Post Romance Modernism

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Post

Romance

Modernism 3


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Romance

Julian Behrenbeck

Modernism 9


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FĂźr uns.

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Post Romance Modernism

Ha lbsch la fgeda n ken & Abendwor t losigkeit

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Post Romance Modernism

Ha lbsch la fgeda n ken & Abendwor t losigkeit

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Vorwort Post Romance Modernism. Es war eine einsame, leicht weingetränkte Freitagnacht, die sich langsam den Morgenstunden näherte als diese drei Worte plötzlich vor mir auf dem Zettel standen. Bis heute weiß ich nicht, woher sie kamen, was sie wollten und so hatte ich auch nie die geringste Ahnung, dass sie nur wenige Wochen später, der Titel meines ersten Buches werden würden. Weniger Augenblicke, gelebte Persönlichkeiten und ausgetragene Geschichten später, weiß ich zwar immer noch nicht wirklich, was mir diese Worte sagen sollen, aber ich weiß, wie diese sich anfühlen. Die Arbeit an Post Romance Modernism war ein komplett gelebetes Leben gepresst in kurze Nächte und wenige Wochen. Ich ging zurück. Monate, Jahre und Exfreunde. Wühlte mich durch verschiedene Gefühle verstreut in allerlei Texten, Nachrichten, Bildunterschriften oder Tweets. Ich klickte mich durch Bilder trauriger Nächte, grub mich durch Liebes- und Trennungsbriefe und musste mich auf dem Weg einmal öfter zwingen noch ein Stück, einen Ordner, einen Tag weiter zu gehen, um keinen Moment zu verpassen, der mich vielleicht genau an diese Stelle gebracht hat. Dieses Buch versucht mich zu erklären. Dieses Buch versucht mich mir selbst zu erklären. Versucht dem nachzugehen, was ich er- und durchlebt habe. Was ich mitgenommen und was ich unterwegs ganz bewusst oder unbewusst habe liegen lassen habe. Es versucht erneut durch alte Nächte zu tanzen. Durch Tage zu laufen, in denen ich mich selbst nicht mehr wieder erkannt habe. Ich 16


setzte mich mit mir selbst an den Tisch, hielt mir den Spiegel vor um am Ende eventuell etwas klarer zu sehen. Abstrakt. Ehrlich. Intim. Auf den folgenden Seiten f indest du sieben Jahre, zwei Lieben, sieben verschiedene Wohnorte in drei unterschiedlichen Städten. Hunderte verzweifelte Versuche, was ich immer wieder mein Leben nenne, zu verstehen, sowie mein kreatives Ejakulat unzähliger weingetränkter Nächte, in denen ich versucht habe, mich auseinander zu nehmen, im Zimmer zu verteilen und neu zusammen zu basteln, um besser erkennen zu können, was dieses Ich wirklich ist.

„Ich schließe nicht nur ein Kapitel. Ich schließe ein ganzes Buch!“ Bevor wir uns auf die Reise durch meinen Kopf begeben, vielleicht etwas vorweg: Dieses Buch wird dir nicht verraten, wie du Liebeskummer vermeidest, den Weg zu dir selbst f indest oder dein Leben beim Schopf packst. Davon hab ich nämlich selbst immernoch nicht wirklich eine Ahnung. Was ich mit diesem Buch hoffe zu erreichen, ist, dich zu inspirieren dein Ding, woran auch immer du glaubst, bedingungslos durchzuziehen. Immer auf dich selbst zu hören und keine Angst davor zu haben, dich ab und an vollkommen auseinander zu nehmen, neu zu sortieren und zusammen zu puzzeln. Ich hoffe, dir zeigen zu können, dass du mehr bist als dein Schmerz. Mit Post Romance Modernism schließe ich also wortwörtlich nicht nur ein Kapitel, sondern ein ganzes Buch. Es wird Zeit. Lass mich gehen. 17


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Kapitel 1 20 Nullpunkt. 24 Dialog. 29 Vielleicht. 35 Bewegungslos. 41 Kapitel 2 48 Ich bin mir Nah(verkehr). 62 Kapitel 3 70 Blau/Rot. 74 21:59 Uhr. 85 Flutwellen. 89 Die letzte Zigarette. 95 Was soll schon sein? 102 Kapitel 4 106 SchlĂźsselmomente. 112 Stillstand. 129 Kapitel 5 132 SpiegelbildschĂśn. 136 Bin ich das? 147 Mein Kopf ist wechselwarm. 152 Replica. 158 Danksagung 166 19


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„Julian, ich kann mich jetzt nicht über deine Gefühle unterhalten. Ich bin verabredet!“

„Du triffst bereits andere Jungs? “

„Was soll ich denn darauf antworten? “

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Nullpunkt.

“Julian, ich kann mich jetzt nicht über deine Gefühle unterhalten. Ich bin verabredet!“ — „Du triffst bereits andere Jungs?“— “Was soll ich denn darauf antworten?“ Ich starrte auf den Bildschirm. Stumm rollten die ersten Tränen über meine Wangen. Ich stand bereits zwei Flaschen tief im Rotwein. Das war’s jetzt. Der Zug meiner Trauer und meines Schmerzes würde mich in wenigen Augenblicken überrollen und nichts weiter als einen leblosen Körper in meinem immerweißen Zimmer zurücklassen. So soll es sein. Was soll ich denn noch weiter leben ohne ihn, was soll ich noch weiter kämpfen für diese Liebe, die anscheinend nur noch ich verspürte? Es waren doch nun nicht mal ganz acht Wochen, nachdem unsere Liebe ein Ende fand. Und schon jetzt trifft er – und schon jetzt f ickt er andere Jungs? Ich spürte das Beben der Gleise und mir war bewusst, dass der Selbstmordzug nicht mehr lange auf sich warten ließe. Doch anstatt mir das Leben in dieser Nacht zu nehmen, griff ich zum Telefon und wählte die Nummer des Notrufs. Nur wenige Minuten später lag ich verwirrt, verängstigt und unglaublich herzschmerzend im Krankenwagen Richtung geschlossene Psychiatrie. 26


Hier hätte jetzt alles enden können. In der Nacht hätte ich enden können. Ich war am Nullpunkt. Ich war nackt. Gefühllos. Kalt. Stumm und gelähmt. Und doch bis unters Dach geladen und gefüllt mit Schmerz, Wut, Trauer und irgendwo sicher noch einen ganzen Haufen Liebe für die Person, die mich nur wenige Wochen zuvor eines Nachts alleine zurückließ, um für kurzes Vergnügen bei einem anderen Jungen zu liegen. Es war doch alles so perfekt. Wir waren so jung, wir waren schon so weit, wir hatten schon so viel gesehen und wir waren so offen, so wild, so rücksichtlos. Damals. Bis er mir im Dezember dann den Boden, mein

„Ich war nicht ich. Ich war nur ich - ohne ihn.“ Leben, unsere Pläne mit dem Samenerguss in einem anderen Typen unter den Füßen wegzog. Ich war leer. Und dennoch fühlte ich viel zu viel. Wusste nicht wohin mit all dem Chaos in meinem Kopf, dem Hurricane in meinem Herzen. Ich war nicht ich. Ich war nur ein Ich - ohne ihn. Fühlte mich zukunfts- und orientierungslos, verletzt und nicht vollständig - so im Alleingang. Wo doch so lange Träume, ein gemeinsames Bett und intime Gedanken waren, war da jetzt – Ein Ende. Nicht nur für uns. Für mich. Doch das hier war kein Ende. Nur mein Nullpunkt. 27


Facebook

„63 Stunden, 50 Minuten zuvor.“

31. Dezember 2012 28


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Dialog.

Es ist noch nicht zu spät für uns.

Es ist viel zu spät.

Ich kann doch nicht einfach so aufhören dich zu mögen. Ich habe doch –

Du hast die Ausfahrt verpasst. Du hast verpasst mich nicht mehr zu mögen.

