UNI:PRESS STUDIERENDENZEITUNG DER ÖSTERREICHISCHEN HOCHSCHÜLERiNNENSCHAFT DER UNIVERSITÄT SALZBURG — #695 Dezember 2018 —
OHNMACHT
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A R G E k u lt u r | u l r I k E - G S C H W A N D t N E r - S t r A S S E 5 5020 SAlzburG|+43-662-848784|www.ARGEkultuR.At
IMPRESSUM Medieninhaberin: Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der Paris Lodron Universität Salzburg (ÖH Salzburg), Kaigasse 28, 5020 Salzburg, www.oeh-salzburg.at, sekretariat@oeh-salzburg.at / Herausgeber: HochschülerInnenschaft / Pressereferentin: Carolina Forstner / Layout: Michael Seifert / Lektorat: Christoph Baumann & Die Redaktion/ Anzeigen und Vertrieb: Martina Winkler Redaktion (Kontakt: presse@oeh-salzburg.at): Carolina Forstner, Hannah Wahl, Carlos Reinelt, Christoph Würflinger / AutorInnen in dieser Ausgabe: Kay-Michael Dankl, Christoph Würflinger, Carolina Forstner, Carlos P. Reinelt, Hannah Wahl, Katrin Thiele, Felix Klein, Gruppe Transbib, no20-Soligruppe, Christoph Würfelhammer, kunibertus bombastus von spiegelheim Bernhard Landkammer. Druckerei: Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H. / www.berger.at / Auflage: 8.000. Für Verbesserungsvorschläge und kritische Hinweise sind wir sehr dankbar. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des jeweiligen Autors/der Autorin und nicht immer die Sichtweise der Redaktion wieder.
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FOTO: Pamela Russmann
8.1. Wir StaatSkünStler 9.&10.1. maSchek 11.1. klitclique Die römiSchen Votzen 12.1. Poetry Slam 23.1. Der nino auS Wien 24.1. PerForminG SounD #22 Eintritt FrEi! 1.2. Sir tralala 7.2. GebrüDer moPeD 15.2. Familie läSSiG 22.3. culk | Die heiterkeit
EDITORIAL
Carolina Forstner
Hannah Wahl
Carlos Reinelt
Michael Seifert
Christoph Würflinger
Liebe LeserIn Wir stehen im Leben so manchen Dingen ohnmächtig gegenüber. Eines dieser Dinge ist die anstehende Kür eines neuen Rektors (oder einer neuen Rektorin). In zwei demokratisch höchst fragwürdigen Gremien schnapsen sich ProfessorInnen und VertreterInnen aus “der Wirtschaft”™ aus, wer in Zukunft die Uni leiten wird. Studierende, Mittelbau und allgemeines Uni-Personal sind von der Mitbestimmung praktisch ausgeschlossen. Wir berichten ausführlich von diesem Prozess und zeigen Alternativen auf. Aus der Ohnmacht kann man sich aber auch befreien, wie das Beispiel GesWi-Mensa zeigt: Warum nicht einfach selbst organisieren?
Interview zum universitären Leider-immer-noch-Dauerbrenner sexuelle Belästigung. Selbstverständlich gibt es auch dieses Mal wieder etwas zum Thema Marx quasi die Antwort auf die Antwort auf die Antwort auf den ersten Marx-Artikel. Außerdem beschäftigen wir uns mit dem polizeilichen Gewaltexzess im September und klären ein für allemal, wo das geheimnisvolle Schilda liegt. Auch der Kulturteil hat’s in sich: Neben den Klassikern Beisltest und Filmschmankerl setzen wir die Erzählung “Das Manifest” fort.
Den einen oder anderen Aufreger haben wir im Ressort uni & leben. Spoiler: Das Rektorat hat wieder einmal Mist gebaut. Es erwarten euch außerdem ein Erlebnisbericht über ein Auslandssemester in Japan und ein
Deine Redaktion
Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen!
Fragen, Wünsche, Anregungen, Kritik wie immer an presse@oeh-salzburg.at
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INHALT
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Raus aus der Ohnmacht!
Rektor? Wählen! Rektors-Wahl: Früher, heute, morgen? uni:press-Exklusiv Die Rektorats-KandidatInnen der engeren Auswahl Stimmen zur Wahl
Frei:Kost Als Alternative zur Mensa
Ohnmacht...
UNI & LEBEN
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Neues aus dem Vositzbüro Die neue Universitätsfinanzierung Die Ahnungslosen Ein Update zur Verleihung des Ehrendoktorats Freunderlwirtschaft im Hörsaal Studieren in Japan Die Leiden des jungen Sebastian K. Prävention und Umgang mit sexueller Gewalt an der Universität Salzburg
INHALT
POLITIK & GESELLSCHAFT
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Über Marx, Esoterik und moderne Hexen
Zum Glück gibt es da noch die FPÖ Wir sind nicht behindert, Wir werden behindert!
Der Gipfel ist vorbei Die Repression hält an... Stimmen zum Vorgehen der Polizei am Volksgarten nach der Demo Schildbürgerstreich Eichstraßenbrücke
KULTUR & MENSCHEN
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EUROTEURO Wiener Schmäh trifft auf Dadaismus
You know what? Nowat! DAS MANIFEST eine erzählung in drei aufzügen uni:press Filmtipps Body Horror Der ultimative uni:press Beisltest Teil 8 - Lehen II Zeitmaschine Unineubau – Die Bombe tickt
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RAUS AUS DER OHNMACHT!
Kickl und Kurz, Trump und die Klimakatastrophe, Zukunftsangst, leeres Konto und sündteure Miete: Was kann ich schon ausrichten angesichts einer Welt voller Probleme? Die Erfahrung zeigt: viel!
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s ist der Einsatz jedes und jeder Einzelnen, der in den kleinen wie in den großen Fragen unserer Zeit einen Unterschied macht. Ob an der Uni Salzburg ganze Studienrichtungen gestrichen werden, ob Studiengebühren von 1.000 Euro im Jahr kommen oder ob die ÖVP-FPÖ-Regierung den Sozialstaat zertrümmert – all das sind keine Naturgesetze. Es sind offene, umstrittene Fragen, in der das zivilgesellschaftliche und politische Engagement vieler Menschen ausschlaggebend sein kann. Auch in Salzburg setzen sich seit Jahren viele Studierende für eine fortschrittliche, solidarische Gesellschaft und ein gutes, faires Studium ein – frei vom Zwang der wirtschaftlichen Verwertung, von Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung:
Die GesWi wird zugemauert - als Aktion gegen sozial diskriminierende Zugangsbeschränkungen und Knock-Out-Prüfungen.
Proteste gegen Familienbeihilfe-Kürzung 2010
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Studierende und Universität protestieren mit einem Protestzug und einer Uni-Vollversammlung mit über tausend TeilnehmerInnen Schulter an Schulter für eine bessere Uni-Finanzierung (Oktober 2010, Audimax an der NaWi)
1. Dein Einsatz wird gebraucht. Salzburg ist eine kleine Stadt. Die zivilgesellschaftlichen und politischen Szenen sind überschaubar. Wenn sich drei Leute zusammentun um etwas zu bewegen, können sie einen großen Impact haben. Es macht einen Unterschied, wenn du dich engagierst. 2. In der eigenen Lebenswelt anfangen: Damit ist nicht gemeint, zu Weihnachten die genervte Verwandtschaft zu missionieren. Es geht darum, konkrete Probleme im eigenen Umfeld aufzugreifen und mit dem Blick auf das Ganze zu verknüpfen. Durch deine Arbeit, deine FreundInnen und StudienkollegInnen bewegst du dich in einem einzigartigen Umfeld, in dem nur du etwas bewegen kannst. Dein Einsatz ist unersetzbar. 3. One step at a time: Weltfrieden und -revolution fallen nicht vom Himmel. Keine Frage: Die Ausgangslage ist heutzutage keine rosige. Aber wann war sie das schon? Im 19. Jahrhundert, zwischen erdrückendem Feudalismus und knochenbrechender Industrialisierung? Gewiss nicht in den 1920er oder 1930er Jahren! Etwa im Mief der 1950er und 1960er? 4. Fortschritt ist politisch: Die Probleme unserer Zeit werden nicht durch neue Erfindungen oder fancy Apps gelöst. Wir müssen die gesellschaftlichen Verhältnisse ändern – wie produziert, verteilt und konsumiert wird, wer politisch mitbestimmen kann und wer nicht, wie wir soziale Beziehungen gestalten. Dafür braucht es auch dich. 5. Gemeinsam gezielt handeln: Weder in der engen Rolle als bloße/r KonsumentIn, noch durch naives Wollen verändert sich die Welt - sondern nur, indem wir uns mit anderen zusammentun, die Dinge hinterfragen und unsere kostbare Zeit und Energie gezielt einsetzen, um etwas zu bewegen. Gemeinsam ist viel möglich - je mehr wir sind, desto mehr können wir bewegen!
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tudierende unerwünscht!” so schallt es den 17.000 Studierenden der Uni Salzburg am 9. November in einer Email des Unirats entgegen. Der Hintergrund: Im Frühjahr endet die 18-jährige Amtszeit von Rektor Heinrich Schmidinger. Nun gilt es eine/n NachfolgerIn zu finden. Der erste Eklat: Beim zweitägigen Hearing mit neun geladenen KandidatInnen am 19. und 20. November wurden die Studierenden pauschal ausgeschlossen. Denn in der Großen Aula hätten nur 500600 Menschen Platz. Das sei zu wenig. Daher müssten zuerst die Studierenden weichen, während Uni-Bedienstete in ihrer Arbeitszeit teilnehmen können. Nebenbei wurde den Studierenden abgesprochen, ein legitimes Interesse an Mitbestimmung bei der Rektors-Nachfolge zu haben. Dieser Ausschluss war eine Ohrfeige für alle Studierenden. Dementsprechend stark war der Rückhalt, als die ÖH Salzburg diesen Missstand öffentlich anprangerte. Die ÖH forderte, dass neben den zugelassenen ÖH-Mitarbeiter*innen auch alle Studierenden eine Chance haben, gehört zu werden. Technisch
wäre das leicht lösbar - mit einem ausreichend großen Raum oder Platzvergabe nach Anmeldezeitraum. Als die ÖH mit Plakaten dazu aufrief, an den Hearings teilzunehmen, verlor der Uniratsvorsitzende die Contenance: Er drohte dem ÖH-Vorsitzenden Felix Klein schrifltich, er würde für die Hearings zusätzliche Securities anheuern, um die Studierenden zu kontrollieren und draußen zu halten, und ihm die Kosten - privat - in Rechnung stellen. Unirat an Studis: hackeln statt mitreden Ironischerweise suchte der Unirat wenig später tatsächlich Studierende für die Hearings - aber nur um für 10 Euro die Stunde Mikrophone durch den Raum zu tragen ... Eine Last-Minute-Aktion. Studierende über eine Anmeldung bei der ÖH doch teilnehmen zu lassen, verhallte im Echo der empörenden Email und im Trubel. Ironisches Detail: Die Hearings waren letztlich so schwach besucht, dass jeder zweite Platz leer blieb. Statt der erwarteten 500-600 TeilnehmerInnen erschienen nur rund 260.
.. REKTOR? WAHLEN!
Abgehoben, hierarchisch, undemokratisch: Die Rede ist nicht vom Vatikan, sondern von der Kür des neuen Rektors der Uni Salzburg. Denn das ab 2019 amtierende Rektorat wird nicht gewählt, sondern gekürt. Kleine Zirkel entscheiden, während Studierende und Bedienstete Zaungäste bleiben. Höchste Zeit das zu ändern und die Uni mit Demokratie zu durchfluten. Von Kay-Michael Dankl
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Is this what democracy looks like? Der Ausschluss der Studierenden entspricht der Geist, der seit 2002 durch die Unis weht. Damals wurde das Modell der demokratischen Universität zerschlagen, das in den 1970er die verkrustete und autoritäre “Ordinarien-Universität” ablöste. An die Stelle allmächtiger alter Professoren traten unter Wissenschaftsministerin Hertha Firnberg in den 1970ern Kollegialorgane, das heißt Arbeitsgruppen und Gremien, in denen Studierende, akademischer Mittelbau und ProfessorInnen auf Augenhöhe Entscheidungen trafen. Es galt die Drittelparität: Jede Personengruppe hatte ein Drittel der Stimmen inne. Dreißig Jahre später war die Uni-Demokratie der ersten Schwarz-Blauen Bundesregierung ein Dorn im Auge - und fiel einem Kahlschlag zum Opfer. ÖVP und FPÖ entmachteten die demokratischen Gremien, verbanden neoliberale Management-Strukturen mit konservativen Hierachien, legten den Unis ein Gängelband um und installierten “Uniräte” als Aufsichtsorgane mit enormer Machtfülle. Seitdem werden die Rektoren (die erste Rektorin an einer österreichischen Uni, Ingela Brunner, trat erst 2007 (!) ihr Amt an der Uni für Bodenkultur an) nicht mehr gewählt. Bis 2002 erstellte der Senat als oberstes gewähltes Organ die Ausschreibung, sichtete die Bewerbungen und legte einen Dreiervorschlag mit den drei bestgeeignten Personen vor. Im Senat waren die Studierenden, der akademische Mittelbau und die Profs mit je einem Drittel vertreten. Aus dem Dreiervorschlag wählte die sogenannte “Universitätsversammlung” - ein bis zu 600 Mitglieder großes, paritätisch zusammengesetztes Organ den Rektor. Diese Hochzeit der uni-internen Mitbestimmungen zerbrach an den schwarz-blauen Reformen.
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Die autoritäre Wende an den Unis Seit 2002 kann die Rektors-Kür nicht mehr als demokratische Wahl gelten. Das hat zwei Gründe. Erstens konzentriert der Unirat viel Macht in seinen Händen - auf Kosten des zumindest halbwegs demokratischen Senats. Der Unirat setzt sich an der Uni Salzburg aus sieben Mitgliedern zusammen. Drei werden von der Bundesregierung nominiert. Drei weitere vom Senat ausgewählt. Ein siebtes Mitglied wird von den sechs hinzugezogen. Damit ist der Unirat kein demokratisch gewähltes Organ, das von den Uni-Angehörigen legitimiert wird. An anderen Unis gehören sogar rechtsextreme, völkische Burschenschafter den Uniräten an. Bei der Rektorswahl bildet der/die Uniratsvorsitzende zusammen mit dem/der Senatsvorsitzenden die Findungskommission. Diese ist für die Ausschreibung zuständig und erstellt einen Dreiervorschlag. Das war einst die Kompetenz des Senats. Der Senat muss sich dann am Dreiervorschlag orientieren und seinen eigenen Dreiervorschlag an den Unirat übermitteln. Wie einst die Kurfürsten im Heiligen Römischen Reich den Kaiser auswählten, so entscheidet der Unirat, wer von den drei BewerberInnen RektorIn wird. Zweitens hat auch der Senat mit dem Universitätsgesetz 2002 an demokratischer Qualität eingebüßt. Repräsentierte er einst die Studierenden, den akademischen Mittelbau und die ProfessorInnen drittelparitätisch, leidet er heute unter einer krassen Schieflage: Denn heute haben 140 Profs der Uni Salzburg 13 von 26 Sitzen (50%), die 800 Mittelbau-Angehörigen nur 6, die Studierenden ebenfalls nur 6, und das allgemeine Personal nur 1. Das Verhältnis zwischen Uni-Angehörigen und Stimmen im Senat beträgt bei den Profs 1:11, beim Mittelbau 1:150, bei den Studierenden 1:2.833, beim allgemeinen Personal 1:700.
Kay-Michael Dankl (Jus und Politikwissenschaft) ist aktiv im Netzwerk Kritischer Studierender Salzburg und in den Studienvertretungen Politikwissenschaft und Doktorat KGW.
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Das Pikante: Die typisch österreichische und deutsche Unterscheidung zwischen den wenigen privilegierten Profs einerseits und dem breiten akademischen Mittelbau (Assistenzprofs, außerordentliche Profs, Senior Scientists, Senior Lectureres, UniversitätsasstentInnen, ProjektmitarbeiterInnen, u.a.) ist sachlich kaum begründbar. Es ist ein Relikt der verkrusteten (und ewiggestrigen) Ordinarien-Universität der 1960er. So wichtig der Senat als Ort der Meinungsbildung und Entscheidungen ist: Erst bei einer gerechten Sitzverteilung kann der Senat als demokratisch gelten. There Is No An Alternative Die Unis waren schon mal demokratischer. Und sie können es wieder werden mehr als je zuvor. Warum sollte der Rektor oder die Rektorin nicht von allen Uni-Angehörigen in einer Ur-Wahl gewählt werden? Die Stimmen können gewichtet werden, um einer Übermacht der Studierenden abzumildern, z.B. mit 60% für die Lehrenden, 30% für die Studierenden und 10% für das nicht-wissenschaftliche Personal. Dann würden Studierende sich in der Mensa fragen: “Weißt du schon, wen du wählst?”, es gäbe breite Debatten wohin die Universität sich entwickeln sollte, und ein Aufflammen des Interesses, den Lebensbereich Hochschule mitzugestalten. Am Beginn jeder Veränderung steht der Schrei: “Nein!” zu einem undemokratischen System, das bei der Zuweisung von Stellen und Macht tausende von der Mitsprache ausschließt. Es braucht eine Analyse und Kritik, wie die Unis heute organisiert sind, und die Fantasie, Alternativen zu entwerfen. Bis die nötigen Gesetzesänderungen das Parlament passieren, um den Weg zu einer demokratischen Rektors-Wahl zu bahnen, sind noch viele Schritte notwendig. Wir stehen erst am Beginn einer Bewegung, die wir dem Schatten antidemokratischer und markthöriger Entwicklungen zum Trotz vorantreiben können. Es liegt an uns allen, ob wir die gegenwärtige Rektors-Kür an der Uni Salzburg als Chance nutzen, um zu hinterfragen, zu diskutieren und auf Alternativen hinzuarbeiten.
Unirat: Erst Studierende ausschließen - dann bleibt jeder zweite Platz leer?!
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FAoS Was hat der Rektor mit mir zu tun? Viel! Das Rektorat entscheidet, wofür an der Uni und in deiner Studienrichtung Gelder fließen. Vom Rektorat hängt ab, ob Studienpläne geändert werden dürfen, ob Berufstätige 730 Euro Studiengebühren im Jahr zahlen müssen, ob wieder Uni-Festl zugelassen werden, wieviel die Uni für Gleichberechtigung oder etwa für Qualität in Lehre und Forschung tut. Warum sollen Studierende mitreden, wenn sie eh nur kurz an der Uni sind? Studierende verbringen mindestens fünf Jahre an der Uni. Das ist mehr als die vierjährige Amtsperiode des Rektorats! Außerdem sind die Rektorats-Entscheidungen Weichenstellung für zukünftige Generationen von Studierenden. Deren Interessen werden von den jetzt Studierenden mitvertreten. Warum soll eine Uni demokratisch organisiert sein? Eine fortschrittliche Gesellschaft, in der Menschen frei und selbstbestimmt leben können, kann nur eine demokratische sein. Demokratie darf nicht auf Institutionen wie Parlament oder Online-Petition beschränkt werden. Demokratie, verstanden als die kollektive Selbstbestimmung von Menschen über ihr Leben und die umgebenden Verhältnisse, muss alle Lebensbereiche erfassen, sonst ist sie eine verkümmerte und zum Scheitern verurteilt: die Arbeit, die Schule und auch die Hochschule. Demokratische Universitäten sind einer von vielen Orten, wo sich Menschen emanzipieren und entwickeln können, um sich weder zu fremdbestimmten Maschinen, noch totgeweihtem Kanonenfutter verformen zu lassen. Gerade in Zeiten der autoritären Wende und der profitgetriebenen Durchdringung allen Daseins braucht es demokratische Universitäten - als Lernort, als Reflexionsstätte und Impulsgeber.
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REKTORS-WAHL: .. FRÜHER, HEUTE, MORGEN?
Symbolbild in der Großen Aula beim Rektors-Hearing - Studierende unerwünscht?
1975-2002 (UOG*)
Wer schlägt vor?
Wer wählt?
Wer bestimmt VizerektorInnen?
2002- heute (UG**)
Der Senat schreibt die Stelle des Rektors aus und erstellt einen Dreiervorschlag. Im Senat sitzen je ein Drittel Profs, Mittelbau und Studierende. Der Universitätsbeirat wirkt nur beratend.
Der Unirats- und Senatsvorsitzende bilden die Findungskommission. Sie schreibt die Stelle des Rektors aus und erstellt einen Dreiervorschlag. Dieser dient als Orientierung für den Senat, der selbst einen Dreiervorschlag erstellt. Im Senat sind 13 Profs, 6 Mittelbau, 6 Studierende und 1 allg. Personal.
Die Universitätsversammlung wählt den Rektor aus dem Dreiervorschlag. Der Universitätsversammlung gehören bis zu 600 Mitglieder an: Die Senatsmitglieder, sowie zu gleichen Teilen die Profs, der Mittelbau, die Studierenden und das allg. Personal.
Der Unirat wählt eine Person aus dem Dreiervorschlag des Senats aus, die dann RektorIn wird. Im Unirat sind drei von der Regierung entsandte Mitglieder, drei vom Senat entstandte und ein siebtes, von den übrigen sechs hinzugezogenes Mitglied.
Morgen? Der Senat schreibt die Stelle aus und lädt KandidatInnen zu Hearings. Der Senat leitet die Urwahl. Im Senat sind Profs und Mittelbau auf Augenhöhe in einer Kurie vertreten. Sie haben 60% der Sitze, die Studierenden 30%, das allgemeine Personal 10%.
Alle Universitätsangehörigen, Bedienstete und Studierende, sind wahlberechtigt. Ihre Stimmen werden analog zur Sitzverteilung im Senat gewichtet.
Der Unirat entscheidet auf Die Universitätsversammlung Die VizerektorInnen werden wählt auf Vorschlag des Rektors Vorschlag des Rektors oder der vom Senat auf Vorschlag des Rektorin über die Einsetzung. die VizerektorInnen. Rektors oder der Rektorin gewählt.
