Oper von Michael Wertmüller und Dea Loher Musikalische Leitung Titus Engel Inszenierung Lydia Steier URAUFFÜHRUNG/AUFTRAGSWERK GROSSE BÜHNE
CARMEN
Don José setzt seine Karriere, seine Ehre und schliesslich sein Leben aufs Spiel, weil er der verführerischen Carmen erliegt – und das, obwohl sie ihn mehrmals vor einer Beziehung zu ihr warnt. Es ergeht Don José wie der Mot te mit dem Licht: Er kann nicht von Carmen lassen, bis er schliesslich an der erotischen Anziehung und der entfesselten Leidenschaft dieser starken Frauenfigur förmlich verbrennt. Wenn auch Sie magisch von der Ausstrahlung dieser unabhängigen Frau angezogen werden, haben Sie am Samstag, 8. Dezember 2018 auf der Grossen Bühne wieder die Möglichkeit, ihr zu verfallen.
EASYGOING GLAMOUR EIFERSUCHT
CARMEN Ballett von Johan Inger Mit Musik von Rodion K. Schtschedrin, Georges Bizet, Marc Álvarez Premiere 15. November 2018 Grosse Bühne CHOREOGRAFIE Johan Inger MUSIKALISCHE LEITUNG Thomas Herzog BÜHNE Curt Allen Wilmer KOSTÜME David Delfín LICHT Tom Visser Mit dem Ballett Theater Basel Es spielt das Sinfonieorches ter Basel. Partner des Ballett Theater Basel:
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CARMEN
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HAUSAUTOR THIEMO STRUTZENBERGER
VON SINGVÖGELN UND RAKETEN Notizen zu einem Gespräch mit Joël László über sein Stück «Die Verschwörerin» In Joëls Stück taucht Arkadien und der Wunsch nach wiedergewonnener Unschuld auf. Beidem gehen aber, wie er bejaht, notwendig «Beschmut zungsvorgänge» voraus. Die Toten mischen sich ein. Den Lebenden gelingt es nicht, «immer nur bei sich zu sein». Die Protagonistin wird Zeu gin, wie eine zivile Familie Opfer von einem Giftgasanschlag wird. Sie hat keine Verschwörungstheorie, son dern eine Erfahrung. Die ist vielleicht nur virtuell-halluzinatorisch. Unter Verdacht eines paranoiden Bewusst seins gerät sie in private Verwirrung. Joël bringt einen Band von Ernst Bloch. Er zeigt mir die Stelle: «Wir wollen immer nur bei uns sein, so blicken wir auch hier keineswegs zurück, sondern uns selber mischen wir lebendig ein und auch die ande ren kehren darin verwandelt wieder.
Die Toten kommen wieder. Ihr Tun will mit uns nochmals werden.» In dieser ganzen Kompliziertheit drücken sich die Figuren (drücken wir uns?) vor der Empfindung der Erkenntnis der einfachen Wahrheit: Der Krieg ist etwas Schreckliches. So wie die Grausamkeit schrecklich ist. So wie der Missbrauch von Herr schaft und Macht schrecklich sind. Es ist schrecklich, dass diese Aussa gen als naiv und unterkomplex gel ten können. Ich würde mich gern dafür einsetzen, dass alle Zugang zur Einfachheit dieser Auffassung haben «Ja, das kann ich unterschreiben.», bestätigt Joël. Wenn jemand «die Feder führt», wie der Chor in Joëls Stück über Goethe sagt, dann ist er näher an einem Singvogel als an einer Rakete, meine ich. «Die Feder führen» heisst «mit
einem Vogel» versuchen, die Wahr heit zu sagen. Deshalb gibt es womöglich das Wort «Wahrheits lied» in seinem Stück. Im Rahmen von «Stück Labor» hat der Basler Autor und Islamwissen schaftler Joël László das Stück über die Tücken der Wirklichkeits konstruktion zwischen TV, Wickel tisch und Hightechkriegsführung geschrieben. «Die Verschwörerin» des Hausautors der letzten Spielzeit ist am SO 2., SA 8. und DO 20. Dezember 2018 auf der Kleinen Bühne zu sehen.
STÜCK LABOR BASEL HAUSAUTOR 2018/2019 THIEMO STRUTZENBERGER Der in Basel lebende Schauspie ler und Dramatiker Thiemo Strutzenberger wurde 1982 in Kirchdorf an der Krems (Oberösterreich) geboren und studier te Schauspiel am Max Reinhardt Seminar in Wien. Neben seiner Tätigkeit als Schauspieler an Häusern wie dem Deutschen Schauspielhaus Hamburg und dem Theater Neumarkt in Zürich absolvierte er zudem an der Universität Wien den Masterstudiengang für Gender Studies. 2010 wurde sein Stück «The
Zofen Suicides» uraufgeführt. Es folgten Uraufführungen seiner Stücke «Queen Recluse» (2013, Regie: Martin Schmiederer) und «Hunde Gottes» (2014, Regie: Barbara Weber) am Schauspiel haus Wien. Seit der Spielzeit 2015/2016 ist Thiemo Strutzen berger Ensemblemitglied des Theater Basel. Die Hausautoren stelle gibt ihm die Möglichkeit, sein Schauspielpensum zu redu zieren und sich für ein Jahr verstärkt auf das Schreiben zu fokussieren.
JOËL LÁSZLÓ Der in Basel lebende Dramatiker und Prosaautor Joël László war in der Spielzeit 2017/2018 im Rahmen des Autor_innenförder programms «Stück Labor Basel» Hausautor am Theater Basel. Er wurde 1982 in Zürich geboren, studierte Nahostwissenschaft und Geschichte und lebte länge re Zeit in Kairo. Nach dem Stu dium nahm er in der Spielzeit 2013/2014 am Förderprogramm «Dramenprozessor» am Theater Winkelwiese in Zürich teil. Sein erstes Stück, «Wiegenlied für
Baran», wurde 2016 für den Münchner Förderpreis für deutschsprachige Dramatik nominiert und erhielt den Publi kumspreis bei der Langen Nacht der neuen Dramatik an den Münchner Kammerspielen. Am Theater Basel waren bereits seine Texte «Islam.Fantasien» im Rahmen der Reihe «Paradise Lost» sowie «Sehen ist gut zu denken» im «Klub Roter Okto ber» zu sehen. Aktuell läuft sein Stück «Die Verschwörerin» auf der Kleinen Bühne im Theater Basel.
9 DIE VERSCHWÖRERIN Schauspiel von Joël László Uraufführung/Auftragswerk 2. November 2018 Kleine Bühne INSZENIERUNG András Dömötör BÜHNE UND KOSTÜME Sigi Colpe SOUND Tamás Matkó MIT Mario Fuchs, Vincent Glan der, Barbara Horvath, Martin Hug, Philip Neuberger, Myriam Schröder, Wanda Winzenried Entstanden im Rahmen des Au torenförderprogramms «Stück Labor Basel» am Theater Basel. EASYGOING GLAMOUR LIVEBERICHT
SPUK IN DER VILLA STERN / EIN KÄFIG VOLLER NARREN
«WAS FÜR EIN FRAUEN TYP WERDE ICH SEIN?»
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Der Schauspieler Stefan Kurt spielt in «Ein Käfig voller Narren» Albin, der als Dragqueen Zaza der Star des Nacht klubs «La Cage aux folles» ist. Der Dirigent und Arrangeur Kai Tietje übernimmt die musikalische Leitung in der Operette «Spuk in der Villa Stern». Ein Gespräch mit den beiden von Claudia Brier und Juliane Luster über die Lust am Musiktheater.
EIN KÄFIG VOLLER NARREN (LA CAGE AUX FOLLES) Musical von Jerry Herman und Harvey Fierstein Premiere 14. Dezember 2018 Grosse Bühne MUSIKALISCHE LEITUNG Thomas Wise INSZENIERUNG Martin G. Berger CHOREOGRAFIE Marguerite Donlon BÜHNE Sarah-Katharina Karl KOSTÜME Esther Bialas LICHT Roland Edrich DRAMATURGIE Juliane Luster MIT Stefan Kurt, Roland Koch, Myriam Schröder, Karl-Heinz Brandt, Martin Hug, Max Roth bart, Liliane Amuat, Nicola Kirsch, Magdalena Bönisch, Gabriele Bruschi, Jemima Rose Dean, Giulia Gautschi-Del Re, Ayberk Esen, Daniel Hauser, Jonas Onny, Esther Randegger, Claudio Gustavo Romero, Lisa Westermann-Santucci Es spielt die Cagelles-Band. Presenting Sponsor: STIFTUNG ZUR FÖRDERUNG DER THEATERGENOSSEN SCHAFT BASEL.