Ich habe 4 Jahre verpasst.

Ich bin jetzt. Ich bin fort.

Ich kann doch nicht weitergehen, wenn

Wenn ich schon längst nicht mehr in Sicht bin?

Wenn ich mir nicht ganz sicher bin, dass wenn ich mich jetzt umdrehe …Und ich werde es nicht tun, denn ich habe Angst vor der Drehung, die die Wahrheit mit sich trägt. Ich steh schon 4 Jahre tiefer in Hamburg, in anderen Straßen. Doch– Doch, was?

Doch, was soll ich denn tun, wenn er mein Herz und du mein Kopf?

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Twitter

„Du warst 21 & ich doch erst 18.“

12. Februar 2013 32


Facebook

„Wie Fremde. Auf gegenüberliegenden Straßenseiten. Aneinander vorbei.“

3. April 2013 33


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Vielleicht.

So nah. An mir selbst. An meiner Mitte. An meinem Hafen. Beinahe zerbrechlich. Unsere Fundstücke von Gestern. Meine Erlebnisse von Morgen. Deine Fiktion von Heute. Eiskalt und nüchtern. Mein erstarrter Verstand. Mein stehendes Blut. Mein unbewegter Körper. Vor leisen Türen. In später Winterluft. Mit deinen Lügen Und haltloser Wahrheit. Ich bin so nah. Vielleicht. 37


Wir fielen

aufeinander

& kurz darauf

aufeinander.

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& kurz darauf

zusammen.

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Facebook

„Körper im April. Kopf im Dezember. Herz im Januar.“

4. April 2013 40


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Bewegungslos.

Meine Eitelkeit ertränkt sich in deiner Mittelmäßigkeit. Stimmungsvoll stimulierst du dich und deine Sinnlosigkeit quer durch den Raum, doch sie schmeckt mir nicht, sie bewegt mich nicht und erregt mich nicht. Ich hab viel zu oft versucht dir in den Kram zu passen, doch das Einzige, was dir in den Kram passt, das passt mir nicht. Ich hab dich gesehen und wollte dich umso mehr vergessen. Habe unser Sein von hier bis dort und über alte Bahngleise vermessen und am Ende bringt es nichts. Deine Blicke sprechen Bände, doch da ich sie nicht lesen kann, schrei ich gegen Wände, denn es bringt mir nichts. es bewegt sich nichts. von nichts kommt auch nichts. Bewegungungslos bewegen wir uns durch unsere Leben, denn wer wortlos nur daneben steht, muss auch nicht weiter reden. Ich hab versucht für dich zu sein, ich hab versucht bei dir zu bleiben. Aber wer weil schon in der Mitte stehen, wenn sich die Geister scheiden? Es bringt mir nichts. Unser Tod lohnt sich nicht. Es wird schon alles kommen, doch kommst du nicht. 43


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Twitter

„Einige Nächte haben zu wenig Momente für große Taten.“

25. Mai 2013 46


Facebook

„Es wird Zeit. Lass mich gehen.“

6. Juli 2013 47


Streifensalat. Kurvenstrecke. Wandverlauf. Blätterspiel. Trennstrich. Wolkensturm. Blumentage. Graufluss. Wild-Warr. Himmelgetßmmel. Immerschwarz. 48


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„Und plötzlich bist du wieder da.“

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„Nach fast einem Jahr, genau dort, wo du 365 Tage zuvor noch gewesen. Du bist anders. Ich noch mehr. Bitte geh!“

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Twitter

„This love is a slow-motion suicide.“

8. August 2013 54


Twitter

„Ich kann mich nicht erinnern, mir jemals so fremd gewesen zu sein.“

6. März 2014 55


Mehr Mehr Mehr Mehr Mehr Mehr 56


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Luft.

Sie ist wieder weg. 59


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Es ist wieder schwer. Ich bin wieder leer.


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Twitter

„Vielleicht ist das hier auch gar nicht meine Geschichte.“

17. März 2014 62


Twitter

„Die Fenster waren groß. Die Zigarette schon längst verraucht. Und unser Früher ist nicht jetzt!“

20. März 2014 63


Ich bin mir Nah(verkehr).

Ich bin mir nah. So nah, ich könnte mir fast am Nächsten sein. Wenn man so will und ich will jetzt so: Ich bin mir selbst am nächsten. Also Ich. Ich spreche von mir. Dem Ich, als reine und pure und längst nicht mehr so sehr unschuldigen Idee meines Selbst, das hier steht und weiß und denkt und fühlt, bin ich mir am nächsten. Wenn wir dies einmal annehmen, und wir uns von uns selber abnehmen, abheben, dann: Plötzlich: Stehe ich neben mir. Dann stehe ich daneben und blicke mich an. Bringe Raum und Zeit dazwischen, setze mich mit mir selber an einen Tisch und mit allem auseinander. ch blicke umher und sehe - schon viel zu lange - nicht mehr aus meinen Augen, ich sehe aus den Augen, die nicht meine sind, aber vorgeben mir zu gehören. Ich sitze mir selber gegenüber. Auf der anderen Seite. Wie, ja wie soll ich mir, mir selbst, meinem Wesen, meiner Idee, jetzt noch nah sein? Geschweige denn am nächsten? Die Idee von mir unterbrochen durch Stuhl, Tisch, Zimmer, Zeit und noch viel mehr, was ich da plötzlich so sinnfrei und unbedacht in den Raum geworfen habe und jetzt nicht mehr weiß aus welcher Schublade ich welchen Pulli, der nicht mehr passt, nicht mehr passend gemacht, nie wieder passend wird, welche Notiz, irgendwann geschrieben in vergangenen Momenten, diese Minute, jene Stunde, gezogen, gestopft, ja irgendwo hergeholt habe.

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Das Etikett klebt noch an mir dran. 19,99€. Minus 30%. Ich nahm mich mit, verstaute mich zwischen Gestern und Morgen und habe gehofft, dass ich…Und jetzt? Jetzt liegt alles hier. Alles, irgendwo. Und ich steh am anderen Ende und bin mir nicht mehr nah. Noch weniger fern. Ich bin da. Irgendwie. Dazwischendrin. Hier liegt so viel rum. Es liegt so viel Lärm in unserem Schweigen, so viel Flut in meiner Ebbe, da ist etwas Himmel am Boden, ein Haar in deiner Suppe, ein Restschluck Wein. Er hat mir eh nicht geschmeckt. Du hast mir eh nie geschmeckt. Zwischen mir, dir, uns, ich mir gegenüber - verstreut. Hier ist es laut. Ich wollte das gar nicht so, Ich wollte doch anders. Ich, du und die eigene Schuld liegt in den fremden Schuhen. Mein Blickt fällt und legt sich daneben. Regungslos möchte er reden, doch alles, was ich sagte, habe ich verschwiegen, habe ich vermieden. Sagte ich zu mir, zu Blättern und ich stehe im Haufen, im Chaos, in der Idee und räume mich selbst in fremde Schubladen zurück. Versuche mich Schritt für Schritt für Tag und Nachtschatten durch mich selbst zu bringen. Zurück zum Nahsein. Zum nicht mehr daneben stehen. Zum in mich gehen und zurück aus mir heraus, damit ich erneut daneben stehen kann und zusehe, wie ich mir selbst fern bin, aber nah sein will und diese Idee aus den Heften radiere, als wäre sie nur ein falsches Wort in einem langen Satz, der irgendwann kein Ende mehr fand. Ich habe mich zerstreut. In Momenten, die jetzt Schubladen sind, einer Kommode, die ich mich selbst genannt habe. 19,99€. Minus 30%. Ich nahm mich mit, verstaute mich zwischen Gestern und Morgen und habe gehofft, dass ich – Ich habe gelogen. Ich bin mir nicht am Nächsten. Ich kann es gar nicht sein - so wie ich - so wie wir - nie waren, weiß ich, dass ich mehr daneben und gegenüber und drumherum als wirklich in mir drin. 65


Es ist unsere Zeit. Sie geht nicht weg. Nur voran. Irgendwie. Vergeht sie. Verdreht sie. Schweigt sie. So wie ich. An unserem Sonntag.

