Endlich ich leseprobe

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Endlich Ich Alexander Sedivy & Michael Uiberrak



Alexander Sedivy & Michael Uiberrak

ENDLICH

ICH Ăœberleben zwischen Egoisten


Die beiden Autoren kennen einander schon aus Kindertagen, die Freundschaft blieb auch bei unterschiedlichen beruflichen Wegen bestehen. Die lang gehegte Vision eines gemeinsamen Projekts wird nun mit dem Buch „Endlich Ich“ zur Realität. Informationen über zukünftige Projekte der Autoren zum Thema wie Auftritte, Lesungen und Workshops finden Sie unter: www.alexandersedivy.at/endlichich


Dieses Buch widmen wir unseren Familien und dem Humor.


1. Auflage 2015 © Carl Ueberreuter Verlag, Wien 2015 ISBN 978-3-8000-7630-7 Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden. Covergestaltung: Saskia Beck, s-stern.com Illustrationen: © Saskia Beck, s-stern.com Satz: Hannes Stobl, Satz·Grafik·Design, Neunkirchen Druck und Bindung: Finidr s.r.o. www.ueberreuter-sachbuch.at


Inhalt

Endlich Ich?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Ego-Shooter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Umleitungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Niederflieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Profilneurotiker. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Oje!. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Lifting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Energiesauger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Donauinselfest. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Bonusmeilen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Kassenschlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Onkel Josef . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Pippi Langstrumpf oder Aktien?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Daumen hoch?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Schaustehler. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Fast wie der Clooney. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Wechseljahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Regelbeschwerden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Das Gleiche ist nicht das Selbe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Autobiografie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Taxi Melange. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Bonnie und Clyde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Joker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Erwartungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 7


Fit ist anders. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Auberginen-Mango-Bratwurst. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Reserviert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Voll im Trend. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Legosteine f端r Egoschweine. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Echt schlecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Welcome to Alaska!. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Verraten und verkauft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Sicherungskasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

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Endlich Ich? So, jetzt reicht’s! Ich halte sie einfach nicht mehr aus, diese wohlgemeinten Ratschläge. Ratschläge? Anschläge! „Schau mehr auf dich ...“ – „Achte nicht immer auf die anderen ...“ – „Du darfst ruhig auch mal egoistisch sein ...“ Will ich das, egoistisch sein? Und selbst wenn, leichter gesagt als getan, mein Talent zum Egoismus ist in etwa gleichermaßen vorhanden wie das Gesangstalent von „Leider-nein-Kandidaten“ bei einer dieser unvermeidlichen Castingshows. Aber irgendwie muss man ja überleben zwischen all diesen Egoisten ... Ich habe daher den Vorsatz gefasst, mir in alltäglichen Situationen zumindest ein imaginäres Wolfspelzkostüm überzustreifen und einen für mich ungewohnten Egoismus oder sagen wir besser ein gesundes Selbstbewusstsein an den Tag zu legen. Ich habe sogar einen Plan im Kopf. Und bin entschlossen, ihn durchzuziehen! Gleich kann’s losgehen, noch schnell die passende Musik zur moralischen Unterstützung ... Wo ist sie denn? Aha. „I Still Haven’t Found, What I’m Looking For“ ist gar nicht mehr auf meinem iPod. Wahrscheinlich runtergelöscht aus Speicherplatzmangel. Schade, das hätte jetzt echt zu meiner Situation gepasst. Was heißt „jetzt“? Eigentlich dauernd. Immer wieder habe ich Erlebnisse, die mir zeigen, dass ich meinen Weg noch nicht so hundertprozentig gefunden habe. Wer hat das schon? Kaum jemand. Aber ist das echt so eine Kunst? Vom Juristen zum Kabarettisten, diesen Weg bin ich schon gegangen, da wird doch der Rest auch gehen, oder? Der Paragrafenreiter in meinem Hinterkopf ist geblieben, aber jetzt will ich ihn zielführend einsetzen. Er soll einen Monat lang alle Erlebnisse auf meinem Ego-Trip mitprotokollieren, wann immer sie mir passieren, und frühere Geschichten zum Thema notieren, sobald sie mir wieder einfallen. Okay, jetzt will ich’s wissen, das Experiment kann starten! 9


