Wein Welten Italien - Steffen Maus und Markus Bassler

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morellino aus scansano / maremma

Der jüngste Star der Toskana

die im südwesten der toskana gelegene maremma war lange das stiefkind der noblen region. inzwischen hat sich das zum vorteil gewendet, denn die landschaft der provinz grosseto bietet viel natur zu − für toskanische verhältnisse − bescheidenem preis. das haben auch zahlreiche winzer erkannt, und so wurde, fast über nacht, die maremma zum neuen toskanischen weinwunderland. Rot leuchtet der blühende Klee zwischen den Rebzeilen, die Winzer Simone Castelli mit der wichtigsten Toskana-Rebe Sangiovese – hier Morellino genannt – und weiteren lokalen Sorten bepflanzt hat. In sattem Rot leuchtet auch das Gebäude, in dem in riesigen Zementbehältern die Trauben des Weinguts Podere 414 (Anwesen 414) vergären. Simone Castelli ist Mitte Dreißig, und er ist noch nicht lange in der Maremma. Ende der Neunziger, als die Preise für Weinberge in den prominenteren Anbauregionen der Toskana in schwindelerregende Höhen gestiegen waren, kam er, gerade mal 23 Jahre jung, in den südwestlichen Teil der Toskana, wo gutes Rebland noch erschwinglich war. Er kaufte ein altes Haus mit etwas Land und einem kleinen alten Weinberg und pflanzte Jahr für Jahr weitere Reben: neben Sangiovese lokale Sorten wie Alicante, Ciliegiolo und Colorino, die im Morellino di Scansano in kleinen Anteilen – bis 15 Prozent – erlaubt sind. Sie fügen dem Wein Aromen-Nuancen hinzu und machen ihn so vielschichtiger. Das ungezähmte Stück Land, das Castelli erwarb, hatte bei der Landreform der sechziger Jahre die Katasternummer 414 erhalten. So heißt jetzt das Weingut – und Podere 414 heißt auch der Wein. Castelli füllt nur diesen einen ab. Der junge Winzer teilt nicht, wie es weithin üblich ist, in Erst- und Zweitwein auf, in ein anspruchsvolles Spitzengewächs und einen weniger beachteten, einfacheren rosso. All seine Anstrengungen konzentriert er auf seinen Morellino di Scansano.

Von der Rebsorte her ist der Morellino im Grunde nichts anderes als ein Chianti, ein Vino Nobile oder ein Brunello. Der Unterschied zu jenen besteht vor allem darin, dass die Reben in heißerem Klima und in reichhaltigerem Boden wachsen. Die Böden der Maremma sind lehmhaltig und nährstoffreich, das macht den Wein molliger, verleiht ihm reifere Fruchtaromen und führt dazu, dass dem Morellino die vornehme, zurückhaltendere Eleganz fehlt, die seinen Vettern in kühlerem Klima und bei steinigkargen Böden im Idealfall zuwächst. Der Morellino ist ein warmherziger und großzügiger Gesell, der seine Vorzüge – Frucht, Würze und kräftige Statur – offen darbietet. Er verlangt vom Weinfreund weder ein kompliziert geschultes Sensorium noch übermäßige Geduld, um den richtigen Reifegrad abzupassen. Seine vergleichsweise sanften Gerbstoffe lassen ihn schneller und leichter zugänglich wirken – ohne dass es ihm deswegen an Tiefe mangelt. Wenn man so will, ist der Morellino die selbstbewusste Antwort der Toskana auf die Rotweine der Neuen Welt.