* Universitätsorganisationsgesetz 1975, 1993 | * Universitätsgesetz 2002
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der engeren Auswahl
15 Personen haben sich um das Amt des Rektors/der Rektorin der Uni Salzburg beworben. Acht davon durften sich in einem “universitätsöffentlichen” Hearing (unter Ausschluss der Studierenden) vorstellen. Wie geht es nun weiter? Die “Findungskommission”, bestehend den zwei Vorsitzenden von Unirat und Senat, sucht drei Personen aus und nimmt sie einen sogenannten Dreiervorschlag auf. Diesen kann der Senat noch ändern oder ihn gleich an den Unirat weiterleiten. Der hat dann das Privileg, in kleiner Runde zu bestimmen, wer in Zukunft Rektor oder Rektorin der Universität Salzburg wird. Wir stellen euch vor, wer die acht KandidatInnen sind und wie wir sie bei den Hearings erlebt haben. Von Christoph Würflinger
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Die Rektorats-KandidatInnen
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Hütter studierte von 1990 bis 1996 Rechtswissenschaften an der Universität Linz und absolvierte außerdem von 2006 bis 2008 das Masterstudium Wissenschafts- und Universitätsmanagement an der Universität Krems. Sie war unter anderem stellvertretende Leiterin der Abteilung für Forschungsförderung an der Uni Salzburg, ebendort auch stellvertretende Leiterin der Rechtsabteilung, dann als Leiterin der Stabsabteilung des Rektorats zuständig für den Alumni Club, das Career Center, Fundraising, Qualitätsentwicklung sowie Entwicklungs- und Organisa-
tionsplanung. Von 2010 bis 2016 war sie Vizerektorin für Ressourcen am Mozarteum; 2016 führte sie dort außerdem interimistisch die Agenden des Rektors. Seit 2017 ist sie an der Universität Linz als Vizerektorin für Personal, Diversity und IT tätig. Dass sie keine Wissenschaftlerin ist, versucht sie offensiv als Vorteil zu verkaufen. Sie ist kein Fan von Studienbeiträgen, tritt aber für die Begrenzung von Studienplätzen ein. Mit Verweis auf die Situation in Ungarn legt sie außerdem ein klares Bekenntnis zu den Gender Studies ab.
Sonja Puntscher Riekmann Puntscher Riekmann wurde 1954 in Bozen geboren. Von 1973 bis 1980 studierte sie Germanistik, Romanistik und Philosophie an der Uni Wien, wo sie 1980 promovierte. Danach absolvierte sie ein Post-Graduate-Studium der Politologie im Institut für Höhere Studien in Wien. Nach verschiedenen wissenschaftlichen Stationen erfolgte 1997 die Habilitation an der Uni Innsbruck. Von 1989 bis 1994 war sie Mitglied des Bundesvorstands der Grünen und 1994 kurzzeitig Abgeordnete zum Nationalrat. Seit 2002 ist sie Universitätsprofessorin für Politische Theorie und Ideengeschichte in Salzburg. Von 2003 bis 2011 war sie Vizerektorin für Interna-
tionale Beziehungen, Öffentlichkeitsarbeit und Interne Kommunikation.Seit 2007 ist Puntscher Riekmann Direktorin des Salzburger Zentrums für European Union Studies. In ihrer Bewerbung formuliert sie drei Ziele: 1. Schaffung zweier neuer Fakultäten (Bildende Künste und Sozial-/Wirtschaftswissenschaften), 2. “Europauniversität” - Ausbau von Mehrsprachigkeit und Joint- & Double-Degree-Studien, 3. Verbesserung in den internationalen Rankings. Sie fordert eine “flächendeckende Kultur der Exzellenz”. Kleine Fachbereiche ohne exzellente Forschung und quantitativ bedeutende Lehre will sie schließen.
Rudolf Mosler Mosler wurde 1959 in Villach geboren. Von 1977 bis 1982 studierte er Rechtswissenschaften an der Universität Salzburg, wo er 1982 promovierte. Nach der Promotion war er als Universitätsassistent an der Uni Salzburg tätig, wo er sich 1995 habilitierte und 1997 außerordentlicher Universitätsprofessor wurde. Von 2003 bis 2011 war er in Salzburg als Vizerektor für Lehre und Personalentwicklung zuständig. Seit 2013 ist er Vorsitzender des Hochschulrats der PH Salzburg. 2015 wurde er als Universitätsprofessor
für Arbeitsrecht und Sozialrecht berufen. Als Senatsvorsitzender der Uni Salzburg trat er im Juni zurück, um einen Interessenkonflikt bei der Bewerbung zu vermeiden. Er plant eine Dezentralisierung der Uni Salzburg und will den Fachbereichen mehr Verantwortung geben. Die Universität sieht er als öffentliche Bildungseinrichtung und nicht als kommerzielles Unternehmen. Um Salzburg als Studienstandort attraktiver zu machen, will er in Kooperation mit der Stadt vor allem das Kaiviertel beleben.
Wolfgang Wall Wall studierte an der Uni Innsbruck, wo er 1991 als Diplomingenieur abschloss. 1999 promovierte er an der Uni Stuttgart. Seit 2003 ist er Professor für Numerische Mechanik an der TU München. Er will die Beratung vor Studienbeginn ausbauen und
die Lehrqualität vor allem in den ersten Semestern verbessern. Ihm ist Zusammenarbeit und ein gutes Miteinander wichtig. Seine Präsentation war zu unkonkret, auch nach mehreren Nachfragen konnte er zu bestimmten Themen keine Antworten liefern.
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Brigitte Hütter
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Hammerschmid wurde 1968 in Steyr geboren. Von 1986 bis 1995 studierte sie Biologie an der Universität Wien (Schwerpunkt Genetik), wie sie 1995 promovierte. Danach war sie als Postdoc am Vienna Biocenter tätig. Ab 1999 arbeitete sie bei der Innovationsagentur, die ab 2003 gemeinsam mit anderen Förderorganisationen in der Austria Wirtschaftsservice GmbH aufging. Dort war sie verantwortlich für die wirtschaftliche Verwertung von Forschungsergebnissen. 2010 wurde Hammerschmid zur Rektorin der Veterinärmedizinischen Universität Wien ernannt; 2016 übernahm sie
als erste Frau die Leitung der Österreichischen Hochschulkonferenz. Wenige Monate später wurde sie von Bundeskanzler Christian Kern als Bildungs- und Frauenministerin in die Politik geholt. Seit 2017 ist sie SPÖ-Abgeordnete zum Nationalrat. Entsprechend ihrer Biografie sieht sie sich in erster Linie als Managerin und ist sehr wirtschafts- und verwertungsorientiert. Hauptziel der Lehre soll ihrer Meinung nach “Employability” sein. Den offenen Hochschulzugang bezeichnete sie in einem Interview 2015 als “unrealistisch und naiv”; sie befürwortet Studiengebühren.
Jörg Philipp Terhechte Terhechte wurde 1975 in Salzkotten (Nordrhein-Westfalen) geboren. Von 1995 bis 2000 studierte er Rechtswissenschaften und zeitweise Philosophie in Bielefeld. 2003 erfolgte die Promotion. Danach war er als Assistent an den Universitäten Bielefeld und Hamburg tätig. 2011 übernahm er die Professur für Öffentliches Recht (Staats- und Verwaltungsrecht) sowie Europarecht in Siegen. 2012 wechselte er an den Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Europäisches und Internationales Recht sowie Regulierungs- und Kartellrecht in Lüneburg. Terhechte hat den Masterstudiengang “International Economic
Law” im Rahmen eines Dual-Master-Programms mit der Universität Glasgow aufgebaut. Seit 2016 ist er Vizepräsident der Uni Lüneburg. Das breite Profil der Uni Salzburg will er erhalten. Terhechte tritt für ein besseres Angebot für die Studierenden ein. Er plant als Zusatzangebot die Einführung eines College-Systems nach Lüneburger Vorbild, bei dem alle Studierenden ein gemeinsames Einführungssemester besuchen und danach ein Haupt- und ein Nebenfach sowie ein Komplementärstudium wählen. Eine Befreiung berufstätiger Studierender von Studiengebühren kann er sich vorstellen.
Hendrik Lehnert Lehnert wurde 1954 in Karlstad (Schweden) geboren. Von 1972 bis 1977 studierte er Psychologie, 1973 bis 1980 außerdem Humanmedizin in Münster. 1991 habilitierte er sich in Mainz für Innere Medizin. Von 1994 bis 2005 war er Direktor der Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen in Magdeburg; 2005 wurde er als Professor für Medizin an die Warwick University (GB) berufen. 2007 kehrte er nach Deutschland zurück und wurde Direktor der 1. Medizinischen Kli-
nik am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. 2014 wurde er Präsident der Universität Lübeck, beendete seine sechsjährige Amtszeit aber vorzeitig, um 2017 Gründungsdirektor eines neuen Instituts in Lübeck zu werden. Obwohl er die Universität Salzburg und das österreichische Hochschulsystem sehr gut zu kennen scheint, konnte er zum neuen Uni-Finanzierungsmodell nichts sagen. Auf die Studierenden ging er in seiner Präsentation nicht ein.
Wolfgang Meixner Meixner wurde 1961 in Jenbach (Tirol) geboren. Von 1982 bis 1989 studierte er Volkskunde/Europäische Ethnologie und “Gewählte Fächer” mit Schwerpunkt Sozialgeschichte an der Uni Innsbruck, wo er ab 1994 als Universitätsassistent tätig war. Sein Doktorat schloss er 2001 ab. Ab 2005 war er Vorsitzender des Betriebsrates für das
wissenschaftliche Personal. Seit 2007 ist er Vizerektor für Personal an der Uni Innsbruck. Wichtigstes Thema ist für ihn - ohne allerdings konkret zu werden - die Digitalisierung. Hinsichtlich der Befreiung von berufstätigen Studierenden von den Studiengebühren kann er sich die Innsbrucker Lösung auch für Salzburg vorstellen.
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Sonja Hammerschmid
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Leicht war es nicht, die Stimmungslage der Salzburger Studierendenschaft ob des bevorstehenden Führungswechsels im Rektorat, der sich im Frühjahr 2019 vollziehen wird, einzufangen, aber immerhin konnten wir ein paar Personen befragen und somit ein absolut unrepräsentatives Ergebnis über die Gemütslage von rund 18.000 Studierenden an der Universität Salzburg einholen. (Obwohl, vielleicht erkennt sich ja der/die ein/e oder andere LeserIn in unten Zitiertem wieder, wer weiß.) Von Carolina Forstner
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ast schon pflichtbewusst entgegneten die meisten Angesprochenen so wie Rebekka, Pädagogikstudentin: „Ich möchte mich auf jeden Fall informieren!“, auf die Frage, ob sie sich mit dem Abtritt Heinrich Schmidingers als Rektor der Universität Salzburg und seiner Nachfolge im Frühling 2019 beschäftigt hätte. Ahnungslosigkeit und mildes Desinteresse ist in vielen Gesichtern zu lesen. „Mir fehlt die Zeit mich damit auseinander zu setzen, um ehrlich zu sein.“, sagt Jacqueline, Psychologiestudentin, als ich sie Bücher einpackend vor den Spinden der Hauptbibliothek ansprach. Auch Maria, Geschichtsstudentin, fehlt die Muße um sich mit einem/einer neuen Rektor/in näher zu beschäftigten: „Ich habe mich noch nicht wirklich damit auseinandergesetzt und fühle mich etwas überrumpelt. Ich habe nur die Liste der KandidatInnen gesehen, aber wüsste gerne mehr zu den einzelnen AnwärterInnen. Klar könnte ich mich selbst informieren, aber ich fände ein paar Basic-Informationen zu den BewerberInnen abseits der Universität könnten schon an uns Studierende weitergetragen werden.“
Heinrich Schmidinger, mit dem Rektor der Linzer Kunstuni, der am längsten dienende Universitätsrektor Österreichs, tritt 2019 ab. Mit 64 Jahren macht der Theologe, der außerdem von 2011 bis 2015 als Vorsitzender der Universitätskonferenz (uniko) fungierte, Platz für eine/e NachfolgerIn. Simona, Germanistikstudentin, entgegnete auf meine Frage, ob sie sich den mit dem bevorstehenden Rektoratswechsel beschäftigt hätte, mit einer Gegenfrage: „Wie viel Macht hat der lukrative Rektorenposten wirklich? Wie viel Partei steckt dahinter? Ich persönlich weiß es nicht.“ Simona beendet unser Gespräch ernüchtert mit den Worten: „Als Studentin kann ich zu keinem der Bewerberinnen und Bewerber eine Stimme oder Meinung abgeben. Muss ich auch nicht – die Entscheidung fällt ohnehin im Unisenat.“ Der Unisenat wird an der Universität Salzburg mit 26 Mitgliedern bestückt. Die Aufteilung in vier Personengruppen ist im österreichischen Hochschulgesetz unter Schwarz-Blau, 2002 festgeschrieben und verschob die Machtverhältnisse einer vormaligen „Drittel-Parität“ - ein Drittel ProfessorInnen, ein
Carolina Forstner studiert Jüdische Kulturgeschichte und ist neben ihrer Tätigkeit als Studienassistentin seit Anfang 2016 im Pressereferat aktiv.
Drittel Mittelbau (d.h. wissenschaftliche Bedienstete) und das letzte Drittel Studierende. Diese Dreiteilung ersetzte die damalige Regierung durch ein fragwürdiges System in dem ProfessorInnen die Spitze der Uni-Hierarchie einnehmen und somit auch die Hälfte der Sitze im Senat, was, ob der kleinen Zahl an ProfessorInnen – ca. 130 an der Universität Salzburg - eine klare Machtposition aufzeigt. Die 1.700 „MittelbaulerInnen“ werden von lediglich sechs Mitgliedern repräsentiert, ebenso wie Studierende (18.000 zur Erinnerung), die 900 wissenschaftlichen MitarbeiterInnen werden mit einer einzigen Person abgespeist. Der Unisenat wählt aus den KandidatInnen für den Rektorsposten drei potenzielle Schmidinger-NachfolgerInnen aus. Der, weiter oben von Simona erwähnte, Unirat trifft dann die wirklichen Entscheidungen. Er wählt aus den Dreien den/die neu/e RektorIn. Ebenfalls 2002 eingesetzt, ist der Unirat eines der mächtigsten Organe an öffentlichen Universitäten. Neben allerlei nicht gerade läppischen Entscheidungen, wie etwa die Budgetierung der Universität, fungiert dieser auch als entscheidender Part in der Rektorswahl. Dass der Unirat zur Hälfte von der Regierung besetzt wird, soll hier als kleines Bonmot nicht unerwähnt bleiben und macht eine Rektorswahl viel schneller zu einem Politikum, als man Paris-Lodron aussprechen kann. „Dass eine Wahl stattfindet, habe ich über die Email
der Uni mitbekommen. Über den ÖH-Newsletter erhielt ich dann die Infos, dass keine Studierenden teilnehmen dürfen. Ich finde das wirklich sehr ungerecht, es würden doch eh nicht alle Studierenden erscheinen, aber eine Handvoll Interessierte muss man doch nicht so abschmettern“, meint Sara, Geschichtsstudentin. Besagte Ausladung der Studierenden hatten fast alle Befragten, auch jene die sich nicht näher mit der Rektorswahl beschäftigen, schnell als Antwort parat. „Studierende wurden vom nicht demokratisch legitimierten Unirat via Aussendung vom Hearing zur anstehenden RektorInnenwahl ausgeschlossen. Das demonstriert wieder einmal, dass die Uni kein Interesse an der Mitbestimmung von 18.000 Studierenden hat und Partizipationsmöglichkeit sogar aktiv verschließt. So sollten Personalentscheidungen an einer öffentlichen Bildungseinrichtung nicht getroffen werden!“, sagte auch Martina, Studentin der Kommunikations– und Politikwissenschaft. Aus den Gesprächen die ich geführt habe, lässt sich zwar keine wissenschaftlich wasserdichte Studie aufstellen, aber wenigstens so etwas wie eine Gefühlslage einfangen. Die „Einladungsaktion“ der ÖH und die darauffolgende „Ausladung“, die alle Studierenden per Mail erreichte, scheint die Gemüter bewegt und so einige ins Nachdenken gebracht zu haben. Thomas, Biologiestudent, fragt sich: „Sollte ich als Student der Uni Salzburg nicht wissen, wohin die Reise meiner Bildungseinrichtung geht?
STIMMEN ZUR WAHL
© Luigi Caputo
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FREI:KOST ALS I
n den vergangenen Monaten hat sich der Mensa-Betreiber an NaWi und GesWi, die Österreichische Mensen Betriebsgesellschaft mbH (ÖMBG), durch Ignoranz gegenüber studentischen Bedürfnissen und fehlender Kompetenz auf ihrem eigenen Gebiet ausgezeichnet. So gab man kurzer Hand den Studierenden die Schuld, warum das Konzept, das sich durch kurze Öffnungszeiten und überteuerte Preise auszeichnet, am Uni-Standort nicht aufgeht. Laut Andrea Dorfner von der ÖMBG, würden Studierende lieber die Großkonzerne Billa und Spar unterstützen, oder ihr Essen aus dem „Fairtailer“, einem Kühlschrank, mit dem Lebensmittel verschenkt und somit vor dem Verderben gerettet werden können, holen. Bemühungen seitens Studierendenvertreter*innen die Mensa zum Umdenken zu bewegen und in einem partizipativen Prozess ein neues studifreundliches Konzept zu entwickeln, scheiterten an der Mensa selbst. Bei vielen mag nach dieser negativen Erfahrung ein Gefühl der Ohnmacht eingetreten sein. Manche denken sich wohl: „Besser eine schlechte Mensa, als gar keine Mensa“. Andere können sich die teure Verpflegung in den umliegenden Restaurants dank elterlicher Unterstützung oder hartem Nebenjob eh leisten. Man kann aber auch aus diesen Denkmustern ausbrechen. Studierende sind keine Bittsteller Universitäten, die eigentlich Orte progressiven Denkens sein sollten, eignen sich hervorragend, um sich mit anderen gleichgesinnten zusammenzuschließen, sich zu vernetzten und alles was „Oarsch“ ist, selbst in die Hand zu nehmen. Ein Versuch ist das ÖH-Projekt „frei:kost“. Einmal im Monat kochen Kolleg*innen freiwillig und ohne Entlohnung frisch und lecker für uns. Das „Pay-as-you-like“-Prinzip sorgt dafür, dass jede/r nur zahlt, was er/sie sich auch leisten kann. Damit aus dem Pilotversuch „frei:kost“ auch einmal eine ausgewachsene Mensen-Alternative wird, bei der WIR bestimmen, was lecker und leistbar ist, braucht es unsere Unterstützung!
ALTERNATIVE ZUR MENSA
Wer zwischen den Vorlesungen ein Hungergefühl verspürt, sucht schon mal die hauseigene Mensa oder das umliegende Touri-Restaurant auf, denn mit leerem Magen studiert es sich immerhin nicht gut. Darüber, dass das Essen dabei meist nichts Besonderes oder überteuert ist, sieht man dann schon mal hinweg – sollte man aber nicht. Von Hannah Wahl
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Ein Thema mit dem ich mich so noch nicht konsequent auseinandergesetzt habe. Logisch, wann spricht man denn schon davon, wenn man in eine Ohnmacht verfällt. Laut Wikipedia ist „Ohnmacht“ nichts anderes als ein Gefühl der Hilflosigkeit. Diese wiederum kann für jeden von anderer Bedeutung sein. Von Katrin Thiele
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er kleine Dämon hat verschiedene Gesichter. So kann es die Ohnmacht des einen, sein Hab und Gut zu verlieren, für andere ist es der sexuelle Übergriff und für wieder andere ist es eine schier banale Situation. Selbstverständlich ist es für die Betroffenen aber keine Lappalie. Hinter jeder Ohnmacht steckt wiederum ein eigenes, aber oftmals nicht einzigartiges Ereignis. Was uns zwar in unserem Individualismus einschränkt, jedoch gleichzeitig zusammenschweißt. Nur leider ist es ab und an so, dass die Menschheit vergisst sich zu solidarisieren. Sie vergessen, dass hinter jeder Ohnmacht auch eine Geschichte steckt - diese triggert einen, weil man sich zwangsläufig mit seinen eigenen Dämonen auseinandersetzen muss. Oft erlebe ich peinliche Berührtheit, Unwohlsein und Mitgefühl, wenn ich über meine persönliche Ohnmacht spreche. Ich finde es aber wichtig dies zu tun, auch wenn es mich vieles kostet.
Vorab: Vor allem möchte ich Mut machen! Wachrütteln und nicht stillschweigen! Ich bin eine von vielen, ich will dazu beitragen, dass sich mehr Frauen trauen laut zu sein, ihre Stimme zu erheben und ihre Ohnmacht zu bekämpfen! Nun gut: Viele der LeserInnen wissen vielleicht, dass ich das neue Gesicht in der ÖH Salzburg bin - manche von euch hatten schon einmal mit mir zu tun und wissen daher vielleicht, dass ich nicht aus Österreich stamme. Ich komme aus Indien. Ein Land mit 1,339 Milliarden EinwohnerInnen. Ein Land, das mich zeitweise fasziniert, aber großteils leider schockiert! Warum? Aus weiblicher Sicht muss ich froh , ja dankbar sein, dass ich am Leben bin. Denn es ist in Indien nicht selbstverständlich , dass jedes weibliche Baby auf Erden bleiben kann. So hört man von Morden,
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Abtreibungen, Kindersklaverei, Prostitution und vielen anderen haarsträubenden Dingen. Diese Taten können wir hier noch nicht mal fassen. Wir können sie nicht begreifen und schütteln einfach nur schockiert unsere Köpfe ! Es hätte anders laufen können! Mir hätte es auch so gehen können! Aber ich bin am Leben. In meiner Jugend wurde ich für mein Aussehen gehänselt, verachtet und misshandelt. Meine erste Ohnmacht, wie sich herausstellte. Ich fühlte mich hilflos und den anderen Kindern ausgesetzt, also fing ich an zu kämpfen- Es gelang mir, zwar mit vielen Steinen im Weg, mit viel Leid und Schmerz, der wahrscheinlich irgendwo immer noch in mir schlummert, aber irgendwie gelang es mir, mich aus der Misere herauszuwinden. Später, im Laufe meiner Pubertät, fiel ich mehrmals in einen Zustand, der mehr als Hilflosigkeit war. Er löste ein Kapitel in meinem Leben aus, dessen Zusammenhang ich erst im Erwachsenenalter verstehen sollte. Ich wurde sexuell belästigt und vergewaltigt. Jahrelang verlor ich kein Wort über „die Sache“. Ich verbannte sie in den tiefsten Winkel meiner Erinnerungen und verschloss die Türe. Ich verlor nie wieder einen Gedanken daran, geschweige denn ein einziges Wort. Zu groß war die Angst und die Scham. Was, wenn mir niemand geglaubt hätte? Als Frau darf man nämlich nicht rumficken! Dieses Privileg ist nur den Männern vorbehalten! Genau das ist es aber nicht! Ein Mann, der sich das Recht herausnimmt, sich an jemandem zu vergreifen, egal auf welcher Ebene, ist kein Mann, sondern ein erbärmlicher, meist eierloser Bastard! Ich hasse Männer nicht, nur um das klarzustellen. Ganz im Gegenteil. Aber ich hasse , was manche sich herausnehmen,nur weil sie denken, sie seien das dominierende Geschlecht. Am meisten erschüttert mich ja die Tatsache, dass ich dachte, ich würde diese Signale aussenden, ich wäre Schuld - und zwar nur ich! Der Rock zu kurz, der Ausschnitt, der Po, das Lächeln… All das sind keine Einladungen und so mancher sollte den Spruch: „Wer ficken will muss freundlich sein...“ nicht allzu ernst nehmen. Diese Ohnmacht, die durch solche Erlebnisse ausgelöst wird, lässt mich zweifeln. An mir selbst, an meinem Selbstwert und meiner Rolle als Frau und somit als vollwertigen Teil dieser Gesellschaft. Ich fühle mich schwach, angreifbar, verletzt und ganz flach gesagt: beschissen.