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Twitter

„Von jetzt auf gleich. Und dann nie wieder.“

31. März 2014 68


Twitter

„Wenn du nur wüsstest…“

22. April 2014 69


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„Ich bin das, was er nicht sein kann!“


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Ich bin nicht ich und das ist, was nicht mehr sein kann!“


Blau/Rot.

„Bei Ihnen zeigen sich starke Verhaltensweisen einer bipolaren Persönlichkeitsstörung. Sie sind manisch-depressiv, Herr Behrenbeck!“ Es war die Nacht, nachdem ich mich freiwillig in eine psychiatrische Klinik in Hamburg einweisen ließ. Ich kann mich an das Protokoll, welches mir nach meiner Entlassung - veranlasst durch mich, nach nur wenigen Tagen - ausgehändigt wurde, nur wage erinnern und ich weiß auch nicht, in welcher Kiste, dieses nun nach so vielen Umzügen schlummert. Ich weiß aber, dass es mich als sehr gespalten bezüglich meiner Aussagen in der Nacht beschreibt. Von „Ich möchte dieses Leid nicht mehr ertragen. Wieso hat er mich betrogen?“ bis „,Warum sieht eigentlich keiner, dass ich einer der größten lebenden Künstler bin?“ war im „Ich-hab-eine-Meise-Bingo“ alles dabei. Zudem weiß ich auch, dass ich mich nie wirklich umbringen wollte, dass ich es nicht mal versucht habe. Ich war schon damals viel zu verliebt und besessen von meiner Karriere, meiner Kreativität und meinem Talent, dass ich das niemals hätte freiwillig beenden wollen. Jedoch wusste ich nicht, wo ich sonst Hilfe und ein Ohr f inden sollte. 76


Nach dieser Nacht wurde mir also ein weiterer Stempel auf die Stirn gedrückt. Mittlerweile habe ich das Gefühl, ich bin ein alter Koffer, auf dem man Touristen-Sticker aus besuchten Städten sammelt. Demnach: Schön eine weitere Stadt in meiner langen Liste begrüßen zu dürfen.

„Herzlich Willkommen, Bipolare Persönlichkeitsstörung!“

In den letzten Jahren ist dieser Begriff, ebenfalls wie Bulimie, Magersucht, Binge-Eating oder Depression zu einer Trenddiagnose geworden. Diverse soziale Netzwerke, insbesondere Tumblr oder Instagram sind zu mentalen Spielplätzen für diese Krankheiten gewachsen. Wer es nicht ist, ist es spätestens nach einem Besuch oder der Suche nach den richtigen Tags auf dieser Plattform oder noch viel schlimmer: Glaubt es zu sein. Damit spiele ich nichts runter oder möchte respektlos wirken. Nein. Ich möchte damit sagen, dass sich im Internet viel zu viele Hilferufe erkrankter Jugendlicher bef inden und diese als „Kunst“ gereblogged werden. So ging es mir damals auch. Ich baute mein Haus, meine Persönlichkeit, meine Gefühle zuversichtlich in die Mitte zweier Extreme. Zwischen selbstwertlos und hochmotiviert. Zwischen tagelang das Bett nicht mehr verlassen und Leben komplett im Griff haben. Zwischen „Ich möchte nicht mehr existieren!“ und „Ich weiß, ich kann Großes schaffen!“. Baute es zwischen Liebe und Leid. Zwischen Leben und 77


Tod. Baute es direkt zwischen blau und rot. Schön, dass mein Haus jetzt immerhin einen Namen trug. Und ich habe es wirklich schön hergerichtet. Ich habe mich wirklich gut und sorgfältig um mein Haus zwischen den Extremen gekümmert. Malte es aus, richtete es nach meinem minimalistischen Geschmack ein, räumte Kleider, Möbel und alte Säcke aus alten Geschichten, alten Wohnungen f leißig und sorgfältig herein. Legte eine Herzlich Willkommen Matte vor die Tür und lebte mein Leben von jetzt an, eben zwischen den Stühlen. Auch ganz nett dachte ich. Lediglich eine kleine Namensänderung musste ich mit der Zeit veranlassen:

„Aus ‚Bipolare Persönlichkeitsstörung‘ wurde im Handumdrehung ‚Quelle aller Kreativität‘.“ Denn ich meine: Hallo, ich bin Künstler. Die müssen doch leiden. Die haben doch alle irgendwie ein Rad ab, laufen nicht ganz rund, haben nicht alle Tassen im Schrank. Ich bin eben Künstler. Da muss man eben leiden, einen Todeswunsch haben und naja eben unglücklich leben. Man sagt doch „Art doesn’t come from happiness“. So sagt man. Ja. Gehirnwäsche hat also mal wieder hinreißend funktioniert. Dass ich mir sowas ganz hervorragend einreden kann und mir selber dann auch noch jeden Unfug glaube, werdet ihr später noch an einem anderen Beispiel sehr bildlich nachvollziehen können. 78


Ich war also verliebt in meine Krankheit. Ja, ich hab sie als Teil von mir und viel fataler meiner Kreativität und meines Schaffensprozesses angesehen, ja, ich war fast schon stolz. Durch meine schnellen Stimmungsschwankungen wurde mir nie langweilig. Ich hatte immer neue Impulse, hervorgerufen durch von mir bewusst inszenierte Extremsituationen wie Streits, Sex mit dem Ex, kreative Projekte oder eiskalt-manipulierte Freundschaften. Ich warf mich lächelnd Tag für Tag in meine eigene Kreissäge und dachte, dass das normal sei. Aber: Ein Normal gab es für mich nicht. Es gab eben nur schwarz oder weiß, nur rot oder blau, es gab nie ein grau. Dieser schnelle Wechsel zwischen Leid und Liebe am Leben und an dem, was ich tue, war für mich inspirierend. Aus ihm zog ich Kraft. Schließlich dachte ich, das sei das, was Künstler eben ausmachte. Und ich wollte doch unbedingt einer sein. Einer wie McQueen. So sein wie er. So extrem. So düster. Ich dachte, wenn ich all’ das aushalte, dann bin ich dem ein Stück näher. Vollkommen ausgeblendet habe ich dabei nur, dass die depressiven Phasen, genau das Gegenteil waren und wohl doppelt so intensiv, wie meine manischen Tage. Bereits um 11 Uhr morgens betrunken, nicht anwesend in der Uni und ungeduscht, schloss ich mich in meinem Zimmer ein. Durchlitt alles nochmal von vorne. Bewusst. Nochmal durch die Trennung, nochmal durch den Schmerz, alles nochmal durchkauen. Stundenlang lag ich rum, wusste nichts anzufangen mit mir, mit der Zeit, mit meinem Leben. Aber Hey, das gehörte wohl dazu. Da muss ich jetzt durch. Therapie? Wozu? Dann geht doch nur meine ganze Inspiration verloren, dann bin ich ja plötzlich normal. Woher denn dann den ganzen Schmerz nehmen um all das hier erschaffen zu können? Nein, ich muss das aushalten. Im Sinne meiner Kunst. 79