SPUK IN DER VILLA STERN Von David Gieselmann, frei nach der Revue von Friedrich Hollaender Uraufführung/ Auftragswerk 26. Januar 2019 Grosse Bühne MUSIKALISCHE LEITUNG & ARRANGEMENTS Kai Tietje INSZENIERUNG Christian Brey BÜHNE UND KOSTÜME Anette Hachmann MIT Noëmi Nadelmann, Michael von der Heide, Karl-Heinz Brandt und dem Geister-Kollektiv
Juliane Luster: Habt ihr euch an einem bestimmten Punkt eurer Karriere bewusst für die Genres Musical und Operette entschieden – oder seid ihr eher zufällig in diesen Bereich «hineingerutscht»? Stefan Kurt: Wenn ich mir anschaue, was ich bisher gemacht habe, dann zieht sich das Musiktheater eigentlich wie ein roter Faden durch meine Karriere. Anscheinend mag ich das. Mein allererster Kontakt mit dem Theater war musikalischer Natur. Ich habe bei einer Theaterproduktion in der Schule mitgemacht und dabei auch in der Band mitgespielt. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie intensiv dieses Gefühl war, als sich Bühne und Orchester miteinander verbun den haben, das hatte einen ganz anderen Groove als die Wirklichkeit, das roch anders, das war die grosse Welt für mich. Seither hat mich das Genre Musikthea ter nicht mehr losgelassen. Meistens muss man sich entscheiden, ob man nun Schauspieler oder Sänger sein möchte, ich habe das grosse Glück, dass ich mich in beiden Bereichen sehr zu Hause fühle. Juliane Luster: Wie war das für dich, als wir dich gefragt haben, ob du in unserem «Käfig voller Narren» Albin/Zaza spielen möchtest? Stefan Kurt: Ich habe mich wahnsinnig gefreut und dachte: «Wow!» In der nächsten Sekunde aber habe ich richtig Angst bekommen, weil diese Rolle wirkli ches Neuland für mich bedeutet. Es ist keine kleine Nebenrolle, in der man ein bisschen jubilieren kann. Nein. Es ist eine der Hauptrollen, die zwei, drei sehr anspruchsvolle Songs zu singen hat. Das ist eine echte Herausforderung für mich. Jetzt freue ich mich sehr auf den Kollegen Roland Koch, der den Georges spielt, und ich hoffe, dass ich gut mit den Stöckelschuhen zurechtkomme. Das ist ja auch immer eine spannende Frage, was für eine Frau Zaza sein wird. Wer ist sie? Wie sieht sie aus? Was für ein Frauentyp werde ich sein? Oft steht bei «Ein Käfig voller Narren» die Traves tie im Vordergrund, aber die Herausforderung besteht für mich auch darin, eine Travestie zu spielen und gleichzeitig ganz bei mir zu bleiben, die Travestie als eine Verkleidung zu begreifen, die Spass macht, dazwi schen aber muss man die Seele und das Herz spüren. Ich hoffe, dass uns das so gelingen wird. Claudia Brier: Kai, ist dein Werdegang mit dem eines klassischen Dirigenten vergleichbar? Kai Tietje: Als Kind bin ich tatsächlich eher «unseriös» auf diesem Weg gestartet. Ich komme vom Land, habe dort im Akkordeonorchester gespielt, habe Bands gegründet, Rockmusik gemacht etc. Den ersten klassi schen Klavierunterricht habe ich erst mit fünfzehn oder sechzehn Jahren erhalten. Das war allerdings die Initialzündung für mich! Nach und nach ist mir klar
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geworden, dass ich nicht nur das spielen will, was in den Noten steht, sondern die Musik selbst arrangieren möchte, den Dingen eine andere Form geben möchte. Ich habe schliesslich Dirigieren studiert und dann ganz «klassisch» den Weg in die Opernhäuser gefunden und mich bis zum Kapellmeister hochgearbeitet. Während meines Engagements in Gelsenkirchen erlebte das Musical, vor allem die Stücke von Gershwin und Porter, gerade einen grossen Aufschwung – da war ich im rich tigen Moment am richtigen Ort: Das ist genau das, was ich kann! Irgendwann habe ich dann den Schritt ge wagt und mich von der klassischen Kapellmeisterkarri ere verabschiedet, um mich ganz auf die Neuarrange ments für Musicals und Operetten konzentrieren zu können. Stefan Kurt: Das ist doch eine sehr ungewöhnliche Entscheidung, oder? Ich kenne niemanden, der sich so konsequent zu einem solchen Schritt entschlossen hat und dies so zur Perfektion getrieben hat wie du. Juliane Luster: Bei «Spuk in der Villa Stern» besteht die Herausforderung darin, das Stück ganz neu zu erfin den. Von den Dialogen ist nur eine Szene erhalten, aber es gibt die Chansons von Friedrich Hollaender … Kai Tietje: … auch von den Musiknummern ist nur die Klavierfassung erhalten geblieben. Es gibt keine Arran gements für weitere Instrumente. Die Uraufführung wurde mit zwei Klavieren und einem Schlagzeug ge spielt – das macht auf mich eher den Eindruck einer Notbesetzung als einer Instrumentierungsidee. Davon ausgehend, habe ich eine eigene Orchesterbesetzung für Hollaenders Musik zusammengestellt. Ausserdem habe ich einige der Solonummern in Duette und Terzet te umgewandelt und sie unseren Darsteller_innen sozusagen auf den Leib arrangiert. Claudia Brier: Seit der Uraufführung 1931 war «Spuk in der Villa Stern» nicht mehr auf der Bühne zu sehen. Um aus den überlieferten Materialbruchstücken wieder ein Stück zu machen, schreibt der Autor David Gieselmann für das Theater Basel eine neue Textfassung. Erobert sich die Operette in letzter Zeit wieder ihren Platz in den Spielplänen zurück? Gibt es eine Renaissance der Operette? Stefan Kurt: Es gibt immer wieder Wellen, durch die verschiedene Themen wieder an die Oberfläche kom men, ein Genre wiederentdeckt wird und mit verschie denen Mitteln – beispielweise der Travestie – moderni siert wird. Natürlich erfreut man sich auch am Kitsch und an den schönen Melodien, aber trotzdem ver schwindet auf diese Weise der fade Beigeschmack nach eingeschlafenen Anneliese-Rothenberger-Füssen. Kai Tietje: Dass die Operette wieder auf dem Weg ist, «cool» zu sein, ist noch nicht lange so. Das Schöne da
ran ist ja auch die Nostalgie. Wenn man in die Operette geht, weiss man, dass man sich ein Stück anschaut, das künstlerisch in dieser Form heute nicht mehr ent stehen würde. Diese Werke wurden im neunzehnten oder zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts ge schrieben, und man «reist» mit ihnen etwa ins Berlin der 1920er-Jahre oder ins Wien der 1870er-Jahre. Claudia Brier: Wie sieht es mit der gesellschaftlichen oder politischen Relevanz der Operette aus? Kai Tietje: Das Stück «Spuk in der Villa Stern» ist extrem politisch: Entstanden 1931, ist es eine eindeutige Warnung vor dem Nationalsozialismus: Ein Spuk wird da besungen, der uns alles wegnehmen wird, und dem wir dabei auch noch in aller Seelenruhe zuschauen … Juliane Luster: Welche gesellschaftsaktuellen Themen gibt es in «Ein Käfig voller Narren», die besonders inte ressant sind? Stefan Kurt: Man sieht es vielleicht nicht auf den ersten Blick, aber für mich ist es sehr spannend, dass mit den beiden Männern Albin und Georges nicht nur eine Lie besgeschichte erzählt wird, sondern auch etwas darü ber, wie Familie funktioniert. Juliane Luster: Ein anderes Thema in diesem Stück ist das Älterwerden als Künstler im Showbusiness … Claudia Brier: … wie erlebt ihr das als Künstler, die nun schon sehr viel Erfahrung haben – habt ihr das Gefühl, mit fortschreitendem Alter zum Beispiel freier und mutiger zu werden? Wie erlebt ihr die nachkommende Künstler_innengeneration? Kai Tietje: Ich habe das Gefühl, dass die Generation, die früher sehr wild war, jetzt eher im Establishment angekommen ist. Die jüngere Generation erlebe ich in der Zusammenarbeit als sehr konstruktiv und kollegial. Es wird nicht mit grossen Extravaganzen um sich geworfen, sondern das Handwerk in den Mittelpunkt gestellt. Juliane Luster: Auch der Regisseur Martin G. Berger, der «Ein Käfig voller Narren» inszenieren wird, ist noch sehr jung und sprüht vor Energie und Ideen für dieses Stück und für das gesamte Genre Musical. Stefan Kurt: Von dem, was ich bisher weiss, kann ich nur sagen, dass er einen wunderbaren Zugang zu diesem Stück hat. Es ist ihm wichtig, die Geschichte heutig zu erzählen, ohne sie dabei in eine Richtung zu verbiegen, in die sie nicht gehört.