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Egal wie man es dreht und wendet. Manche können damit umgehen, manche zerbrechen daran. Und ich begann in dieser Zeit mein Jahrzehnt der Ohnmacht. Begleitet von falschen Entscheidungen, Angst, Hilflosigkeit, Depression, Trauer und einer Psyche, die komplett im Arsch war. Vor ca. einem Jahr löste die #metoo Kampagne etwas in mir aus. Ich fühlte mich angesprochen, als ob eine der Frauen direkt zu mir gesprochen hätte, ja für mich gesprochen hätte, weil ich verlernt habe darüber zu sprechen. Ich erinnerte mich Stück für Stück an meine Peiniger, das Gefühl, den Geruch und reflektierte Stück für Stück. Tränen rollten mir über die Wangen und doch fühlte ich mich leichter. Klingt komisch, was? Ich erzählte es anderen, ich tauschte mich aus und ging damit in die Öffentlichkeit. Zwar war ich nur eine von vielen, aber eine mehr, die ihr Schweigen gebrochen hat. Ein „Nein“ sollte immer akzeptiert werden, immer gehört werden. Es sollte selbstverständlich sein! Und vor allem sollten diese Themen nicht mehr tabuisiert, oder nur gehört werden, wenn sie aus „Hollywood“ kommen. Ich wette, dass ca. 80% der LeserInnen schon einmal sexuellem Missbrauch/sexueller Belästigung ausgesetzt waren. Oft wird es bagatellisiert, oft haben die Frauen keine Stimme, weil sich auch niemand für sie einsetzt, oder ihnen Glauben schenkt. Wieder andere kommen aus dieser Ohnmacht nicht mehr heraus und erstarren. Wie ich in den Momenten, als es passierte. Deswegen spreche ich darüber, um diese Ohnmacht zu bekämpfen. Es ist scheißegal ob es ein Verwandter, Freund, Lehrer, Professor Chef oder sonst ein Mann mit Schwanz ist, der sich und seine Grenzen nicht kennt, sowas darf nicht passieren! Freie Liebe und Sexualität sollten nicht mehr als Einladung für Straftaten zu sehen sein. Meine Sexualität, sie gehört mir! Also nehmt sie mir nicht weg, indem ihr sie schindet und sie auf die Probe stellt, nur weil ihr meine Identität als Frau hinterfragen wollt. Ihr stellt mich bloß, indem ihr mich gegen meinen Willen anfasst und euch nehmt, was ihr wollt! Ich bin kein Sexspielzeug. Ich bin ein Mensch. Und das was ihr macht ist einfach nur falsch! Denn letztendlich ist es mein Kampf, und zwar einer, den ich so nie begonnen hätte und der mir liebend gerne erspart bleiben hätte können.
Kati ist nicht nur das neue Gesicht im ÖH-Team, sondern auch eine begeisterte Schreiberin. Sie schreibt seit ihrer Jugend und hat auch in Salzburg schon einiges publiziert. Alles nach dem Motto: "Lass uns mal Tacheles reden"
uni & leben
NEUES AUS DEM VORSITZBÜRO
Felix Klein (GRAS), Vorsitzender
Wiebke Fischbach (GRAS), 1. stv. Vorsitzende
Alexander Schlair (VSStÖ), 2. stv. Vorsitzender
ls Studierendenvertreter rechnet man nicht damit, von einem Leitungsteam-Mitglied der Uni mit Kosten bedroht zu werden, die man privat zu tragen habe, falls man nicht Folge leistet. Als ich vor fünf Jahren als Psychologie-Student im dritten Semester bei der ÖH-Studienvertretung aktiv wurde, um mich für Studierende einzusetzen, hätte ich nicht im Traum gedacht, dass so etwas möglich ist.. Was ist passiert? An unserer Uni soll eine neue Rektorin oder Rektor gekürt werden. Der Unirat verfügte aber, dass Studierende an den KandidatInnen-Hearings nicht teilnehmen dürften – für sie sei leider kein Platz! Dass ÖH-Vertreter*innen teilnehmen durften, ist ein schwacher Trost. Wir wollen, dass alle Studierenden die Chance haben, gehört zu werden. Daher hat die ÖH Salzburg auf Plakaten dazu aufgerufen,
trotzdem an den Hearings teilzunehmen. Daraufhin erhielt ich als ÖH-Vorsitzender eine E-Mail des Uniratsvorsitzenden, in der mir persönlich alle durch diese Einladung anfallenden Zusatzkosten in Rechnung gestellt würden. Als Privatperson, wohlgemerkt. Nun kann man in uni-politischen Fragen ja verschiedener Meinung sein. Aber Studierendenvertreter*innen privat mit massiven Kosten zu bedrohen – das gab es in Salzburg unseres Wissens noch nie. Wir lassen uns jedenfalls nicht einschüchtern. Die Unabhängigkeit der studentischen Selbstverwaltung und Interessenvertretung ist ein hohes Gut. Es war vom Unirat undemokratisch, dass die Studierenden von den Rektors-Hearings ausgeschlossen wurden. Ironischerweise blieben bei den Hearings letztlich hunderte Plätze in der Großen Aula leer. Es ist Zeit, darüber zu reden, wer an der
heutigen Uni wo das Sagen hat. Wer entscheidet, wer Rektor*in wird? Wer hält unverhältnismäßig viel Macht, ohne demokratisch legitimiert zu sein? Wie können alle Uni-Angehörigen auf Augenhöhe mitentscheiden? Wie kommen wir von einer hierarchische zu einer demokratischen Universität? Wir möchten uns bei den vielen Studierenden und Lehrenden bedanken, die uns in E-Mails und im persönlichen Gespräch ihren Zuspruch in der Sache ausgedrückt haben. Die Frage, wie (un-)demokratisch die Uni funktioniert, geht uns alle an. Lassen wir uns nicht mundtot oder ohnmächtig machen – denn gemeinsam können wir viel erreichen!
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Solidarische Grüße, Für das ÖH-Vorsitzteam, Felix Klein
WIR SUCHEN UNTERSTÜTZUNG Du willst dich für eine gute Sache engagieren? Neben deinem Studium praktische Erfahrungen sammeln? Die ÖH sucht Studierende aller Studienrichtungen, die ab sofort mitarbeiten wollen: > Bildungs- und Diskussionsveranstaltungen > Social Media-, Kampagnen und Pressearbeit > Kritischer Journalismus > Frei:Kost – von Studierenden mit & für Studierende kochen > ÖH-Clubs – Sport, Spiel & Kultur
Schreib uns: mitmachen@oeh-salzburg.at
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Die neue Universitätsfinanzierung Das Uni-Budget wird künftig nach neuen Regeln verteilt. Gemäß Universitätsfinanzierungsverordnung (UniFinV) entscheiden die drei Säulen Lehre, Forschung und Infrastruktur über die Finanzierung der Universitäten. Mitte Oktober haben Rektor Schmidinger und Vizerektor Müller in einer Info-Veranstaltung erklärt, was das für die Uni Salzburg bedeutet. Ein Bericht von Christoph Würflinger
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ofür bekommt die Universität Geld? Der von Wissenschaftsminister Faßmann verkündete “Paradigmenwechsel” sieht vor, dass die Zahl der “prüfungsaktiven” Studierenden eine zentrale Rolle spielt. Als prüfungsaktiv gelten Studierende aber nur dann, wenn sie pro Studienjahr mehr als 16 ECTS-Punkte sammeln. Für diese Gruppe erhalten die Unis das meiste Geld (96%). Daneben spielen im Bereich Lehre zu kleineren Anteilen auch noch besonders schnelle Studierende (mehr als 40 ECTS-Punkte pro Studienjahr) sowie die Zahl der Studienabschlüsse eine Rolle ( je 2%). Im Bereich Forschung entscheidet in erster Linie die Zahl der Stellen (90%). Daneben werden auch die eingeworbenen Drittmittel (8%) und die Doktoratsstudierenden mit Beschäftigungsverhältnis (1%) berücksichtigt. Die Finanzierung der
Infrastruktur erfolgt “nach Maßgabe des Bedarfs”. Warum genau 16 ECTS-Punkte im Jahr? Dafür gibt es keine Erklärung. Was ist mit Studierenden, die weniger als 16 ECTS-Punkte machen? Laut Vizerektor Müller sind die jetzt “nicht mehr budgetrelevant”, sprich: wurscht. Die Zehntausenden, die aus beruflichen oder privaten Gründen nur wenige Kurse absolvieren können oder wollen, sind damit offiziell egal. Oder sogar eine Belastung: Sie verursachen Kosten, bringen der Uni aber keine Kohle. Eine willkürliche, neoliberal-bürokratische Kennzahl könnte damit zu einem Umbruch im Leben vieler Studierender führen. Absurdes Detail: Auch für Studierende, die mehr als 16 ECTS-Punkte im Jahr an Kursen besuchen (wofür Zeit, Geld, Materialien, etc. aufgewandt werden), die negativ benotet werden, bekommt die Uni kein Geld mehr. Von Kostendeckung kann keine Rede sein.
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© AP
Die totale Ausrichtung der Uni an 16 ECTS-Punkten im Jahr ist gefährlich. Für die Lehrenden entsteht ein starker Anreiz, im Sinne der schönen Statistik alle Studierenden gerade noch mit einem Genügend durchzulassen. Gerüchten zufolge hat ein Salzburger Fachbereich schon quasi beschlossen, keine Fünfer mehr zu vergeben. Einzelne Studierende freuen sich darüber vielleicht - die Qualität der Lehre kann daran aber zerbrechen. Eine Folge kann sein, dass Kurse nur mehr Prüfungs-Drill sind. Anstatt für das spätere Leben zu lernen, lernt man Prüfungen zu bestehen, ganz im Dienste des Uni-Budgets. Was sagte Vizerektor Müller zu dieser Gefahr, vor der auch internationale Top-Unis nicht gefeit sind? “Ich denke eine Uni, die etwas auf sich hält, wird das nicht tun.” Eine schwache Versicherung - zumal er dem budgetären Anreiz, alles auf 16 ECTS-Punkte hinzutrimmen, selbst vollständig unterliegt. Die Orientierung der Uni-Finanzierung an der Zahl der “prüfungsaktiven” Studierenden ist für die Uni Salzburg - wenn man dem Rektorat glauben darf - ein großes Problem. Weniger als zwei Drittel der Studierenden erreichendiese Vorgabe von 16 ECTS-Punkte pro Jahr. Wer in diesem Tempo studiert, studiert wie es Vizerektor Müller polemisch, aber falsch formuliert - bis zur Pension.1 Der Anteil der besonders schnell Studierenden liegt überhaupt nur bei einem
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Drittel. Die verschiedenen Fachbereiche der Uni Salzburg schneiden hier sehr unterschiedlich ab. Wie genau das Rektorat auf die Daten kam, verrieten die beiden nicht. Die Rohdaten werden unter Verschluss gehalten. Kurioserweise war bei der gesamtuniversitären Info-Veranstaltung nur von den angeblich dramatischen Zahlen an den Geisteswissenschaften die Rede, kaum von den anderen Fakultäten.
„AN DER KGW-FAKULTÄT DROHT EIN BUDGETVERLUST VON ÜBER DREI MILLIONEN EURO.“ Das Horrorszenario des Rektorats: Wenn sich die von der Regierung diktierten Kennzahlen bis zur nächsten Budgetperiode nicht verbessern, werde es zu einem “finanziellen Engpass” und zu Kürzungen beim Personal kommen. Gelingt es etwa an der Kultur- und Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät nicht, die Zahl der “prüfungsaktiven” Studierenden innerhalb von zwei Jahren um 331 zu erhöhen, droht eine Streichung von über drei Millionen Euro in der Lehre! Damit würden sich beispielsweise mehr als 700 externe Lehraufträge ausgehen.
1 In Wirklichkeit nur knapp mehr als 11 Jahre bzw. 19, wenn’s auch noch ein Master sein soll.
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Nun wird freilich nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird. Mehrere österreichische Universitäten haben bereits vor einem massiven Stellenausbau gewarnt. Mitte November wurde plötzlich publik, dass - neben anderen Universitäten - auch die Uni Salzburg 2019-2021 mit einem Budgetplus von 12,8% rechnen darf. 19 zusätzliche Professuren sollen eingerichtet werden. Dennoch muss man sich fragen warum 39% der Salzburger Studierenden nicht mehr als 16 ECTS-Punkte pro Studienjahr positiv absolvieren und wie man diese Situation verbessern könnte. Das Rektorat hat hier teilweise gute Ansätze. Um die Studierbarkeit der Studienpläne zu verbessern, soll für Lehrveranstaltungen die 5-Tage-Woche ausgenutzt werden. Derzeit finden an vielen Fachbereichen kaum Lehrveranstaltungen am Montagvormittag und am Freitag statt. Außerdem sollen Überlappungen bei Pflichtveranstaltungen vermieden werden. Vor allem für Lehramtsstudierende ist es ein großes Problem, innerhalb weniger Minuten in den Pausen von einem Uni-Gebäude zum nächsten zu wechseln, z.B. von Rif zum Unipark Nonntal. Auch beim Angebot an Prüfungsterminen gibt es viel zu tun: Wer zum ersten Prüfungstermin des Wintersemesters Ende Jänner antritt, weiß beim zweiten Prüfungstermin zu Beginn des Sommersemesters oft noch nicht einmal, welche Note er/sie bekommen hat und ob ein zweiter Antritt nötig ist. Ein weiteres Problem ist die unsägliche Studieneingangs- und Orientierungsphase. Die Hälfte der StudienanfängerInnen an der Uni Salzburg schafft die STEOP nicht innerhalb des ersten Studienjahres! Ironischerweise wurde die STEOP von der Bundesregierung 2012 zu genau diesem Zweck eingeführt: aussieben und von der Uni drängen. Nun wird die STEOP sogar für die Uni zum Problem. Der Fokus in den STEOP-Lehrveranstaltungen soll mehr auf “Orientierung, Kompetenzerwerb und Berufsaussichten” des Studiums gelegt werden. An vielen Fachbereichen dient die STEOP nämlich nicht der Orientierung, sondern eher einer Reduktion der Studierendenzahlen durch Hinausprüfen. Viele Studierende gehen auch mit falschen Erwartungen ins Studium. Sie brauchen ein besseres Beratungsangebot vor Studienbeginn . Andere Maßnahmen des Rektorats sorgen eher für Kopfschütteln: Durch eine “offensive Marketingstrategie” soll die Zahl der Studierenden gesteigert werden. Zentral ist für Vizerektor Müller das Social-Media-Konzept der Uni Salzburg (also die Facebook-Seite), das von den Fachbereichen intensiver bespielt werden soll. Ob ihm bewusst ist, dass die Zielgruppe der 17- bis 19-Jährigen Facebook nicht
mehr nutzt und lieber snappt? Egal, denn es gibt auch den neuen “commUNIty-Blog” der Uni Salzburg, der alle Probleme lösen wird. Dafür hat man sich offensichtlich Unterstützung vom nordkoreanischen Propagandaministerium geholt . Bei vielversprechenden Titeln wie “Sportwissenschaften in Salzburg: studieren im Paradies” (!) oder “10 Gründe warum Studieren in Salzburg toll ist” erblasst sogar Kim Jong Un vor Neid. Durch derartige Lobeshymnen sollen “die Studierenden emotional an die Universität Salzburg gebunden werden”.
„MAN HAT SICH OFFENSICHTLICH UNTERSTÜTZUNG VOM NORDKOREANISCHEN PROPAGANDAMINISTERIUM GEHOLT.“ Nun mag man mit guter Werbung vielleicht mehr StudienanfängerInnen nach Salzburg holen. Über das erste Studienjahr hinaus wird man sie nur halten können, wenn man qualitätsvolle und vielseitige Lehre bietet. Dafür braucht es mehr Stellen und bessere Betreuungsverhältnisse. Außerdem muss dafür gesorgt werden, dass Studium und Arbeit besser vereinbar sind. Und: Salzburg ist ein sündteures Pflaster, gerade beim Wohnen; zwei Drittel der Studierenden müssen nebenbei arbeiten, um sich ein Studium leisten zu können. Es wird die Aufgabe des neuen Rektorats sein, hier Verantwortung zu übernehmen und sich auch politisch für Studierende einzusetzen - und wenn es nur aus budgetärem Eigeninteresse ist. An der Rolle des Rektorats kamen aber auch bei der Info-Veranstaltung erdrückende Fragezeichen auf: Rektor Schmidinger hat in der Öffentlichkeit jahrelang für das heftig kritisierte Modell der Uni-Finanzierung lobbyiert - um jetzt uni-intern zu argumentieren, das Modell sei nun mal da, der Gesetzgeber sei schuld, daran könne man nichts ändern. Und um die Verantwortung, die recht willkürlichen neuen Vorgaben besser zu erfüllen, prompt an die Fachbereiche weiterzureichen. Warum ein Rektor als Repräsentant der Uni jahrelang etwas anderes vertritt, als große Teile dieser Uni einfordern, ist offen. Es ist zugleich ein Argument, warum eine demokratische Wahl des Rektors oder der Rektorin durch Bedienstete und Studierende längst überfällig ist!
Christoph Würflinger studiert Geschichte und ist seit 2012 in verschiedenen Funktionen als Studierendenvertreter aktiv.
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DIE AHNUNGSLOSEN
Rektor Schmidinger hat im Juni 2018 mit Mikis Theodorakis eine Person geehrt, die in der Vergangenheit durch antisemitische Aussagen aufgefallen ist. Mit einer einfachen Internet-Recherche hätte das vermieden werden können. Ein Update von Christoph Würflinger M ikis Theodorakis wurde am heurigen Tag der Universität (6. Juni 2018) für seine “herausragenden künstlerischen und politischen Leistungen entlang der Verbindungs- und Kooperationslinien ‘Zeitlose Musik und transnationaler Widerstand – Kampf für die Menschenrechte – Politische Bildung’“ mit dem Ehrendoktorat der Universität Salzburg ausgezeichnet. Sein durchaus ehrwürdiger Lebenslauf ist seit den antisemitischen Aussagen, die er in jüngerer Vergangenheit (2003 und 2011) getätigt hat, schwer beschädigt. In der merkwürdigen, von Verschwörungstheorien geprägten Gedankenwelt von Mikis Theodorakis sind “die Juden” gewalttätig, fanatisch und die Wurzel des Übels, sie kontrollieren Banken und Medien, stehen hinter der Weltwirtschaftskrise und so weiter. Diese antisemitischen Ausfälle haben 2011 dazu geführt, dass Theodorakis’ weltberühmte Mauthausen-Kantate nicht bei der Gedenkveranstaltung im österreichischen Parlament aufgeführt wurde. Nach Protesten der Israelitischen Kultusgemeinde ließ die damalige Nationalratspräsidentin Barbara Prammer kurzfristig das Programm ändern. Später distanzierte sich Theodorakis von seinen Aussagen. Sie seien ein Fehler gewesen, der ihm während eines langen Interviews unterlaufen sei.
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Doch wie kommt es eigentlich dazu, dass ausgerechnet die Universität Salzburg, die noch vor wenigen Jahren in einer vorbildhaften Aktion die Ehrungen von Nationalsozialisten widerrufen hat, einen Antisemiten ehrt? Schon die Lektüre des Wikipedia-Eintrags oder eine kurze Online-Recherche hätten ergeben, dass man sich dieses Ehrendoktorat lieber zweimal überlegen sollte (Tipp für zukünftige Ehrungen: Suchbegriff “[Name] Kritik” bei der Suchmaschine Ihrer Wahl eingeben).