„Ohne meine Krankheit, bin ich doch nichts mehr!“ Genau das musste sich mein Umkreis gefühlte hundert Mal anhören. Und ich erzählte es auch jedem, der es hören wollte. Mich freute diese durch meine Krankheit ausgelöste Produktivität. Ganz im Gegenteil zum Vergnügen meiner Freunde oder Kollegen. Denn die wurden bei jedem Treffen mit dem gleichen Problem, der gleichen Frage konfrontiert: Welchen Julian treffe ich heute? Durch meine schnell wechselnden Phasen der Depression und Manie war es immer ein Glücksspiel in welcher Stimmung ich meinem Gegenüber unter die Augen treten würde. Etwas, das für Freunde schwer zu verstehen und zu akzeptieren war. Verständlich. Denn mich gab es ja nur in Extremen. Entweder war ich ein kleines widerwärtiges Stück Scheiße, der an Allem und Jedem etwas auszusetzen hatte und nicht verstand, wieso man mich noch nicht auf diese Stelle gesetzt oder jenen Preis verliehen hat. Oder ich war ein kleines Häufchen Elend, der jedem in kürzester Zeit die gesamte Geschichte meiner Liebe, Trennung und meines Schmerzes an den Kopf warf. Also wie man es drehen und wenden wollte: Eigentlich ging es immer nur um mich. Noch heute erkenne ich diese Verhaltensmuster. In depressiven Phasen höre ich auf zu essen und zu reden, sitze stillschweigend im Off ice, beschalle mich mit Musik um der ganzen Situation zu entkommen. Ich verschwinde im Chaos. Ich werde unsichtbar für mich und alle drum herum. In Situationen wie diesen kann man leicht vergessen, dass ich anwesend war. Vorrausgesetzt ich war auch wirklich anwesend und ich habe es ins Off ice 80


geschafft. Oftmals sind diese Tage so schwer und unerbittlich, dass ich nicht aus dem Bett komme, mich grade einmal ins Bad, zum Kühlschrank und zurück ins Bett schleppe und den ganzen Tag zu rein gar nichts zu gebrauchen bin. Es sind die Tage, an denen ich grade auf Instagram sehr aktiv bin. Aus dem einfachen Grund, dass ich mich nach Zuspruch sehne, einem Like, einem Herz, einem Doppel-Tap. Nach dem Gefühl, das mir sagt, dass ich nicht so wertlos bin, wie ich mich grade fühle. Ja. diese Tage sind immernoch. Ebenso wie die Tage des kompletten Gegenteils. Denen ich meine komplette Karriere zuschreibe.

„Ich bin nicht alleine. Ich bin mindestens zu Fünft.“ Es hat erst einen Umzug nach Wien, das Gefühl von Einsamkeit und den Realitätsschock, dass ich nicht mehr fähig bin zwischenmenschliche Beziehungen einzugehen, da ich bereits tagtäglich mit meiner Krankheit Händchen halte, gebraucht, bis ich mich wirklich einer Therapie öffnen konnte. Einmal wöchentlich düste ich 40 Minuten quer durch Wien, um mich eine Stunde mit meiner Therapeutin zu unterhalten. Ich kam immer mit einer Art To-Do Liste. Die Zeit wollte ja genutzt werden und nur rumsitzen und plaudern, wollte ich ja auch nicht. Zeit ist Geld. Also notierte ich im Laufe der Woche alle Situationen oder Auslöser, die mir bewusst aufgefallen sind, um diese dann im Gespräch auseinander zu nehmen und zu analysieren. Alleine das Aufschreiben half mir und meinem verknotetem Kopf und Verstand unge81


mein sich zu entwirren. Eine gewisse Zeit unterstützen wir die Therapie mit Medikamenten, die meine extremen Stimmungsschwankungen und zu dem Zeitpunkt aufgetretenen Schlafstörungen mildern sollten. Ersteres setzte ich wieder sehr zeitnah ab, da ich das Gefühl hatte Situationen ganz gut einschätzen zu können und mein Leben wieder mehr und mehr fest im Griff hatte. Im Laufe meiner Sitzungen kamen wir an dem Punkt, an dem ich verlauten ließ, dass ich ab und an das Gefühl habe mich zu verlieren, nicht wirklich zu wissen wer ich bin. Ich schob dieses Gefühl auf „die zwei Herzen in meiner Brust“, weswegen ich diesen Gefühlscocktail lange für nicht wichtig hielt, da es Teil meiner emotionalen Achterbahnfahrt für die ich ja nun mal eine Jahreskarte erstanden habe, war. Aber jetzt war ich bereit. Ich hatte mich so sehr verloren, dass ich gefühlt meine Persönlichkeiten und Gedanken schneller wechselte, als andere ihre Diäten. Ich brachte zur Sprache, dass ich Angst hatte, durch meine so schnelle und frühe Karriere, Zeit nicht genutzt zu haben, die ich vielleicht in die Selbstf indung hätte investieren sollen, damit ich jetzt fähig wäre zu sagen: Das bin ich. Genau so. Meine Therapeutin erwiderte meine Problemstellung mit einem Satz, der mir rückblickend in der ganzen Therapie wohl am meisten geholfen hat: “Wir müssen verstehen, dass wir uns als Persönlichkeit nicht auf ein Ergebnis festnageln können. Wir bestehen aus verschiedenen!“ Für mich klang das im ersten Moment absolut nicht hilfreich, sondern eigentlich mehr beängstigend. Für die nächste Woche gab sie mir die Aufgabe mich gezielt und konzentriert auseinander zu nehmen, um mich in verschiedene Rollen unterteilen zu können, mit denen ich mein Leben spiele. So weit, so gut. Ich dachte immernoch an meine zwei verschiedenen Extreme und schrieb diese als erstes auf die Liste. Eine Woche später nahmen wir ganze fünf ver82


schiedene Rollen (Mit Luft nach Oben) unter die Lupe. Plötzlich stand da nicht mehr nur manisch und depressiv. Da standen 5 Persönlichkeiten. Der romantische Künstler. Der ehrgeizige Workaholic. Die 40-jährige Alkoholikerin. Die sexbesessene Drecksau. Die bodenständige Hausfrau. So schriftlich auseinandergenommen, offen- und dargelegt verstand ich mich ein Stück besser. Sah ein wenig mehr klar, wieso gewisse Situationen abgelaufen sind, wie sie sind oder Andere komplett anders. Wieso Freunde sagen, ich bin von Tag zu Tag anders und die krasseste Achterbahnfahrt, wie man erleben kann. Ich bin eben mindestens zu Fünft in meinem Kopf. Und nicht nur ich. Das sind wir alle. Jeder von uns kann sich genau so auseinander nehmen und sehen, welche Rollen wir in gewissen Situationen annehmen, welche Charakterzüge wir an den Tag legen. Wir sind nicht ein Charakter. Wir sind eine nette Truppe. Und jeder will mal seine Sendezeit. Nachdem dass da alles so stand, half mir das meiner Krankheit und den Extremsituationen den Kampf anzusagen. Alleine, weil alle meine Rollen nun eine Beschreibung hatten, war ich viel fähiger diese zu steuern, zu spüren und zu lenken. Ich war fähig gewisse Rollen schnell von der Bühne zu schmeißen, bevor das Publikum den Saal verließ, weil sie etwas anderes erwartet haben. Ich war endlich fähig ich zu sein.

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Twitter

„ Am Ende bleibt uns noch der Konjunktiv.“

26. Juli 2014 84


Facebook

„Rückschlag um Rückschlag bricht dir das Rückgrat.“

21. August 2014 85


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21:59 Uhr

Ich glaub‘, ich steh‘ drei Meter tief im Glas. Hau‘ alles auf den Kopf und kenne dein Mittelmaß. Schlag‘ über die Strenge, ich zügel die Pferde, komm‘ nicht woanders hin, züchte verbrannte Erde. 87


Ich komme nicht um mich rum, komme nicht an mich ran & komme vorallem nicht weiter.

Nach vorn. 88


Ich komme nicht um mich rum, komme nicht an mich ran & komme vorallem nicht weiter.

Nach vorn. 89


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Flutwellen.

