unclesally*s 170

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unclesally*s magazine

Oktober 2011 / Ausgabe 170

www.sallys.net

„Ich wollte, dass meine Toms wie die von Phil Collins klingen“ (Brann Dailor, Mastodon)

THE SUBWAYS Kasabian / Feist / Machine Head / Chuck Ragan The Rifles / Boots Electric/ Blink-182 / Thrice / Mastodon Adolar / Im Test: Mediengruppe Telekommander

B.I.N.

SO W.A.R.’S

Kino

Kirsten Dunst im Interview

Noch was: KINO / COMIX / COMPUTERSPIELE / DIE BESTEN PLATTEN / HÖRSPIELE / BÜCHER / DVDs



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INHALT

No.170 – Oktober 2011

INHALT/EDITORIAL

Seite 3

EDITORIAl So, die schlechte Nachricht zuerst: Die Konzertfotos of Death, die ihr immer fleißig knipst, mussten wir diesen Monat leider von unseren Seiten verbannen. Aber: Nicht ohne Grund und nur zu eurem Besten!

Denn Philanthropen, die wir sind, haben wir unsere Lieblingsjungs von Turbostaat und den schönen Casper mal kurz bei Seite genommen, als sie nachmittags für die Berlin Independent Night soundcheckten – und knipps! - siehe da: eine Doppelseite schöne Menschen, in der Mitte unseres kleinen Fanzines. Für euch. Musik: Seite 49

Kino Seite 52

blink 182

Melancholia

Nee, oder? Da sind sie wieder. Wer hätte das noch geglaubt? Als sie Ende der Neunzigerjahre nackt durchs Video zu „What’s My Age Again?“ rannten, ahnte noch niemand, dass es einmal ein kleines Wunder sein würde, die Pop-Punks 2011 mit einem neuen, ihrem sechsten Studioalbum wiederzusehen. Aber hier sind sie, frisch geölt, im Interview.

Mit seiner Hitler-Entgleisung wurde Lars von Trier zum Unhold der Filmfestspiele in Cannes, machte mit ihr aber indirekt auch Promo für seinen neuen Film „Melancholia“. Dabei wäre das gar nicht nötig gewesen. Schließlich hat er ja Kirsten Dunst, die die Hauptrolle in seinem Drama spielt und für ihre überragende Leistung mit einer silbernen Palme ausgezeichnet wurde. Wir trafen sie zum Interview.

04–07 Starter

34–37 Berlin INdependent Night – So war’s

04 03 04 06

Die Ärzte/ The Sea Supershirt Scroobius Pip/ An Early Cascade 60 Sekunden mit Kevin Devine

Musik Stories

08 Feist 09 Dum Dum Girls 10 Kasabian 11 Black Box Revelation/ The Minutes 12 Adolar 13 Polar Bear Club 14 Mastodon 15 Machine Head 16 Auf Achse: Modeln beim Red Bull District Ride 18 The Duke Spirit/ The Rifles 19 Chuck Ragan 20 Emil Bulls/ 5Bugs

22 Titel

Im Jahr 2005 waren sie „Young For Eternity“, mit ihrem dritten Album thematisieren The Subways nun „Money & Celebrity“. Da wollten wir uns beim Titelfoto natürlich nicht lumpen lassen. Glitzer und Konfetti haben die drei aber selbst mitgebracht, bestellt beim Partyversand der Eltern von Catherine MountbattenWindsor, Duchess of Cambridge formerly known as Kate Middleton. Nein. Aber schön wär’s.

26–32 Platten

Denkt dran, wer uninformiert kauft, kauft zweimal.

33 Auf der Couch...

Girls-Frontmann Christopher Owens hat es zu Hause nicht immer leicht gehabt. Vielleicht auch deshalb ist der Gute mit einer recht speziellen Persönlichkeit gesegnet. In jedem Fall kann er eine Menge erzählen und das ist wesentlich interessanter, als dem nächsten Verrückten zuzuhören, der euch in dieser Sekunde ansprechen will, während ihr das hier in einem öffentlichen Verkehrsmittel lest.

34 Poster: Casper und Turbostaat 36 Die B.I.N. im Rückblick

38 Im Test: Mediengruppe Telekommander

Ihr mögt fette Schlagzeilen, Internetpannen und Gossip? Wir auch. Das musste Florian von der „Mädchengruppe“ Telekommander jetzt ausbaden.

Wer sich dank kompletter Reizüberflutung nicht mehr daran erinnern kann, wie Casper und Turbostaat abends dann das Astra zerlegt haben, sich Escapado ein paar Meter Luftlinie im Cassiopeia vorerst vom Bühnenleben verabschiedeten und Handsome Furs auf der anderen Seite der Spree alle Nicht-Elektronik-Fans bekehrten - wir haben die Highlights der Berlin Independent Night mal zusammengepuzzelt, um die schwarzen Löcher im Kurzzeitgedächtnis zu stopfen. Das Reinigungspersonal eines Berliner Hotels hingegen wird sich wohl noch ganz gut an unser Titel-Shooting mit den Subways erinnern. Wer das Zimmer mit den Papierschnitzel-Resten in der Heizungsverkleidung findet, das Charlotte, Billy und Josh mit unserer Hilfe in eine Konfetti-Hölle verwandelt haben, bekommt eine Jahresration Staubsaugerbeutel von uns geschenkt. Wir wollen ja nicht, dass es bei euch zu Hause auch so aussieht. Ob „Money And Celebrity“ nicht nur den Namen ihres dritten Albums stiften, sondern inzwischen auch den Alltag der Engländer regieren, haben sie uns während ihres Schnipselbads natürlich auch gesteckt.

Musik Stories

40 Thrice 41 Boots Electric 42 blink-182 43 Reiseführer: Mit Killed by 9V Batteries in Graz 44 Julia Marcell/ Laura Marling/ Pickers/ DZ Deathrays/ Future Islands/ Love A 45 Splash-Kolumne: Newcomer

46–49 Live

Touren und Konzerte

50 In The Mix 52–59 Kino

52 Melancholia 53 Die Haut, in der ich wohne 54 3 Fragen an... Charlotte Rampling/ Jason Bateman/ Kevin Spacey 55 Restless/ Fright Night 56 Atemlos/ Love Life/ Tyrannosaur 57 Shortcuts 58 Kino DVDs

60 - 66 Das auch

60 Bücher: Farin Urlaub 61 Bücher/ Hörbücher/ Comics/ TV-Tipp 62 Games 60 Sport 64 Quckies 65 Redaktionscomic 66 Vorschau/ Impressum/ Screenshots

Das Leben der Reichen und Schönen hat Florian Zwietnig von der Mediengruppe Telekommander bisher wenig interessiert. Guter Mann, aber das Fachwissen einer Adelsexpertin hätte ihm in unserem Test mehr geholfen als eine moralisch-klatschfreie Weste. Aber so ist das Leben. Fragt mal Prinz Harry, der weiß das und wird sich auf der nächsten Faschingsparty besser vor den Fotografen verstecken... Glück auf, eure unclesally*s


Seite 4

STARTER

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Neuigkeiten Heute auf: Litauisch

Mirusieji ir Sužeistieji

(Tote und Verletzte)

Išsiskyrimai ir PauzEs (Trennungen und Pausen) AFI

NICK ASHFORD

„Ain’t No Mountain High Enough“ und „I’m Every Woman“ sind dieser Tage wieder öfter zu hören. Der Komponist hinter jenen Perlen, Nick Ashford, starb im Alter von 70 Jahren an Kehlkopfkrebs in New York.

Kurz war auf einer Website der Band zu lesen, dass sich AFI nach 15 gemeinsamen Jahren voneinander verabschiedet hätten. Dann folgte die Entwarnung: Die entsprechende Seite sei gehackt worden, man habe A Fire Inside nicht aufgelöst. Eine phänomenale Marketingstrategie.

FRIENDLY FIRES

THE BLED

Richard Turner, der Live-Trompeter der Friendly Fires, verstarb im Alter von 27 Jahren im Londoner King’s College Hospital. Turner erlitt beim Schwimmen in einem Pool einen Herzstillstand.

Nach zehn Jahren und vier Alben löste sich die Hardcore-Truppe The Bled aus Tucson, Arizona auf. Eine Abschiedstour ist für November angekündigt.

JANE’S ADDICTION

Wegen Stimmproblemen von Frontmann Perry Farrell wurden die Festivalauftritte von Jane’s Addiction in Reading und Leeds in letzter Minute abgesagt.

Eine längere Pause steht vor Good Charlotte. Man wolle wieder Spaß empfinden und Kreativität spüren. Dafür soll nun erst einmal Abstand zum aktuellen Dasein als Musiker gewonnen und anderen Tätigkeiten nachgegangen werden.

THE VACCINES

PURE REASON REVOLUTION

GOOD CHARLOTTE

Die Band mit dem treffenden Namen „Die Impfstoffe“ mussten ihre für den Oktober geplanten Konzerttermine wegen einer Operation an den Stimmbändern von Sänger Justin Young auf das Jahresende verschieben.

Acht Jahre nach Gründung lösen sich die Briten von Pure Reason Revolution auf. Mit einer Abschiedstour über die Insel im November wird die Revolution beendet.

DJ MEHDI

1998 im finnischen Turku ins Leben gespielt, gehen Sweatmaster nach ihrem Berliner Konzert am 15. Oktober getrennter Wege.

Der französische ’Ed-Banger’-Künstler Mehdi Favéris-Essadi alias DJ Mehdi verstarb am 13. September im Alter von 34 Jahren in einem Vorort von Paris. Er befand sich auf dem Dach seines eigenen Hauses, als dieses zusammenstürzte, und erlag wenig später im Krankenhaus seinen Verletzungen.

SWEATMASTER

R.E.M

Nun ist auch diese Langzeitbeziehung gescheitert. Nach 31 Jahren Bandgeschichte und 15 Studioalben trennen sich R.E.M.

die geschichte hinter dem song

Heute mit: Alex (THE SEA)

Die Ärzte Jetzt ist es wieder mal soweit, es war auch allerhöchste Zeit, und sie sind wieder mal genial. Tut uns furchtbar leid! Tut’s uns nicht wirklich. Eigentlich freuen wir uns sogar drauf. Ein bisschen. Ein bisschen sehr. Die Ärzte verkünden, dass das Ende noch nicht vorbei ist und gehen darum kurzerhand nächstes Jahr ausführlichst auf Tour. Und weil Karten für Die Ärzte so schnell weggehen wie Zitroneneis, wenn die fette Elke anwesend ist, gilt: Schnell Tickets sichern oder auf Zusatzkonzerte hoffen. Die ersten Shows sind nämlich schon ausverkauft: Halt die beste Band der Welt – bei aller Bescheidenheit.

Das Ende ist noch nicht vorbei Tour 2012: 16.5. Zwickau – Stadthalle *** 17.5. Frankfurt (Oder) – Messehalle ***22.5. Bremen – Arena *** 23.5. Kiel – Sparkassen-Arena *** 25.5. Oberhausen – Köpi-Arena *** 26.5. Oberhausen – Köpi-Arena *** 27.5. Chemnitz – Arena *** 30.5. München – Olympiahalle *** 2.6. Berlin – Kindl-Bühne Wuhlheide *** 3.6. Berlin – Kind-Bühne *** 7.6. Leipzig – Arena *** 8.6. Mannheim – SAP Arena *** 11.6. Zürich – Hallenstadion *** 13.6. Graz – Stadthalle *** 16.6. Wien – Stadthalle *** 19.6. Nürnberg – Arena Nürnberger Versicherung *** 27.6. Köln – Lanxess Arena *** 30.6. Frankfurt – Festhalle *** 4.7. Hannover – TUI Arena *** 7.7. Stuttgart – Schleyerhalle *** 8.7. Erfurt – Messehalle *** 11.8. Dresden – Filmnächte am Elbufer *** 18.8. Berlin – Waldbühne *** 19.8. Berlin – Waldbühne

NariU Kaita

(Mitgliederwechsel) BIOHAZARD

Nachdem Evan Seinfeld Biohazard verließ, um sich offenbar auf seine Pornokarriere zu konzentrieren, ist der Posten des Sängers vakant, die Band aber dringend auf der Suche. Wer sich berufen und für ein Casting bereit fühlt, darf mit entsprechendem Material unter auditions@biohazard.com den Finger heben.

THE HUMAN ABSTRACT

„’Emily’s Waltz’ und ’New York’ sind beides Songs von unserem neuen Album ’Rooftops’ und handeln von einem Mädchen, das Peter in London traf und in das er sich verliebt hat. Mit ’Emily’s Waltz’ haben wir versucht, das Gefühl wiederherzustellen, das man in einem solchen Moment hat. ’New York’ wiederum handelt davon, wie er in New York in seinem Hotelzimmer sitzt und darauf wartet, dass sie ihn anruft. Im Grunde genommen fängt das ganze Album den Zeitraum eines Sommers ein, in dem wir unter anderem nach London gezogen sind. Es zeigt, dass London der beste Ort auf der Welt sein kann, gleichzeitig aber auch der schrecklichste und das alles aus der verzerrten Perspektive eines Verliebten.“ Heimat: theseasounds.co.uk Auch gut: „Rooftops“ - das neue Album von The Sea

Frontmann Travis Richter erhielt den finalen Kick und wurde für die Tour durch Ryan Devlin aus dem Hause Corelia ersetzt.

Nauji projektai ir Sugryžimai (Neue Projekte und Wiedervereinigungen) THE BLACK KEYS

Schon 2009 luden die Black Keys ihren Bluesrock mit Rap verschiedener Künstler auf und brachten das Ergebnis unter dem Namen Blakroc unter die Leute. Das Werk erwartet einen Nachfolger, der in Kürze veröffentlicht wird. Mit dabei sind zum Beispiel Talib Kweli und die Cool Kids.

BOYSETSFIRE

Seit einigen Monaten reuniert, kehren Boysetsfire zum Ende des Jahres zurück in die Heimat, um ein neues Album zu schreiben.

THE JULIE RUIN

Kathleen Hanna von Bikini Kill und Le Tigre belebt ihr Soloprojekt The Julie Ruin und veröffentlicht dessen zweites Album, nach dem selbstbetitelten 1998er Debüt. Zu Beginn des kommenden Jahres darf das Werk erwartet werden.

METALLICA & LOU REED

Das gemeinsame Projekte „Lulu“ von The Velvet Underground-Legende Lou Reed und Metallica nimmt konkrete Formen an. Ab dem 31. Oktober steht die Platte in den Geschäften und darf im Vorfeld unter www.loureedmetallica.com angetestet werden. Der Ursprung der Songs liegt in einer Berliner Theaterinszenierung von Stücken Frank Wedekinds, für die Reed die Musik schrieb.

SCORPIOS

Nein, falsch gelesen! Nicht die Scorpions, sondern die Scorpios haben sich hier für ein Album und eine Tour zusammengefunden. Im Bandbus sitzen Joey Cape aus den Lagern Bad Astronaut und Lagwagon, John Snodgrass von Drag The River, Tony Sly von No Use For A Name und Brian Wahlstrom. Das Album kann für einen selbst gewählten finanziellen Beitrag unter www.scorpiosmusic.com erworben werden.


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Ein neues Coveralbum von William Shatner alias Captain Kirk steht auf der Agenda. Wie schon einige Male zuvor, rezitiert der Schauspieler auf „Searching For Major Tom“ Titel anderer Künstler, unterstützt von prominenten Gastmusikern. Diesmal trifft es unter anderem Songs von Frank Sinatra, Queen, David Bowie, Deep Purple und U2. Zur Unterstützung wurden zum Beispiel Mitglieder von The Strokes, Alice In Chains, Tangerine Dream und Deep Purple abgestellt.

SLIME

Das letzte Album „Schweineherbst“ der wiedervereinten Slime ist nun volljährig, da wird es Zeit für einen würdigen Nachfolger. Im Januar entern sie das Studio, Mitte 2012 die Wohn- und Kinderzimmer.

SOULFLY

Soulfly-Frontmann Max Cavalera und sein Gegenpart beim Dillinger Escape Plan, Greg Puciato, gehen eine Projektkooperation ein. Beide werden sich dabei den Gesang teilen und mit einer Reihe an Gastmusikern spielen. Inspiriert soll das Vorhaben von Cavaleras 1994/95er Projekt Nailbomb sein.

SUEDE

Die im vergangenen Jahr reunierten Suede beginnen dieser Tage auch mit der Arbeit an einem neuen Album.

FRANK TURNER

Singer/Songwriter Frank Turner entwickelt ein neues Hardcore-Projekt und möchte im nächsten Jahr mit dem entsprechenden Debütalbum um die Ecke kommen. Turner trat früher als Frontmann der Hardcore-Punktruppe Million Dead in Erscheinung.

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HELDEN & DIEBE

Irašai

Heute mit: Tim Rakete (SUPERSHIRT)

(Platten)

A WHISPER IN THE NOISE

Die beiden Musiker West Dylan Thordson und Sonja Larson stehen dieser Tage in der Aufnahmekabine, um im März 2012 ihr neues Opus veröffentlichen zu können.

DEICHKIND

Den „Befehl Von Ganz Unten“ geben Deichkind zu Beginn des kommenden Jahres aus. Ob der Name des neuen Albums und der begleitenden Tour den qualitativen Ansatz des Werks widerspiegelt, bleibt bis dahin offen.

Foto: Andreas Chudowsk

WILLIAM SHATNER

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THE DILLINGER ESCAPE PLAN

Nicht nur mit Max Cavalera ist Frontmann Greg Puciato am Aufnehmen (siehe oben), auch seine Hauptband Dillinger Escape Plan bereitet neue Songs vor, die im kommenden Jahr veröffentlicht werden.

FLORENCE AND THE MACHINE

Der in den Londoner Abbey Road Studios aufgenommene Zweitling von Florence und ihrer Maschinerie setzt im November zum Abflug an. Wir sind gespannt, ob die Grandiosität des Debüts „Lungs“ überboten werden kann.

GALLOWS

In Los Angeles arbeiten die Briten von Gallows an einer EP. Es ist die erste Produktion seit dem Ausstieg des Frontmanns Frank Carter im Juli und der Rekrutierung des Ersatzes von Alexisonfire, Wade MacNeil.

JOSÉ GONZALES

Derzeit mit seiner Band Junip erfolgreich, kündigte Singer/Songwriter José Gonzales eine neue Soloplatte für das kommende Jahr an.

Für mich gibt es nur ein einziges Vorbild - und das ist Ringo Starr. Und der John – der Lennon. Und Paul McCartney. Und George Harrison auch. Früher fand ich Pete Best auch gut, aber das ist jetzt vorbei. Die Beatles sind tatsächlich eine große Hilfe für uns. Wir haben im Studio ein tonnenschweres Beatles-Buch, in das wir immer schauen, wenn wir mal nicht weiter wissen. Dann stellen wir die Frage „Was würden die Beatles tun?“ und schlagen eine zufällige Seite auf. Heimat: teitmaschine.de Auch gut: „Kunstwerk“ - das neuen Album von Supershirt


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Das TUT GUT

Heute mit Scroobius Pip: Adopt A Word

MUSE

Platte Nummer sechs wird dieser Tage im Studio aufgenommen. Der Titel des Nachfolgers vom 2009er „The Resistance“ bleibt vorerst offen.

THE OFFSPRING

Bis zum Jahresende soll das neue OffspringWerk auf die Festplatte gebannt sein. Im kommenden Jahr darf dann mit der Veröffentlichung des Nachfolgers von „Rise And Fall, Rage And Grace“ gerechnet werden.

THERAPY?

Ab Februar scheint „A Brief Crack Of Light“ aus den physischen und virtuellen Tonträgerregalen. Die erste Single kommt im November.

TOMMY STINSON

Herr Stinson, früher bei den Replacements, mittlerweile Bassträger am Hofe Guns N’ Roses, hat mit „One Man Mutiny“ sein zweites Soloalbum fertig gestellt.

THE USED

Im Februar 2012 bringen The Used das Werk „Vulnerable“ auf ihrem eigens dafür gegründeten Label Dental Records heraus.

Kinas ir Televizija (Film und Fernsehen) TORTOISE

Das neue Werk des „Blair Witch Project“Regisseurs Eduardo Sanchez, „Lovely Molly“, wird von Tortoise untermalt, die den Soundtrack komponierten.

Kita

(Der Rest) BLUR

Bassist Alex James kaufte sich nach dem Erfolg von Blur einen Bauernhof auf dem Land, um daraus einen Lebensraum für seine Familie mit angeschlossener Käserei zu entwickeln. Nachdem er 2008 bereits den British Cheese Award für eines seiner Produkte gewann, bringt James nun eine eigene Käseserie unter dem Namen „Alex James Presents“ in britische Supermärkte.

THE FLAMING LIPS

Die Flammenden Lippen haben ein neues Großprojekt vor Augen. Ein sechsstündiger Song unter dem Titel „Found A Star On The Ground“ wird derzeit vorbereitet. Für einen kleinen Obulus in Form von 100 US-$ darf jeder seinen Namen im Song erwähnt wissen. Die Band wolle den Erlös spenden, heißt es.

MONSTER MAGNET

Ein Trend geht um: Musiker gehen mit ihren „historischen“ Platten auf Tour und spielen diese in Gänze. So auch Monster Magnet. Auf ihrer Konzertreise im November und Dezember werden sie das 1995er Album „Dopes To Infinity“ in kompletter Länge vortragen.

HENRY ROLLINS

Der Jahresbeginn führt Black Flag-Legende und Spoken Word-Entertainer Henry Rollins wieder in unsere Gefilde. In seinem Programm „Knowledge Through Mileage“ gibt es neue Episoden aus Herrn Rollins Leben und Lernen auf Reisen zu erleben.

DAS GUTE GESCHÄFT IN DIESEM MONAT ist: Mit dem Song „Thou Shalt Always Kill“ katapultierten sich dan le sac und sein bärtiger Sidekick Scroobius Pip auf die LieblingsListen geschmacksicherer Schubladen-Verachter. Jetzt legt Pip sein erstes Soloalbum „Distraction Pieces“ vor, stellt darauf wie gehabt (pop)kulturelle Weisheiten auf den Kopf und schickt abgeschmackte Formulierungen auf eine Runde ins Wortkarussell. Aus einer Schwäche hat er seine Stärke gemacht... „Als ich aufwuchs, also lange bevor ich Ambitionen hatte, Musik zu machen und überall auf der Welt zu performen, hatte ich ein Stotter-Problem – und habe es noch immer. Sprachfehler und Sprachbehinderungen sind heimtückische Biester. Ihnen wird nie genug Aufmerksamkeit geschenkt, gemessen daran, welchen Einfluss sie auf deine Persönlichkeit haben können. Auch kann Stottern dazu führen, dass bestimmte Wörter oder Laute aus deinem Vokabular verschwinden, weil du sie einfach nicht aussprechen kannst. Es mag ein wenig überdramatisiert sein, aber im Laufe der Geschichte wurde im Namen der Redefreiheit viel Blut vergossen, doch wenn man an einem Sprachfehler leidet, hat man keine. Für Menschen, die nie darunter gelitten haben, ist es oftmals schwer zu verstehen, was es bedeutet, nicht immer sagen zu können, was man sagen möchte. Einen Satz in seinem Kopf zu haben, aber nicht über die Fähigkeit zu verfügen, ihn auszusprechen. Auch mein Sprachfehler hat meine Persönlichkeit beeinflusst - allerdings im positiven Sinn. Er hat mir geholfen, mein Vokabular ständig zu erweitern, schneller zu denken und Worte durch andere zu ersetzen. Ich denke, es war der Schlüssel auf meinem Weg zum Spoken-Word-Künstler und Musiker. Vor ein paar Jahren wurde ich auf die Arbeit von „Adopt A Word“ aufmerksam und ich mag die Idee, mit der sie Spenden sammeln, um Menschen mit Sprachfehlern zu helfen und auf ihre Probleme aufmerksam zu machen, nach wie vor. Auf ihrer Homepage adoptaword.com kann man sich sein Lieblingswort aussuchen und gegen eine Gebühr adoptieren. Man bekommt Adoptionspapiere und ist dann für die nächsten zwölf Monate Pate des Wortes. Ich habe inzwischen mehrere Wörter adoptiert, unterstütze die Projekte und gebe mit meinen Adoptionen auf facebook.com/scroobiuspip an.“ Heimat: scroobiuspip.co.uk & adoptaword.com Auch gut: „Distraction Pieces“ – das neuen Album von Scroobius Pip

Star Kebap Bahnhofstr. 31 70806 Kornwestheim

Man lernt zwar auf Tour viele neue Lokalitäten und Geschäfte kennen, aber zu Hause ist es doch immer noch am schönsten. Daher fällt unsere Wahl natürlich auf unsere Lieblingsdönerbude Star Kebap in Kornwestheim - Heimat unseres Proberaums und Wohnsitz von 4/5 der Band - quasi unser Stammlokal. Wobei: Seitdem die Jungs im Star hochgenommen wurden (so munkelt man) und es jetzt keine importierten Dosen ohne Pfand und vor allem kein SchwipSchwap mehr gibt, ist ein Punkt in der An Early Cascade-Döner-Mängelliste unter Star Kebap zu finden. Deshalb ist das Ziel auf der nächsten Tour ganz klar: Einen Döner in jeder Stadt! Mal sehen wer da dann vorne liegt. Empfohlen von: An Early Cascade

SchwipSchwap-mäßig setzen auch An Early Cascade seit 2004 auf das ZweiKomponeten-Konzept: Auf ihrem neuen Album „Versus“ vereinen die Stuttgarteter Lärm UND Melodie. Heimat: anearlycascade.com Auch gut: „Versus“ - das neue Album von An Early Cascade


60 SEKUNDEN mit:

KEVIN DEVINE

Wenn Kevin Devine demnächst mit Hammer und Säge ein neues, weitläufiges New Yorker Apartment umgestaltet, dann ist er definitiv nicht betrunken, eventuell auf Vitamin C, auf jeden Fall aber hat er dann seine ersten großen internationalen Erfolge eingefahren - und sich nebenbei zum Zimmermann ausbilden lassen. Was das mit seinem neuen Album „Between The Concrete And Clouds“ zu tun hat? Momentan noch nichts. Aber das Leben hat ja auch noch mehr zu bieten! Wenn ich meinen Vornamen ändern müsste, würde ich gern ... ... Malcom heißen. Wenn meiner Band und mir der internationale Durchbruch gelänge ... ... würde ich keinen Lagerraum in Brooklyn mehr anmieten müssen, sondern könnte all meinen Kram in einer größeren Wohnung unterbringen. In New York zu leben ... ... hat mich zu jemandem gemacht, der sich für die Geschichten der Menschen interessiert, aber des ganzen Mists, den sie ständig von sich geben, gleichzeitig auch so überdrüssig ist. Wenn ich eine Sache auf dieser Welt verändern könnte, würde ich ... ... sie gerechter machen. Eine Sache, die die Menschen immerzu von mir erwarten, die aber nicht zutrifft, ist ... ... dass ich betrunken bin. Wenn jemand mein Leben verfilmen würde, hieße der Streifen ... ... „Intimacy in Jungleland: The Narrative of Kevin Devine“. Auch wenn ich es als Kind geglaubt habe, musste ich später leider feststellen ... ... dass Wally Backman Mitte bis Ende der Achtziger gar nicht der beste Baseball-Spieler der New York Mets war. Meine beste weibliche Eigenschaft ist ... ... Empathie. Wenn ich mit der Presse umgehe, hilft mir mein Abschluss in Journalismus insoweit, als dass ich ... ... weiß, wie hart der Job ist. Wenn es um Hausmittelchen geht, vertraue ich auf ... ... Vitamin C und ausreichend Schlaf. Etwas, das ich gern noch lernen würde, ist ... ... das Zimmermannshandwerk. Heimat: kevindevine.net Foto: Ninelle Effremova Auch gut: „Between The Concrete And Clouds“ - das neue Album von Kevin Devine


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MUSIK STORIES

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„Hello. What is your name?“ Angelockt vom Trubel um die Frau mit der Sonnenbrille, die seit geraumer Zeit unermüdlich Antworten auf ihr gestellte Fragen in Kameras und Mikrofone spricht, wagt sich ein etwa achtjähriges Mädchen vor, um der Sache auf den Grund zu gehen. „My name is Leslie“, kommt es freundlich zurück. In den USA wäre die Kanadierin Mitgliedern der Altersklasse „Grundschule“ vermutlich eher bekannt, zumindest vom Sehen – trat die 35-Jährige doch dort vor einiger Zeit in der „Sesamstraße“ auf, wo sie mit einigen von deren bunten Bewohnern eine kindgerechte Version ihres Hits „1234“ sang. Obwohl: „Meistens sind es die Erwachsenen, die im Supermarkt auf mich zukommen und sagen: ’Oh Gott, meine Kinder LIEBEN deinen Song! Wir haben ihn hundert Mal geguckt. Er ist das beste Mittel gegen Tränen.’ Und die Kleinen stehen daneben, man kann ihnen ansehen, dass sie mit mir überhaupt nichts anfangen können – was vermutlich anders wäre, wenn sie zum Beispiel Elmo träfen. Die Puppen sind eben die Rockstars der Kinder.“ Und ein bisschen auch die Rockstars der Feist, was besonders deutlich wird, wenn sie mit leuchtenden Augen von ihrem Besuch am Set des kommenden neuen ’Muppet’-Films erzählt: „Das toppt für mich die ’Sesamstraßen’-Erfahrung sogar noch, auch wenn mein Auftritt nur einen Sekundenbruchteil dauert und ich lediglich eine Zeile singe, in einer Szene, in der gar keine Muppets zu sehen sind. Aber ich durfte am nächsten Tag noch einmal ins Studio kommen, als sie eine Einstellung mit ALLEN Muppets drehten. Das war wie Weihnachten für mich! Ich stehe da herum, bin ganz aufgeregt und auf einmal tippt mir jemand auf die Schulter, ich drehe mich um – und Fozzie Bär sagt: ’Heeeey!’. Ich habe natürlich sofort ein Foto von mir und ihm machen lassen, und auch eines mit Gonzo, denn das musste ich Gonzales selbstverständlich unter die Nase reiben.“

Feist

Look at what the Feist did now, oder: Metalle, Muppets und Molke Es wuselt nur so im frisch eröffneten Berliner Park am Gleisdreieck. Kinder auf Spielgeräten unterschiedlichster Machart, Eltern mit schnurlosen Telefonen und Heißgetränken zum Mitnehmen, Jogger, Senioren – und dazwischen, auf einem zur Schaukel umfunktionierten Treckerreifen: Leslie Feist, die gerade den Interview-Marathon zu ihrem neuen Album ’Metals’ bestreitet.

Besagter Gonzales ist ein langjähriger Freund und musikalischer Begleiter von Feist, und wie schon bei ’Let It Die’ (2004) und ’The Reminder’ (2007) auch an den Arbeiten zu ’Metals’ maßgeblich beteiligt. Die nehmen ihren Anfang zunächst in einer kleinen Hütte in Kanada, wo Feist nach einer zweijährigen Auszeit alleine an den Grundlagen der Lieder werkelt. Es folgen weitere Songschreibe-Sessions in Paris, Berlin und Toronto, Musiker wie Mocky oder Brian LeBarton aus dem Dunstkreis von Beck kommen hinzu und schließlich geht es nach Big Sur in Kalifornien, wo die zwölf ’Metals’-Songs dann im denkbar entspanntesten Umfeld eingespielt werden. „Wir mieteten ein Haus, wo wir wohnten und in dessen Scheune wir aufnahmen“, erinnert sich Feist und erzählt grinsend weiter: „Es ist eigentlich ein Ziegenbauernhof, und die Frau, die dort lebt, stellt Ziegenkäse und -milch her – es war schon etwas komisch: Ich saß dort im Studio-Kontrollraum, der im Grunde einfach ihre Küche war, und sie war am anderen Ende des Zimmers mit diesen riesigen Kesseln zugange, in denen sie den Käse machte. Und ab und zu lächelte sie herüber und rief: ’Hey, wollt ihr einen Schluck Molke?’ Also saßen wir abends da, tranken dieses ’Elixir des Lebens’ – oder mit anderen Worten das, was beim Käsemachen übrig bleibt. Etwas eklig, aber sehr aufputschend. Wir machten unsere Witze, stellten uns vor, dass wir dort an der kalifornischen Küste psychedelische Drogen nähmen – mit unseren Schnapsgläsern voll ’Käsewasser’ in der Hand.“ Text: Torsten Hempelt Foto: Mary Rozzi Heimat: listentofeist.com


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MUSIK STORIES

Seite 9

Dum Dum Girls

Mit Sonnenbrille durch die Nacht ’I Will Be’ hieß das Debüt der Dum Dum Girls. Darauf befanden sich die ersten Songs, die Kristin Gundred alias Dee Dee Dum Dum in ihrem Leben geschrieben hatte. Fertig gestellt, als die Kalifornierin 27 Jahre alt war, hatte sie gerade das schwierige Teenagerdasein und den zermürbenden Übergang ins Erwachsenenalter hinter sich gebracht. Was sie alles sein würde, war ihr bis dahin vermutlich nicht ganz klar. Was sie ist, dafür umso mehr. „Ich war immer sehr introvertiert, und hatte früher mehr Bücher als Freunde“, blickt sie im Interview zurück. Und was wird aus einem Mädchen, das als Audrey-Hepburn-Lookalike zur High School geht und Kalifornien deprimierend, weil zu schön findet? Entweder eine verschrobene Bibliothekarin oder eine Künstlerin. Eine, die mit den Füßen in der Vergangenheit festklebt, weil sie dort musikalische Idole wie Patti Smith, Chrissie Hynde oder die Girl Groups der Sechzigerjahre hat. Deren Körper sich in einem gut sortierten Vintage-Laden am wohlsten fühlt. Und die mit dem Herzen lieber da weilt, wo nicht alles in Perfektion und Sonnenschein erglänzt. Kürzlich ist sie mit ihrem Ehemann, Crocodiles-Sänger Brandon Welchez, nach New York umgezogen. Vielleicht weil dort die Hochhäuser das Licht aussperren.

Seitdem ist ganz schön viel passiert – und das in kürzester Zeit. Ihre Mutter, die das Cover des Debüts zierte, ist gestorben. Kristin tourte mit der Band durch die Welt und schrieb in rasender Geschwindigkeit neue Songs für ihr Zweitwerk ’Only In Dreams’. Das Ergebnis ist eine Mischung aus Pop und Rock’n’Roll, sauberer und polierter als der Vorgänger, mit weniger nostalgischen Teenie-Erinnerungen und mehr aus dem Hier und Jetzt. „Die Platte klingt nach einer Band. Wir sind eine Rock’n’’Roll-Band“, sagt die inzwischen 28-Jährige. „Auf dem ersten Album hatte ich noch eine

Schutzschicht zwischen mir und dem Hörer aufgebaut. Die ist weggefallen.“ Und so hören wir ungefiltert, was Dee Dee uns zu erzählen hat. „Es geht viel ums Reisen, ums Vermissen meines Mannes und die Krankheit meiner Mutter. Um das Konzept der Sehnsucht“, erklärt sie. Und sieht mit ihren Katzenaugen und der sorgfältig zerrissenen Strumpfhose plötzlich sehr traurig aus. Nein, in Kalifornien gibt es wahrlich zu viel Sonne für eine wie Dee Dee Dum Dum. Text: Silvia Weber

Heimat: wearedumdumgirls.com


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MUSIK STORIES

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Kasabian

„Wir haben unsere Unschuld verloren“ Die ersten Töne von ’Velociraptor!’ klingen wie der Trailer zum neuesten ’Godzilla’-Blockbuster. Raunend und stöhnend kämpft sich das hungrige Monster durchs Dickicht, schleppt sich weiter, bis es endlich draußen ist: ’Let’s Roll Like We Used To’. Mit großer Geste kehren Kasabian nach ihrem gefeierten Werk ’West Ryder Pauper Lunatic Asylum’ zurück. Im Gepäck: ein Album, dessen Titel nicht nur den jahrelangen Zusammenhalt der Band, sondern auch ihr Durchhaltevermögen auf dem Weg nach oben symbolisiert. „Der Velociraptor war der einzige Dinosaurier, der den T-Rex besiegen konnte. Und zwar deshalb, weil er immer in Vierergruppen unterwegs war“, erklärt Sergio Pizzorno im Interview. „Die haben zusammengehalten. Wie eine Band.“ Der Chef-Songschreiber macht ein ernstes Gesicht, während er das sagt. Ironie ist fehl am Platz, wenn es um die Suche nach dem verloren gegangenen Traum vom echten Rock’n’Roll geht, wo exzentrische Pelzmäntel und nackte Oberkörper wie selbstverständlich zur Bühnendeko gehörten und Künstler noch nicht „so cool und unterwürfig“ waren wie heute. „Mick Jagger und David Bowie, das sind die letzten großen Rockstars.“

ty Boosh’-Schauspieler Noel Fielding, also da, hörte Elvis, Daft Punk und Nirvana - mit dem Ziel, einen bleibenden Klassiker hinzubekommen. Mit Babygeschrei im Hintergrund (seit einem Jahr ist er Vater) und während er den Soundtrack zum Kinofilm ’London Boulevard’ mit Keira Knightley und Colin Farrell schrieb, entstand, was Kasabian-Fans brauchen: das Unterwartete, von HipHop (’Days Are Forgotten’) bis Techno (’Switchblade Smiles’) im Kasabian-Style - von der Medienkritik bis zum Phil-Spector-artigen Liebessong. In ’La Fee Verte’ besingt Tom Meighan ein Thema, das der Band am Herzen zu liegen scheint: Stars früher und heute. „Heute ist jeder ein Celebrity - wir haben unsere Unschuld verloren“, klagt Pizzorno, der mit traurigen Augen, SiebzigerjahreHemd und Lederhalsband auf dem Sofa sitzt. „Früher wollten die Leute große Songschreiber und Künstler sein, nicht berühmt. Das war nur eine Begleiterscheinung. Heutzutage geht es nur noch um den Ruhm, egal, ob Talent im Spiel ist oder nicht.“

tor!’ nun auch außerhalb Großbritanniens geschaffen sein: „Beim Hurricane- und Southside-Festival haben wir es zum ersten Mal gespürt“, schwärmt Pizzorno. „Es hat sich was verändert.“ Was er und seine Jungs seit zehn Jahren mit überbordendem Selbstbewusstsein propagieren, scheint nun tatsächlich eingetreten zu sein. Kasabian sind zur Stadionband gereift. Fans campieren in England vor Konzerthallen, Festivalbesucher in Deutschland und Spanien feiern Auftritte wie kleine Gottesdienste.

Nächtelang saß Pizzorno, der frisurtechnisch aussieht wie eine Kreuzung aus Jim Morrison und ’Migh-

Eben deshalb muss sie wieder her, die gute alte Rock-Geste. Die Grundlage dürfte mit ’Velocirap-

Text: Silvia Weber Foto: Dean Chalkley Heimat: kasabian.co.uk

Wenn Tom Meighan wie beim Hurricane-Festival einen Song mit den Worten „Das wird euch alle wegpusten,“ ankündigt, glaubt man ihm. Die gesteigerte Popularität scheint für Pizzorno jedoch nur eine logische Konsequenz zu sein - mit viel Luft nach oben: „Wir müssen unbedingt noch in der Hollywood Bowl auftreten. Dann haben wir es geschafft.“ Denn was den Rockstar und den Velociraptor außerdem eint: beide kennen keine Bescheidenheit.