Wir können das besser Mitte der neunziger Jahre war die Nachfrage nach italienischem Rotwein auf ihrem Höhepunkt, in Italien selbst wie auch auf den Auslandsmärkten Amerika, Schweiz und Deutschland. Die hochpreisigen Super Tuscans zeigten, was qualitativ möglich war – und was Weinfreunde dafür zu zahlen bereit waren. Doch mit den kraftvollen und dabei gefälligen Weinen der Neuen Welt, vor allem aus Australien und Chile, erwuchs den erfolgsverwöhnten italienischen Winzern eine ernstzunehmende Konkurrenz – zumal die Neue-Welt-Winzer auch mit günstigen Preisen punkten konnten. Italien gab sich kämpferisch: Was die können, nämlich konzentrierte, kräftige Weine aus internationalen Sorten erzeugen, können wir genauso gut, wenn nicht besser! Gesucht wurden also Anbauregionen mit warmem, trockenem Klima für konzentrierte, körperreiche Tropfen. Vergleichsweise niedrige Landpreise in armen Regionen wie Sizilien,

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Apulien und eben in der Maremma ermöglichten es, Wein zu wettbewerbsfähigen Kosten herzustellen. Dies ermutigte eine große Schar von Investoren aus der Branche, aber auch aus anderen wirtschaftlichen Bereichen wie der Mode- und der Autoindustrie, sich in der Maremma zu engagieren. Pioniere wie die Fattoria Mantelassi, Morisfarms oder Le Pupille legten vor, wie gut die Weine sein können, die hier entstehen, wenn man in Weinberg und Keller qualitätsbewusst arbeitet. Davon angezogen wurden auch bekannte Weingüter aus dem toskanischen Kernland wie Marchesi di Frescobaldi, Biondi-Santi, Poliziano, Cecchi oder Castello di Fonterutoli, die sich mit Chianti Classico oder Brunello di Montalcino ihre Lorbeeren verdient hatten. Dazu kamen Neugründungen von Quereinsteigern oder jungen Winzern, welche die hohen Bodenpreise im zentralen Hügelland zwischen Florenz und Siena nicht bezahlen konnten und nicht gewillt waren, die Preis-Rallye dort mitzumachen. Mit den Investoren und Weingütern rückte der im Ausland zuvor wenig beachtete Morellino aus Scansano ins Blickfeld der Weinwelt. Der Weinort Scansano, nach Unterhalb des Monte Argentario breitet sich eine endlose Ebene aus.

dem der Wein seinen DOC-Namen erhalten hat, ist der höchstgelegene Ort in den Hügeln südöstlich von Grosseto; nüchtern betrachtet ist er einfach ein verschlafenes Nest. Fragt man ältere Winzer nach Historie und Traditionen, danach, wie hier in der Vergangenheit Wein gemacht wurde, lautet die überraschende Antwort: „Gar nicht – Tradition gibt’s keine.“ Als ob die Geschichte dieses Landstrichs und des Morellino erst in den Neunzigern begonnen hätte. Auf eine schillernde Historie kann tatsächlich nicht verwiesen werden, obwohl in weinhistorischen Werken bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts durchaus Lobendes nachzulesen ist. Wein wurde immer angebaut, allerdings als winziger Teil eines landwirtschaftlichen Gesamtgefüges, bei dem Schafzucht, Olivenbäume und Handwerk wie die Tischlerei bestimmend waren. Eine Weinkultur gab es nicht, der vino della casa beziehungsweise ein günstiger Rotwein der ansässigen Genossenschaft bedeutete das Maß aller Dinge. Entsprechend jung ist auch die amtliche Herkunftsbezeichnung für den Morellino di Scansano: Als DOC gibt es ihn seit Ende der sechziger Jahre, das Adelsprädikat DOCG, das der kontrollierten zusätzlich eine garantierte Herkunft bescheinigt, bekam der Wein in den Neunzigern verliehen.