Herzzeit zeigt sich nicht. Kann ich wollen, will ich nicht. Will vorbei, will vergehen, Kann nicht ticken, weder stehen. Hand in Hand und Hand auf‘s Herz. Wird nicht gehen, kann kein Schmerz. Wiederkommen, gehen erneut. Bitte geh nicht weit, ich geh hinfort. Weg nicht weit, doch Weg so fern. Werd ich gehen, geh ich gern. Bau kein Zelt, doch bau mein Haus. Alleine baut es sich kein Haus. Boden seh ich. Nicht mehr weit. Doch am Boden haust mein Leid. Leer ich alles, mach ich‘s leer. Kann nichts werden, wird nicht mehr. Hab gegeben, was nicht war. Kann nicht kommen, mag‘s nicht wahr. Zurück nach vorn und vorn zurück. Hab gegeben - bekomme kein Glück. 91


„Bitte lass uns an der Oberfläche bleiben.“

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„Ich bitte dich, lass uns doch jetzt oberflächlich bleiben!“

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Facebook

„Mein Interesse ist schon längst desinteressiert.“

2. September 2014 94


Twitter

„ Allwöchentliche belanglose Sonntagsbedeutungslosigkeit.“

29. September 2014 95


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Die letzte Zigarette. Deine Gassen sind wie aufgeraucht, mein Glas neigt sich steil unserem Abgrund. Der Wecker weckt nur längst verdorbenes Fleisch zu später Morgenstund. Ich beiß mir in den eigenen Schwanz; Ich zerreiß mir zwecklos meine Klappe. Mit dem Rücken an der Wand steh’ ich jede Nacht wieder auf deiner Matte. Es fällt, was fallen muss. Du schmeckst wie drei Tage altes Bier. Deine Pisse tropft aus deinen Schuhen, doch das sind nicht mehr wir. Es ist nicht mehr mein Ding, was dir da zwischen Eventualitäten, von links nach rechts und steil nach vorn, versucht in den Weg zu treten. Unser Schmutz von gestern Nacht klebt wie dein Saft auf meinen Lippen. Deine Beule in der Hose versucht unsere Tiefen klammheimlich zu umschippen, Vielleicht sind wir aber bereits gesunken, bevor wir wussten, welches Schiff wir nehmen, und haben wir einmal zu oft gedacht, dass wir vor unserem Tod noch Tiefe leben? Mein Körper steht dir offen, so wie die Tür die du dich nicht traust zu zuschlagen. Deine Hand greift nach mir, und du greifst ziemlich tief, ohne mich zu fragen. Ob du noch bis zum Morgen bleibst, bleibt unbekannt. Dein Hart wird härter, weiter butterweich. Stecken wir die Zigarette danach und am Ende uns in Brand. 97


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Stufenhaus. Naturchaos. Splittertage. Lichtweg. Wechselbahnen. Wolkenalleingang. Betonwege. Mehr Meer. SchwarzweiĂ&#x;taumel. Schattenstunde. Steinlinien. 100


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Was soll schon sein?

Eiskalt liegt die Nacht auf meiner Haut. Ich bin so leicht, wie du bekleidet. Was soll schon sein? Was kann denn werden? Das hier ist doch sowieso nur eine Aufzeichnung alter Gefühle. Das hier ist doch sowieso nur Repeat. Das hier ist doch sowieso alles nicht mehr neu. Es ist alt, ausgenutzt, ausgetragen, abgelaufen. Hautfarbenwarm liegt mir der Morgen auf der Haut. Und du daneben. Was soll schon sein? Was kann denn werden? Während wir zwischen den Minuten, Doch hoffen, dass uns Stunden bleiben, Wenn sich keiner traut, die Uhren auf null zu stellen. Zurück zu dem, wo wir mal waren. Zurück zu dem, was wir mal kannten Zurück zu dem Zurück zu - Was soll den gestern schon gewesen sein, Was wir nicht heute erneut…? 104


Was soll schon sein? Was kann denn werden? Nein? Nicht erneut, es muss anders sein. Es muss woanders sein. Es kann nicht hier, es kann nicht jetzt, was wäre denn schon morgen? Ich bin das, was er nicht sein kann, Ich bin nicht ich und das ist, was nicht mehr sein kann. Und dennoch bleib ich bis zum Kaffee danach. Bis zum Morgen danach. Bis zu den leeren Erklärungen danach. Doch sobald die Tür ins Schloss fällt, fallen wir ins uns zusammen, Wie das Schloss auf dem Sand, wie einst wir: Kopf gegen die Wand. Ja, ich verstehe, was du da so willst. Ja, ich verstehe, dass du das so willst. Aber warum sitz ich dann zwischen deinen Nächten. Warum steh ich dann inmitten dieser Stadt? Denn am Ende hat uns das Ende doch alles nichts gebracht. Am Ende hat es uns doch nur unser Ende gebracht.

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Twitter

„Dein Herz ist müde. Mein Kopf bleibt laut.“

29. September 2014 106


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„Die Türen schließen uns ein. Wir haben uns festgefahren. Sitzen fest zwischen vielleicht und wohlmöglich und wohlmöglich haben wir das vielleicht noch gar nicht bemerkt.“

„Du und ich fahren um den Block. Fahren um den schon längst kalten Brei. Ja, drehen unsere Runden, wir drehen uns im Viereck. Wand für Wand aus den Haltestellen, an denen wir immer nur wartend stehen.“

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Facebook

„Kopf zu. Augenlos.“

2. Dezember 2014 112


Twitter

„Farbloser Erinnerungsbrei. Wir waren noch nie so blass.“

7. Dezember 2014 113


Schlüsselmomente.

Mit dem Schlüssel in der Hand stehe ich vor meiner Tür, schließe auf und trete ein, trete in den Raum und denke, das war zu oft, zu viel, nie wirklich richtig. Hatte ich bereits zu viele Schlüssel für zu viele Türen in der Hand, den Fuß immer im Spalt und jede Gelegenheit griffbereit. Hatte ich bereits zu viele Türen mit fremden Schlüsseln aufgesperrt, um hineinzutreten, mich hineinzubitten, um dann vor die Tür, eine Matte zu legen auf der jetzt „Mein Leben“ stand? Hab ich zu oft versucht, alles in den Schrank zu räumen, zu vertuschen, zu verheimlichen, was ich nicht wahr, was keiner wahr haben sollte? Sperrte ich mich weg. Tag für Tag und wurde stumm, blind und taub, für alles, all’ das, was ich ich mal gespürt habe, mit anderen Schlüsseln, in den fremden Türen, auf den fremden Betten und den Nächten, mit der Zigarette in der Hand auf dem Fensterbrett - was nicht meins. Kann ich denn wissen, wo ich mein Haus gebaut habe? Die Wände sind viel zu nah, die Decke fällt mir auf den Kopf, es ist zu wenig Platz, ich hab viel zu viel Platz, er ist voll, doch kann ich ihn schon lange nicht mehr füllen, außer mit meinem Weiß. Meine Geschichte mit Wort und Bild an die Wände gepflastert, kann ich - will ich nicht, will ich vergessen, welche Schlüssel bereits an meinem - schon lang nicht mehr - Schlüsselbund baumeln, in denen ich zuhause war. Mein Deckweiß deckt nicht mehr, deckt schon längst nicht ab, was niemand - schon lange nicht mehr - sehen und fühlen will und stehe inmitten allem.

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Kann ich denn jetzt noch standhaft bleiben? Kann ich noch hier, so wie ich jetzt bin, sein oder werden kann, doch sehen, und denken und hoffen, dass ich eines Tages den Schlüssel verliere, der mich zwingt, meine Wände immer wieder auszumalen? Mit Gefühlen, die nur Einbildung sind, mit Geschichten, deren Ende sich fand, mit Menschen, die längst weg, mit Gedanken, die nicht mehr fliegen, liegt alles begraben und steht in der Ecke. Nüchterngeboren und für lebendig erklärt. Hole ich Luft und zum Gehen aus.