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HEXENJAGD
HEXENJAGD GOES #METOO
Der Regisseur Robert Icke gilt in Grossbritannien als Shootingstar – unlängst bezeichnete ihn die britische Zeitung «The Guardian» als «eine der wichtigsten Stimmen des gegenwärtigen Thea ters». Von seinem Erfolg als Regisseur zeugen zahlreiche Theaterpreise, die der knapp über dreissigjährige Brite bereits entgegennehmen durfte. 2014 erhielt er für seine Dramatisierung von George Orwells «1984» den renommierten UK Theatre Award, und für seine «Oresteia»-Bearbei tung wurde er 2016 mit dem Olivier Award für die beste Regie ausgezeichnet. Icke, der seit 2013 Associate Director am Almeida Theatre London ist und dort zuletzt Ibsens «Die Wildente» insze nierte, arbeitete im Frühjahr 2018 mit der Amster damer Toneelgroep erstmals auf dem europäi schen Festland. Im kommenden Januar stellt er sich mit seiner Inszenierung von Arthur Millers «Hexenjagd» am Theater Basel erstmals dem Schweizer Publikum vor. Der Pulitzer-Preisträger Miller schrieb diesen modernen Klassiker der amerikanischen Dramenli teratur vor dem Hintergrund der Kommunistenver folgung unter Senator Joseph McCarthy. Er selbst geriet in den 1950er-Jahren in dessen Visier und wurde vom Komitee für unamerikanische Umtrie be angeklagt. Als historische Grundlage seines 1953 am Broadway uraufgeführten Dramas dien ten Miller die Hexenprozesse von 1692 in Salem, Massachusetts, bei denen mehrere Hundert Per sonen verhaftet und 24 Menschen zum Tode verur teilt wurden, und in denen Miller Parallelen zu seiner persönlichen Situation erkannte: Nach Auftreten unerklärlicher Symptome bei Abigail
Williams und anderen Mädchen glaubte die bigot te Gemeinde Salem die jungen Frauen vom Teufel besessen – dies löste bei der streng puritanischen Dorfbevölkerung Verfolgungshysterie aus. In ei nem inquisitorischen Prozess verstrickten sich Zeugen und Angeklagte in ein undurchsichtiges Netz aus Vermutungen, Anschuldigungen und vermeintlichen Beweisen. «Im Zentrum von Arthur Millers Drama steht eine Affäre, bei der nicht eindeutig erkennbar ist, ob es sich dabei um eine rein sexuelle oder um eine Lie besbeziehung handelt. Angesichts der aktuellen Debatten weckt eine Affäre zwischen einem älte ren, verheirateten Mann und einem jungen Mäd chen, wie sie John Proctor und Abigail Williams bei Miller führen, schnell den Verdacht des (Macht-)Missbrauchs, denn die #MeToo-Bewe gung hat den Diskurs über die Rechte und die Stellung der Frauen von Neuem ins Rollen gebracht. Abigail und die anderen Frauenfiguren werden in meiner Inszenierung ihre eigene Positi on innerhalb des Stücks infrage stellen. Sie wer den die Bühne (buchstäblich) in Brand setzen. Vielleicht brennen sie etwas nieder, das ver schwinden muss. Vielleicht gehen mit den Schul digen zugleich auch wertvolle Dinge verloren.» (Robert Icke)
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1486 veröffentlichte der Dominikaner mönch Heinrich Kramer mit dem «Hexen hammer» eine Legitimationsschrift zur Hexenverfolgung, die zur theoretischen Grundlage der Inquisition wurde und so indirekt Tausende Frauen, als Hexen verurteilt, auf den Scheiterhaufen brach te. Aufgrund seiner Verbreitung auch in den USA kam die Schrift auch bei den historischen Hexenprozessen in Salem zur Anwendung.
HEXENJAGD Schauspiel von Arthur Miller Deutsch von Hannelene Limpach und Dietrich Hilsdorf Premiere 11. Januar 2019 Schauspielhaus INSZENIERUNG Robert Icke
BÜHNE Chloe Lamford KOSTÜME Wojciech Dziedzic SOUND Tom Gibbons LICHT Tom Visser MIT Helmut Berger, Andrea Bettini, Linda Blümchen, Massiamy Diaby, Steffi Friis, Urs Peter Halter, Barbara Horvath, Katja
Was ist das Weib anders, als die Feindin der Freundschaft, eine unentrinnbare Strafe, ein notwendiges Übel, eine natürli che Versuchung, ein wünschenswertes Unglück, eine häusliche Gefahr, ein ergötz licher Schade, ein Mangel der Natur, mit schöner Farbe gemalt? Wenn sie entlassen Sünde ist, wenn man sie einmal behalten muss, dann ist notwendig Qual zu erwar ten, darum, dass wir, entweder sie entlas send, Ehebruch treiben, oder aber tägliche Kämpfe haben. Und Seneca sagt in seinen Tragödien: «Entweder liebt oder hasst das Weib; es gibt kein Drittes. Dass ein Weib weint, ist trügerisch. Zwei Arten von Tränen sind in den Augen der Weiber, die einen für wahren Schmerz, die anderen für Hinterlist; sinnt das Weib allein, dann sinnt es Böses.» (Auszug aus dem Hexenhammer, Erster Teil / Sechste Frage)
Jung, Hedi Kriegeskotte, Philip Neuberger, Thomas Reisinger, Cathrin Störmer, Thiemo Strutzenberger, Yodit Tarikwa, Florian von Manteuffel, Wanda Winzenried, Leonie Merlin Young, Simon Zagermann
EASYGOING GLAMOUR BARFUSS
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XXX KAISER VON ATLANTIS DER
REISE DURCH DIE GESCHICHTE MIT DEM KAISER VON ATLANTIS Der Lebensweg von Komponist Viktor Ullmann
Viktor Ullmanns Eltern stammen beide aus jüdischen Familien, konvertieren jedoch noch vor der Geburt ihres Sohnes zum Katholizismus. Die Frage der Kirchenzugehörigkeit wird den Komponisten sein Leben lang begleiten; als erwachsener Mann wechselt er zum Protestan tismus, wird ein entschiedener Anhänger der Anthroposophie und kehrt kurz vor seiner Inhaf tierung wieder zum Katholizismus zurück. Das Goetheanum in Dornach als Zentrum der Anthroposophie markiert sowohl auf dem Lebensweg von Viktor Ullmann als auch auf der Reise seiner 1943/1944 im KZ Theresienstadt entstandenen Partitur «Der Kaiser von Atlantis oder Die Todverweigerung» einen besonderen Meilenstein. Die Oper ist neben der bekannteren Interpreta tion als NS-Parabel auch eine Schatzkammer
anthroposophischer Motive: Dualitäten, der Spiegel der Erkenntnis sowie Fragen nach Leben, Tod und der Flüchtigkeit des irdischen Lebens schwingen mit und geben dem Werk Allgemeingültigkeit. Atlantis, die mythische Insel und Modellgesellschaft, die nach langem Florieren durch einen herrschsüchtigen Kaiser dem Untergang geweiht wird, ist ein zentraler Begriff in der Lehre Rudolf Steiners, der sie mit einer Entwicklungsstufe der Menschheit gleich setzt. Auf der nächsten Seite verfolgen wir den Weg Viktor Ullmanns von seiner Geburt in Cieszyn bis zu seiner Ermordung im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau.
Die Regisseurin Katrin Hammerl (u. a. «Esther. Eine Geschichte vom Bruderholz») inszeniert das 1975 in Amsterdam posthum uraufgeführte Stück im Foyer der Grossen Bühne. Die musikalische Leitung übernimmt der australische Dirigent, Pianist und Leiter des Opernstudios OperAvenir am Thea ter Basel Stephen Delaney (u. a. «Der Goldkäfer», «Trouble in Tahiti»).