Natürlich am besten Simone Castelli von Podere 414 hat klare Vorstellungen von dem richtigen Umgang mit den Reben und dem Most. Sie sollen sich so ruhig und so frei wie irgend möglich von äußeren Einflüssen entwickeln können. Für den Weinberg bedeutet das, dass Castelli keine Chemie einsetzt, sondern sich an den Richtlinien des biodynamischen Weinbaus orientiert. Im Keller stehen deswegen auch keine chromglänzenden Edelstahltanks, sondern gewaltige Zementbehälter. In ihnen gibt es keine elektrischen Ladungen, welche den Vorgang des Gärens irgendwie stören könnten. Nachdem die Hefen, die von Natur aus die Beerenhaut bewohnen, in absoluter Ruhe ihre Arbeit verrichtet und den Traubenzucker in Alkohol umgewandelt haben, zieht der junge Wein um. Ein Teil kommt in große Holzfässer, ein Teil in kleine Eichenfässer. In unterschiedlichem Maß nehmen die einzelnen Partien durch das Holz Sauerstoff auf, aus den kleinen Fässern auch einen Anflug von Röst­ aromen. Die Sicherheit, mit der der junge Winzer agiert, kommt nicht von ungefähr: Sein Vater Maurizio Castelli ist einer der bekanntesten und kompetentesten Önologen der Toskana und für viele hochrangige Weingüter als Berater tätig – auf fachkundigen Rat durfte Jungwinzer Simone also stets zählen. Die Maremma ist für eine biologische Wirtschaftsweise in besonderer Weise geeignet. „Das ist hier recht unproblematisch“, erklärt er. „Die am schwersten zu behandelnden Rebkrankheiten werden durch Feuchtigkeit und den daraus resultierenden Pilzbefall verursacht. In einem trockenen, heißen Anbaugebiet wie hier ist das gut zu kontrollieren.“ Castellis Weine sind idealtypische Repräsentanten des maremmanischen Weinstils: frisch, strukturiert, harmonisch, saftig, mit dunkelbeerigen, ausgereiften Fruchtaromen auf einem feinen Gerüst aus Tannin. Solche Winzer braucht eine Region, die sich lange gegen den vinologischen Fortschritt stemmte. Und es bedarf größerer Betriebe, die mit ihren Vertriebskanälen die Weine in die Welt bringen. Dazu passt die Geschichte von Val delle Rose, dem Weingut der Familie Cecchi. Andrea Cecchi von Val delle Rose erkannte das Potenzial der Morellino-Gegend und durchforstete die Hügel nach geeigneten Weinberglagen. Im Jahre 1996 wurde gekauft und die bestehenden Weinberge mit neuen, modernen Weinbergen erweitert. „Die besten Hänge für die Weinreben sind diejenigen, die einerseits nicht zu nahe am Meer sind, damit die ersten Hügel einen gewissen Schutz vor dem Meereswind bieten können, und die andererseits nicht zu nahe am Monte Amiata liegen, an dessen Ausläufern ein fast kontinentales Klima prägend ist“, erklärt der studierte Landwirt.

Simone Castelli arbeitete als Önologe für die besten Winzer. Heute macht er einen einzigen Wein: den Podere 414.

Ganz allgemein gesprochen sind die Böden in der Maremma einheitlicher als im Hinterland, zumeist tiefgründig und nährstoffreich und nicht mit dem meist steinigen Boden des Chianti Classico zu vergleichen. Die Familie Cecchi erzeugt auch Wein im Chianti-Classico-Gebiet in der Nähe von Siena, weshalb es sich anbietet, die Unterschiede der beiden Weinherkünfte direkt nebeneinander zu probieren. Dabei sind die feinen Nuancen, die auf Klima, Rebsorte und Boden zurückzuführen sind, schmeckbar. Denn der Winzer ist keine weitere Variable in dem ohnehin komplexen Geschmacksspiel. Schlanker, eleganter, zurückhaltender wirkt der Chianti; offener, reifer, wie eine freundliche Umarmung wirkt daneben der Morellino.