„SCHON EINE KURZE ONLINERECHERCHE HÄTTE ERGEBEN, DASS MAN SICH DIESES EHRENDOKTORAT LIEBER ZWEIMAL ÜBERLEGEN SOLLTE.“ Dazu sollte man wissen: An einer Ehrung sind mehrere Stellen beteiligt. Üblicherweise geschieht das auf Initiative eines Fachbereichsmitglieds. In einer Sitzung des Fachbereichsrats wird diskutiert, ob man die vorgeschlagene Person ehren soll oder nicht; danach wird abgestimmt. Zumeist gleichen diese Abstimmungen eher einem Durchwinken - die mehrstündigen Sitzungen laden nicht dazu ein, sich allzu lange bei solchen Details aufzuhalten und die Person genau zu durchleuchten. In diesem Fall waren das die Fachbereiche Erziehungswissenschaft, Politikwissenschaft sowie Kunst-, Musik- und Tanzwissen-
schaft. Die nächste Station ist der Fakultätsrat, für den Ähnliches gilt: Ist die zu ehrende Person nicht auf den ersten Blick verdächtig, wird sie weitergereicht. Auch im Rektorat und im Senat, in dem die Ehrung schließlich beschlossen wurde, hat sich offensichtlich niemand die Mühe gemacht, auch nur zu googlen, was denn Mikis Theodorakis in den letzten 20 Jahren so getrieben hat - auch nicht, das sei zur Ehrenrettung der Lehrenden ganz selbstkritisch gesagt, die studentischen Senatsmitglieder. Nun stellt sich die Frage, wie denn die Universität mit dieser Sache umgehen soll. Aberkannt werden könne eine solche Ehrung nur mehr in bestimmten Fällen, erklärt uns Rudolf Mosler, Professor am Fachbereich Arbeits- und Wirtschaftsrecht und ehemaliger Senatsvorsitzender: “Eine Ehrung kann nur widerrufen werden, wenn sie erschlichen worden ist oder sich der Geehrte durch späteres Verhalten als unwürdig erweist.” Dass - wie im Fall Theodorakis unwürdiges Verhalten erst nach der Ehrung bekannt wird, ist in der Satzung des Senats nicht vorgesehen. Doch selbst wenn eine Aberkennung möglich wäre, würde eine solche laut Mosler einen irreparablen Imageschaden für die Universität bedeuten. Er verweist auf die Aberkennung der Ehrungen von Personen mit nationalsozialistischer Vergangenheit, von denen insbesondere der Fall des berühmten Verhaltensforschers und Nobelpreisträgers Konrad Lorenz für negative Medienberichte sorgte. Reinhard Heinisch, Professor am Fachbereich Politikwissenschaft, meint ebenso wie Rudolf Mosler, dass die Ehrung - mit dem Wissen um Theodorakis’ antisemitische Aussagen - im Senat “breiter diskutiert” werden hätte sollen. Beide können aus dieser
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Erfahrung heraus dem Vorschlag, eine Art Qualitätskontrolle für Ehrungen einzuführen, einiges abgewinnen. Einig sind sich beide aber auch darin, dass eine Aberkennung nicht in Frage kommt. Heinisch würde sich sogar wieder für diese Ehrung einsetzen, weil Theodorakis’ Gesamtwerk und -schaffen durch die Aussagen in seiner späteren Lebensphase nicht geschmälert würden.
„DASS UNWÜRDIGES VERHALTEN ERST NACH DER EHRUNG BEKANNT WIRD, IST IN DER SATZUNG DES SENATS NICHT VORGESEHEN.“ Dem widerspricht Helga Embacher, Zeithistorikerin am Fachbereich Geschichte und als solche Expertin für Antisemitismus, entschieden: “Theodorakis’ Aussagen wären von niemandem gehört worden, wenn er nicht aufgrund seiner Musik einen Bekanntheitsgrad gehabt hätte, und das war ihm durchaus bewusst. Das heißt, er nutzte seinen Ruf als Musiker, um damit Politik zu betreiben.” Dass antisemitische Aussagen von Theodorakis - einer ehemaligen Ikone der Linken - kommen, ist wenig überraschend, denn Antizionismus, also die Ablehnung des Staates Israel, mutiert immer wieder zu Antisemitismus. Alexander Schlair vom ÖH-Vorsitzteam sagt dazu: “Dass ausgerechnet im Gedenkjahr 2018 ein Antise-
mit geehrt wird, ist untragbar. Antisemitismus ist eine rote Linie.” Den Hinweis auf Theodorakis’ künstlerische Leistungen lässt er nicht gelten: “Mit diesem Argument könnte man sich sogar die aberkannten Ehrungen von Nationalsozialisten schönreden.” Jetzt seien alle beteiligten Stellen gefordert, den Fehler offen anzusprechen und zu korrigieren. Rektor Schmidinger möchte von alldem nichts wissen. Seine Stellungnahme soll deshalb hier in voller Länge wiedergegeben werden:
“Mir waren und sind derartige Aussagen von Mikis Theodorakis nicht bekannt. Sie sind offensichtlich auch im Rektorat und Senat nicht bekannt, sonst wären sie sicherlich zur Sprache gekommen. Nicht einmal aus den Medien, die schon bei der Ankündigung der Verleihung des Ehrendoktorats an Herrn Theodorakis, erst recht bei der Verleihung selbst zahlreich und umfangreich, national und international, berichtet haben, gab es einen derartigen Hinweis. Dieser wäre ganz sicherlich erfolgt, wenn es dazu Anlass gegeben hätte. Mehr kann ich dazu nicht sagen.” Die angesprochene Schaffung einer Prüfinstanz, die eine zu ehrende Person gründlich durchleuchtet, wäre bestimmt eine geeignete Maßnahme, um solche Fehlentscheidungen in Zukunft zu verhindern. Eine Ehrung im Nachhinein rückgängig zu machen, scheitert zum Einen an Formalitäten, zum Anderen auch am fehlenden Willen. Offensichtlich traut sich die Universitätsführung nicht, ehrlich zu sagen: Ja, wir haben einen Fehler gemacht, wir werden ihn korrigieren.
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Freunderlwirtschaft
im Hörsaal Lange Zeit war unklar, was der ehemalige Salzburger Bürgermeister und promovierte Historiker Heinz Schaden mit seiner Ankündigung, in den “lehrenden Bereich” gehen zu wollen, meinte. Anfang Oktober brachte er dann Licht ins Dunkel: Er wird an einer Vorlesung am Fachbereich Geschichte mitwirken. Warum das problematisch ist, erklärt Christoph Würflinger.
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x-Bürgermeister Heinz Schaden hält Vorlesungen an der Uni” titelten die Salzburger Nachrichten im Oktober 2018. Im Rahmen der von Vizerektorin Sylvia Hahn veranstalteten Ringvorlesung “Politics, History and Culture - Austria in the 20th and 21st Century” tritt Schaden an zwei Terminen als Vortragender auf. Seine Themen sind “Domestic Austrian Politics 1960 - 1990” und “The City of Salzburg in the late 20th Century”. Am Fachbereich Geschichte ist man über diese Ankündigung, die man erst im September aus den Medien erfahren hat, nicht besonders glücklich; problematisch sind Schadens Auftritte nämlich aus mehreren Gründen. Unqualifiziert Der gebürtige Grazer Heinz Schaden kam 1976 nach Salzburg, um Politikwissenschaft, Publizistik und Wirtschaftsgeschichte zu studieren. 1981 promovierte er mit einer Arbeit über “Die österreichische Arbeiterbewegung und die Steuern von den Anfängen bis 1926”, deren akademischer Wert hier nicht beurteilt werden soll, zum Doktor der Philosophie. Danach studierte er an der Diplomatischen Akademie in Wien. Seine wissenschaftliche Karriere war mit der Dissertation allerdings auch schon wieder beendet; er arbeitete bis 1987 im Bauministerium und ging danach in die Politik. Aus wissenschaftlicher Sicht ist er also für Lehrauftritte an der Universität wahrscheinlich eher ungeeignet. Befangen Schaden war ab 1992 Vizebürgermeister, ab 1999 Bürgermeister der Stadt Salzburg. Dass er nun in einer universitären Lehrveranstaltung mit wissenschaftlichem Anspruch ausgerechnet über jene Zeit sprechen soll, in der er selbst politisch verantwortlich war, ist äußerst fragwürdig. “Wenn er beispielsweise über Salzburg im Mittelalter vortragen würde, gäbe es diesen Interessenkonflikt nicht. Aber so ist die Optik natürlich schon sehr schief”, sagt uns ein Salzburger Historiker, der lieber anonym bleiben möchte. Aber selbst wenn die wissenschaftliche Qualifikation stimmen und es beim Vortragsthema keinen Interessenkonflikt geben würde, gäbe es noch einen schwerwiegenden Einwand. Gerichtsbekannt Im Prozess um die Übertragung von Derivaten von der Stadt auf das Land Salzburg, einem Nebenaspekt des großen Salzburger Spekulationsskandals, wurde Schaden 2017 in erster Instanz zu drei Jahren Haft verurteilt. Infolge dieses (nicht rechtskräftigen) Urteils verkündete er konsequenterweise seinen Rücktritt als Bürgermeister. Dass man Schaden - nunmehr (nicht rechtskräftig) ver-
urteilter - im Haus für Gesellschaftswissenschaften als Lehrenden auftreten lässt, wirft kein gutes Licht auf die Universität Salzburg. Gerade Sylvia Hahn, die als Vizerektorin für Kommunikation zuständig ist, sollte sich dieser Symbolwirkung bewusst sein. Für die Reputation der Uni Salzburg wäre es vermutlich besser gewesen, ein letztinstanzliches Urteil abzuwarten. Warum lädt sie Schaden trotz dieser berechtigten Einwände als Vortragenden ein? Geht es ihr um eine Art “Promi-Bonus”, mit dem sie die Vorlesung aufhübschen will? Oder gibt es vielleicht andere Gründe? Hahn war selbst lange Zeit SPÖ-Parteimitglied, gilt nach wie vor als parteinahe und hat beispielsweise bei einem Ausstellungsprojekt mit der rot regierten Stadt kooperiert. Will sie jetzt einem alten Parteifreund zu positiver PR verhelfen? Auf unsere Anfrage hat sie nicht reagiert. Kein Einzelfall Schaden ist nicht der Einzige, dessen Auftritt in der Vorlesung verwundert. Unter den Vortragenden findet sich auch ein gewisser Stan Nadel, der zu den Themen “1st Republic and ‘Austrofascism’” und “Nationalsocialism and WW II” spricht. Nadel ist faculty member des University of Portland Study Abroad Program Salzburg. Der einzige auffindbare Lebenslauf endet in den frühen Nullerjahren. Nadel ist wie Schaden promovierter Historiker und hat immerhin auch mehrere Publikationen vorzuweisen; diese beschäftigen sich allerdings mit deutschen Einwanderern in New York Ende des 19. Jahrhunderts, liegen also von den Vortragsthemen meilenweit entfernt. Am Fachbereich Geschichte gäbe es gleich mehrere Personen, die für die beiden Themen ausgewiesene ExpertInnen sind. Warum trägt trotzdem der Laie vor? Wir wissen es nicht. Im Telefonbuch sind Nadel und Hahn jedenfalls unter derselben Adresse angeführt. Es ist nicht ungewöhnlich und keineswegs verwerflich, dass man befreundeten Wissenschaftlern oder dem akademischen Nachwuchs die Gelegenheit gibt, sich in einer Ringvorlesung zu präsentieren. Wissenschaftliche Qualifikation und kritische Distanz zum Thema sollten dabei allerdings gewährleistet bleiben, denn sonst werden universitäre Lehrveranstaltungen beliebig und durch Volkshochschulkurse ersetzbar. Am Fachbereich Geschichte herrscht großer Unmut über diese Lehrveranstaltung. In Zukunft sollen solche Ringvorlesungen einer Qualitätskontrolle unterzogen werden. Öffentlich äußern will sich jedoch niemand. 2019 endet die Funktionsperiode des Rektorats. Der künftige Rektor wird wohl auf die Dienste von Vizerektorin Hahn verzichten; sie wird als normale Kollegin an den Fachbereich zurückkehren.
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STUDIEREN IN JAPAN DIE LEIDEN DES JUNGEN SEBASTIAN K. ODER DER FEUCHTE TRAUM DER ÖVP
Der junge Sebastian K. erkundet die Welt. Dafür ist er übers Mittelmeer nach Japan geflogen, um sich dort unter das studierende Volk zu mischen und vielleicht die ein oder andere Inspiration für das geisteswissenschaftlich-humanistisch verseuchte Bildungswesen in Österreich zu finden. Erfahrungsbericht von Sebastian K, nacherzählt von Carlos P. Reinelt
Sebastians Liebe gehört alleine der Wirtschaft.
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ls der junge Sebastian K. seinem Ziehvater Wolfgang S. erzählte, dass er nach Japan fliegen wolle, fragte der Alte, ob denn seine Ohren schon groß genug seien für Überseeflüge1. Nach einem großväterlichen Zwinkern fuhr er den Kleinen im Auto zum Flughafen Schwechat. Während der langen Fahrt übten
sie sich in ihrer gemeinsamen Lieblingsbeschäftigung und schwiegen. Nur einmal fragte Sebastian, ob man denn nicht auch mit den Öffentlichen zum Flughafen komme, woraufhin beide in einen ihrer legendären Lachkrämpfe ausbrachen, die nur durch die Vorstellung einer Vermögenssteuer zu bremsen waren.
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Schon am ersten Tag der Universität fand er japanische Freunde, die ihn auf das Sommerfestival am Yasukuni-Schrein einluden. Eine Austauschstudentin aus China (deren sichelartigen Schlitzaugen ihn unangenehm an den Kommunismus erinnerten) machte ihn darauf aufmerksam, dass an besagtem Schrein viele Kriegsverbrecher gewürdigt würden, die für Massenmorde, Menschenversuche und weitere Gräueltaten verantwortlich waren. Etwas verblüfft fragte der kleine Sebastian seine japanischen Freunde, ob sie das nicht störe. Diese verneinten prompt, was ihm ein wohliges Gefühl gab und ihn an seine engen Freunde in der Heimat erinnern ließ.Auch an der Universität selbst machte er nur positive Erfahrungen. Hatte man ihn in Österreich noch wegen seiner adretten Art sich zu kleiden aus dem Studium gemobbt, waren hier alle brav in Schale geworfen. Frauen waren noch Frauen, Männer waren noch Männer. Besonders süß dünkten ihm die Studentinnen, die nach einem langen Tag in ihren hohen Schuhen das weite Uni-Gelände halb humpelnd verließen. Falls sie dies mit einem Kollegen an ihrer Seite taten, achteten sie vorbildlich darauf, auch ja einen halben Schritt hinter den Männern zu gehen. Dabei kam kein Mephisto und kein Faust auf die unangenehme Idee, ihnen irgendwelche politischen Flugzettel oder gar Aufrufe zu Demonstrationen in die Hand zu drücken. Allgemein war es schön, unter sich zu sein. Da sich die japanische Seenotrettung nur auf ertrinkende Wale konzentrierte, musste man letztes Jahr im ganzen Land lediglich 20 Flüchtlinge aufnehmen. Ein Traum. Die Studienplatzfinanzierung, welche voll und ganz von den reichen Eltern zur Verfügung gestellt werden musste, verhinderte zudem eine Vermischung mit Gesindel. Selbst wenn – und das musste er dem Gesindel zu Gute halten, Sebastian hatte nicht nur Verstand, sondern auch Herz – das Gesindel brav im Anzug die 60-Stunden-Wochen abrackerten.
„SCHWULE WAREN NUR DA, WO SIE HINGEHÖRTEN: IM YMCA-KOSTÜM IM NACHMITTAGSFERNSEHEN.“ So passierte es nicht selten, dass er morgens eingequetscht in der überfüllten U-Bahn versehentlich in seine zu enge Hose ejakulierte. Schuld daran waren freilich nicht die Mittelschülerinnen, deren Pobacken er mit seiner Erektion nicht ausweichen konnte, sondern vielmehr der schläfrige Blick in den Augen der Passanten, welcher ihm verrieten, dass sie einen sehr
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langen Arbeitstag vor sich hatten. Die Universität war kein Konglomerat linkslinker Zecken, die 8 Jahre für ihren Bachelor im Zigaretten-wuzeln brauchten. Auch gab es keine frechen Studentinnen, welche die Professoren mit lästigen Wörtern wie heteronormativ unterbrachen. Nein. Viel mehr teilten die Kommilitonen seine Leidenschaft fürs Schweigen. Und das Ziel jeden Curriculums bestand in der erfolgreichen Vorbereitung für seine zweite große Liebe: Die Wirtschaft. Im Abschlussjahr kumulierten all seine Vorstellungen für eine zünftige Ausbildung: Statt lästigen Bachelorarbeiten begann das Jahr des Job-Huntings. Für diesen Zweck schnitten sich alle Männer die Haare kurz, die Frauen banden sie zusammen, und wer auch nur einen etwas hellere Mähne hatte, musste sich die Haare schwarz färben. Dieses einheitliche Auftreten imponierte ihm – auch wenn ihm persönlich lieber gewesen wäre, sie färbten sich die Haare türkis.
„DA SICH DIE JAPANISCHE SEENOTRETTUNG NUR AUF ERTRINKENDE WALE KONZENTRIERTE, MUSSTE MAN LETZTES JAHR IM GANZEN LAND LEDIGLICH 20 FLÜCHTLINGE AUFNEHMEN. EIN TRAUM.“ Nach dem er seinem Freund Heinz-Christan via WhatsApp schrieb, dass man hier überall zum Essen und Trinken rauchen dürfte, sendete dieser ihm ein eigens kreeiertes Hand-Emoji, welches ihm klar vermittelte, er solle schon mal drei Bier für ihn bestellen. Nach dem langen Flug nach Tokio (unterbrochen durch einen ärgerlichen Aufenthalt in Istanbul, die Kanaken wollten ihn heimtückisch mit Schärfe vergiften, obwohl er ausdrücklich „Döner ohne Scharf!“ verlangt hatte) überzeugte er sich höchst persönlich davon, wie wenig Ausländer es gab. Und besser: Schwule waren nur da, wo sie hingehörten: Im YMCA-Kostüm im Nachmittagsfernsehen. Und nicht am Standesamt. Als sie die Heimreise gemeinsame Abreise in der Holzklasse antraten (für diesen Zweck hatten sie ihren Lieblings-Fotografen per Privatjet einfliegen lassen) war man sich einig, dass man noch vieles von dem schönen Land im Osten lernen konnte.
Carlos P. Reinelt ist Schriftsteller und Philosoph und studiert Germanistik in Salzburg. 2006 gewann er den Kängurutest der Mathematik in Vorarlberg. 1 Es ist wirklich geschmacklos, wie oft sich über die Körpermerkmale von Politikern lustig gemacht wird. Was wohl die ganzen Groß-Ohren bei solch einer Berichterstattung empfinden? Ich hab ja auch total schräge Zähne – schauen fast so blöd aus wie bei der Vassilakou.
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PRÄVENTION UND UMGANG MIT SEXUELLER GEWALT AN DER UNIVERSITÄT SALZBURG
An wen kann ich mich wenden wenn nichts mehr geht? Habe ich an der Universität Ansprechpersonen wenn ich sexueller Gewalt, verbal wie auch durch körperlich, ausgesetzt bin? Von Carolina Forstner
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niversitäre Abhängigkeitsverhältnisse wiegen oft schwer auf den Schultern von Betroffenen – Belästigung ist auf universitärer Ebenen(wie auch auf den meisten anderen Ebenen) Ebene eine Machtfrage. Sexuelle Übergriffe werden an Unis selten gemeldet. Die Angst vor schlechten Noten oder auch das schiere Unwissen über Beratungsstellen gelten als Hemmnisse für viele Betroffene. „Bei einer Befragung des Instituts für Höhere Studien im Auftrag der Österreichischen Hochschülerschaft gab jede dritte Studentin an, wegen ihres Geschlechts diskriminiert worden zu sein, unter Doktorandinnen knapp 43 Prozent.“1 (Und ja, jede dritte Studentin – schließlich sind 80 Prozent der Täter, wie eine andere Studie unlängst publizierte, Männer) Deswegen ist es umso wichtiger unser Leserpub-
likum zu sensibilisieren und bewusstzumachen, dass es Anlaufstellen gibt, die Hilfe leisten. Hilfe leisten, um die Sprachlosigkeit zu überwinden und die fälschlich gefühlte Scham abzulegen. Wir haben mit Siegrid Schmidt, der Vorsitzenden des Arbeitskreises für Gleichbehandlung gesprochen wo und wie Betroffene am leichtesten Hilfe und Ansprechpersonen finden. uni:press: Was kann eine öffentliche Institution wie die Universität besser machen um noch größere Sichtbarkeit zu erreichen und auf Beratungsinstitutionen aufmerksam zu machen? Siegrid Schmidt: „Die Crux mit der relativen Unbekanntheit der Angebote zum Umgang mit sexueller Belästigung an der Universität Salzburg ist in der
1 https://derstandard. at/2000068183630/ Sexuelle-Belaestigung-wird-an-der-Uni-selten-gemeldet
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Thematik selbst begründet. Wir haben ein breites Angebot, jedoch werden unsere Informationsveranstaltungen wenig besucht. Wir verteilen zwar immer wieder Folder, zum Beispiel an den Welcome Days, aber unsere Erfahrung hat gezeigt, dass das Thema zu sensibel ist um die Massen zu Infoveranstaltungen zu bewegen. Wir denken, aber trotzdem, dass man sich online gut und schnell informieren kann. Mit der Helpline, die eine Kooperation zwischen den Salzburger Universitäten (PLUS, MOZ, PMU, FH, SALK Gewaltschutzzentrum), des Landes Salzburg und der Salzburger Landeskliniken ist, steht eine Telefonberatung zur Hilfe, die, durch die Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen, eine hohe Frequenz an Beratungsstunden aufweisen kann. Es gab zwar vor besagter Helpline schon ein uniinternes Projekt, dieses konnte aber, nicht zuletzt durch die verbundenen Kosten die so ein Projekt mit sich bringt, nur einmal wöchentlich Beratungen anbieten. Zusätzlich zur Helpline dienen der Betriebsrat, der Arbeitskreis für Gleichbehandlung, die psychologische Studierendenberatung, sowie das ÖH Referat für Frauen / LGBTQIA* / Gender, als Anlaufstelle für Betroffene.