DER KAISER VON ATLANTIS ODER DIE TODVERWEIGERUNG Spiel in einem Akt von Viktor Ullmann Libretto von Viktor Ull mann und Peter Kien. In deutscher Sprache Altersempfehlung: Ab 12 Jahren Premiere 8. Februar 2019 Foyer Grosse Bühne MUSIKALISCHE LEITUNG Stephen Delaney
INSZENIERUNG Katrin Hammerl AUSSTATTUNG Lisa Dässler MIT Domen Križaj / Yannick Debus (Kaiser), Andrew Murphy (Der Lautspre cher, Der Tod), Hyunjai Marco Lee (Harlekin, Ein Soldat), Sarah Brady / Stefanie Knorr (Bubikopf), Ena Pon grac / Alexandra Meier (Trommler)
Eine Produktion von OperAvenir in Zusam menarbeit mit der Hochschule für Musik Basel FHNW/MusikAkademie Basel OperAvenir mit freund licher Unterstützung von HEIVISCH, HIAG, Julius Bär, Novartis
EASYGOING GLAMOUR SCHNABELSCHUH
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DER KAISER VON ATLANTIS PRAG
1919 – 1928 arbeitet er als Chordirektor, Kapellmeister, Komponist, Musiker.
ERSTER WELTKRIEG
1916 – 1918 freiwilli ger Militärdienst, Fronteinsatz.
WIEN
1898 in Cieszyn geboren, aufgewachsen in Wien.
DORNACH
ZÜRICH
Erster Besuch des Goethea nums, der Viktor Ullmann nachhaltig beeindruckt. 1931 Eintritt in die Anthro posophische Gesellschaft. Verschiedene von der Anthroposophie beeinflusste Werke, z. B. die Oper «Der Sturz des Antichrist» (1935).
1929 – 1931 Komponist und Kapellmeister am Zürcher Schauspielhaus.
PRAG
1933 – 1942 Rückkehr nach Prag. Erneute Arbeit als Komponist.
Das Goetheanum in Dornach markiert sowohl im Lebensweg des Komponisten Viktor Ullmann als auch auf dem Weg seiner 1943/1944 im KZ Theresienstadt entstandenen Oper «Der Kaiser von At lantis oder die Todverweigerung» einen besonderen Meilenstein.
KZ THERESIENSTADT
STUTTGART
1931 – 1933 Übernahme einer anthroposophischen Buch handlung, die nach zwei Jah ren bankrott ist.
KZ AUSCHWITZ-BIRKENAU
8. September 1942: Deportation ins «Vorzeigelager» der Natio nalsozialisten. In der sogenann ten «Freizeitgestaltung» als Komponist, Kapellmeister, Musikkritiker aktiv. In dieser Zeit entstand u. a. seine letzte vollendete Oper: «Der Kaiser von Atlantis oder Die Todverwei gerung». Noch in Theresienstadt übergibt Viktor Ullmann seine Manu skripte dem Leiter der Gettobibliothek, Emil Utitz.
Am 16. Oktober 1944 wird Viktor Ullmann ins Vernichtungslager gebracht und dort ermordet.
DORNACH
BASEL
Wenige Zeit später Dauerleihgabe an die Paul Sacher Stif tung am Münster platz in Basel (inter nationales For schungszentrum für Musik des 20./21. Jahrhunderts).
1987 Übergabe sämtlicher Musikmanuskripte an die All gemeine Anthroposophische Gesellschaft Goetheanum.
LONDON
Ullmanns Wunsch entspre chend, reicht Utitz Ullmanns Manuskripte 1945 nach der Befreiung durch die Rote Ar mee weiter an den ebenfalls überlebenden Historiker und Dichterfreund H. G. Adler, der die Sammlung 1947 mit nach London nimmt.
FRAUEN SIND KEINE BLUMENWIESE
Die beiden Schauspielerinnen Barbara Horvath und Caroline Peters über die Arbeit an «Hotel Strindberg»
Was war euer erster Gedanke, als ihr erfahren habt, dass Simon Stone mit euch eine grosse Strind berg-Inszenierung macht? Immer hin gilt dieser ja als ein Autor, der die Frauen Zeit seines Lebens «ver achtet» hat. Barbara Horvath: Ich empfinde Strindberg nicht als Frauenhasser oder -verachter, ich denke, er hatte einen gewaltigen Respekt vor Frau en. Aber eher in dem Sinn, dass er ihnen ein mindestens genauso grosses Mass an Stärke, Doppelbö digkeit, Leidenschaft und Perfidie zutraute wie Männern. Er hat Frau enfiguren geschaffen, die in ihrer Vielschichtigkeit und ihrer Fähig keit, zu irritieren den Männerfigu ren in nichts nachstehen. Das ist schon in den Originaltexten so, da mussten wir in der Arbeit nichts dazuerfinden, um die Frauen kräfti ger wirken zu lassen. Caroline Peters: Das geht mir ähn lich. Manchmal hat man den Ver dacht, er wird als Frauenhasser be zeichnet, weil er Frauen nicht als unschuldige Blumenwiese darstellt,
sondern zeigt, was er in ihnen sieht: vollkommene Menschen, im Sinne von abgründig, charmant, liebenswert, bösartig und immer anders. Das erschreckt ihn viel leicht, und eigentlich wünscht er sich etwas anderes, aber er sieht es immer vollkommen klar und realis tisch. Gab es Vorerfahrungen mit Strind bergs dramatischem Werk? Caroline Peters: Ich hatte in der Schauspielschule einmal so eine in tensive Strindberg-Phase, deswe gen war ich froh, dass Simon Stone sich das Thema gesucht und gefun den hat. Gerade für «Der Vater» habe ich eine lange geheime Liebe. Ich finde den Streit von Vater und Mutter um die Erziehung der Toch ter herzzerreissend und wahnsinnig komisch, weil beide so extrem agieren und argumentieren. Wie habt ihr im Arbeitsprozess die Figuren betrachtet oder verändert? Barbara Horvath: In der Arbeit mit Simon Stone ging es einerseits darum, gemeinsam moderne Entspre chungen für Strindbergs Stücke
und Figuren zu finden, aber ich fin de, es ging vor allem auch darum, den «Geist», der sein Werk durch zieht, zu erfassen und zum Leben zu erwecken. Wir haben uns ja durchs gesamte dramatische Werk gelesen. Mich rührt die labile At mosphäre in Strindbergs Stücken, die von einem grossen Vertrauens verlust oder der Angst vor diesem Verlust erzählt. Und es beeindruckt mich, dass er nie plump Partei ergreift: In seinen sehr konfliktrei chen Szenen zwischen Frau und Mann ist nie eindeutig, wer die Oberhand hat, wer überzeugender oder wer einem sympathischer ist – oder wer schuld an einer zerbro chenen Beziehung ist. Simon Stone ist in seiner Sicht auf Figuren ge nauso unparteiisch. Dazu kommt bei beiden ihre Besessenheit, mit der sie Auseinandersetzungen zwi schen Menschen (und nicht nur zwischen den Geschlechtern) auf die Spitze treiben – das ist purer Wahnwitz. Und trotz einer gewis sen Gnadenlosigkeit höchst ver gnüglich.
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HOTEL STRINDBERG
CAROLINE PETERS
studierte Schauspiel an der Hochschule Saarbrücken. Es folgen Engagements in Hamburg und Zürich, an der Berliner Volksbühne sowie am Burgtheater Wien, wo sie seit 2004 Ensemblemitglied ist. Daneben wirkt Caroline Peters in zahlrei chen Film- und Fernsehproduktionen mit. Aktuell ist sie in Sönke Wortmanns «Der Vorname» im Kino zu sehen und wurde zuletzt in der Zeitschrift «Theater heute» zur «Schauspielerin des Jahres» 2018 gewählt sowie für ihre Darstellung in «Hotel Strindberg» mit dem NestroyTheaterpreis als «Beste Schauspielerin» ausgezeichnet. Am Theater Basel ist sie ebenfalls in der Inszenierung «John Gabriel Borkman» zu erleben.
EASYGOING GLAMOUR TREPPENSTEIGEN
HOTEL STRINDBERG Schauspiel von Simon Stone nach August Strindberg Uraufführung/Auftragswerk 16. Januar 2019 Grosse Bühne INSZENIERUNG Simon Stone BÜHNE UND KOSTÜME Alice Babidge MUSIK Bernhard Moshammer MIT Franziska Hackl, Barbara Horvath, Roland Koch, Caroline Peters, Max Rothbart, Aenne Schwarz, Michael Wächter, Martin Wuttke, Simon Zagermann Eine Koproduktion des Theater Basel mit dem Burgtheater Wien.