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Black Box Revelation

Die erste Band, die wirklich Musik macht

Ein Männlein steht im Walde ganz still und stumm – und fokussiert durch ein „handgemachtes“ Fernglas den Betrachter. In einem belgischen Wäldchen fotografierte Jan Paternoster, Gitarrist und Sänger mit dem schönsten Nachnamen der Welt, kürzlich einen nahen Verwandten. Ohne dieses Wissen wäre das Artwork des neuen Black Box Revelation-Albums zeit- und ortlos: Der abgebildete Norweger-Wollpulli erlebte zwischen 1960 und 2011 zahlreiche Revivals, die gleichen Bäume stehen in Kanada, Schweden und sonstwo. ’My Perception’, so heißt das bereits dritte Album des belgischen Duos, das tatsächlich erst 20 beziehungsweise 22 Jahre ist und klingt, wie es aussieht. Alain Johannes, der schon mit den Queens Of The Stone Age, den Arctic Monkeys, Them Crooked Vultures und der Mark Lanegan Band zusammenarbeitete, hat den Sound der beiden Jungspunde klassisch, fett, mit dem nötigen Drive in der Stimme aufgenommen. Paternoster klingt wie Jagger,

wie Sixties; die Gitarre fuzzt mit viel Tremolo und Dries Van Dijk spielt ein behäbiges, dröges Psychedelic-Schlagzeug. Moe Tucker wäre stolz gewesen! Die Zeit in Hollywood bei Johannes haben Van Dijk und Paternoster in guter Erinnerung: „Ein Nachbar von Alain, ein Auto-Sammler, saß immer auf der Terrasse und trank Bier, während wir den ganzen Tag im Studio waren“, erzählt Jan. Nachdem sie mit den Aufnahmen fast durch waren, klingelte es. Der Nachbar stand vor der Tür: „Normalerweise ist das, was Alain aufnimmt, immer nur Krach. Ihr seid die erste Band, die wirklich Musik macht.“ Text: Frédéric Schwilden Heimat: blackboxrevelation.com

The Minutes

The key(s) to success

Im Filmabspann heißt es stets: „Jede Ähnlichkeit mit toten oder lebenden Personen oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ist nicht beabsichtigt und wäre rein zufällig.“ Und was ist mit der aktuellen The Minutes-Single „Black Keys“? Die erinnert verdammt an eine gleichnamige Combo aus den USA. Alles nur Zufall? Offenbar ja. „In der jetzigen Form gibt es The Minutes seit ungefähr vier Jahren, und ’Black Keys’ war eines unserer ersten Stücke“, klärt Frontmann Mark Austin auf. Damals habe der Song noch anders geklungen. „Wir waren zu der Zeit sehr indie und ziemlich scheiße. Wir haben zu viel nachgedacht und zu viel geredet, Platten von Interpol und den Strokes gehört und versucht, ähnliches Zeug zu schreiben.“ Der Abgang des zweiten Gitarristen wurde zur Initialzündung. Zum Trio geschrumpft, besannen sich Mark, sein Cousin Shane und Bassist Tom auf die Helden ihrer Jugend: Thin Lizzy und die Beatles. Die Dubliner zogen mit ihrem Equipment in die Garage und drehten die Verstärker auf. Mit Erfolg. „Es fühlte sich gut an. Und auf unseren Konzerten tanz-

ten die Leute. Das hatten sie vorher nie getan. Also müssen wir was richtig gemacht haben.“ Das haben die Iren in der Tat. „Black Keys“ ist zum dreckigen, stampfenden Ohrwurm mutiert, und auch der Rest des in New York eingespielten Debüts „Marcata“ bietet ein infektiöses Garagen-Rock-Revival im White Stripes- und ja, eben: Black Keys-Stil. Letztere will Mark übrigens im vergangenen Jahr erstmals gehört haben. Im Fanlager der US-Kollegen habe man sich jedoch bereits unbeliebt gemacht. „Ein Typ auf YouTube hat gedroht, er würde vorbei kommen und uns die Beine abhacken.“ Bitte nicht! Text: Nina Töllner

Heimat: theminutesmusic.com

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Adolar

Tanzen und kotzen im Glitzerkleid Hartgesottene Realisten würden sagen, das Leben ist eine Aneinanderreihung von Problemen. Diese sind mal größer, mal kleiner, mal tiefgreifender, mal selbstgezüchtet, manchmal (fast) nicht zu bewältigen, aber auch im latenten Zustand sind sie stets präsent. Oder anders ausgedrückt: Die nächste emotionale Herausforderung kommt bestimmt. Deshalb ist es ratsam, sich auch in schwereren Zeiten auf seine skurrile Seite verlassen zu können. Was? Willkommen bei Adolar. Die Jungs, die mit ’Zu Den Takten Des Programms’ ihr zweites Album veröffentlichen, besitzen etwas, das nicht alltäglich ist. Schon gar nicht in der Szene, in der sie sich bewegen. Während andere IndiePunker an der eigenen Ernsthaftigkeit beim Singen fast ersticken oder ihren Humor spätestens beim fünften veganen Diätversuch verloren haben, lässt sich Sänger und Bassist Tom Mischok im Video zu ’Tanzenkotzen’ beilschwingend in einem blauen Kleid ablichten. Das würde sich nicht jeder trauen. Wohl nicht mal darüber nachdenken. Wie auch? Einen sichtbar logischen Zusammenhang für das Glitzerkleid mit den passenden weißen Handschuhen im Clip gibt es nicht. Typisch Adolar eben. Trotz aller Intensität der Texte, der Emotionen, der Grübeleien und leidvollen Erfahrungen, die der neuen Platte zugrunde liegen – hatte Songschreiber Tom in den letzten Monaten doch einige private Schicksalsschläge zu verkraften – spielen sie mit der Gegensätzlichkeit von Schmerz, Wut, Hass und skurrilem Humor. Intuitiv verzichten die Jungs auf Vorhersehbarkeiten und heben sich so von den Indie-Punk-Ensembles ab, die heimlich sicher auch gern über das kleine bisschen mehr Persönlichkeit verfügen würden. Das, was Adolar so besonders macht, haben sich Tom Mischok, die Gitarristen Michael Cyris und Jan Krieshammer und Schlagzeuger Frank Mertens nicht antrainiert. Schon auf ihrem ersten Album ’Schwörende Seen, Ihr Schicksalsjahre!’, das die vier Freunde aus Sachsen-Anhalt 2010 veröffentlichten, demonstrierten sie mit ihren smarten Texten nicht nur, dass sie etwas im Kopf, sondern auch

einen Blick für das Absurde im Alltäglichen haben. Vielleicht liegt das aber auch ein bisschen daran, dass Toms Bewusstsein beim Texten manchmal Achterbahn fährt: „Es kann schon vorkommen, dass ich einen Text mal nicht so ganz nüchtern schreibe, aber wenn etwas raus muss, dann muss es raus“. Mit ’Zu Den Takten Des Programms’ zeigen sich die Jungs mutiger, aber auch gereifter. Die Songstrukturen plätschern bei Adolar nicht nur lieblos vor sich hin. Sie werden aufgebrochen und in ihrer Intensität erheblich gesteigert, durch den variierten Einsatz von Stimme und Betonung, Tempowechsel sowie eine starke, selbstbewusste Instrumentierung. Auch hat sich die Band dafür entschieden, mit ’Kleinigkeiten Im Ersten Stock’ einen SpokenWord-Track auf dem Album zu integrieren. Das ist seltsam, vielleicht auch nicht nach jedermanns Geschmack, doch die Geschichte über das Beziehungsende von Toms Mitbewohnern bedeutet dem Sänger viel: „Ich schreibe öfters Kurzgeschichten und dieses Mal dachte ich halt: Warum nicht auch auf die Platte packen, passt ja irgendwie ganz gut.“ Wer sich die etwas bizarre, aber in der Tat sehr gute Geschichte zu Gemüte führt, wird nur ein weiteres Mal feststellen, dass sich die Band zwischen Herz, Hirn und ungewöhnlichem Humor ganz wohl zu fühlen scheint. Das Beste daran ist: So genau denken sie selbst sicher gar nicht über sich nach. Das kommt alles von innen. Interview: Raphael Schmidt Text: Christine Stiller Heimat: adolarband.de


Polar Bear Club … just a band

Der Polar Bear Club arbeitet sich mit seinem dritten Album ’Clash Battle Guilt Pride’ in die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen des Homeland-Punk vor. Manchmal bringt sowas Definitionsprobleme mit sich... Polar Bear Club-Frontmann Jimmy Stadt kratzt sich hörbar am Kopf, als er auf die Essenz seiner Band angesprochen wird: „Ich weiß genau, was wir nicht sind: Wir sind keine Typen, die mit BackingTracks und elektronischen Spielereien auftreten. Wir haben keine Glitzeranzüge an und keine hübsche Lichtshow dabei“, versucht er das Offensichtliche auf den Punkt zu bringen. Mit ihrem dritten Album ’Clash Battle Guilt Pride’ sind Polar Bear Club mittlerweile viel mehr als nur irgendetwas nicht, sie sind eine stehende Marke im Punkrock – und das liegt nicht zuletzt daran, dass die Band aus Rochester/NY den schon mit dem Debüt eingeschlagenen Weg konsequent fortsetzt. „Es ist ja nichts schlechtes, wenn ein Publikum sich an neue Trends hängt. Die Leute sind halt schnell gelangweilt. Aber wenn du mit deiner Band dieselbe Herangehensweise an Musik hast, wird es kritisch“, so Jimmy. „Wenn du als Band einem Trend hinterherhechelst hast du eigentlich schon verloren.“ Aber funktioniert das im mittlerweile auf dreiwöchige Kleinsttrends heruntergebrochenen Musikgeschäft eigentlich noch anders? Als Band bleibt dir so immer weniger Zeit, dich zu entwickeln. Nachdem der Vorgänger ’Chasing Hamburg’ trotz enormen Potentials und trotz Touren mit The Gaslight Anthem und Frank Turner irgendwie durch das Radar der Musikpresse gerutscht ist, hätte man es ja auch mit Glitzeranzügen versuchen können.

„Aber eigentlich können wir sowas gar nicht. Wir sind fünf Typen, die sich ihre Herzen rausspielen. Das war’s“, erläutert Jimmy und kratzt diesmal seinen Hund am Kopf. Dementsprechend naheliegend ist es wohl auch, dass Hot Water Music-Produzent Brian McTernan maßgeblich am Entstehungsprozess von ’Clash Battle Guilt Pride’ beteiligt war und letztendlich die Essenz des Polar Bear Club auf ein Album gebannt hat, das bestätigt, dass Musik keine Definitionsprobleme hat, solange sie eine Herzensangelegenheit bleibt. Und da geht es Jimmy auf: „Mann, wir sind nur eine Band!“ Und was für eine. Text: Timo Richard Foto: Mitchell Wojcik Heimat: myspace.com/polarbearclub

Der Coney Island Polar Bear Club Fun-Fact am Rande: Den Namen teilen sich die New Yorker mit einem Eisschwimmverein, dessen Mitglieder von Oktober bis April im Atlantik vor Coney Island schwimmen. An Neujahr findet außerdem ein Schwimmevent statt, für das regelmäßig Kaltbadefreaks aus ganz Amerika anreisen. Popkulturell verwertbar ist das Ganze auch: In einer Folge von „Seinfeld“ outete sich Kramer als Mitglied und den letzten Popularitätsschub erhielt der Club durch Erwähnung in Jon Stewarts „Daily Show“.


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MUSIK STORIES

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Mastodon

Die bellenden Trommeln des Phil Collins Das wäre natürlich was gewesen. Wenn die Kings of Konzeptalbum mit ’The Hunter’ ein monumentales Jagd-Epos hingezimmert hätten. Eins, in dem der Freischütz, der heilige Hubertus und die Wilde Jagd gemeinsam durchs Unterholz knattern. Ein Werk, für das Richard Wagner ganz Bayreuth verkauft hätte. Haben sie aber nicht. Dabei sind Mastodon durchaus dafür bekannt, ihren Alben einen thematischen Überbau zu verpassen. Das Durchbruchswerk ’Leviathan’ war der Geschichte von Moby Dick gewidmet, auf ’Crack In The Skye’ wurden über die komplette Albumlänge außerkörperliche Erfahrungen in Songform gegossen. Ein Album über die Jagd wäre also nicht ganz abwegig. Für Mastodon-Drummer Brann Dailor ist die Sache fürs Erste allerdings durch. „Wir haben dieses Konzept-Ding auf den letzten drei Alben ziemlich weit getrieben“, winkt er ab. „Jetzt wollten wir alles ein bisschen auflockern. Das war schon sehr erleichternd, einfach mal ein paar Riffs zu spielen. Das machen zwar die meisten Bands, aber für uns war es sehr befreiend, dass wir uns nicht auf eine große Story einlassen mussten.“ Dass sich die Band aus Atlanta, Georgia, nicht auf ein starr vorgegebenes Thema festgelegt hat, scheint insgesamt eine Menge kreativer Energien freigesetzt zu haben. Die Prog-Rock-Einflüsse

wurden merklich zurückgeschraubt und es finden sich auf ’The Hunter’ so viele Stücke wie sonst auf keinem Mastodon-Album vorher. Und nicht nur an der Quanti-, auch an der Qualität wurde noch einmal geschraubt: „Gesanglich ist es wohl das Beste, was wir je hinbekommen haben“, sagt Brann stolz, gibt aber im gleichen Atemzug zu, dass dahinter ein kleiner Umweg steckt: „Ich habe versucht, wie David Bowie zu singen, aber am Ende klingt es eher wie Josh Homme.“ Der Queens Of The Stone Age-Sänger war, trotz vermeintlicher Gesangs-Ähnlichkeit, also nicht im Studio dabei, aber das Gerücht, dass Dave Grohl auf ’The Hunter’ zu hören sei, hat es sogar bis in den Wikipedia-Eintrag der Band geschafft. „Dave hat nur einmal im Studio vorbeigeschaut und sich eine Gitarre geschnappt. Davon hat Brent (Hinds, Mastodon-Gitarrist) ein Foto gemacht, das dann im Internet gelandet ist. Ich könnte jetzt natürlich lügen und sagen: ’Hey, Dave Grohl hat auf dem Album einen Trommelschlag eingespielt – und ihr müsst raten, welchen’.“

Doch auch ohne prominente Hilfe hat die Band ihre Soundideen verwirklicht. „Ich zum Beispiel wollte unbedingt, dass meine Toms wie die von Phil Collins klingen“, erzählt Brann. „Also haben wir die unteren Felle abgeschraubt und jetzt klingen sie so bellend wie bei Genesis.“ Schon klar. Dazu geht man als Musik-Verrückter schließlich ins Studio, um dort ungestört bis ins Detail an den Soundfeinheiten basteln zu können. Die Trommeln von Phil Collins und der Gesang von David Bowie sind nun nicht gerade das, was man als Einflüsse einer Metalband erwarten würde. Doch bei Dailor und Co. gehört das durchaus mit zum Konzept: „Ich werde verrückt, wenn ich daran denke, dass manche Leute nur eine Art von Musik hören. Wir hören wirklich von türkischer Top 40-Musik bis hin zu ABBA alles Mögliche. Wenn irgendein Mastodon-Fan mal unsere iPods in die Finger kriegen würde, wäre er wohl nicht sehr glücklich damit.“ Text: Tim Kegler Foto: Cindy Frey Heimat: mastodonrocks.com


MACHINE HEAD

Achtung vor dem Schädelbeißer Metal-Häupter dieser Welt, nehmt euch in Acht. Robb Flynn fletscht die Zähne und kann es kaum erwarten, demnächst nicht nur das neue Machine-HeadAlbum ’Unto The Locust’ zu präsentieren, sondern auch wieder einem ziemlich bizarren Hobby nachzugehen. Sich abseits des allabendlichen Live-Showdowns die Zeit zu vertreiben, stellt für viele Musiker die eigentliche Herausforderung auf Tour dar. Machine-HeadMastermind Robb Flynn weiß sich zu helfen, indem er seinen Trieben freien Lauf lässt, und dem archaischen Drang nachgibt, sein Territorium zu markieren. Der Gute uriniert aber natürlich – puh! - weniger in die Ecken des Backstage-Bereiches, sondern sucht stattdessen den direkten Kontakt zu seinem unmittelbaren Umfeld. Das kann recht schmerzhaft werden: „Ich verteile gerne ’Skullbites’“, erzählt uns Robb. Sprich: Er schnappt sich fremde Häupter, positioniert dort seine Kauleiste und lässt erst wieder los, wenn sich „lustige“ Abdrücke bilden. Leidtragende sind dabei vor allem Musiker-Kollegen und Crew-Angehörige, von denen es auf der kürzlich zu Ende gegangenen Tour mit Disturbed, Megadeth und Godsmack so einige gab. Und nicht nur das begeisterte den stimmgewaltigen Gitarristen an besagtem gemeinsamen Ausflug mit Musik: „Die Tour war der Hammer und eine super Gelegenheit für uns, die Band kurz vor unserem neuen Release bei einigen Leuten da draußen noch einmal ins Gedächtnis zu rufen. Ganz egal, ob wir auf der Hauptbühne eröffnet haben oder abends auf der Side-Stage als Headliner zu Gange waren, die Kids sind durchgehend ausgeflippt, egal, wer wann gespielt hat. Wir hatten im Durchschnitt zehntausend Fans jeden Abend. Fucking Hell, yeah, es war richtig geil.“ Seinem berüchtigten Hobby konnte er in diesem „richtig geilen“ Rahmen aber dennoch nur begrenzt nachgehen: „Ich hatte leider kaum Zeit, mich in anderen Köpfen festzubeißen. Unser Langzeit-Produzent Colin Richardson war aufgrund eines familiären Todesfalls unabkömmlich und so musste ich zwischen den Gigs immer wieder ins Studio zurückfliegen, um mich mit Juan Urteaga

um den Mix des neuen Albums zu kümmern.“ Doch so bedauerlich der Verzicht aufs Schädelknabbern auch war, im Sinne der Musik hat es sich gelohnt: Nachdem der Vorgänger ’The Blackening’ bereits mit ungewohnter Kompaktheit aufwartete und unter den Jüngern der Band für Begeisterungstürme sorgte, können sich die Fans auf dem neuesten Streich ’Unto The Locust’ sogar noch auf eine Steigerung in puncto musikalische Komplexität freuen: „Wir wollten diesmal noch einen Schritt weiter gehen“, so der Ober-Maschinenkopf. Dabei kramte man in Sachen Inspiration in der musikalischen Mottenkiste: „Besonders inspiriert hat uns dabei das Rush-Album ’Moving Pictures’. Die Art und Weise, wie die Band auf diesem Album Verbindungen zwischen unterschiedlichsten Klang-Elementen geschaffen hat, diente uns als Ideal.“ Auch inhaltlich hat sich zudem einiges getan, selbst wenn das Album von der düsteren Grund-Thematik seiner sechs Vorgänger nur unwesentlich abweicht: „Natürlich beschäftigt sich die Platte mit den eher dunklen Seiten des Lebens, aber sie hat definitiv am meisten Hoffnung von allen bisher erschienenen Machine-HeadAlben in sich“, weiß Flynn zu berichten. Aber keine Angst, auch wenn die Band ’Unto The Locust’ im Studio von Green Day aufnahm, und Robb im Vorfeld Gesangsunterricht beim LadyGaga-Coach Don Lawrence genoss, bringt das Quartett den Schwermetall auch anno 2011 noch kräftig zum Glühen – und im November wieder auf Tour nach Deutschland. In diesem Sinne heißt es also bald wieder: Köpfe einziehen und Ausschau halten nach einem bärtigen Langhaar-Metalisten mit weit aufgerissenem Mund. Text: Kai Butterweck Heimat machinehead1.com


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AUF ACHSE

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... auf achseDistrict Ride: Beim Red Bull

Modeln und Mountainbiken

Text: Christine Stiller Fotos: Tim Klöcker Action-Shots: Flo Hagena, Markus Greber Dank an unsere Models: Anna Renner, Catrin Silvia Pafel, Benny Korthaus, an Red Bull, 55DSL und Tim Klöcker.

Nein, wir sind nicht das Fashionblatt eures Vertrauens. Für das Label 55DSL haben wir gemeinsam mit RED BULL aber eine kleine Ausnahme gemacht und diese drei hübschen jungen Menschen für ein Fotoshooting beim Red Bull District Ride in Nürnberg ausgewählt. Anna aus München und Cat aus Düsseldorf haben sich über unsere Ausschreibung für den Job beworben. MTB-Profi Benny Korthaus würde eigentlich viel lieber selbst am spektakulärsten Mountainbike Freeride Contest teilnehmen, muss aber verletzungsbedingt aussetzen und kann deshalb an diesem 9. September vor Ort spontan als Foto-Objekt verpflichtet werden.

Models ohne Modelerfahrung sind uns gewissermassen am liebsten. Wir stehen eher auf einen natürlichen Look und lassen deshalb auch nur ganz wenig Make-up auftragen.

Ihre Klamotten dürfen die drei dann selbst auswählen. Und während die Mädels noch suchen...

…möchte Benny schon den ersten Regelverstoss des Tages begehen, disqualifizieren darf ihn heute ja ohnehin keiner.

Red Bull District Ride 2011 in Nürnberg: Wer nicht wie die 75.000 Zuschauer vor Ort in Nürnberg an der Strecke stand, kann sich unter redbulldistrictride.com die Highlights der atemberaubenden Show ansehen. Das Fliegen muss er leider den anderen überlassen und kann beim “Best Trick Contest“ am Vortag des Wettbewerbs lediglich zuschauen.

Gerade hat Benny den Mädchen erklärt, dass das hier gar kein Mountainbike ist.


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Später wollen sie es genauer wissen und leihen sich sein Fahrrad, nur um festzustellen, dass ein Designermini das Leben definitiv komplizierter macht.

AUF ACHSE

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55DSL-Designer Andrea Rosso im Interview Als die drei den Profis eine Weile beim Training und ihren abgefahrenen Tricks zusehen...

Wenn schon, denn schon, dachten wir uns und haben Andrea Rosso, Kreativchef des Labels 55DSL, an der Strecke abgefangen. 55DSL ist eine Marke, die 1994 von Diesel ausgegliedert wurde, einem Label, das wiederum Andreas Vater Renzo einst gegründet hat. Andrea, als du im Alter unserer Models warst, was war deine größte Modesünde? Als ich noch Skateboard gefahren bin, habe ich die Zunge meiner Turnschuhe mit Schulterpolstern aus einer Bluse meiner Mutter ausgepolstert. Ich fand, das sah besser aus und es war bequemer. Was ist seine Lieblingsfarbe? GRÜN! Definitiv!

...und staunen...

...und sie irgendwann für komplett wahnsinnig halten...

Welche Musik inspiriert dich momentan? Momentan bevorzuge ich leise Klänge, eher ältere Sachen. Am wichtigsten sind mir dabei gute Texte. Zu meinen Lieblingsbands gehören The Cure, Pink Floyd, The DeadCrew77, das sind Freunde von mir, und The Bloody Beetroots. Welche drei Teile sollten in keinem Kleiderschrank fehlen? 1. ein schickes Vintage-T-Shirt 2. ein Paar hübsche Jeans 3. bequeme Unterwäsche, am besten einfarbige. Welches Accessoire sollte jedes Mädchen besitzen? Schöne Unterwäsche, denn die ist die Basis für den Rest des Outfits. Man fängt mit der Unterwäsche an und stimmt dann die übrige Kleidung auf diese ab. Wie sieht das perfekte T-Shirt aus? Das ist total stimmungsabhängig. Als ich heute Morgen aufgewacht bin, dachte ich: 'Cool, heute gehe ich zum Red Bull District Ride. Ich ziehe mein 'Fast Or Die'-TShirt an.' Das passte zum Anlass und meiner Laune. Welche Trends sollte man für die kommende Herbst/Winter-Saison definitiv auf dem Schirm haben? Ich denke, es ist cool, Wolle und Flanell zu kombinieren. Außerdem sind Klamotten angesagt, die vom Look an Militäruniformen orientiert sind, wie der Parka. Und Jeans sind natürlich dabei.

...wissen die Mädels, dass in diesem Leben keine Mountainbike-Profis mehr aus ihnen werden.

Also rollen sie lieber per Truck nach Hause – in neuen Klamotten versteht sich.

Welches Kleidungsstück sollten wir lieber im Laden lassen? Skinny Jeans! Heimat: 55dsl.com


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MUSIK STORIES

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The Duke Spirit Brauchen keine Hits

Radiofreundlich müssen erfolgreiche Künstler sein – sagen die einen. Alles, nur nicht das, entgegnen The Duke Spirit und klingen mit ihrem neuen, dritten Album ’Bruiser’ wieder herrlich eigen. Ist das aber wirklich gut so? Sängerin Liela Moss wirkt hellwach und freut sich. „Es ist unüblich für eine Rockband, aber ich liebe es, den Tag pünktlich zu starten und nicht ewig auszupennen“, sagt sie mit einem Lächeln durch ihre langen, seitengescheitelten blonden Haare und hat irgendwie Recht: Ein bisschen früher als der Rest sind The Duke Spirit zweifelsohne aufgestanden – schafften als Anfang Zwanzigjährige 2005 den Durchbruch und noch heute schwärmen Showgrößen wie Jay Leno oder David Letterman von den schweißtreibenden Performances der Band in ihren Shows. Doch es gab auch andere Kommentare: „Nachdem unser Debüt rauskam, klopfte jeder an und wusste aus seiner Sicht am besten, wie es mit uns weitergehen soll.“ All die Ratschläge in einem Wort zusammenzufassen, ist leicht: Ein echter Radiohit sollte her, verlangte das Umfeld von Liela und Gefolgschaft. Doch diese dachten gar nicht daran, es irgendwem außer sich selbst gleich zu tun: „Ich antwortete darauf: ’Wir brauchen keinen kalkulierten Hit, es geht auch ohne.’ Ja, wurde mir erwidert, aber langfristig wird es kaum reichen, nur die Journalisten hinter sich zu haben, das Radio müsse mitziehen.“ Zum Glück: The Duke Spirit ließen sich nicht beirren und servieren mit ’Brui-

ser’ erneut ihre ganz eigene Mixtur aus Rockriffs, satten Drums und Whiskey-getränkter Jam-Session, die nach vier Uhr morgens klingt. „Als wir uns 2003 auf der Kunsthochschule in Cheltenham trafen, wollten wir einfach machen, worauf wir Bock hatten – wir sind schließlich keine Ökonomen, die genau kalkulieren, wie die Sache laufen soll“, lacht Moss schüchtern, „ich bin immer

offen für Ratschläge, aber diese sollen sich auf die Musik und nicht auf unseren Marktwert beziehen.“ Ist notiert und deswegen der Hinweis, dass ’Bruiser’ vielleicht nicht die Energie des Erstlings aufweist, aber wie die Rockplatte einer Band klingt, die noch viel vor sich hat. The Duke Spirit wissen schon, was sie tun. Text: Marcus Willfroth Heimat: dukespirit.com

The Rifles

Sind jetzt erwachsen Berlin ist kalt, grau und nass - britisches Wetter für die britischen Gäste und eine gute Gelegenheit, den Rifles mal unter ihre Regenmäntel zu gucken. In den witterungssicheren vier Wänden ist die Stimmung ungetrübt. Vielleicht liegt das an der Mate-Brause. Die haben Joel Stoker und Lucas Crowther von The Rifles gerade für sich entdeckt. Berliner Szene abgefüllt in Glasflaschen, das Getränk der modernen Hauptstadt. Sänger Joel ist nach dem ersten Schluck Fan: „Und davon wird man auch noch wach, ja? Toll.“ Zustimmung hoffen The Rifles auch von ihren Fans für ihr mittlerweile drittes Album ’Freedom Run’ zu ernten. Auf dem gibt es neben reichlich neuen Songs, gleich zwei neue Bandmitglieder. Bassist Rob Pyne und Drummer Grant Marsh verließen die Band. „Wir waren an einem Punkt, nach zwei Alben, an dem wir nicht von dem Geld leben konnten, das die Band abwarf. Es ist schade, wenn es an so etwas Banalem scheitert“, erklärt Joel. Mit den Neuzugängen Lee Burgess und Kenton Shinn soll es nun endlich klappen, den musikalischen Erfolg auch in einen finanziellen umzuwandeln. Dabei wählte die Band einen neuen, gesetzteren Ansatz. Joel drückt es unverbindlicher aus: „Ich denke, das Album klingt universaler.“ Lucas zupft seinen Seidenschal zurecht, schaut durch seine orangefarbenen Brillengläser und sagt dann: „Es geht um das Erwachsenwerden. Wir haben jetzt beide Kinder

und es ändert sich viel.“ Andere Einflüsse seien auf der neuen Platte zu hören. „Walker Brothers“, wirft Joel in den Interview-Ring. Lucas ergänzt um Bob Dylan, George Harrison und Mumford & Sons. Sie werden damit Fans vergraulen, das wissen beide. Aber sie wollen auch nicht stehen bleiben, nicht eine der Bands sein, die ihr erstes Album wieder und wieder aufnehmen.

Trotzdem bezahlt nur Erfolg die Rechnungen. Und so sagt Joel fast melancholisch: „Wir wollen gerne weitermachen.“ Und nur für einen kurzen Moment scheint die Stimmung unter der künstlichen Beleuchtung genauso düster wie das Wetter draußen. Text: Johannes Musial Foto: Patrick Ford Heimat: therifles.com


Chuck Ragan Ehrlich und direkt

Ist unsere Gegenwart geprägt von der Reduktion auf das Wesentlichste? Sind die Tage der pompösen Inszenierung vorbei? Ebenso wie der urbane Neuzeitler sein Fahrrad längst von einst unverzichtbarem Schnickschnack wie Schaltung oder Bremsen befreite, hat auch Chuck Ragan sich freigestrampelt von den einst engen Fesseln des Punkrock-Korsetts. Ein Mann, allein mit seiner Gitarre und der Kraft seiner Stimme. Für den Hot Water Music-Sänger ist dieses Prinzip eine Rückbesinnung in zweierlei Hinsicht. „All diese großen Folkmusiker, die ’Protest Singer’ hatten viel mehr mit Punkrock zu tun als die meisten Bands heutzutage. Es war simpel, roh, pur und unverfälscht und es ging darum, ein Statement abzugeben: Ehrlich und direkt.“ Mit seinem nunmehr dritten Soloalbum ’Covering Ground’

in der jeweiligen Stadt genutzt wird. So kommt keiner zu kurz – weder „die Typen, mit denen ich aufgewachsen bin und die ich liebe“, noch die Musik, die Ragan außerhalb des Bandgefüges antreibt, und für die gleiches gilt.

führt Chuck Ragan also den Pfad seiner Jugendhelden fort, denen er einst auf dem Küchenboden lauschte, während seine Mutter den Haushalt um ihn herum erledigte. Doch es ist auch in anderer Weise eine persönliche Reise zu den Wurzeln. „Als wir mit Hot Water Music anfingen, gab es für uns keine andere Möglichkeit, als mit unseren Akustikgitarren auf irgendeiner Terrasse zu proben. Und das war mindestens genauso kraftvoll wie mit einer riesigen Verstärkerwand.“ Somit landet Chuck in der Gegenwart als Kulmination des Vergangenen, wobei die Prioritäten klar gesetzt sind. Auch wenn sich Hot Water Music mittlerweile wiedervereinigt haben, liegt sein Fokus aktuell auf seiner Solokarriere, so dass fast jede Hot Water Music-Show gleichzeitig noch für einen Auftritt im Alleingang

zu Wort, was Chuck Ragan mit seiner Auffassung von Blues und der damit verbundenen Mentalität begründet. Ob man es an dieser Stelle kritisch bewerten muss, dass mit der Referenz auf Gospel und der damit einhergehenden Verwendung christlich geprägter Metaphorik ein dem Punk und ProtestGedanken ursprünglich konträres Element seinen Eingang findet und mit Brian Fallon von The Gaslight Anthem auch ein bekennender Kreationist seinen Gastbeitrag leistet, sei dahingestellt. Denn das, was offensichtlich bleibt, ist noch immer ein Mann, seine Gitarre und seine Stimme.

Wobei „solo“ im Falle von Chuck Ragan gar nicht unbedingt „allein“ bedeuten muss – auf ’Covering Ground’ kommen nämlich zahlreiche Gastmusiker

Text: Aiko Kempen Foto: Shawn Brackbill Heimat: chuckraganmusic.com


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Emil Bulls

Kopf aus – Druck raus Die Emil Bulls standen nach ’Phoenix’ am Scheideweg: Der Erfolgsdruck wuchs, die Batterien waren leer. Doch anstatt aufzugeben, starten die Bayern mit dem neuen Album ’Oceanic’ von Null auf Hundert in 14 Songs. Ein Leben ohne Emil Bulls ist möglich, aber sinnlos. Nun, zumindest ungewohnt: Wer seine Endzwanziger noch vor sich hat, wird sich an eine Zeit vor den Emil Bulls kaum erinnern können. Der Band selbst geht das nicht viel anders, wie Sänger und Gitarrist Christoph von Freydorf eingesteht: „Die Zeit verging so schnell, wir können selbst kaum glauben, schon acht Alben gemacht zu haben. Trotzdem erscheint es uns so, als würden wir erst jetzt die Früchte aus den vergangenen 16 Jahren ernten und gerade den Höhepunkt der Reise erleben.“ Eine tolle Sache einerseits, andererseits aber auch Grund für Plattenfirma und Management, den Druck zu erhöhen, um dieses Level zu halten. Druck, der dem Entstehungsprozess von ’Oceanic’ zunächst nicht unbedingt förderlich war. „Wir hatten gerade die letzte Tour zu ’Phoeneix’ beendet, wollten unsere Batterien aufladen. Von uns wurde aber erwartet, direkt mit dem nächsten Album nachzukommen. Wir waren jedoch einfach nur leer.“ Die Songwriting-Phase wurde zu einer nervenaufreibenden Zeit. Doch die tapferen Bayern machten aus

der Not eine Tugend: „Wir waren irgendwann so geladen, dass wir nicht anders konnten, als den Kopf auszuschalten und einfach alles raus zu lassen.“ So entstanden richtig harte Brecher wie ’We Don’t Believe In Ifs’, denen man die Wut förmlich anfühlt. Dann aber stellt sich wieder die süße Melancholie ein (’I Bow To You’), die den Emil Bulls seit jeher ebenso anhaftet wie der allgegenwärtige Pop-Appeal. Eine Mischung musikalischer Extreme, die in dieser Ausprägung ziemlich einzigartig ist. „Wir

haben schon auf dem Vorgänger ’Phoenix’ mit diesen Extremen gespielt und festgestellt, dass es funktioniert. Auf ’Oceanic’ haben wir das weiter ausgebaut und alles gemacht, was wir wollten.“ Unberechenbarkeit als Alleinstellungsmerkmal – vielleicht der Faktor, der den Emil Bulls auf ’Oceanic’ auch nach 16 Jahren noch die Frische und das Feuer von unverbrauchten Newcomern verleiht. Text: Sebastian Kessler Foto: Severin Schweiger Heimat: emilbulls.com

tig. Ihr aktuelles Album ’Vora City’ entstand aber unter anderen Gegebenheiten als sonst üblich, sagt Daniel, während er konzentriert diverse leere Pizzakartons vom Couchtisch entfernt. „Es half uns, gemeinsam eine Art thematischen Rahmen für die Songs zu erschaffen. Hierfür hat sich eine fiktive Stadt angeboten, die für jede große Metropole stehen könnte. Aufgenommen haben wir die Platte hier im eigenen Tonstudio unseres Gitarristen Flo.“

5Bugs

Selbst ist die Band! Versteckt im Seitenflügel eines Kreuzberger Hinterhofs befindet sich die KreativZentrale der 5Bugs. Abgeschottet vom Rest der Welt und doch mitten im Herzen Berlins, ist ’Vora City’ komplett in Eigenregie entstanden, ein Konzeptalbum, das die Hass-Liebe zur Großstadt thematisiert. Mit einem kräftigen Schwung öffnet sich die schwere Metalltür zum Loft-artigen Aufnahmestudio im obersten Stock des Gebäudes. Breit grinsend stellt sich Daniel, Bassist des Berliner Punkrock-Fünfers, ordnungsgemäß vor und verweist auf das edle Ledersofa im Eingangsbereich.

Nach ein paar Sekunden gesellt sich auch Gitarrist Snöt mit zerzausten Haaren und einer Bierflasche in der Hand dazu. Der Rest der Bugs befindet sich gerade im wohlverdienten Urlaub, die beiden Daheimgebliebenen übernehmen derweil den Laden. Arbeitsteilung war den 5Bugs schon immer wich-

Ihr viertes Werk thematisiert sowohl die positiven als auch negativen Facetten des Großstadtlebens. Da gibt es den ’Men Of Misery’, der sich in immer düstereren Gedankenwelten verliert und von lebenden Toten heimgesucht wird oder den ’Poisoner’, vor dem es kein Entfliehen gibt, der uns sogar in andere Welten entführen möchte. Ein Ausflug ins urbane Gruselkabinett sozusagen: Düstere Texte, eingebunden in auf Hochglanz polierte Punkrock-Songs, die diesmal härter und rotziger ausfallen, als auf den drei Vorgängeralben. Das dürfte alte und neue Fans locken. Doch trotz zehnjähriger Bandhistorie, über 300 Konzerten und einem Auftritt bei Rock am Ring, hat es für den großen kommerziellen Durchbruch bis jetzt noch nicht gereicht. Daniel erklärt: „Wir haben uns in den letzten Jahren sowohl musikalisch, als auch was unsere Position auf dem Musikmarkt betrifft, immer weiterentwickelt. Wir sehen uns selbst nicht als Major-Band, die mit ihrem Album auf Platz eins der Charts landen muss. Wir warten nicht auf den großen Knall. Solange wir dem Stillstand entfliehen und uns immer wieder erneuern können, ist unser Ziel erreicht. Die einzige Band, die das Recht hat, immer gleich zu klingen, sind AC/DC! Sonst niemand.“ Erst recht nicht, wenn man in der Großstadt lebt. Text: Natascha Siegert Heimat: 5bugs.com



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TITEL

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The Subways

Von dreien, die auszogen...

Im achten Jahr ihrer Karriere widmen sich die Subways dem Leben der Reichen und Schönen – formuliert aus der ungeschminkten Perspektive des Underdogs. Zwischen Kapitalismuskritik und Promi-Diss bleibt auf dem neuen Album ’Money & Celebrity’ aber noch ausreichend Platz für echte Emotionen und Leidenschaft, wie sie nur eine Band empfinden kann, die mehr verbindet als die Liebe zu lauter Musik. Billy Lunn ist ein selbst erklärter „Hoarder“, einer, der Zeitschriften und Zeitungen selbst dann noch in seiner Einzimmerwohnung stapelt, wenn „auch nur ein einziger Artikel“ darin ungelesen ist. So langsam wird es eng in seiner Bude, denn Billy ist nicht nur Büchernerd und ein DVDs sammelnder Filmfreund, sondern sitzt auch mit Vorliebe am Computer und schraubt an Sounds und Songs. Für das neue Subways-Album ’Money & Celebrity’ schüttelte der 26-Jährige rund 60 Kompositionen aus dem Ärmel, die er seiner Bassistin und Ex-Freundin Charlotte Cooper und seinem Bruder Josh Morgan (Schlagzeug) jeden Dienstag präsentierte. Dienstags ist Proberaumtag für die drei Subways-Mitglieder, die sich einst an der Schule der Kleinstadt Welwyn Garden City kennen lernten und nach Gründung ihrer Band schnell zu Ruhm und Ehren gelangten, als ihre Single ’Rock’n’Roll Queen’ quer durch sämtliche Radiostationen rollte. Das war vor sechs Jahren. Heute hat sich der Status der Band als sehenswerte LiveCombo mit leicht auf Herz, Hirn und Bein übergreifenden Refrains auch über Szene-Grenzen hinaus herumgesprochen und die Subways sind nach zwei Alben und hunderten Konzerten im Vorprogramm von Publikumsmagneten wie Billy Talent oder den Beatsteaks nicht mehr aus den Charts wegzudenken. Privat hat sich im Bandgefüge allerdings einiges getan. Waren Billy und Charlotte noch zu Zeiten des Debütalbums ’Young For Eternity’ (2005) ein verliebt flirtendes Pärchen, sind heute beste Freunde und Teilzeit-DJs aus ihnen geworden, die sich am Pult „ein nettes Taschengeld“ dazu verdienen. Josh hingegen hat neben der Band noch ganz andere Verpflichtungen. Gemeinsam mit seiner französischen Freundin Sandra wurde er vor zwei Jahren stolzer Vater einer jungen Dame namens Angèle und pendelt seitdem zwischen seinem Zimmer im Haus der Eltern und Frankreich hin und her. Eine logistische Meisterleistung, wie sie auch Charlotte Cooper absolvieren muss. Die blonde Rampensau ist nach ihrer Hochzeit mit dem Schlagzeuger der Indie-Rock-Fraktion Skeletons nach Sheffield übergesiedelt und muss zwecks Bandangelegenheiten stets ins knapp drei Stunden entfernte Ware, Hertfordshire, anreisen, um sich den neuesten Song-Output ihres Sängers anzuhören und gegebenenfalls zu zerpflücken. Im Gegensatz zum Vorgängeralbum ’All Or Nothing’ aus dem Jahr 2008 ist ihre Stimme auf ’Money & Celebrity’ allerdings kaum zu hören. Lediglich im Song ’Like I Love You’ übernimmt sie den weiblichen Part in Lunns Auseinandersetzung zwischen Freund und Freundin,

„ansonsten wurde meine Stimme nicht gebraucht“, lacht sie. Lustig. Überhaupt sind die Subways derzeit bester Stimmung, schließlich scheint für alle drei nicht nur privat die Sonne, auch ’Money & Celebrity’ und vor allem die Single ’It’s A Party’ erfreuen sich bereits großer Beliebtheit. Besonders gut finden die hiesigen Fans natürlich, dass sich die furiosen Drei auch für die deutschen Anhänger etwas ganz Spezielles haben einfallen lassen. So wie einst auch bei ’Rock’n’Roll Queen’ intonieren die Verbalakrobaten eine komplette Strophe auf Deutsch, was insbesondere bei Charlotte Cooper in der lezten Zeit die gierige Nachfrage nach weiteren Deutschkenntnissen schürte. Wir verschonen aber sowohl sie als auch die anderen beiden davor und schauen mal lieber rein in die Wundertüte aus Geld und Ruhm, die die Subways kürzlich platzen ließen. Charlotte, wie war die Hochzeit? Charlotte: Toll! Eine großartige Party war das, mit Freunden und Familie. Billy hat aufgelegt und alle Hits von Michael Jackson und den Jackson Five gespielt. Mein Mann liebt Michael Jackson! Billy: Stimmt, es haben alle getanzt, vom Opa bis zum Enkel. Wird es da nicht auch bald Zeit für Kinder? Immerhin bekommt Josh Familien- und Bandleben auch gut unter einen Hut. Charlotte: Das fragt jeder! So nach dem Motto: Jetzt bist du verheiratet, wann kommt denn der Nachwuchs? Ich sage dann: Jedenfalls nicht so schnell! Ich muss erst noch ein paar Jahre abrocken. Wie habt ihr denn die Pause zwischen dem letzten Album „All Or Nothing“ und „Money & Celebrity“ außer mit Hochzeiten und dem Züchten von Nachwuchs noch verbracht? Charlotte: Billy und ich legen gerne auf, wir werden öfter als Rock-DJs gebucht, das macht Spaß. Man trifft immer neue Leute, spielt seine Lieblingslieder, trinkt ein paar Bier. Es ist toll. Billy: Außerdem knüpfen wir dadurch interessante Seilschaften. Charlotte hatte neulich ein Engagement in Spanien, einem Land, in dem die Subways bisher noch nicht aufgetreten sind. Dank der neuen Kontakte werden wir aber bald auch dort Konzerte spielen. Gleiches gilt für Dubai. Dort haben wir neulich aufgelegt und anschließend einen Gig gespielt. Wir wussten gar nicht, dass wir dort so viele Fans haben! Der DJ-Job ist ein gutes Mittel, um trotz tourfreier Monate unbekanntes Terrain zu erobern.

Charlotte: Außerdem verstecken wir im Set auch manchmal ein Demo eines neuen Subways-Songs, um zu checken, ob er die Leute zum Tanzen anregt! (lacht) Charlotte, du hast neulich außerdem den London Marathon bestritten. Wie lief’s? Charlotte: Gut, ich bin völlig besessen vom Laufen. Ich kann quasi keinen Tag ohne. Ich habe drei Stunden und 46 Minuten gebraucht, das empfinde ich durchaus als Erfolg. Ich habe mir auch gerade ein neues Fahrrad gekauft, denn mein nächstes Ziel ist der Triathlon. Billy: Charlotte ist ein Fitness-Freak. Wenn Josh und ich morgens aus der Buskoje klettern, hat sie schon ein paar Meilen gefressen. Und wovon seid ihr besessen, Josh und Billy? Josh: Von Videospielen! Ich bin ein totaler Sesselpupser, deshalb wächst mir so langsam auch eine riesige Plauze. Billy: Ich liebe Bücher. Ich würde mir wünschen, in zehn bis 15 Jahren einmal eine Professur an der Universität zu haben, um Literatur zu lehren. Billy, du bist bekanntlich jemand, der sich nur ungern von liebgewonnenen Dingen trennt. Seien es Zeitungen, Bücher oder Songs. Wie schwer fiel es dir, dich von einigen neuen Stücken zu trennen? Billy: Sehr schwer. Ich habe alle jemals aufgenommen Subways-Songs auf Festplatten gespeichert, und für „Money & Celebrity“ kamen noch mal mehrere Dutzend dazu. Auf dem Album sind zwölf Lieder plus die deutsche Version vom Song „We Don’t Need Money“, weitere 17 Demos konnte ich retten. Diese werden in einer Special Edition dem Album als Bonus-CD beigelegt. Ich habe sie alle selbst gemixt, seid also gewarnt! Bist du zwecks Inspiration für „Money & Celebrity“ auch mal in dein Archiv abgetaucht, hast dich von frühen Subways-Songs inspirieren lassen? Billy: Absolut. Ich muss gestehen, dass ich anfangs große Probleme hatte, dieses Album zu schreiben. Wir kamen nach zwei Jahren auf Tour zurück nach Hause, und jedes Mal, wenn ich zur Gitarre griff, fiel mir nichts ein. Es war fast so, als hätte ich vergessen, wie man Songs schreibt. Um mir vor Augen zu halten, wie das funktioniert, habe ich all die Harddrives mit unseren frühen Songs durchgehört; Lieder, die teilweise zehn bis zwölf Jahre alt sind. Damit verbrachte ich meine Wochenenden.


