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Weitsicht vom „Brückengipfel“
Rainer Oschütz
Traurig, aber wahr: „Über welche Brücke kannst du noch fahren?“ Kein Titel, der eine Hitparade erobern kann, sondern das ist die Realität auf deutschen Autobahnen. Einst galt Deutschland als Paradebeispiel für Ingenieurskunst beim Brückenbau…
Heute ist das nur noch Geschichte. Immer wieder müssen unter anderem auf den zentralen Autobahnen Teilabschnitte für den Verkehr gesperrt werden. Auf der A1 erfolgte sogar die Sprengung der Rheinbrücke bei Leverkusen. Gleiches Schicksal wiederfuhr der Salzbachtalbrücke bei Wiesbaden und der Talbrücke Rahmede auf der A45. Der Verkehr quält sich dann über andere Bundes- und Landstraßen und belastet zugleich die Anwohner in den Ortschaften. Sicher ist, dass sich diese Fälle in den kommenden Jahren häufen werden. Der Zahn der Zeit hat an den Stahlbrücken aus den 1960er- und 1970er-Jahren genagt. Die Bestandserhaltung in den folgenden Jahrzehnten ist schlicht und einfach vernachlässigt worden. Man zehrte von der Substanz.
Dieses Erbe der alten Bundesregierung, die einen erheblichen Sanierungsstau und Investitionsrückstand hinterlassen hat, beklagte jetzt auch der Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) auf einem sogenannten „Brückengipfel“. Eine Prüfung aller 40.000 Brücken der Autobahnen und Bundesstraßen auf ihre Tragfähigkeit ergab: Jede 10. Brücke muss in den nächsten acht Jahren saniert oder erneuert werden, vorrangig im Westen des Landes. Das sind 2.700 mehr als bisher geplant, sie kamen quasi über Nacht noch einmal hinzu.
Für die Autobahngesellschaft ist das allein eine Herkulesaufgabe. Denn jede Talbrücke, so Experten, sei ein Unikat und kein Standardbau. So sei die Finanzierung für diese Aufgabe noch einmal gehörig aufgestockt worden, um zu verhindern, dass die deutschen Brücken weiter vor sich hin rotten und womöglich plötzlich gesperrt werden müssen. Von 2026 an gibt es jedes Jahr eine Milliarde Euro mehr als bisher geplant. Das macht 2,5 Milliarden Euro im Jahr.
Nach dem „Brückengipfel“ bleibt die Hoffnung, dass die „Ampel“ erkannt hat: So kann es auch in der Verkehrspolitik nicht weiter gehen. Das gilt für Straßen-, Wasser- und Schienenwege gleichermaßen. Erhaltung und Ausbau der Verkehrsadern für den Wirtschaftsstandort Deutschland sind lebenswichtig. Dieses „Staatsvermögen“ darf nicht vernachlässigt werden.
Infografik
Geschäftserwartungen brechen ein
Im deutschen Bauhauptgewerbe wird die aktuelle Geschäftslage auch zu Beginn des Frühjahrs 2022 noch überwiegend positiv beurteilt, die Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monate dagegen sind geradezu eingebrochen. Noch im Februar hatte die monatliche Erhebung des „ifo Institut“ einen positiven Saldo von 1,1 Punkten ergeben – dieser Wert ist im März auf -27,5 Punkte gefallen. Unterdessen kennen die Preise offenbar nur eine Richtung: Weiter aufwärts.
Grafik / Text: imu-Infografik | Quelle: ifo Institut