„ES GIBT ANLAUFSTELLEN UND ANGEBOTE, DOCH DIE HÜRDE DIESE ANZUNEHMEN IST NOCH IMMER ENORM HOCH, DIE PSYCHOLOGISCHE HEMMSCHWELLE SICH MIT SOLCH UNANGENEHMEN THEMEN AUSEINANDERZUSETZEN IST HOCH.“ uni:press: Recherchiert man etwas auf der Website der Universität Salzburg man schnell an den „Vertrauensrat in Angelegenheiten von Diskriminierung“. Dort findet man zwar ein Mitteilungsblatt der Formierung dieses Rates aus dem Jahr 2011 mit den Richtlinien und eine Auflistung der drei Mitglieder, Kontaktdaten und weitere Infor-
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mationen sind aber aus diesen Angaben nicht herauszulesen. Warum? Siegrid Schmidt: „Der Vertrauensrat formierte sich nach einem langen Prozess und mit ‚prominenten Personen‘ besetzt. (Anm. d. Redaktion: Die drei Mitglieder des Rates setzen sich, so schreibt es das Mitteilungsblatt zur Einsetzung des Rates, bringen juristische wie auch fachliche Expertise mit.) Der Vertrauensrat wurde im Bestreben eingesetzt, gemeinsam mit der Universität Mozarteum ein gemeinsames Beratungsinstrument zu schaffen, um damit auch die Bedeutung des Themas und die Wichtigkeit zu unterstreichen. Diese Arbeit wurde jedoch von Studierenden nicht wie gewünscht angenommen, wahrscheinlich weil es durch die, eben erwähnte hohe Hemmschwelle rund um die Thematik, nicht so einfach ist, das Angebot immer passgenau auszurichten. Der Rat wurde und wird in der Praxis kaum genützt. Das bestehende Angebot wurde zwar öffentlich kommuniziert, aber wurde von Betroffenen einfach nicht angenommen. Aus dieser Inaktivität resultieren somit die nicht vorhandenen Kontaktinformationen, da es ja die bereits oben erwähnten Anlaufstellen gibt, finden Betroffene aber auf jeden Fall schnell niedrigschwellige Hilfe.“ uni:press: Durch Ihre Tätigkeit als Vorsitzende des Arbeitskreises für Gleichbehandlung, sind Sie sicher immer wieder als beratende Stimme aktiv – Was raten Sie Freunden und Bekannten im Umgang mit Betroffenen? Was soll ich tun und sagen? Siegrid Schmidt: "Zunächst ist es wichtig zuzuhören! Die Ratschläge könnten sein, sich so bald wie MÖGLICH mit einer Beratungsstelle in Verbindung zu setzen. Der Kontakt zur helpline ist niederschwellig, da er anonym ist und Hinweise für den Umgang mit der bedrängenden Situation in sozialer, psychologischer und rechtlicher Hinsicht geben kann. Wenn die betroffene Person schon bereit ist, sich persönlich an eine Beratungsstelle zu wenden, dann sind für die Studierenden die Angebote der ÖH, aber auch der Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen oder auch ggf. die Abteilung "Disability und Diversity" anzufragen. Ein Desiderat in dieser Hinsicht wäre es, eine zentrale Info-Stelle zu haben, die unbürokratisch und sofort auf die richtigen Kontaktstellen bei verschiedensten Fragen und Problemen hinweisen kann."
Anlaufstellen bei sexueller Belästigung: Helpline Sexuelle Belästigung: 0664 88386932 (Dienstag 9-11 Uhr, Donnerstag 16-18 Uhr) Psychologische Studierendenberatung Salzburg: Mirabellplatz 9/1, psb.sbg@ sbg.ac.at, 0662 8044 6500 (Montag bis Freitag 9-12 Uhr außer Mittwoch) ÖH Uni Salzburg: Referat für Frauen / LGBTQIA* / Gender, frauen@oeh-salzburg.at Im Frühjahr 2019, geplant ist der 8.März (Weltfrauentag), wird ein Aktionstag veranstaltet werden. Wir halten euch mit weiteren Informationen am Laufenden!
politik & gesellschaft
POLITIK & GESELLSCHAFT
ÃœBER MARX,
ESOTERIK UND MODERNE HEXEN
ZUR REZEPTIONSGESCHICHTE DER MARXSCHEN THEORIE Von der Gruppe Transbib
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POLITIK & GESELLSCHAFT
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n der nicht besonders sehenswerten TV-Serie „A Discovery of Witches“, die gerade im Bezahlfernsehen läuft, betritt eine Studentin eine Studienbibliothek, kritzelt den Titel eines alten Buchs auf die Bestellliste, eine Archivarin sucht nach dem gewünschten Einband und bringt ihr das gefundene Stück an ihren Lesetisch. Soweit, so ungewöhnlich. Als sie - eine Hexe, wie sich später herausstellt - die Schriften darin zu studieren beginnt, verbrennt sie sich buchstäblich die Finger daran. Ohne es zu wissen, hatte sie ein längst verschollenes und „mächtiges“ Buch entlehnen können, welches seit Jahrhunderten von verschiedenen rivalisierenden Gruppen verzweifelt gesucht wurde. Dabei stand es, wenn auch verborgen, die ganze Zeit in einer ordinären Bibliothek. In etwa so verhält es sich auch mit der Rezeption der Marxschen Theorie. Zwar können die Schriften Marx’ ohne weiteres besorgt werden, aber dennoch scheinen sich zentrale Inhalte seiner Überlegungen (wie von Geisterhand) vor manchen Augen nicht materialisieren zu wollen. TraditionsmarxistInnen gehören zu dieser Spezies, die lediglich den exoterischen, also den zugänglichen und an der Oberfläche liegenden, Gehalten der Marxschen Gesellschaftsanalyse und -kritik folgt. Im Gegensatz dazu lässt sich ein „esoterischer Marx“ ausmachen, dessen philosophische Aussagen für eine kritisch-rekonstruktive Analyse schwieriger zu fassen sind und bis vor nicht allzu langer Zeit noch im Verborgenen lagen. Grundsätzlich lassen sich, grob strukturiert, drei Marxismen ausmachen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Neben dem weithin bekannten „traditionellen Marxismus“, hat sich ab 1923 ein „westlicher Marxismus“ etablieren können, der aus der Krise der sozialistischen Arbeiterbewegung nach dem ersten Weltkrieg entstand. Wichtige Theoretiker dieses Marxismus waren Georg Lukacs, Karl Korsch, Ernst Bloch, Antonio Gramsci und die Frankfurter Schule. Wesentlich für die hier dargelegte Argumentation ist aber die dritte Variante der Marx-Interpretation: die neue Marx-Lektüre, die in den 1960er Jahren mit Helmut Reichelt und Hans-Georg Backhaus ihren bescheidenen Durchbruch erlebte. Genau genommen sind die Ursprünge dieser Denkrichtung bei dem russischen bzw. sowjetischen Ökonomen Isaak Iljitsch Rubins zu finden, der mit seinem Hauptwerk Studien zur Marxschen Werttheorie 1924 den Grundstein hierfür legte. Bezeichnenderweise wurde Rubins 1930 von der sowjetischen Staatsmacht verhaftet und anschließend verbannt, bis er schließlich 1937 spurlos verschwand. Mit der neuen Marx-Lektüre beginnt eine Rekonstruktion der Kritik der politischen Ökonomie und ihrer staats- wie revolutionstheoretischen Implikationen.
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Drei Hauptstränge der Debatte sind hier auszumachen, die einen Bruch mit zentralen Standpunkten des Traditionsmarxismus darstellen: „Eine Abkehr vom werttheoretischen Substantialismus [I], von manipulationstheoretisch-instrumentalistischen Staatsauffassungen [II] sowie von arbeiterbewegungszentrierten bzw. revolutionstheoretischen Deutungen der Kritik der politischen Ökonomie [III]“1: I. Hierzu muss man etwas weiter ausholen: Marx stellte in seinen Formanalysen fest, dass die Ware einen Doppelcharakter aufweist. Sie hat zugleich Gebrauchswert und Wert, was impliziere, dass auch die Waren produzierende Arbeit einen Doppelcharakter haben muss. Neben der sichtbaren „konkreten Arbeit“, die die qualitativ verschiedenen Gebrauchswerte herstellt, wie beispielsweise der Schuster die Schuhe, entdeckt Marx die „abstrakte Arbeit“, als die Substanz die den Wert bildet. Sie ist nicht physiologischer Natur, also nicht greifbar. Vielmehr ist „im Wert ein gesellschaftliches Verhältnis zu erkennen“.2 Marx arbeitet heraus, dass dieses besondere gesellschaftliche Verhältnis nur in einer warenproduzierenden Gesellschaft auftritt; nur in einer kapitalistischen Gesellschaft wird durch „abstrakte Arbeit“ Wert geschaffen. Wie wesentlich diese Erkenntnis der „gespenstischen Gegenständlichkeit“ wie Marx den Wert auch charakterisiert - für die Analyse des Kapitalismus ist, formuliert Marx folgendermaßen: „Diese zwieschlächtige Natur der in der Ware enthaltenen Arbeit ist zuerst von mir kritisch nachgewiesen worden. Da dieser Punkt der Springpunkt ist, um den sich das Verständnis der politischen Ökonomie dreht, soll er hier näher beleuchtet werden.”3 Der Traditionsmarxismus begeht an dieser Stelle einen entscheidenden Denkfehler, indem er Wert und damit ihre Substanz, die „abstrakte Arbeit“, als quasi-stofflich, also „substantialistisch“, zu fassen versucht, so „als wäre ein bestimmtes Quantum abstrakter Arbeit verausgabt [worden] und dieses Quantum stecke jetzt als Wertsubstanz in der einzelnen Ware und mache das einzelne Ding zu einem Wertgegenstand.”4 Wert kann somit kritiklos und transhistorisch gedacht werden, d.h. Kategorien wie abstrakte Arbeit und Wert wären konsistent durch die Geschichte hindurch und in jeder vergangenen wie zukünftigen Gesellschaft vorhanden. Solche falschen Annahmen ziehen erhebliche Konsequenzen nach sich. Wie die neue Marx-Lektüre herausgearbeitet hat, sind es gerade diese kapitalistischen Basiskategorien, die zu einer Verselbstständigung des gesellschaftlichen Zusammenhangs führen, welche wiederum herrschaftliche Verhältnisse und beständig ökonomische Krisen induziert.
1 Elbe, Ingo (2008): Marx im Westen. Die neue Marx-Lektüre in der Bundesrepublik seit 1965. S. 32. 2 Reitter, Karl (2002): Der Begriff der „abstrakten Arbeit“. Online verfügbar unter: https://bit.ly/2NuQOR6 3 MEW 23, S. 56. 4 Heinrich, Michael (2005): Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung. S. 47.
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II. Die Kritik an der traditionsmarxistischen Staatsauffassung lässt sich wie folgt beschreiben: Für Lenins Verständnis vom Staat spielt der sogenannte „Klassenwiderspruch“ eine wesentliche Rolle, der die Gesellschaft in Gruppen von Menschen spaltet, „von denen die einen sich ständig die Arbeit der anderen aneignen können.”5 Lenin stellt sich den Staat als ein Instrument der Manipulation einer ökonomisch herrschenden Klasse vor, die über eine andere bestimmt und diese ausbeutet. Lenin spricht davon, dass die kapitalistische Produktionsweise „immer ungefähr die gleiche“ sei, wie „sie in den antiken griechischen Republiken war: Freiheit für die Sklavenhalter.”6 Der spezifische Unterschied im Ausbeutungsprozess von damals zu heute besteht aber gerade darin, dass nicht das Eigentum an Gewaltmitteln (=personale Herrschaft) das entscheidende Mittel ist, sondern das Eigentum an Produktionsmitteln. Auf dem Markt treten sich die Mitglieder der bürgerlichen Gesellschaft als rechtlich „gleiche“ und „freie“ Privateigentümer gegenüber, auch wenn die einen nur ihre Arbeitskraft und die anderen die Produktionsmittel besitzen. Wichtig hierbei ist, dass im Unterschied zu vorbürgerlichen Zeiten die Bourgeoisie keine zusätzliche richterliche oder polizeiliche Funktion innehat. Für Marx ist Entstehung und Reproduktion des Reichtums im Kapitalismus kein Resultat selbstbewusster Subjektivität. Und es ist auch kein Resultat von Herr-
schaft einer Person über eine andere. Auch nicht in den Ausbeutungsverhältnissen! Marx wird hierzu im Vorwort der ersten Auflage des Kapitals sehr deutlich: „Zur Vermeidung möglicher Mißverständnisse ein Wort. Die Gestalten von Kapitalist und Grundeigentümer zeichne ich keineswegs in rosigem Licht. Aber es handelt sich hier um die Personen nur, soweit sie die Personifikation ökonomischer Kategorien sind, Träger von bestimmten Klassenverhältnissen und Interessen. Weniger als jeder andere kann mein Standpunkt, der die Entwicklung der ökonomischen Gesellschaftsformation als einen naturgeschichtlichen Prozeß auffaßt, den einzelnen verantwortlich machen für Verhältnisse, deren Geschöpf er sozial bleibt, sosehr er sich auch subjektiv über sie erheben mag.”7 Reichtumsformen im Kapitalismus sind „gegenständlich vermittelte (Werte), von Gegenständen repräsentierte (Geld und andere Wertformen) und als bloße Dingeigenschaften erscheinende (Fetischismus/Mystifikation) soziale Verhältnisse zwischen Produzenten unter privat-arbeitsteiligen Vergesellschaftungsbedingungen der Arbeit.”8 Der Bruch der neuen Marx-Lektüre mit dem Marxismus-Leninismus und seiner instrumentalistischen Staatsauffassung besteht also darin, dass die Notwendigkeit eines Staates für Klassenherrschaft als personale Herrschaftsform analytisch nicht mehr zu
5 Lenin, Wladimir Iljitsch (1960): Staat und Revolution. Die Lehre des Marxismus vom Staat und die Aufgaben des Proletariats in der Revolution (1918). S. 465. 6 Lenin (1960), S. 474. 7 Marx, Karl / Engels, Friedrich (1968): Werke, Band 23, „Das Kapital“, Bd. I, S. 16. 8 Elbe (2008), S. 587.
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halten ist. Vielmehr haben wir es mit einer „anonymen Herrschaft”9 der Sachzwänge zu tun. III. Klassenkonflikte sind für den traditionellen Marxismus der Motor gesellschaftlicher Entwicklungen schlechthin. Nun sind diese Kämpfe im Kapitalismus aber zuerst einmal Auseinandersetzungen innerhalb der kapitalistischen Logik (höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen, etc.). Klassenkonflikte können eine Eigendynamik entwickeln, müssen sie aber nicht. Auch wenn das Proletariat ein „Klassenbewusstsein entwickeln [würde], heißt das nicht automatisch, dass zu diesem Klassenbewusstsein auch die Vorstellung einer emanzipatorischen Überwindung des Kapitalverhältnisses gehört. Auch das klassenbewusste Proletariat ist nicht automatisch ‚revolutionär‘.”10 Nun finden sich bei Marx aber genau jene Textstellen, die einen revolutionstheoretischen Geschichtsdeterminismus befeuern könnten. VertreterInnen des Traditionsmarxismus bemühen hierzu oft ein bekanntes Zitat aus dem Kapital, um ihr Argument zu stützen, welches in etwa so lautet: aus Kleinbetrieben werden Großbetriebe, es findet Konzentration und Zentralisation des Kapitals statt, was das Elend und den Druck auf die Arbeiterklasse erhöhe, die sich wiederum ihrer historischen Mission bewusst in den Revolutionsmodus schaltet und infolge die „kapitalistische Hülle […] sprengen”11 würde. Allerdings lässt sich diese Marxsche Prognose keineswegs aus sei-
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nen eigenen Prämissen ableiten, so Michael Heinrich: „Marx zog in dem erwähnten Abschnitt [des Kapitals] Folgerungen, die auf einen Geschichtsdeterminismus hinauslaufen, der durch seine kategoriale Darstellung nicht begründet ist. Insofern ist dieser Abschnitt eher Ausdruck seiner Hoffnung als seiner Analyse; der revolutionäre Enthusiasmus siegte hier über den kühlen Wissenschaftler.”12 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bei der neuen Marx-Lektüre der klassenübergreifende Strukturzusammenhang, verstanden als ein sich verselbständigender und sich selbst reproduzierender gesellschaftlicher Zusammenhang (als ein “automatisches Subjekt”13), das wesentliche Analyseergebnis darstellt. Der Traditionsmarxismus hingegen läuft einer verkürzten Kapitalismuskritik hinterher, die nicht in der Lage ist die Produktionsbedingungen in den Blick ihrer Kritik zu nehmen und nicht zu fassen vermag, dass erst aus diesen der Klassengegensatz folgt. Es zeigt sich, dass es verschiedene Lesarten der Marxschen Theorie gibt. Eine davon haben wir hier mit der neuen Marx-Lektüre vorgestellt. Nicht zuletzt auch deshalb, um wieder Lust auf Marx zu machen: mit Marx gegen Marx für Marx! Damit es am Ende nicht wie bei Lenin lautet: „kein Marxist hat Marx begriffen!!”14 - einschließlich Lenin.
9 Elbe, Ingo (2016): Anonyme Herrschaft. Zum Zusammenhang von Reichtum & Subjektivität. Vortrag online verfügbar unter: https://bit. ly/2EkS35M 10 Heinrich (2005), S. 195. 11 MEW 23, S. 790f. 12 Heinrich (2005), S. 201. 13 MEW 23, S. 168f. 14 Lenin, Wladimir Iljitsch (1973): Philosophische Hefte. In: Lenin: Werke Bd. 38. S. 170.
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© Expa/Adelsberger
ZUM GLÜCK GIBT ES DA NOCH DIE FPÖ
Wer glaubt, man müsse wegen einer FPÖ in der Regierung vor einem zweiten Dritten Reich warnen, der irrt gewaltig. Viel mehr ist es ein Glücksfall, dass sie einen Koalitionspartner ausbremsen, der zu noch viel mehr fähig wäre. Von Carlos P. Reinelt
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as George Orwells 1984 immer noch gerne im Literaturunterricht behandelt wird, oder gar in politischen Diskussionen zitiert wird, zeugt von einer besonderen Trägheit und Blindheit gegenüber der politischen Realität. Der totalitäre Überwachungsstaat mit dem allgegenwärtigem Großen Bruder an der Spitze mag vielleicht an die Diktaturen des zwanzigsten Jahrhunderts erinnern, aber abgesehen von Ausnahmen (wie auf der arabischen Halbinsel oder in Nordkorea) haben sich Orwells Visionen als völlig fehlgeschlagen erwiesen.1 16 Jahre vor 1984, also 1932 (rofl), erschien mit Aldous Huxleys Schöne neue Welt eine Dystopie, die sich viel bessere als düstere Vorlage für unsere Gegenwart dient. Huxley erkannte im Gegensatz zu Orwell, dass sich Gesellschaft nicht dauerhaft in einem System spürbarer Unterdrückung halten lassen wür-
den. Stattdessen wird jeder dauerhaft Lust-befriedigt. Sei es durch Sex, der Droge Soma, oder anderweitiger Aktivitäten, welche die Menschen in einem chronischen Zustand zufriedener Gedankenlosigkeit (und wichtiger: Widerstandslosigkeit) lassen. Angebetet wird nicht mehr das Kreuz der Kirche, sondern das „T“ des berühmten Automodells Ford T. Heute würde das T wohl für Tesla stehen. An der Spitze stehen eine Handvoll Alphamenschen, welche von der Bevölkerung wie Idole verehrt werden. Huxley bewies hiermit ein vorausahnendes Feingefühl für die neoliberale Ordnung unserer Zeit. Als Erfolgsrezept der Ideologie (welche als nicht-Ideologie verkauft wird) steht das Dogma, Unfreiheiten als Freiheiten zu vermarkten – und umgekehrt. Während die FPÖ dieses Spiel nur halb durchblickt, versteht es die türkise Partei unter Sebastian Kurz wie kaum eine andere, dieses Instrument für sich zu nutzen.
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Das Aufstreben Kurz ist in der Tat eine beachtliche Geschichte, von der sich viele eingerostete Parteien (vor allem unter den Linken) einiges abschneiden könnten. Den Vorwurf des Putsches, oder dass er den lieben Mitterlehner übergangen habe, zeugt von dem feigen Schafsherdendenken, welches sich in weiten Teilen der Gesellschaft breit gemacht hat. Kaum eine Partei wirkte so starr wie die ÖVP, und dennoch schaffte es die türkise Fraktion, eben jene Strukturen aufzubrechen und an die Macht zu gelangen – und nun wo sie da sind, sind sie erstaunlich effizient. Oder sagen wir lieber erschreckend effizient.
„16 JAHRE VOR 1984, ALSO 1932 (ROFL), ERSCHIEN MIT ALDOUS HUXLEYS SCHÖNE NEUE WELT EINE DYSTOPIE, DIE SICH VIEL BESSERE ALS DÜSTERE VORLAGE FÜR UNSERE GEGENWART EIGNET.“ Im Eiltempo, welches den Große-Koalition geplagten Österreicher völlig überfordert, werden nun politische Anliegen durchgedrückt. Früher benötigte es hierfür jahrelange Diskussion und mediale Schlammschlachten – die letztendlich ergebnislos nur allzu oft bleiben. Den Schluss, den man daraus ziehen muss, wirkt vielleicht zynisch, ist aber im Hinblick auf die realpolitische Situation nur logisch: Wir könnten uns nicht glücklicher schätzen, dass die ÖVP durch die laienhaft agierende FPÖ als Koalitionspartner gebremst wird. Dass die FPÖ bewusst Verbindungen in rechtsextreme Kreise pflegt, ist ein offenes nicht-wirklich-Geheimnis. Dennoch ist jeder, der vor einem Wiederauferstehung einer faschistischen Diktatur in Österreich (sei es eine Schwarze wie vor 38, oder eine Braune wie nach 38) auf demselben völligen Irrweg wie damals Orwell. Der Rückfall in diese Art der Barbarei ist nicht möglich, so sehr das manche auch behaupten mögen. Die Infantilität des blauen Handels führt das vor Augen: Sei es die Affäre um den Verfassungsschutz, sei es der dubiose Partnervertrag mit Einiges Russland. Wann immer jene Strukturen aufgedeckt werden, wird die FPÖ medial vernichtet, es erregt Widerstand. Weit würden sie so nicht kommen.
Dass die ÖVP in dieser Hinsicht viel gefährlicher ist, scheint den meisten zu entgehen. Denn sie streben eine Dystopie an, welche sich in der Realität viel leichter umsetzen lässt: Die absolute Diktatur der Wirtschaft. Dabei bedienen sich eben jener gefinkelter Methode, die eingangs beschrieben wurde: So wird der 60-Stunden-Tag als Errungenschaft für die Arbeitnehmer verkauft, die nun per Handschlag auf Augenhöhe mit den Arbeitgebern flexibler entscheiden sollen können.