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Ich glaube, das Abtauchen ins Subways-Archiv hat dazu geführt, dass „Money & Celebrity“ eine ähnliche Energie hat wie unser Debütalbum: laut und ungestüm, getrieben von dem Drang, auf die Bühne zu wollen. So wie damals, als wir uns nichts Großartigeres vorstellen konnten, als einmal im „Hope & Anchor“ in London auftreten zu dürfen. Erinnerst du dich, Charlotte? Charlotte: Klar! Kein Song war länger als zwei Minuten und wir haben kein Wort zum Publikum gesprochen. Einfach nur rauf auf die Bühne, 20 Minuten Vollgas und wieder runter. Billy, trotz der kompakten Songlänge bezeichnest du „Money & Celebrity“ als das „lyrischste“ euer drei Alben. Worauf fußt diese Aussage? Billy: Ich habe mich vor der Musik zunächst auf die Lyrics konzentriert. Ich wollte mit diesem Album etwas mehr abliefern als nur Lovesongs. Allerdings war ich textlich anfangs ähnlich planlos wie in puncto Musik. Ich habe mich mit ein paar Musikerkollegen unterhalten und sie sagten: Nur die Ruhe, Billy, die Inspiration kommt von ganz alleine. So war es dann auch. Eines Abends saß ich mit ein paar Freunden in unserer Stammkneipe, wir tanzten ein bisschen und hatten ein paar Drinks. Einige meiner Kumpels waren gerade gefeuert worden, sie hatten Jobs im öffentlichen Dienst und waren vom Sparprogramm der Regierung betroffen. Als der Laden gegen Mitternacht zumachte, wollten wir noch weiterziehen, aber wir hatten alle keinen Cent mehr in der Tasche. Da sagte einer meiner Freunde: Was soll’s, Billy. Wir brauchen kein Geld, um eine gute

Zeit zu haben. Ich bin sofort nach Hause gelaufen und habe „We Don’t Need Money“ geschrieben. Danach flutschte es nur so. Hast du denn an den Protesten gegen die Sparpläne der Regierung im letzten Winter teilgenommen? Billy: Habe ich, als Teil der Musikergewerkschaft. Es gab unter den jungen Leuten eine große Unzufriedenheit, denn sowohl die Bildung als auch die Kulturförderung war von den Sparmaßnahmen direkt betroffen. Damals war ich auch der Meinung, dass Protest durchaus den zivilen Gehorsam überschreiten darf. Nicht so wie bei den jüngsten Krawallen, aber dass die Regierung spürt, dass auch der kollektive Willen Druck ausüben kann. In Frankreich funktioniert das recht gut, die Menschen dort machen ihrem Ärger in schöner Regelmäßigkeit Luft und geben der Regierung so keine Zeit zum Durchatmen. Es gibt darüber hinaus noch ein paar weitere Songs, die politisch konnotiert sind. „Money“ wäre in diesem Zusammenhang zu nennen. Billy: Absolut. Lustigerweise hat mich meine Mutter zu diesem Lied inspiriert. Sie wusste, dass ich mit den Lyrics hadere und schickte mir eine Textnachricht mit den Worten: „You got to play harder, you got to charm the charmer.“ Ich habe den Satz in einem kapitalismuskritischen Zusammenhang interpretiert, dass die Banken den großen Reibach machen, Millionenboni einsacken und meine Freunde ihre Jobs verlieren, egal, ob nun als Polizist oder als Beamter, der Arbeitslosenwohnungen vermittelt.

Darüber hinaus knöpfst du dir mit dem Titel „Money & Celebrity“ auch die so genannte Prominenz vor. Billy: Was mich bei meinem täglichen Zappen durch die Fernsehkanäle am meisten verwundert hat, ist diese allseits grassierende Sucht nach Ruhm und Anerkennung, und dass den Leuten suggeriert wird, sie könnten ein Leben im Rampenlicht an jeder Straßenecke finden. Das empfinde ich als bemitleidenswert und alarmierend zugleich. All diese Menschen, die nichts kreieren und nichts können – weder sind sie Schauspieler, noch Künstler, noch Musiker. Leute, die sich ob des Berühmtseinwollens der Lächerlichkeit preisgeben und sich wundern, wenn der Ruhm so schnell wieder vergeht, wie er gekommen ist. Das ist doch trist! Blieb denn bei so viel Gesellschafts- und Konsumkritik noch Platz für Persönliches? Billy: Der Song „Leave My Side“ handelt offensichtlich davon, dass man nicht gerne alleine durchs Leben geht. „Like I Love You“ ist ein Song für meine Freundin und beschäftigt sich damit, wie bewusst ich mir darüber bin, sie manchmal schlecht zu behandeln. Ich bin eben ein ungeduldiger, dauergestresster Typ, vor allem wenn ich nicht toure. Indem ich singe, wie sehr ich ihren Standpunkt verstehe, versuche ich mich bei ihr zu entschuldigen. Aber eigentlich ist der Song recht fröhlich. Ihr seid so nette Leute, gibt es da überhaupt jemanden, der behaupten würde, die Subways sind totale Arschlöcher?


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Being Charlotte Hier eine kleine Gebrauchsanweisung, wie auch ihr, liebe Mädels, wie Subways-Bassistin Charlotte Cooper werden könnt. Optisch ist die Veränderung nur bedingt kompliziert. Eine Flasche Peroxyd, vorzugsweise in den Händen eines vertrauenswürdigen Friseurs, und ihr habt die Basis des Looks. Des weiteren solltet ihr sicher mit Eyeliner, Lidschatten, Rouge und Kajalstift umgehen können. Wie unsere Fotos hier beweisen, hat Charlotte auch ohne professionelle Schminkhilfe einen glamourösen Auftritt, der in jedem Frauenmagazin die volle Punktzahl einfahren würde. Natürlich taugt die beste Optik nichts, wenn die Haltung nicht stimmt. Dass Charlotte so grazil auf zwölf Zentimeter hohen Pfennigabsätzen auf dem Hotelbett balancieren kann, verdankt sie ihren vom „Fitnesswahn“ trainierten Waden. Ihre Leidenschaft fürs Laufen baut sie jetzt noch aus, übt sich im ausdauernden Radfahren und möchte so in Zukunft nicht nur an Marathons, sondern auch an Triathlons teilnehmen. Wem jetzt schon Schweißperlen das Make-up ruinieren – keine Angst. Wir beginnen einfach mit der Grundausstattung: den richtigen Schuhen!

Billy: Absolut! Mir ist schon oft gesagt worden, ich wäre eins. Aber Charlotte und Josh sind wirklich so nett, dass das niemand von ihnen behaupten könnte. Charlotte: Wir haben keinen Grund, schlecht drauf zu sein. Wir wachen jeden Morgen in einer anderen Stadt auf, treffen neue Leute, sehen neue Orte, Länder und Kontinente. Besser könnte es gar nicht sein. Knallt es denn auch untereinander nie? Schließlich seid ihr seit acht Jahren quasi nonstop unterwegs und habt mit der Kombination aus zwei Brüdern und einem Ex-Pärchen weit mehr als rein freundschaftliche Beziehungen. Billy: Wir haben das Glück, dass wir trotz allem auch und immer noch beste Freunde sind. Natürlich gab es auch bei uns Momente, in denen jemand seine Sachen packen und abhauen wollte. Aber immer, wenn Josh und ich hinter der Bühne die Fäuste schwingen, geht Charlotte dazwischen und sagt: Jungs, könnt ihr damit bitte bis nach dem Konzert warten? Bis dahin ist das aber meist sowieso vergessen. Der Familienaspekt spielt in eurer Band eine große Rolle. Vater Morgan ist immer mit dabei, oder? Billy: Sicher, seit dem ersten Tag eigentlich. Er war es auch, der Josh und mich zu unserem ersten Konzert geschleppt hat: AC/DC in der Wembley Arena. Wegen Angus Young spiele ich auch eine Gibson SGGitarre. Außerdem ist er unser Tourmanager und Schlagzeug-Roadie, der sich auf allen Festivals mit den größten Rockstars anfreundet. Überall, wo er

auftaucht, winken ihm die Promis zu sagen: Hey John, wie geht’s? Gibt es trotz aller Bodenständigkeit auch in eurem Leben Aspekte, wo es ruhig mal ein bisschen Luxus sein darf? Charlotte: Klar. Klamotten, Make-Up, Schuhe… Billy: Die einzige Verbindung zwischen mir und der Welt von Glitter und Glamour ist meine Vorliebe für prominente Damen wie Emma Watson oder Alexa Chung. Apropos Vorliebe für Damen: Hasst ihr es mittlerweile eigentlich, „Rock’n’Roll Queen“ live zu spielen? Charlotte: Nein, niemals! Der Song artet mittlerweile doch in eine einzige Party aus, warum sollten wir ihn also hassen? Außerdem hat er uns geholfen, dahin zu kommen, wo wir heute sind. Billy. Ich glaube, an dem Tag, an dem wir einen unserer Songs hassen, sollten wir aufhören. Ich gehe aber davon aus, dass wir „Rock’n’Roll Queen“ in zehn Jahren immer noch genauso gerne spielen wie heute. Text: Fiete Hollerbach Fotos: Tim Klöcker Heimat: thesubways.net

Charlotte hat am Tag des Fotoshootings gleich mehrere Paare dabei. Ihre roten Stiefeletten mit kleinem Trichterabsatz hat sie beispielsweise bei asos.com gekauft und das für nur 20 Pfund. Rot ist im Übrigen ihre Lieblingsfarbe. Auf ihren neuen High-Heels stöckelt die gute Charlotte dann regelmäßig zu ihrem weißen Mini Cooper mit schwarzen Streifen und fährt knapp drei Stunden von Sheffield nach Hertfordshire zur Bandprobe. Die Kleine ist tougher, als sie aussieht. Und das kommt an. Mitte 20 ist sie bereits verheiratet und präsentiert stolz Ehe– UND Verlobungsring an ihrem schmalen Finger. Sie hat sich den Schlagzeuger der Indie-Rock-Band Skeletons geschnappt und ist mit ihm nach Sheffield in ein eigenes Haus gezogen, wo ihr leider gar keine Zeit für die Gartenarbeit bleibt und die Kinderplanung ihrer Feierfreude geschuldet erst einmal schön und sicher auf Halde liegt. Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen – ihr seht, wir befinden uns mitten im komplizierten Teil des Charlotte-Makeovers – hegt sie nach wie vor ein freundschaftliches Verhältnis mit ihrem Ex-Freund Billy Lunn, der sogar auf ihrer Hochzeit DJ spielte. Das klingt wie im Märchen. Deshalb fangt jetzt doch lieber mit dem Machbaren an: einem kleinen DJNebenjob vielleicht, um Geld für neue wichtige Anschaffungen wie „Klamotten, MakeUp, Schuhe…“ anzusparen. Dann kommt der Rest schon von ganz alleine.


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PLATTEN/10 GEBOTE

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DIE 10 GEBOTE

Adolar Zu den Takten des Programms

(Unterm Durchschnitt/Broken Silence) Ähnlich dem gleichnamigen Kult-Comic-Helden, haben es Adolar aus Leipzig geschafft, sich mit Genie und Witz in die Spitzengruppe ihres Genres zu spielen. Die Schnittmenge des letztjährigen Debüts aus Indie, Punk und vertracktem Screamo fand auf Anhieb Freunde. Die Meister der Vertonung von Alltagsdialogen legen nun nach. Ein paar Kanten sind geschliffen worden, dafür gibt es die große Orchestrierung mit Bläsern und Streichern. Ob sich da jetzt die oft gehörten Biffy Clyro-Vergleiche offenbaren, bei „Zum Geburtstag Alles Erdenkliche“ Jimmy Eat World durchschimmern oder wie beim epischen Schlussstück „Wein ist Meine Jacke“ eher die Deftones Pate gestanden haben, ist bei der Hingabe und Qualität letztlich egal. Wie heißt es im Musik-Journo-Bashing des zweiten Songs „Schreib Etwas Auf“: „Ihr hört euch Platten an und schreibt etwas auf - jetzt mach schon!“ Bitte sehr: Gut gemacht, Adolar. Text: Thomas Müller

Polar Bear Club Clash Battle Guilt Pride

(Bridge 9/Soulfood) „Just some words, just some feelings“ - Polar Bear Club-Sänger Jimmy Stadt untertreibt im ersten Song des dritten Albums seiner Band extrem. Persönlicher hätte „Clash Battle Guilt Pride“ nicht ausfallen können, hymnischer auch nicht. Viel mehr hat der Fünfer seinen Gainesville-Sound in Pop getaucht, um Akkorde, Rhythmen und all die großen Refrains noch breiter aufzustellen. Das zündet gerade im besagten Opener „Pawner“, vor allem aber in Symbiose mit der ruhigen Stimme Stadts beim schönen „I’ll Never Leave New York“. „My Best Days“ hingegen knüpft geradewegs an die frühen Tage der Band an, was einmal mehr beweist, dass Polar Bear Club noch Großes bevorsteht. Wer so schön Vergangenheit, Gegenwart und mögliche Zukunft verbindet, der verdient es weiterhin, gefeiert zu werden. Text: Raphael Schmidt

blink-182 Neighborhoods

(Universal) Wer hätte das noch gedacht, nach all den Streitereien, neuen BandProjekten und MTV-Sendungen, die aus der Auflösung von blink-182 resultierten? Genau: Kaum jemand. Und deshalb ist die Freude über das überraschend stimmig geratene „Neighborhoods“ auch so groß: Eine Platte, die ebenso vor sieben Jahren hätte erscheinen können, vor allem wenn man sich das großartige „Heart’s All Gone“ oder „Natives“ anhört. Travis Barker trommelt noch immer wie ein vom Teufel gejagter, die Stimmen von Marc und Tom ergeben nach wie vor eine perfekte Symbiose und wenn Songs wie „MH 4.18.2011“ so gekonnt nach vorne treiben, könnte der geneigte blink-Fan kaum seliger lächeln. Gut gemacht, eine so gute blink-Platte hätte wohl niemand mehr erwartet.

Text: Raphael Schmidt

Ryan Adams Ashes & Fire

(Sony) Dass bei der bisherigen Veröffentlichungsflut von Ryan Adams längst nicht mehr alles „Gold“ war, was dann letztlich im fertigen CD-Schuber glänzte, ist bei 13 Alben innerhalb von elf Jahren kein Geheimnis. Nach Auflösung seiner letzten Begleitband Cardinals und Innenohr-Erkrankung kehrt der Alternative CountryWunderknabe nun also mit einer intimen und unangestrengt ruhigen Songsammlung zurück – und entfacht den Zauber der Erstentdeckung neu. Unterstützt von Norah Jones als Background-Sängerin sowie unter anderem Tom Petty-Größe und Tastenmann Benmont Tench ist „Ashes & Fire“ die reflektierende, bedachte und bewegende Roots-Rückbesinnung im knisternden und warmen, Dylanesken „Nashville Skyline“Sound. Fürwahr ein Phönix-Album. Text: Frank Thiessies

Dum Dum Girls Only In Dreams

(SubPop/Cargo) Durch das Ersticken toller Songs in schäbiger Produktion auf ihrem Debüt gaben die Dum Dum Girls einem eine Vorstellung davon, wie der Nachfolger besser werden könnte quasi mit auf den Weg. Und tatsächlich, „Only In Dreams“ klingt voller und mitreißender. Doch der Grund, warum diese Platte mehr ist als nur eine Sammlung melodiöser, nach vorne gehender Indie-Pop-Hits, liegt in ihrem melancholischen Unterton, der den Kalifornierinnen bislang ungekannte Nuancen verleiht. Das Album handelt von Sehnsucht und Existenzangst. Es führt weg vom flockigen Fun-NoisePop des Debüts und so klingen die Dum Dums plötzlich, als habe jemand den Ronettes eine gehörige Portion Weltschmerz eingeimpft und ihnen elektrische Gitarren in die Hände gedrückt. „Only In Dreams“ ist nicht das Album geworden, das man erwartet hatte. Sondern besser. Text: Jan-Niklas Jäger

Scroobius Pip Distraction Pieces

(Speech Development/Alive) Durch den Überraschungserfolg von „Thou Shalt Always Kill“ wurde aus der Gelegenheitskollaboration dan le sac vs. Scroobius Pip schnell eine feste Größe, die nun auf zwei chartplatzierte Alben verweisen kann. Jetzt zeigt der wortgewaltige Bartträger, dass er auch ohne die Beatsalven seines Kollegen kann. Für sein Solodebüt besinnt sich Pip auf seine Vergangenheit als Bassist in einer erfolglosen Punkband und verquickt in neun clever produzierten Tracks seine Rap-, Punk-, Elektro- und Rock-Einflüsse zu einer spannenden Mischung, zu deren Gelingen eine imposante Liste an Gästen wie Sage Francis, Travis Barker oder NIN-Mitglied Danny Lohner beitrug. Zudem gibt es hier wieder mehr schlaue Zeilen zum Tätowieren, als man auf einem Körper unterbringen könnte. Nennt diesen Mann bitte niemals Rapper, er ist ein Spoken-Word-Artist! Text: Robert Goldbach

Love A Eigentlich

(Rookie/Cargo) In einer guten halben Stunde kann alles gesagt sein, was gesagt werden muss. Love A rechnen auf „Eigentlich“ in kürzester Zeit mit allem ab, was ihnen vor die Füße fällt: Pseudoinnovative Bands, pseudo-individuelle Hipster, und einen Seitenhieb für Kettcar-hörende Nachbarn gibt es selbstverständlich auch. Textzeilen wie „Und das Lieblingsspiel des Maulwurfs heißt blinde Kuh“ zeigen, dass Genialität auch in der Einfachheit liegen kann. Der auffällig tanzbare Punkrock aus Trier kommt völlig ohne verkopfte Postkarten-Romantik aus, die ohnehin nie jemand versteht. Stattdessen setzen Love A umso mehr auf Sarkasmus und böse Ironie bei unzähligen Alltagsthemen. „Mitten in die Fresse rein“ ist die Devise des frisch gegründeten DeutschpunkFünfergespanns und ihres Debüts, das jede einzelne Sekunde Spaß macht und spannender nicht sein könnte.

Text: Sarah Gulinski

Wolves In The Throne Room Celestial Lineage

(Southern/Soulfood) Ein Punk-Background, ein wenig Hippie-Romantik, Song-Längen nicht unter zehn Minuten und herzwärmende Gitarrenwände waren die Zutaten für eine der letzten Sensationen der Metalgemeinde. Verdient hatte „Black Cascade“ die Aufmerksamkeit durchaus - schließlich wurde man selten so schön mit lauten Gitarren und Geschrei in eine amtliche Trance versetzt. Eine Qualität, die auch der heiß ersehnte Nachfolger „Celestial Lineage“ nicht vermissen lässt, der sich zugleich aber durchaus offen für Neuerungen zeigt: kürzere Songs, atmosphärisch bis esoterisch angehauchte Zwischenstücke, Glockenspiele, fast Enya-hafte Frauenchöre – und sogar das Trademark des meditativ stoischen Schlagzeugbeats erfährt hier und da kleine Variationen. Kurzum: Wolves In The Throne Room gelingt eine spannende Weiterentwicklung ihres Sounds ohne die tragenden Säulen anzugreifen. Mehr geht eigentlich nicht. Text: Thomas Müller

Mastodon The Hunter

(Roadrunner/Warner) Die neue Mastodon-Scheibe ist mit Sicherheit eines der am dringendsten erwarteten Alben des Jahres. Keine andere Metalband der vergangenen Jahre hat so regelmäßig ambitionierte, frische und unvorhersehbare Platten herausgebracht. „The Hunter“ ist also Album Nummer fünf und überraschenderweise hat sich die Band diesmal kein Konzept ausgedacht und auch die traditionell epischen Monsterstücke weggelassen - viele der 13 Lieder sind an der Drei-MinutenGrenze. Passend dazu gibt es tonnenschwere Riffs mit warmen, sofort ins Ohr gehenden Melodien obendrauf. Queens Of The Stone Age in härter viel härter. Das Ganze natürlich wie immer auf einen Gerüst aus vertrackten Rhythmen und verschnörkelten Gitarrenlinien. Stellenweise erinnert „The Hunter“ stark an „Leviathan“ aus 2004, aber in Wirklichkeit haben Mastodon einen weiteren Riesenschritt nach vorne getan. Text: Hans Vortisch

Wilco The Whole Love

(Anti/dBpm/Epitaph) Über 100 Gitarren sollen im WilcoLoft im Nordwesten Chicagos stehen und weil die Band das neue Album „The Whole Love“ komplett dort einspielte, wird man beim Hören der Platte das Gefühl nicht los, all die Saiteninstrumente fanden auch Eingang in die Songs. Bereits beim siebenminütigen Opener „Art Of Almost“ geschieht es, dass einen die Verspieltheit von Jeff Tweedys Gruppe vollends in ihren Bann zieht. Im Anschluss folgen harmonische Pop-Songs, sanfte Psychedelic-Parts und provokative Lyrics - abgerundet durch eine der besten Wilco-Nummern („On Sunday Morning“) ganz zum Schluss. Fast hätte man spekuliert, dass sie es dieses Mal nicht schaffen, die eh schon hohen Erwartungen zu erfüllen, doch „The Whole Love“ belehrt eines Besseren: Wilco bleiben unantastbar und werden wohl auf ewig dieses Level halten. Es muss das Loft sein – where the magic happens. Text: Marcus Willfroth


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PLATTEN/OFFENBARUNG

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DIE OFFENBARUNG Thrice

Major/Minor (Vagrant/Alive)

Die Genialität der meisten Bands scheint sich nach geraumer Zeit abzunutzen. Streitereien, Drogen oder das Absterben der anfänglichen Euphorie führen nicht selten irgendwann zu enttäuschenden Alben. Nicht so bei Thrice. Die denken auch nach 13 Jahren und acht Platten nicht den Bruchteil einer Sekunde daran, in der Belanglosigkeit zu versumpfen. Nachdem ihr herausragendes Album „Beggars“ unglücklicherweise bereits Monate vor Veröffentlichung für jeden im Netz zugänglich war, steht die neue Platte nun unter einem besseren Stern. Mit „Major/Minor“ zeigen Thrice wieder einmal mühelos, dass sie eine der besten Post-Hardcore Bands der letzten 20 Jahre und über jeden Zwei-

fel, ob sie vorherige Alben je toppen können, erhaben sind. Soll heißen: Obwohl hier und da „Vheissu“ oder „Beggars“ in Ansätzen zu finden ist, wirkt das neue Werk der vier Kalifornier nie wie ein schnöder Abklatsch des Bekannten. Dank dem Anspruch der Band, sich kontinuierlich steigern zu wollen, ist ihr achtes Album auch ihr überzeugendstes geworden. Auf durch und durch zugängliche Hymnen wie „Anthology“ folgen komplizierte Songstrukturen wie bei „Cataracts“, auch wenn man den in der Bandbiografie erwähnten Einfluss von Mathcore-Bands wie Botch lange suchen muss. Etwas härter klingt die Platte tatsächlich, gleichzeitig ist sie aber auch weniger sperrig geworden. Prügelnd, ohne extrem laut zu sein,

episch, ohne langatmig zu wirken und dabei im Ganzen eingängiger als alle Alben zuvor. Text: Sarah Gulinski

1 hoffnungslos ** 2 üben ** 3 bemüht ** 4 egal ** 5 kann man machen ** 6 gut ** 7 vorn dabei ** 8 wichtig ** 9 grandios ** 10 Klassiker 5Bugs Vora City

(5 Bugs/Rough Trade) Mein Gott, sind die groß geworden - im zehnten Jahr ihres Bestehens sagen die 5Bugs NachwuchsbandStatus und präpubertärem Humor endgültig Lebewohl und liefern ein Punkund Rock-Album ab, das den Berlinern so wohl nur die wenigsten zugetraut hätten. Vielleicht hat es geholfen, dass sie bei Platte vier die DIY-Flagge hissen und von der Aufnahme bis zur Veröffentlichung alles selber machen. Vielleicht spiegelt sich hier aber auch einfach die logische Entwicklung aus langer Übung, vielen Touren und dem so gewonnenen Feingefühl für den Spagat aus Stadion-Potenzial und Szene-Zugehörigkeit wider - schnörkellos und doch mit Tiefgang wird Hymne an Chor und sattes RockRiff an poppigen Refrain gereiht. Das Ergebnis liegt irgendwo zwischen frühen Ataris und späten Rise Against, zitiert Disco Ensemble ebenso wie die Lostprophets - und ist reif dafür, jetzt auch die richtig großen Clubs zu rocken. 7 Text: Tito Wiesner

All Aboard! Twelve Little Compliments

(Bakraufarfita/New Music) This Is Mönchengladbach, not Boston: Wer „Twelve Little Compliments“ das erste Mal hört, würde All Aboard! geographisch eher an der US-Ostküste verorten als in Nordrhein-Westfalen. Zu authentisch klingt der hymnisch-rotzige Streetpunk der Jungs und lässt an tolle Bands wie die Street Dogs oder Ducky Boys denken. Macht also Sinn, dass die Songs Titel wie „Boston Beer Party“ tragen. Oder auch „Flutes In The Night“ - eine gute Portion Folk ist nämlich auch mit dabei. Ein bisschen Melancholie und viele Ohrwürmer gibt es obendrauf - und fertig ist eines der vielversprechendsten PunkrockDebüts der letzten Zeit aus Deutschland. 7 Text: Tito Wiesner

An Early Cascade Versus

(Midsummer/Cargo) So wirklich geradlinig und einfach waren die Songstrukturen von An Early Cascade ja noch nie, mit „Versus“ versucht die Band aber nun den Weg zu gehen, den so viele Hardcore-Bands früher oder später einschlagen - weg von der Lärm-Combo, hin zum genreübergreifenden Epos. Progressive Riffs, atmosphärische Soundflächen, orchestrale Arrangements und wilde Lärm-Attacken lassen in guten Momenten abwechselnd an Dillinger Escape

Plan, Coheed & Cambria oder gar Muse denken - in schlechten hingegen wirkt „Versus“ wie ein eifriges und ambitioniertes, aber nicht sonderlich fesselndes Experimentierfeld. Kein langweiliger KnüppelStandard also - aber bis zum Grenzen sprengenden Meisterwerk haben die Stuttgarter noch ein paar Meter zurückzulegen. 6 Text: Tito Wiesner

Ane Brun It All Starts With One

(Balloon Ranger/Cargo) Zuletzt klang die Musik der Exil-Norwegerin Ane Brun wie eine Vertonung von Großmutters bester Stube - antiquierte Blumentapete, viel Nippes, muffige Brokatvorhänge und mittendrin ein verstaubter Flügel. Vornehme Langeweile. Kammercountryfolkpop oder so was in der Art. Aber neues Album, neues Glück. Und Tatsache: Stücke wie „These Days“ oder „The Light From One“ entfalten durchaus Gänsehautqualität und die treibende Afro-Nummer „Do You Remember“ bringt sogar etwas Leben in Omas Bude. Zuweilen jedoch zerren Bruns manieriertes Tremolo und ihr Hang zu Orchesterkitsch wieder an den Nerven. Im Booklet posiert die Sängerin übrigens in Samtkleid, Handschuhen und Goldschmuck. Vielleicht sollte sie das Thema Pop einfach abhaken und zukünftig mit Kate Bush und Joanna Newsom Opern schreiben. 6 Text: Nina Töllner

Anthrax Worship Music

(Nuclear Blast/Warner) Das hat gedauert. Seit mindestens 2008 werkelten die Thrash Metal-Ikonen Anthrax an „Worship Music“, ihrem zehnten Album. In der Zeit wurden zwei Vokalisten verschlissen, bis schließlich der alte-neue-alte-neue Sänger Joey Belladonna wieder ans Mikro trat. „Worship Music“ knallt auf jeden Fall, auch wenn vom Thrash bei Anthrax ja schon lange nicht mehr so viel übrig ist. Fette Stakkato-Riffs haben sie aber immer noch, und für die größtenteils verlorene Geschwindigkeit gibt es inzwischen Melodien. Und da überrascht Belladonna doch tatsächlich, indem er den sträflich unterbewerteten neuen-alten Sänger John Bush auf seinem eigenen Feld schlägt. Man kann sich kaum

vorstellen, wie das Album mit dem eigentlich rekrutierten Sänger Dan Nelson geklungen hätte. „Worship Music“ ist nicht so gut wie erhofft, aber als Comeback-Album hervorragend. 7 Text: Hans Vortisch

Awolnation Megalithic Symphony

(Red Bull/EMI) Awolnation-Mastermind Aaron Bruno hat entweder einen sehr feinen Sinn für Ironie oder schwebt komplett in seinem eigenen, nerdigen Sci-Fi-Universum. Auf seinem Debüt kreuzt er kristallklare Elektro-Sounds mit Indie-Rock-Gitarren und rauem Gesang, und legt noch einen bombastischen Keyboard-Zuckerguss obendrauf, der auch Supertramp gut zu Gesicht gestanden hätte. Die Unbekümmertheit, mit der all das rübergebracht wird, lässt den unbedarften Ersthörer zuerst verwirrt und erstaunt zurück. Zugegeben, das ist in der Mischung sehr gewöhnungsbedürftig, aber spätestens beim zweitens Durchlauf offenbart „Megalithic Symphony“ einige Perlen und ab dann macht dieses bunte Pop-Universum richtig Spaß. Grenzen scheint es im Spielzimmer des Aaron Bruno nicht zu geben, aber die hat das Weltall ja auch nicht. 6 Text: Tim Kegler

Björk Biophilia

(One Little Indian/Polydor/Universal) Mehr als vier Jahre nach „Volta“ meldet sich Björk wieder mit einer im Handel erhältlichen CD zurück. Wobei das die Sache prompt nicht richtig trifft. Denn „Biophilia“ ist mehr als ein Album, oder anders gesagt: Die CD ist nur ein Teil eines wesentlich größeren Projekts. Mit einer LivePerformance bei einem Kulturfestival in Manchester ging es im Sommer los, nun gibt es für jedes der zehn Stücke eine eigene iPad-App. Eine Webseite, Installationen und ein Film gehören auch noch zum „Biophilia“-Kosmos dazu. Man gönnt der Isländerin natürlich, dass sie ihre Kreativität inzwischen so multimedial auslebt. Für den Hörer der CD geht das Konzept allerdings nur bedingt auf. Die sich sperrig sträubenden Avantgarde-Songs haben nur noch so wenig mit Pop zu tun, dass man sich selbst als Björk-Kenner mitunter etwas schwer tut und der Langeweile manchmal nicht erwehren kann. 4 Text: Patrick Heidmann

Black Box Revelation My Perception

(PIAS/Rough Trade) Gitarre, Stimme, Schlagzeug. Dass es für guten Rock nicht mehr braucht als das, weiß man nicht nur durch die White Stripes, auch die Belgier Jan Paternoster und Dries Van Dijck zeigen als Black Box Revelation auf ihrem bereits dritten Album, dass es auch ohne Bassisten geht, solang man nur laut genug spielt. Respekt gebührt ihnen dafür, dass sie auch mit ihren bewusst spärlichen Mitteln auf dem von ihren Vorbildern schon reichlich beackerten Feld der Rockmusik noch ein paar interessante Gewächse züchten können. Nach den eher schwachen ersten drei Songs wird „My Perception“ im weiteren Verlauf richtig gut und hält die Spannungskurve bis zum Ende. Sogar die Gitarreneskapaden auf dem siebenminütigen Blues „Sealed With Thorns“ tun dem keinen Abbruch. Die authentisch bratzende, dreckige Produktion macht die Sache dann rund. 6 Text: Robert Goldbach

Blitzen Trapper American Goldwing

(Subpop/Cargo) Kings Of Leon braucht kein Mensch. Die coolere Alternative heißt Blitzen Trapper, denn wo bei den Inzest-Brüdern vor allem schmieriges OutlawBravado regiert, kommen die fünf Klabautermänner aus dem Norden mit ganz anderen Highlights um die Ecke. Namentlich: staubtrockene CowboyHymnen (gerne auch mit Sturzhelm auf), gewitzte Doppelbödigkeit in Wort und Bild und die jenseitige Fähigkeit jeden Tankstellenstopp in ein Gedicht zu verwandeln. Ganz so geil, opulent und Queenverliebt wie auf dem Vorgänger „Destroyer Of The Void“ ist das diesmal zwar nicht ausgefallen, aber es reicht noch für den komfortablen Vorsprung vor der ondulierten Konkurrenz. Beispieltext gefällig? „My love is like the galaxy/ it seems slow but it sure does shine“. Ist eigentlich immer so, können junge Mädchen aber noch was von lernen. 7 Text: Michael Haacken

Boots Electric Honkey Kong

(Dangerbird/Cooperative/Universal) Seien wir mal ehrlich: Wer hat nicht spätestens angesichts des beckenkreisenden Jesse ’The Devil’ Hughes im Video zur ersten Singleauskopplung „Boots Electric


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Theme Music“ gedacht: Ah klasse, ein neues Eagles Of Death Metal-Album!? Sah und klang zumindest alles recht vertraut: tanzbar, herrlich schrammeliger Garage-Rock, sauber gezwirbelter Schnurrbart und dezent nackige, breitflächig tätowierte Damen. Weit gefehlt! Zehn äußerst abwechslungsreiche Tracks präsentiert der gehörnte, etwas eigenwillige King of Rock’n’Roll auf „Honkey Kong“ und die haben es wahrlich in sich: Mal jauchzt die göttliche Brody Dalle (Ex-Distillers) ins Mikro, dann überrascht Herr Hughes mit ganz viel Glam-Pop, Elektro-Drums und abstrusen Lyrics der Extraklasse. Was will man denn noch mehr?! 8 Text: Sarah Näher

Chuck Ragan Covering Ground

(Sideonedummy/Cargo) In rasender Geschwindigkeit bringt Chuck Ragan, Sänger und Gitarrist von Hot Water Music, seit 2007 seine Soloplatten heraus. Album Nummer drei heißt „Covering Ground“ und vom rastlosen Reisen handeln auch die meisten der Lieder. Ragan erzählt von endlosen Stunden auf der Landstraße, von der Wanderlust und vom gleichzeitigen Verlangen, zu Hause bei seiner Frau zu sein. Wie auf den Vorgängeralben spielt er eine Mischung aus akustischem Punkrock, folkigem Blues und Gospel. Begleitet wird er dabei von Violine und Standbass sowie einer ganzen Reihe von Gästen einschließlich Brian Fallon und dem großartigen Frank Turner. Tatsächlich wäre in einigen Momenten sogar weniger mehr gewesen - eigentlich reicht es, Ragan mit seiner Gitarre und seiner unverwechselbaren Stimme zu hören. 7 Text: Hans Vortisch

Death In Vegas Trans-Love Energies

(Portobello/Alive) Death In Vegas hatten wenig Glück. Im Gegensatz zu den Genre-Kollegen von Primal Scream schafften sie es nicht, als gefeierter Neunziger-JahreAct die 2000er künstlerisch halbwegs zu überste-

hen und verwarfen gleich ein ganzes Album, ehe sie nun – nach Jahren der Funkstille – ihr neues Werk „Trans-Love Energies“ vorlegen. Keine Ahnung, wie die längst im Giftschrank verstauten Songs geklungen hätten, aber diese hier sind durchaus manierlich geworden. Mit weniger Rockelementen, mehr synthetischem Überbau und referenziell oft an den Electro-Clash der Anfangstage von Death In Vegas erinnernd, ist „Trans-Love Energies“ besser geraten als der letzte Silberling aus dem Hause Primal Scream. Welten einreißen wie einst, können sie damit zwar nicht – für einen guten Entertainment-Trip reicht es aber allemal. 6 Text: Marcus Willfroth

The Duke Spirit Bruiser

(Fiction/Cooperative/ Universal) Wie dringend weibliches Führungspersonal in der Rock’n’Roll-Branche eigentlich benötigt wird, machen einem erst Musterbeispiele wie The Duke Spirit so richtig bewusst. Deren Frontfrau Liela sorgt mit Eleganz, Soul und Sex-Appeal für die Extravaganz, ohne die The Duke Spirit womöglich nur eine weitere solide, aber doch eher unspektakuläre Garage-Band wären. Gerade der unwiderstehlich klassische Cocktail aus rauem Achtzigerjahre-Noise und geheimnisvoller Unschuld ließ die ersten beiden Alben der Ex-Kunststudenten zu echten Geheimtipps avancieren. Der Nachfolger rückt den Noise-Anteil nun zugunsten eines klareren Sounds und mehr Sixties-Einschlag deutlich ins Abseits. Eigentlich steht den vier Londonern das auch gar nicht schlecht, allerdings musste man schon vorher nicht unbedingt Sherlock Holmes sein, um die Melodie-Schätze unter dem Noise-Schmutz zu orten. Für eine ganze Albumlänge fehlt dadurch leider etwas der Spannungsbogen. 6 Text: Thomas Müller

The Subways Money And Celebrity (Warner)

CONTRA Was ist denn hier schief gegangen?! Billy Lunn, Charlotte Cooper und Josh Morgan von den Subways hätten mit ihrer dritten Platte eigentlich bereit sein sollen für den ganz großen Wurf, stattdessen hängen sie sich am verblühten Indie-Rock der mittleren 2000er-Jahre auf. Der Quasi-Titeltrack „Celebrity“ etwa klaut so dreist bei Bloc Partys „Banquet“, dass man sich zunächst in einer Coverversion wähnt. Auch vor der blassen Kopie ihrer selbst machen die Subways nicht halt: So heißt der Hit „Oh Yeah“ auf „Money And Celebrity“ nunmehr „We Don’t Need Money“, von Innovation oder Ironie nichts zu spüren. Und das sind noch die besseren Momente, der Rest vom Fest ist größtenteils enervierend und hysterisch, und was vor fünf, sechs Jahren noch als Unbekümmertheit für Sympathie sorgte, wirkt heute nur noch kindisch. Text: Friedrich Reip

PRO Okay, okay, mit ihrem dritten Album haben sich die drei nicht gerade selbst neu erfunden. So was hat Madonna früher ständig gemacht und jetzt guckt euch ihre ekligen Muskelarme an. Nein, Pop-Chamäleon sollen andere spielen. Denn im Gegensatz zu all den nach Aufmerksamkeit lechzenden Medienopfern sind sich die drei Subways selbst treu geblieben. Das heißt, an Tempo haben sie nichts eingebüßt, an ihrer unverschnörkelten Rock’n’Roll-Qualität ebenso wenig. Ihre Texte sind gerade heraus, bodenständig und nah am Menschen und wer das zu simpel findet, kann sich ja auf einer anderen Party Freunde suchen. Kindisch? Sicher. Doch es gibt bekanntlich Schlimmeres. Vielleicht sollten wir alle ein bisschen öfter daran denken, dass das Gewebe schon noch früh genug zu hängen beginnt. Vorher feiern wir noch eine weitere Runde mit den Subways. Text: Katja Taft

DZ Deathrays Ruined My Life

(Humming/Rough Trade) Machten Shane Parsons und Simon Ridley früher noch unter dem harmlosen Namen DZ Musik, wird jetzt die Todesstrahl-Kanone ausgepackt, auf Betäubung gestellt, gezielt und abgedrückt. Treffer! Wem bei gesichtslosem Mainstream-Rock die Angst durch die Glieder fährt – aufgepasst! Hier gibt es Musik, die pumpt, knarzt, quietscht und kracht. Die Debüt-EP der Australier strotzt vor Energie. Mit der Brutalität von MC5 und schwerer Artillerie reiten DZ Deathrays in den Rockzirkus ein. Wer Bands wie Death From Above 1979 mochte, wird sich auch mit DZ Deathrays anfreunden. Nichts Überproduziertes, keine Schnörkel, nur rohe Rockgewalt. 6 Text: Johannes Musial

Emil Bulls Oceanic

(Drakkar/Sony) Die Emil Bulls sind wie Philipp Lahm - mit Album Nummer sieben im 16. Jahr der Bandgeschichte zwar schon längst alte Hasen, hält man sie doch immer noch für eine junge und frische Teenie-Band und sieht beziehungsweise hört ihnen ihr Alter nicht an. Kein Wunder angesichts solcher Brecher wie „Epiphany“, die herzerfrischend alles kaputt knüppeln. Generell galt diesmal aber: Alles ist erlaubt, was sich irgendwie mit dem „Zuckerbrot und Peitsche“-Konzept aus wütendem Metal und eingängigen Bubblegum-Refrains verbinden lässt. Mal elektronisch krachend wie Fear Factory zu ihren besten Zeiten, dann hymnisch wie späte Lostprophets oder düster-groovend wie die Deftones; aber fast immer Hit- und Mitbrüll-tauglich. Die Qualifikation für die Champions League übersteht man so locker. 7 Text: Tito Wiesner

Feist Metals

(Universal) Fast viereinhalb Jahre sind seit „The Reminder“ ins Land gegangen – eine lange Zeit. Sie fühlt sich allerdings deutlich kürzer an, nicht zuletzt wegen Feists Präsenz im Radio, in Werbespots und Kindersendungen oder als Gast auf anderer Leute Lieder, wie beispielsweise dem wundervollen Duett mit Jeff Tweedy bei Wilcos „You And I“, 2009. Nun also „Metals“. Und es dauert tatsächlich nur wenige Sekunden, bis sich im Opener „The Bad In Each Other“ dieses vertraute Gefühl einstellt, diese bittersüße, fragile Wärme spürbar wird, die Feists Musik so unnachahmlich ausstrahlt. Darin liegt auch paradoxerweise ein wenig das (kleine) „Problem“ dieses Albums, denn abgesehen davon, dass es so gut wie keine dieser luftigen Momente á la „1234“ oder „Mushaboom“ gibt, stattdessen eine gewisse Schwere vorherrscht, ähnelt „Metals“ seinem direkten Vorgänger doch sehr. Aber andererseits gibt es wohl kaum jemanden, der dessen schon überdrüssig wäre, oder? Eben. Sehr schön! 8 Text: Ellen Lohsemann

Future Islands On the Water

(Thrill Jockey/Rough Trade) Wenn Antony von den Johnsons vor einem Piratenpublikum singt, klingt er so wie Future Islands. Unter ihm die See, wie man zum Beispiel in „Tybee Island“ hören kann. Aber das ist irreführend, denn der Großteil von „On The Water“ besteht aus sexy Metzger-Beats und Samuel Herrings finsterem Gesang. Zum Fürchten, könnte man meinen, aber in Wahrheit sind Future Islands die Guten, die dich sicher nach Hause bringen, um vier Uhr morgens, vorbei an all den Lounge Lizards und den schmierigen Reptilien. In ihrem Kopf spielt immer noch „Take My Breath Away“, aber Tom Cruise stürzt ab und die Russen gewinnen den Kalten Krieg. Dir ist das recht, denn in diesen Händen fühlst

du dich sicher, und es gibt Sterne zu sehen über dem Stausee. Dein neuer Freund hat haarige Hände, aber ein großes romantisches Herz. 8 Text: Michael Haacken

Girls Father, Son, Holy Ghost

(Turnstile/PIAS/RT) „Alles“ – das antwortet Christopher Owens auf die Frage, wie viel er von sich selbst in seiner Kunst preisgibt. Die Lieder der Girls entstehen, wenn die Emotionen den Sänger übermannen. Wüsste man’s nicht, man würde Owens seine hippiesken Herzschmerztexte um die Ohren knallen. So aber möchte man den religionsgeschädigten Schlacks lieber tröstend in den Arm nehmen. Etwas Tröstliches hat auch der Soundtrack zum Seelenstriptease. Der klingt nach Surf, Sixties-Pop, Seventies-Hard-Rock, Soul und Folk, also so retro, dass man sich sofort geborgen fühlt. Vor allem der Everly Brothers-Schmachtpop von „Saying I Love You“ schmeichelt sich wie ein uralter Bekannter ins Ohr. Doch was bei anderen Leuten aufgesetzt und ausgelutscht rüberkommt, wirkt bei Owens unschuldig und authentisch. Der darf das. 7 Text: Nina Töllner

Horace Pinker Local State Inertia

(Arctic Rodeo/Cargo) Wie erfrischend, dass sich in manchen Genres und bei deren Protagonisten seit 20 Jahren gar nichts tut. Horace Pinker aus Chicago sind so ein Beispiel: Seit 1991 haben sie sich dem popnuancierten Punkrock verschrieben. Damit haben sie nicht nur an der Basis den Erfolg von all den Blink 182s dieser Welt ermöglicht, sondern heute auch trotz Besetzungswechseln die meisten ihrer Erben überlebt. „Local State Inertia“ ist ihr erstes Album seit sechs Jahren und das siebte in der Bandgeschichte. Es beherbergt ein weiteres Mal eine eingängige, dreiviertelstündige Mischung aus melodiebesoffenen Hooklines, Neunzigerjahre-Emo-Attitüde und einem gesunden Maß an Euphorie und Frustration, wie sie auch Samiam so gut zu Gesicht stehen. Mit dem Durchbruch wird das indes für Horace Pinker freilich nichts mehr. Basisarbeiter eben. 6 Text: Fabian Soethof

Jingo de Lunch Live in Kreuzberg

(Noisolution/Indigo) Nachdem Kreuzbergs Punk-/Rocklegende Jingo de Lunch im Jahr 2010 mit „Land of the Free-ks“ ein überzeugendes Comebackalbum hingelegt hatte, tat die Band das, was sie schon in ihrer ersten Glanzphase sehr gut konnte: live Spielen. Dass ein Heimspiel in Form eines Gigs im Berliner Lido mitgeschnitten wurde, ist verständlich und zum Glück beschränkte man sich nicht nur auf Material der neuen Platte, sondern lässt auch noch ein paar Klassiker wie „Peace Of Mind“ oder „Cursed Earth“ einfließen. Soundmäßig ist das ganze so gut, wie man es heutzutage erwarten kann. Sängerin Yvonne Ducksworth ist zwischendurch in guter Plauderlaune und um das Ganze abzurunden gibt es im Booklet noch ein paar nette Linernotes zu jedem Song obendrauf. Passt also alles prima. 7 Text: Tim Kegler

Julia Marcell June

(Haldern Pop/Cargo Records) Julia Marcell ist eine Frau der „mixed messages“, Missverständnisse sind bei ihr vorprogrammiert. Ihr Name lässt eine andere Herkunft vermuten als die tatsächliche (Polen!), dem Albumtitel zum Trotz erscheint ihr neues Album im Herbst und auch wenn das Coverbild schreiende Aggressivität verspricht, bietet nicht nur die erste Single „Matrioszka“ Pop der zartbesaiteten Sorte.