Ein besonderes Flair Mit den Winzern hat auch die Moderne Einzug gehalten in der Maremma. Stadtflüchtige Römer und Ruhe suchende Ausländer richteten sich hier ihre Landdomizile ein. Sie schätzen die unberührte Schönheit des Parco Nazionale mit seinen Pinienwäldern, für viele ein Naturschauspiel erster Güte, und die Nähe zur Halbinsel Orbetello, dem

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angesagten Segelhafen nicht nur der Römer. Dass hier Menschen in Kniebundhosen und Nagelschuhen kleine weiße Bälle durch die Gegend schlagen, ist die neueste Entwicklung zwischen Follonica, Punta Ala und Grosseto. Nach wie vor bekanntester touristischer Anziehungspunkt sind aber die Kaskaden der Thermalquelle von Saturnia. Abgesehen von diesem im Sommer überfüllten Hotspot geht es in der Maremma jedoch nach wie vor unaufgeregt und entspannt zu. Wenn an warmen Herbsttagen die Erde bei Grosseto ausatmet, kann man riechen, dass hier entlang der Flüsse Bruna und Ombrone noch bis in die fünfziger Jahre Sumpf war. Die beiden Flüsse fließen aus den mittelitalienischen Bergen dem Mittelmeer zu und mischten sich lange Zeit unkontrolliert mit dem Meerwasser der flachen Lagunen. In dieser feuchtwarmen Atmosphäre der Sommermonate setzte die Malaria der Landbevölkerung gehörig zu. Die schrittweise Trockenlegung des Sumpfes zog sich bis in die zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts hin. Kanäle wurden eingezogen, die das Brackwasser abführten, und Pinien gepflanzt, die viel Wasser aus dem Boden ziehen und, angenehmer Nebeneffekt, auch für die Holzindustrie genutzt werden können. Damit wurde der Weg zur großflächigen landwirtschaftlichen Nutzung geebnet, und riesige Landwirtschaftsbetriebe entstanden. Die Pinienalleen entlang der Zufahrten zu den wenigen verbliebenen Landgütern, welche die Wirtschaftskrisen und die Industrialisierung überstanden haben, sind ein wunder­ barer Blickfang. Zu diesem klassischen Maremma-Bild gehören auch die weißgrauen Chianina-Rinder mit ihren langen Hörnern, die das Fleisch für das berühmte Steak nach Florentiner Art, die bistecca alla fiorentina liefern. Während das hochwertige Fleisch vor allem in die Städte geliefert wurde, wo man gutes Geld dafür erhielt, kochten die armen Bauern mit den Früchten der Erde und allem, was hier so zu erjagen war. Vor die Flinte liefen oft Hasen und Wildschweine, die heute eine richtige Landplage sind. Zur Auffrischung hatte man das einheimische Wildschwein mit dem ungarischen gekreuzt. Den Schub robuster Gene dankte die Population mit einer rasanten Vermehrung. Die Menschen trieb es nach dem zweiten Weltkrieg dagegen vom Land in die Stadt, weil die Arbeit fehlte und sie diese in den Industriebetrieben der Stadt fanden. Mit abnehmender Bevölkerungsdichte hatte die Erschließung des ländlichen Raumes für die Regierung in Rom eine geringe Priorität. In manchen Ecken kam der elektrische Strom sogar erst in den achtziger Jahren an. Daher hat sich der Mittelmeerküstenstreifen mit der parallel zur Küste verlaufenden Hügelkette viel von seiner Urwüchsigkeit und Ursprünglichkeit bewahrt. ls

genusstipp Bäuerlich deftige Speisen sind typisch für die Gegend, in der der Morellino wächst. Das hat sich aus den Zeiten erhalten, als man Kraftnahrung für die körperlich schwer arbeitende Bevölkerung brauchte und aus wenig einfach viel herausgeholt werden musste: Die zuppa di pane (Brotsuppe) ist eine eingedickte Suppe, bestehend aus Knoblauch, Tomaten und Zwiebeln, Brot, Bohnen und Kartoffeln. Mit dem Wildschwein, als Salami oder als Schmorgericht mit Artischocken oder Oliven, verträgt sich der Rotwein ebenfalls, wenn er etwas breitschultriger ausgelegt ist. Der Wein ist mittlerweile in zahlreichen Weinfachhandlungen zu finden, vereinzelt auf Wein­ karten und noch relativ selten im Supermarkt. Morellino in guter Qualität kostet zwischen 7 und 15 € pro Flasche.