„IM EILTEMPO, WELCHES DEN GROSSE-KOALITION GEPLAGTEN ÖSTERREICHER VÖLLIG ÜBERFORDERT, WERDEN NUN POLITISCHE ANLIEGEN DURCHGEDRÜCKT.“ Ein Blick in die USA verrät, dass auch Obama jene Art der Rhetorik besser verstand als Trump. Unter beiden wurden Familien an der Grenze getrennt, doch nur unter Trumps Präpotenz wurde es zum weltweiten Thema. Unter der FPÖ soll die Seenotrettung eingestellt werden, weil man verdammt nochmal die Flüchtlinge nicht hier haben will. Unter der ÖVP soll die Seenotrettung eingestellt werden, weil die armen Menschen vor dem Tod im Mittelmeer und falschen Hoffnungen geschützt werden sollen. Das Ziel ist dasselbe. Der Hintergrund eigentlich auch: Allerdings wird er dank der FPÖ leichter sichtbar. Der Große Bruder Heinz-Christian wird bestimmt nicht kommen, aber die Wirtschaft als neue Religion abzuwehren sollte momentan das wichtigste Gebot sein.
1 Hurra, Fußnote! An der Stelle lehne ich mich mal aus dem Fenster (metaphorisch gesprochen, ich sitze am Schreibtisch, es ist schlicht und einfach zu kalt, um sich aus dem Fenster zu lehnen) und behaupte, im Westen war 1984 vor allem lange als Warnung vor dem Osten und dem Schreckensgespensts Kommunismus so beliebt. Es ist ironisch, dass der überzeugte Sozialist Orwell, heute vor allem von Konservativen zitiert wird. All Animes are equal. But some Animes are more equal than others. #StudioGhibli
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POLITIK & GESELLSCHAFT
WIR SIND NICHT
BEHIN Volker Schönwiese von der Uni Innsbruck, und Obmann des Vereins BIDOK spricht zur Geschichte der SelbstbestimmtLeben-Bewegung in der ÖH-Ringvorlesung „Soziale Bewegung und kollektiver Protest“.
Ein durch die disability- & diversity Abteilung der Uni Salzburg finanziertes Forschungsprojekt widmet sich der Geschichte der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung in Österreich und schafft damit einen frei verfügbaren Quellenschatz für (Nachwuchs-)Wissenschaftler*innen. Von Hannah Wahl
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it der Aufbereitung der Geschichte der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung begab sich ein fünfköpfiges Innsbrucker Forschungsteam auf bislang weitestgehend unerforschtes Terrain. Diese relativ junge Soziale Bewegung entstand in den 1970er Jahren mit einem selbstbewussten und kämpferischen Aktivist*innenkreis: Menschen mit Behinderungen forderten Rechte, Selbstbestimmung und gesellschaftliches Teilhabe – und das mit Nachdruck.
Die sich in einer Zeit von politischer Protest- und Aufbruchsstimmung formierende Behindertenbewegung trug, wie auch die Friedens- oder die Frauenbewegung, ihren Protest auf die Straße hinaus. Eine der ersten Demonstrationen fand 1974 am Wiener Ring statt. Man verwehrte Schüler*innen im Rollstuhl die Teilnahme an einem Popkonzert – angeblich aus Sicherheitsgründen. Diese reagierten mit einer Demonstration und forderten auf Transparenten die Änderung des Theatergesetzes, auf das sich die Veranstalter beriefen.
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WIR WERDEN
DERT Der Beginn der politischen Selbstvertretung begann 1976/77 mit der Gründung der Initiativgruppe-Behinderte-Nichtbehinderte (IBN) in Innsbruck. Gefordert wurden grundsätzliche bauliche Barrierefreiheit (Abflachung der Gehsteigkanten und behindertengerechte Zugänge zu öffentlichen Gebäuden), integratives Wohnen und öffentliche ambulante Dienste – die Zeit des Bettelns um Gleichberechtigung war vorbei. Aus einem Flugblatt der IBN: „Wir haben lange geduldig gewartet und uns immer wieder vertrösten lassen. Es geht nicht um Almosen und Mitleid, sondern um Rechte und Gleichberechtigung“. In einem weiteren Flugblatt liest man: „Bedenkt: Wir sind schon zu oft verwaltet und befürsorgt worden, ohne die Freiheit der Entscheidung zu haben. Wenn uns nur die Wahl zwischen Alter/Pflegeheim oder Behindertendorf bleibt, bleibt uns nur die Wahl WIE wir ausgeschlossen werden.“ 1981 blockierten Rollstuhlfahrer*innen den Eingang zur Hofburg, in der, anlässlich des von der UNO ausgerufenen „Internationalen Jahres der Behinderten“, ein Festakt stattfand: „Wir empfinden es als eine Provokation und als eine Frechheit in einer derartig traurigen Situation, ‚ein Fest‘ zum Jahr der Behinderten zu veranstalten! ES GILT VERSÄUMTES NACHZUHOLEN! ZUM FESTE FEIERN BESTEHT WIRKLICH KEIN GRUND!“ Die für das Projekt zusammengetragenen Quellen aller Art machen einen Wandel hin zu einer selbstbewussten, fordernden und politisierten Gruppe ersichtlich, die mit ihrem Aktivismus den Grundstein für Selbstermächtigung, mehr Inklusion und mehr Barrierefreiheit legte.
Zeitzeug*innen und Quellen zur Rekonstruktion von Geschichte Das vorgestellte Projekt, das durch bidok (behinderung inklusion dokumentation) der Öffentlichkeit online zugänglich ist, ermöglicht anhand einer Zeitleiste maßgebliche Ereignisse der Österreichischen Selbstbestimmt-Leben-Bewegung in Erfahrung zu bringen. Diese werden wiederum mit digitalisierten Quellen belegt. Besonders spannend sind auch die vierzehn Interviews mit Zeitzeug*innen, die im Gespräch ihre persönlichen Erfahrungen und ihre subjektiven Eindrücke schildern. Die behindertenpolitische Zeit-
schrift „LOS“ (1983-1991) ist als historische Quelle und ehemaliges „Organ der kritischen Behindertenbewegung“ ebenfalls zur Gänze abrufbar. Mit diesem Projekt wurde zweifelsfrei ein wichtiger Impuls für eine zukünftige, engagierte Forschergeneration gegeben.
Viel erreicht und jetzt Stillstand? Obwohl der Weg in Richtung inklusive Gesellschaft noch weiter beschritten werden muss, kann die Selbstbestimmt-Leben-Bewegung auf viele Erfolge zurückblicken, die wir immer mehr als festen Bestandteil unserer Umwelt wahrnehmen: behindertengerechte WCs, barrierefreie öffentliche Gebäude, das Bundespflegegeldgesetz (das jedoch nur einen finanziellen Zuschuss darstellt) oder die Verankerung eines Antidiskriminierungsparagraphen in der Verfassung: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten.“ Der jüngste Meilenstein wurde mit der UN-Behindertenrechtskonvention 2008 gelegt, deren konsequente Umsetzung die Politik bis heute nur zögerlich betreibt und damit verbindliche Ansprüche geschickt umgeht. Aus der Geschichte lernen Das Projekt zur „Geschichte der Selbstbestimmt Leben Bewegung in Österreich“ hat sich einer wichtigen Aufgabe gewidmet: Der Aufarbeitung einer Sozialen Bewegung in der jüngsten österreichischen Geschichte, die bislang nur Zeitzeug*innen und Aktivist*innen in Erinnerungen zugänglich war. Besonders das Zusammentragen, Digitalisieren und Bereitstellen der verschiedenen Quellen stellt eine essentielle Basis zur weiteren Erforschung dar. Wünschenswert wäre eine breite Beteiligung von ehemaligen Aktivist*innen, Zeitzeug*innen, Forscher*innen und Interessen*innen, damit wertvolle Zeugnisse historischer Prozesse und Ereignisse – Zeitungsartikel, Flugblätter, Sticker und Fotos – nicht in Vergessenheit geraten. Die Geschichte lehrt uns jedenfalls, dass soziale Protestbewegungen in der Lage sind, einen politischen und gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen.
Links: www.bidok.uibk.ac.at/projekte/behindertenbewegung/
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DER GIPFEL IST VORBEI, DIE REPRESSION HÄLT AN… Die noS20-Proteste haben das informelle Treffen der EU-Staats- und Regierungschef_ innen kraftvoll, vielfältig und stark gekontert. Bereits im Vorfeld der Proteste wurden repressive Maßnahmen verschärft und gaben damit einen passenden Vorgeschmack auf das Verhalten der Staatsbehörden während und nach den Protesten. Ein chronologischer Überblick und eine Perspektive. Von Arno Nym
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ie noS20-Proteste haben das informelle Treffen der EU-Staats- und Regierungschef_innen kraftvoll, vielfältig und stark gekontert. Bereits im Vorfeld der Proteste wurden repressive Maßnahmen verschärft und gaben damit einen passenden Vorgeschmack auf das Verhalten der Staatsbehörden während und nach den Protesten. Ein chronologischer Überblick und eine Perspektive. Die Repression Am 20. September 2018 fand in Salzburg ein Treffen der EU-Staats- und Regierungschef_innen statt. Sie trafen sich, um ihren autoritären Kurs weiter zu verschärfen und EU-weit zu koordinieren. Dazu zählten u.a. die Ausweitung der Militarisierung und Abschottung an den EU-Außengrenzen sowie der Ausbau von Überwachungs- und Polizeibefugnissen. Als Antwort trafen sich am selben Ort zahlreiche Aktivist_innen um ein deutliches Zeichen gegen diesen „Gipfel der Herrschaft, Abschottung und sozialen Kontrolle“ (noS20. blackblogs.org / summit-salzburg.mobi) zu setzen. Die kraftvollen und deutlichen Kontrapunkte wurden von staatlicher Seite mit Repression beantwortet. Das Ergebnis: 1 Aktivist in U-Haft, 22 weitere Festnahmen, ca. 40 Verletzte, ungezählte Personalienfeststellungen. Bereits am 17. September gab es Berichte darüber, dass verschärfte Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze durchgeführt wurden. Dies gipfelte in den Schikanen, mit denen sich ca. 50 Aktivist_innen konfrontiert sahen, die mit dem Zug aus München zu den Protesten anreisen wollten. Für einige Zeit wurde der Zugverkehr ausgesetzt und 17 Aktivist_innen am letzten Bahnhof vor der Grenze festgenommmen. Grund für die Verhaftung war die Befürchtung, sie könnten das „Ansehen der BRD im Ausland […] beeinträchtigen“. Ihnen wurden die Personalausweise abgenommen und sie verbrachten bis zu 10 Stunden in Polizeigewahrsam. In Salzburg verlief es bis zum Ende der Linzer Gasse ruhig. Hier kam die Demo zum Stillstand, denn laut Poli-
zei sollte sich der Demozug ca. 50 Meter durch eine kleine Seitengasse drängen, anstatt auf der breit ausgebauten Straße weiterzugehen. Ein unverantwortliches Vorhaben bei einer Teilnehmendenzahl von ca. 1500 Protestierenden. Hier kam es zu einzelnen Auseinandersetzungen der Polizei mit Demonstrationsteilnehmenden. Am Rande der Abschlusskundgebung im Volksgarten eskalierte das Verhalten der Polizei. Es wurden ca. 10 Aktivist_innen, die sich bereits auf dem Nachhauseweg befanden, eingekesselt und teilweise auch festgenommen. Innerhalb kürzester Zeit wurden die Aktivist_innen von ca. 300 solidarischen Menschen unterstützt, welche die Straße blockierten und die Gefangenenwagen am Wegfahren hinderten. Im Zuge dieser Auseinandersetzung wurden die solidarischen Personen von mehreren Wellen an Pfefferspray aus kürzester Distanz getroffen. Im weiteren Verlauf rannte eine Gruppe der WEGA, mit gezückten Schlagstöcken, in die Spontankundgebung und verprügelte wahllos Aktivist_innen. Bei diesem Einsatz rund um den Volksgarten wurden rund 40 Verletzte gezählt, darunter viele Verletzungen aufgrund von Tränengas, aber auch ein gebrochener Arm, eine Rippenprellung und eine Platzwunde am Kopf. Insgesamt wurden vier Personen verhaftet und ins Polizeianhaltezentrum Alpenstraße gebracht. Mit dem ersten Transport von Gefangenen sammelten sich dort auch die ersten Menschen zu einer Spontanversammlung. Sie forderten die Freilassung der Gefangenen, begrüßten die Entlassenen und zeigten so ihre Solidarität. Während der mehr als sechs Stunden Wartezeit kam es zu einer letzten Festnahme eines Kundgebungsteilnehmers, welcher kurze Zeit später wieder entlassen wurde. Gegen 23 Uhr waren alle Gefangenen, bis auf einen, wieder frei. Dieser wurde in die Justizanstalt Puch-Urstein gebracht und erst nach 13 Tagen Untersuchungshaft unter Auflagen wieder freigelassen. Während seiner Zeit in U-Haft gab es mehrere Aktionen in Solidarität, welche auf unserer Homepage (noS20soli.blackblogs.org) gesammelt wurden.
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Was nun? Angesichts der aktuellen politischen Lage ist es weder verwunderlich noch überraschend, dass die noS20-Proteste von polizeilicher Seite mit Repression beantwortet werden. Sie zielen damit ganz klar darauf ab, widerständige und kritische Stimmen leise zu halten. Denn der Umgang mit der erlebten und zu erwartenden Repression kostet die einzelnen Betroffenen Zeit, Geld, Energie und Nerven. Manche werden lange brauchen, bis sie das Erlebte soweit verarbeitet haben, dass sie wieder auf eine Demo gehen können. Andere überlegen es sich lieber zehnmal, nachdem das letzte Mal so langwierige Streitigkeiten und Kosten mit sich gebracht hat. Und Dritte gehen gar nicht mehr auf die Straße, aus Angst vor potenziellen Übergriffen oder Strafen. Und genau darauf zielen die Behörden ab. Sie statuieren Exempel mit der impliziten Drohung: Euch kann es jederzeit (wieder) erwischen. Dieser Drohung möchten wir uns solidarisch entgegenstellen, indem wir gemeinsam Wege gehen, die
Repression zu beantworten, um den direkt betroffenen Personen den Rücken zu stärken. Vorschläge dafür, wie das gehen könnte, findest Du auf unserer Homepage: noS20soli.blackblogs.org. Dort findest du auch unsere Mailadresse, falls du selbst aufgrund der noS20-Proteste Repression erlebst/erlebt hast.
Auf das die Repression ins Leere läuft! Wir kämpfen weiter für eine bessere Welt! noS20-Soligruppe nos20soli.blackblogs.org Spendet für die Betroffenen von Repression: Förder_innen des Salzburger Social Forum Verwendungszweck: Soli20 IBAN: AT59 2040 4000 4148 1821 BIC: SBGSAT2SXXX
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Stimmen zum Vor am Volksgarten na
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rgehen der Polizei ach der Demo “Mehrere hundert Menschen haben sich friedlich auf die Straße gesetzt. Als ein Rettungsauto gekommen ist, haben die Demonstranten gleich Platz gemacht. Die Polizei hat den Moment brutal ausgenutzt und versucht, direkt hinter dem Rettungswagen die Leute auf die Seite zu drücken. Dass die Polizei einen Notfall so schamlos ausnutzt, ist eine Frechheit.” Michael, 29, Angestellter “Ich hab schon öfter von Polizeigewalt gehört, dass ich sie tatsächlich mal erleben werde (und Pfefferspray einatme), habe ich allerdings nicht erwartet. Die Gewalt, mit der bei dieser Demo seitens der Polizei vorgegangen wurde, war völlig übertrieben und der Situation absolut nicht angemessen. Es wurde auf keinerlei Weise versucht, mit den DemonstrantInnen zu kommunizieren (eine Durchsage wurde erst nach drei Stunden gemacht!). Die Einsatzeinheiten waren offensichtlich nur geil darauf, Leute mit ihren Knüppeln zu verhauen. Seit diesem Erlebnis kommt in mir immer wieder blanke Wut auf, wenn ich einem Bullen begegne. Und der einzige Gedanke, der mir bei dem Anblick dieser Marionetten kommt ist: Kein Freund, kein Helfer.” Elisabeth, 36, Lehrerin "Ich bin beim Volksgarten gelaufen, als mir ein Polizist von hinten mit dem Schlagstock auf den Hinterkopf geschlagen hat. Da bin ich hingefallen. Als ich schon am Boden gelegen bin, ist mir nochmal auf den Kopf geschlagen worden. Ich bin dann mit einer Platzwunde ins Krankenhaus.” Martin, 26, Student "Ich wurde noch nie so sehr von der Polizei enttäuscht wie heute. Ich habe eine volle Ladung Pfefferspray mitten ins Gesicht bekommen, obwohl ich nur gefilmt habe, wie die Polizei eine Gruppe von Menschen angegriffen hat, welche versucht haben, die abgeführten Demonstranten zu befreien und eine Menschenkette um den Wagen gebildet haben." Teresa, 19, Angestellte „Ich würde mich schon als politischen Menschen bezeichnen. Darum bin ich auch immer wieder auf Demonstrationen, um meine Meinung kundzutun und auch einmal zu sagen, was mir nicht passt. Bisher habe ich das auch in den meisten Fällen relativ entspannt machen können, auch wenn immer wieder mal Situationen waren, in der ich mich über das Verhalten von anwesenden PolizistInnen gewundert habe. Was aber an diesem Septembertag beim Volksgartenbad passiert ist, kann ich bis heute nicht begreifen. Da sind SchülerInnen am Kopf blutend zu Boden gegangen! Ich dachte bisher immer, solche Prügelorgien gäbe es nur in Polizeistaaten…aber vielleicht sind wir ja momentan auf dem Weg in diese Richtung. Ich werde mich jedenfalls von denen nicht einschüchtern lassen!“ Alfred, 29, Pastoralassistent “Dass die Polizei 2.000 Leute durch die enge Steingasse zwingen will und sie nicht über die breite Straße gehen lässt, weil das angeblich zu nah am Gipfel-Ort gewesen wäre, war einfach nur Schikane, eine Machtdemonstration. Zu nah am Tagungsort, saudeppad einfach. Klar, dass es da Unmutsäußerungen gibt. Aber deswegen dann eine Stunde später, wo die Leute schon heimgehen wollen, willkürlich irgendwelche Leute rausgreifen und verhaften und andere niederknüppeln, das ist einfach eine Sauerei!” Monika, 25, Studentin
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SCHILDBÜRGERSTREICH EICHSTRASSENBRÜCKE Die Salzburger Stadtverwaltung hat einmal mehr ihre geballte Kompetenz in Sachen Verkehrspolitik bewiesen: Eine Brücke, die die nächsten 100 Jahre stehen soll, wird ohne Radweg geplant. Eine Schimpftirade von XY
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ie Phrase Schildbürgerstreich hat wohl jedeR von uns schon einmal gehört. Die meisten haben vermutlich auch schon die eine oder andere Geschichte über die legendären Schildbürgerstreiche aus dem sagenumworbenen Ort Schilda erzählt bekommen. Besonders bekannt ist beispielsweise der misslungene Versuch der BürgerInnen Schildas, in Eimern Sonnenlicht in das neu errichtete Rathaus zu bringen, nachdem man bei der Errichtung auf den Einbau von Fenstern vergessen hatte. Während unzählige Geschichten wie diese seit Jahrhunderten zum Gaudium aller von Generation zu Generation weitergereicht werden (man denke nur an den berüchtigten Salzacker), rätselten HistorikerInnen bisher vergeblich darüber, wo denn dieser legendäre Ort eigentlich zu finden wäre. Es freut uns daher ungemein, dass es RedakteurInnen der uni:press gelungen ist, nun endlich dieses langgehütete Geheimnis zu lüften: Es handelt sich nämlich keineswegs um das bisher in der Diskussion gehypte Sayda im Erzgebirge oder das ob der Namensgleichheit oft in Verdacht stehende Schilda in Brandenburg, sondern – nicht wenige haben es vielleicht schon vermutet – um die Stadt Salzburg. Wirklich überraschend ist dies freilich nicht. Hinweise hätte es seit langer Zeit zu Hauf gegeben, man denke beispielsweise nur an die seit jeher angespannte Verkehrslage in der Stadt, zu deren „Lösung“ immer wieder grandiose Schnapsideen, wie der Abriss eines funktionierenden Straßenbahnsystems, durchgesetzt wurden.
