3 minute read
«Die Stadt Freiburg schikaniert die Autofahrenden»
verwandelt werden, während 72 % der Befragten einverstanden sind, das Tempo in Wohnquartieren auf 30 km/h zu beschränken.
Wie lassen sich diese Ergebnisse erklären?
Wir haben den Befragten eine Reihe von Argumenten für und gegen eine allgemeine Einführung von Tempo-30-Zonen vorgelegt. Es zeigt sich, dass 78 % der Befragten für die Beibehaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung auf 50 km/h auf den Hauptstrassen sind, um den Verkehrsfluss zu gewährleisten und eine Verlagerung des Verkehrs in die Wohnquartiere einzuschränken. 67 % sind der Meinung, dass man zu sehr auf eine Geschwindigkeitsbegrenzung setzt, statt andere Sicherheitsmassnahmen zu ergreifen. Auch die Differenzierung der Geschwindigkeit in der Stadt stösst auf viel Rückhalt, denn 65 % der Befragten sagen, dass Tempo 30 auf den Hauptstrassen zu mehr Staus führen würden. Es werden auch weitere Argumente gegen die Ausweitung der Tempo-30-Zonen angeführt: Die Befürchtung, dass das Projekt zu Verspätungen im öffentlichen Verkehr führt und es dem Gewerbe und den Geschäften der Stadt Freiburg schaden könnte, wird von einer Mehrheit der Befragten geteilt. Die Freiburger Kantonsbevölkerung unterstützt also eine Regelung mit unterschiedlichen Höchstgeschwindigkeiten in der Agglomeration, im Bewusstsein, dass dadurch die Funktionstüchtigkeit des gesamten Verkehrsnetzes aufrechterhalten wird.
Der TCS Schweiz hat Ende letzten Jahres ebenfalls eine Umfrage publiziert. Ist das Engagement gegen eine allgemeine Einführung von Tempo-30-Zonen ein strategischer Schwerpunkt des TCS?
Nein, das ist es nicht. Wir behandeln jedoch die Tempo-30-Zonen mit dem gebührenden Ernst, da wir der Meinung sind, dass deren allgemeine Einführung einem Angriff auf die Autofahrenden gleichkommt, mit dem Ziel, ihnen das Autofahren zu verleiden. Wir haben diese Umfrage im Kanton durchgeführt, um uns zu vergewissern, dass die Sichtweise unseres Clubs mit den Wünschen der Bevölkerung übereinstimmt.
Die Stadt und die Direktion für Mobilität des Kantons berufen sich auf die gesetzliche Notwendigkeit, den Lärm zu be- kämpfen. Sie stellen den Verkehrsfluss, die Beförderungsgeschwindigkeit des öffentlichen Verkehrs, die Interessen des Gewerbes und Handels in den Vordergrund… Sind diese beiden Visionen miteinander vereinbar?
Die Stadt und der Kanton legen den Fokus zu stark auf eine Reduktion auf Tempo 30, obwohl sie auch auf schallabsorbierende Strassenbeläge setzen könnten. Zudem handeln sie äusserst dogmatisch. Wir haben versucht, aufzuzeigen, dass der Lärm die Bewohner:innen vor allem abends stört. Wir wollten für den Vorschlag Hand bieten, als Zwischenschritt Tempo-30 nur während der Nacht einzuführen. Aber die Stadt war nicht daran interessiert. Sie entschied sich für eine Bequemlichkeitslösung, die Teil einer globalen Anti-AutoPolitik ist. Wir haben uns auch aufgrund dieser Politik entschieden, zu reagieren.
Die Vision der Stadt könnte aber für alle dort lebenden Bürger:innen attraktiv sein!
Wir verstehen sehr gut, dass die Stadt ihren Bürger:innen eine Invasion von Autos ersparen will. Das Kantonszentrum gehört aber nicht nur der Freiburger Stadtbevölkerung. Viele Bewohner:innen des Kantons sind darauf angewiesen, in die Stadt zu fahren und auch sie müssen von akzeptablen Rahmenbedingungen profitieren können. Bevor wir die Zufahrt mit dem Auto ins Stadtzentrum blockieren, müssen Alternativen entwickelt werden, beispielsweise Park&Ride-Anlagen. Heute hebt die Stadt Parkplätze auf, erhöht die gebührenpflichtigen Stunden für Parkplätze, sperrt Strassen, bietet aber keine notwendigen Alternativen an.
Haben Sie nicht den Eindruck, dass wir uns in dieser Debatte über die Entlastung des Stadtzentrums ein wenig im Kreis drehen und der Dissens zwischen der Linken und der Rechten ebenfalls blockierend wirkt, wie Ihre Umfrage gut zeigt?
Zunächst einmal bin ich absolut der Überzeugung, dass wir grüne Städte mit
Begegnungszonen und autofreien Zonen entwickeln müssen. Wir sind aber auch überzeugt, dass die Stadt mit ihren Attacken gegen Autofahrende nicht die richtige Strategie verfolgt. Die Menschen davon abzuhalten, mit dem Auto in die Stadt zu fahren, ist nicht die richtige Lösung. Es muss versucht werden, den Verkehr zu filtern und die Zufahrt mit dem Auto für Menschen zu fördern, die wirklich darauf angewiesen sind. Heute gibt es zu viele «unnütze» Autos in der Stadt. Mit dem Auto von GrangesPaccot ins Pérolles-Quartier zur Arbeit zu fahren, macht beispielsweise absolut keinen Sinn. Ebenfalls keinen Sinn macht, dass zwei Personen aus dem gleichen Dorf in zwei verschiedenen Autos zum gleichen Arbeitsplatz fahren…
Meiner Meinung nach liegt die Lösung in obligatorischen Mobilitätsplänen für Unternehmen. Ich denke leider auch, dass es ohne Zwang nicht gelingen wird, das Stadtzentrum zu entlasten. Und diese Feststellung schmerzt mich als Liberalen. Aber es ist der einzige Weg, um die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder Fahrgemeinschaften für Menschen, die aus beruflichen Gründen in die Stadt kommen, zu fördern. Ich bin überzeugt, dass wir auf diesen Verkehr einwirken müssen. Die Staus entstehen zu Zeiten, zu denen die Menschen zur Arbeit oder wieder nach Hause fahren, weil zu viele Menschen ihr Auto nutzen und nur eine Person im Auto sitzt. Der Beweis: In den Monaten Juli und August fährt man völlig problemlos durch die Stadt. Die öffentlichen Verwaltungen müssen ebenfalls Mobilitätspläne erarbeiten, denn sie erzeugen einen Teil dieses Verkehrs.
In Ihrer Pressemitteilung finden Sie deutliche Worte und Sie sagen, dass Sie bereit sind, alles zu tun, um sich gegen «die diskriminierende Politik der Stadt Freiburg» zu wehren. Welche konkreten Pläne haben Sie?
Meine Kollegen, die Grossräte Chardonnens und Genoud, haben eine Motion eingereicht, damit der Grossrat den Vorschlag unterstützt, die Hauptdurchfahrtsstrassen innerorts nicht in Tempo30-Zonen umzuwandeln. Kommt diese Motion durch, werden wir nichts weiter tun. Kommt sie aber nicht durch, lancieren wir eine Initiative, um der Kantonsbevölkerung die Möglichkeit zu geben, an der Urne darüber abzustimmen.