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Die sanften Momente gehören ohne Frage zu den Höhepunkten ihres meist elektronisch unterfütterten Songwritings, dem übrigens – genau wie Marcells Gesang – nicht selten anzuhören ist, dass die Wahl-Berlinerin wohl ganz schön viel Björk gehört hat. Es gibt fraglos schlechtere Vorbilder, aber eben auch erreichbarere. Nichtsdestotrotz ist „June“ ein über weite Strecken reizendes, berührendes Album, das für die Zukunft – sofern wir die Signale richtig deuten – sogar noch mehr verspricht. 7 Text: Patrick Heidmann

Kasabian Velociraptor!

(Sony) Das vierte Studioalbum von Kasabian fängt so an, wie jedes Album beginnen sollte: mit einem ordentlichen Paukenschlag! Dem Opener folgt eine Prise psychedelisches, später gar orientalisches Gedudel und etwas, das so stark an die Beatles erinnert, dass man hin und wieder überlegt, ob man vielleicht die falsche CD eingelegt hat und dann taucht in „La Fee Verve“ sogar die gute „Lucy In The Sky“ höchstpersönlich auf. Dass man sich natürlich sehr wohl bei Tom Meighan und Co. befindet, merkt man spätestens beim spaßigen „Velociraptor!“. Der Song zeigt Kasabian in Höchstform: zackig, melodisch, mit angezogenem Tempo und einer guten Dosis Humor („He’s gonna find ya/ He’s gonna eat ya!“). Angesichts der zahlreichen Einflüsse - von Kraftwerk („I Hear Voices“) bis Oasis (permanent), kann man sich nur staunend fragen, was da eigentlich im Gehirn von Songwriter Sergio Pizzorno abgeht. 7 Text: Sarah Näher

Killed By 9V Batteries The Crux

(Siluh/Al!ve) Neulich an der Stereoanlage: Neues Album von Killed By 9V Batteries eingelegt und auf ’Play’ gedrückt. Erster Gedanke: Pavement. Zweiter Gedanke: Sonic Youth. Dritter Gedanke: Pavement covern Sonic Youth und umgekehrt. Ja, die Steirer feiern mal wieder Neunzigerahre Noise-Pop-Revival. Auch im Jahr 2011 scheißen sie auf digitalen Schnickschnack, um sich danach mit dem Zeitgeist den Hintern abzuwischen. Innovation findet woanders statt. Aber wer so unbeirrt an seinen Wurzeln festhält und allen ökonomischen Engpässen trotzt, meint es ernst. Deshalb muss man das Jungherrenquartett nicht gleich zu Quasi-Rockmärtyrern stilisieren, wie es ihr Label tut. Aber man kann ihm „Respekt!“ zurufen und sich an einer Musik erfreuen, die auch mit fortgeschrittenem Alter noch erfrischend Arsch tritt. 7 Text: Nina Töllner

Laura Marling A Creature I Don’t Know

(V2/Cooperative/Universal) Ob Laura Marling mit der unbekannten Kreatur des Albumtitels sich selbst meint? Fest steht, dass die engelsgleiche Engländerin nicht ganz von dieser Welt ist. Die Frau ist 21 Jahre alt und legt bereits ihren dritten Langspieler vor. Und das erneut mit einer (Früh-)Reife und Weisheit in Stimme, Spiel und Songwriting, die ihr Kükenalter Lügen straft. Auf „A Creature I Don´t Know“ zeigt sie sich zudem vielseitig und opulent wie nie zuvor. „The Muse“ eröffnet das Album mit ungewohntem Jazz-Vibe. „Salinas“ erinnert an bluesigen Südstaaten-Country, während das zunächst so zahme „The Beast“ zum zerrenden Rockmonster mutiert. In „Rest In The Bed Of My Bones“ und dem Schlussstück „All My Rage“ zitiert Marling irischen und britischen Folk und lässt einen wieder mal kopfschüttelnd zurück. So viel Talent ist doch nicht normal! 8 Text: Nina Töllner

M83 Hurry Up, We’re Dreaming

(Naive/Indigo) Wer zu viel Alkohol trinkt, stirbt. Wer zu viel isst, stirbt. Zu viel scheint nie etwas Gutes zu bedeuten – es sei denn, man spricht über M83. „Hurry Up, We’re Dreaming“, das sechste Album des französischen Synthie-Dream-Poppers Anthony Gonzales, hat von allem zu viel, aber gerade das macht es so besonders. Alles beginnt beim Format: „Hurry Up, We’re Dreaming“ ist ein Doppelalbum von über 70 Minuten Länge. Und auch das, was sich in diesen Minuten musikalisch abspielt, ist so überbordend dramatisch, offensichtlich nostalgisch und bis ins kleinste Synthie-Piepen hinein ausproduziert, dass die Gänsehaut des Hörers Gänsehaut bekommt. Dass bei all dieser Übertreibung die einfachen Hits wie „Graveyard Girl“ hintenüber fallen, ist sicher ein Wehrmutstropfen. Und wahrscheinlich ist das alles Kitsch, aber so vollendeter Kitsch begegnet dir nicht alle Tage. 8 Text: Timo Richard

Machine Head Unto The Locust

(Roadrunner/Warner) Wer dachte, Machine Head hätten in Sachen Komplexität und Geballtheit auf dem gefeierten Vorgänger „The Blackening“ bereits das Ende der Fahnenstange erreicht, der wird

sich die Ohren reiben, denn die Mannen um Robb Flynn legen auf „Unto The Locust“ noch eine Schippe drauf. Der ausgewogene Mix aus brachialem Überschwang, dem Gespür für eingängige Melodien und ausgeklügelten Arrangements, bildet den Torso eines Gesamtpakets, das kaum Zeit zum Luftholen lässt. Die Kunst, in sieben-, acht-, oder neunminütigen Songs keinerlei Langeweile aufkommen zu lassen, beherrschen nur die Wenigsten. Der Oakland-Vierer setzt dahingehend neue Maßstäbe im Metal-Lager und kann sich mit seinem siebten Studio-Output rollender Augen und offener Kinnladen sicher sein. 7 Text: Kai Butterweck

Madness A Guided Tour Of Madness

(Salvo/Soulfood) Drei CDs, eine DVD und ein 70-seitiges Booklet bietet diese Box – und damit einen hervorragenden Überblick über mehr als 30 Jahre Bandgeschichte der Londoner Kult-Ska-Truppe. Wer von Anfang an dabei war, wird kaum Neues finden, allerdings glänzt die Box durch ihre Lückenlosigkeit: Alle B-Seiten sind vertreten, kein Album blieb unbeachtet, und auch für den Sammler interessant dürfte die komplette Diskografie sein: Über 250 Ton- und Bildträger haben Madness seit 1979 herausgebracht und dass der echte Nutty-Boy ab Mitte der Achtzigerjahre schwierige Zeiten mit seinen Helden durchmachte, wird noch einmal bestätigt: „Keep Moving“ und „Mad Not Mad“ sind eher uninspirierte PopAlben, die auch gegen das 2009 veröffentlichte

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Spätwerk „The Liberty Of Norton Folgate“ abstinken. Witzige Interviews, Fotostrecken von Originalschauplätzen und ein Madness-Comic im liebevoll gestalteten Booklet machen die Box insgesamt aber zu einem schönen Gimmick. 6 Text: Philipp Graf von Königsmark

Mariachi El Bronx II

(Wichita/PIAS/RT) Die meisten werden es damals für einen lahmen Witz gehalten haben, als The Bronx ankündigten, als nächstes ein Mariachi-Album in Angriff nehmen zu wollen. Das hämische Grinsen dürfte vielen aber wieder aus dem Gesicht gefallen sein, als die kalifornischen HC-Punk-Rabauken vor zwei Jahren diese Ehrerbietung gegenüber mexikanischer Volksmusik nicht nur tatsächlich veröffentlichten, sondern auch ausgiebig in traditionell-korrektem Zwirn betourten. Das wirklich Schockierende daran war aber, wie gut Mariachi El Bronx ihre Sache machten, und dass Schreihals Matt Caughthran zudem über ein wahres Goldkehlchen verfügt. Spätestens mit dem nun vorliegenden Nachfolger steht fest: Ja, die meinen das wirklich ernst. Trompeten, Streicher, Akkordeon - der ganze Scheiß. Warum nicht? Auch wenn der Überraschungseffekt natürlich fehlt: So präsentiert und in Maßen genossen, ist das durchaus stimmig. Das nächste Album darf dann aber gern wieder die Hauptband übernehmen. 5 Text: Thomas Müller

Nirvana

Nevermind (Remastered) (Universal)

Mit Nirvana und „Nevermind“ ist es ein bisschen wie mit dem Urknall, auch wenn der in diesem Fall gerade mal 20 Jahre her ist: Das Modell klingt ganz schlüssig, aber man muss wohl dabei gewesen sein, um die Geburt eines Universums wirklich zu verstehen. Jedes noch so kleinste Explosionspartikel von damals hat heute meteoritenhafte Durchschlagskraft. Auf „Nevermind“ ist jeder Song ein wohl formuliertes „Fick dich!“, ein herrlicher Mittelfinger in Richtung des damaligen Status Quo der Musikindustrie. Guns N’ Roses, Europe, Bon Jovi - Cobain verachtet die ganzen Testosteron-Tucken, homophobe Helden ihrer Zeit, die großspurig das Klischee des Rockstars leben. Mit Nirvana liefert er die Anti-These im Songgewand: „Territorial Pissings“, der vielleicht schönste Feminismus-Song, und das von einem Mann: „Never met a wise man/ if so it’s a woman“. Und „Come As You Are“, die Durchhalte-Parole. Spätestens mit „Smells Like Teen Spirit“ rufen Nirvana eine neue Jugend-Bewegung aus, ohne es wirklich zu merken. Nette Dreingabe der Deluxe Edition: Unveröffentlichte Aufnahmen einer BBC-Session, ProberaumRecordings die mehr nicht scheppern könnten, und die ersten Demos zu „Nevermind“. Text: Frédéric Schwilden


Mediengruppe Telekommander Die Elite der Nächstenliebe

(Audioakt/Rough Trade) Gerald Mandl und Florian Zwietnig, die Gründer und Gesichter der Mediengruppe Telekommander, treten zurück und hinterlassen ein klaffendes Loch in der hiesigen ElektroPunk-HipHop-Landschaft. Was vor einer Dekade avantgardistisch anmutete, scheint heute dank der ’Audiolith’-Community mehr als massentauglich. Nicht tragisch, aber schade. Ebenso wie die Tatsache, dass der Abgesang auf eine Ära lediglich neun Titel umfasst. Es hat sich auskommandiert: „Die Elite der Nächstenliebe“ zeigt sich gesellschaftskritisch oder möchte es zumindest sein denn Songs wie „Nehmen“ oder „Billig“ klingen ungewohnt uninspiriert. Allerdings ist die Konsumkritik stets mit durchproduzierten Beats und gelungenen Arrangements unterlegt. Die letzte Platte der Bandgeschichte steht dabei nicht nur für das Ende der Mediengruppe Telekommander, sondern markiert zugleich einen Anfang: den Beginn von ’Audioakt’, dem Label-Hybriden aus ’Audiolith’ und ’Staatsakt’. 6 Text: Franziska Schuh

Me First And The Gimme Gimmes Sing In Japanese

(Fat Wreck/Edel) Kennt hier jemand „Kokoro No Tabi“? Oder „Kekkon Shiyoyo“? Sollte man sich nicht regelmäßig mit zeitgenössischer japanischer Musik beschäftigen, wird man da wohl mit „Nein“ antworten müssen. Aber wer - wie die Punkrock-Allstar-Band Me First And The Gimme Gimmes - im Lauf der eigenen Karriere von Oldies über Country-Hits bis Musical-Hymnen schon fast alles gecovert hat, braucht eben auch mal eine neue Herausforderung. Da traf es sich gut, dass eine Japan-Tour anstand - für die man dann kurzerhand mal sechs japanische Evergreens ins Pop-Punk-Gewand stopfte. In Originalsprache, versteht sich. Und auch ohne die Kenntnis der Vorlagen macht „Sing In Japanese“ Spaß und irgendwann wird auch fröhlich mitgesummt oder gar versuchsweise mitgesungen - auch ohne zu wissen, was man da gerade so genau von sich gibt. 6 Text: Tito Wiesner

Memoryhouse The Years

(Sub Pop/Cargo) Das kanadische Duo Memoryhouse war eine mystische Entdeckung der DreamPop-Blogosphäre und hielt sich vor allem wegen des Samples von Jon Brions „Phone Call“ in ihrer Single „Lately“ so wacker an der Spitze des Genres. Mit der noch einmal aufgenommenen EP „The Years“, die in der neuen Version neben den bereits im Februar veröffentlichten Songs mit „Modern, Normal“ and „Quiet America“ zudem zwei neue enthält, wird sich das womöglich ein wenig ändern. Gut ist die EP allemal, aber das wunderschöne „Lately“ legt die Messlatte schon als zweites Stück so hoch, dass man hier als logische Konsequenz gar nicht mehr rankommen kann, und ein wenig an Aura einbüßt. Beeindruckend aber trotzdem, dass Memoryhouse so früh in ihrer Karriere solch Treffer landen können. 6 Text: Raphael Schmidt

The Minutes Marcata

(Modern Citizen/Cargo) Was The Minutes aus Dublin hier als Debütalbum raushauen, kann sich hören lassen: Von entspannten Stücken bis hin zu energischen Songs, die zwischen Thin Lizzy und Black Rebel Motorcycle Club pendeln, ist alles dabei, was sich aus der Standardbesetzung Bass, Gitarre und Drums plus gelegentlicher Piano und Bläser-Verzierung rausholen lässt. Produziert wurde „Marcata“ in nur fünf Tagen, manche Bands hingegen brauchen Jahre um einen Hit wie „Black Keys“ zu stricken, der sich neben „Fleetwood“ und „Believer“ in guter Gesellschaft befindet. Mit diesen Minuten lassen sich auf alle Fälle ganze Stunden vertreiben. 6 Text: Eileen Neubert

My Brightest Diamond All Things Will Unwind

(Asthmatic Kitty/Soulfood) Pferde und Haie waren bereits Namensgeber für die Alben von Shara Worden aka My Brightest Diamond – nun macht sie Schluss mit dem tierischen Ernst und nennt ihr neues Werk „All Things Will Unwind“. Passend ist dieser Titel wie die Faust aufs Auge, denn die Songs wirken allesamt wie entfesselt, legen sich nie auf eine Marschrichtung fest

Allerlei Elektro DJ Mehdi ist tot und Moderat gehen erst einmal wieder getrennte Wege. Pünktlich zum Herbst scheinen sich traurige Nachrichten gerade zu häufen. Aber zumindest letzterem Fall kann man Positives abgewinnen. Denn nach dem Supergroup-Experiment bringen Apparat und Modeselektor nun fast gleichzeitig wieder Soloalben heraus – und das bedeutet: gleich zwei neue Meisterwerke! Was Sascha Ring aka Apparat mit „The Devil’s Walk“ (Mute/Good To Go) und Gernot und Szary mit „Monkeytown“ (Monkeytown/Rough Trade) vorlegen, ist Elektronisches auf höchstem Niveau. Apparat hat sich – wohl auch dank der Live-Erfahrungen – soweit wie nie in Richtung Song und handgemachter Musik entwickelt, wobei er nicht nur bei „Black Water“ düster die Herbstfeuchte aus den Boxen tropfen lässt. Und Modeselektor loten die Grenzen ihrer technoiden Beats soweit aus, dass auch Gäste wie Thom Yorke und sogar Miss Platnum dazwischen ein buntes Plätzchen finden. Von Kumpel Ring übrigens ganz zu schweigen, so dass auch ein Moderat-Happy End in Reichweite liegen dürfte! Kein bisschen weniger groß und vor allem noch düsterer: „Conatus“ (Souterrain Transmissions/Universal), das grandiose dritte Album der wunderbaren Zola Jesus. Kühl und trocken die Elektro-Beats, geheimnisvoll und stark ihr dunkler Gesang, unbedingt in einer Liga mit Fever Ray oder Austra. Ganz anders, ganz eigen und ganz besonders toll ist derweil „Arabxilla“ (BPitch Control/Rough Trade), das Debüt der venezuelanischen Wahl-Berlinerin Aérea Negrot. Bekannt u.a. vom letzten Hercules & Love AffairAlbum, schwebt sie auf faszinierende, berückende Weise nicht zur zwischen den Geschlechtern, sondern auch zwischen Avantgarde-Pop und experimenteller Elektronik, tiefer Melancholie und frechem Witz. Auf diesem Niveau kann nicht jeder ganz mithalten. Pyrolator immerhin erweist sich auf „Neuland“ (Bureau B/Indigo), dem ersten Soloalbum seit 24 Jahren, auf der Höhe der Zeit, was elektronische Clubmusik angeht. Ivy allerdings, die sich mit „All Hours“ (Nettwerk/Soulfood) ebenfalls nach langer Pause zurückmelden, versanden etwas zu oft in seichten Pop-Gewässern. Poppig ist auch das Duo New Look mit seinem Debüt „New Look“ (!K7/Alive), wenn auch auf eine bezaubernde, geradezu romantische Synthie-Weise, die nicht nur Ladytron-Fans gefallen dürfte. Als Enttäuschung entpuppt sich dagegen „Playing in the Shadows“ (Vertigo/ Universal) von Example. Der Brite würde gerne den Spagat zwischen Calvin Harris und The Streets schaffen, scheitert aber meistens an seiner eigenen Hipster-Prolligkeit. Text: Patrick Heidmann

und so beackert Worden das gesamte Spektrum zwischen laszivem Akustikpop und avantgardistischen Tunes Marke Joanna Newsom. Sicherlich keine leichte Kost, aber trotzdem darf man froh sein, dass nicht jeder Musiker da draußen versucht, es allen recht zu machen: „All Things Will Unwind“ wirkt verglichen mit manch aktueller Veröffentlichung wie aus der Zeit und dem Rahmen zugleich gefallen und ist natürlich ungeheuer spannend, auch ohne irgendwelche Tierarten im Titel. 7 Text: Marcus Willfroth

Neon Indian Era Extraña

(Transgressive/Cooperative/Universal) Mit dem Debüt „Psychic Chasms“ ist Alan Palomo alias Neon Indian schnell in der Modeschublade „Chill-Wave“ gelandet, auch wenn bis heute unklar ist, was die eigentlich enthalten soll. Auch „Era Extraña“ hält sich nicht damit auf, ein hippes Subgenre zu definieren, sondern spielt auf der emotionalen Klaviatur des Hörers lustig durchgeknallte, nostalgisch angehauchte Popsongs im Elektrogewand. „Era Extraña“ ist ernster geraten als sein Vorgänger, die quietschend bunten Soundcollagen von „Psychic Chasms“ haben die Neonfarben eingebüßt. Als adäquaten Ersatz hat Palomo aber jede Menge Melodie über seine Songs gepinselt und präsentiert sich damit umso mehr als verdammt begabter Songwriter und weniger als begnadeter Soundfrickler. 8 Text: Timo Richard

New Found Glory Radiosurgery

(Epitaph/Indigo) Ist man mit Mitte 30 eigentlich nicht zu alt dafür, ständig in kurzen Hosen und Punk-Bandshirts rumzulaufen und über bereits verflossene oder in naher Zukunft verfließende Liebeleien zu singen? Die Antwort von New Found Glory auf „Radiosurgery“ ist deutlich: Nö. Die wohl konstanteste Pop-Punk-Band der letzten Jahre läuft erneut zur Höchstform auf und reiht hier eine Sommer-Hymne an die nächste. Hit- und Ohrwurm-Dichte sind sogar noch deutlich höher als in den letzten Jahren und erinnern an die grandiosen Frühwerke der Band. Und wo sonst kann man schon Textzeilen wie „Oh-oh, I’m caught in the act/ but for tonight let’s do something that we’ll never forget“ mitsingen, ohne dass es peinlich ist? 8 Text: Tito Wiesner

Nicke Borg Homeland Chapter II

(Billion Dollar Babies/ Soulfood) Backyard Baby Nicke Borg auf Solopfaden - das lässt Social Distortion und eher Cowboy-Klänge anstatt Punk’n’Roll und Hard Rock vermuten. In der Tat zieht Nicke dann auf seinem ersten Ausritt hörbar den Hut vor Onkel Ness und anderen Outlaws - und macht seine Sache richtig gut. Inspirierter und mit mehr Herzblut, Hooks und Hits als auf den letzten Scheiben der Babies fühlt sich Herr Borg mit seinem zugegeben, äh, geborgtem Image und Klang extrem wohl in der Rolle des tätowierten Heartbreakers im Sonnenaufgangs-Sound. Eine These, die das durchweg exzellente und angespornte Songwriting nur bestätigt. Da kann die Babies-Pause durchaus noch länger andauern. 7 Text: Frank Thiessies

Pain Of Salvation Road Salt Two

(Insideout/EMI) Progressiver Rock mit deutlicher SiebzigerSchlagseite ist die Spezialität der Schweden um Sänger, Gitarrist und Mastermind Daniel Gildenlöw. Wer dabei nun an arg verkopftes


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Muckertum und ellenlange Skalen-Experimente denkt, ist schief gewickelt. Bereits mit „Road Salt One“ hatten Pain Of Salvation Songdienlichkeit und stilistische Experimentierfreude zum obersten Gebot erhoben. Dieses ergänzende Schwesteralbum schließt nun den kreativen Kreis. Mit folkloristischem Led Zeppelin-Ornament, filigranen Melodien und fein gesetzten krachenderen Kontrapunkten sowie viel atmosphärischem Anspruch geht die etwas weiter gedachte klassische Rock-Rechnung erneut perfekt auf. 7 Text: Frank Thiessies

Radiohead TKOL RMX 1234567

(XL/Beggars/Indigo) Remixe gehören inzwischen zum guten Ton im Hause Radiohead: Thom Yorke gibt angesagten Electronic Artists gern die eigenen Songs und schaut, was sich daraus via neue Versionen so entwickelt. „TKOL RMX 1234567“ nennt sich das Appendix zum frühjährlichen Longplayer „The King Of Limbs“ und beeindruckt ohne Frage mit exquisiten Beiträgen von u.a. Caribou, Four Tet, Shed, Jamie XX oder Modeselektor. Selbst wenn es oft derselbe RadioheadTrack ist, den sich die Acts vornehmen, klingen die Ergebnisse allesamt grundverschieden – mal mit ballernden Beats unterlegt, dann schüchtern verhuscht oder ziemlich nah am Original, mühen sich die einzelnen Mixe redlich dabei, neue Facetten zu entdecken. Anlässe zur Kritik geben die zwei randvollen Silberlinge wenig und der Fan, der kauft sie sowieso. Zu Recht. 7 Text: Marcus Willfroth

The Rifles Freedom Run

(Right Hook/EMI) „Freedom Run“ ist mittlerweile das dritte Album der Rifles, und seit dem Vorgänger „Great Escape“ hat sich einiges getan. Nach einem zünftigen Hausputz im LineUp sind von den Gründungsmitgliedern nur noch Joel Stoker und Luke Crowther am Start – Sänger und Gitarrist, keine Bange also vor einem allzu deutlich veränderten Sound! Cleaner aber klingen die Rifles, adretter, poppiger, wie etwa das northernsoulige „Tangled Up In Love“ illustriert, das als erste Auskopplung als Visitenkarte für „Freedom Run“ fungiert. Andernorts, in Tracks wie „Love Is A Key“ oder „Little Boy Blue (Human Needs)“ wird hingegen immer noch ordentlich gemuckt – nicht umsonst entstand das Album im Black Barn-Studio von Paul Weller, der auf „Sweetest Thing“ auch höchstpersönlich in die Saiten greift. Kein echter Aufreger das Ganze, aber ein schlüssiges, gut geöltes Stück Brit-Rock. 6 Text: Friedrich Reip

Shimmering Stars Violent Hearts

(Almost Musique/Alive) Shimmering Stars wissen genau, was sie wollen: Zurückblicken. Ihr Debütalbum „Violent Hearts“ klingt wie eine Zeitreise in die Sechziger, als die Beach Boys mit ihren Wohlfühl-Harmonien von großer Bedeutung waren. Nun gibt der Blick zurück seit mehr als zehn Jahren popkulturell den Ton an, die Kanadier sind konzeptuell also alles andere als aus der Zeit gefallen. Ihre Herangehensweise hingegen ist es. Ihre Musik scheut nämlich jede Eigenständigkeit, die andere Sechziger-affine Bands wie The Coral ihr Eigen nennen. „Violent Hearts“ hat zwar solides Songwriting vorzuweisen, das Lo-Fi-Korsett, in das es gezwängt wird, entzieht ihm jedoch jede Luft zum Atmen. Shimmering Stars scheitern so an ihrem zielgerichteten Blick in die Vergangenheit, der ihnen jede Sicht darauf vernebelt, was sie könnten, wenn sie ihre Augen auch mal den Horizont entlang gleiten ließen. 5 Jan-Niklas Jäger

Transfer Future Selves

(Cool Green/ Rough Trade) Hier muss man wohl von einer gelungenen Transferleistung sprechen - und das nicht nur, wenn man unbedingt schwache Wortspielchen in einer Plattenkritik unterbringen will. Das Quartett aus San Diego adaptiert auf seinem Debüt vieles, was man schon gehört zu haben glaubt, von Killers-Bombast bis Britpop, und formt daraus durchaus gelungene Songs, von denen jeder wieder anders klingt. Mal nach Arcade Fire, mal nach Editors, bei „Get Some Rest“ darf sogar Gospel anklingen. So stehen auf der Habenseite ein kurzweiliges Album und ein paar wirklich gute Songs wie etwa „Enojado“. Nur was eigentlich die eigene Identität ausmacht - da bleibt die Band noch jeden Hinweis schuldig. 6 Text: Robert Goldbach

PLATTEN

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We Came As Romans Understanding What We’ve Grown To Be

(Nuclear Blast/Warner) Groovige Riffs, eine Ladung Breakdowns, dazu reichlich Keyboards und Autotune-Gesang im Wechsel mit Gebrüll - so klingt „Understanding What We’ve Grown To Be“, das zweite Album von We Came As Romans. Beim Opener „Mis//Understanding“ funktioniert die Mischung noch hervorragend und kann fesseln, spätestens nach dem dritten Song fangen die immer gleichen Songstrukturen an zu langweilen. Sicherlich, es lassen sich Hits finden, die eine gereifte Band mit vielen guten Ideen erkennen lassen, insgesamt aber wirkt alles noch zu austauschbar und abgenutzt. Um an der Spitze des jungen US-Metalcore mitspielen zu können braucht es dann schon ein wenig mehr, als nur einen Song in mehreren Variationen vorgetragen. 5 Text: Christoph Koch

Supershirt Kunsterwerk

(Audiolith/Broken Silence ) „The Revolution will not be televised“, wusste einst schon Gil Scott-Heron. Wenn sie so klingt wie das dritte Album von Supershirt, dann vielleicht doch. Zugänglicher als die drei Wahl-Berliner kann man den bestehenden Verhältnissen kaum auf die Pelle rücken. Immerhin verzichten sie auf den Holzhammer und verpacken ihre Texte in etwas subtilere Ironie. Die Tracks bieten jedoch nichts, das dieser gerecht würde. Immer gleiche Beats und Sprechgesang im Wechsel mit schmerzhaft überzuckerten Hooks verkommen zu einer Mixtur, die zwar tanzbar ist, aber alles andere als aufrüttelnd. Feiern bis ins Morgengrauen wird die Audiolith-Jugend zu den Songs von „Kunstwerk“ trotzdem. Ganz unreflektiert. 5 Text: Jan-Niklas Jäger

Team Stereo Smells Like Team Spirit

(Redfield/Alive) That Very Time I Saw, Andthewinneris, Three Minute Poetry – wer bei diesen Bandnamen nostalgisch wird, für diejenigen öffnen Team Stereo mit ihrem ersten Minialbum „Smells Like Team Spirit“ die Pforte in die Vergangenheit. Emo hatte damals weniger mit Haarspray und mehr mit College-Rock zu tun, Chöre und riffstarke Refrains gehörten zum festen BasisSongbausatz. Team Stereo, die zum Teil aus That Very Time I Saw-Personal bestehen, machen nun also genau da weiter, wo die Anderen zu Anfang des neuen Jahrtausend aufgehört haben. 15 Minuten, mit denen man sich gern erinnert. Aber nach denen man auch gern wieder nach vorn blickt. 6 Text: Britta Arent

SPLASH!-MAG VS. UNCLESALLY*S Zum wahren Politikum wurde in den letzten Woche die Frage, ob ’“Watch The Throne“ (Universal) nun ein Klassiker sei, oder nicht. Mal abgesehen davon, dass man dies ohnehin immer erst mit allerhand zeitlichem Abstand beurteilen kann, ist diese Königs-Kollabo ohne Wenn und Aber eine erstklassige Angelegenheit. Stilistisch setzt Kanye West den eingeschlagenen Weg seines letzten Albums fort und mit Jay-Z findet sich der Einzige, der das „größer, schöner, reicher“-Wetteifern mit Ye auf Augenhöhe betreibt. Über Ausfälle wie ’“Lift Off“’ oder „Who Gon Stop Me’“ hüllen wir dann mal galant den Mantel des Schweigens. Von den Königen runter zum Fußvolk. Evidence schickt mit „Cats & Dogs“ (Rhymesayers/Rough Trade) einen neuen Longplayer ins Rennen, der das erfolgserprobte Weatherman-Fahrwasser nicht wirklich verlässt, was folglich den ausgezeichneten Katalog des Dilated-Peoples-Mitglied logisch fortsetzt. Amtliches Album mit ordentlich Bums untenrum und persönlichen Einblicken in Evs Leben unter der Sonne Kaliforniens. Aus England erreichten uns in den letzten Wochen gleich zwei hörenswerte Rap-Releases. Zum einen vom unermüdlichen Indie-Hustler Jehst, der mit „A Dragon Of An Ordinary Family’’ (Import) gewohnt klassische Boom-Bap-Kost auftischt, und mit dem Track „England“ so etwas wie die inoffizielle Hymne zu den London-Riots liefert. Eben jener Jehst lässt sich dann auch auf ’’Rapping With Paul White’’ (One-handed Music) blicken und spuckt an der Seite von MCs wie Guilty Simpson oder Danny Brown über die vertrackten Psych-Beats des Süd-Londoner Produzenten White. Nach Hudson Mohawkes beachtlicher EP „Satin Panthers“ (Warp/Rough Trade), inklusive des unglaublichen „Thunder Bay“, legt dessen alter Glasgow-Kompagnon Rustie mit „Glass Swords“ (Warp/ Rough Trade) gleich ein ganzes Album nach, das zur kompromisslosen Glitch/Dubstep-Abfahrt avanciert, die besser im Club, als im Wohnzimmer funktioniert. Welch Überraschung aber auch. Wir bleiben bei sprachloser Musik und widmen uns „Easy Listening“ (My Hollow Drum), einer EP von Co.fee aus LA, die bereits im Frühjahr digital publiziert und nun endlich auf Vinyl gepresst wurde. Co.fees synthielastige Genickbrecher sind mit obskuren Versatzstücken aus italienischen, indischen und afrikanischen Plattenkisten garniert und sollten ihn rasch in eine Liga mit Samiyam, Dibiase und Teebs katapultieren. Davon ist auch Com Truise nicht weit entfernt. Sein Minialbum „Galactic Melt“ (Ghostly International/Alive) verneigt sich vor dem großen Synthesizer-Virtuosen Giorgio Moroder, womit der Vibe der Achtziger aus jeder Pore der zehn gemächlichen Songs trieft. Absolutes Überraschungsding und Empfehlung, nicht nur für Eighties-Babies. Text: Benjamin Mächler


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DEMODESASTER

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Demodesaster

Alternder Hund mit Renomee D O Doppel-G Zugegeben, Snoop Dogg ist nicht gerade das, was man ein dankbares Vorbild nennt. Selbstinszenierender Gangsterimagepfleger, Pimp, nebentätiger Pornoregisseur und Hugh Hefner-Duzfreund - die Liste der Verfehlungen ist lang. Was Snoop aka Calvin Cordozar Broadus, Jr. aber auszeichnet, ist ein Gespür für daumendicke Beats und Reime. Grund genug, ihn einzuladen. Neben jahrzehntelanger GenrePrägung seines musikalischen Daumenabdrucks findet der Grandmaster anlässlich seines 40. Geburtstages endlich die Zeit, in unsere Demos des Monats zu lauschen. Ganz Weltmann geizt er dabei auch nicht mit Zuspruch. BLOODGROUP DRY LAND

Die Isländer mögen zwar nicht so lebensrettend wie eine Blutspende sein, angenehmer sind sie aber allemal. Mit “Dry Land”, ihrem im fröstelnden Heimatland bereits 2009 erschienenen zweiten Album, wollen die vier Electro-Waver nun auch fernab der Insel punkten. Das scheint eine sichere Bank zu sein, hat man schließlich schon den heimischen IndieAward Kraumur für das “Beste Album 2009” und damit das nötige Selbstvertrauen für die musikalische Welteroberung im Rucksack. Statt arktischer Kühle wabert uns dann auch ausgeklügelter Minimal-Electro-Pop entgegen, der klingt, als würden Muse auf Zehenspitzen durch die Redaktion schleichen. Wenig Bums, wenig Bombast, dafür jedoch sphärisch-neblige Klanglandschaften auf vertrackten Beats. D-O-Double-Gizzle gibt: 8 fo’ shizzles

Heimat: myspace.com/bloodgroup

FRED ERIKSON IMMER IST WETTER

Nicht gerade das, was man einen Sanguiniker nennt, unser Fred Erikson. Lieber scheint er mit Block, Stift und Westerngitarre grübelnd am Fenster zu sitzen und Leute zu beobachten. Situationen erinnernd, skizziert er dann ein melancholisch daunenweiches Bild menschlicher Emotionsanalyse. Mit dem Ergebnis, dass “Immer ist Wetter” voller nachdenklicher Liebes- und Alltagslieder steckt, denen “Hey, du packst das schon”-Quintessenzen anhaften. Songs zum Aufraffen, die den Schweinehund zwar nicht vertreiben, ihn aber aus seinem selbstgegrabenen Loch locken, um ihm auf die Schulter klopfend zuzuraunen: “Der schönste Tag kann auch einer sein, an dem alles schief geht – so lange man sich und alles andere nicht so ernst nimmt.” D-O-Double-Gizzle gibt: 6 fo’ shizzles

Heimat: fred-erikson.de

KILL HER FIRST ANATOMY 101

Wer Frauenformationen im Hardcore nichts zutraut und rein aus trüber Männerrevier-Verteidigung heraus klischeehaft skeptisch die Braue lüpft, bekommt bei Kill Her First von Beginn an dankbar musikalisch eins auf die Fresse. Die Screamo-/Hardcore-Formation gilt in Berlin schließlich schon seit 2007 als feste Bank. Während der gefühlt fünfarmige und achtbeinige Drummer Tommy Gee wie der Duracell-Hase seine Doublebass-Felle zerknüppelt, ballert ein sägendes Gitarren- und Basswandmassiv auf uns nieder. Gehalten wird dieser Bulldozer

der breiten Kelle von Frontröhre Gerox DeVilles Vielseitigkeit. Erst schnauzt und growlt sie uns an, dass man(n) perplex zusammenfährt, um dann plötzlich mit allen KHF-Ladies mesmerisierend im Chor zu singen. Dickes Brett! D-O-Double-Gizzle gibt: 9 fo’ shizzles

Heimat: myspace.com/killherfirstmusic

KING LEORIC THUNDERFORCE

James Hetfield galt lange Zeit als eingefleischter Fan des bekanntesten Wolfenbütteler Exports mit dem Hirschemblem. Eventuell steht auch King Leoric längst auf seiner Favoritenliste. Kurz vor dem Jahrtausendwechsel eine Band zu gründen, die sich noch dem Achtzigerjahre-Metal-Sound verschreibt, das zeugt von Glauben an die Musik. So viel Lebensphilosophie wird belohnt: Album wie Front-Goldkehle erhielten beim 26. Deutschen Rock und Pop-Preis die Auszeichnung “Best in Hard’n’Heavy”. Textlich bewegt sich alles genreaffin um Schwert-Scharmützel im Nirgendwo. Da passt es auch, dass man sich nach einem Charakter der Diablo-ComputerspielSaga benannt hat. Vorbild Manowar bezeichnet das, was das Quartett seit über zehn Jahren gniedelt, “True Metal”, im Sinne von unverfälscht. Wir sagen: Bleibt euch treu! D-O-Double-Gizzle gibt: 6 fo’ shizzles

Heimat: king-leoric.de

OSCA COME TO THE OTHER SIDE

Ein Einstieg, der an Serge Gainbourgs “Ford Mustang” erinnert. Sexy, jazzig getragen, klar popkulturell verankert, aber dennoch anders. Was Osca dann auch auszeichnet, ist der interessante Mix, der die Grenzen des Pop-Genres auszuloten weiß. Verführerische Zwanzigerjahre-Chansons, Loungemusik, allgegenwärtiger Pomp und jede Menge verruchte Extravaganz mit englischen und japanischen Texten über das Leben am Rand der freudvollen Selbstzerstörung. Überschwängliche Beschreibungen wie “Kunst-Pop” oder “Avantgarde” würden Begriffsneurotiker jetzt herbeisäuseln. Pure Laszivität verströmend, haucht Sängerin Yuka dann aber den teils komplexen Arrangements derart Seele ein, dass man an so mancher Stelle über den starken Kopfmusikanspruch hinwegsehen mag. D-O-Double-Gizzle gibt: 8 fo’ shizzles

Heimat: oscamusic.de live: 1.10. Berlin, Stellas Hangar 29.10 – Berlin, Kaffee Burger

SET ALIGHT SPARKS

Ob treibende Upbeat-Tanzbarkeiten oder dezente Pop-Träumereien, Set Alight aus Aschaf-

fenburg bieten mit ihrem Debütalbum “Sparks” ein Feuerwerk an Alternativeund Indie-Rock-Vielseitigkeit. Sonstige “Klingt bekannt”-Momente manch anderer Kollegen bleiben gnädigerweise außen vor. Das Quartett hat sich frühzeitig emanzipiert von ewiger England-/USA-Schielerei und muss gerade deshalb den Vergleich mit Genregrößen nicht scheuen. Persönliche Beständigkeit, die bereits mit einer Supportshow für Silbermond belohnt wurde. Für den Oktober stehen sie derzeit sogar im Gespräch als mögliche Vorband von Juli und Jupiter Jones. Dann drücken wir mal die Daumen, dass es klappt. Verdient hätten sie’s. D-O-Double-Gizzle gibt: 7 fo’ shizzles

Heimat: set-alight.de

SUBQ10X ENTER EP

Wir hatten die würdigen Stonerrock-Thronfolger ja bereits im Juli letzten Jahres beim Demodesaster zu Gast und auch gleich gefragt, wann Nachschub zur “Part Of No Plan”-EP zu erwarten sei. Nun, allzu lange wollten uns die Berliner wohl nicht hinhalten, um bereitwillig den Hunger auf mehr zu stillen. Inzwischen haben sich die vier Jungs vom reinen Stonergeschredder langsam entfernt und holzen auf nachfolgender “Enter EP” inzwischen auch in vormals fremdem Metier. Die wüstenstaubgegerbten Gitarren murren zwar weiterhin noch derb dreckig, die Abzweigung in postrockige Klangkaskaden ist aber ein klares Plus in puncto Diversität, die besonders

bei “Trumpets and Plastic” sogar bis zur DiscoTauglichkeit reicht. D-O-Double-Gizzle gibt: 7 fo’ shizzles

Heimat: subcutanicks.de

THE BEAUTY OF DROWNING DTO.

Während wir noch grübeln, was denn am Ertrinken so schön sein kann, dass man bereitwillig Band wie Album so nennt, sind wir - aha! - auch schon mittendrin im Sog. Müssten wir die Scheibe der Kölner mit einem Wort beschreibend zusammenfassen, wäre es wohl auch passend: Tiefe. In seiner hypnotischen wie düsteren Hinsicht gräbt das Powertrio einen Brunnen, der mit seinen geschichteten Kaskaden bis hinab ans Grundwasser des Postrock dringt, um dann in psychedelischen Doom-Metal abzutauchen. Während Sänger Daniel La China den Hörer behutsam und medusenhaft ins Dunkle hinablockt, beißt dort Shouter Jan Liesefeld dem noch klanglich Benommenen überraschend brachial den Kopf ab. Faszinierende Platte. D-O-Double-Gizzle gibt: 10 fo’ shizzles

Heimat: myspace.com/thebeautyofdrowning Text: Maik Werther

Schickt Eure Demos an: unclesally*s Demodesaster Waldemarstraße 37 10999 Berlin demodesaster@sallys.net


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?!

MIT: AUF DER COUCH

ENS CHRISTOPHER OW

AUF DER COUCH

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(GIRLS)

Einen Psychiater kann sich Christopher Owens sicher nicht leisten. Aber dafür gibt es ja die Musik. Und Interviews. In beiden redet und singt sich der Girls-Frontmann die Folgeschäden seiner nomadenhaften Sekten-Jugend von der Seele. So auch auf dem neuen Album „Father, Son, Holy Ghost“. In Anlehnung an die Dreifaltigkeit im Titel befragten wir Owens auf unserer Couch zu den Top 3ern in seinem Leben. Mit welchen drei Attributen würdest du dich beschreiben? Ich glaube, ich bin unreif. Auch bin ich sehr auf mich selbst fokussiert, denke ständig über meine Gefühle nach. Drittens würde ich sagen, dass ich schlau bin – auf eine sehr idiotische Art. (lacht) Welche drei Eigenschaften schätzt du an dir am meisten? Ich bin höflich. Eigentlich lehne ich das meiste an meiner Erziehung ab, aber das ist hängen geblieben. Ich halte Manieren für eine gute Sache. Auch bin ich froh über meine Liebe zur Musik und zum Musikmachen. Und: Ich lese sehr viel. Ich bin nie zur Schule gegangen, und es macht mir Spaß, jetzt zu lernen.