Mausempfehlungen für Maremma Sangiovese Col di Bacche www.coldibacche.com Doga delle Clavule www.dogadelleclavule.com Fattoria di Magliano www.fattoriadimagliano.it Podere 414 www.podere414.it Poggio Argentiera www.poggioargentiera.com Le Pupille www.fattorialepupille.it Mantellassi www.fattoriamantellassi.it Moris Farms www.morisfarms.it Tenuta Belguardo www.belguardo.it Val delle Rose www.valdellerose.it Valdifalco www.loacker.net

Seite 245: An der Hand eines echten Winzers sieht man, dass Weinbau harte Landarbeit ist − aber das Ergebnis ist wunderschön.

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kurz eingeschenkt

Die Weine der Via Aurelia Alle Wege führen nach Rom, aber die Via Aurelia ist der schönste. Die antike römische Konsularstraße führt durch die Weinanbaugebiete der Küste. Und dort tut sich so einiges. Was unterscheidet die Küste von den Weinzonen im Herzen der Toskana? Zum einen beginnt die Qualitäts-Weingeschichte meist erst in den Achtzigern, und zum anderen setzen die Winzer fast ausnahmslos auf internationale Rebsorten. Stattliche Investitionen allerorten haben ihnen in kurzer Zeit zu einer beachtlichen Bekanntheit verholfen. Verbunden werden die Anbaugebiete durch die Via Aurelia, die nahe der Küste von Livorno nach Grosseto führt. Nur auf wenige Weinberge genießt man jedoch den direkten Meerblick, die meisten liegen in einem meernahen Küstenstreifen von 5 bis 15 km Entfernung zur toskanischen Küste. Selbstbewusst nennen die Winzer ihre Vereinigung Grandi crus della costa toscana (die besten Lagen bzw. Weinberge der toskanischen Küste). Die Gruppe (www.grandicru.it) möchte nämlich beweisen, dass es entlang der Küste mehr als den Sassicaia, den Kultwein aus Bolgheri, gibt. Einzelne Weingüter sind gar im Chianti-Gebiet von Pisa zuhause, in Terriciola und Montescudaio. Doch setzen auch sie meist auf internationale Sorten und distanzieren sich strikt vom Chianti und seiner Geschichte. So hat das junge Weingut Caiarossa die Sorten Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot, Petit Verdot, Sangiovese, Syrah, Grenache, Mourvè­ dre, Chardonnay, Viognier und auch Petit Manseng gepflanzt. Aus dieser Riesenauswahl bedienen sich auch die meisten anderen Weingüter der Küstenregion.

Val di Cornia und Suverto Nach Norden abgeschirmt von der Hügelkette des Monte Calvi liegt das beschauliche Dorf Suvereto. Es liegt am Ende einer zum Meer hin geöffneten Ebene, die von bewaldeten Hügeln eingerahmt wird. Diese besondere U-Form des Val di Cornia sorgt für ein mildes Klima und einen früh einsetzenden Frühling, weshalb hier das erste Gemüse des Jahres geerntet wird. Von diesem Klima profitieren auch die Reben, die früh austreiben und keine Probleme haben, voll auszureifen. Der Rebsorte Sangiovese ist es in der Regel zu heiß, weshalb die Winzer auf die Sorten Cabernet Sauvignon und Merlot setzen. Die geologischen Voraussetzungen sind mit denen im benachbarten Bolgheri durchaus vergleichbar. Der Name Suvereto ist auf

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ewig auch mit der Aufsehen erregendsten Großinvestition der Neunziger verbunden, dem futuristisch anmutenden Kellereibau des Weinguts Petra.