BARBARA HORVATH
wurde in Österreich geboren und studierte an der Schauspielschule des Wiener Volksthea ters. Von 2011 bis 2015 war sie festes Ensemble mitglied am Schauspielhaus Wien. Barbara Horvath ist auch als Film- und Fernsehschau spielerin tätig. Seit 2007 ist sie Dozentin an der Schauspielakademie Melk. Seit der Spielzeit 2015/2016 ist Barbara Horvath Ensemblemit glied am Theater Basel und ist u. a. in «Engel in Amerika», «Drei Schwestern» und «Medea» zu sehen.
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DIE DREI MUSKETIERE
KLINGEN AUS SPEZIELLEM STAHL: Theaterschlosser David Kunz – ein Spezialist für Sonderanfertigungen und Raritäten
Seit über dreissig Jahren steht er an seinem Arbeits platz in der Schlosserei, «seinem Reich», wie er es nennt: Theaterschlosser David Kunz. Er hatte schon immer ein Faible für detaillierte, filigrane Handarbeit, aber ein Bereich hat ihn schon immer besonders faszi niert: Waffen und Rüstungsteile für die Theaterbühne. 1988 machte er seine ersten Erfahrungen damit. In der damaligen «Komödie» wurde «Romeo und Julia» auf geführt. Dafür musste er sechs Degen für die Kampf szenen anfertigen. Fechtmeister war damals Charles Lang, der ihn ins kalte Wasser warf; denn David Kunz hatte sich zuvor nie mit der Herstellung von Dolchen, Schwertern oder Degen befasst. Als Vorlage legte man ihm einen Degen auf den Tisch – er bestellte Klingen in der Messerstadt Solingen und machte sich an die Arbeit … Wenn David Kunz Duplikate anfertigt, investiert er die meiste Zeit in die Gestaltung der Griffe, aber noch vor der Optik hat die Sicherheit oberste Priorität. Grund sätzlich unterscheidet man zwischen optischen und kampffähigen Waffen. Die einen haben nur einen ästhetischen Zweck, um Macht, Reichtum oder Stärke auszudrücken; sie werden lediglich zur Schau gestellt, auf den Boden geschlagen, jemand wird damit be droht, oder es werden nur akustisch die Klingen ge kreuzt. Die anderen Waffen, mit denen richtige Kampf szenen inszeniert werden, sind um einiges anspruchs voller in der Produktion. Die Klingen werden aus ei nem speziellen, zähen Stahl hergestellt. Sie müssen enormer Beanspruchung standhalten und sind gleich zeitig sehr empfindlich. Haben die Klingen eine leichte Krümmung, darf man sie zurückbiegen; haben sie einen Knick, muss man sie austauschen. Für jede Produktion wird neu entschieden, ob Waffen bestellt oder selbst hergestellt werden. So auch für «Die drei Musketiere», das als Schauspiel im Februar 2019 Premiere auf der Kleinen Bühne haben wird. Re gisseur Antonio Latella und Dramaturg Federico Bellini schreiben auf der Grundlage des Romans von Alex andre Dumas eine Bühnenfassung. Der Überlebens kampf der Musketiere wird vor allem körperlich aus gefochten werden. Der Choreograf Francesco Manetti wird die Schauspieler im Kampftraining extrem fordern. Diese Waffen müssen beispielsweise extra angeschafft werden, da sie bereits während der Probenphase und auch später in den Vorstellungen enormen Belastungen standhalten müssen. Rüstmeis ter Stefan Gisler, Leiter der Requisite, beauftragt David Kunz mit Anfertigungen, wenn es Raritäten oder Sonderanfertigungen braucht. Je nach Aufwand schleift er dann wochenlang an einem Schwert, das mitunter so schwer ist, dass man es nur mit zwei Händen halten kann. Viele Arbeiten von David Kunz sind unbezahlbare
Unikate, die oft detailgetreu Originalabbildungen oder -zeichnungen nachempfunden sind. Einmal fertigte er 28 Speerspitzen für den gesamten Chor an. Jedes Einzelteil hat er gebogen, in eine Rundung geschlagen, zusammengeschweisst und abgeschliffen. Zuletzt stellte er filigrane Geländer für die Brücken in «Herr der Diebe» her. All diese wertvollen Schätze werden in der Rüstkam mer hinter Schloss und Riegel aufbewahrt. Dort findet man neben Waffen, Helmen und Rüstungen aus allen Epochen auch historische Spezialanfertigungen wie beispielsweise einen maulkorbartigen Kopfkäfig. «Helme müssen prinzipiell gekauft werden», erzählt David Kunz, «die Rundung der Kopfform kann man selbst kaum konstruieren, aber alle Verzierungen wer den in den Werkstätten dann von Hand hinzugefügt.» Überhaupt braucht es viel Fingerspitzengefühl für diese Feinarbeit. Und vor allem ganz viel Herzblut, das David Kunz akribisch in jedes Detail steckt. Und das kann man all seinen Arbeiten ansehen. Text: Carmen Bach
DIE DREI MUSKETIERE Nach Alexandre Dumas In einer Fassung von Antonio Latella und Federico Bellini Premiere 2. Februar 2019 Kleine Bühne
INSZENIERUNG, RAUM, MUSIK Antonio Latella KOSTÜME Simona D'Amico CHOREOGRAFIE, KAMPFTRAINING Francesco Manetti MIT Elias Eilinghoff, Vincent Glander, Nicola Mastroberardino, Michael Wächter
EIN CHOR, ELF NATIONEN
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Im Opernchor des Theater Basel singen unter der Leitung von Michael Clark achtunddreissig Berufssänger_innen. Drei von ihnen stellen wir in einem kurzen Interview vor. Was war deine Lieblingsprodukti on in dieser (oder der letzten) Sai son – und warum? Lisa: In der letzten Spielzeit waren meine Lieblingschoropern «La tra viata» und «The Rake’s Progress». Wir sind ein spielfreudiger Chor, und da konnten wir so richtig los legen. In dieser Spielzeit geniessen wir gerade alle «Lucia di Lammer moor», weil es musikalisch und sängerisch einfach grandios ist. Flavio: Diese Saison ist noch nicht zu Ende, aber bis jetzt schlägt mein Herz für «Lucia di Lammer moor», weil Belcanto besonders gut für die Stimmpflege ist. In der letzten Saison war «The Rake’s Progress» stimmlich wie szenisch eine tolle Herausforderung, und ich fand die musikalische Vielsei tigkeit eine sehr gute Visitenkarte für unseren Chor. Vahan: Durch meine spezielle Verbindung zur russischen Musik habe ich «Der Spieler» sehr gemocht. Wir Chorsänger lieben es zu spielen, und da wir stets als ein Kollektiv auf der Bühne stehen, ist es immer interessant, wenn jeder Einzelne individuelle Aufgaben hat. Als Chorsänger liebe ich diese Kombination von Gesang und Spiel. Was machst du, wenn du nicht ge rade im Theater bist? Vahan: Ich spiele online Schach zur Entspannung und stelle Glas objekte her. Ich habe einen Ofen, in dem ich verschiedenfarbige Glä ser verschmelze und Objekte wie zum Beispiel Vasen oder Schalen kreiere. Lisa: Oh, da gibt es vieles. Zum einen habe ich zwei Kinder, was mich durchaus fordert. Ich unter richte und praktiziere Yoga. Um auf dem Boden zu bleiben und den Kopf freizukriegen, arbeite ich im Garten. Ausserdem habe ich mit Acrylmalerei angefangen, weil ich noch mal etwas ganz Neues lernen möchte. Flavio: Ich suche überall die Inspi ration des Lebens. Mich interes
siert praktisch alles. Seit bald vier Jahren betreibe ich «Dog Show Handling» und habe an meiner Seite einen Traum von einem vier beinigen Freund: Meinen goldigen Banquo, der einer der besten Aus stellungshunde der Schweiz geworden ist. Wie bei der Musik bedeutet dies neben viel Liebe auch viel Arbeit und Leidenschaft. Aber Banquo bedeutet mir sehr viel und gibt mir einen Ausgleich im Leben. Wo trifft man dich in Basel? Lisa: Man kann mich relativ häufig mit unserem Hund auf dem Bruderholz antreffen. Ab und zu begegnet man mir auch auf dem Flohmarkt, sowohl als Käuferin wie auch Verkäuferin. Vahan: Ich liebe den Rhein und das alternative Ambiente in Kleinbasel. Ich treffe mich dort gerne zum Dartspielen mit Freunden. Flavio: In Basel trifft man mich am besten im Theater selbst oder beim Spazierengehen mit meinem Hund. Ab und zu ein Besuch in der Fondation Beyeler in Riehen muss auch sein. Was wird an den kommenden Stü cken die grösste Herausforderung sein? Worauf freust du dich am meisten? Lisa: Auf «La Cage aux folles» freue ich mich riesig, da ich das mit meinem Gesangstrio mache, den «Superbs». Wir haben immer viel Spass zusammen und ich hoffe, dass wir das auch auf der Bühne rüberbringen werden. Vahan: Die Uraufführung «Diodati. Unendlich» wird eine absolute Herausforderung. Es ist eine sehr komplexe Musik, mit rhythmischen Strukturen. Flavio: «Diodati. Unendlich» aus wendig zu lernen und das richtige Jazzfeeling zu bekommen. Die Schwierigkeit ist hier eine ständige Rhythmusveränderung, aber besonders gespannt bin ich auf die Umsetzung der Musik im Regiekonzept.