Und auf welche drei Eigenschaften könntest du gut verzichten? Ich bin suchtanfällig. Ich werde abhängig von Dingen und auch von Personen. Erst ist es witzig, und kaum habe ich mich versehen, stecke ich in einer Menge Ärger. Ich mag auch nicht an mir, dass ich falsch erzogen wurde. Ich wünschte, ich wäre normaler. Außerdem bin ich zu sensibel. Welche drei Personen haben dein Leben am stärksten geprägt? Stanley Marsh 3 hat mit Abstand den größten Einfluss gehabt (Anm. d. Red.: Marsh ist ein texanischer Multimillionär, Künstler und Philantrop, der Owens einst unter seine Fittiche nahm.).

Dann: Matt Fishbeck, mit dem ich in der Band Holy Fuck gespielt habe und immer noch eng befreundet bin. Er hat mich ermutigt, Songs zu schreiben und gab mir das Gefühl, cool zu sein, als ich mich sehr uncool fühlte. Außerdem natürlich meine Mutter. Sie hat mich zu dem gemacht, was ich bin. Stell Dir vor, Dein Appartement brennt – welche drei Gegenstände rettest du? Definitiv meinen Computer, weil dort meine ganzen Demos drauf sind, und meine klassische Gitarre, auf der ich die Lieder schreibe. Außerdem würde ich meine Aktentasche schnappen, in der ich viele Erinnerungsstücke aufbewahre: Liebesbriefe, Korrespondenzen mit

Stanley und anderen Freunden. Ich habe auch Post von Prominenten aus der Zeit, als es mein Hobby war, berühmten Leuten Spaßbriefe zu schreiben, zum Beispiel Arnold Schwarzenegger oder Christo. Wenn du dir drei Dinge wünschen könntest, welche wären es? Erstens: Wenn ich sterbe, möchte ich stolz auf mich und glücklich mit meinem Leben sein. Zweitens möchte ich eine Tochter haben, selbst wenn sie adoptiert ist. Und drittens hätte ich eines Tages gerne ein Haus und ein Stück Land. Text: Nina Töllner Heimat: facebook.com/GIRLSsf


Foto: Erik Weiss



dent Night depenin BerlinbeIn r 2011 - Berl 24. Septem

t Night. e Berlin Independen ung im di an en ng rtu wa Er m n Stim n große Zugegeben, wir hatte n Jahr von den Bands, DJs und der tolle ch größere Parno zte e let ein im 11 r wi llten wir 20 Nachdem n Bands und DJs nt worden waren, wo Publikum so verwöh tionier t: In insgesamt fünf Clubs warteteleider konnte sich ty feiern. Das hat funk scheinen. Und ihr kamt. Zahlreich. Nur sammenfassung kleine Zu auf euer zahlreiches Er shalb gibt es hier eine De n. ile te nf fü ch eu n niemand vo ern. aller Konzer te in Bild

Astra: Für einen Spitzenauftakt sorgten The King Blues aus England. Der Ruf, eine großartige Live-Band zu sein, eilte ihnen bereits voraus. Und wir können nur bestätigen: Tolle Band, tolle Songs und ganz offensichtlich auch schöne Frauen. Weiter ging es mit Turbostaat: Sänger Jan bedankte sich mehrfach für die euphorische Stimmung im Publikum, denn im Moshpit gab es viel Körpereinsatz, literweise Schweiß und noch mehr Liebe. Den Rest der Emotionen mussten sich die Zuschauer für Casper aufsparen, denn der spielte um Mitternacht in seinen Geburtstag rein. Das Publikum stimmte das obligatorische Happy Birthday-Ständchen an und so konnte der Gute mal kurzzeitig das raue Stimmchen schonen.

g e Neuentdeckun mit Team Me di eh D e sic di e h rt rc tie du en ld Im Lido präs weger nicht ba enn diese Nor schluss folgten des Abends. W ch nicht. Im An au r wi en ss wi d selbst Mennn en da Ab n, cke gehe n an diesem ne de n vo t waren. , rs Fu lich beeindruck die Handsome ums geo-Affinität ziem ik tr bl ek Pu El s de ne st oh schen erb um die Gun toentscheidung mit ew tb et W n ei pe Zielfo Wäre das hätte eine knap rer Band abgeliefert. Die ih wesen, das Duo d un am Li iss ee M taltete gemeins Temperament-F tagskleid verans nzige große Parnn So im in ed kleine Schw Jungs eine ei um und ihren ten gleich mit wesenden Gäs mit dem Publik an n de i be h sic te nk da ty und be zwei Zugaben.


Im bis auf den letzten Platz gefüllten Cassiopeia zelebrierten Escapado derweil ihren vorläufigen Bühnenabschied. „Feiern“ ist in diesem Kontext vielleicht ein ungünstiges Wort, aber man kann nicht behaupten, dass sie keinen Spaß auf der Bühne hatten. Das Publikum dankte es ihnen - doch Moment, jetzt waren wir zu schnell. Eröffnet wurde der Konzertabend im Cassiopeia natürlich von den Jungs von Findus und fortgeführt mit Misteur Valtaire. Wir wollen keine unserer Gäste vergessen.

Klein wie der Comet Club war das Line-U dafür aber eben p nicht, so kota, Scams un sprichwortfortsetzend fein: Kid Dad die wunderba re eröffneten den Abend. Doch da n Talking To Turtles s war nur die Au phase. Denn im Anschluss fwärmspielten Fincko unsere isländi bot und schen Freund e von Reptile Spielten? Mit ih & Retard. re hörigen Enthus r intensiven Musik und dem da iasmus haben sie fast die Wän zugeWegschmelzen de zum gebracht. Fast - zum Glück. D benan ím Magnet enn newo llt e na tü rlich niemand gestör t werden unnötig .

Abends ugh als erster Künstler des Dor t hatte bereits Mat McH ach waDan . den Hän den in et o-S die Menge mit seinem Sol ud genug, um im Anschluss Clo ren die Gemüter aufgewärmt in die Herzen op ie-P Ind en sch deli che Control mit ihrem psy , eine m Gitarrenausfall abgesehen zu schließen, die, von eine hte, dac man als Und ne brachten. perfekte Show über die Büh en Medienkam , den wer m kau n’s kan noch schweißtreibender derart die Bühne und feuerten ein gruppe Telekommander auf s wir das ab, erk erw Elektro-Feu heftiges HipHop-, Punk- und ist. Für die en mm eko terg run t nich froh sind, dass die Decke Jahr Anfang vom Ende: Wenn das d Medieng ruppe war es der wir en geg hin N. hte sein. Die B.I. ausläuft, werden sie Geschic ngen artu Erw ere uns und e eur , um sich dann schon warmlaufen s Mal zu übertreffen. im nächsten Jahr ein weitere Fotos: Sebastian Gabsch, Mar

io Krenz


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TEST

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TEST

MEDIENGRUPPE TELEKOMANNDER Im großen „Zehn Jahre Schlagzeilen“-Test

Nostalgie schadet nie: Zehn Jahre gibt es die Mediengruppe nun schon. Bevor das Duo demnächst mit dem neuen Album „Die Elite Der Nächstenliebe“ in den Ruhestand geht, erinnern wir gemeinsam mit Sänger und Gitarristen Florian Zwietnig an die Schlagzeilen von 2001 bis 2011. Doch Gossip-Opfer, die wir sind, haben wir bei der Recherche verstärkt in den Klatsch und Tratsch-Archiven gekramt. Dass Florian keine Ahnung von diesen Billig-Themen hat, ehrt ihn natürlich, bringt ihn heute aber auch nicht weiter. Vielleicht helfen ihm ja sein Telefon- und der 50/50-Joker. Viel Glück.

Frage 1 Welcher Musiker wurde 2009 von Barack Obama als Idiot bezeichnet - und warum?

A Jay-Z, weil er bei der Charity-Gala für

Greenpeace eine Jacke mit Pelzapplikationen trug B Kanye West, weil er bei den MTV Awards die Preisverleihung von Taylor Swift kaperte C Snoop Dogg, weil er wegen Drogen besitzes wieder einmal inhaftiert wurde D Eminem, weil er sich kurz vor den Wahlen für George W. Bush ausgesprochen hatte Florian: Ich kenne mich bei Gossip und vor allem Musik-Gossip nicht aus. Taylor Swift sagt mir zum Beispiel gar nichts, aber das wäre super Promo von Kanye West gewesen. Es wäre aber natürlich auch lustig, wenn es sich dabei um Eminem gedreht hätte, weil es ein direkter Konfliktpunkt gewesen wäre. Antwort D.

Korrekte Antwort: B

Frage 2 Januar 2005, das Kostümfest eines wohlhabenden Freundes: Während sich sein Bruder William als Löwe verkleidet hat, läuft Prinz Harry als Nazi-General Rommel mit HakenkreuzArmbinde auf. Wie hieß das Motto der Party?

A Der König der Tiere B The British Empire C Kolonialbeamte und Eingeborene

D Churchill & The Krauts Florian: Das habe ich nicht mitbekommen. Der König der Tiere? (lacht) Ich nehme den 50/50-Joker.

C Kolonialbeamte und Eingeborene D Churchill & The Krauts Florian: Dann ist es natürlich Antwort C.

Korrekte Antwort: C

Frage 3 Im Januar 2010 druckte die Zeitschrift NEON ein Interview mit Beyoncé ab, das so nie stattgefunden haben soll. Ihr Management wurde nur darauf aufmerksam, weil etwas thematisiert wurde, über das die Sängerin nicht in den Medien sprechen würde. Und zwar ...

A Die harten Erziehungsmethoden

ihres ehrgeizigen Vaters

B Der aktuelle Milchpreis C Ihr Ehevertrag D Die US-Außenpolitik

Florian: Ich würde auf Außenpolitik tippen, weil sich Pop-Stars so selten mit irgendwelchen politischen Themen auskennen und das schnell zu einem Malheur führen kann. Und da bei solchen Interviews immer ganz streng vorgegeben ist, was gefragt werden darf, denke ich, dass Politik nicht thematisiert werden würde.

Korrekte Antwort: C

Frage 4 Am 13. Dezember 2009 wurde der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi in Mailand nach einer Wahlveranstaltung von einem Mann attackiert und im Gesicht verletzt. Mit einer MiniaturVersion welches italienischen Bauwerks rückte er Berlusconi zu nahe?

A Turm von Pisa B Kolosseum C Amphitheater von Verona D Mailänder Dom Florian: Ich weiß nur, dass er angegriffen wurde, aber nicht mehr, welcher Gegenstand es war. Was nimmt man denn zum Hauen? Ich würde mich wohl für den Turm von Pisa entscheiden, weil der sich zum Schlagen gut eignen würde.

Korrekte Antwort: D

Frage 5 Wer filmte David Hasselhoff, als er 2007 auf dem Boden eines Hotelzimmers in Las Vegas versuchte, volltrunken einen Burger zu essen?

A Seine Ex-Frau B Seine Tochter C Seine Assistentin D Seine Mutter Florian (ohne die Antworten abzuwarten): Das war seine Tochter, richtig?! Ich habe das Video noch nicht gesehen, wollte es mir aber immer anschauen,


weil alle sagen, dass es so hart sein soll.

Korrekte Antwort: B

Frage 6 Welches Berliner Lokal war 2005 Epizentrum des Fußball Wettskandals um Schiedsrichter Robert Hoyzer?

A Bar jeder Vernunft B Café King C Paules Metal Eck D Bocca di Bacco Florian: Super wäre natürlich Paules Metal Eck. Aber da finden ja keine Wetten statt, oder? Keine Ahnung, ich kenne das Bocca di Bacco nicht, also würde ich vermuten, dass es da war.

Korrekte Antwort: B

Frage 7 Facebook ist seit 2004 zugänglich und kann sehr unpraktisch sein. Wie wurde die 16-jährige Thessa aus Hamburg im vergangenen Juni über Nacht zum Facebook-Opfer?

A Sie lud versehentlich tausende Menschen

zu ihrer eigentlich privaten Geburtstags- feier ein B Sie schickte Nacktfotos, die für ihren Lehrer bestimmt waren, an all ihre Kontakte C Mitschüler hackten ihren Account und schikanierten heimlich andere User, so dass Thessa Morddrohungen erhielt D Sie versuchte erfolglos, Facebook zu verklagen, nachdem ihr ein amerikanischer Medien-Psychologe eine Suchterkrankung attestiert hatte Florian: Das weiß ich, es war die Party, die angekündigt wurde.

sehr peinlich, wenn er das auf seinen eigenen Duft beziehen würde. Aber das wäre irgendwie auch wieder gute Promo. Ich rate einfach: Antwort C, das mit der Frühjahrskollektion.

Korrekte Antwort: C

Frage 9 Vor wenigen Monaten lief der letzte Harry-Potter-Streifen in den Kinos an. Von 2001 bis 2011 gab es immer neue Verfilmungen der berühmten Romanreihe mit Schauspieler Daniel Radcliffe in der Hauptrolle. Jetzt ist der 22-Jährige reich, aber...

A ...gezwungen, dem Alkohol zu entsagen,

da er schon mit 18 ein Suchtproblem entwickelte B ...um einen Studienplatz an einer amerikanischen Elite-Uni ärmer, da er den Anforderungen nicht gewachsen war C …mit Peaches Geldof verheiratet D …in einem selbstgedrehten Porno im Internet zu sehen Florian: Ist der nicht mit Peaches Geldof verheiratet? Nee, oder?! Am besten finde ich das mit dem Porno, aber das wüsste man sicher auch. Der Alkohol wäre so ein Klischee. Ich sage, es ist der verlorene Studienplatz.

Korrekte Antwort: A

Frage 10 Wer oder was wurde 2006 in den Medien auch als JJ1 bekannt?

A Eine neue Billigdroge aus Hustensaft

und Benzin

B Ein Musikprojekt zur Fußball

Frage 8

Weltmeisterschaft von David Odonkor und Lukas Podolski C Ein neues Smart-Modell der Daimler AG, das aufgrund eklatanter Sicherheits mängel wieder eingestampft wurde D Bruno der "Problembär"

Die Plattform Twitter wurde 2006 gegründet und bringt seither viele Menschen dazu, sich versehentlich vor sehr vielen anderen Menschen lächerlich zu machen. Wie kommentierte der New Yorker Modedesigner Kenneth Cole Anfang Februar 2011 die Bilder der Aufstände in Ägypten?

Florian: Was ist denn Bruno der Problembär? (Bei diesem miesen Punktestand helfen wir kurz mit den Fakten aus. Die Million ist ohnehin verloren...). Ach so, der. Ich wusste gar nicht, dass die den dann letztlich erschossen haben. Dann nehme ich Antwort D.

A Wären die Menschen in Kairo nicht so

Korrekte Antwort: D

Korrekte Antwort: A

schlecht angezogen, könnte man denken, es sei Fashion Week. B Unüberschaubare Menschenmassen in Kairo. Ich hoffe, sie tragen alle unser „Reaction for Him & for Her“ [der Duft der Marke], wenn sie so schwitzen. C Millionen sind in Aufruhr in Kairo. Das Gerücht geht um, sie hörten, dass unsere neue Frühjahrskollektion online verfügbar ist. D Trotz der üblen Lage in Kairo haben die meisten Demonstranten so einen schönen Teint. Florian: Die passen alle so gut. Ich habe leider den 50/50-Joker nicht mehr. Jemanden anzurufen ist mir zu umständlich. Mal überlegen: Das mit der Fashion Week ist schön plump. Es wäre natürlich

Fazit: Liebe zukünftige Mediengruppen-Gründer, Florian ist kein Vorzeigemodell. Nur wenige Schlagzeilen sind bei ihm hängengeblieben und so war das Erreichen seiner recht mageren fünf Punkte vergleichbar mit dem Schulturnen, wenn die ganz großen, schweren Kinder von zwei Leuten in den Handstand gehievt werden müssen, um dann noch eine knappe Vier zu bekommen. Doch andererseits: Bestanden ist ja bestanden, auch wenn's mal nicht so schön aussieht. Text: Christine Stiller Heimat: mediengruppe-telekommander.de Auch gut: "Die Elite Der Nächstenliebe" - das neue Album der Mediengruppe Telekommander


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MUSIK STORIES

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Thrice

Freude, Leid und die tiefe Überzeugung dazwischen Das emotionale Programm, das Thrice in den letzten anderthalb Jahren zu bewältigen hatten, glich einem HollywoodDrama. Doch aus Verlust, Schmerz und Trauer hat die Band ein neues Album gemacht: ’Major/Minor’ - ein Hoch auf die Tiefs und die festen Überzeugungen. Euer Album trägt den Titel „Major/Minor“, kannst du erklären, was es damit auf sich hat? Musikalisch gesehen beschreibt es die Vorgehensweise, einen Dur-Akkord zu spielen, wo eigentlich ein MollAkkord sein müsste. Das haben wir in der Vergangenheit nicht oft gemacht, womöglich sogar noch nie, aber es passierte aus unerklärlichen Gründen auf diesem Album immer wieder. Das ist charakteristisch für viele der Indie-Grunge-Bands der frühen Neunziger und irgendwie ist es auch das, was „Major/Minor“ im Vergleich zu unseren vorherigen Werken so speziell macht. Ihr habt in den letzten Jahren fast alle einschneidende Schicksalsschläge durchstehen müssen, kann der Titel auch als eine Anspielung darauf verstanden werden? Definitiv. Wir haben „Major/Minor“ als eine Art Zusammenfassung des Lebens gesehen, vor allem all der intensiven Erlebnisse, die wir in den letzten Jahren durchmachen mussten. Im Grunde ist die Idee dahinter, dass das Leben aus „Major“- und „Minor“-Gefühlen und -Ereignissen besteht. Leben und Tod, Freude und Leid. Ich habe das Gefühl, jede Weltanschauung muss irgendwie beide Seiten beinhalten. Zu den niederschmetterndsten Erlebnissen zählt natürlich so etwas, wie zu sehen, wie Krebs in den letzten Jahren unsere Familien kaputtgemacht hat. Wohingegen Dinge wie neue, wunderbare Beziehungen und Nachwuchs eben auch auf der positiven Seite der Ereignisse im Leben stehen.

Verstehst du es als einen natürlichen Prozess, von einer Art Punkband zu einer mehr Kunst-orientierten, Konzept-basierten Band zu werden? Niemand agiert in einem Vakuum, aber man hat ja eine gewisse Kontrolle darüber, wie stark man sich beeinflussen lässt oder eben nicht. Thrice arbeiten in diesem Punkt aber tatsächlich sehr abgeschottet, insofern, als wir auf eine Art und Weise versuchen, zeitgenössische Musik um uns herum oder auch unsere vergangenen Werke auszublenden. Wir haben uns immer bemüht, nicht darauf zu reagieren, wie andere uns gerne gehabt hätten oder was sie von uns erwarteten. Mittlerweile machen wir uns keine Gedanken mehr darüber, was andere von unseren neuen Stücken halten könnten, bis sie fertig sind. Werdet ihr wieder einen Teil des Erlöses vom neuen Album für einen wohltätigen Zweck spenden? Nein. Es ist leider mittlerweile aufgrund unseres Labelwechsels fast unmöglich, das zu realisieren. Dafür setzen wir uns jetzt auf anderen Wegen für wohltätige Vereine ein. Beispielsweise werden wir auf der kommenden Tour für „Invisible Children“ (Dokumentarfilme über kriegsgeschädigte Kinder) Spenden von Bands und Fans für ein neu startendes Projekt sammeln. Du bist sehr gläubig. Hast du das Bedürfnis, mithilfe deiner Musik von deiner Religion erzählen zu wollen?

Oder ist die Referenz auf Texte der Bibel für dich eine Art, um deine persönlichen Gedanken auszudrücken? Obwohl mein Glaube auch immer automatisch einen Einfluss auf meine Texte hat, habe ich dennoch nicht das Bedürfnis, den Leuten zwanghaft irgendwas darüber erzählen zu müssen. Woran ich glaube, ist nicht nur ein Teil von mir, sondern mehr eine Art Ursprung. Ich versuche ehrlich über die Dinge zu schreiben, die mich formen und mir wichtig sind und das kommt dabei eben durch. Manchmal sehr subtil aber manchmal eben auch sehr direkt. Meinst du denn, dass eure Fans einen Bezug zu deinem Glauben haben? Ich denke nicht, dass viele unserer Fans meinen Glauben teilen. Aber ich bin mir sicher, dass sie zumindest meine Ehrlichkeit beim Schreiben verstehen. Wenn ich selbst penibel versuchen würde, meine Texte frei von meinen Überzeugungen zu halten, würde ich wohl kaum noch etwas Interessantes zu erzählen haben. Das ginge nicht. Und ich bin der Meinung, Menschen sind nicht nur das, was ihr Glaube oder ihre Überzeugungen aus ihnen macht. Wenn wir Menschen so kategorisieren würden, würden wir wohl anfangen, jeden anderen zu dämonisieren, der nicht unserer Meinung ist. Interview: Aiko Kempen Foto: Jonathan Weiner Text: Sarah Gulinski Heimat: thrice.net


Boots Electric Durch die Hintertür

Jesse Hughes trägt Schnäuzer und viele Spitznamen. Den meisten ist der Sänger und Gitarrist sicherlich als Eagles Of Death Metal-Partner von Josh Homme und unter „The Devil“ bekannt. Mit seinem ersten Soloprojekt ´Honkey Kong´ tritt Jesse als „Boots Electric“ nun der Tanzfläche in den Arsch. Wer hier primär Garage Rock mit Porno-Glamour erwartet, wird zumindest in Bezug auf Ersteres enttäuscht. War Queens Of The Stone Age-Vorsteher Josh Homme sonst immer dafür zuständig, den Rock-Trimmer auszupacken, lässt Jesse seiner kindlichen Musik-Sozialisation nun freien Lauf: Von Classic Rock über Motown, Country, Soul-Funk, Doo Wop bis Gospel reicht die Platten-Palette, Gastauftritte von Distillers-Dame Brody Dalle und Juliette Lewis inbegriffen. Dritte Frau an der Seite des Südstaatencharmeurs alter Schule und ewigen Womanizers ist dann auch seine aktuelle Flamme, Erwachsenenfilm-Starlett Tuesday Cross. „Dieses Album ist ein offener Liebesbrief an alle Frauen: Meine Mutter, alle heißen Schnitten, die mich je angeturnt haben und meine Freundin, die Liebe meines Lebens. Ich brauchte also auch eine Frau in der Band. Deshalb ist Tuesday Cross, diese wunderbare 21-jährige LatinoRock’n’Rollerin am Keyboard.“ Jesses persönliche Neuauslegung des Gospelbuchs hat wie zu erwarten mit der üblichen Brause und Keks-Verkostung im Kirchentag-Stil nichts gemein. Dafür lebt der gläubig-bekennende Sünder lieber nach einem ganz einfachen Credo: „Gott hat Män-

ner und Frauen geschaffen, Knarren machen sie gleich und wenn jemand wie ein Indianer riecht und aussieht, dann ist es verdammt noch mal nicht John Wayne.“ Klare Worte. Die hat Jesse auch für all diejenigen, die sich von Beastie Boys-Kollaborateur Money Mark effektvoll und elektronisch trocken in Szene gesetzter, moderner Produktion des Albums überrascht fühlen könnten. „Was die elektronischen Einflüsse angeht, hab ich mich an Sachen orientiert, die für mich Sinn machen. Gary Numan zum Beispiel, oder die Cars. Ich mag viele Synthesizer nicht, weil sie so unecht nach Plastik klingen. Aber bei den Cars sind die Keyboards total cool und futuristisch. Hör dir Kraftwerk an - sie haben organische Strukturen benutzt, um synthetische Töne zu erzeugen. Außerdem gibt es echte Gitarren und ein echtes Schlagzeug“, erklärt Jesse, „Im Grunde genommen wollte ich auf diesem Album George Clinton sein und habe ihn via Gary Numan in den Hintern gefickt, indem ich Linda Ronstadt als Schwanz benutzt habe.“ Hallelujah, Herr Hughes. Text: Frank Thiessies Heimat: www.boots-electric.com


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MUSIK STORIES

unclesally*s magazine

Können drei Mittdreißiger so ohne Weiteres den inneren Teenie wieder entdecken? Für Gitarrist und Sänger Tom DeLonge besteht gar keine Notwendigkeit: „Wir sind höchstens noch zu 50 Prozent eine Pop-Punk-Band. Natürlich spricht Punkrock dich an, wenn du jünger bist. Er hilft dir, dich individuell zu fühlen und dich von einer Gesellschaft abzugrenzen, mit der du nicht einverstanden bist. So blöd das auch klingt – wir sind jetzt erwachsen und müssen uns nicht mehr abgrenzen. Wir haben uns unseren Platz in der Gesellschaft schon erobert. Ich erlebe uns gerade eher als Künstler mit einem Punkrock-Vermächtnis.“

blink-182

The times they are a-changing Mit blink-182 liefert der letzte Dinosaurier der Pop-Punk-Ära ein amtliches ReunionAlbum für Leute ab, die sich mal so richtig alt fühlen wollen. ’Neighborhoods’ ist zum Spagat zwischen Nostalgie und Ist-Zustand geworden. Ist der Revival-Zyklus jetzt eigentlich durch? Oder sind Reunions der nächste große Mikrotrend? Es gab eine Zeit, in der Bands keine FacebookProfile hatten und ihre Songs nicht ins Internet geleakt sind. Eine Zeit, in der nur Gefriertruhen Namen wie Chill-Wave trugen und nur dein seltsamer Kumpel mit dem Silberblick als Freak-Folk bekannt war. Aber es geht noch schlimmer: Denn davor gab es eine Zeit, in der MySpace nicht erfunden war und man besonders nerdige Musiknerds am Doppeltapedeck erkannte. Wenn man im Tee bunte Kügelchen fand, trank man ihn nicht – man goss ihn weg. Und wenn der Joghurt gefroren war, hatte man den Kühlschrank falsch eingestellt. Es begab sich just zu jener Zeit, dass blink-182 ihr letztes, selbstbetiteltes Album veröffentlichten, bevor sie sich knapp eineinhalb Jahre später –

vielleicht hatten sie da schon eine Myspace-Seite – endgültig von der Bildfläche verabschiedeten. Bis dahin hatte das Trio aus San Diego mehrere Millionen Tonträger umgesetzt, die neben tollen Melodien und haufenweise Energie einen nicht geringen Prozentsatz pubertären Fäkalhumors enthielten. Die drei waren das im Mainstream akzeptierte Sprachrohr des aufmüpfigen Teenagers. Das verkompliziert es in der Gegenwart – zwei Jahre nach den ersten gemeinsamen Konzerten 2009 – ungemein, blink-182 als gestandene Rock-Veteranen abzufeiern – bei einer amtlichen Reunion stehen doch eigentlich Typen mit schwindendem Haaransatz in Piratenhemden auf der Bühne und gniedeln Blues-Rock-Soli.

Wenn man es recht bedenkt, sind blink-182 seit ihrer Gründung 1992 tatsächlich zu so etwas wie einem Klassiker gereift. Immerhin liest sich die Bandgeschichte ähnlich bewegt wie die von großen ReunionBands aus den goldenen Zeiten des Rock. Streit, Egoismen, Eskapaden – nur der Drogentod ist blink-182 bisher erspart geblieben. Dafür markiert in ihrer Bandgeschichte der Flugzeugabsturz von Ausnahmeschlagzeuger Travis Barker einen Wendepunkt, wie DeLonge bestätigt: „Das war ein einschneidender Moment, der alles wieder ins Rollen gebracht hat. Es war, als ob du Familienmitglieder triffst, die du lange nicht gesehen hast. Einerseits hat sich nichts geändert und andererseits sind so viele Dinge passiert, die uns alle verändert haben. Travis hat den Absturz überlebt, aber vier andere Personen sind dabei gestorben. Mark und ich haben Familienmitglieder verloren, bei mir wurde Hautkrebs diagnostiziert. Es ist eigentlich nicht verwunderlich, dass ’Neighborhoods’ düsterer geworden ist, als unsere alten Platten.“ Übrigens, zwischen ’Neighborhoods’ und seinem Vorgänger ’blink-182’ liegen nur acht Jahre. Text: Timo Richard Foto: Estevan Oriol Heimat: blink182.com

Die Spin-offs der „Mark, Tom & Travis Show“ Als es sich im Februar 2005 ausgeblinkt hatte, gingen die Bandmitglieder anderen Projekten nach. Im Mai riefen Mark und Travis +44 ins Leben. Das Besondere an der Band war der Einsatz von elektronischen Sounds. Tom gab im September des gleichen Jahres die Gründung seiner Band Angels & Airwaves bekannt. Mit Mitgliedern von Bands wie The Offspring oder The Distillers an Bord entschied er sich für zunehmend progressive Elemente in seiner Musik. Angels & Airwaves veröffentlichen im November ihr viertes Album „Love: Part Two“. +44 liegen derzeit auf Eis. Travis brachte diesen März außerdem sein erstes Soloalbum „Give The Drummer Some“ auf den Markt.


ROCK'N'ROLL REISEFÜHRER

MIT Killed By 9V Batteries nach GRAZ

Wer nach Österreich reist, hat zumeist die gleichen Ziele: Wien, vielleicht Salzburg. Aber wer von euch war denn schon mal in Graz? Na? Das dachten wir uns. Zeit, das zu ändern. Wolfgang Möstl, Sänger der lokalen Noise-Pop-Größen Killed By 9V Batteries hilft euch dabei. Was sollte man nach Graz mitbringen? Erst mal ein freundliches Lächeln, damit stehen einem alle Türen offen! Dann noch 1 Euro für das beste Eis der Welt - und Atemschutz! Da Graz von Bergen umzingelt ist, ist es die Stadt mit der höchsten Feinstaubbelastung Österreichs. Außerdem ein Taschenmesser und eine Schnur, das besagt ein altes steirisches Sprichwort: „A echta bua braucht an feidl und a schnua.“ Also übersetzt: Ein echter Bub braucht ein Messer und eine Schnur. Kulinarisch gesprochen: Für welche Spezialitäten lohnt es sich, nach Graz zu kommen? Hirn mit Ei im Gasthaus „Alte Münze“ (Sackstraße 22) - lecker! Und Döner! Auf Tour teste ich in jeder Stadt sämtliche Kebab-Buden auf Herz und Nieren, doch in Graz haben die den Dreh wirklich raus! Was für spezielle Souvenirs gibt es? Ich habe noch nie jemandem etwas aus Graz mitgebracht, aber ich schätze mal, das wäre eine Flasche des Kürbiskernöls, auch genannt „Schwarzes Gold“, aus der Steiermark. Oder vielleicht einen Arnold-Schwarzenegger-Gedenkteller! Was für Empfehlungen hast du für ein Kontrastprogramm zum typischen Graz-Tourismus? Ich nehm’ euch mit auf eine wilde Sauftour durch sämtliche Beisl der Stadt! Wo kauft ihr Platten? Bei Dux Records (Annenstraße 6), einem netten kleinen Laden, der eine ausgezeichnete Auswahl an abgedrehtem Zeug beheimatet. Wo finden die besten Konzerte statt? Entweder im Sub (Kaiser-Franz-Josef-Kai 66), einem kleinen Vereinslokal, in dem man die seltsamsten Bands sehen kann. Von Noise-Grind bis Balkan-Pop ist für jeden etwas dabei! Ich hab da einmal eine Zeit lang den Sound gemacht und da ist mir Unglaubliches unter die Ohren gekommen! Oder

aber im Forum Stadtpark (Stadtpark1). Das wurde von den Grazer Literaten in den späten Fünfzigern ins Leben gerufen. Jetzt finden dort größere und kleinere Underground-Konzerte statt. Sehr nett! 2003 war Graz Kulturhauptstadt Europas. Wo findet man am meisten Hochkultur auf einem Fleck? Natürlich in der Innenstadt, Joanneum, Oper und so weiter. Da ist alles auf einem Fleck, aber es gibt auch eine junge Künstlerszene und die ist im angesagtesten Bezirk von Graz beheimatet: Lend. Hier gibt es die meisten neuen Kunstgallerien und Ateliers. Langweilig! Kommt, wir machen lieber die Nummer mit der Sauftour! Wo kann man einfach mal die Seele baumeln lassen? Im Herbersteinpark am Schlossberg. Der ist nicht besonders groß, aber man ist irgendwie immer alleine - Geheimtipp! Oder in der Burgruine Gösting (Ruinenweg 50). Hier kann man in einem sehr rustikalen Wirtshaus bei Kerzenlicht Weißweinschorle genießen und den Geschichten der alten Wandersleut’ lauschen. Etwas weiter entfernt, aber mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar! Welche Orte sollte man meiden? Da gibt es nur einen: die Einkaufsstraße „Herrengasse“ an einem Samstagnachmittag. Zu viele Shopping-Verrückte! Aus welchen Gründen sollte man einen GrazBesuch einer Reise nach Wien oder Salzburg vorziehen? Vergiss Mozart oder Freud - Graz ist die Heimatstadt von Arnold Schwarzenegger, und man kann seinen Spirit an jeder Ecke fühlen! Außerdem fährt man nur dreieinhalb Stunden zum Meer! Text: Jan-Niklas Jäger Heimat: killedby9vbatteries.com Auch gut: The Crux - das neue Album von Killed By 9V Batteries


SPEED DATING

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SPEED DATING

Future Islands

Love A

Suchen: Niedliche Phlegmatiker mit chronischem Ruhepuls, die gerne auch mit sich alleine spielen. Der erste Eindruck: Lasst euch nicht vom Namen täuschen. Dieser Kandidat ist kein abgefahrener Sci-Fi-Poser. Eher ein ganz solider Typ mit kleinem Bauchansatz und ausgelatschten Lederschuhen, der gerne in der Hobbygarage (nur) an seinen Synthies herumspielt – auch wenn ihr mit im Raum seid. Tja. Darin bin ich eigen: Was ist das Wichtigste beim Speed-Daten? Eine gepflegte Konversation. Mit Future Islands ist es jetzt nicht so, als hätten sich eure Zahnspangen gerade ineinander verhakt. Kein Totalstillstand. Aber ab und an gestaltet sich das Ganze etwas zähfließend. Zu verchillt für euren Geschmack? Hochzeit oder kurze Affäre: Dann müsst ihr das nächste Mal um die Synth-PopBrigade einen Bogen machen. Wer gern im Streit Geschirr zerdeppert, wird in dieser Beziehung leider immer unbefriedigt bleiben.

Suchen: Smarte Indie-Punks, die mit offenen Augen durch die Welt gehen und in zweieinhalb Minuten (im Durchschnitt) direkt zur Sache kommen. Der erste Eindruck: Kann Kandidat Love A dem vielversprechenden Bandnamen gerecht werden? Er würde es nicht zugeben, hat ja gar keine Zeit, ständig diese Kritik an der dämlichen Gesellschaft und so. Aber heimlich geht da richtig was. Das werden die Schwiegereltern sagen: Beim Kennenlernen wird diese permanente Spannung zwischen falscher Freundlichkeit und glühendem unterschwelligen Hass herrschen. Mit den dreckigen Schuhen auf den neuen Teppich – das verzeiht Mutti nie! Hochzeit oder kurze Affäre: Punkrock, Indie, Wave und ein kluger Kopf dazu: Dieser Kandidat ist ein toller Typ, der freche Junge, der in der Grundschule neben einem saß, als man Jungs noch doof fand und den man später, in weniger asexuellem Kontext, (heimlich) angehimmelt hat. Jetzt zugreifen!

Heimat: future-islands.com, aktuelles Album: "On The Water"

Heimat: love-academy.de, aktuelles Album: "Eigentlich"

Julia Marcell

Laura Marling

Sucht: Künstlertyp mit Theateraccessoires in der Jeans-Tasche. Der erste Eindruck: Wer schon beim Ausblick auf das Date mit Kandidatin Marling sabbert, der rücke bitte gleich einen Stuhl weiter. Statt scheuem Schnuckelchen trefft ihr hier eine Frau, die weiß, was sie will. Und das ist ganz abgefahrenes Zeug. Das werden die Schwiegereltern sagen: Sie freuen sich, dass Julia super aussieht, Violine und Klavier spielen kann. Leider merken sie auch, dass die die Gute eine kleine Macke hat. Im Gegensatz zum braven Pop-Püppchen ist sie eher extravagant und spritzt schon mal mit Kunstblut um sich. Ja, leider auch beim Essen. Hochzeit oder kurze Affäre: Wäre die Welt eine bessere, würden sich viele

Sucht: Einen Anlass, um nicht glücklich sein zu müssen. Der erste Eindruck: OMG! Der Jackpot. Endlich Jungs, endlich dürft ihr beschützen, bestimmen, auch noch alle mittelschweren Sachen tragen, zärtlich Tränen von der Wange streichen, Zöpfe flechten – gut, so weit geht es dann vielleicht nicht. Aber hier habt ihr euer schüchternes Traummädchen und das auch noch in blond! Darin bin ich eigen: Die 21-Jährige hat scheinbar so viel Lebens- und Herzschmerzerfahrung, dass sie euch allen was davon abgeben und trotzdem noch den ganzen Tag smarte, bittersüße Folk-Songs komponieren könnte.

Männer nach solchen Damen verzehren. So muss Julia allerdings fürchten, dass sich für die Rolle des Romeo nur diese ekligen, ewig labernden Feuilleton-Freaks mit schlechtem Klamottengeschmack bewerben. Helft ihr! Heimat: juliamarcell.com Aktuelles Album: "June"

Pickers

DZ Deathrays

versuchen: Den ganz weit unten eingeklemmten Teddy für euch aus dem Spielautomaten zu fischen. Betrunken. Der erste Eindruck: Wir wissen, wie das läuft: Die aus dem Saarland zugezogenen Neuberliner schwärmen, wie toll die Clubs und Spätshops in der Hauptstadt sind, berichten von den ganzen Liebeleien, die man unverbindlich zelebrieren kann und – ab da stellt ihr auf Autopilot und sagt euch... Darin bin ich eigen: ...alter Hut, kalter Kaffee, Abturner Nummer 1 und werft zu Hause frustriert euer altes LieblingsMixtape ein. Als The Strokes, Mando Diao, die Arctic Monkeys, die Beatles und diese Schnulzen vom „La Boum“-

Notorischer Schulschwänzer sucht Kumpels für Albernheiten inklusive Biertrinken und ist hier somit irgendwie falsch. Der erste Eindruck: Schade eigentlich, denn wäre das australische Duo ein echter Date-Kandidat, könnte es Zuneigung auf den ersten Blick bedeuten: Süß, wild, frech, witzig, Punk meets TrashPop – wunderbar. Aber leider nur an dem platonischen Mist interessiert. Darin bin ich eigen: Mark Ronson möchte angeblich gern mal mit ihnen knutschen. Crystal Castles, The Temper Trap oder Cerebral Ballzy haben schon, also im Rahmen einer Vorspieleinlage auf Tour versteht sich.

Soundtrack vor sich hin dudeln, kramt ihr doch noch mal nach eurem Handy... Hochzeit oder kurze Affäre: …diese vier wollen ja gar keine Berliner, sondern Briten sein. Das wollten und waren schon viele, die ihr ganz niedlich fandet. Heimat: myspace.com/pickersmusic Aktuelle EP: „Pickers“

Hochzeit oder kurze Affäre: Da Laura sehr, sehr gerne traurig ist, könnt ihr sie nur auf eine Art wirklich "glücklich" machen: Erst SpeedDaten, dann direkt wieder SpeedDumpen! Heimat: lauramarling.com Aktuelles Album: "A Creature I Don´t Know"

Hochzeit oder kurze Affäre: Wie erwähnt, könnt ihr froh sein, wenn sich die Bengel in acht Sekunden noch an euren Namen erinnern. Empathie, Interesse oder sogar Gegenfragen? Fehlanzeige. Aber er ist doch so süß...

Heimat: myspace.com/dzdeathrays Aktuelle EP: "Ruined My Life"


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MUSIK STORIES

Was macht eigentlich... Deutschrap?

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DNP

Die Newcomer nach den Newcomern

Lange schafften es nicht mehr so viele hiesige Rapper in die Charts wie in den letzten zwei Jahren - Samy Deluxe und Casper gingen sogar direkt auf die Eins. Im Hinter- und Untergrund aber formieren sich so viele Künstler, dass man gar nicht weiß, wer jetzt der nächste heiße Scheiß werden könnte. Wir geben euch zwei Einblicke in den Mikrokosmos deutscher Nachwuchstalente und zeigen Acts, die verschiedener nicht sein könnten, aber durchaus mehr als einen Blick wert sind. Wir stellen vor: Trailerpark Die Krawallmacher:

Ahzumjot Hype in den Kinderschuhen:

2009 schlossen sich die jungen Rapgruppen DNP und Pimpulsiv in Ostfriesland zusammen und formten das mittlerweile gar nicht mehr so unbekannte Spaßrap-Label Trailerpark. Spaßrap mit Kraftausdrücken, makabren Gewaltfantasien und übertriebenen Drogengeschichten wohlgemerkt. Mancher mag bei so viel bitterbösem Augenzwinkern an die Berliner von K.I.Z. denken, der Vergleich hängt dem Kollektiv aber zum Hals raus: „Unsere Themen und die Art zu rappen sind vollkommen unterschiedlich. Wäre Rap ein Kühlschrank, wären wir Salami und K.I.Z. wären Schinken!“ Zum Label gehören neben DNP und Pimpulsiv (jeweils zweiköpfig und auf dem Foto zu sehen) auch der Rapper Sudden und der Neuzugang Alligatoah, der thematisch (erfrischenderweise) etwas aus dem Raster fällt und eher mit Storytelling glänzt.

Al Julian Asare aka Ahzumjot hat durchaus das Zeug zum Next Big Thing. Dabei hatte der 22-jährige Hamburger bis vor Kurzem außer einem billig produzierten Mixtape nichts Wirkliches vorzuweisen. Wieso er dennoch schon lange vor Veröffentlichung seines grade erschienenen Albums „Monty“ einen Mini-Hype zugesprochen bekam, weiß keiner so richtig. Image ist sicherlich ein Grund - Ahzumjot präsentiert sich als sympathisches, wenn auch unsicheres Großstadtkind; als Abbild einer perspektivlosen Generation mit Skinnyjeans und H&M-Shirt, als Abiturient, dem trotzdem nichts geschenkt wurde, der sich mit

Das Besondere an allen Acts sind der schwarze Humor und die ausgefeilte Technik. Doubletime, Wortspielereien, Reimketten? Check! Kämen sie jetzt noch etwas von den anstrengenden und bisweilen furchtbaren Beats und dem White-TrashBrechstangenhumor weg, wäre ein ähnlicher Erfolg möglich wie bei K.I...hr wisst schon. Ansätze gibt es bereits: die Crew hat einen beachtlichen Live-Ruf und das DNP-Album „Bis Einer Weint“ hatte nicht nur prominente Featuregäste wie die Atzen, Marteria oder Casper, sondern schaffte es auf Platz 85 der Charts. Da ist viel Luft nach oben. Und wenn's nichts wird? „Entweder wir landen bei einem Major oder irgendwo in der Fußgängerzone deines Vertrauens, wir sind auf beides vorbereitet!“

Ahzumjot

nichts profilieren muss: „Ja, ich kenne das Scheißleben, und nein, ich finde es nicht spannend.“ Diese Darstellung hat eher weniger mit Kalkül als mit Romantik und Attitüde zu tun. Und gerade das findet Zuspruch bei gleichaltrigen und höchstwahrscheinlich noch mehr bei Teenagern. Ist er „der nächste Casper“ oder „der deutsche Kid Cudi“? Nein. Aber mit seiner authentischen, selbstproduzierten Musik trifft Ahzumjot einen Nerv, der ihm unter Umständen viele Türen öffnen könnte. Das geht nicht immer ohne Pathos und klingt nicht immer so sauber, wie es vielleicht müsste. Gerade die minimalistischen Beats und die teils unmotiviert klingenden Raps dürften nicht jedem sofort gefallen. Aber der Herr mit dem komischen Künstlernamen weiß, was er will: „Jetzt zählt nur, dass ich meinen Namen endlich auf die Landkarte der großen und doch kleinen HipHop-Welt setzen kann.“ Und wenn „Monty“ hält, was das „Hype-chen“ versprach, dann dürfte der junge Rapper das durchaus schaffen Abseits von Majorlabeln und mit überschaubarer Fanbase reifen in Deutschland viele Musiker wie diese heran, alle mit eigenen Potenzialen und Schwächen. Viele haben das Zeug zu genreübergreifender Bekanntheit - man darf gespannt sein, wer seine Chancen letztendlich auch nutzt. Es herrscht derzeit eine beispiellose Dynamik und sogar Aufbruchstimmung in der Szene und das kann deutschem Rap mit Sicherheit nicht schaden.