Endlich ein zweiter Weißer mit Potenzial Vieles spricht an der Küste für die Konzentration auf Rotweine. Doch gibt es eine weiße Rebsorte, die sich in Küstennähe wohlfühlt, nämlich Vermentino. Aus ihr lassen sich mineralisch saftige Weißweine erzeugen, die nach Sommergräsern, Quitte und Birne duften. Der Ursprung der Rebsorte liegt in Spanien, sie wird auch in Sardinien und Ligurien für die Produktion von Weißweinen geschätzt. Vorausschauende Weingutbesitzer haben sie noch in Zeiten des Rotweinbooms gepflanzt, so dass nun ein zweiter Weißer der Toskana neben dem traditionsreichen Vernaccia di San Gimignano für den anziehenden Weißweinmarkt zur Verfügung steht, meist mit der gebietsübergreifenden Bezeichnung Maremma Vermentino. Ein spannendes Anbaugebiet, das erst in den letzten zehn Jahren überhaupt als solches wahrgenommen wurde, ist auch Montecucco. Geografisch schließt es die Lücke zwischen dem Anbaugebiet des Morellino di Scansano und dem des Brunello di Montalcino. Genauer gesagt: Es grenzt im Süden an den berühmten Nachbarn Brunello. Insofern ist es ein fast logischer Schritt, dass die Hauptrebsorte wie im Brunello di Montalcino auch hier der Sangiovese ist. Die wenigen ansässigen Winzer profitieren von der Rieseninvestition eines Großunternehmers aus der Segelbootbranche, der für viel Aufmerksamkeit in der Wein-Presse und dem Handel gesorgt hat. Doch steckt dahinter nicht nur eine gute Marketing- und PR-Arbeit. Die zumeist jungen Weinberge profitieren an der Flanke des Monte Amiata vom gemäßigten Klima und ähnlichen Voraussetzungen wie in Montalcino. Auch der ehemalige technische Direktor des Chianti Classico-Konsortiums, Daniele Rosellini, hat dort eigene Weinberge angelegt. Bei seinem Weingut Campi Nuovi (neue Felder) ist der Name Programm und ein klares Bekenntnis zur Erschließung von Gegenden, die keinerlei Tradition besitzen, dafür aber erschwingliche Landpreise, die ein Return on investment nicht in die nächste Generation verlagern.

Im Herzen der Toskana Tradition besitzt das Anbaugebiet Carmignano in der Nähe von Florenz genug. Der rote Carmignano war einer der ersten Weine in der Toskana, in dem die Sorte Cabernet Sauvignon


In der Zeit der Super Tuscans wurden Millionen investiert. Das Weingut Petra im Suverto-Gebiet entwarf der Schweizer Stararchitekt Mario Botta.

erlaubt war. Angesichts der Dynamik der Anbaugebiete entlang der toskanischen Küste fällt es den Winzern aber schwer, Schritt zu halten. Zu wenige junge Weingüter sorgen für den Auftrieb, da ist der traditionsreiche, zuverlässig arbeitende Betrieb der Adelsfamilie Bonacossi, die Tenuta Capezzana, einfach zu wenig. Ganz anders in Cortona. Dort haben einige Winzer des benachbarten Anbaugebietes Vino Nobile di Montepulciano ihr Geld in neue Weinberge investiert. Die angesagten Rebsorten sind Syrah und Merlot, aber auch der einheimische Sangiovese hat seinen Platz. Wahre Wunder vollbringt keiner über Nacht, die Reben brauchen eben so ihre Zeit zum Wachsen. Einzelne Winzer zeigen aber mit ihren Weinen bereits, dass der französische Syrah sich dort wohlfühlt. Im BrunelloGebiet übrigens werden die Weine aus internationalen Sorten, die innerhalb der Gebietsgrenzen erzeugt werden, als Sant’Antimo Rosso abgefüllt. Sie sind benannt nach der Abtei

Sant’Antimo bei Castelnuovo d’Abate, die eine mehr als 1.000 Jahre alte Geschichte besitzt.

Via Aurelia: Caiarossa www.caiarossa.com La Regola www.laregola.com Gualdo del Re www.gualdodelre.it Petra www.petrawine.it Russo www.vinirusso.it Tenuta di Valgiano www.tenutadivalgiano.it Tenuta di Ghizzano www.tenutadighizzano.com Montecucco: Campi Nuovi www.campinuovi.com Colle Massari www.collemassari.it Salustri www.salustri.it

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