Lisa Westermann-Santucci, 10. Spielzeit am Theater Basel
Flavio Mathias, 3. Spielzeit am Theater Basel
Vahan Markarian, 7. Spielzeit am Theater Basel
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DIODATI. UNENDLICH
ACHT TAGE AM GENFERSEE
Die Autorin Dea Loher und der Komponist Michael Wertmüller haben für das Theater Basel eine neue Oper geschrieben: «Diodati. Unendlich.» Am Anfang ihres Schaffensprozesses stand eine Reise nach Genf. Die Metropole in der Westschweiz ist nicht nur Sitz bedeutender internationaler Institutionen, sondern war auch Schauplatz eines schillernden Kapitels der europäischen Literaturgeschichte, das im Zentrum der neuen Oper steht ... Ihr Ziel war die Schweiz. Auf den Spuren des von ihnen verehrten Genfer Schriftstellers und Philoso phen Jean-Jacques Rousseau («Zurück zur Natur!») wollten sie im Sommer 1816 die Erhabenheit der Schweizer Bergwelt mit den eigenen Sinnen erleben. Doch die Natur machte den jungen Freunden aus Grossbritannien – darunter der Dichter Percy Shelley und seine spätere Frau Mary sowie Lord Byron, Kult figur der Romantik, und dessen Leibarzt Dr. John Polidori – einen Strich durch die Rechnung: Im fernen Indonesien war der Supervulkan Tambora zum Aus bruch gekommen, der globale Klimaveränderungen bewirkte und unter anderem dazu führte, dass der Sommer 1816 in Europa zum kältesten Sommer seit Messbeginn werden sollte – ein Negativrekord, der bis heute nicht gebrochen wurde. Anstatt sich also bei sommerlichen Temperaturen an der Schweizer Landschaft erfreuen zu können, waren die Freunde aufgrund der Witterungsverhält nisse dazu gezwungen, acht Tage lang in der von Lord Byron gemieteten Villa Diodati am Ufer des Gen fersee auszuharren. Dort begannen sie sich – auch unter dem Einfluss von Halluzinogenen – Geschichten zu erzählen und diese aufzuschreiben. Mary Shelleys «Frankenstein» etwa entstand in diesen Tagen – aber auch «Der Vampyr», die erste Vampirgeschichte der Weltliteratur, von Dr. John Polidori. Gemein haben die während der acht Tage in der Villa Diodati ersonnenen Werke, dass sie allesamt um grosse Fragen der Menschheit kreisen: Wie entsteht das Leben? Können wir das Leben selbst kreieren und zu Schöpfergestalten werden? Sind wir Menschen fremdgesteuert und machtlos äusseren Einflüssen ausgeliefert – oder können wir unser Leben ein Stück weit nach unserem Willen gestalten? Wo liegen die ethischen Grenzen der Forschung? Über zweihundert Jahre später machen sich Dea Loher und Michael Wertmüller dazu auf, rund um
den Genfersee auf Spurensuche nach den Ereignissen des Jahres 1816 in der Villa Diodati zu gehen: Die Zusammenkunft des Kreises rund um Lord Byron soll Ausgangspunkt ihrer neuen Oper werden. Der Him mel über Genf gibt sich alle Mühe, die Witterung von damals nachzubilden: Zwar ist das Wetter wohl nicht ganz so miserabel, wie es im Jahr 1816 gewesen sein muss, doch regnerisch-kalt ist es bei diesem Genfbe such allemal. Gewappnet mit Mütze, Schal und Regenschirm geht die Suche los. Schon bald werden erste Spuren sichtbar: Plaketten an Häusern, in die Lord Byron eingekehrt ist – etwa am heutigen Hotel Angleterre in Lausanne. Dort schrieb Byron sein berühmtes Gedicht «Der Gefangene von Chillon» nieder, zu dem ihn ein Besuch im Kerker des gleich namigen Schlosses südöstlich von Montreux ange regt hatte. Auch ein Abstecher zum Schloss Chillon darf daher bei der Erkundungstour nicht fehlen. Auf einer Steinsäule im Kerker hat Byron höchstpersön lich seinen eigenen Namen eingeritzt – ein beliebtes Fotomotiv bei Touristen aus aller Welt. Nirgendwo jedoch erscheinen Byron, Shelley und Co. so greifbar nah wie in der Villa Diodati, die nach wie vor existiert und sich in Privatbesitz befindet. Vom Garten des Anwesens aus wirkt das Gebäude trotz seiner stattlichen Grösse wie ein anmutiges Spiel
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DIODATI. UNENDLICH
2 1.
DIODATI. UNENDLICH Oper von Michael Wertmüller und Dea Loher Uraufführung/Auftragswerk 21. Februar 2019 Grosse Bühne MUSIKALISCHE LEITUNG Titus Engel INSZENIERUNG Lydia Steier BÜHNE Flurin Borg Madsen KOSTÜME Ursula Kudrna VIDEO Tabea Rothfuchs LICHT Stefan Bolliger CHOR Michael Clark DRAMATURGIE Pavel B. Jiracek
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UN G HR
Pavel B. Jiracek
B
A
In der Oper «Diodati. Unendlich» werden diese beiden sich scheinbar so fernen und doch nahen Zeiten aufeinandertreffen – ähnlich, wie es bei den Teilchenbeschleunigern des CERN der Fall ist, in denen kleinste Partikel aufeinandertreffen, um den Urknall zu simulieren. Für den musikalischen Urknall sorgt dabei die energiegeladene Musik Michael Wert müllers – ein rauschhafter Mix aus Zwölftonmusik, Blues, Jazz und Heavy Metal. Die acht Tage am Genfersee haben längst nicht nur die Literaturgeschichte geprägt, sondern sind darüber hinaus zu einem Ausgangspunkt geworden für das Nachdenken über die Beziehung zwischen Schöpfer und Geschöpf, über die Grenzen der Forschung und über die Rolle des kleinen Ichs im grossen Ganzen. Da die grossen Mysterien des Lebens nach wie vor ihr Geheimnis bewahren konnten, wird das Nachdenken weitergehen. Und auch heute noch machen sich Men schen auf den Weg in die Schweiz, auf der Suche nach Antworten auf die grossen Fragen des Lebens.
URAUFFÜ T EL
OPER
zeugpuppenhaus. Ins Innere der Villa bleibt der Blick verwehrt. Umso mehr ist die eigene Fantasie angeregt. Wie mag es dort einst wohl im Salon zugegangen sein? Von der Villa Diodati aus geht es zum Genfer For schungsinstitut CERN. Dort wird seit 1954 physikali sche Grundlagenforschung betrieben. Nicht nur das World Wide Web wurde am CERN geboren – auch wird hier, insbesondere mithilfe monumentaler Teilchenbe schleuniger, der Aufbau der Materie erforscht: das also, was die Welt in ihrem Innersten zusammenhält. Erstaunlich, wie sehr sich die Fragen ähneln, die sich die jungen Briten 1816 stellten, und die, in anderer Form, auch die Forscher_innen unserer Tage bewegen – dies alles quasi am selben Ort, am Genfersee, in einer merkwürdigen Parallelität der Ereignisse und Zeit schichten. Am CERN zeugen grosse Maschinen und Apparate eindrucksvoll davon, was dem menschlichen Geist an schöpferisch-wissenschaftlicher Kraft entspringen kann. Vom schöpferischen Geist der britischen Vordenker, die 1816 im «Jahr ohne Sommer» von Menschen erzeugte Monster und andere düstere Gestalten ersonnen, zeugen die literarischen Werke, die sie hinterlassen haben und die – unsterblich geworden – in uns weiterleben.