Autor: Axel Genz Text: Heimat: www.myspace.com/dasneueprekariat www.ahzumjot.de


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PRÄSENTIERT

unclesally*s magazine

Präsentiert TOUR DES MONATS. CASPER Sein Album „XOXO“ hat dafür gesorgt, dass Indie-Kids wieder Zugang zu HipHop finden und gezeigt, dass Post-Rock statt Beats hervorragend funktioniert. Heißt: Alle lieben Casper und wollen neue Lieblingslieder wie „Alaska“, „Michael X“ und „Kontrolle/Schlaf“ live sehen. Und was macht Casper? Der packt in den Tourbus was ER liebt. Nämlich Vierkanttretlager aus Husum, die den Support der Oktober-Shows übernehmen. Ein Großteil der Konzerte ist bereits ausverkauft, im Dezember und Anfang nächsten Jahres gibt es deswegen Zusatzkonzerte. Ein paar Tickets könnt ihr außerdem über verlosung@sallys.net gewinnen.

Auf Tour 1.10. Heidelberg - Halle 02 *** 2.10. Aachen - Musikbunker *** 4.10. Gießen - MUK *** 5.10. Stuttgart - Longhorn *** 8.10. Augsburg - Kantine *** 10.10. Freiburg - Jazzhaus *** 11.10. Frankfurt - Batschkapp *** 12.10. Bielefeld - Kamp *** 13.10. Bielefeld - Kamp *** 14.10. Hamburg - Große Freiheit *** 15.10. Potsdam - Lindenpark *** 18.10. Dortmund – FZW *** 19.10. Erfurt - Centrum *** 20.10. Leipzig - Conne Island *** 21.10. Dresden - Reithalle *** 23.10. Nürnberg - Löwensaal *** 25.10. Lübeck - Rider’s Café *** 26.10. Hannover - Musikzentrum *** 27.10. Kassel - Musiktheater *** 28.10. Bremen - Pier 2 *** 29.10. Köln - Live Music Hall *** 30.10. Duisburg - High5Club *** 31.10. Münster - Skaters Palace *** 1.12. Düsseldorf - Stahlwerk *** 2.12. Kaiserslautern - Kammgarn *** 3.12. Lingen - Alter Schlachthof *** 14.12. Würzburg - Posthalle *** 17.12. Lindau - Club Vaudeville *** wird fortgesetzt

Mit einer E-Mail an verlosung@sallys.net habt ihr die Möglichkeit, für sämtliche von uns präsentierten Shows den ein oder anderen Gästelistenplatz zu ergattern. Bitte schreibt den Namen eurer Wunschkonzert-Combo in den „Betreff“ und gebt eure Adresse an! 5 BUGS

02.11. Göttingen – Musa 03.11. Köln – Luxor 04.11. Hannover – Musikzentrum 05.11. Bochum – Matrix 07.11. Nürnberg – Hirsch 08.11. München – Backstage 09.11. Stuttgart – Cann 10.11. Frankfurt – Nachtleben 11.11. Hamburg – Knust 12.11. Berlin – Festsaal Kreuzberg

18.11. Eisenach – Schlachthof 19.11. Siegen – Vortex 26.11. Saarbrücken – Kl. Garage 02.12. Aachen – Musikbunker 09.12. Halle – Objekt 5 10.12. Gütersloh – Weberei 13.01. Osnabrück – Kleine Freiheit

ASKING ALEXANDRIA

28.01. Köln – Essigfabrik 29.01. Hamburg – Markthalle 03.02. Berlin – C-Club 04.02. Chemnitz – AJZ Talschock 05.02. Nürnberg – Hirsch 08.02. München – Backstage Halle 12.02. Stuttgart – Die Röhre 13.02. Frankfurt – Batschkapp

BAND OF SKULLS

14.10. Hamburg – Molotow 15.10. Berlin – Levee 17.10. Köln – Gebäude 9

ADOLAR

06.10. Hamburg – Molotow 13.10. Köln – Underground 14.10. Kassel – Club A.R.M. 15.10. Münster – Amp 16.10. Berlin – Privatclub 19.10. Kiel – Schaubude 21.10. Bremen- Tower 22.10. Hannover – Béi Chéz Heinz 23.10. Oerlinghausen – JZO 24.10. Jena – Cafe Wagner 25.10. Oberhausen – Druckluft 26.10. Leipzig – Conne Island 27.10. Frankfurt – 11er Club 28.10. Freiburg – KTS 29.10. Tübingen – Sudhaus 05.11. Kleve – Radhaus 07.11. Erlangen – E-Werk

BEATSTEAKS

05.11. Offenbach – Stadthalle 07.11. Osnabrück – Osnabrückhalle 08.11. Lübeck – Musik- und Kongresshalle 11.11. Trier – Messeparkhalle 12.11. Siegen – Siegerlandhalle 14.11. Oldenburg – Kongresshalle 15.11. Rostock – Stadthalle 17.11. Zwickau – Stadthalle 19.11. Freiburg – Zäpfle i.d. Rothaus Arena 22.11. Heilbronn – Harmonie 23.11. Würzburg – S. Oliver Arena 27.11. Fürth – Stadthalle 29.11. Magdeburg – Stadthalle 30.11. Cottbus – Messehalle 2 02.12. Köln – Palladium 03.12. Göttingen – Lokhalle 05.12. Braunschweig – Stadthalle 07.12. Essen – Grugahalle

09.12. Berlin – Max-Schmeling-Halle 10.12. Berlin – Max-Schmeling-Halle 02.02. Erlangen – E-Werk

BLACK LIPS

10.12. Stuttgart - Universum 11.12. Köln – Gebäude 9 13.12. Berlin – Lido

BRITISH SEA POWER 09.10. Köln – Luxor 10.10. Berlin – Lido 11.10. München – 59to1

BOSSE

15.11. Köln – Stollwerck 16.11. Fulda – Kreuz 17.11. Frankfurt – Batschkapp 18.11. Karlsruhe – Substage 19.11. Trier – Exhaus 23.11. Münster – Jovel 24.11. Leipzig – Werk II 25.11. Neubrandenburg – Güterbahnhof 26.11. Cottbus – Gladhouse 27.11. Potsdam – Waschhaus Arena 29.11. Rostock – Stadthalle 30.11. Hannover – Capitol 01.12. Würzburg – Posthalle 02.12. München – Backstage 03.12. Tübingen – Sudhaus 05.12. Freiburg – Jazzhaus 06.12. Saarbrücken – Garage 07.12. Dortmund – FZW 09.12. Wilhelmshaven - Pumpwerk 10.12. Hamburg – Große Freiheit 11.12. Hamburg – Große Freiheit

CANT

09.11. Berlin – Magnet 10.11. Hamburg – Indra 16.11. Köln – Gebäude 9

DAS VOLLPLAYBACKTHEATER – DIE DREI ??? UND DIE SCHWARZE KATZE

24.11. Wuppertal – Festsaal der Rudolf-Steiner-Schule 02.12. Köln – E-Werk 03.12. Köln – E-Werk 04.12. Lüneburg – Vamos! Kulturhalle 05.12. Hamburg – Grosse Freiheit 36 06.12. Hamburg – Grosse Freiheit 36 07.12. Kiel – Kieler Schloss 08.12. Oldenburg – Weser-Ems-Halle 09.12. Bremen – Pier 2 10.12. Fulda – Kreuz 11.12. Frankfurt – Batschkapp 12.12. Frankfurt – Batschkapp 14.12. Wuppertal – Festsaal der Rudolf-Steiner-Schule 15.12. Wuppertal – Festsaal der Rudolf-Steiner-Schule 16.12. Wuppertal – Festsaal der Rudolf-Steiner-Schule 11.01. Düsseldorf – Stahlwerk 12.01. Paderborn – PaderHalle 13.01. Hamburg – Grosse Freiheit 36 14.01. Lübeck – Kolosseum 15.01. Berlin – Columbiahalle 16.01. Göttingen – Stadthalle 17.01. Hamm – Maximilianpark, Festsaal 18.01. Hannover – Theater am Aegi 25.01. Mainz – Frankfurter Hof 26.01. Würzburg – Posthalle 27.01. Augsburg – Reese-Theater 28.01. Augsburg – Reese-Theater 29.01. München – Muffathalle 30.01. Stuttgart – Theaterhaus T1 31.01. Bonn – Brückenform

DER TANTE RENATE

06.10. Göttingen – Stilbruch 07.10. Leipzig – Ilses Erika 08.10. Berlin – About Blank 09.10. Magdeburg – Cafe Central 10.10. Landau – Fatal 11.10. Trier – Casino am Kornmarkt


12.10. Offenbach – Hafen 2 13.10. München – Feierwerk 15.10. Nürnberg – Desi 16.10. Sulzbach – Hängematte 11.11. Flensburg – Kühlhaus 23.11. Mainz – Schon Schön 26.11. Stuttgart – Kaputtraven 27.11. Freiburg – Slowclub 28.11. Heilbronn – PlemPlem 29.11. Aachen -Musikbunker 30.11. Osnabrück – Glanz & Gloria 01.12. Marburg – Cafe Trauma 02.12. Kassel – Schlachthof 03.12. Witten – Werkstatt 21.01. Bingen – JUZ

DROPKICK MURPHYS

27.01. Hannover – AWD-Hall 29.01. Berlin – C-Halle 30.01. Leipzig – Haus Auensee 06.02. Düsseldorf – Mitsubishi Electric Halle

DUM DUM GIRLS

03.11. Berlin – Festsaal Kreuzberg 04.11. Köln – MTC Club

DYSE

06.10. Duisburg – Steinbruch 07.10. Köln – Sonic Ballroom 08.10. Münster – Gleis 22 14.10. Dresden – Scheune 15.10. Erfurt – Museumkeller 21.10. Würzburg – Immerhin 22.10. Karlsruhe – Hackerei 05.11. München – Backstage 19.11. Nürnberg – MUZ Club 20.11. Stuttgart – Zwölfzehn 02.12. Berlin – Festsaal Kreuzberg 03.12. Berlin – Theaterkapelle 09.12. Rostock – Zuckerfabrik 10.12. Flensburg – Volxsbad 11.12. Lüneburg – Jeckyll & Hyde 12.12. Hamburg – Hafenklang 16.12. Braunschweig – Herr Tegtmeyer 17.12. Jena – Kassablanca

DZ DEATHRAYS

10.10. Hamburg – Molotow 11.10. Berlin – Comet

01.12. München – Backstage Halle 02.12. Berlin – Postbahnhof 04.12. Hamburg – Fabrik Hamburg 05.12. Rostock – Mau Club 20.12. Heidelberg – Karlstorbahnhof

FRISKA VILJOR

EMIL BULLS

13.10. Köln – LMH 14.10. Osnabrück – Rosenhof 15.10. Berlin – Lido 17.10. Rostock – Mau Club 18.10. Kiel – Die Pumpe 20.10. Hannover – Musikzentrum 21.10. Erfurt – HsD 22.10. Dresden – Beatpol 24.10. Magdeburg – P7 25.10. Leipzig – Werk 2 - Halle D 28.10. Cham – LA 31.10. Karlsruhe – Substage 02.11. Aschaffenburg – Colos-Saal 03.11. Ulm – Roxy 04.11. Bochum – Matrix 05.11. Hamburg – Knust 10.11. Nürnberg – Hirsch 11.11. Kaiserslautern – Kammgarn 12.11. Schüttdorf – Komplex 03.12. München – Backstage Werk

28.10. Potsdam – Lindenpark 30.10. Bremen – Schlachthof 31.10. Osnabrück – Lagerhalle 06.11. Regensburg – Alte Mälzerei 08.11. Stuttgart – Röhre 12.11. Augsburg – Kantine 14.11. Würzburg – Posthalle 15.11. Marburg – KFZ 16.11. Düsseldorf – Zakk 25.11. Neuruppin – Alte Brauerei 26.11. Rostock – MS Stubnitz

HERRENMAGAZIN

21.10. Potsdam – Waschhaus 16.11. Osnabrück – Kleine Freiheit 17.11. Ilmenau – BD Club 18.11. Eisenach – Schlachthof 19.11. Annaberg – Buchholz – Alte Brauerei

IS TROPICAL

06.11. Hamburg – Molotow 07.11. Köln – Gebäude 9 17.11. Berlin – Magnet

FLOGGING MOLLY

16.11. München – Tonhalle 18.11. Saarbrücken – Garage 19.11. Oberhausen – Turbinenhalle 22.11. Berlin – Astra 23.11. Hamburg – Docks Hamburg 24.11. Köln – E-Werk 25.11. Stuttgart – LKA Longhorn

FRANK TURNER & THE SLEEPING SOULS

16.11. Hannover – Béi Chéz Heinz 17.11. Münster – Sputnikhalle 29.11. Köln – Live Music Hall 30.11. Stuttgart – Wagenhallen

ITCHY POOPZKID

29.11. Saarbrücken – Garage 30.11. Aschaffenburg – Colos-Saal 02.12. Pforzheim – Kupferdächle 03.12. Freiburg – Waldsee 06.12. Potsdam – Lindenpark 07.12. Bremen – Lagerhaus 08.12. Dortmund – FZW 09.12. Flensburg – Volksbad 10.12. Erfurt – Centrum 23.12. Ulm - Roxy

JENNIFER ROSTOCK

Feist: Was ist denn so toll an der: Würden wir es uns einfach machen, würden wir sagen: ALLES! Und da wir es uns gerne einfach machen, lassen wir das jetzt so stehen. Geht da außer mir noch wer hin: Aber hallo. Zu einem exklusiven Deutschlandkonzert kommen mehr Menschen, als euch lieb sind. Das heißt: Früh hingehen, drängeln und minutenlang auf Zehenspitzen verharren inklusive. So wird’s enden: Von all den positiven Emotionen leicht beschwipst schaukelt ihr nach Hause und ärgert euch vor dem Einschlafen doch ein bisschen, dass ihr nicht selbst eine Gesangskarriere angestrebt habt, als euch eure Eltern damals vergeblich zum Musikunterricht überreden wollten.

FEIST 22.10. Berlin – Tempodrom

29.10. München – Backstage Werk 30.10. Nürnberg - Hirsch 31.10. Frankfurt – Batschkapp 01.11. Stuttgart – LKA 03.11. Bremen – Modernes 04.11. Dresden – Alter Schlachthof 05.11. Erfurt – Stadtgarten 06.11. Hannover – Capitol 09.11. Osnabrück – Rosenhof 10.11. Bochum – Matrix 11.11. Hamburg – Große Freiheit 12.11. Leipzig – Haus Auensee 14.11. Saarbrücken – Garage 15.11. Mannheim – Capitol 16.11. Köln – Essigfabrik 18.11. Kiel – Max 19.11. Magdeburg – Factory 20.11. Berlin – Astra 21.11. Berlin – Astra

KRAFTCLUB

04.11. Lübeck – Riders Cafe 05.11. Rostock – Mau Club 08.11. Würzburg – Cairo 09.11. Hannover – Musikzentrum 10.11. Münster – Skaters Palace 11.11. Gießen – Muk 12.11. Weißwasser – AJZ 16.11. Wiesbaden – Räucherkammer 17.11. Trier – Exhaus 18.11. Köln – Underground 19.11. Leipzig – Werk 2 – Halle D 23.11. Augsburg – Kantine 24.11. Weinheim – Cafe Central 25.11. Reutlingen – Franz K 26.11. Lindau – Club Vaudeville 30.11. München – 59to1


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PRÄSENTIERT

unclesally*s magazine

01.12. Bayreuth – Glashaus 12.12. Stuttgart – Röhre 13.12. Koblenz – Circus Maximus 14.12. Frankfurt – Nachtleben 15.12. Kassel – K 19 16.12. Bischofswerda – Eastclub 17.12. Berlin – Postbahnhof 20.12. Kiel – Pumpe 21.12. Hamburg – Uebel und Gefährlich 22.12. Erfurt – Centrum 23.12. Dresden – Scheune 27.12. Chemnitz – AJZ Talschock

LA BRASSBANDA

Clueso & Band Was ist denn so toll an dem? Clueso kombiniert Tiefgründiges und Alltägliches, HipHop und Pop und Herz und Hirn. Geht da außer mir noch wer hin? Klar, die Mädels wollen ihn heiraten, deren Mütter den jungen Mann zum Schwiegersohn und die Jungs, die können nicht mal neidisch sein, weil Clueso einfach ein viel zu netter Typ ist. So wird’s enden: Es hat fast einen ganzen Tag gedauert, aber endlich ist die morgendliche schlechte Laune verflogen.

01.11. Erfurt – Stadtgarten 02.11. Leipzig – Haus Auensee 03.11. Dresden – Schlachthof 04.11. Berlin – Astra 07.11. Dortmund – Freizeitzentrum West 08.11. Köln – E-Werk 09.11. Frankfurt – Jahrhunderthalle 10.11. Freiburg – Zäpfle i.d. Rothaus Arena 02.12. Regensburg – Donau-Arena 04.12. München – Olympiahalle

MARIACHI EL BRONX

01.12. Köln – Werkstatt 05.12. München – Backstage Club 07.12. Karlsruhe – Stadtmitte 08.12. Hamburg – Logo 15.12. Berlin – Magnet

AUF TOUR 13.10. Freiburg – Rothaus Arena *** 14.10. Würzburg – S. Oliver Arena *** 15.10. Kempten – Big Box *** 17.10. Saarbrücken – E-Werk *** 18.10. Koblenz – Sporthalle Oberwerth *** 19.10. Hannover – AWD Halle *** 21.10. Mannheim – Rosengarten *** 23.10. Magdeburg – GETEC Arena *** 24.10. Kassel – Kongress Palais *** 25.10. Bielefeld – Stadthalle

MOTHER MOTHER

15.10. Berlin – Magnet 16.10. Köln – Underground 17.10. Hamburg – Molotow

PRINZ PI

02.12. Lübeck – Riders Cafe 03.12. Leer – Zollhaus 04.12. Bochum – Matrix 05.01. Fulda – Kreuz 12.01. Bielefeld – Forum 13.01. Münster – Skaters Palace 14.01. Düsseldorf – Zakk 19.01. Duisburg – High5Club 20.01. Aachen – Musikbunker 21.01. Köln – Underground 27.01. Dresden – Scheune 28.01. München – Backstage 09.02. Bremen – Tower 10.02. Hamburg – Uebel und Gefährlich 11.02. Flensburg – Volksbad 17.02. Hannover – Musikzentrum 18.02. Chemnitz – AJZ 24.02. Osnabrück – Rosenhof 25.02. Weinheim – Cafe Central 26.02. Nürnberg – Hirsch

RADIO DEAD ONES

01.10. Duisburg – Djäzz 02.10. Weinheim – Cafe Central 07.10. Erfurt – AJZ Banane 08.10. Black Rose – Bielefeld 14.10. Bonn – Bla 15.10. Saarbrücken – Garage Club 21.10. Dülmen – Alte Spinnerei 04.11. Rostock – Mau Club 05.11. Moormerland – Phönix 11.11. Flensburg – Volksbad 17.11. Hamburg – Marx 18.11. Köln – Underground 2 19.11. Chemnitz – AJZ Talschock 23.11. Cottbus – Bebel 24.11. Leipzig – Black Label 25.11. Magdeburg – Projekt 7 26.11. Dessau – Beat Club 16.12. Greifswald – Klex 17.12. Kiel – Alte Räucherei

SIR SIMON

19.10. Erlangen – E-Werk 20.10. Dresden – Thalia Kino 21.10. Kassel – Schlachthof 22.10. Köln – Motoki Wohnzimmer

SPACEMAN SPIFF

19.10. Würzburg – Jugendkulturhaus Cairo 21.10. Saarburg – Schwarzer Kopf 22.10. Ludwigshafen – Das Haus 24.10. Dresden – Groove Station 25.10. Kassel – Kulturhaus Dock 4 26.10. Köln – Subway 27.10. Hamburg – Thalia Theater 29.10. Berlin – BKA Theater

SUPERSHIRT

02.10. München – Feierwerk 06.10. Lüneburg – Salon Hansen 07.10. Lübeck – Treibsand 09.10. Brandenburg – HdO 12.10. Dresden – Scheune 13.10. Hannover – Cafe Glockensee 14.10. Gießen – MUK 15.10. Koblenz – Circus – Maximus 19.10. Paderborn – Cube 20.10. Neubrandenburg – Mixtape Club 21.10. Mühlhausen – Kulturfabrik 22.10. Kassel – Karoshi 27.10. Köln – Gebäude 9 29.10. Wiesbaden – Kulturpark am Schlachthof 31.10. Erlangen – E-Werk 04.11. Lingen – Alter Schlachthof 05.11. Bielefeld – JZ Kamp 11.11. Reutlingen – Frank K 12.11. Augsburg – Schwarzes Schaf 14.11. Regensburg – Heimat 15.11. Leipzig – Werk 2 18.11. Traunreut – JZ 19.11. Adelsheim – Live Factory 01.12. Chemnitz – AJZ Talschock 02.12. Erfurt – Centrum 03.12. Halle – Reilstraße 10.12. Bremen – Tower

THE AIRBORNE TOXIC EVENT 26.10. Köln – Luxor 27.10. Berlin – Frannz 30.10. Hamburg – Uebel und Gefährlich 01.11. München – Muffathalle

THE BLACKOUT

09.11. Hamburg – Logo 10.11. Berlin – Crystal Club 15.11. München – 59to1 17.11. Stuttgart – Universum 18.11. Köln – Luxor

THE BLOOD ARM

22.10. Frankfurt – Yellowstage 23.10. Berlin – Magnet 24.10. Hamburg – Uebel & Gefährlich 25.10. Köln – Underground

THE COMPUTERS

10.10. Hannover – Béi Chéz Heinz

THE DEATH SET

16.11. Bremen – Tower 21.11. München – Atomic Cafe 26.11. Hannover – Cei Chez Heinz 01.12. Berlin – Comet 06.12. Hamburg – Hafenklang 08.12. Weinheim – Cafe Zentral

THE DØ

24.11. München – Hansa 39 27.11. Köln – Gebäude 9 28.11. Frankfurt – Brotfabrik 29.11. Hamburg – Uebel & Gefährlich 01.12. Berlin – Postbahnhof


unclesally*s magazine

THE SUBWAYS

09.10. Offenbach – Capitol 12.10. Dortmund – FZW 13.10. Köln – E-Werk 18.10. Hamburg – Docks 24.10. Berlin – Astra 29.10. Dresden – Alter Schlachthof 04.11. München – Backstage Werk 07.11. Stuttgart – Longhorn

THE VACCINES

11.12. Hamburg – Knust 12.12. Köln – Luxor 18.12. Berlin – Postbahnhof

THE WOMBATS

23.11. Berlin – Astra 25.11. Hamburg – Große Freiheit 36 26.11. München – Backstage Werk 30.11. Köln – Palladium

THE VIRGINMARYS

19.10. Köln – Underground 20.10. Berlin – Postbahnhof 21.10. Hamburg – Molotow

TURBO AC’S

27.10. Pforzheim – Haus der Jugend 28.10. Saarbrücken – Garage 04.11. Stuttgart – Zwölfzehn 05.11. Essen – Cafe Nova 07.11. Jena – Rosenkeller 10.11. Altenburg – Finnegans 11.11. Waldkirchen – AZ Dorftrottel 12.11. Töging – Silo 1 17.11. Bamberg – Sounds’n’Arts 18.11. Berlin – SO 36 19.11. Dresden – Groovestation 23.11. Kiel – Schaubude 24.11. Hamburg – Hafenklang 26.11. Münster – Skaters Palace 27.11. Frankfurt – Au

VOLBEAT

31.10. Frankfurt – Jahrhunderthalle

IM TOURBUS MIT

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Im Tourbus mit:

04.11. Dresden – Messehalle 05.11. München – Zenith 07.11. Stuttgart – Schleyer-Halle 12.11. Oberhausen – König-Pilsener-Arena 16.11. Hamburg – Sporthalle

Kakkmaddafakka

WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER

02.10. Stuttgart – Zapata 03.10. Karlsruhe – Substage 09.10. Koblenz – Circus Maximus 16.10. Münster – Sputnikhalle 23.10. Bochum – Matrix 24.11. Osnabrück – Kleine Freiheit 25.11. Flensburg – Volxbad 26.11. Hamburg – Uebel und Gefährlich

WU LYF

07.10. Berlin – Festsaal Kreuzberg 08.10. Hamburg – Molotow 09.10. Köln – Gebäude 9 11.10. Frankfurt – Sinkkasten Arts Club 12.10. München – Kranhalle

YELLOWCARD & SAVES THE DAY 07.12. München – Backstage Halle 09.12. Schweinfurt – Stattbahnhof 10.12. Hamburg – Knust 11.12. Köln – Elektroküche

YOUNG GALAXY

22.10. Hamburg – Indra 23.10. Berlin – Comet 25.10. Köln – Elektroküche

ZEBRAHEAD

16.11. Stuttgart – LKA Longhorn 17.11. München – Backstage Halle 18.11. Dresden – Beatpol 19.11. Hamburg – Markthalle 20.11. Berlin – Velodrom (Extreme Playgrounds) 22.11. Hannover – Faust 23.11. Köln – Live Music Hall 24.11. Wiesbaden – Schlachthof 25.11. Kaiserslautern - Kammgarn

Die Vorhölle des Tourlebens? Das ist ganz klar der Schnarcherraum. Was einen da erwartet und was Heidelberger Toningenieure unterm Zahnfleisch tragen, erzählt euch Kakkmaddafakka-Sänger und Gitarrist Axel Vindenes, der während ihr das lest wahrscheinlich oben ohne und selig grunzend von R. Kelly träumt. Ihr Jungs kennt euch zwar schon lange, doch welche schlechten Angewohnheiten der anderen sind nach wie vor eine wahre Nervenprobe? Wir haben einige epische Schnarcher in der Band. Das ist das größte Problem, das beim Touren auftritt. Für gewöhnlich buchen wir zwei Zimmer in einem billigen Hotel und teilen die Band in zwei Gruppen nach Schnarchern und Nicht-Schnarchern auf. Kompliziert wird es, da manche gar nicht wissen, dass sie schnarchen. Das Schlimmste ist, wenn du morgens aufwachst und feststellst, dass dich jemand heimlich nachts beim Schlafen gefilmt hat... Mir ist das nur ein einziges Mal passiert: Ich war betrunken, es wurde aufgezeichnet und ich habe einen Monat gebraucht, bis ich wieder aus dem Schnarcherraum raus durfte. Es war die Hölle! Welche Bestellung gebt ihr immer bei den Konzertveranstaltern auf? Was darf im Backstage nicht fehlen? Wir sind da total pflegeleicht und haben keine großen Extrawünsche. Einer der Vorteile am Touren ist ja, neue Orte und für die Region typische Delikatessen kennen zu lernen. Es wäre doch langweilig, jeden Tag das Gleiche vorgesetzt zu bekommen. Natürlich haben wir aber unsere obligatorischen 72 Flaschen Bier und sechs Weinflaschen auf unserer Wunschliste. Es wäre hart ohne. Welcher Gegenstand geht auf Tour am häufigsten verloren? Wir verlieren ständig Klamotten. Das ist echt ärgerlich, wenn du da besonders dran gehangen hast. Oft sehen wir das entsprechende Kleidungsstück dann aber zu Hause bei jemand anderem aus der Band wieder. Einmal ist uns draußen vor dem Rotown in Rotterdam unser Bühnenbanner abhanden gekommen. Das Witzige daran ist: ein Jahr zuvor ist The Whitest Boy Alive dort angeblich genau das Gleiche passiert.

Turbostaat Was ist denn so toll an denen? Hier gibt es gut durchdachte, intelligente Texte, vorgetragen von sympathischen, jungen Männern. Und auf’s Maul. Geht da außer mir noch wer hin? Vom Punkrocker bis zum Indie-Checker wirst du hier alle antreffen, die austeilen und einstecken können. So wird’s enden: Aufgrund (Muskel-)Katers wie beim Teufel Alkohol mit dem Schwur: „Nie wieder!“ Aber irgendwann will man dann doch wieder aus sich rausgehen. Und auf’s Maul.

AUF TOUR: 4.10. Düsseldorf – Stone *** 5.10. Aachen – Musikbunker *** 6.10. Frankfurt – Das Bett *** 7.10. Neukirchen – KUZ Sägewerk *** 8.10. Kaiserslautern – Kammgarn *** 28.10. Magdeburg – Sackfabrik *** 29.10. Dresden – Groovestation *** 2.11. Stuttgart – Röhre *** 3.11. Karlsruhe – Substage *** 4.11. Lindau – Club Vaudeville *** 6.11. Darmstadt – Oettinger Villa *** 15.12. Osnabrück – Glanz & Gloria *** 16.12. Essen – Zeche Carl *** 17.12. Husum – Speicher

Was war eure bislang seltsamste Tourbekanntschaft? Wir haben mal einen Toningenieur in Heidelberg kennen gelernt: Er hinkte, hatte silberne Haifischzähne und versuchte die ganze Zeit, uns mit Wodka zu bespritzen. Er war merkwürdig, aber auf eine nette Art. Seid ihr jemals mit dem Gesetz in Konflikt geraten? Wir haben unseren Van am Kölner Flughafen mal rückwärts in ein Airport-Security-Fahrzeug gesteuert, aber das hatte keine größeren Konsequenzen für uns. Text: Christine Stiller

Heimat: myspace.com/kakkmaddafakka

AUF TOUR 3.10. Berlin – Festsaal Kreuzberg *** 4.10. Dresden – Scheune *** 5.10. Osnabrück – Kleine Freiheit *** 6.10. Bremen – Lagerhaus *** 7.10. Cottbus – Bebel *** 8.10. Hamburg – Uebel & Gefährlich *** 9.10. Köln – Stadtgarten *** 10.10. Wiesbaden – Räucherkammer im Schlachthof *** 11.10. Konstanz – Kulturladen *** 14.10. Karlsruhe – Substage *** 16.10. Freiburg – Waldsee *** 17.10. Stuttgart – Röhre *** 18.10. Münster – Gleis 22 *** 19.10. Marburg – KFZ *** 20.10. Jena – Kassablanca *** 22.10. München – 59to1


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IN THE MIX

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Phil Zwijsen (fotografiert von Stev Bonhage)

Alkaline Trio

Coke Sound Up Festival Der Feiertag vor dem Feiertag

Der 3. Oktober ist ein Feiertag und eignet sich bestens für einen Ausflug mit der Familie. Das heißt, der 2. Oktober steht euch für eine große Party zur Verfügung. Wie wär’s zum Beispiel mit zahlreichen Live-Bands beim Coke Sound Up Festival am Brandenburger Tor?

Telekom Extreme Playgrounds - Street Session Skaten, BMX und Surferboys

Wie jetzt? Incubus sind Headliner der diesjährigen Street Session?! Die Amerikaner haben sich im vergangenen Juli mit ihrem neuen Album „If Not Now, When?“ zurückgemeldet. Nun spielen sie am 20. November als Ehrengast im Velodrom. Das passt natürlich bestens. Brettsportarten mögen sie sicher gerne, können ja surfen, vielleicht auch skaten, na ja, zumindest ein bisschen Radfahren sollte drin sein, ach, sollen sie lieber nur singen. Für die sportliche Vorstellung sind andere zuständig. Die weltbesten Skateboarder und BMX-Profis finden sich nun schon zum fünften Mal im Velodrom Berlin ein. Und so geht es auch 2011 bei Deutschlands einzigem World Cup Skateboarding Event auf dem Street Parcours wieder nicht nur um die Ehre, sondern auch um ein tolles Preisgeld. So treten hier beispielsweise Titelverteidiger Phil Zwijsen und Kelvin Hoefler Rodriguez als Anführer der Weltrangliste gegeneinander an. Im BMX Street turnen unter anderem US-Star Brett Banasiewicz und Alex Coleborn aus dem Vereinigten Königreich mit ihrem Rad um die Wette und natürlich den Siegerpokal. Nach dem Contest gibt es dann Incubus. Doch die kommen nicht alleine: Mit Zebrahead und Alkaline Trio haben sie eine amtliche Verstärkung im Gepäck, die das musikalische Programm mindestens so erstklassig macht, wie das sportliche. Alle Infos und Neuigkeiten findet ihr unter telekom-playgrounds.de, wo ihr auch eure Tickets bestellen könnt.

Telekom Extreme Playgrounds The Street Session * 20.11. Berlin – Velodrom * Beginn: 12.00 Uhr * Disziplinen: Skateboard Street, BMX Street * Live: Incubus + Alkaline Trio + Zebrahead Tickets (je zzgl. Gebühren): 25 Euro * 5-Freunde Ticket: 100 Euro

Spot On Denmark@

Darkness Falls

Reeperbahn Festival

Zum dritten Mal gastierte der kleine Ableger des dänischen Spot Festivals auf dem Reeperbahn Festival und sorgte für Leuchten im Dunkeln. Nachdem das Spot On Denmark vor zwei Jahren im Hamburger Knust seine Premiere auf dem Reeperbahn Festival feierte, war es diesmal das Indra, das dank dem Music Export Denmark und dem Danish Rock Council zur dänischen Enklave wurde. Die beiden Damen von Darkness Falls eröffneten den Abend mit elektronischem Zauber-Pop, Treefight For Sunlight packten im Anschluss noch ein paar Mitglieder, Rasseln und ein Kate Bush-Cover obendrauf. The Malpractice hingegen mussten krankheitsbedingt leider auf zwei Bandmitglieder verzichten, ihrer Show und ihrem knarzigen IndiePop hat das aber nicht geschadet. Glücklich, wer da schon im ausverkauften Indra war, denn das Highlight folgte: Lucy Love verzauberte am Ende mit ihrer Mischung aus Elektro-Pop, Dubstep und HipHop – sowie bunt-leuchtenden Outfits und Schwarzlicht.

Dort könnt ihr mit Mando Diao, Sunrise Avenue, Culcha Candela, Jennifer Rostock, One Night Only und Jenix den diesjährigen Tag der Deutschen Einheit einfach schon mal vorfeiern. Der Eintritt für die Konzertveranstaltung ist frei. Doch ein frühes Erscheinen lohnt sich. Auch wenn die Konzerte erst um 15 Uhr beginnen, öffnen sich die Tore auf dem Gelände bereits um 10 Uhr – und ihr wisst, Mando Diao-Fans werden keine Minute verschlafen, wenn es um ihre Lieblings-Retro-Schweden geht. Also stellt euch am besten gleich mehrere Wecker. Sicher, auch wer hinten steht, darf sich freuen: Bands wie Jennifer Rostock sind ja nicht gerade für Kammermusik bekannt. Wer allerdings nicht persönlich dabei sein kann, der schalte einfach um 21 Uhr den Fernseher ein, die Show wird auf VIVA übertragen. Und wer das ganze Coke Sound Up-Jahr mit über 40 Konzerten in ganz Deutschland, darunter kostenlose Live-Shows mit Künstlern wie N.E.R.D, Mando Diao, Good Charlotte, My Chemical Romance und Culcha Candela Revue passieren lassen möchte, ist unter coke.de herzlich dazu eingeladen.

Coke Sound Up Festival 2.10. Berlin – Brandenburger Tor Live: Mando Diao, Sunrise Avenue, Culcha Candela, Jennifer Rostock, One Night Only, Jenix Eintritt frei

Live gibt es so viele dänische Bands auf einem Fleck erst im nächsten Jahr wieder zu sehen und zwar in Aarhus, wo vom 4. bis 5. Mai 2012 das nächste Spot Festival stattfindet. Heimat: spotondenmark.dk



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KINO

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Kirsten Dunst Melancholisch stark

Mit drei Jahren stand sie erstmals für Werbespots vor der Kamera, mit zwölf gelang ihr mit „Interview mit einem Vampir“ der Durchbruch und mit Mitte 20 war Kirsten Dunst – nach Filmen wie „Spider-Man“, „Mona Lisas Lächeln“ oder „Marie Antoinette“ – reif für eine Pause. Doch noch vor ihrem 30. Geburtstag im kommenden Jahr feiert sie nun ihr Comeback und gewann als depressive Justine in Lars von Triers „Melancholia“ bereits den Preis als Beste Darstellerin beim Filmfestival in Cannes. Und das, obwohl die Rolle ursprünglich mal für Penélope Cruz geschrieben worden war. Kirsten, hattest du schon länger den Wunsch, mit von Trier zu arbeiten? Der Gedanke, dass es diese Möglichkeit geben könnte, war mir ehrlich gesagt noch nie gekommen. Natürlich kannte ich Filme wie „Breaking the Waves“ oder „Dancer in the Dark“, aber er arbeitet so fernab des Hollywood-Betriebs, wo ich ja sonst tätig bin, dass ich überhaupt nicht daran gedacht hätte, mal mit ihm zu drehen. Umso begeisterter war ich, als aus heiterem Himmel sein Anruf kam und er mir die Rolle anbot. Ich habe Luftsprünge gemacht wie ein kleines Kind, denn so begeistert war ich eigentlich nicht mehr, seit ich als junges Mädchen die Rolle in „Interview mit einem Vampir“ bekam. Hielt diese Begeisterung denn während der Dreharbeiten an? Er soll ja am Set nicht gerade zimperlich mit seinen Schauspielerinnen sein... Für mich hatte diese Arbeitserfahrung etwas unglaublich Befreiendes – und ob du es glaubst oder nicht: ich hatte enorm viel Spaß. Wenn man bedenkt, was für ein starker Tobak „Melancholia“ eigentlich ist, ist es wirklich erstaunlich, wie viel wir gelacht haben. Dazu muss man allerdings auch sagen, dass Lars damals wirklich eine Hochphase hatte und es ihm sehr viel besser ging als bei vielen früheren Filmen. Hatten Sie im Vorfeld Bedenken wegen der Arbeit mit ihm? Bryce Dallas Howard, die in seinem Film „Manderlay“ die Hauptrolle spielte, ist eine gute Freundin von mir, deswegen habe ich sie natürlich ein bisschen über Lars ausgequetscht. Denn selbstverständlich war ich ein bisschen nervös, schließlich eilt ihm ja wirklich ein gewisser Ruf voraus. Aber sie hatte nur Gutes zu berichten. Ich war dann trotzdem überrascht, wie verletzlich und sensibel Lars ist.