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Twitter

„Sackgasse, Blutmassen, Fuß fassen, seinlassen!“

31. Juli 2015 120


Facebook

„ Aufspielen. Abspielen. Hin und wieder an uns rumspielen.“

22. August 2015 121


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Facebook

„Träume aus vergangenen Betten.“

20. September 2015 127


gleichgewicht — nicht taumel tage immer neu. im — mer wieder. immer nie. gleich nicht — gewicht. 128


2016 Sep

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Stillstand.

Gleichgewicht-nicht. Taumel-Tage - immer neu. Immer nie. Immer wieder. Gleich nicht Gewicht. Will haben. Kann nicht reichen. Ziehen, laufen, bewegen. Stand still im Stillstand. Stand inmitten Allem dennoch still. 131


Facebook

„Ich habe einen Platz frei. Ich bin hier fehl am Platz.“

11. August 2016 132


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Ich bin da.

Bin ich das? 137


Spiegelbildschön.

Ich bin essgestört. Dieser Satz steht da nicht, weil ich stolz darauf bin, euch das mitteilen zu müssen oder können. Er steht da nicht, weil ich jemanden schockieren möchte. Und als allerletztes steht er dort, um irgendwen zu motivieren, eine genauso komplizierte und alltagsschwere Beziehung zur Nahrungsaufnahme aufzubauen, wie ich es getan habe. Nein, er steht dort viel mehr, um mich daran zu erinnern. Ja, ich bin essgestört. Und das schon eine ganze Weile. Ich werde es auch immer bleiben. Das mag jetzt sehr pathetisch für den Einen oder Anderen klingen, jedoch spreche ich aus Erfahrung, wenn jede Nahrungsaufnahme, vor allem in Gesellschaft, zur absoluten Mutprobe wird. Was jedoch eigentlich noch viel schlimmer ist: Ich habe wirklich gedacht, ich wäre es nicht mehr. Ich hätte es geschafft. Ich hätte dieses Problem, welches mich jahreslang durch dick und dünn (Ha! Wortwitz!) begleitet - obwohl eher belästigt - hat hinter mir gelassen. Ja, ich dachte wirklich es wäre vorbei. 138


Damals. Mitten im Studium. Ich hatte ein einigermaßen geregelten Tagesablauf, so wie man ihn eben als Student, Teilzeitkraft bei einem Bäcker ( Ja, mein Leben ist ab und an sehr ironisch) und als Vollzeit-Blogger haben kann. Im Grunde eigentlich gar nicht. Aber ich fand Halt in meinem Chaos und fand die Kraft mich meinen größten Ängsten zu stellen: Den Schritt auf die Waage und nackt vor den Spiegel. Ich war bereit für Zahlen und Fakten. Ich war bereit, mich im günstigsten Sportstudio der Stadt anzumelden und ich war bereit mich dem Thema Essen komplett neu anzunähern. Woher diese Motivation damals kam, kann ich bis heute nicht wirklich zurückverfolgen. Vielleicht auch besser so.

„Ich wollte schön sein. Wie die anderen Jungs!“

Die Kilos purzelten. Ich ernährte mich wieder mehr oder weniger ohne Panikzustände und ich fand mittlerweile Gefallen daran, zwei bis dreimal die Woche auf dem Crosstrainer zu stehen. Nicht nur um den Körper wieder auf Vordermann zu bringen, nein, vorallem um den Kopf frei zubekommen. Angetrieben durch die schnellen Erfolgen, dem neugewonnenen positiven Körpergefühl und einer Kleidergröße weniger, beschloss ich damals auf meinem Blog meine Geschichte zur Essstörung zu teilen. Nicht nur um von meinen Erfahrungen zu berichten, sondern auch um anderen Mut zu machen, offen mit dem Thema umzugehen und somit gegenseitig eventuell helfen zu können. Und so tippte ich damals zuversichtlich und selbstbewusst folgenden Artikel. 139


“Entenarsch”,“Schwabbel” oder “Fettie” haben sie mir täglich um die Ohren geballert. Dazu gab es Mülleimer, die über meinen Kopf gestülpt wurden und diverse andere Schikanen meiner Mitschüler. Die Folgen dieser wirklich beschissenen Realschulzeit, zeigten sich jedoch erst im Abitur. Eine Essstörung kommt nicht von heut auf morgen. Sie kommt auf leisen Sohlen und wenn sie denn da ist, erkennst du sie gar nicht. Mein Körper und ich waren nie die besten Freunde. Und zu dieser Zeit war er mein größter Feind und ich habe Tag für Tag gegen ihn gekämpft – bis er zurück schlug. Dazu später aber mehr. Ich kann keinen genauen Zeitpunkt festlegen, an dem ich sagen würde, dass ich eine Essstörung habe, da ich seit ich 12 bin diverse Diäten, Hungerstreiks und Sportprogramme durchgemacht habe. Doch ich kann sagen, wann das Erbrechen begonnen hat. Es war eine Familienfeier mit Kuchen, Keksen und noch mehr Essen. Und ich habe ordentlich zugeschlagen. Erst zuhause wurde mir übel und ich wollte die Menge an Kalorien aus mir rausbekommen. Das erste Mal, dass ich mich bewusst und gezwungen übergeben habe, womit das Drama seinen Lauf nahm. Kaum den letzten Bissen runtergewürgt, verschwand ich auf der Toilette und … Ich hatte mir damals das Kotzen antrainiert, Mit Würstchen und viel Mineralwasser. Wie ich das genau angestellt habe, ist mir bis heute schleierhaft. Vielleicht ebenfalls besser so. Obwohl das Essen nicht mehr in mir war, plagte mich das schlechte Gewissen und ich stand jeden Tag knapp zwei Stunden auf dem Hometrainer und mach140


te 100 Sit Ups. Tag für Tag. Und die ersten Erfolge zeigten sich schnell. Einzig und alleine das Abendessen, welches jeden Tag aus einem Salat bestand, konnte ich irgendwie bei mir behalten ohne durchzudrehen. Das ganze Programm zog ich knapp zwei Jahre exzessiv durch. Doch wirklich dünn war ich immer noch nicht. Da die Hungerattacken nicht ausblieben und ich andauernd massenhaft an Speisen in mich rein futterte, stagnierte meine Gewichtsabnahme irgendwann. Bei der Menge an Essen, die man bei solchen Attacken in sich schlingt half auch irgendwann das Erbrechen nicht mehr, und ich verlor immer weniger Gewicht. Und wirklich dünn war ich immer noch nicht.

„Eine Essstörung verschwindet nicht so schnell, wie die Trends von den Straßen!“

Einfach auf hören ging jedoch nicht. Einmal in solch extremen Verhaltens- und Denkmustern gefangen, entkommst du diesen nicht wieder so schnell. Noch heute – obwohl ich mich seit drei Jahren nicht mehr erbrochen habe – überkommt mich ab und an das Gefühl, ich müsste es tun. Auch wenn man nicht mehr in der Hochphase dieser Krankheit steckt, so bleiben die Denk- und Verhaltensmuster weit aus länger. Noch heute fühle ich mich immer zu fett. Immer noch nicht schön genug, wie all die anderen Jungs. Weder begehrenswert, noch heiß. Aber ich habe gelernt, 141