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MIT Kristina Stanek, Rolf Romei, Sara Hershkowitz, Holger Falk, Seth Carico, Samantha Gaul E-GITARRE Yaron Deutsch STEAMBOAT SWITZERLAND Dominik Blum, Lucas Niggli, Marino Pliakas Chor des Theater Basel Statisterie des Theater Basel Es spielt das Sinfonieorches ter Basel. Der Kompositionsauftrag wurde realisiert mit Unter stützung von Pro Helvetia – Schweizer Kulturstiftung und gefördert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung.
Zu der Oper «Diodati. Unendlich» gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm. Weitere Informationen finden Sie unter www.theater-basel.ch/diodati-unendlich
DIE TÄNZERINNEN UND TÄNZER DES BALLETT THEATER BASEL BESPIELEN AUCH IN DIESER SPIELZEIT WIEDER DAS SCHAUSPIELHAUS.
Anknüpfend an die letzten drei Spielzeiten, wird im Februar wieder das Ballettensemble die Bühne des Schauspielhauses mit zeitgenössi schem Tanz bespielen: Ein Tanzabend, für den der in Katalonien lebende Brite Thomas Noone und der Tscheche Jiří Pokorný gemeinsam mit dem Ensemble des Ballett Theater Basel je eine neue Kreation erarbeiten. Die choreografischen Arbeiten bekommen durch die Nähe, die das Publikum im Schauspielhaus zur Bühne hat, eine besondere Intensität. Kein Orchestergra ben trennt das Publikum von den Tanzenden und lässt so die Kraft und das Potenzial, die im zeitgenössischen Tanz stecken, in Bewegung übersetzt entstehen.
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THOMAS NOONE / JIŘÍ POKORNÝ
Der Choreograf Thomas Noone leitet seit 2001 seine eigene zeitgenössische Tanz-kompanie in Barcelona und ist künstlerischer Leiter des dortigen « Dansat! Festivals». Sein neues Stück «Further» thematisiert emotionale Nähe und Distanz und beschreibt deren Mechanis men anhand visueller Metaphern.
Der in Prag geborene Choreograf Jiří Pokorný entstammt der Talentschmiede des Neder lands Danse Theaters NDT. Dort arbeitete er mit vielen renommierten Choreografen zu sammen, bevor er sich selbstständig machte und seither als freischaffender Choreograf wirkt. Für sein neues Stück «Day ‹without› Night» bezieht er sich auf ein Gedicht des Sufi-Mystikers Rumi. Die persische Dichtung dient ihm als Inspirationsquelle um die Welt der Gegensätze, den Raum der Kontraste und das Wesen der Polarität tänzerisch zu bebildern.
THOMAS NOONE/ JIŘÍ POKORNÝ Tanzabend mit Choreografien von Jiří Pokorný: «DAY ‹WIT HOUT› NIGHT» und Thomas Noone: «FURTHER» Uraufführungen 14. Februar 2019 Schauspielhaus «FURTHER» Choreografie, Bühne Thomas Noone MUSIK Jim Pinchen KOSTÜME Thomas Noone LICHT Jimmy Ström «DAY ‹WITHOUT› NIGHT» Choreografie, Bühne Jiří Pokorný MUSIK Davidson Jaconello KOSTÜME Bregje van Balen LICHT Loes Schakenbos Es tanzt das Ballett Theater Basel. Partner des Theater Basel:
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HERR DER DIEBE
AUF NACH VENEDIG! Pünktlich zur Weihnachtszeit bringt die Regisseurin Daniela Kranz den Roman «Herr der Diebe» auf die Kleine Bühne und holt gemeinsam mit drei Schau spieler_innen, zwei Musikern sowie 26 Jugendlichen die magische Atmo sphäre Venedigs nach Basel. Zu den jungen Darsteller_innen gehören auch Alexandre, Felix, Hannah, Lina-Saphira, Riga und Yanick, die von ihren ersten Eindrücken und Erfahrungen auf den Proben berichten.
Hannah Spoerri (17) spielt die böse Tante Esther und ein Karussell-Seepferd Was kommt dir als Erstes in den Sinn, wenn du an Venedig denkst? Gutes Essen. Pasta, Pizza und natür lich Gelato. Aber auch die schöne Architektur und die entspannte Atmo sphäre. Welche von Tante Esthers Eigenschaf ten hättest du gerne? Na ja, Esther ist eine hysterische und ziemlich böse Person. Ich versuche eigentlich nicht so zu sein wie sie. Sie hat ihren Mann aber gut im Griff, das muss man ihr lassen. Was macht dir beim Proben am meis ten Spass? Ich finde es schön, bei den Proben für kurze Zeit einen ganz anderen Men schen verkörpern zu können.
Alexandre Do Nascimento (17) spielt Scipio, den Herrn der Diebe Welche Eigenschaft von Scipio hättest du gerne? Ich wäre gerne so selbstbewusst wie er. Warum sollte man «Herr der Diebe» auf keinen Fall verpassen? Die Geschichte von Scipio und seiner Bande ist unglaublich spannend, trotz dem fehlt auch der Humor nicht und es wird einiges zu lachen geben. Was macht dir beim Proben am meisten Spass? Das Arbeiten mit den anderen Schau spieler_innen und dem ganzen Team. Es ist einfach grossartig zu sehen, dass alle an einem Strang ziehen.
EASYGOING GLAMOUR MASKE
Lina-Saphira Zatta (12) spielt die kleine Schwester Bo Was kommt dir als Erstes in den Sinn, wenn du an Venedig denkst? Ein Gondoliere, der «Oi» schreit, wenn er mit seiner Gondel um die Ecke biegt. Welche Eigenschaft oder Fähigkeit von Bo hättest du gerne? Ich besitze sämtliche Eigenschaften und Fähigkeiten von Bo in meinem richtigen Leben und bin sehr glücklich damit. Beim Proben muss man aufpassen, dass … ... man nicht über die Requisiten stol pert. Beim Spielen übersieht man sie leicht. Dabei kam es schon zu dem einen oder anderen Sturz – zum Glück hat sich aber dabei noch niemand verletzt.
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Yanick Antonelli (18) spielt den geheimnisvollen Conte Venedig ist … Laut! Welche Eigenschaft des Contes hättest du gerne? Seine tiefe Stimme. Warum sollte man «Herr der Diebe» auf keinen Fall verpassen? Weil man sieht, dass alle Beteiligten ihr Bestes geben und ihrer Energie und Kreativität auf der Bühne freien Lauf lassen.
Felix Stäger (15) spielt den cleveren Mosca Wenn du Venedig hörst, denkst du als Erstes an … ... eine schöne Altstadt mit engen, geheimnisvollen Gassen und an die zahlreichen Kanäle und Brücken. Welche Fähigkeit Moscas hättest du gerne? Mich beeindruckt, dass Mosca in jeder Situation einen kühlen Kopf bewahren kann und lösungsorien tiert denkt. Ausserdem ist er ein sehr begabter Elektriker, der alles reparieren kann. Auch dieses Talent hätte ich gerne selbst. Warum sollte man «Herr der Diebe» auf keinen Fall verpassen? Man taucht gemeinsam mit den Schauspieler_innen und den Musi kern in eine abenteuerliche Welt ein und wird als Zuschauer sogar ein Teil der Inszenierung.
HERR DER DIEBE Schauspiel nach dem gleichnamigen Roman von Cornelia Funke, für die Bühne bearbeitet von Wolfgang Adenberg Altersempfehlung: Ab 6 Jahren Premiere 30. November 2018 Kleine Bühne INSZENIERUNG Daniela Kranz BÜHNE Viva Schudt KOSTÜME Viva Schudt, Daniela Kranz MUSIK Fabian Chiquet, Joël Fonsegrive, Victor Moser VIDEO Fabian Chiquet
Riga Miftari (14) spielt die schlaue Wespe Welche von Wespes Eigenschaften hättest du gerne? Ich wäre gerne so mutig und geschickt, wie Wespe es ist. Warum sollte man «Herr der Diebe» auf keinen Fall verpassen? Weil es eine sehr spannende und vor allem abwechslungsreiche Inszenie rung wird und die Schauspieler_innen wirklich top sind! Das lustigste Erlebnis beim Proben? Simon Käser, der den Detektiv Victor spielt, fragt Prosper in einer Szene: «Von was lebt ihr denn eigentlich?» Darauf antwortete der Kollege spon tan: «Eiersalat!» Dieses Wort ist nun zum Running Gag der Produktion geworden.