Kein Wunder, dass er nicht nur immer mit weiblichen Hauptdarstellern arbeitet, sondern auch hinter der Kamera vor allem von Frauen umgeben ist. Er weckte geradezu einen Beschützerinstinkt in mir. Haben Sie sich mit ihm über seine eigene Depression – oder eben Melancholie – unterhalten? Ja, er geht damit sehr offen um und hat mir nicht zuletzt mit Hinblick auf meine Rolle viel darüber erzählt. Er hat kein Problem damit, über Persönliches und vermeintlich Unangenehmes zu sprechen. Nicht zuletzt weil er weiß, dass er damit auch sei-

nem Gegenüber hilft, sich selbst verletzlicher zu machen. Das Thema Depression ist ja insgesamt noch immer eher ein Tabu, auch wenn ich behaupten würde, dass die meisten Menschen zumindest eine Variation davon schon selbst erlebt haben. Deswegen ist „Melancholia“ ein so besonderer Film: nicht nur behandelt er das Thema auf erstaunliche Weise, sondern zeigt eben auch, welch große Kunst gerade aus einer Depression – also in diesem Fall der von Lars – entstehen kann. Interview: Jonathan Fink

Melancholia Die von depressiven Schüben gepeinigte Justine (Kirsten Dunst) feiert ihre Hochzeit auf dem Landsitz ihrer Schwester Claire (Charlotte Gainsbourg). Das von familiären Streitigkeiten überschattete Fest gerät völlig aus den Fugen, als die Hochzeitsgesellschaft erfährt, dass der riesige Planet „Melancholia“ sich auf Kollisionskurs mit der Erde befindet. Klingt abstrus? Willkommen in der Welt des Lars von Trier! Wie vom dänischen Fürsten der Finsternis gewohnt, ist auch „Melancholia“ wieder ein langer, quälender, schwer verdaulicher Brocken von einem Film geworden, in dem sich alle Figuren ausdauernd um Kopf und Kragen reden, dabei aber meist wenig zu sagen haben. Kameramann Alberto Claro zaubert dazu betörende Bilder des sich bedrohlich nähernden Riesen-Gestirns auf die Leinwand, die mit düsteren Wagner-Klängen unterlegt sind. Über all dem thront das ungeheuer intensive Spiel von Kirsten Dunst, die als apokalyptische Braut die Leinwand-Leistung ihres Lebens hinlegt. Text: Calle Claus

Kinostart: 6. Oktober 2011


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KINO

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Die Haut, in der ich wohne Frankenstein 2.0

Eine makellos schöne, nur mit einem hautfarbenen Catsuit bekleidete Frau lebt einsam in einem großen, von Licht durchfluteten Raum auf einem mondänen spanischen Landsitz. Die Zeit, die ihr scheinbar endlos zur Verfügung steht, füllt sie täglich mit der gleichen Routine: Wenn sie sich nicht gerade endlosen Yoga-Übungen widmet, betätigt sie sich künstlerisch. Die hohen Wände sind bis zur Decke mit kryptischen Zeichnungen versehen, und auf einem Tisch sind kleine Skulpturen aufgereiht. Nach und nach beginnt dem Betrachter zu dämmern, dass dies kein Atelier, sondern ein Kerker ist. Das Liniengewirr auf den Wänden ist die künstlerisch hochwertige Variante des tristen „Tage-Abhakens“, das man aus düsteren Knastzellen kennt. Auftritt Kerkermeister: Kühl-distanzierten Blickes entsteigt Dr. Robert Ledgard (herrlich eiskalt: Antonio Banderas) seiner Luxuskarosse, die er im Hof seines von hohen Mauern umgebenen Anwesens geparkt hat. In allen Zimmern des Hauses sind Monitore angebracht, mit denen die Gefangene (zum Niederknien: Elena Anaya) überwacht wird. Eine Wand im Schlafgemach des Doktors wird sogar gänzlich von einem überdimensionierten Bildschirm ausgefüllt, auf dem der hochtechnisierte Spanner sein Opfer so nah heranzoomen kann, dass ihr makelloses Antlitz den ganzen Raum einzunehmen scheint. Die Frage beginnt sich aufzudrängen, wer hier eigentlich wen beobachtet, und ob die seltsame Frau, der Ledgard mit Haut und Haar verfallen zu sein scheint, ihm nicht sprichwörtlich über den Kopf zu wachsen droht... Stück für Stück kommt dann Licht in die Vorge-

schichte: Ledgard ist eine Koryphäe auf dem Gebiet der plastischen Chirurgie. Seine Frau Gal, die er vergötterte, erlitt bei einem tragischen Verkehrsunfall schwerste Verbrennungen und fristete in einem völlig abgedunkelten Raum ihre Tage. Eines Tages sah sie ihr entstelltes Gesicht im Spiegel und nahm sich daraufhin das Leben. Der traumatisierte Gatte beschloss, sich gänzlich einer Erfindung zu widmen, die Gal hätte retten können: Eine im Labor gezüchtete, samtweiche, gegen alle äußeren Einflüsse resistente Haut. Nach langem Forschen ist das perfekte Gewebe bereit, ersten Tests unterzogen zu werden. Jetzt braucht Ledgard nur noch einen lebenden Menschen, dem er die alte Haut abziehen und aus dessen „Material“ er seine geliebte Gal wiedererschaffen kann... Pedro Almodóvar betritt thematisch neues Terrain, bleibt dabei aber seinem unverwechselbaren

Stil treu und schüttelt einen Psychothriller der Extraklasse aus dem Ärmel. In perfekt durchgestylten Bildern nimmt uns die spanische Regie-Legende, deren letzter Film „Zerrissene Umarmungen“ 2009 in den Kinos lief, mit auf eine filmische Reise der Extreme. Die für seine früheren Filme charakteristische, verschachtelte Erzählweise weicht einer gewissen Stringenz beim Storytelling. Das große Gemetzel erspart er seinem Publikum, um sich auf die ästhetisch ansprechenden Bilder seiner makabren Parabel zu beschränken. „Die Haut, in der ich wohne“ zählt zweifellos zu Almodóvars besten Filmen. Endlich hat auch das Kinojahr 2011 ein echtes, leuchtendes Highlight! Text: Calle Claus Kinostart: 20. Oktober 2011


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KINO

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3 Fragen an

Charlotte Rampling …die schon seit den Sechzigerjahren einer der spannendsten Stars nicht nur des europäischen Kinos und nun in der Dokumentation „The Look“ der deutschen Regisseurin Angelina Maccarone sowohl Thema als auch Protagonistin ist, und Wegbegleiter wie Paul Auster oder Peter Lindbergh zum Gespräch trifft. Miss Rampling, waren Sie auf Anhieb begeistert, einen Film über sich selbst zu drehen? Im Gegenteil, ich hatte Zweifel, sogar sehr viele. Und auch Angst, obwohl mir dieses Gefühl sonst eher fremd ist. Es gab sogar einen Zeitpunkt, wo ich die Produktion unterbrochen und auf Eis gelegt habe, weil ich nicht wusste, ob ich weitermachen wollte. Ich fühlte mich unwohl, als Privatperson so im Fokus zu stehen. Aber letztlich war es das Vertrauen zur Regisseurin, das mich weitermachen ließ. Wie entstand die Idee, im Film Begegnungen mit anderen Künstlern und Freunden zu zeigen? Ich wollte einfach nicht, dass andere Leute über mich reden. Der Gedanke behagte mir nicht. Sie sollten lieber direkt mit mir sprechen, meinetwegen dann auch

über mich. Aber so schien mir das spannender als irgendwelche unwidersprochenen Lobhudeleien… Sie wirken gleichzeitig sehr reserviert doch auch sehr offen. Sind das zwei Seiten einer Persönlichkeit? Nein, das gehört beides zu mir. Aber solche Kontraste sind es doch, die uns Menschen ausmachen. Als Künstler muss man sich seiner verschiedenen Facetten ein bisschen bewusster sein, denn wir brauchen sie für unsere Arbeit. Kann sein, dass daher mein Ruf kommt, kompliziert und launisch zu sein. Dabei lasse ich nur die unterschiedlichen Emotionen heraus, statt sie zu unterdrücken und dadurch gleichgültig zu wirken. Interview: Jonathan Fink Charlotte Rampling – The Look, ab 20. 10. im Kino

Jason Bateman …der in den Achtzigerjahren mit „Unsere kleine Farm“ oder „Teen Wolf 2“ zum Kinder- und Teenie-Star wurde, später mit Alkoholproblemen fast in der Versenkung verschwand und seit einigen Jahren dank Filmen wie „Juno“ oder in diesem Jahr „Kill the Boss“ und nun „Wie ausgewechselt“ präsent ist wie nie zuvor. Jason, warum scheinen eigentlich gerade Körpertausch-Komödien wie „Wie ausgewechselt“ Schauspielern so viel Spaß zu machen? Na, weil man darin zwei Rollen spielt! Ich bin in diesem Fall erst der brave Familienvater und darf dann auch noch der lässige Frauenaufreißer sein. Das ist der Traum eines jeden Schauspielers. Und vor allem für mich, weil ich ja meistens diese ruhigen, vernünftigen Kerle spiele, die den Gegenpol darstellen zu all den Verrückten um sie herum. Sind Sie genervt davon, dass Sie auf dieses Image festgelegt zu sein scheinen? Nein, nicht wirklich. Dazu macht es mir viel zu viel Spaß, solche Typen zu spielen. Ohne die funktioniert schließlich keine Komödie. Und ich liebe einfach die-

sen ganz trockenen Humor, das habe ich wohl von meiner britischen Mutter. Also gar kein Bedürfnis, mal etwas völlig anderes zu spielen? Welcher Schauspieler will schon sein Leben lang die gleiche Rolle spielen? Natürlich wäre es eine Herausforderung, mal komplett gegen dieses Image anzuspielen. Aber dazu muss man erst einmal die Gelegenheit bekommen. In erster Linie kriegt man Rollen, weil die Leute wissen, dass man sie gut beherrscht. Wer wäre ich denn, mich zu beschweren, dass man mich in diesen Rollent wirklich gut zu finden scheint? Interview: Patrick Heidmann „Wie ausgewechselt“, ab 13. 10 im Kino

Kevin Spacey …der sich trotz seiner zwei Oscars auf der Leinwand nur noch selten die Ehre gibt, und lieber als künstlerischer Leiter des Londoner Old Vic Theatre tätig ist, aber für das erstaunlich spannende Banker-Drama „Der große Crash – Margin Call“ doch mal wieder eine Ausnahme macht. Mr. Spacey, haben Sie viel mitbekommen von den Börsen-Ereignissen rund um die große Krise 2008, um die es in Ihrem neuen Film geht? In der Tat, sehr viel sogar. Aber nicht, weil meine eigenen Ersparnisse daran glauben mussten. Sondern weil ich viel Zeit damit verbringe, für das Old Vic und andere kulturelle Belange Geld einzutreiben, bei genau den Herrschaften, von denen wir im Film erzählen. Das ist ein merkwürdiges Dilemma: Diesen Männern verdanken wir diese schlimme Krise – und trotzdem könnte ich ohne sie meine Arbeit nicht machen. Ist es schwer, Ihre Theater-Tätigkeit mit der Arbeit beim Film unter einen Hut zu bekommen? Eigentlich ist es eher leicht. Denn seit ich mich für den Job beim Old Vic entschieden habe, ist ganz klar, dass

das Priorität hat. Natürlich schiebt man hin und wieder mal ein paar Termine, wenn eine wirklich reizvolle Filmrolle im Raum steht. Aber sobald wir uns in London auf ein Projekt festgelegt haben und der Vorverkauf beginnt, wird daran auch nicht mehr gerüttelt. Merken Sie denn die Finanzkrise am Theater? Erstaunlicherweise nicht. Obwohl niemand mehr so flüssig ist wie noch vor ein paar Jahren, haben wir am Old Vic zu keinem Zeitpunkt unserer gesamten Geschichte mehr Karten verkauft als genau während der Krise. Deswegen blicke ich der Zukunft in Sachen Kultur durchaus optimistisch entgegen. Interview: Patrick Heidmann „Der große Crash – Margin Call“, ab 29. 9. im Kino


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Restless Teenager-Tragik

Es gibt nicht viele Regisseure im USKino, die sich so intensiv und grundlegend in die komplizierte Seelenlage von Teenagern einfühlen können wie Gus van Sant. Von „My Private Idaho“ über „Forrester – Gefunden!“ bis hin zu „Elephant“ oder „Paranoid Park“ stellt der Großteil seiner Filmografie mit subjektiver Intimität junge Menschen ins Zentrum der Aufmerksamkeit. So auch das romantische Drama „Restless“. Enoch (Henry Hopper) ist ein typischer van SantProtagonist. Still leidet er am Unfalltod seiner Eltern, zieht sich weit zurück in seine eigene Gedankenwelt und spricht eigentlich nur mit seinem imaginären Freund Hiroshi (Ryo Kase), einem im Zweiten Weltkrieg gefallenen japanischen Soldaten. Wenn Enoch sich doch mal hinauswagt in den echten Alltag, dann schleicht er sich am liebsten auf fremder Leute Beerdigungen. Bei einer dieser Gelegenheiten begegnet er Annabel (Mia Wasikowska). Sie ist aus anderen Gründen regelmäßiger Gast auf Begräbnissen: Viele ihrer Freunde von der Krebsstation schaffen es nicht – und auch ihre eigene Erkrankung gilt als unheilbar. Nach anfänglichem Zögern lässt auch er sich auf eine Annäherung ein, obwohl ein Happy End doch ausgeschlossen ist. Schon lange ist van Sant ein Regisseur, der zweigleisig fährt. Er dreht kleine, sperrige Filme wie

„Last Days“, die ihren Zuschauern einiges abverlangen und auf Filmfestivals mit Preisen dekoriert werden. Aber er inszeniert auch anderer Autoren Drehbücher wie „Good Will Hunting“ als Auftragsarbeiten, die sich erkennbar mehr am Massengeschmack orientieren. In letztere Kategorie fällt nun „Restless“. Die Geschichte von Jason Lew und ihre leicht verschrobenen Figuren mögen zwar nicht purer Hollywood-Mainstream sein. Doch van Sant hält sich klar an klassische Erzählkonventionen, setzt auf eine chronologische Dreiakt-Struktur und zarten Indie-Folk-Pop als Soundtrack.

Ein schlechter Film ist „Restless“ deswegen keineswegs. Die Bilder sind bezaubernd hübsch, die Einfälle auf Inszenierungs- und Skript-Ebene durch die Bank ebenso (und nur gelegentlich ein bisschen zu gewollt). Vor allem aber legt van Sant einmal mehr das nötige Fingerspitzengefühl an den Tag, eine unendlich traurige Geschichte mit zu Herzen gehender Ernsthaftigkeit, aber eben auch einer guten Portion zarten Humors zu erzählen. Text: Patrick Heidmann Kinostart: 13. 10. 2011

klusive. Und im neuen Nachbarn Jerry (Colin Farrell) sieht er anfangs nicht mehr als einen attraktiven Flirt seiner Mutter (Toni Collette). Doch sein früherer bester Freund Ed (Christopher MintzPlasse) hält den nachtaktiven Neuling für einen gefährlichen Vampir – und ist schließlich selbst wie vom Erdboden verschluckt. Eine heimliche Stippvisite auf dem Nachbargrundstück öffnet Charley dann die Augen. Aber natürlich macht sie auch Jerry auf ihn aufmerksam.

Fright Night

Horror und Humor – da beißt sich was Die Idee ist eigentlich nicht verkehrt: Von „Twilight“ über „True Blood“ bis „Vampire Diaries“ hat sich das Bild des Vampirs zuletzt so sehr in Richtung liebestrunkener Romantik verkitscht, dass man ihm dringend mal wieder einen Schuss Adrenalin verpassen muss. Mit einer guten Portion echten Horrors. Oder jeder Menge Humor. Oder zur Not auch beidem gleichzeitig. Und was würde sich dafür besser eignen, als eine Neuverfilmung des Achtzigerjahre-Kultfilms „Die rabenschwarze Nacht - Fright Night“. Dass in seiner Vorort-Idylle zusehends Menschen verschwin-

den, bekommt High School-Kid Charley (Anton Yelchin) erst einmal nicht mit. Viel zu beschäftigt ist er damit, plötzlich zu den Coolen zu gehören, hübsche und clevere Freundin (Imogen Poots) in-

Mit Remakes von Kultfilmen ist das so eine Sache: In den seltensten Fällen beruht der Erfolg des Originals auf echter Qualität, und ihren unperfektcoolen Reiz ein zweites Mal hinzukriegen erweist sich meist als Ding der Unmöglichkeit. So auch im Falle von „Fright Night“. Zwar gelingt die Übertragung ins Heute spielend, einige Ideen (wie etwa die Figur eines erbärmlichen Las Vegas-Magiers) machen Spaß und nicht zuletzt die Schauspieler verleihen dem sich selbst nicht allzu ernst nehmenden Film von Regisseur Craig Gillespie („Lars und die Frauen“) eine Klasse, die das Original nie hatte. Doch im Bemühen um Spaß und Lässigkeit geht der Blick aufs Wesentliche verloren. Viel zu viele Einfälle auf einmal müssen das Tempo der Geschichte befeuern, die nach einem atmosphärischen Einstieg nie die ideale Balance zwischen Humor und Horror findet. Größtes Ärgernis sind allerdings die Trickeffekte – auf allen Ebenen von Make-up bis 3D-Technologie. Die sehen größtenteils so billig aus, dass auch das letzte bisschen Spannung einer unfreiwilligen Komik weicht. Und das ist leider längst noch nicht gleichbedeutend mit Kult! Text: Patrick Heidmann Kinostart: 6. Oktober 2011


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KINO

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Atemlos – Gefährliche Wahrheit Wenn Teenies sich an Action versuchen

Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis Taylor Lautner ins Actionfach wechseln würde. Man legt sich schließlich nicht in so kurzer Zeit so viele neue Muskelberge zu, wie es der 19-jährige getan hat, nur um sich dann damit zu begnügen, in der „Twilight“-Saga die zweite Geige zu spielen und sich einmal im Jahr in einen Werwolf zu verwandeln. In „Atemlos – Gefährliche Wahrheit“ entdeckt er als High School-Kid Nathan zufällig sein eigenes Foto auf einer Webseite für vermisste Kinder. Kaum will er seine Eltern (Maria Bello und Jason Isaacs) darauf ansprechen, stürmt ein Killerkommando das Haus, und ehe er es sich versieht, befindet sich Nathan mitsamt seinem Schwarm Karen (Lily Collins) auf der Flucht. So macht sich das jahrelange Kampftraining mit seinem vermeintlichen Vater doch noch bezahlt. Denn bald heftet sich nicht nur ein FBI-Agent (Alfred Molina), sondern auch ein europäischer Gangsterboss mit seinen Schergen an die Fersen des Schülers.

täuschen lassen: „Atemlos – Gefährliche Wahrheit“ ist in jeder Hinsicht B-Ware. Das Drehbuch ist flach und wenig ausgefeilt. Regisseur John Singleton, dessen „Boyz n the Hood“ eine Ausnahmeerscheinung darstellt, beweist wieder einmal wenig Originalität in seiner Inszenierung. Und billig aussehen tut die Sache über weite Strecken ebenfalls. Zumindest die „Twilight“-Fans werden aber wohl trotzdem auf ihre Kosten kommen. Denn hin und wieder präsentiert Lautner, der sich darstellerisch auf Augenhöhe mit Jean-Claude van Damme bewegt, seine Muskeln auch mal ohne T-Shirt.

Von der hochkarätigen Besetzung (Sigourney Weaver ist ebenfalls mit dabei) sollte man sich nicht

Text: Patrick Heidmann Kinostart: 13. Oktober 2011

Love Life

Liebe trifft Leben

Die Romanverfilmung des Niederländers Reinout Oerlemans erscheint zunächst wie ein nicht enden wollender Werbespot. Klingt erst mal eher unsympathisch, macht aber in Bezug auf den Inhalt absolut Sinn. Das Leben des hippen Salonhelden Stijn (Barry Atsma) spielt sich nämlich in der Werbebranche ab und bedient alle damit assoziierten Klischees: Glamour, Geld, schöne Frauen – die ganze Palette. Als er seinen weiblichen Gegenpart Carmen (Carice van Houten) kennenlernt, scheint seine Welt nur noch glänzender zu werden. Die beiden heiraten, bekommen eine Tochter und ziehen ins Grüne. Doch dann verändert sich die perfekte Kulisse seines Lebens auf einen Schlag in die eines sterilen Krankenhauszimmers: Carmen erhält die Diagnose Brustkrebs. In den Niederlanden war „Love Life“ einer der erfolgreichsten Kassenschlager aller Zeiten. Was ist es also, das an dem Drama von Anfang an so berührt? Obwohl er die gesamte Länge seiner 110 Minuten

vom Tod handelt, ist der Film ganz unbedingt lebensbejahend. Er zeigt ein starkes Paar, das sich dem stellt, was ist. So wirkt das abgenutzte „Carpe diem“ selbst dann noch glaubwürdig, als gestorben wird... Und in diesem Sinne feiert und vögelt sich Stijn sogar während Carmens Chemotherapie weiter durch das glitzernde Partyleben. Mit seiner Liebe hat das jedoch nichts zu tun und es spricht sehr für den Film, dass er diesen Umstand plausibel vermitteln kann. Überhaupt spricht vieles für „Love Life“ und seine Protagonisten. Er drückt nicht auf die Tränendrüse, ist aber auch nicht unemotional. Er wirkt erschütternd authentisch, weil er schlicht das Leben zeigt, mit all seinem Drum und Dran. Text: Vanessa Pape Kinostart: 29. September 2011

Tyrannosaur Menschen, Hunde

Wie viel Antipathie verträgt ein Charakter? Die Frage stellt Regisseur Paddy Considine Protagonisten und Zuschauern seines Spielfilmdebüts - eines bitteren, aber virtuos gespielten und inszenierten Sozialdramas. Joseph (Peter Mullen) ist absolut White Trash: Witwer, Trinker und äußerst brutal. In einem runtergekommenen Stadtteil von Leeds fristet er ein ätzendes Dasein. Sein bester Freund liegt im Sterben, im Rausch tötet er seinen Hund und weder der Nachbarsjunge noch seine wenigen Saufkumpane können ihn aus dem zerstörerischen Sog aus Alkohol und Gewalt befreien. Die zufällige Begegnung mit Hannah (Olivia Colman), einer Ladenbesitzerin, lässt Joseph für einen Moment innehalten. Hannah ist stoisch freundlich, offen und betet für den nur Ablehnung ausstrahlenden Mann. Hinter ihrer Menschlichkeit offenbart sich jedoch eine ebenso geschundene Seele.

Das Ausmaß an Niedertracht und verbaler wie körperlicher Gewalt, ob verteilt oder eingesteckt, verschlägt einem bisweilen den Atem. Nichts scheint trostloser als das Leben in dieser Umgebung. So weit, so gewöhnlich für das Kino über tief asoziale Milieus. Glücklicherweise liefert „Tyrannosaur“ mehr als das. Auf plakative Darstellungen der Gräuel wird verzichtet, ebenso auf eine dramatische Eskalation der Ereignisse. Statt nur unerträgliche Situationen zu zeichnen, erzählt Considine eine zwar schmerzvolle, aber glaubhafte Geschichte mit nachvollziehbaren und komplexen Figuren. Das sehr schöne Plakat zum Film ist übrigens nach dem Kinobesuch einen zweiten Blick wert.

Streckenweise ist das hart anzuschauen. Niemandem aus diesem Film möchte man tatsächlich begegnen.

Text: Christian Stein Kinostart: 13. Oktober 2011


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Cirkus Columbia

Die Lincoln Verschwörung Footloose

Bosnien-Herzegowina, nach dem Fall des kommunistischen Regimes 1991. Vor 20 Jahren ist Divko Buntic vor den Kommunisten nach Deutschland geflohen, wo er gutes Geld verdient hat. Mit seiner jüngeren Freundin und einer gehörigen Portion Arroganz wegen seines neuen Wohlstandes kehrt er nun in sein Heimatstädtchen zurück. Dort trifft er nicht nur auf seine Ex-Frau und seinen Sohn, den er noch nie gesehen hat, sondern auch auf eine politisch instabile Situation, denn der bevorstehende Krieg wirft schon seinen Schatten auf das Land. Regisseur Danis Tanovic hat vor zehn Jahren mit „No Man’s Land“ eine wunderbar bissig-groteske Metapher über den Bosnien-Krieg gedreht. Mit „Cirkus Columbia“ (ab 20.10.) versucht er nun, die politische Situation am Vorabend des Krieges mikrokosmologisch einzufangen. Doch Tanovic eröffnet hier zu viele Erzählstränge, die er leider nicht hinreichend zusammenführen kann und lässt zudem den – die Absurdität des Krieges bloßlegenden – schwarzen Humor seines Debüts vermissen.

Kurz nach dem Ende des amerikanischen Bürgerkriegs fällt Präsident Abraham Lincoln einem Attentat zum Opfer. Der Mörder selbst ist bald gefasst, die Aufdeckung des vorangegangen Komplotts hingegen gestaltet sich schwieriger. Pensionsbetreiberin Mary Surratt (Robin Wright) soll ein schneller Prozess gemacht werden, um die Stabilität der Union sicher zu stellen. Frederick Aiken (James McAvoy), ein Kriegsheld der Nordstaaten, übernimmt widerwillig die Verteidigung... Robert Redfords neuer Film dürfte es schwer haben an den deutschen Kinokassen: Das Recht auf eine faire Gerichtsverhandlung ist anders als in den USA kaum ein Politikum, die farbverwaschene History Channel-Optik, die dem amerikanischen Publikum Vertrauen in die faktisch korrekte Darstellung vermittelt, unterstreicht hierzulande eher den Effekt der künstlichen Inszenierung. Wer sich trotzdem an „Die Lincoln Verschwörung“ (ab 29.9.) wagt, wird aber mit einer differenzierten Darstellung des brüchigen Selbstverständnisses der USA um 1865 belohnt.

Schon in den Achtzigern gehörte das Original inhaltlich eher zu den altbackenen als zu den progressiveren Filmen, was jedoch seinem damaligen Erfolg nichts anhaben konnte. Naheliegenderweise wirkt der piefige Plot von „Footloose“ (ab 20.10.) knapp 30 Jahre später nicht weniger dünn und dümmlich, ganz im Gegenteil. Da haben die Oberen eines Provinzkaffs also nach einem schweren Autounfall, der mehrere Jugendliche das Leben kostete, kurzerhand ein Tanzverbot verhängt. Dem neu in die Stadt gekommenen Ren (Kenny Wormald) fällt es schwer, sich mit all den Verboten zu arrangieren und er eckt immer wieder an. Als er sich auch noch in Ariel (Julianne Hough), die Tochter des Pfarrers (Dennis Quaid), verguckt, bekommt er weitere Probleme. Ein zeitgemäß zackig inszeniertes, jedoch nach wie vor abgeschmacktes und übertrieben dick auftragendes Remake mit feschem No-NameJungvolk vor der Kamera, das niemand braucht und das noch nicht einmal mit seinen relativ wenigen und zudem unspektakulären Tanzeinlagen punkten kann.

Johnny English – Jetzt erst recht

Kein Mittel gegen Liebe

Vier Tage im Mai

Marleys Timing kann man als durchaus tragisch beschreiben: Die lebenslustige Mittdreißigerin, die immer mehr an One-Night-Stands als an die große Liebe geglaubt hat, trifft Mr. Right (Gael Garcia Bernal) genau in dem Augenblick, von dem an ihr Ableben nur noch eine Frage von wenigen Monaten ist. Denn bei Marley (Kate Hudson) wird Darmkrebs im Endstadium diagnostiziert und sie verliebt sich ausgerechnet in den Arzt, der sie behandelt. Im Weiteren wird nun das klassische „So schön kann sterben sein“-Drama heruntergespult, abgehakt werden dabei die obligatorischen Streit- und finalen Versöhnungsakte mit Familie und Freunden, gefolgt von einigen „Ich bin ja eh bald tot, da will ich es noch mal so richtig krachen lassen“Aktionen. „Kein Mittel gegen Liebe“ (ab 6.10.) ist eine hemmungslose Schmonzette, die uns glauben machen will, dass so ein Krebstod eine recht entspannte Angelegenheit ist, dabei jedoch all diejenigen verhöhnt, denen das Sterben nicht ganz so einfach gelingt.

Deutschland steht vor der Kapitulation, die russische Armee kontrolliert bereits große Teile der Ostseeküste. In einem Mädchenheim heißt es nun, auf die Gnade der Besatzer zu hoffen. Der achtköpfige Trupp, der zuerst eintrifft, besteht aus ehrbaren Männern, allen voran Hauptmann Kalmykov (Aleksei Guskov). Doch der dreizehnjährige Peter (Pavel Wenzel), der Neffe der Heimleiterin, will das Kriegsende nicht wahrhaben. Trotz des respektvollen Verhaltens der Russen versucht er etwa hundert Wehrmachtsoldaten, die nach Dänemark übersetzen wollen, zu einem Angriff auf das Heim anzustacheln. „Vier Tage im Mai“ (ab 29.9.) konzentriert sich zwar auf die Beziehung zwischen dem Hauptmann und dem Jungen, die nicht ohne Reiz ist. Aber Regisseur Achim von Borries scheint es weniger um eine gut getimte Geschichte zu gehen, als vielmehr um das Einfangen von Stimmungen. Meditative Bilder aus einem Kriegskontext in einen flüssigen Film zu bannen - das misslingt hier leider.

Text: Cornelis Hähnel

Erinnert sich noch jemand an den schusseligen Geheimagenten Johnny English? Dass Rowan Atkinson in der Spionage-Persiflage gegen sein „Mr. Bean“Image anspielen wollte, ist acht Jahre her, weswegen die Fortsetzung „Johnny English – Jetzt erst recht“ (ab 6.10.) reichlich spät kommt. Und es kommt einem noch länger her vor, wenn man sich die müden Gags des Sequels anguckt. Nichts gegen ein bisschen altmodische Betulichkeit. Aber ähnlich wie hierzulande bei Otto Waalkes hat man auch bei Atkinson, neuerdings mit verdrängtem Trauma und Asien-Schwerpunkt – stets das Gefühl, der Humor und das Gag-Repertoire hätte sich seit ihren Hochzeiten in den Achtzigerjahren kein Stück weiterentwickelt. Mehr als gelegentliches, zaghaftes Schmunzeln ist deswegen auch dieses Mal nicht drin, woran auch Rosamund Pike („Stirb an einem anderen Tag“) und die kaum wiederzuerkennende Gillian Anderson („Akte X“) nichts ändern. Text: Patrick Heidmann

Text: Friedrich Reip

Text: Dirk Lüneberg

Text: Dirk Lüneberg

Text: Christian Stein


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KINO DVD

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DVD DES MONATS Scream 4 (Universal)

Vor 15 Jahren belebten Regisseur Wes Craven, Schauspielerin Neve Campbell und der Ghostface Killer mit „Scream – Schrei!“ das SlasherGenre wieder. Seitdem sind unzählige amerikanische Teenager kassenträchtig über die Klinge gesprungen. Wozu einen vierten Teil? Die Antwort ist bestechend einfach: „Neues Spiel. Neue Regeln.“ Das schwarze Gewand samt schreiend-weißer Maske, die Telefonanrufe, das viele Blut und das nerdige Wissen um Horrorfilme – Sidney Prescott (Neve Campbell) hat ein Buch über ihre leidvolle Vergangen-

heit geschrieben. Ihre Promo-Lesereise führt sie auch durch Woodsboro, den Ort, in dem alles begann. Kaum ist sie dort eingetroffen, ereignen sich bereits die ersten Morde. Den Besuch des neuen Schlitzers im Haus ihrer Tante übersteht Sidney nur knapp. Sie, ihre alten Weggefährten Sheriff Dewey (David Arquette) und Journalistin Gale (Courteney Cox), und die nächste Teenie-Generation (u.a. Emma Roberts & Hayden Panettierre) von Woodsboro müssen sich dem maskierten Küchenmesser stellen. „Scream 4“ setzt die Serie würdig

fort. Es wird viel gerannt, gekreischt und gestochen. Gerade die Eröffnung und das Finale sind in diesem Sinne sehr unterhaltsam. Der Film dämpft seine, vor elf Jahren in Teil drei etwas übertriebene, Selbst- und Genrereflektion, bleibt aber ein schöner Kommentar zum Reboot-Wahn der letzten Zeit. DVD und Blu-ray sind mit reichlich Bonusmaterial versehen, u.a. Alternativen zu Anfang und Ende, entfallenen Szenen, einer Featurette zur Scream-Story, sowie Audiokommentaren und Interviews.

Almanya – Willkommen in Deutschland

Der Biber

Ein Mann von Welt

(Concorde) Schon beim Wort „Integrationsdebatte“ bekommt man mittlerweile Pickel. Der Sarrazinismus der letzten Monate hat eindeutige Spuren hinterlassen. Umso höher ist es den beiden Schwestern Yasemin und Nesrin Samdereli anzurechnen, dass sie mit „Almanya – Willkommen in Deutschland“ nun einen Film zum Thema abgeliefert haben, der einem statt Quaddeln bloß ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. Ein beschwingter, moderner Heimatfilm über einen Gastarbeiter und seine Familie, die in den Sechzigerjahren aus der Türkei nach Deutschland gekommen sind. Als Extras winken Interviews und entfallene Szenen. Text: Daniel Schieferdecker

(Concorde) Mel Gibson war mal der größte Filmstar der Welt, doch inzwischen gibt es wohl kaum jemanden, dessen Ruf schlimmer ruiniert ist. Frauen, Juden, Schwule – verbal wie leider manchmal auch körperlich scheint vor ihm kaum jemand sicher zu sein. Wer allerdings die Kunst vom Künstler trennen kann, sollte sich diese Regiearbeit von Jodie Foster ansehen. Denn als depressiver Familienvater, der schließlich nur noch mittels einer Biber-Handpuppe kommunizieren kann, ist er so gut wie selten. Insgesamt hätte man sich allerdings gewünscht, die Tragikomödie hätte ihr skurriles Potential noch weiter ausgereizt. Entfallene Szenen, Making-of und Audiokommentar runden die DVD ab. Text: Jonathan Fink

BarfuSS auf Nacktschnecken

Downton Abbey – Season 1

(Alamode/Alive) Dieses liebevoll-verschrobene Drama aus Frankreich ist, wie soll man sagen, irgendwie „organisch“. Das verrät schon der Titel: Es geht um allerlei Getier, tot oder lebendig, und um Lily (Ludivine Sagnier), die mit beiden Erscheinungsformen hingebungsvoll umgeht. Und überhaupt dreht es sich um den Tod, denn ihre Mutter stirbt und so springt Lilys gänzlich unverrückte große Schwester ein (beeindruckend gespielt von Diane Kruger). Sie ist Juristin und sehr sittsam – ein interessanter Gegenpol also, aus dem sich ein Mischmasch aus Konflikten und Fruchtbarem ergibt. Extras sind Interviews, Deleted Scenes, Outtakes und Trailer. Text: Vanessa Pape

Biutiful

(Prokino/EuroVideo) Uxbal (Javier Bardem) möchte vor seinem Tod alles in die richtigen Bahnen lenken. Das zerrüttete Verhältnis innerhalb der Familie mit Bruder, JunkieExfrau und den Kindern; seinen Umgang mit den unterbezahlten illegalen Einwanderern, die für ihn arbeiten; und seine Fähigkeit, mit dem Jenseits zu kommunizieren. Alejandro Gonzáles Íñárritu (Buch und Regie) meint es nicht gut mit den Helden seiner Geschichte. Selbst Barcelona ist hässlich in diesem deprimierenden Aufräumversuch. Gefesselt wird man davon trotzdem, nicht zuletzt wegen Bardems großem Auftritt. Die DVD-Extras sind der Trailer, Interviews und ein „Tagebuch“ des Regisseurs. Text: Christian Stein

(Universal) Diese in Großbritannien enorm erfolgreiche Fernsehserie knüpft an die Tradition der UK-KostümDramen wie „Stolz und Vorurteil“ oder „Das Haus am Eaton Place“ an. „Downton Abbey“ ist ein herrschaftlicher Landsitz, geführt vom sympathischen Herzog von Grantham und einer Heerschar von Bediensteten. Es ist April 1912, und der Untergang der Titanic hat auch für seine Familie fatale Konsequenzen. Mit einer außer auf Maggie Smith („Harry Potter“) relativ unbekannten Besetzung bis ins Detail liebevoll inszeniert, ist „Downton Abbey“ nicht nur optisch ein Genuss und bietet Fans des Historiendramas endlich wieder Stoff – in Serie. Text: Kristina Deininger

Dreileben

(KNM) In der fiktiven Kleinstadt Dreileben entkommt ein verurteilter Frauenmörder und taucht im angrenzenden Wald unter. Ausgehend von diesem Grundmotiv entwickelten die Regisseure Christian Petzold, Dominik Graf und Christoph Hochhäusler ihre eigenen Geschichten. So entstanden drei stilistisch unterschiedliche Filme, die sich doch aufeinander beziehen. „Dreileben“ ist ein Experiment, das zeigt, wie spannend das Medium Fernsehen sein kann. Besonderes Bonbon für Filmfans sind die drei ebenfalls in der DVD-Box enthaltenen, höchst interessanten halbstündigen Making-Ofs, welche die Zusammenarbeit der drei befreundeten Regisseure ausführlich dokumentieren. Text: Sebastian Gosmann

Text: Christian Stein

(Neue Visionen/ good!movies/Indigo) Das eigenwillige komödiantische Machwerk von Hans Petter Moland aus Norwegen lief im Berlinale-Wettbewerb und beginnt hinter schwedischen Gardinen: Mörder Ulrik (Stellan Skarsgard) wird nach zwölf Jahren aus dem Gefängnis entlassen und hat den einen oder anderen Menschen wieder zu treffen. Der Neuanfang verläuft aber nicht so reibungslos, wie er sich das vorstellt, da seine Umwelt unterschiedlich verrückt auf seine Rückkehr reagiert. Ein ruhiger Film ohne viele Worte, dafür aber mit reichlich dunkelschwarzem Humor, in dem am Ende doch die Sonne scheint. Die DVD bietet nur Trailer als Extras. Text: Vanessa Pape

Largo Winch II – Die BurmaVerschwörung

(Sunfilm) Nach dem Tod des Vaters soll Largo ein Millionenerbe antreten. Der sympathische Held mit Hang zum Abenteuer denkt allerdings gar nicht daran, sondern möchte spenden. Doch eine verbissene Staatsanwältin will ihm an den Ruf und ein russischer Oligarch an die Knete. In der zweiten Comicbuch-Verfilmung kehrt Largo (Tomer Sisley) nach drei Jahren Pause zurück, und die Hauptdarsteller (unter anderem eine fiese Sharon Stone) retten die allzu seicht auf Action und Herz-Schmerz angelegte Handlung in exotischer Asien-Kulisse vor der Belanglosigkeit. Ein Making-of der aufwändigen Produktion gibt es als Dreingabe. Text: Elisabeth Nagy

BEST OF THE REST

Je näher die Weihnachtszeit rückt, desto mehr TV-Serien drängen auf den DVD- und Blu-ray-Markt. Neben den anderen hier vorgestellten Shows ist auch die erste Staffel von „Haven“ (WVG Medien) erhältlich, deren Ausstrahlung im September gerade erst auf RTL II begann. Wie immer ist allerdings auch die auf Motiven von Stephen King basierende Mystery-Serie in der Originalfassung noch sehenswerter. Bereits eine Season weiter ist die dänische Krimi-Reihe „Protectors – Auf Leben und Tod“ (Edel), in der es die Bodyguards an hochpolitische Einsatzorte wie Moskau oder Islamabad verschlägt. Auf fünf DVDs ein weiterer Beweis dafür, dass Skandinavier mindestens so viel von Spannung verstehen wie die Amerikaner, die mit „Southland – Die kompletten ersten beiden Staffeln“ (Warner) auch eine starke Cop-Serie am Start haben. Als Geschenk geeignet ist auch die elegante Romanverfilmung „Wasser für Elefanten“ (20th Century Fox), in der vor allem Reese Witherspoon und Christoph Waltz das Niveau der Inszenierung erheblich steigern. Und auch das deutsche Drama „Poll“ (Piffl/good!movies/Indigo) oder der YouTube-Film „Life in a Day“ (Rapid Eye Movies/Alive) sind nun auf DVD erhältlich. Noch interessanter sind aber womöglich all jene Filme, die überhaupt erst im Heimkino ihre Premiere feiern. „Uncertainty“ (EuroVideo) erweist sich als clever konstruierte Beziehungsgeschichte, in der Joseph Gordon-Levitt einmal mehr seine Extraklasse beweist, während Josh Hartnett mit dem Thriller „I Come With the Rain“ (Ascot Elite) von Anh Hung Tran mal wieder ein Händchen für Stylishes jenseits des Mainstreams an den Tag legt. Eine hochkarätige Besetzung mit Colin Firth, Orlando Bloom, Ellen Burstyn und Patricia Clarkson brilliert in dem episodischen Gesellschaftsdrama „Main Street“ (dtp), während die Mittelalter-Kiffer-Komödie „Your Highness“ (Universal) mit James Franco und Natalie Portman auf dem Papier ein bisschen besser klingt als sie letztlich ist.

Text: Patrick Heidmann


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Nurse Jackie – Staffel 1

(Universum) Böse Zungen behaupten, Hauptdarstellerin Edie Falco sei als harsche Krankenschwester Jackie Peyton nur ein dünner Abklatsch vom übermächtigen „Dr. House“. Alles Quatsch: „Nurse Jackie“ ist in den USA längst Kult, und auch bei uns hat die Serie, in der Falco zwischen Tablettensucht und Fehldiagnosen, Seitensprüngen und Familienleben oder unter hochnäsigen Göttern in Weiß wacker ihre Frau steht, ihre Fans. Nach Carmela Soprano eine weitere Paraderolle für die Schauspielerin! Staffel 1 (leider ohne Extras!) gibt es zunächst exklusiv nur über Amazon, ab Anfang 2012 dann überall im Handel. Text: Kristina Deininger

Picco

(Movienet/Alive) Kevin (Constantin von Jascheroff) ist der Neue im Jugendknast - ein „Picco“. Weit unten in der Hackordnung erlebt er einen erdrückenden, stumpfsinnigen und gefährlichen Gefängnisalltag. Der Druck, der auf allen Insassen lastet, entlädt sich schließlich in einem drastischen Gewaltexzess. Philip Kochs Langfilmdebüt wurde deswegen zwar kontrovers aufgenommen, ist aber ein hervorragend umgesetzter, wichtiger Hinweis auf die Zweifelhaftigkeit solcher Haftanstalten. Das Bonusmaterial der DVD enthält ein Interview mit dem Regisseur, entfallene Szenen und den Kinotrailer. Text: Christian Stein

Pina

(NFP/ Warner) Es ist sicher eine der überraschendsten Erfolgsgeschichten des Jahres: Ausgerechnet Wim Wenders, dessen letzte filmische Glanztat schon etliche Jahre zurückliegt, lockt über 500.000 Zuschauer ins Kino und wird Deutschlands Kandidat im Oscar-Rennen. Und das mit einem Tanz-Dokumentarfilm zu Ehren der verstorbenen Choreografie-Legende Pina Bausch. Das 3D hätte es dabei gar nicht unbedingt gebraucht, denn Bauschs einzigartige Stücke und ihre famose Kompanie sorgen fast von ganz allein für großartige Bilder. Die Standard-DVD beinhaltet auch einen Audiokommentar, weiteres Bonusmaterial gibt es auf Blu-ray. Text: Patrick Heidmann

Pirates Of The Caribbean – Fremde Gezeiten

(Walt Disney) Erneut werden die Segel gehisst, um mit Captain Jack Sparrow (Johnny Depp) in See zu stechen. Diesmal nimmt er Kurs auf die sagenhafte Quelle der Jugend – skrupellose Halsabschneider, anmutige Meerjungfrauen, die mysteriöse Angelica (Penélope Cruz) und seinen Rivalen Barbossa (Geoffrey Rush) stets im Schlepptau. Ohne Keira Knightley und Orlando Bloom hätte man meinen können, die Ratten hätten das sinkende Schiff verlassen. Doch weit gefehlt: „Fremde Gezeiten“ ist ein furioses Action-Abenteuer, bei dem das Heimkino mit Spannung, Spaß und Spektakel geflutet wird, Outtakes und Featurette inklusive. Text: Daniel Schieferdecker

Taras Welten – Die erste Season

(Paramount) In den USA laufen die Fans Sturm, weil „Taras Welten“ nach drei Staffeln abgesetzt wurde. Hierzulande ging die Ausstrahlung der ersten beiden Staffeln der großartigen Dramedy-Serie

im Nachtprogramm der ARD dagegen etwas unter. Man kann nur empfehlen, sich das Ganze nun auf DVD anzusehen: In der Hauptrolle als identitätsgestörte Tara und deren Alter-Egos wie Girlie T oder Vietnam-Veteran Buck brilliert Toni Collette. Immer unterstützt von ihrer Familie schlägt sie sich durch den Alltag einer, die eigentlich viele ist. Und das in tollen Dialogen, spannenden Wendungen und einer bis in die kleinste Rolle perfekten Besetzung. Text: Kristina Deininger

The Fighter

(Senator/Universum) In dem wuchtigen Milieudrama „The Fighter“ stehen die unterschiedlichen Kämpfe zweier Brüder aus der Arbeiterklasse im Mittelpunkt: Dicky (Christian Bale) kämpft gegen seine Cracksucht, Mickey (Mark Wahlberg) um den Weltmeistertitel im Halbweltergewicht. Ihr härtester Gegner: das Leben selbst. Feinfühlig, unaufdringlich und authentisch verfilmt David O. Russell die wahre Geschichte der Brüder Ward. Klarer Sieger nach schauspieltechnischem K.O. ist Bale als ausgemergeltes Drogenwrack, wofür er in diesem Jahr zu Recht mit dem Oscar bedacht wurde. Extras: Audiokommentare, Interviews, „Hinter den Kulissen“-Material, Deleted Scenes. Text: Daniel Schieferdecker

Unknown Identity

(Studiocanal) Der amerikanische Wissenschaftler Martin Harris (Liam Neeson) kommt für einen Kongress nach Berlin und stürzt mit einem Taxi in die Spree. Nachdem ihn die Taxifahrerin Gina (Diane Kruger) aus dem Wasser gezogen hat und er im Krankenhaus aus dem Koma erwacht ist, scheint sich sein Leben komplett umgekrempelt zu haben und der Mann ohne Namen muss sich auf die Suche nach seiner eigenen Identität machen. Spannende Genre-Arbeit mit Hitchcock-Anleihen, die am Ende noch mit einer recht originellen Story-Wendung punktet. Die DVD enthält „Behind the Scenes“-Material, eine Featurette sowie Interviews. Text: Dirk Lüneberg

Unter dir die Stadt

(Piff l/good!movies/Indigo) Frankfurt a. M. steht bei Christoph Hochhäusler für die archaische Welt des Kapitals. Der Banker Cordes (Robert Hunger-Bühler) und Svenja (Nicolette Krebitz), die Frau eines Angestellten, spielen in dem kalten Ambiente von Beton und Glas um persönliche Macht und die Erfüllung ihrer sexuellen Begehren. Für die Affäre versetzt der Banker Svenjas Mann einfach ins Ausland. Der größte Widersacher ist jedoch die Langeweile. In der Draufsicht auf eine erstarrte Gesellschaft, in der sexuelles Verlangen die Rädchen am Laufen hält, fasziniert der intellektuelle Überbau, trotz mitunter bitterem Nachgeschmack. Einen Audiokommentar gibt es als Bonus. Text: Elisabeth Nagy

Wer wenn nicht wir

(Senator/Universum) Während Uli Edel mit dem „Baader-Meinhof-Komplex“ nicht mehr als seelenloses Reenactment-Kino schuf, wühlt sich Andres Veiel zehn Jahre nach seiner hoch gelobten Do-

KINO DVD

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Kult Shit Year (Salzgeber)

In faszinierenden Schwarzweiß-Bildern und einer nicht immer leicht zu durchsteigenden Erzählstruktur wirft Regie-Talent Cam Archer einen komplexen, durchaus sperrigen Blick auf das Leben einer leicht abgehalfterten Schauspielerin, die sich in ihrer zweiten Lebenshälfte ernüchtert von Hollywood verabschiedet und in die Isolation zurückzieht. Für die großartige Ellen Barkin, die ihrerseits in der Branche kaum noch zum Zuge kommt, ist das die Rolle ihres Lebens. Schon allein ihretwegen ist dieses experimentelle Kino-Kleinod, an dem übrigens auch Rickie Lee Jones als Erzählerin mitwirkte, eine Entdeckung wert. Text: Patrick Heidmann

Win a Lot Auch in diesem Monat könnt Ihr wieder zahlreiche der hier vorgestellten DVDs (und Blu-Rays) gewinnen. Schickt uns einfach eine Postkarte oder EMail (verlosung@sallys.net) mit dem Kennwort „DVD-Verlosung“ und Eurem Wunschtitel. Ggf. Altersnachweis nicht vergessen! Zu gewinnen gibt es: Scream 4 – 2x DVD, 1x BD, Shit Year – 3x DVD, Largo Winch II – Die Burma-Verschwörung – 3x DVD und eine Burberry-Sonnenbrille von www.edel-optics.de, Unknown Identity – 3x DVD, Soundtrack, Notizbuch & Visitenkarten, Almanya – 2x DVD, 2x BD, Winter’s Bone – 3x DVD, Der Biber – 3x DVD, X-Men: Erste Entscheidung – 3 DVD, The Fighter – 3x DVD, Pina– 3x DVD, Taras Welten – 3x DVD, Unter dir die Stadt – 3x DVD, Nurse Jackie – 3x DVD, Biutiful– 3x DVD, Picco – 3x DVD, Ein Mann von Welt– 3x DVD, Barfuß auf Nacktschnecken – 3x DVD, Uncertainty – 3x DVD, Main Street – 3x DVD, Wasser für Elefanten– 3x DVD, Protectors – 3x DVD, I Come With the Rain– 3x DVD, Pirates of the Caribbean 4 – 2x BD & Soundtrack, Wer wenn nicht wir – 2x DVD & Buch, Haven – 2x DVD, Dreileben – 2x DVD, Downton Abbey – 2x DVD und Your Highness – 2x DVD.

kumentation „Black Box BRD“ erneut tief in die Biographien zentraler Figuren der RAF-Zeit, und legt mit „Wer wenn nicht wir“ sein Spielfilmdebüt vor. Veiels großartig besetztes, kammerspielartiges Psychodrama interessiert sich vor allem für die anfangs fruchtbare und schließlich zerstörerische Beziehung zwischen Gudrun Ensslin und dem Schriftsteller Bernward Vesper. Neben Interviews, Audiokommentar und Deleted Scenes enthält die DVD auch ein pädagogisches Begleitheft! Text: Sebastian Gosmann

Winter’s Bone

(Ascot Elite) Die 17-jährige Ree (Jennifer Lawrence) lebt in ärmlichen Verhältnissen im ländlichen Missouri, wo sie sich um ihre kranke Mutter kümmern sowie ihre beiden jüngeren Geschwister großziehen muss. Als sie erfährt, dass ihr verschwundener Vater ihr Grundstück als Kaution aufs Spiel gesetzt hat, macht sich Ree

auf die Suche nach ihm. Regisseurin Debra Granik und ihr erstklassiges Ensemble zeichnen das trostlose Bild einer verrohten Gesellschaft, in der sich jeder selbst der nächste ist. Auf der DVD finden sich noch ein Audiokommentar, entfallene Szenen, ein alternativer Anfang, ein MakingOf, eine Featurette sowie der Trailer. Text: Dirk Lüneberg

X-Men – Erste Entscheidung

(20th Century Fox) Wie so viele der verfilmten Graphic Novel-Kollegen bekommt nun also auch das X-Men-Franchise seine im großen Bogen angelegte Gründergeschichte spendiert. So erfährt man, dass es Magneto (Michael Fassbender) zunächst einmal um persönliche Rache an der Ermordung seiner Mutter durch die Nazis ging und bekommt zu sehen, wie der Professor Charles Xavier (James McAvoy) und Raven (Jennifer Lawrence) miteinander aufwachsen – und wie dann später doch alles ganz anders kommt, als es zunächst den Anschein hat. Keine Überraschungen, aber für Fans der Reihe fraglos großes Kino. Die Standard-DVD bietet außerdem entfallene Szenen. Text: Friedrich Reip


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BÜCHER

unclesally*s magazine

- und allein mein Kamera-Equipment wiegt an die 30 Kilo. Dann fiel mir eine Mail ein, die mir ein UN-Mitarbeiter geschickt hatte, in der er mir vorschlug, OstTimor zu besuchen. Also bin ich dorthin geflogen und es war die beste Entscheidung: Ohne diesen Teil der Reise wäre auch wohl kein Buch entstanden. Die Reise fängt ja gleich mit einer ganz lustigen Geschichte an. Mitten in der Nullabor-Wüste stellst du fest, dass etwas mit der Elektrik deines Autos nicht stimmt... Genau. Im nächsten kleinen Ort frage ich in einer Werkstatt nach einem Elektriker und nach einigen Beratungen sagt man mir, einen solchen in Esperance zu suchen. Das war sein voller Ernst, obwohl das eine Strecke von über 1.000 Kilometern ist. Komplett andere Dimensionen und für mich eine ganz schön absurde Vorstellung, dass ich jetzt von Hamburg nach Rom fahren muss, um mein Auto reparieren zu lassen. Aber auch ganz lustig, wenn dir dein Navigationsgerät dann ganz trocken „Turn left in 1.200 kilometers“ sagt. Als jemand, der die Hälfte der Welt schon gesehen hat: Ist der Gesamteindruck unseres Planeten für dich eher ein schöner oder ein schrecklicher? Ich finde die Welt tatsächlich atemberaubend schön, aber vor den Dingen, die Menschen in der Lage sind, sich gegenseitig anzutun, stehe ich kopfschüttelnd und frage mich, warum wir uns das Leben so zur Hölle machen müssen. Dann wiederum begegnen mir Leute, die fast gar nichts haben und genau die teilen das Wenige noch mit mir. Ich glaube mittlerweile, je mehr man hat, um so größer ist die Angst, dass es einem wieder weggenommen wird und um so weniger will man helfen. Ich weiß nicht, ob wir als Spezies eine Zukunft haben, aber ich weiß, dass ich die ganze Welt sehen will, soweit das in einem Leben zu bewerkstelligen ist. Wenn man das Gute und das Böse, das mir auf meinen Reisen bisher zugestoßen ist, gegeneinander aufrechnet, beträgt der Anteil an Bösem höchstens 2%. Das ist dann manchmal zwar sehr böse, aber das Gute ist so schön, dass ich es gerne in Kauf nehme.