Ego-Shooter Mittwoch, 16.23 Uhr Hm, der Song der irischen Rockband wäre wirklich ideal gewesen, hat mich mein Plan doch zur U-Bahn geführt. Zur U2. Für die Fahrt ins Theater habe ich mir vorgenommen, egal wie viele Alte oder Schwangere in der U-Bahn sind, ich setze mich hin ... ich stehe dann vielleicht gleich wieder auf – ja, man muss klein beginnen –, aber ich war fest dazu entschlossen, ich setze mich hin, frei nach dem Motto: „Egal, was auch ist, ich bin Egoist.“ Was keiner der Beratungsterroristen bedenkt, es gibt ein Riesenproblem beim Egoistischsein. Man ist von lauter Egoisten umgeben! Besonders zur Rushhour. Die gegenüber London oder New York gemütlichere wienerische Variante, aber schrecklich genug. Hektische und frustrierte Menschen drängen gleichzeitig aus der U-Bahn hinaus und in die Waggons hinein. Und da war sie gleich wieder, diese Armee von Prototypen des Egoismus. Ego-Shooter, die bereit sind, über Leichen zu gehen, um sich in die U-Bahn hineinzuschießen. Mit entschlossener Miene und einer rücksichtslosen Durchsetzungskraft wie Gladiatoren im Circus Maximus drängen sie in den U-Bahnzug hinein, Schirme, Laptoptaschen und Nordic-Walking-Stöcke werden als das Schwert des 21. Jahrhunderts unerbittlich eingesetzt. Und jeder weiß, für diesen Zug gibt es nur eine Chance, es werden keine Gefangenen gemacht, kein Blick zurück. Ja, kein Blick zurück. Denn so ein Einzelkämpfer hat eine stets gleiche Vorgehensweise: Sobald er um zwei Millimeter die imaginäre Linie der Eingangstür eines U-Bahnzuges überschritten hat, bleibt er stehen. Da hat ein Ego-Quereinsteiger wie ich keine Chance, einzusteigen. Nein, ich bekam die volle Breitseite ab, in Form der sich links und rechts schließenden Türen. Und ich mittendrin statt nur dabei. Die Türen trafen mich genauso hart wie die vernichtenden Blicke der Metro-Gladiatoren, die sich wegen meiner Schmerzensschreie 10


empört umdrehten. Mein Traum, egoistisch sesshaft zu werden, war wieder einmal geplatzt. Drei U-Bahnzüge später schaffte ich es endlich, in den Waggon zu gelangen. Aus Sicht des Egoismus-Trainings leider völlig unbrauchbar, denn der Zug war fast leer. Ohne Chance auf einen Kampf ließ ich mich zerknirscht auf einem Sitz nieder. Wo sind die Wiener Pensionisten, die ihren Platz mit allen Mitteln verteidigen, wenn man einen Standpunkt klarmachen will? Insgesamt eine Enttäuschung. Als ich so über die Gladiatorenszenen nachdenke, fällt mir ein Mann auf, der mir gegenübersitzt. Nein, wie ein Gladiator sieht er nicht aus. Er erinnert mich eher ein wenig an den Westernhelden Clint Eastwood. Das Telefonat, das er mit seiner „Jennifer“ führt, wirkt jedenfalls erbarmungslos. Mit schmal gezogener Lippe, ein Zahnstocher links unten aus dem Mundwinkel hängend, spricht er zu seinem „Schatzerl“. Ich registriere seine Lebensweisheit und versuche mir parallel durch den Kopf gehen zu lassen, was ich vorhin hätte anders machen können. Aber Gott sei Dank leben wir ja in einer Welt, in der einem nicht nur die Medien, sondern auch kleine digitale Programme das Denken abnehmen ... ah, erleichtern. Ich habe mir erst gestern die App „Denkanstöße light“ auf mein Smartphone heruntergeladen. „Light“ deshalb, weil „light“ immer gut ist und außerdem gratis. Hier kann man in Stichworten eingeben, was man an einer Situation als störend empfindet, und bekommt entsprechende Anregungen. „Das wird gleich ein Elchtest“, denke ich mir, während ich die Begriffe „Egoismus“ und „ärgern“ eintippe. Und voilà, der erste Tipp: „Wichtig ist, eine Situation kann immer unter verschiedenen Blickwinkeln gesehen werden. Wir tendieren dazu, in für uns unangenehmen oder nicht lösbaren Situationen sehr eindimensional zu denken und nur eine Sichtweise einzunehmen. Wir verbauen uns dadurch eine Vielzahl an anderen positiven Blickwinkeln und Lösungsansätzen.“

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