meinem Körper nicht mehr für irgendein Idealbild so etwas anzutun und mich so kaputt zu machen. Ich habe gelernt meinen Körper als mein Zuhause zu akzeptieren. Lass dir von niemandem einreden, du seist zu fett, nicht schön oder nicht ausreichend oder genug, so wie du bist. Du bist unglaublich toll so wie du bist. Pass auf dich auf. Und behandle deinen Körper nicht wie deinen Feind. Er ist dein Zuhause. Und ich hätte mich nicht besser belügen können. Auch wenn diese Zeilen einige Jahre her, die Umstände demnach jetzt bekannt sind und auch wenn sie viel Wahrheit beinhalten, sind sie der geschriebene Beweis dafür, dass diese Krankheit nicht einfach so ihr Ende f indet. Nein. Denn nur wenige Jahre später, stehe ich erneut auf Null, erneut neben der Waage, erneut stundenlang panisch im Supermarkt, um aus Angst vor jedem Essen, den Laden nur mit einer Flasche Wein zu verlassen. Als ob das so viel besser wäre. Ich muss erneut sagen: Ich bin essgestört. Es ist nur anders als damals. Durch die verschiedenen Hoch- und Tiefphasen kann ich die Krankheit jetzt anders betrachten. Ich kann einen Schritt zurückgehen und die Situation mit etwas Entfernung betrachten. Ich rede mir Dinge ein, die nüchtern betrachtet absolut sinnfrei sind. Doch wenn man sie nur oft genug denkt, zu einer Art Mantra werden. „Du bist nur liebenswert, wenn du dünn bist!“, „Du wirst glücklich werden, wenn du 142


erstmal wieder dünn bist!“ oder „Ich f inde keine Liebe, wer liebt denn auch fette Jungs?!“ sind Gedanken, die sich nach all den Jahren normal und viel schlimmer richtig in meinem Kopf anhören. Ich glaube sie. Ich glaube, dass ich ein besseres Leben hätte, wäre ich dünn. Die Wahrheit ist: das ist natürlich absoluter Schwachsinn. Danke Verstand für diesen kurzen Moment der Klarheit. Und danke Dir für dein bejahendes Nicken, während du diese Zeilen liest.

„I am sorry, honey. I can‘t go out. I am to busy being fat!“

Mein Erfolg oder meine beruf liche Lauf bahn haben nichts mit meinem Gewicht zu tun. Meine Kreativtät hat nichts mit meinem Gewicht zu tun. Mein Ehrgeiz, mein Werdegang oder mein Mut haben nichts mit meinem Gewicht zu tun. Dass ich keine Jungs mehr kennenlerne, seit Jahren keinen Sex mehr habe oder keine Liebe mehr f inde, hat nichts mit meinem Gewicht zu tun. Denn wenn ich mal ehrlich zu mir bin, könnte ich wahrscheinlich schon morgen ein Date haben und auch Sex. Ich will es nur nicht. Aber das steht auf einem anderen Blatt Papier. Das sind alles Dinge, die ich irgendwann eben so entschieden oder hart für gearbeitet habe. Vollkommen unabhängig von meiner Kleidergröße. Denn am Ende des Tages bestimmt mein Gewicht nicht, wer ich oder wie viel ich wert bin. Es ist nur oftmals leichter alles auf das Gewicht zu schieben. 143


Aber auch nach so ref lektierten Zeilen, bleibe ich essgestört. Auch wenn das Essen nach wie vor für mich eines der schlimmsten Dinge ist, konnte ich durch eine mir selbst auferlegte Routine viel besser mit dem Thema umgehen. Alltagssituationen wie Mittagessen im Off ice fallen mir mittlerweile nicht mehr schwer. Durch die festen Zeiten und den immer wiederkehrenden Rythmus, f iel es mir von Tag zu Tag leichter. Ich habe gelernt, mich mit bestimmen Gerichten anzufreunden und lege mir selbst diese Routine auf. Da ich unter der Woche mittagsimmer das Gleiche esse, fällt somit ein panischer und angsterfüllter Gang in den Supermarkt weg. Eine Negativerfahrung weniger am Tag und ein Stück mehr Kontrolle über die Krankheit für mich. Was ich mit dieser Routine versuche zu vermeiden, holt mich in Nicht-Alltagssituationen wieder ein. Plötzlich auf kommender Stress? Ich höre auf zu essen. Ungeklärte Streitsituationen liegen in der Luft? Ich höre auf zu essen. Ein geplantes Event, Date oder Meeting steht an? Ich höre auf zu essen. Ich glaube, was ich versuche hier zu zeigen ist, dass ich sofort auf emotionale Spannungen mit Einstellen des regelmäßigen Essens reagiere. So eine Phase klingt jedoch nicht so schnell wieder ab, wie sie da ist. Nein, meist sind sie die Eintrittskarte in eine wochenlange Achterbahnfahrt, bestehend aus Fress- und Kotzattacken, mangelndem Selsbtwertegfühl, so dass ich grundlos das Haus nicht mehr verlasse aus Angst, jemand könnte sehen, wie fett ich bin ( Ja, so denkt mein Kopf tatsächlich) und aus einem anhaltendem Gefühl, jeden Moment in Tränen auszubrechen, weil der Druck, den ich mir selber auferlege, mich zu erschlagen droht. Jeder Gedanke dreht sich ums Essen. Jede Minute wird zum Kampf ums Durchhalten. Nicht zu essen. Dünn zu sein. Schön zu sein. Für die Anderen. 144


An Tagen wie diesen, wird mir dann immer wieder bewusst, dass ich jahrelang gegen den falschen Gegner in den Kampf gezogen bin. Grundlos kämpfte ich jahrelang gegen meinen Körper. Dabei ist es mein Kopf, den ich Tag für Tag besiegen und besänftigen muss, um mich dran zu erinnern, dass mein Selbstwertgefühl, mein Erfolg oder mein Leben mehr ist als eine Zahl auf der Waage, eine Größe auf dem Etikett und Essen eine wundervolle Sache sein kann. Ich bin mehr als meine Dehnungssteifen auf dem Bauch. Ich bin mehr als mein Kopf in der Kloschüssel. Ich bin mehr als meine Bulimie.

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„Im Alleingang über den Abhang.“

20. Februar 2017 146


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„Manche Gespräche enden dort, wo ich beginne.“

26. Februar 2017 147


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Bin ich das?

Manchmal. Manchmal muss ich mich erinnern, dass ich da bin. Dass ich wirklich da bin. Dass meine Augen nicht nur wahrnehmen, sondern sehen. Dass mein KĂśrper wirklich fest und nicht nur betonschwere Luft ist. Dass das hier wirklich am Leben sein ist und nicht nur Schritt fĂźr Schritt nach vorne fallen, um das am Ende des Tageslichtes Laufen zu nennen. Manchmal. Manchmal vergesse ich das Luft holen. Manchmal. Manchmal verschwinde ich. Manchmal. Ja, manchmal vergesse ich, dass ich wirklich im Hier bin. Dass meine Worte ich sind. Dass mein Fallen ein Laufen ist. Dass mein Atmen zu mehr reicht. Ich bin da. Bin ich das? 149


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„Im Zeitflug durch unser Zeitgut. Bleibt uns nur noch altes Bier. Bleibt uns nur noch kalte Asche. Bleibt zusamm’ geknülltes Papier.“

4. März 2017 150


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Mein Kopf ist wechselwarm.

Mein Kopf ist wechselwarm. 153


Mein Kopf ist wechselwarm.