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Brückenbau für Dummies Den absolut unumstößlichen Beweis hat nun die Salzburger Baustadträtin Barbara Unterkofler (momentan bekannt aus den Medien auf Grund ihres SpielerInnentransfers im Karussell des Parteienzirkus von den Neos zur ÖVP) geliefert. Ihr ist es mit tatkräftiger Hilfe der anderen im Salzburger Gemeinderat vertretenen Parteien gelungen, den Schildbürgerstreich des noch jungen Jahrtausends zu vollführen: den Neubau der Eichstraßenbrücke im Stadtteil Gnigl. Nur dass wir uns nicht falsch verstehen: Der Neubau der alten Brücke, die den Stadtteil Gnigl mit Schallmoos verbindet, war mehr als notwendig, die eklatante Baufälligkeit schon seit langem ein Problem. Und auch die Vorarbeiten zur neuen Brücke waren durchaus bemerkenswert, denn immerhin musste ein modus operandi geschaffen werden, der sowohl Bauarbeiten als auch einen weitgehend ungehinderten Bahnverkehr unterhalb der Brücke (hier verläuft die Trasse Richtung Bischofshofen) ermöglichte. Nicht zuletzt auf Grund dieser logistischen Herausforderungen ist die neue Brücke auch für die beachtliche Zeitspanne von 100 Jahren konzipiert. Klingt alles recht gut…und ist es auch…theoretisch zumindest. Denn bei all der komplizierten Planungsarbeit wurde ein kleines Detail „vergessen“: Einen Fahrradweg wird es auf der neuen Brücke nicht geben. Somit bleibt das dicht besiedelte Gnigl nach wie vor vom Radwegnetz abgeschieden und wird es wohl auch noch die bereits erwähnten nächsten 100 Jahre bleiben. Es wäre schon schlimm genug, wenn es sich dabei in der Tat nur um ein „Vergessen“ handeln würde – verwunderlich wäre dies ja bei der vorsintflutlichen Salzburger Verkehrspolitik, die in letzter Zeit vor allem auf schwimmende Busse und Oldtimer im öffentlichen Verkehr setzt, keineswegs. Geballte Kompetenz Die Wahrheit ist jedoch schlimmer – es war den Verantwortlichen durchaus bewusst, dass hier ein
Radweg fehlt. Allerdings sei es zu kompliziert und teuer gewesen, sich mit anliegenden GrundstückseigentümerInnen zu einigen, wird unisono behauptet. Nur zur Erinnerung: diese Beleidigung der kognitiven Fähigkeiten jedes bis drei zu zählen in der Lage seienden Trolls wird uns von VertreterInnen einer Stadt an den Kopf geworfen. Die, die es Jahr für Jahr ermöglichen, dass für die Festspiele jeder Taubenschiss, der die Augen irgendeines vollgefressenen Festspielheinis insultieren würde, von sämtlichen Winkeln des Festspielbezirks entfernt wird, die Abermillionen von Euros in dubiosen Finanzdeals versenkt haben (Shoutout in diesem Zusammenhang an den Visionär Heinz Schaden – siehe Artikel auf Seite 32) und den großartigen Empfang der EU-Granden samt Prügelgarde im September (siehe dazu auch den Artikel auf Seite 46) mitgetragen haben. Von den Unsummen, die jährlich für den Autoverkehr in der völlig überlasteten Stadt verheizt werden, wollen wir hier gar nicht erst reden …und diese WapplerInnen wollen uns erklären, dass es nicht möglich sei, einen wenige Dutzend Meter langen Radweg zu finanzieren? Was tun? Was für ein ausgemachter Blödsinn! Wenn die glorreichen Koryphäen der Stadtverwaltung und -vertretung es im Jahr 2018 nicht schaffen, einen simplen Radweg als Anhang zu einer Autobrücke zu realisieren, dann muss der Spieß umgedreht werden und die Eichstraßenbrücke für den Autoverkehr gesperrt werden. Stattdessen soll sie für öffentlichen Verkehr, FußgängerInnen (nebenbei sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass nur kurze Zeit vor dem Beginn des Neubaus der Eichstraßenbrücke, die nahegelegene Fußgängerbrücke ersatzlos abgerissen wurde, was einmal mehr illustriert, dass die Salzburger Verkehrspolitik auf RadfahrerInnen und FußgängerInnen gleichermaßen scheißt) und RadfahrerInnen genützt werden. Raus aus der Ohnmacht – Salzburg war lange genug Schilda!
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EUROTEURO Wiener Schmäh trifft auf Dadaismus und Elektropopschlager; das Ergebnis ist trotzdem Minimalismus. Wie das geht? Das zeigt das Wiener Art-Pop-Kollektiv EUROTEURO. Von Christoph Würfelhammer
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pätestens seit ihrer Einführung im Jänner 2002 ist das aus „teuer“ und „Euro“ zusammengesetzte Schachtelwort „Teuro“ als umgangssprachliche Bezeichnung für ebendiese europäische Gemeinschaftswährung in aller Munde. Mit einem Schlag waren die Tage des Leberkässemmerl um zehn Schilling oder des 30 Schilling Bieres vorbei. Zwar hielt sich die Aufregung damals mangels einschlägiger Social Media Plattformen und ihrer zugehörigen Meinungs-Bubbles in Grenzen, doch laut einer Studie der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) nahmen 60 % der befragten ÖsterreicherInnen empfindliche, durch den Euro bedingte Preissteigerungen für Waren und Dienstleistungen wahr. Grund genug für eine Hand voll Wiener
Musiker, das „Wort des Jahres 2002“ wieder aufleben zu lassen und ihm mit EUROTEURO ein musikalisches Denkmal zu setzen.
„TEURO – DAS WORT DES JAHRES 2002.“ Bereits 2016 lieferten EUROTEURO mit ihrem viel beachteten Lied „Autogrill“ – einLobgesang auf die gleichnamige italienische Autobahnraststättenkette – den offiziellen Sommerhit, zumindest wenn es nach der Süddeutschen Zeitung ginge.
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Viele stundenlang reden, um nichts zu sagen. Die Texte regen trotz ihrer Kürze und vermeintlichen Einfachheit zum Nachdenken an; etwa über existenzielle Fragen wie in den nihilistisch angehauchten Songs „Mensch“ oder „Kopf“. Musikalisch wird dies mit eingängigen Melodien mit hohem Ohrwurm-Potenzial untermauert, die das Durchhören der Platte – wie in „Hobby“ besungen – zu einem schönen Zeitvertreib machen.
„TÜRKIS-BLAU: RECHT PEINLICH! YOUNG KRILLIN: TOP!“ Danach wurde es – abgesehen von den grandiosen Single-Veröffentlichungen „Kündigung“ (2017), „Window“ und „Musik“ (beide 2018) – etwas stiller um das Wiener Quintett. Im Frühjahr setzte es einen grandiosen Auftritt als Late-Night-Special auf dem Geburtstagsfest des wichtigsten Österreichischen Indie-Labels Siluh Records, wo sie eine feine Mischung aus dadaistischer Kunst-Performance, packender Live-Musik und frechem Wiener Schmäh präsentierten. Nun lassen Peter T., Ninjare Di Angelo, Cash Storm, Princess K. und DJ KAKTUS mit ihrem ersten Album „Volume 1“ aufhorchen. Veröffentlicht wurde ganz dem Zeitgeist entsprechend, digital als CD und Download sowie analog auf Vinylschallplatte. In zwölf Songs wird eine charmante, minimalistische, aber dennoch mitreißende Mischung aus gar nicht so alter Neue Deutsche Welle, experimentellem Indie, altbekannten Schlagermelodien und träumerischem Synthesizer-Pop dargeboten, die bestimmt niemanden kalt lässt.
„SEI AUCH DU EIN SCHATZ UND SCHAFF‘ EINEN ARBEITSPLATZ - KÜNDIGUNG.“ Wie auch bei ihren zwölf Ein-Wort-Songtiteln – neben den bereits erwähnten, etwa „Autostopp“, „Kaputt“, „Hausverbot“ – dominiert textlich wie musikalisch bei EUROTEURO der Minimalismus. Dieser Fakt soll jedoch keineswegs auf mangelnde Komplexität hindeuten. Nur Wenigen lebt die Fähigkeit inne, mit wenig viel zu sagen, vor allem in Zeiten, in denen
Der geneigte Zuhörer stellt bei EUROTEUROs Erstlingswerk sofort den berechtigten Verdacht auf, dass hier doch versierte MusikerInnen und Szeneinsider am Werk sein müssen. Und es stimmt, so manche und so mancher war und ist aktiver Bestandteil in ein bis fünf anderen Bands oder Musikprojekten, die nicht nur dem nationalen, sondern auch dem international Publikum ein Begriff sind. Aus Respekt zu ihren Pseudonymen werden hier zwar keine Namen genannt, aber die uni:press hat exklusiv ein paar Weisheiten und Einschätzungen der Wiener ArtPop-Bande gesammelt. Angefangen beim momentanen Reizthema schlechthin, der immer noch neuen schwarz-blauen Regierung, zeigen sich die politisch aktiven MusikerInnen kritisch: diese sei „ärgerlich, rückschrittlich und auch recht peinlich“ und deshalb könnten sie sich für nächstes Jahr – neben neuer Musik zu machen und Shows zu spielen – vorstellen, selbige zu stürzen. Ebenso kritisch sieht das aus einem Mann und vier Frauen bestehende Kollektiv die männlich-dominierte Musikbranche, wobei sie sich wünschen würden, für gute Gage auf einem Festival zu spielen, auf dem 90% der Acts Frauen sind. Für Studierende haben die Fünf, die selbst ihre Erfahrungen mit in- und ausländischen Universitäten gemacht haben, einen wichtigen Satz parat; mit „take it easy but take it“ plädieren sie dafür, einen gesunden Mittelweg zwischen Mindeststudienzeit und Endlosstudium bzw. Abbruch zu finden. Gefragt, was ihnen denn an Salzburg am besten gefällt, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: das ortsansässige Rap-Kollektiv „Hanuschplatzflow“ und hier vor allem ihr Aushängeschild Young Krillin. Abschließend verweisen EUROTEURO noch auf eine alte georgische Weisheit: „Patience is the key. Chaos is in me.“ In diesem Sinne „es ist überall Gehirn!“
www.instagram.com/euroteuro www.siluh.com/artists/ euroteuro/
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YOU KNOW WHAT?
November 2018. Fake News, Trollfabriken und Clickbait dominieren das gesamte Internet. Das gesamte Internet? Nein! Eine unbeugsame, kleine (oder riesige?) Community unter dem Namen “nowat” wehrt sich und möchte das komplette WWW transformieren. up hat es geschafft, eines der seltenen Interviews mit einem seiner Sprecher zu bekommen. Ein Gespräch über eine bessere Zukunft im Cyberspace.
A
m 13.11 um 20:00 Uhr findet im Studio der Salzburger Künstlergruppe “gold extra” eine “Exklusive Präsentation” statt, die einem kleinen Kreis von JournalistInnen und NetworkerInnen das Projekt “nowat.org” vorstellen soll. Exklusiv ist das Event aber nur indirekt, denn zeitgleich finden global an hunderten Orten ähnliche Treffen statt, von Santiago de Chile bis zum russischen Oimjakon. Warum in Österreich gerade gold extra für die Präsentation auserkoren wurde, wissen die Mitglieder selbst nicht. “Vor einigen Wochen wurden wir kontaktiert, ob wir dieses Projekt vorstellen wollen. Vielleicht lag es daran, dass wir uns seit jeher mit dem Verhältnis von Mensch und technischem Fortschritt beschäftigen. Wir haben uns das zu Verfügung gestellte Material jedenfalls angesehen, die Idee hat uns fasziniert, deshalb haben wir schnell zugesagt, auch wenn wir diese Leute vorher noch nicht kannten.” verrät uns Tobias Hammerle, eines der Mitglieder von gold extra. Die Redaktion der uni:press möchte aber direkt mit einem Sprecher der Gruppe sprechen. Wir vereinbaren also einen Termin mit “Ram Bovier”, der sich ein paar Tage später auf der Durchreise befindet und uns gerne im Bahnhofscafe treffen will. Kameras sind nicht erlaubt, es gehe um die Community, um das Projekt, nicht um einzelne Personen. Na gut dann. uni:press: Lieber Ram, Salzburg ist nur ein Zwischenstopp, wohin gehts denn weiter?
uni:press: Hihi, uns auch! Wenn wir gleich direkt fragen dürfen: Worum geht’s denn nun bei nowat?
Ram Bovier: Wir treffen uns morgen auf einen Austausch von Ideen in Thessaloniki, ich freu mich drauf. Schade eigentlich, ein paar Tage hierzubleiben wäre auch sicher nett gewesen. Der Kaffee hier schmeckt sehr gut, und mir gefallen eure Schals!
Ram Bovier: Die beste Antwort wäre wohl: “Das kommt ganz auf euch an.” Ich will gar nicht absichtlich kryptisch sein. Das stimmt wirklich so. Und ich bin da sehr optimistisch!
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NOWAT! uni:press: Oder fragen wir so: Was waren denn die Ausgangspunkte? Ram Bovier: Gut gefragt! Kurze Gegenfrage: Mögt ihr eigentlich soziale Netzwerke?
ten sind möglichst skandalöse News, die sich grob an Fakten anlehnen und trotzdem frei erfunden sind. Mit “Trump”, nebenbei bemerkt, als klickfreundlichstem Reizwort. Und so wurde Veles für einige Zeit zur Hauptstadt der Fake News, und zu einem wichtigen Einflussfaktor der amerikanischen Wahlen 2016.
uni:press: Teils Teils? uni:press: Auch zum Vorbild für rechte Gruppen und autoritäre Regimes?
Ram Bovier: Genau, es gibt da ja oft so eine Hassliebe-Beziehung, wie generell mit dem Internet. Aber in den letzten Jahren, fanden viele von uns, scheint sich da was dramatisch zu verändern. Von einem Ort der konstruktiven Anarchie, an dem alles möglich ist, der Wissen, Medien, Information einerseits zugänglich macht und andererseits demokratisiert, wird es zunehmend von “PR-Tools” (Stichwort: Cambridge Analytica), Trollfabriken (Stichwort: St.Petersburg), “Alternativen Fakt”-Schmieden (Stichwort: AFD), und anderem Clickbait okkupiert.
Ram Bovier: Das Zu-spammen der Aufmerksamkeit soll ein Misstrauen gegen seriös recherchierte Information schaffen. Dass man die Unterscheidung zwischen Wahrheit und Lüge aufheben kann, war bisher tatsächlich ein Merkmal von Diktaturen, nirgendwo besser beschrieben als im Slogan der „Partei“ in Orwells „1984“: „Krieg ist Frieden. Freiheit ist Sklaverei. Unwissenheit ist Stärke“. Am Ende von solchen Vorgängen steht natürlich immer die totale Zensur.
uni:press: Spielst du auf den amerikanischen Wahlkampf an?
uni:press: Das klingt deprimierend. Und nowat hat die Lösung?
Ram Bovier: Ja, aber nicht nur. Generell darauf, wie sich das Internet wandelt. Die enormen technischen Veränderungen werden zunehmend von kleinen und kapitalstarken Gruppen missbraucht, um gigantische Propagandamaschinen aufzuziehen. Und manchmal geht es auch ganz ideologiefrei um Geld.
Ram Bovier: Auf diese Frage ein ganz klares: Ja! Worum gehts überhaupt? Ein “nowat” lässt euch eine Text-Website in ein paar Sekunden anlegen. Es funktioniert ohne Zugang zu Facebook oder google. Ihr könnt es aber trotzdem dort teilen, und somit euren Beitrag leisten, ohne ins Fadenkreuz der Schlacht um eure Aufmerksamkeit zu gelangen. nowats sind garantiert hyperlink-, clickbait- und katzenvideo-frei. Es geht um euer Gedicht, euer Statement, eure Message. Eine Sackgasse im Internet, ganz anarchistisch. Wenn ihr auf einem nowat landet, könnt ihr mal kurz Pause machen. Durchatmen. Zuhören. Oder eben überlegen, ob ihr selbst einen Gedanken teilen wollt, anstatt unbezahlt die Arbeit von Werbefirmen zu übernehmen, indem ihr andere Artikel teilt.
uni:press: In welchem Fall zum Beispiel? Ram Bovier: Manche haben vielleicht schon von Veles gehört, einer Kleinstadt in Mazedonien. Dort haben unterbeschäftigte Jugendliche vor ein paar Jahren das entdeckt, was die Werberiesen Google und Facebook schon länger wissen: Dass die größte Ressource des 21 Jahrhunderts kein Öl, Gold oder Coltan ist, sondern menschliche Aufmerksamkeit. Eure Aufmerksamkeit.
uni:press: Interessant! Hat die Website bzw. das Tool einen kommerziellen Aspekt?
uni:press: Und die haben sie auch bekommen. Ram Bovier: Genau. Vielleicht nicht sie direkt, aber die hunderten Info-Plattformen, die sie erfunden haben. Es ging gar nicht explizit um Fake News. Es ging schlicht um Inhalte, die möglichst viele Klicks hervorrufen, um dort dann Werbebanner zu platzieren. Reine Fiktion á la “Alien-Dinosaurier landen in Paris” funktioniert da natürlich auch nicht. Am effektivs-
Ram Bovier: Nein, das ist ein Projekt von und für die Community. Vielleicht ist es ein Soziales, vielleicht ein Künstlerisches. Vielleicht das “Vimeo von Twitter”? Das entscheidet ihr dann am besten. Ich vertrau euch da voll und ganz. uni:press: Danke für das Gespräch! Der Kaffee geht auf uns!
www.nowat.org Mehr information auch auf: facebook.com/nowatofficial/ oder vimeo.com/301231979 ----------Mehr Info (english / only for press) https://docs.google.com/ document/d/1SE1OWocUdYL78jGHr_ Mfjqywjj6-cfAn5jIqdLOX61c/edit
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KULTUR & MENSCHEN
DAS MANIFEST erzählung in drei aufzügen
der welt zum zwecke der frontbetreuung zur kenntnis gebracht von kunibertus bombastus von spiegelheim den schießstand-pinguinen zugewidmet
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- II. SCHERZO »servus basti! was ist heute nicht für 1 schöner tag, voll nice am been, gell?« sebastian verdrehte verächtlich seine augen und eingeweide. er hasste nicht viel in der welt, aber erwachsene, die jugendslang zum besten gaben, konnten das feuer der hölle in seinen synapsen entzünden. die stimme aus dem telefon fuhr, ohne auf eine antwort abzuwarten, fort: »du, ich schieß gleich los: heut‘ is so eine tolle veranstaltung mit einem film, stell dir vor: ein studentenpärchen – so richtige globetrotter! – sind um die welt gereist und ham das g’filmt! die sind da auch da und erzählen da tolle sachen, wie man die welt verändern kann! ich hol’ euch in zwanzig minuten ab! kulturmarxisten aller länder vereinigt euch, wuhuuu! ciao, ciao!« genervt legte sebastian das handy auf seine manifest-entwürfe. an produktives arbeiten war jetzt nicht mehr zu denken. nachdem er für fünfzehn sekunden ins leere gestarrt hatte, drang die welt wieder zu ihm durch. aus der küche bellte koko; ein zeichen dafür, dass frau lerchner und lilith mit dem mittagessen begonnen hatten. das telefonat mit alexander von kernberg hatte sebastian jedoch den appetit verdorben. er wusste, seine mutter hatte es alexander angetan. sebastian verstand das auch irgendwie, aber er kam mit dem drolligen, immer gut gelaunten berufspolitiker und sozialdemokraten einfach nicht klar. in letzter zeit argwöhnte sebastian, dass alex – dem übrigens auch gute kontakte zur privatwirtschaft nachgesagt werden – seine mutter heiraten wollte, hoffte jedoch inständig, dass daraus nichts würde. seine mutter liebte alex nicht. ab und an strahlte sie so etwas aus – eine art inneres leuchten–, das sebastian seit dem tod seines vaters nicht mehr in ihr gesehen hatte. die möglichkeit, dass der zu allem entschlossene alexander sie schlicht einkocht und dass sie ihn heiratete, weil seine weltlichen güter und kontakte ihr bequemlichkeit und sicherheit versprachen, die konnte man jedoch nicht ausschließen. geschlaucht von dieser gedankensilhouette schlurfte sebastian nach unten. ihm war schlecht als er unbemerkt in der küche zu stehen kam. lilith hatte ein buch aufgeschlagen und las neben dem essen einer tiefkühlpizza ihrer mutter vor. für eine sechsjährige – fand sebastian – konnte sie schon recht flüssig lesen. er stapfte zum backrohr und hörte seiner schwester beiläufig zu. »ist nicht imagination unsere rettung? die menschen wissen nicht, dass die gefühle und gedanken der fühlenden und denkenden dem... ähm.. kos... kosmos völlig gleichgültig sind, solange sie lediglich gefühlt und gedacht werden. andererseits sind gefühle und gedanken die größte macht im all, wenn man sie lebt, wenn man danach handelt. wenn man küsst und weint und lacht und was wagt und streitet, statt zu sammeln und zu träumen und sich zu verstecken.« lilith grinste stolz vom tisch hoch, frau lechner lächelte müde. erst jetzt fiel der blick der zwei frauen auf sebastian. »bua, was is’n los? du schaust ja aus wie zehn tag’ reg’nwetter!“, heischte lilith ihren großen bruder an. »ach nix, der alex kommt in einer viertel stund’ und will uns zu irgendeiner veranstaltung fahren, da geht’s um so...« weiter kam sebastian nicht, ihm war aufgefallen, dass eine dicke träne auf seiner wange eine bahn zu ziehen begonnen hatte. frau lechner blickte ihn mit einem schlechten gewissen an und schien etwas ratlos, angesichts des weinerlichen 12-jährigen. »um was geht’s da? wieder um so a typische flüchtlingsg’schicht? und wie arm die ned sind? ich hab’ ja schon g’sagt, mich interessiert so a schas ned!!«, versuchte lilith die peinliche stille zu brechen und warf ihr tiefkühlpizzastück an die wand. das gute stück blieb für zweieinhalb sekunden kleben, ehe es unentschlossen nach unten glitt. frau lechner rang immer noch um worte, sebastian hatte mittlerweile heftig zu schluchzen begonnen. lilith verstand den zusammenhang schlecht, fuhr also unbeirrt fort:
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»mir ist der alex ned geheuer, wenn ich noch einmal so einen doofen sentimenti-vortrag höre, speib ich ihm in’s gnack! seriously, warum interessier’n sich die vulgärmarxisten nur so für das leiden und wie man’s am besten in an film oder a buch packt? ich will g’schichten hören warum menschen vertrieben werden und wie man das verhindern und bekämpfen kann! damit kann i dann auch was anfangen!«, redete sich die sechsjährige in rage. »lilith, darum geht’s jetzt ned... oder doch... aber das passt grad ned. bitte geh in dein zimmer.«, warf frau lechner in besonnener stimme ein. lilith schnaubte verächtlich, nahm sich band drei der lenin-gesamtausgabe vom küchentresen und stapfte sauer in ihr zimmer. aus dem flur schrie sie den sich ratlos anschweigenden hinterbliebenen noch nach: »jedes mitleid ist eine form von selbstmitleid! selbstmitleid geschieht, wo jemand nicht handelt. wo jemand nicht handelt, steht er im weg. und der alex und seine baggage, die werden uns gefälligst ned im weg stehen!« liliths tür fiel lautstark ins schloss, frau lechner holte tief luft und starrte ihren sohn an. in der eingetretenen stille entdeckte koko das tiefkühlpizzastück am boden für sich. wortlos sahen mutter und sohn zu, wie der golden retriever in seiner dämlichen dauerfreundlichkeit an den unverhofft gewonnenen kohlenhydraten würgte. nach drei minuten hatte sich sebastian gefasst, frau lechner reichte ihm eine serviette. nachdem er seine augen getrocknet hatte, brach alles aus ihm heraus: er wolle das werk seines vaters selbst beenden. das manifest müsse zu liliths geburtstag fertig werden, sonst wäre lilith unendlich traurig. frau lechner nickte verständnisvoll. sie schmiedeten einen plan: frau lechner und lilith würden mit dem sozialdemokratischen charismatiker zu der globetrotter-veranstaltung fahren, während sebastian am manifest weiterarbeiten könne. dass lilith bei der veranstaltung chaos stiften würde, nahm frau lechner wohlkalkuliert in kauf. »aber sebastian, geh bitte mit koko a runde. ich hab’s heut noch ned g’schafft.“, gestand frau lechner ihrem sohn, während sie ihm gütig in die augen sah. »jo, eh klar!«, bemühte sich sebastian mit einem lächeln. just in dem moment, als er den blick von seiner mutter abwandte und zum küchenfenster schweifen ließ, sah er wie der kernberg mit seinem elektroauto anrollte... frau lechner erkannte dass sich die miene ihres sohnes wieder verfinsterte und warf geschwind ein: »ah ja, und sebastian? wir haben anscheinend neue nachbarn, da is a umzugsauto in der einfahrt, bitte geh mit’n koko ned über die wiese... ned dass er da einischeisst, des tut er ja so gern.« sebastian nickte wortlos und starrte den kühlschrank an. frau lechner nahm das hin und ging in richtung liliths zimmer. sebastian hörte die frauen kurz lautstark hinter den wänden diskutieren, ehe sie wortlos und lächelnd ihre sachen packten. noch ehe alexander von kernberg die klingel betätigen konnte, kamen ihm frau lechner und eine drollig dreinschauende lilith entgegen. die haustür fiel ins schloss, sebastian war alleine. als er das gruselige wegsurren des elektro-audis in der ferne verschwinden hörte, nahm er sich zusammen und ging wieder nach oben. widerwillig machte er sich an seine arbeit. das manifest. die einleitung hatte er fertig, jeder buchstabe war sorgfältig an den anderen geleimt, aber aus unerfindlichen gründen ließ sich kein übergang zum hauptteil – vom schlussplädoyer ganz zu schweigen! – herstellen. er las sich zum hundertsten mal den anfang durch: Liebe muß den müden Pilgern winken, Myrthen keimen in dem Lorbeerkranz, Liebe muß zu Heldenschatten führen, Muß uns reden aus der Geisterwelt. – Mächt’ger Strom! ich fühlte deine Wogen, Unbewußt fühlt’ ich mich hingezogen, Nur wohin! wohin! – das wußt ich nicht, Wohl mir! dich und mich hab’ ich gefunden. Liebe hat dem Chaos sich entwunden.