MIT Yanick Antonelli, Jacob Baumann, Andrea Bettini, Luca Böhrer, Abigaël Carbonel, Julian Diepolder, Alexandre Do Nascimento, Matthias DuBurke, Inga Eickemeier, Hannah Huber, Simon Käser, Fiona Keller, Jana Krämer, Paula Krneta, Kajsa Lilly, Kaspar Maier, Om Marinelli, Riga Miftari, Julia Minssen, Connor Noeken, Marine Pertz, Mirko Schacht, Hannah Spoerri, Felix Stäger, Cédric Straub, Moyra Studach, Marielle Ullrich, Emma Veraguth, Lina-Saphira Zatta; Joël Fonsegrive, Victor Moser (Musiker) NACHMITTAGSVORSTELLUNGEN SO 9.12., SA 15.12., SO 16.12., SA 22.12., SO 23.12., MI 26.12., FR 28.12., SA 29.12., SA 5.01., SO 6.01., jeweils 16 Uhr, Kleine Bühne
Im ersten zarten Schnee auf den Bergen haben wir schon die Fuss spuren von Tieren entdeckt, die sich langsam auf den Weg machen zu ihrem Auftritt bei unserem Kin derkonzert im Dezember!
KINDERRÄTSEL: TIERPFOTEN IM SCHNEE
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Kannst du die Tiere auf dieser Seite den Fussspuren richtig zuordnen? Sende deine richtige Lösung bis Samstag 1. Dezember 2018 an a.adam@theater-basel.ch! Zu gewinnen gibt es vier Freikarten für das Konzert am Sonntag 9. Dezember 2018 um 11 Uhr!
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EASYGOING GLAMOUR PFOTEN
SACHERS MUSIKALISCHE WUNDERKAMMER FÜR KINDER MUSIKALISCHE LEITUNG & KLAVIER Stephen Delaney SZENISCHE EINRICHTUNG Barbara Luchner MIT Sarah Brady, Hyunjai Marco Lee, Ena Pongrac Es spielt das Katzen-Oktett.
MODETIPP:
Ob Abwasch, putzen oder die Feuer des Alltags löschen – mit die sem Outfit ist Mann für alle Lebenslagen bestens gekleidet. Schwarze Spitzen, Seidenbluse und die Korsage in Nadelstreifen optik sind die Basis dieses Klassikers. Highlights setzen die den Look umrahmenden weissen Ornamente. Das i-Tüpfelchen aber sind die schwarz-weissen Lackschuhe – selbstverständlich High Heels. Mit einem Stilmix durch die Zeiten, geschlechter-übergrei fend und mit der gehörigen Portion Extravaganz trotzen wir den tristen Regentagen und setzen einen Kontrapunkt zu Jeans und Wollpullover. Karl-Heinz Brandt, seit 1998 eine unverzichtbare Grösse im Opernensemble des Theater Basel, liebt es, mit Kli schees, Sehgewohnheiten und den verschiedenen Genres zu spie len. Ab dem 14. Dezember 2018 steht er – je nach Blickwinkel – als Butler oder Zofe Jacob in der turbulenten Musicalkomödie «Ein Käfig voller Narren» auf der grossen Bühne des Theater Basel. Die opulenten und fantasievollen Kostüme zwischen Drag, Dirndl und Herrenanzug hat die Kostümbildnerin Esther Bialas geschaffen. Singen wird Karl-Heinz Brandt als Jacob nicht, dafür aber umso mehr in «Spuk in der Villa Stern». Auch hier ein Butler, muss er vor allem ein Kostümfest in Schwung bringen, dessen Gäste nicht erschienen sind. Die Revue mit den unvergesslichen Chansons von Friedrich Hollaender ist ab dem 26. Januar 2019 auf der Grossen Bühne des Theater Basel zu erleben. Ob Rock oder Hose? Sehen Sie selbst.
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SACHERS MUSIKALISCHE WUNDERKAMMER FÜR KINDER Familienkonzert mit Musik von Igor Strawinsky Altersempfehlung: Ab 6 Jahren Sonntag, 9. Dezember 2018, 11 Uhr, Foyer Grosse Bühne Die Schatzsuche im Archiv der Paul Sacher Stiftung geht weiter. Diesmal öffnet sich die Wunderkammer für junge Konzertbesucher_innen: Krähen hüpfen auf Brücken, Schwäne bauen ein Haus, und müde Katzen schlafen auf dem Ofen. Der Schauspie ler Nicola Mastroberardino und die jungen Sänger_innen von OperAvenir streifen ge meinsam mit einem achtköpfi gen In-strumentalensemble durch die skurrile Fabelwelt Igor Strawinskys.
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HAUSBESUCH
ZU BESUCH BEIM HAUSGESPENST DER VILLA STERN Man muss schon sehr genau hinschauen, um es zu entde cken. «Das haben Gespenster eben so an sich», zischt das Ge spenst böse. «Wir meiden die Öffentlichkeit.» Ausnahmen be stätigen die Regel: «Es gab vor langer Zeit einmal ein Gespenst, das hat sich ganz selbstbewusst in der Öffentlichkeit bewegt. Da hiess es dann überall ‹Ein Ge spenst geht um in Europa›.» Aber das ist lange her. 1933 nis tete sich das Gespenst in der gutbürgerlichen Villa Stern ein, die sich in jeder Stadt befinden könnte. «Und ich lasse mich hier auch nicht vertreiben! Wenn sich jemand über mich beschwert, entgegne ich immer: ‹Die Geister, die ihr riefet ... ›.» In «Spuk in der Villa Stern» am
Theater Basel hat das Gespenst nun einen Gastauftritt. Unsicht bar, versteht sich. «Offiziell komme ich in der Revue von Friedrich Hollaender gar nicht vor. Aber irgendwie spiele ich trotzdem die Hauptrolle.» Der legendäre Komponist und Kabarettist Hollaender («Ich bin von Kopf bis Fuss auf Liebe ein gestellt») schrieb die Revue 1931 für das Berliner Tingel Tan gel Theater im Keller des Thea ter des Westens und spielte in bissigen Songs unverhohlen auf den aufkommenden Nationalsozialismus und den Rechtsruck in Deutschland an – der eigent liche Spuk, der in der Luft schwebte. Seit seiner Urauffüh rung war das Werk, das nur in Teilen überliefert ist, nicht mehr
auf der Bühne zu sehen. Am Theater Basel wird es nun im Januar 2019 in einer Neufas sung des für seine kritischen Unterhaltungskomödien be kannten Autors David Giesel mann wiederauferstehen. Im Mittelpunkt: das Ehepaar Stern, das kaum ahnt, wie sehr sich die Welt um sie herum gerade verändert. «Gespenster wie ich scheinen heute Konjunktur zu haben», strahlt das Gespenst mit leuchtenden Augen, «sei es in Brasilien, Ungarn oder sogar in den USA.» Höchste Zeit also, den Spuk beim Namen zu nen nen und die bösen Geister mit aller Deutlichkeit auszutreiben!
Das Team der «Villa Stern» erschrickt vor dem Gespensterspuk.
SPUK IN DER VILLA STERN Von David Gieselmann, frei nach der Revue von Friedrich Hollaender Uraufführung/Auftrags werk Altersempfehlung: Ab 11 Jahren 26. Januar 2019 Grosse Bühne
MUSIKALISCHE LEITUNG & ARRANGEMENTS Kai Tietje INSZENIERUNG Christian Brey BÜHNE UND KOSTÜME Anette Hachmann
MIT Noëmi Nadelmann, Michael von der Heide, Karl-Heinz Brandt und dem Geister-Kollektiv
Mit dem Uraufführungspaket sehen Sie jeweils eine Uraufführung aus den Sparten Ballett, Oper und Schauspiel
DIE VERSCHWÖRERIN SCHAUSPIEL VON JOËL LÁSZLÓ INSZENIERUNG: ANDRÁS DÖMÖTÖR
PAKET S I PRE 50.– CHF 1 EN LL AUF A EN PLÄTZ
DIODATI. UNENDLICH
OPER VON MICHAEL WERTMÜLLER UND DEA LOHER MUSIKALISCHE LEITUNG: TITUS ENGEL, INSZENIERUNG: LYDIA STEIER
THOMAS NOONE/JIŘÍ POKORNÝ
TANZABEND MIT CHOREOGRAFIEN VON THOMAS NOONE UND JIŘÍ POKORNÝ«FURTHER», «DAY ‹WITHOUT› NIGHT»
Alle Informationen: www.theater-basel.ch/urauffuehrungspaket