Farin Urlaub

Turn left in 1.200 kilometers Im Jahr 2007 ging Herr Urlaub erstmals unter die Autoren und veröffentlichte den Bildband „Unterwegs 1“ mit Geschichten und Fotos einer Reise durch Indien und Bhutan. Wobei an dieser Stelle vielleicht noch anzumerken wäre, dass Farins Verständnis vom zweiten Teil seines Namens wenig mit dem zu tun hat, was Reiseveranstalter und Lieschen Müller sich darunter vorstellen. Am liebsten allein und inzwischen mit drei Kameras bewaffnet, sucht er die abgelegenen Orte, weit weg von jedem Tourismus, um der Natur, den Menschen und der Lebensart des jeweiligen Landes auf den Grund zu gehen. Jetzt folgt mit dem konsequent betitelten „Unterwegs 2“ der Nachfolger. Wieder aufwändig produziert, kann man mit dem Buch (600 Fotos auf 504 Seiten) drei Monate visuellen Urlaub mit Urlaub in Australien machen, und obendrein noch drei Wochen in OstTimor. Geplant war das natürlich alles ganz anders... Warum Austalien? Es gibt darüber doch inzwischen vermutlich mehr Bildbände als Einwohner dort... Eigentlich sollte der zweite Bildband von Afrika handeln, aber diese Reise musste ich abbrechen, weil sie

einfach zu gefährlich wurde. Ich will hier nicht ins Detail gehen, aber es war wirklich sehr bedrohlich. Diese Erfahrung saß ziemlich tief – auch deshalb wollte ich ein entspannteres Reiseziel. Außerdem hatte ich Lust auf Weite. So fiel die Wahl auf Australien und Papua. Papua? (lacht) Ja, auch ein Plan, der nicht funktioniert hat. Die Kleinflugzeuge, die mich durch’s Land hätten fliegen müssen, da es keine Straße von der Küste in die Highlands gibt, hatten ein Gepäcklimit von 18 Kilogramm

Bekommst du nicht Lust, die Welt zu retten? Ich suche tatsächlich immer noch nach einem guten Ansatzpunkt. Ich glaube, wenn mehr Leute so viel von der Welt gesehen hätten wie ich, dann würden sie anders mit ihr umgehen. Das ist natürlich auch ein Widerspruch. Denn ich weiß auch, dass ich ordentlich Kerosin in die Welt geblasen habe, um an all diese Orte zu kommen. Von daher bin ich wohl mächtig daran beteiligt, wenn die Welt untergeht. Trotzdem mache ich hier abends kein Licht an, wenn es nicht notwendig ist, benutze nie eine Klimaanlage und die Tatsache, dass wir mit Trinkwasser unsere Kacke runterspülen, macht mich fürchterlich wütend. Du hast dein Honorar an dem Buch wieder gespendet und neulich Gitarren auf ebay für Ärzte ohne Grenzen versteigert. Hast du schon mal über ein weitergehendes Engagement nachgedacht? Ich glaube nicht, dass ich für einen UN-BotschafterPosten oder so was der Richtige bin. Das soll keine Entschuldigung sein, aber ich suche wirklich noch den Ansatz, der für mich der richtige ist. Text: Caroline Frey Foto: Birte Filmer Heimat: farin-urlaub.de Australien & Osttimor Unterwegs 2 Schwarzkopf & Schwarzkopf ab 1.10.2011 98,00 Euro


unclesally*s magazine

Charlotte Roche SchoSSgebete

(Piper) „Gesellschaftliche Debatten“ werden ja meist von denen an den Haaren herbeigezogen, die mit dem Thema der Debatte nichts zu tun haben. Heterosexuelle diskutieren über Homosexuelle, Erwachsene über Jugendliche, Äpfel über Birnen. Ob Charlotte Roches zweites Buch „Schoßgebete“ in den Feuilletons und Sendeanstalten ähnlich intensiv durchgehechelt werden wird, wie ihr Debüt „Feuchtgebiete“ wird sich herausstellen. Instanzen, die sich für den Fortgang von Debatten verantwortlich fühlen (Bild, Alice Schwarzer, die Mütter vom Prenzlauer Berg), arbeiten sicher schon daran. Roche trägt ihren Teil dazu bei und liefert Steilvorlagen en masse, schreibt explizit über Sexpraktiken, Pornographie und Darmparasiten, ihre Protagonistin Elisabeth Kiehl ist die Karikatur einer Zwangsneurose. Der Wille zum Tabubruch ist spürbar, aber Roche hat eigentlich ein anderes Thema. Denn „Schoßgebete“ besteht nur zu minimalen Anteilen aus gesellschaftlichem Sprengstoff und zu großen aus Selbstverständlichkeiten. Wenn Roche ihre gnadenlos verspannte Frau Kiehler in atemlosem inneren Monolog drei erzählte Tage lang durch ein Labyrinth aus Sex, Neurosen und Biogemüse treibt, werden vor allem Gewissheiten für Mittdreißiger bestätigt: Ein Leben, das die Anforderungen von Gesellschaft, Partner, sich selbst und den Kindern gleichermaßen berücksichtigen soll, ist komplex und oft sehr anstrengend. Man macht viele bescheuerte Sachen, um so ein Konstrukt aufrecht zu erhalten. Der Neuigkeitswert von „Schoßgebete“ hält sich für Leser, die sich in einer ähnlichen Lebenssituation wie die Hauptfigur – und damit immer auch ein bisschen die Autorin – befinden, in Grenzen. Mittfünziger werden das sicher zum Anlass nehmen, um eine gesellschaftliche Debatte über Feminismus, Moral und Werte auszurufen. Beste Voraussetzungen für Charlotte Roche, in langen Diskussionen zur Stimme ihrer Generation erklärt zu werden, wenn da nicht die im Buch zentralen Passagen über den Unfalltod von Elisabeths Geschwistern wären. Hier geht die Allgemeingültigkeit von „Schoßgebete“ in Ausstellung des persönlichen Leids über und Roche rotzt mit einer ähnlich entgrenzten Offenheit wie in „Feuchtgebiete“ Persönliches durch den „Literatur“-Fleischwolf. Ob sich jemand trauen wird über diesen Teil des Buches zu debattieren?

Text: Timo Richard

Ferdinand von Schirach Der Fall Collini

(Osterworldautio) Dass Recht mit Gerechtigkeit oft nichts gemein hat, ist nichts Neues. Aber die Art und Weise, wie der als Strafverteidiger in Kapitaldeliktsverfahren arbeitende Ferdinand von Schirach seine Geschichten erzählt, ist schlicht brillant. Waren es in „Schuld“ und „Verbrechen“ Sammlungen von kürzeren Storys, die einen durch alle Facetten menschlicher Emotionen jagten, geht es in diesem Buch (gelesen von Burkhart Klaußner), um einen einzigen Fall. Den des Herrn Collini, der ganz ohne Zweifel einen alten Mann brutal ermordet hat. Dass die Antworten auf die Fragen nach Schuld, Verantwortung, Recht und Gerechtigkeit nicht so klar auf der Hand liegen, wie die Beweise und das Geständnis, kann man sich denken. Wie sich der Autor ihnen beim Erzählen der Geschichte nähert, ist großartig. Ein Buch, das man gelesen oder eben gehört haben sollte. Text: Caroline Frey

WILLIAM GOLDING DER HERR DER FLIEGEN

(MDR/Der Hörverlag) Wenn ein aufgespießter Schweinekopf zu einem spricht, ist das in der Regel ein sicheres Warnsignal, dass etwas nicht stimmt. Für den im Fieberwahn liegenden Simon, der mit anderen Jugendlichen auf einer einsamen Insel gestrandet ist,

HÖR- BÜCHER/COMICS

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ist es da allerdings schon zu spät – genau wie für alle Hörer, denen der Plot dieses Jugendbuchklassikers über die den Menschen innewohnende Gewalt unbekannt ist. Die werden sich ob des elegischen Schwelgens im Esoterischen, all des mit zitternder Stimme vorgetragenen Schauderns und des sich steigernden Irrsinns irritiert abwenden. Da hilft auch der wunderbar einfühlsame, wenn auch gelegentlich etwas synthetisch klingende Soundtrack von den „Prinzen“ und ehemaligen Chorknaben Wolfgang Lenk und Tobias Künzel wenig. Wahrlich kein Totalausfall, aber die Lektüre des Buches ersetzt diese Produktion nicht. (1 CD / 57 Minuten) Text: Moritz Honert

GEBRÜDER THOT DIE SPINNE

(Lindenblatt Records) Normalerweise macht Thomas Lindner als Mitglied von Schandmaul in Sachen Mittelalterrock. Doch da Schalmeienklang bekanntlich nicht alles im Leben ist, hat er nun gemeinsam mit Bruder und Vater eine Lesung makaberer Kurzgeschichten inszeniert. Thomas Lindner produziert, Stefan Lindner schreibt, Papa Heinz hilft beim Lesen aus. Hörspielproduktion als Familienunternehmen quasi. Die Texte sind schnörkelloses Handwerk mit Hang zum Unflätigen, was man je nach Geschmack authentisch oder gewollt nennen mag. Die Sprecher klingen jedenfalls sympathisch, aber mit ihren auf Cowboy getrimmten Stimmen auch nicht wahnsinnig professionell. Die zwei enthaltenen Erzählungen von Mord und Totschlag funktionieren dank ihrer überraschenden Wendungen trotzdem ganz gut, einzig das theologische Streitgespräch im Mittelteil kommt ein wenig aufgeblasen daher. (1 CD / rund 68 Minuten) Text: Moritz Honert

SONST ERSCHIENEN Test geglückt, Fall gelöst: Die ersten vier Folgen der Hörspielreihe „Prof. Dr. Dr. Dr. Augustus Van Dusen“ kamen so gut an, dass nun mit „Stirb schön mit Shakespeare“ (Folgenreich) ein weiterer Teil veröffentlicht wird. Das Rätsel um eine verschwundene Schauspielerin bereitet dabei übrigens anfangs auch dem selbst ernannten „Hobbykriminologen“ einiges Kopfzerbrechen. Mindestens so sehr wie das Problem, das Raumpilot Mark Brandis in Folge 17 plagt: Der muss sich in “Operation Sonnenfracht” (Folgenreich/ Universal) nämlich entscheiden, ob er lieber die Erde oder seine Ehe retten soll. Wir sind zuversichtlich, dass er beides schafft. Die Sache mit den Ausländern ohne Papiere in Folge 16 namens “Aktenzeichen Illegal” hat er ja schließlich auch gedeichselt bekommen.

Text: Holger Muster, Moritz Honert

Norac/Poulin Im Land der verlorenen Erinnerung

(Jacoby & Stuart) Rousseau ist ein Hund. Zumindest sagt das der Polizist, der ihm seine Ausweispapiere hinwirft. Er sagt, Rousseau sei ein Hund und er solle auf seine Ausweispapiere aufpassen, denn ohne die wäre er nur noch einen Dreck wert. Wie eine Katze. Rousseau weiß nicht, dass er ein Hund ist. Er weiß noch nicht mal, dass sein Name Rousseau ist. Er erwacht nach einem Bombenattentat auf einen Bus mit bandagiertem Kopf und ohne Erinnerung in einem Krankenhausbett. Rousseau sieht auch nicht aus, wie ein Hund. Eher wie eine Katze. Die flache Schnauze, die spitzen Ohren,

TV-Tipp Hotel Bela

Deutschlands bekanntester Stehschlagzeuger bekommt seine eigene Sendung: Die Ärzte-Drummer Bela B. lädt ab 31. Oktober auf Arte ins „Hotel Bela“, beziehungsweise bringt er es zu seinen Gästen: Bela besucht Musiker, Schauspieler, Filmemacher und andere Künstler an den Orten, die vorübergehend ihr Heim sind - egal ob es sich dabei um den Tourbus oder um ein echtes Hotelzimmer handelt. In der Pilotfolge fühlt er ab 23:40 Uhr dem Horror-Altmeister George Romero („Die Nacht der lebenden Toten“) auf den Zahn. Hotel Bela, ab 31.10 um 34:40 Uhr auf arte die Fischgräte auf dem Teller in der Wohnung, die sein Zuhause sein soll. Die Katzen sind die Terroristen, die Ausgestoßenen und die Unterdrückten. Sie wollen nur ihre Freiheit. Sie zerbomben Busse und sprühen Graffitis an die Wand – und wenn es das letzte ist, was sie tun. Und das ist es dann oft auch wirklich. Ein Atmosphäre wie in Israel und dem Südafrika der Apartheid in einem. Auf den Familienfotos, die Rousseau findet, sind alle Hunde. Also wird er wohl auch einer sein. Aber jetzt, mit bandagiertem Gesicht und ohne Gedächtnis ist er endgültig zum Grenzgänger geworden. Er will nicht (mehr?) kämpfen. Und so macht er sich auf die Suche. Fünf Jahre hat Illustrations-Star Stéphane Poulin an seinen beeindruckenden und stimmungsvollen Bildern für “Im Land der verlorenen Erinnerung“ gearbeitet. Er bat den nicht minder erfolgreichen Schriftsteller Carl Norac, die Geschichte hinter seinen Bildern zu erzählen. So beschreibt es zumindest der Klappentext. Und dann passierte Folgendes: Norac schrieb den Text und quatschte die Bilder zu. Mit einer eindringlichen, stellenweise fast pubertär bedeutungsschwangeren Geschwätzigkeit, erklärt er Poulins stille, traurige Bilder und nimmt ihnen damit fast jeden Raum. Besonders deutlich wird das an den Stellen, wenn seitenlang mal nur die Bilder erzählen dürfen und der Text endlich einmal schweigt. Wie schade, dass Poulin nicht auf die Kraft seiner Bilder vertraut hat. Was für ein schönes, trauriges, melancholisch-kitschiges Buch hätte das werden können. Text: A. Hartung Preis: 24 Euro Heimat: jacobystuart.de

Mezzo/Pirus Der König der Fliegen: 1. Hallorave 2. Der Ursprung der Welt

(Avant-Verlag) Gibt man den Titel “Der König der Fliegen“ in eine bekannte Suchmaschine ein, findet man nicht viel. Ein paar Besprechungen bei den üblichen OnlinePortalen und Verwechslungen mit “Der Herr der Fliegen“. Das ist seltsam und ungerecht. Handelt es sich bei “Der König der Fliegen“ doch um nichts Geringeres als ein strahlend düsteres Meisterwerk.

Ein sorgfältig erzähltes und gezeichnetes noch dazu. Eine kleine schwarze Perle, die man verblüfft und voller Bewunderung anstarrt. “Der König der Fliegen“ erzählt die Geschichte eines Beziehungsgeflechts um den postpubertären jungen Éric. Alles beginnt, als er auf einer HalloweenParty die Freundin seines besten Freundes bumst. Auf dem Kopf einen riesigen Fliegenkopfs aus Pappmaché, während der Freund im Skelettkostüm nur 200 m weiter betrunken von einem Auto überfahren wird. Fortan streift dieser, die Dinge lakonisch kommentierend, als Geist durch die Nachbarschaft (und das All), während Éric den Fliegenkopf zunehmend auch gerne zu Hause aufsetzt. Einfach so, beim Rumsitzen oder Rasenmähen. Und die Dinge werden nicht besser. Für keine der Figuren wird es besser. Erzählt wird die Geschichte in kleinen Episoden. In fast separaten Kurzgeschichten, welche sich meist einer der Figuren widmen, nach und nach alle miteinander verknüpfen, um sie anschließend in einen hypnotischen Strudel zu ziehen. Und den Leser gleich mit. Gezeichnet ist dieses Ballett des Schreckens in ausgeklügelten, fast statischen Bildern mit kühlem, sauberen Strich und vor allem: viel Schwarz. Was oft den Eindruck vermittelt, man würde sich eine Art farbige Schwarzweiß-Zeichnung anschauen und die emotionale Distanz der Figuren eindrucksvoll unterstreicht. Selbst derer, die sich eigentlich doch lieben. Ein Comic wie von Charles Burns, der auf einem LSD-Trip zuviel Twin Peaks geschaut hat. “Der König der Fliegen“ sollte ein Muss, ein Kultcomic für alle morbiden Geister sein. Text: A. Hartung Preis: 19,95 Euro Heimat: avant-verlag.de


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COMPUTERSPIELE

unclesally*s magazine

liebevolle Zeichnungen und zeitgemäße Soundkulisse auf einen aktuellen Stand gebracht. Nachdem diese Remakes bisher nur als Download erhältlich waren, können sich PC-, PS3- und Xbox360-Spieler nun auch wieder eine normale Handels-Version ins Regal stellen. Und sollten dies auch unbedingt tun - als Veteran, der die Originale kennt, wird man stundenlang in Erinnerungen schwelgen, als Neueinsteiger bekommt man ein wunderbares und zeitloses Stück Geschichte in taufrischer Aufmachung geboten, wobei per Knopfdruck auch jederzeit der Wechsel in das alte Original möglich ist:

Monkey Island Special Edition Collection Welches ist das beste Computerspiel aller Zeiten? Die Frage wird wohl jeder etwas anders beantworten, trotzdem dürfte in einem Punkt große Einigkeit herrschen: „Monkey Island“ wäre in der engsten Auswahl ganz vorne mit dabei. Mit dem Piraten Guybrush Threepwood hat Lucas Arts Videospiel-Geschichte geschrieben. Natürlich gab es schon davor Adventures, witzige Titel und gut erzählte Geschichten. Nie zuvor aber gelang die Kombination aus fordernden Rätseln, wunderbarem Humor, unglaublich viel Atmosphäre und einer tollen Story so gut wie hier. Und obwohl der erste Teil bereits 1990 veröffentlicht wurde, müs-

sen sich auch aktuelle Adventures immer an dem Klassiker messen lassen - und ziehen bis heute fast immer den Kürzeren. Da sich die Technik in den letzten 20 Jahren natürlich massiv verändert hat, spendierte man „The Secret of Monkey Island“ und „Monkey Island 2: LeChuck’s Revenge“ im letzten Jahr eine HD-Neuauflage – das Spiel blieb erhalten, wurde aber durch neue Animationen,

Wer sich nie mit den hier versammelten ZombiePiraten, seltsamen Bestattern und BeleidigungsFechtduellen auseinander gesetzt hat, verpasst einfach zu viel - vor allem angesichts eines fairen Verkaufspreises von etwa 20 Euro. Text: Tito Wiesner

Genre: Adventure Publisher: Lucas Arts Plattform: PS3, Xbox360, PC

F1 2011 Jemand Lust, Sebastian Vettel den WM-Titel streitig zu machen? Kein Problem: In "F1 2011" kann jeder zumindest virtueller Weltmeister werden – vorausgesetzt, man lässt auf den 19 Original-Kursen des Formel1-Zirkus Konkurrenten wie Alonso, Hamilton und eben Vettel hinter sich. Herzstück von "F1", das mit allen aktuellen Saison- und Fahrerdaten aufwartet, ist der Karrieremodus. Als Nachwuchsfahrer gilt es zunächst, bei einem kleineren der insgesamt zwölf Teams anzuheuern und sich nach und nach hochzuarbeiten. Nicht nur auf der Strecke: Die Presse will ein Interview, der Teamchef schreibt laufend E-Mails, in der Garage muss an Aerodynamik und Reifendruck gefeilt werden. Dann geht es raus zu den ersten Trainings- und Qualifying-Runden – und bis die ersten Top-Zeiten eingefahren werden können, braucht es schon etwas Übung, trotz zahlreicher aktivierbarer Fahrhilfen wie automatischer Bremse und Ideallinie. Insgesamt fällt dabei auf, dass Codemasters spannende und enge Manöver wichtiger waren als eine akkurate Simulation bis ins letzte Detail - wer sich eine so realistisch wie möglich gestaltete Hard-

core-Herausforderung wünscht wird sicherlich an einigen Stellen noch Optimierungspotenzial finden. Neuerungen wie KERS - Bremsenergierückgewinnung, dank der für ein paar Sekunden ein Turbo aktiviert werden kann - sind dennoch mit im Spiel, ebenso wie das Pace Car, ein neuer Splitscreen-Modus sowie Online-Optionen mit 15 menschlichen Mitspielern im Grand-Prix-Modus. Die Änderungen bei "F1 2011" gegenüber dem Vorjahrestitel sind insgesamt zwar trotzdem überschaubar - wer den Vorgänger noch nicht besitzt

kann aber bedenkenlos zum PC- oder KonsolenLenkrad greifen, so gelungen sind Technik und Rennaction. Text: Tito Wiesner

Genre: Racing Publisher: Codemasters Plattform: PS3, Xbox360, PC


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COMPUTERSPIELE

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Trackmania 2: Canyon Mit Vollgas in die Felsspalte: Der Rennspiel-Baukasten "Trackmania" geht in die nächste Runde - und setzt in neuer Berg- und Wüsten-Umgebung auf altbekannte Stärken. Auf den ersten Blick wirkt "Trackmania Canyon" etwas spartanisch - der namensgebende Canyon ist das einzige verfügbare Szenario, das auch nur mit einem einzigen Fahrzeug befahrbar ist. Schon im Solo-Modus ist trotzdem viel zu entdecken: Die nach und nach freischaltbaren Kurse glänzen mit Abwechslung und schrägen Ideen. Knifflige Sprünge über Rampen und Abgründe verlangen viel Feingefühl beim Timing. Beschleunigungsstreifen wollen genutzt werden, Fahrten an senkrechter Wand gelernt sein. Hinzu kommen Drifts auf Sand, Rasereien durch Tunnel und vieles mehr - ist es bei den ersten Aufgaben noch recht einfach, die vorgegebenen Zeiten zu unterbieten und so nach und nach Bronze-, Silber- und Gold-Medaillen zu gewinnen, wird es im späteren Spielverlauf immer schwieriger. Der Einzelspieler-Modus ist aber wie gewohnt nur der Einstieg in die "Trackmania"-Welt. Natürlich kann online wieder um Bestzeiten gekämpft werden - bis zu 200 Spieler dürfen sich an neuen Rekorden auf den einzelnen Strecken versuchen. Hinzu kommt der noch umfangreichere Editor, mit dem der eigenen Kreativität beim Streckenbau praktisch keine Grenzen gesetzt sind - auch wenn

Warhammer 40.000: Space Marine Orks metzeln statt Strategien schmieden: In „Space Marine“, dem neuen Titel im "Warhammer 40.000"-Universum, schicken die Entwickler von Relic den Spieler erstmals in einen Third-Person-Shooter - und lassen ihn die zahllosen Gegner mit wilder Gewalt anstelle von durchdachter Taktik zerlegen. Auch "Space Marine" orientiert sich bei Szenerien und Geschichte sehr eng an der Tabletop-Vorlage, Spieler ohne "Warhammer 40.000“-Vorkentnisse können hier dennoch ohne große Schwierigkeiten zu den Waffen greifen - die Story des Spiels ist übersichtlich. Die außerirdische Gefahr in Form der Orks hat in einer fernen dunklen Zukunftswelt einen Industrie-Planeten besetzt, um sich dort neue Waffen unter den Nagel zu reißen. Die einzige verbleibende Hoffnung der Menschheit sind die Space Marines - aufgerüstete Superhelden, von denen der Spieler einen Recken namens Titus steuern darf. Titus redet nicht gerne, prügelt sich dafür umso lieber - zu Beginn stehen ihm dabei nur Messer und Pistole zur Verfügung, das Waffenarsenal wächst aber schnell um solche Dinge wie Granaten, Laserkanonen, Axt, Kettenschwert oder Energiehammer

es natürlich einige Einarbeitungszeit braucht, bis komplexe Strecken mit Loopings und anderen Überraschungen gebastelt, die Landschaft angepasst oder gar noch ein Intro-Film dazu erschaffen werden kann. Diese umfangreichen CommunityOptionen sorgen wie gewohnt dafür, dass die Motivation in den kommenden Wochen und Monaten kaum abflauen dürfte - zu fesselnd ist der wettweite Konkurrenzkampf, zu üppig dürfte der kontinuierliche Strecken-Nachschub ausfallen. Alles beim Alten also, nur noch besser - und das

an. Abwechslung ist dabei durchaus gegeben: Verschiedene Kombos und die Option, Kontrahenten erst zu betäuben und dann mit einer gewaltigen Abschlussaktion zu erledigen, sehen nicht nur gut aus, sondern helfen auch dabei, die eigene Energieleiste wieder aufzupeppeln. Der Schwierigkeitsgrad steigt im Spielverlauf steil an, was vor allem an knapper Munition und der schieren Gegner-Überzahl liegt - sonderlich intelligent sind die diversen Ork-Klassen allerdings nicht. Die sehr lineare Inszenierung lässt zudem Überraschungen oder wirklich gute Ideen vermissen, mit Action-Highlights wie "Ge-

alles zu einem wirklich fairen Preis von 20 Euro. (Das Spiel ist als Download unter trackmania.com erhältlich). Text: Tito Wiesner

Genre: Racing Publisher: Ubisoft Plattform: PC

ars Of War" kann "Space Marine“ nicht mithalten. Zumindest den Anhängern des "Warhammer 40.000"-Szenarios werden aber ein paar Stunden durchaus atmosphärische Action geboten. Text: Tito Wiesner

Genre: Action Publisher: THQ Plattform: PS3, Xbox360, PC


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QUICKIES

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QUICKIES

Alles nur gekauft Casper. Mazine. Du? Die Klamotten zum Poster

Ferrero

Happy Birthday Hollywood! Weil 1911 das erste Filmstudio in Hollywood seinen Betrieb aufnahm, begeht die Traumfabrik in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag. Das muss man als echter Filmfan natürlich gebührend feiern – und wie ließe sich so ein spektakuläres Jubiläum besser versüßen als mit dem Besten aus dem Hause Ferrero? kinder, duplo und hanuta fahren anlässlich eines Jahrhunderts cineastischer Hochgenüsse jedenfalls ein filmreifes Geschenk auf: Für die Gutscheine auf den Packungen der zehn SchokoSnacks von Ferrero gibt es in allen teilnehmenden Kinos an jedem Tag Tickets zum ermäßigten Kinotag-Preis. Die Kinogutscheine können bis Ende Februar 2012 direkt an der Kinokasse eingelöst werden. Und mit ein bisschen Glück kommt das ganz große Kino auch direkt zu dir nach Hause: Zu gewinnen gibt es eine coole Snacks Kino-Box im Wert von 700 Euro mit den leckeren SchokoSnacks von Ferrero und einem iPad2 von Apple inklusive iTunes-Gutschein zum Download von topaktuellen Filmhits sowie zwei Gutscheinen für einen Kinobesuch. Mitmachen lohnt sich - und ins Kino gehen auch! ferrero-kinotag.de.

Pssst, Du da! Je weniger von dieser Sache wissen, desto besser für dich! Im letzten Monat haben wir Casper ein paar schicke Klamotten der Firma Mazine übergestreift und ihn für ein Poster fotografiert – sechsmal. Das Poster ging weg wie Gratisschokolade und da dachten wir, wir steigern die Freude der Fans noch ein bisschen mehr und verlosen einfach die Klamotten vom Shooting. Selbst wenn manche Teile nicht auf dem Poster abgedruckt wurden, hat Casper doch jedes gute Stück mal AAAAngefasst. Wenn dein Puls jetzt rast, nutze den Adrenalinflash und bewirb dich auf sallys.net für eines der Kleidungsstücke. Natürlich gehen diese wertvollen Textilien ausschließlich an Fans, die ihr Anliegen so präsentieren, dass wir ihre Begeisterung auch spüren. mazine.de

Halloween.de

The Dark Side Of The Party Es ist unübersehbar: Halloween ist in Deutschland angekommen und geht auch nicht mehr weg. Und so steigen auch dieses Jahr Ende Oktober wieder zahlreiche Halloween-Partys. Schade nur, dass den Veranstaltern dazu oft bis auf Papierfledermäuse und Bloody Marys eher wenig einfällt. Du verkleidest dich als Vampir? Boah, das versetzt uns aber vor Schreck ins Schlafkoma! Das Internetportal halloween.de hat sich fest vorgenommen, solcher Einfallslosigkeit ein Ende zu setzen. Niemand anderes als Seine Orangene Lordschaft, der Kürbiskönig persönlich, zeigt hier Verkleidungs- und Dekorationstipps zum Nachbauen, wie du sie so garantiert noch nie gesehen hast. Dazu gibt es zahlreiche Anregungen, wie man eine Halloween-Party auch mal anders feiern kann. Und wenn es denn nun unbedingt der Vampir sein soll, dann schaut euch die Schminkanleitung für die Vampirlady auf Halloween.de an. Da fällt Mutti die Bonbon-Schüssel aus der Hand. Um zu zeigen, dass sie es ernst meinen, spendieren der Kürbiskönig und Halloween.de in Zusammenarbeit mit dem Verkleidungsspezialisten maskworld. com auf sallys.net zwei Profi-Schmink-Sets! Halloween kann kommen! halloween.de



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SCREENSHOTS/VORSCHAU/IMPRESSUM

unclesally*s magazine

IMPRESSUM

SCREENSHOTs

DIE ZAHNBÜRSTE

Eine Bekannte erzählte uns von einer Höllennacht. Ein Streit mit ihrem Freund war am Vorabend ins Unermessliche eskaliert und obwohl sie bereits auf die Couch umgezogen war, brodelte die Wut in ihr weiter. Also stand sie auf und wurde handgreiflich. Auf ihre ganz persönliche Art: „Ich war so sauer. Oh Gott! Also bin ins Bad gegangen. Da hab’ ich dann voller Wut und wie im Rausch einfach seine Zahnbürste genommen und... versteckt! Weg war sie.“ Und sie ergänzte: „Ich bin ja nicht doof: Die Ersatzzahnbürsten hab ich natürlich auch alle versteckt!“ Im Amtsgericht in der Möckernstraße in Berlin gibt es einen Check-In. Wie am Flughafen. Hier wird man vor Betreten des Gebäudes auf den Besitz von Nagelscheren, gewaltbereiten Flüssigkeiten und Atomraketen überprüft. Das Amtsgericht

VORSCHAU INTERVIEWS Portugal. The Man

Bush

Am 28. Oktober rollt die 171. unclesally*s-Ausgabe vom Band, deren Quersumme ungefähr auch die Jahre bemisst, in denen Bush-Sänger Gavin Rossdale bestenfalls als Celebrity-Ehemann in den Klatschspalten wahrgenommen wurde. Das neue Album „Everything Always Now“, soll das wieder ändern. Wir haben nicht nur die Hardfacts UND den Gossip aus dem Hause Rossdale, sondern auch Justice, Kool Savas, The Dø, We Were Promised Jetpacks, Sick Of It All und viele andere zu aktuellen Projekten ausgefragt.

IM KINO Abwechslungsreich wie selten präsentiert sich das Kinoprogramm im November. Aus den USA kommt Independent-Kino wie „The Future“ von Miranda July (siehe Bild) oder „Meek’s Cutoff“ mit Michelle Williams, aber natürlich auch großes Spektakel wie die Roboter-Box-Action von „Real Steel“ oder „Krieg der Götter 3D“ mit Mickey Rourke. Unsere französischen Nachbarn haben hochkarätige Stars wie Isabelle Huppert („I’m Not a F**king Princess“) ebenso am Start wie das furiose Cop-Drama „Poliezei“.

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in der Möckernstraße ist das einzige in Berlin, in dem man sich einer solchen Prozedur unterziehen muss. Warum? Weil im selben Gebäude auch das Familiengericht untergebracht ist und nirgends so viel Gewalt und bewaffnete Auseinandersetzungen stattfinden, wie im kuscheligen Kreis der Liebsten. Ja. Die häufigsten Unfälle passieren zu Hause. Und die wenigsten davon sind welche! Denn im Streit mit dem Partner fliegt grundsätzlich alles vorsätzlich (und mitunter überraschend gezielt) in die Richtung des Geliebten. Beliebt sind hier Dinge, die ordentlich weh tun und möglichst nicht von einem selbst gekauft wurden. Da wird geworfen, gehauen geschossen und gesprengt. Und während es in Krieg internationale Regeln und Gesetze gibt, gilt in der Beziehung nur: Mach kaputt, was dich kaputt macht! Dabei gibt es auch Alternativen zu bösem Hauehaue und Haareziehen. Einfach mal im Blutrausch die Zahnbürste des Partners verstecken. So geht’s doch auch! Einfach mal fett Schuhcreme unter die Türklinke schmieren, wenn der/die Alte nicht spurt. Oder die Schnürsenkel zusammenbinden. Oder im Schlaf mit Edding einen Schnurrbart anmalen. Oder eine Brille! Dann den Spiegel im Bad abhängen und seinen Schatz mit Eddingbrille zur Arbeit gehen lassen. Hahaha. Und dann noch Knoblauchzehen in die Vierfrucht-Marmelade stecken. Das baut Spannungen ab! Da kauft man einfach mal drei Wochen lang das gaaanz harte Klopapier und schneidet alle Vokale aus der InStyle aus. Das Chanel No. 5 mit Axe auffüllen, Wurstwasser ins After Shave und bei allen Kontakten im Handy eine Zahl ändern. So werden Aggressionen gezielt kanalisiert! Dann Kaugummi in die Schamhaare und Microsoft-Logos auf alle Apple Produkte kleben, Zucker und Salz austauschen, im Bett die Wintersteppdecke auf die Sommerseite drehen, eine Erbse unter die Matratze legen und die Heizung in der ganzen Wohnung von 23 Grad auf 22,5 Grad runterdrehen. Aber nix sagen! Pssscht! Als ich beim Amtsgericht in der Möckernstraße einchecke, werde ich gebeten, meine Tasche zu öffnen. Der Inhalt: Zwei Eddings, eine Frauenzeitschrift, eine FDP Wahlkampfbroschüre mit aufgemalten Schnurrbärten und ein alter Toshiba Laptop mit aufgeklebtem Apple-Logo. Keine Atomrakete. Ich werde problemlos durchgewunken. Geht doch! Yessica Yeti

Heimat: sallys.net Legal Affairs:

Josef Limper (www.kanzlei-limper.de) Marc Zibirre, LL.M. (info@merribiz.de)

Ressorts:

Bücher: Timo Richard *** Comics: Andreas Hartung *** Comicstrip: aha *** Computerspiele: Tito Wiesner *** Demodesaster: Roy Fabian, Maik Werther *** Hörspiele: Moritz Honert *** Kino: Patrick Heidmann *** Neuigkeiten: Robby Steuding *** Platten: Ina Göritz *** Sport: Christine Stiller *** Lektorat: Florian Hayler, Torsten Hempelt *** Online: Ina Göritz, Christine Stiller

Abo: 15 Euro/Jahr

Bestellung an: abo@sallys.net

Autoren:

Frank Abel, Jochen Barthel, Elmar Bassen, Volker Bernhard, Kai Butterweck, Ben Foitzik, Jens Fritze, Gordon Gernand, Robert Goldbach, Sebastian Gosmann, Sarah Gulinski, Michael Haacken, Cornelis Hähnel, Florian Hayler, Lasse Holler, Leon Ilsen, Stephanie Johne, Tim Kegler, Aiko Kempen, Philipp Kohl, Eric Landmann, Arne Lieb, Dirk Lüneberg, Peter Meisterhans, Nina Meyer, Boris Mischke, Christopher Mühlig, Johannes Musial, Holger Muster, Elisabeth Nagy, Vanessa Pape, Marc Phillips, Friedrich Reip, Sascha Rettig, Verena Reygers, Timo Richard, Daniel Schieferdecker, Franziska Schuh, Kristin Sperling, Steffen Sydow, Maritta Seitz, Natascha Siegert, Fabian Soethof, Samuel Stein, Frank Straessner, Frédéric Schwilden, Katharina Schulze-Geißler, Frank Thießies, Nina Töllner, Hans-Christian Vortisch, Marek Weber, Silvia Weber, Kati Weilhammer, Marcus Willfroth, Yessica Yeti

Praktikanten:

Zedra Behmanesh, Jan-Niklas Jäger

Auszubildende: Mandy Scholz

Fotografen:

Titelfoto The Subways: Tim Klöcker Fotografen: Frank Abel, David Biene, Birte Filmer, Sebastian Gabsch, Ali Ghandtschi, Tim Klöcker, Oliver Schümers, Jan Umpfenbach, Erik Weiss, Jan Windszus, Ben Wolf, Stephan Mühlau

Layout:

Caroline Frey, Mario Krenz Editorial Design & Konzept: Bijan Latif * www.bijanlatif.com

Druck:

Frank Druck GmbH & Co. KG

Vertriebsleitung: Florian Hayler Vertriebsleitung Berlin: Roland Köppel Vertriebspartner:

unclesally*s Distribution: Berlin, Potsdam CartelX GmbH & Co. KG: Hamburg, Bremen, Oldenburg, Osnabrück, Hannover, Braunschweig, Frankfurt/Main, Wiesbaden, Mainz, Stuttgart, Kiel, Flensburg u.a. PMS Köln: Köln, Düsseldorf, Essen, Bochum, Dortmund, Wuppertal, Oberhausen, Bonn, Krefeld, Duisburg u.a. Primeline Dresden: Dresden, Halle, Chemnitz Blanda Promotions: München Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Es wird keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte, Tonträger und Fotos übernommen. Diese gehen in den Besitz des unclesally*s über. Nachdruck, auch auszugsweise nur mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung der unclesally*s GmbH & Co.KG. Für alle Verlosungen ist der Rechtsweg ausgeschlossen. Es gilt die Anzeigenpreisliste vom 01.01.2011




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