Mein Kopf ist wechselwarm. Und ich weiß nicht mal, was ich damit sagen will, denn ich kann ja keinen klaren Gedanken fassen, der da und dann schon wieder – Butterblume. Heute identifiziere ich mich als laktosefreie Milch. Ich bin hier und wäre gerne da, doch leider hab ich ja bereits zum hier sein ja gesagt, obwohl ich doch eigentlich, ich weiß, ich hätte und müsste und Ach, das dort, ich wär grad gern. Wäre grade gerne klar, und sehend und genau das, was so so wirr in meinem Kopf von links nach rechts, immer im Kreis, immer in den Bus, durch die U-Bahn. Guten Morgen Arbeit. Genau da sitzt und irgendwann einfach traurig in der Ecke steht, weil keiner, weil ich nicht hingesehen habe, während ich versucht habe zu erklären, dass das alles irgendwie viel mehr eher nicht so ist, wie das was ich wirklich wollen würde. Also glaube ich. Und jetzt glaube ich: Mein Kopf ist wechselwarm. Und ich verpasse die Momente, wie Ausfahrten auf der Autobahn des Lebens. Und ich weiß, dass das eine ganz kostenvergünstigte Metapher ist, aber, wenn ich dran vorbei rase und nicht mehr sehe, nur noch höre,

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das „Bitte wenden!“, dann wirkt das nicht mehr kostenvergünstigt, sondern wie ein unüberlegter, überstürzter Fehlkauf, den ich jetzt rumliegen habe und gar nicht weiß, ob und ob nicht und naja, einfach ab in den Kleiderschrank. Auch dafür wird sich eine Lösung finden. Und dann hängen da viele unbedachte, unüberlegte verpasste Ausfahrten, die ich hier als Klamotten in den Kleiderschrank hänge, nur um vergessen zu können, dass ich eigentlich mal… Was hätte ich den tun sollen? Was hätte ich den wollen können, wenn mein Fuß auf dem Gaspedal, wie ich so schwer und träge und einbeeindruckt von Allem. Irgendwie versuche das Ziel zu finden. Mein Kopf ist wechselwarm. Mein Hier und Jetzt liegt schlafend neben all den Möglichkeiten, die ungenutzt und vielfältig kopiert an die Wand genagelt, wie Bilder und Ideen und Kopfgedanken aus alten Leben und nicht mehr meinen Nächten, mit vergilbten Ideen, an denen ich jeden Morgen vorbei, um dann zu vergessen, was ich damit eigentlich mal sagen, schreien, beschweigen wollte. Ich weiß das alles und ich seh das alles und so viel mehr, doch wenn ich morgens an all dem vorbei, in die Dusche, und dann… dann spül ich alles, was war was sein sollte den Abfluss runter. Vorbei an mir, an meiner Haut, die einst ein Zuhause für all das, was ich denke und ich spür langsam das wechselwarme Wasser auf der Haut und weiß, dass all’ das nur in meinem Kopf ist.

Denn es ist mein Kopf. Er ist wechselwarm. 155


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Replica.

Zwei Null Null Neun Herzenstaub und stromgeladen fegte ich durch Nächte, die vielleicht nicht meine waren. Suchte ich Fremde, für den passenden Moment, fand ich Städte in denen mich keiner kennt. Zwei Null Eins Null Blutblau und himmelrot zeichnen wir unsere Zeit, gingen bis zum Abgrund und dann einen Schritt zu weit. ließen uns fallen, ließen uns schweben, Hand in Hand konnten wir nie genug voneinander geben. Zwei Null Eins Eins Die Zeit zusammen haben wir vielleicht verpennt, nicht gesehen, dass jeder in andre Richtung rennt. Der eine hinterher, der andere in den Tod, nutzen wir dennoch jede Sekunde, die sich bot. Zwei Null Eins Zwei Nackte Nächte neben kalter Haut, unsre alte Geschichte, auf die keiner mehr schaut. Zwischen den Stunden, in denen wir wortlos sprachen, hat keiner von uns gemerkt, dass wir zerbrachen.

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Zwei Null Eins Drei Geschieden ist, was keine Hände mehr halten, konnten wir sehen wie unsere Lungen erkalten. Kein Atem mehr nötig, jedes Wort zu viel, standen wir plötzlich am Start und nimmer im Ziel. Zwei Null Eins Vier Mit flüchtigen Blicken und feigen Küssen, fügten wir zusammen, was schon so lang zerrissen. Drei war einer zu viel, doch konnte keiner gehen, blieb ich viel zu lang in deinem Regen stehen. Zwei Null Eins Fünf Was lange währt, wird endlich leblos, fallen mir Möglichkeiten und deine Unsicherheit in Schoß. Steige in kaltes Wasser, steige aus der Stadt, spüre, dass mein Leben nur mich zum leben hat.

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Kopf über Herz. Spätsommerwege. Zeitflug. Weißbruch. Fensterblicke. Lichteinfall. Abblühen. Herzstau. Blickwechsel. Umbruchpunkt. Körperlinie. 164


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Denn am Ende hat uns das Ende doch alles nichts gebracht. Am Ende hat es uns doch nur zurĂźck zu uns gebracht.

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Danksagung

Man sagt, die Arbeit des Autors sei eine Einsame. Leider kann ich dieses Vorurteil nicht bestätigen. Denn die Stunden, Tage und Wochen Arbeit an diesem Buch waren unter Anderem die intimsten und engsten Momente mit den Menschen in meinem Leben. Auch wenn ich denke, dass diese irgendwann nur noch ein innerliches Stöhnen abgegeben haben und den schnellsten Ausweg aus einem Treffen suchten, wenn ich erneut mit voller Begeisterung die Unterhaltung erneut auf meine Ideen oder Problematiken im Gestaltungsprozess lenkte. Deshalb bleibt es nicht aus, gewissen Menschen für die aktive oder passive Mitarbeit an diesem Stück meines Lebens zu danken. An erster Stelle möchte ich Stef und Alex danken, die mit Abstand die größte Flut an Bildern, Texten oder Gedankenfetzten ertragen mussten. Ebenfalls waren sie meist mein Hafen für Momente der Verzweif lung und einnehmender Euphorie. Im Gegenzug erntete ich ref lektierte und spannende neue Ansätze, sowie Input für die Umsetzung und bedingungslosen Support für dieses Buch. Ohne eure bodenlose Ehrlichkeit wäre das Buch nie das geworden, welches es jetzt ist. Danke. 168


Ein besonderer Dank geht erneut an Stef und auch an Thomas, die die Idee zum eigenen Buch mit dem Satz „Du musst das endlich veröffentlichen!“ erst ins Rollen und am Ende auch zur Finalisierung gebracht haben. Einen großen Dank möchte ich natürlich auch meiner Familie aussprechen, die mich immer bei meinen merkwürdigen Hirngespinnsten unterstützt hat. Sei es der Versuch eine Gesangskarriere bei “Popstars“ oder “Deutschland sucht den Superstar“ starten zu wollen, Design studieren zu gehen oder ebenmal alle Zelte in Hamburg abzubrechen und nach Wien zu ziehen. Vielen Dank für diese Unterstützung und die Möglichkeit mich frei entfalten zu können. Ebenfalls möchte ich Sascha für seine Ehrlichkeit gegenüber meiner Arbeit, Miriam für das Durchhaltevermögen und den Kampfgeist um diese Freundschaft auch in den dunkelsten Tagen, Janina für ihre Geduld und Herzlichkeit zu Zeiten meiner schlimmsten Traurigkeit in Hamburg und Ben für sein Talent mich immer ein Stück weiter zu pushen, danken. Natürlich auch besten Dank an die wunderbaren Personen, die hochmotiviert vor meiner Kamera rumgeturnt sind: Kevin, Jean-Philipp, Alex und Fritz. Ein großer Dank geht auch an meinen Mentor: René Fehrmann, der mich bereits durch mein letztes Studienjahr, meinen Abschluss und nun durch meine freien kreativen Projekt bekonnt leitete und dabei immer neuen Input mitbrachte. Ein herzlicher Dank geht ebenfalls an meine Therapeutin Melanie Seidler, die mich immer dran erinnert hat, dass ich mehr bin als mein Herzbruch, dass ich mehr bin als mein Gewicht und das mein gewählter Weg der Richtige ist. 169


Und nicht zu vergessen: Der größte Dank geht natürlich an Euch. Euch, die das Buch genau jetzt in den Händen halten, und Momente und Erfahrungen, wie diese erst möglich machen. Ich danke euch für eure Unterstützung und Liebe, die ihr mir mit diesem Projekt entgegengebracht habt. Ich danke euch dafür, dass ihr diese Geschichte mit mir teilt und egal, ob online oder off line, digital oder analog mit mir durch neue weiße Blättert wandert. Ich liebe euch!

In Liebe.

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