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das hatte er alles gemacht. und trotzdem passten seine restlichen textfragmente nicht zum manifest. wenn er doch nur jemanden fragen könnte! aber der einzige, der ihm einfiel, war sein deutschlehrer, und den mochte er nicht besonders. auf einmal sehnte er sich nach seinem vater. der hätte an seinen besten tagen genau gewußt, was zu tun wäre, er hätte das in die hand genommen und hätte ihm mut gemacht. sebastian merkte zu seinem entsetzen, dass ihm, ehe er sich’s versah, ein kloß in die kehle gestiegen war und dass das halbfertige manifest und all die notizzettelchen verwschwammen und in einer neuerlichen tränenflut untergingen. er trieb ein taschentuch auf, putzte sich die tränen. draußen, vor dem offenen fenster, da lockte ein warmer frühlingstag. dem impuls folgend, nahm der junge manifest-autor seine beine in die hand, rief nach koko und stürmte mit dem vierbeiner an die frische luft. das war eine wohltat! als sie nach wenigen metern nicht mehr laufen konnten, keuchte sebastian und bekam seitenstiche. aber ihm ging es besser. er bückte sich, damit er koko in seine arme nehmen und sein gesicht in dessen dickem, goldig-hellen fell vergraben konnte. als der junge wieder luft bekam, richtete er sich auf und merkte erst jetzt, dass er die mahnung seiner mutter vergessen hatte: er war derart hals über kopf ausgerückt, dass ihn seine füße unversehens auf das grundstück der neuen nachbarn getragen hatten! mit entsetzen sah er, dass im vorhaus das licht an war. die haustür stand offen, und eine hochgewachsene frau und ein hund traten gerade aus der tür. so ein pech aber auch! früher hatte niemand hier einen hund gehabt, deswegen betrachtete koko den garten als sein revier. der golden-retriever knurrte dumpf in der kehle, doch der andere hund kam schon auf sie zugesprungen, ein bissig aussehender dobermann, der vermutlich nicht spielen wollte. koko knurrte noch einmal. »koko!«, william riss an seinem halsband. das knurren wurde zum jaulen. der fremde hund kam näher und… die hunde beschnupperten sich vorsichtig. koko hechelte nicht mehr, sondern wedelte jetzt mit dem schwanz. sebastian ließ ihn vorsichtig los, und die beiden hunde fingen an sich spielerisch zu balgen. blieb nur noch die besitzerin des dobermanns. sebastian blickte auf, die frau kam auf ihn zu. es war eine äußerst große frau, die einen sympathischen eindruck machte, wettergegerbt, als verbrächte sie viel zeit im freien. der wind fuhr ihr durch das pechschwarze haar. sie blickte sebastian mit stahlblauen und lebendigen augen an, grüßte zunächst nicht und sah nach den hunden. sebastian tat es ihr gleich und stellte mit entsetzten fest, dass koko äußerst erregt auf dem dobermann den zeugungsakt zum besten gab. dem neuen nachbarshund gefiel das offensichtlich, er hechelte fröhlich und entspannt mit der zunge und grinste die beiden menschen ungeniert an. »na, da haben wir eine schöne bescherung…«, eröffnete die unbekannte frau streng. ehe sebastian mit einer art entschuldigung rausrücken konnte, entschärfte sie die situation grinsend: »ein glück, dass hasso ein rüde ist!«
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uni: pressfilm tipps
SCHON GESEHEN? DIE UNI:PRESS FILMSCHMANKERL
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Horrorfilme wirken auf jede Person anders und können je nach Ausrichtung Vieles sein: Furchterregend, verstörend, erheiternd, aber auch verzaubernd. Es gibt allerdings vermutlich kein Genre, das so stark physisch wirkt wie der Bodyhorror. Unter diesem Begriff kann viel gebündelt werden, seien es kafkaeske Verwandlungen und Transformationen, Mutationen, die Manipulation von Körperteilen oder pure Gewaltexzesse. In dieser Ausgabe von “Schon gesehen" wollen wir euch einige filmische Highlights des Ekel(n)s vorstellen. Dabei versuchen wir, die verschiedenen Varianten dieses facettenreichen Genres zu beleuchten. Am besten führt ihr euch die folgenden Filme in einer ruhige Minuten, bei psychischer Stabilität und mit einem gesunden Magen zu Gemüte. Sagt nicht, wir hätten euch nicht gewarnt. Von Hannah Wahl und Bernhard Landkammer 1. Invasion of the Body Snatchers (USA, 1978) Obwohl der deutsche Titel - Die Körperfresser kommen - einen trashigen Tele5-Film vermuten lässt, handelt es sich um einen sehenswerten Sci-Fi-Horror, der mit einer menschlichen Urangst spielt: Die Invasion von etwas “Fremden”. Schlimmer noch: die feindliche Übernahme oder der Austausch eines geliebten Menschen. Beides sind Vorstellungen, die man schon in mittelalterlichen Wechselbalg-Sagen auffindet. Neben der kunstvollen Kameraführung ist es auch der soliden Besetzung der Charaktere - Donald Sutherland, Brooke Adams, Leonard Nimoy (die meisten kennen ihn als Mr. Spock) und Veronica Cartwright - zu verdanken, dass die Adaption des Klassikers aus 1956 ein echtes Filmschmankerl geworden ist. Die dritte filmische Umsetzung des auf dem Roman “Die Dämonischen” von Jack Finney basierenden Stoffes 1993 kann nicht annähernd mit Philipp Kaufmans genialem Streifen mithalten.
3. Tetsuo: The Iron Man (Japan, 1989) Japanisches Kino kann für westlich geprägte Sehgewohnheiten häufig irritierend wirken. Was der japanische Regisseur Shin’ya Tsukamoto mit “Tetsuo: The Iron Man” abliefert, sprengt allerdings auch nach dortigen Maßstäben jeden Rahmen: Als ein Büroangestellter eines Tages einen Metallfetischisten überfährt, infiziert er sich mit einer bis dato unbekannten Krankheit und mutiert schon bald zu einem Mensch-Metall-Hybriden. Dieser surrealistische Plot wird durch seine Umsetzung ununterbrochen potenziert. Konsequent in schwarz-weiß gehalten werden Stop-Motion-Sequenzen mit Metallphalli, Medienkritik, patriarchalen Überspitzungen, schockierenden Sequenzen und einer Auflösung herkömmlicher Storytelling-Muster vermengt. Das Ergebnis ist schwindelerregend, lynchesk und ein wegweisendes Meisterwerk.
2. The Fly (USA/UK/Kanada, 1986) Regisseur David Cronenberg gilt als der Schöpfer des Bodyhorrors und fesselt mit einer Neuinszenierung des bereits 1958 über die Leinwand flimmernden Stoffes über die sukzessive Verwandlung eines Menschen zu einer Fliege nach einem gescheiterten Teleportationsversuch. Auch heute noch funktioniert Cronenbergs ekelhafter Verwandlungs-Horror, von der ohne Umschweife erzählten Geschichte, die den/die Zuseher*in bis zum Schluss fesselt, über die schauspielerische Top-Besetzung mit Jeff Goldblum in der Hauptrolle bis zum mitreißenden Showdown. Auch wenn der Sci-FiStreifen schon einige Jahre auf dem Buckel hat und die Effekte heute veraltet sind, steht er aktuellen Blockbustern in nichts nach - vielmehr würde man sich eine solche Meisterleistung auch heute wünschen.
4. Martyrs (Frankreich/Kanada, 2008) Um die Jahrtausendwende dominierten im Horrorkino die New French Wave of Horror sowie das Genre des Torture Porn. Während Filme wie “Hostel” oder die “Saw”-Reihe so etwas wie Unterhaltungswert in ihre drastischen Darstellungen integrierten, präsentiert Pascal Laugiers mit “Martyrs” einen abartigen, tiefschwarzen, verstörenden und in jeder Hinsicht grenzwertigen Film. Was als brutale Rache für jahrelange Folter beginnt, wandelt sich über psychotische Ängste hin zu einem kaum durchzustehenden Folterexzess. Handlungsdetails verbieten sich, möchte man das volle Ausmaß des Schlags in die Magengrube erfahren, den “Martyrs” darstellt. Die oft ekelerregende Gewalt ist hier allerdings kein Selbstzweck, sondern dient als Metapher für eine bittere Religions- und Medienkritik. Ein abartiges Meisterwerk.
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DER ULTIMATIVE UNI:PRESS
BEISLTEST FORTGEHEN ABSEITS DES (STUDENTISCHEN) MAINSTREAMS TEIL 8 - LEHEN II Rudolfskai, Gstättengasse, Bergstraße oder Imbergstraße – das sind die Topadressen des Salzburger Nachtlebens. Topadressen? Wirklich? Wir haben uns schick gemacht und für euch Lokale abseits des studentischen Nachtlebens getestet, damit ihr ein Refugium findet, wenn euch die Segabar zu fad wird.
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ehen, das ist Salzburgs gefährlichste Hood. Lehen, das ist das Salzburger Ghetto. Lehen, dort wohnen Junkies und Messerstecher. Lehen, dort brennt jeden Tag mindestens eine Mülltonne. Es ist schon lange her, da haben wir uns in diese dunkelste Ecke der Stadt gewagt und nur knapp überlebt – würden wir es wieder schaffen? Nicht ganz furchtlos machten wir uns an einem kalten Novembertag – dem ersten Vorboten des Winters – auf ins bevölkerungsreichste Salzburger Viertel. Bereits beim Passieren der Stadtteilgrenze, etwa auf Höhe des Doppler-Gymnasiums (Prost!), wurde das Klima schlagartig rauer und die Mienen finsterer. Schreckliche Erinnerungen an die mythische Frühzeit der Beisltests wurden geweckt.
„MIT NEUNMALKLUGEN UND BESSERWISSERN KANN MAN IN LEHEN NICHT VIEL ANFANGEN.“ Aber first things first: Lehen liegt im Nordwesten der Stadt und hat ca. 15.000 Einwohner. Begrenzt wird das dreieckige Testgebiet im Süden durch die Eisenbahn, im Nordwesten durch Glanbach und Glankanal sowie im Osten durch die Salzach. Der Name Lehen leitet sich entweder vom Wort Lohe bzw. Löhen (Waldstück, Weidewald) oder aber vom mittelhochdeutschen Wort für ein an einen Adeligen oder
Freien verliehenes Gut ab. Wer im Waldstück bzw. an einen Adeligen oder Freien verliehenen Gut mit diesem Wissen hausieren geht, tue dies aber stets im Bewusstsein, damit am Watschenbaum zu rütteln. Mit Neunmalklugen und Besserwissern kann man in Lehen nicht viel anfangen, wie wir selbst in unserer letzten Teststation feststellen mussten! Zugegeben, so ganz können wir uns nicht erklären, warum es gerade in Lehen so viel mehr Beisln auf vergleichsweise geringer Fläche gibt als anderswo in der Mozartstadt. Vielleicht hat es damit zu tun, dass Lehen der kulinarische Hotspot der Stadt (Stichwort Kebabmeile) und daher der ideale Ort ist, um für eine ordentliche Unterlage zu sorgen. Möglicherweise liegt es aber auch an den vielen Wettcafés (die zweithöchste Zahl an Wettcafés in Salzburg relativ zur Bevölkerungszahl1), die dafür sorgen, dass viele junge Männer ihren Seelenschmerz in Gebrautem und Gebranntem ertränken müssen. Wie dem auch sei, dem ÖH-Servicegedanken verpflichtet, zogen wir auch für diese Ausgabe der uni:press aus, um herauszufinden, wie die Lehener so trinken. Die Regeln lauten wie immer: 1 Bier und 1 Schnaps pro Etablissement, dann folgt ein kompromissloser Lokalwechsel. Struberstüberl Erster Halt ist ein unauffälliges Beisl in der Rudolf-Biebl-Straße. Das Bier wird hier stilecht in der Flasche serviert. Man staunt angesichts der beachtlichen Auswahl der selbigen; so kann der Gast zwischen Glasgebinden der Top-Hersteller Stiegl, Gösser und Schönramer wählen. Als hochprozentige Aufwärm-
1 Frei erfunden.
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hilfe wurde ein Heidelbeerschnaps empfohlen. Die anfängliche Begeisterung ob dieser exotischen Sorte war schnell verflogen, entpuppte sich das Gesöff doch eher als harmlose, Hustensaft-ähnliche Substanz. Die Dartscheiben im Hinterzimmer scheinen exklusiv den Stammgästen vorbehalten zu sein - wir wagen uns nicht hinein. Die T-Shirts und Pullover einiger anwesender Stammgäste deuten darauf hin, dass hier öfter professionelle Dartteams trainieren und wohl auch Meisterschaften ausgetragen werden. Highlights des Lokals sind zwei Blechschildchen mit Bildern von leicht bekleideten Damen am ansonsten sauberen Männerklo, die mit philosophischen, die patriarchalen Verhältnisse in unserer Gesellschaft feinsinnig und pointiert kritisierenden Sprüchen versehen sind: “Frauen an die Macht! - Macht sauber, macht Essen, macht Kaffee!” und “Kluge Frauen kommen überall
hin! Das ist vor allem beim putzen (sic!) wichtig!!!”. Weniger aufregend ist der Rest des Stüberls, das einen eher verschlafenen Eindruck macht. Steirercafe Nächste und mit Abstand sympathischste Station des Abends war das Steirercafe in der pulsierenden Hauptverkehrsader Lehens, der Ignaz-Harrer-Straße. Nach einer freundlichen Begrüßung durch das ganze, gut gefüllte Lokal finden wir ein Platzerl im Hinterzimmer. Sofort fällt uns auf, dass man hier sehr fußballbegeistert sein muss: Im Fernseher läuft ein Fußballspiel der fragwürdigen UEFA Nations League, an den Wänden hängen dutzende Schals diverser Fußballteams. Die Antwort auf die Frage, welchem Verein man im Steirercafe anhängt, mag überraschen: Es ist nicht etwa Sturm Graz oder der GAK, nein, man ist
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Dosen-Fan - traditionsbewusst und stolz seit 2005. Lange haben wir gerätselt, Erklärung haben wir immer noch keine: Da niemand, der noch alle Tassen im Schrank hat, RB Salzburg mag, können die Schals nicht von befreundeten Fanclubs kommen; von verfeindeten Gruppen hat man sie aber bestimmt auch nicht erbeutet, denn dazu fehlen den Siezenheimer Sitzern die eingeschworenen Hooligangruppen. Woher kommen also die Schals? Sachdienliche Hinweise bitte an: presse@oeh-salzburg.at!
„MAN IST DOSEN-FAN TRADITIONSBEWUSST UND STOLZ SEIT 2005.“ Die erste Enttäuschung des Abends verdaut, werden wir aber bei der Bierbestellung sofort wieder versöhnlich gestimmt. Immerhin besinnt man sich hier auf steirische Traditionen und serviert wahlweise Gösser oder Puntigamer. Und auch sonst sind sie im Steirercafe keine schlechten Menschen. Vielleicht liegt das daran, dass hier niemand außer “dem Steirer” tatsächlich aus der Steiermark kommt. Zaghafte
und spitzbübische Annäherungsversuche eines männlichen Stammgasts (=im Türrahmen stehen, Dame unauffällig beobachten, Kollegen zwecks Übermittlung eines Kompliments vorschicken) werden unsererseits registriert, aber nicht erwidert. Eine spontan gekaufte Rose und eine pink verpackte Praline eines bekannten Herstellers nehmen wir dennoch an. Musa’s Musik Pub Nur wenige Meter weiter, ebenfalls in der Ignaz-Harrer-Straße, befindet sich Musa’s Musik Pub. Der Inhaber (vermutlich Musa?) erlaubt uns gnädigerweise, uns in einer der Kebabbuden, die es in der Umgebung zuhauf gibt, mit orientalischen Delikatessen zu versorgen und sie in seinem Lokal zu verspeisen. Im Gegenzug akzeptieren wir, dass hier fast ausschließlich deutsche Schlager gespielt werden. Im Musa’s gibt es - anders als in den übrigen Lokalen des Testabends - das Bier frisch gezapft und das trotzdem zu humanen Preisen. Schluck’s Und auch das letzte getestete Beisl liegt in der Ignaz-Harrer-Straße. Über den kreativen Namen können wir hier nur Vermutungen anstellen. Zunächst fühlen wir uns noch als störende Eindringlinge, die zu knapp
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vor der Sperrstunde lästig sind. Im einen Eck sitzen zwei uns verächtlich anschauende Turteltäubchen, im anderen die frierende Kellnerin, die es uns übel zu nehmen scheint, den Schutz ihrer Decke verlassen zu müssen, um uns zu bedienen. Es hilft aber nichts, was sein muss, muss schließlich sein: Wir bestellen richtliniengetreu Bier und Schnaps. Nur kurze Zeit später ist alles wieder gut, das Gspusi der Kellnerin betritt den Raum und wir werden Zeugen eines ausgiebigen Liebesbeweises, der nur kurz durch das Schlichten und Stapeln von Bierflaschen und -kisten unterbrochen wird. Die beiden Dartscheiben im Lokal lassen wir unangetastet - uns fehlt das nötige Kleingeld. Ein freundlicher Herr albanischer Abstammung, der nach einem langen Tag noch etwas Ruhe von seiner Familie sucht, beginnt mangels Alternativen ein Gespräch mit uns. Es geht um albanische und österreichische Geschichte, geeignete Vornamen für Mädchen in Österreich,
den Einfluss der Juden auf die Weltwirtschaft, die Grenzen menschlichen Wissens und Schnaps. Besonders wichtig ist ihm das Bewusstsein um die Gefahren des teuflischen weißen Pulvers: Zucker. Eine pink verpackte Praline (selber Hersteller wie oben) gibt er deshalb an uns weiter. Wir werden skeptisch: Zwei Pralinen an einem Tag - will uns hier jemand vergiften? Wir gehen kein Risiko ein, entsorgen unauffällig das Gefahrengut und machen uns - nicht zuletzt deshalb, weil nach Mitternacht kaum noch Beisln offen haben - auf den Heimweg. Wie immer erheben wir keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Über Anregungen und Geheimtipps für kommende Kontrolltouren freut sich die Redaktion außerordentlich (presse@oeh-salzburg.at). Prost!
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Disclaimer: Der Test wurde in unserer Freizeit durchgeführt, dadurch keine Studierendeninteressenvertretungsarbeit vernachlässigt. Es wurden keine ÖH-Mittel aufgewendet. Es gab keinerlei finanzielle Zuwendungen seitens der Beisl-InhaberInnen.
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zeit masch ine Interessantes, Kurioses und Schockierendes in alten uni:press-Ausgaben, entdeckt und ausgegraben von Christoph Würflinger Den Professoren ohnmächtig gegenüber standen die Studierenden in den Sechzigerjahren. Von Mitbestimmung war man damals weit entfernt. Viele Dinge haben sich seither verändert. Es gibt aber auch einige Ähnlichkeiten.
AUTORITÄT, DIE ICH MEINE Die Idee der Universität, auf welche man sich heute noch beruft, formulierte 1810 Wilhelm von Humboldt; nämlich Einheit von Forschung und Lehre – in Einsamkeit und Freiheit. Doch nicht nur weltabgeschiedene Gelehrsamkeit im elfenbeinernen Turm – Humboldt’s Forderung, daß „der junge Mann zwischen der Schule und dem Leben eine Anzahl von Jahren ausschließlich dem wissenschaftlichen Nachdenken an einem Ort widme, der ... Lehrende und Lernende in sich vereinigt“ verwirklicht – sondern auch ein politisch Lied – das heute heiß diskutierte politische Engagement – drang bereits damals schon zum ärgerlichen Mißfallen der Landesfürsten von den Kanzeln der Hohen Schulen. Doch seither hat die eher aus Zwang, denn aus Absicht entstandene Massenuniversität moderner Prägung Lehrende und Lernende voneinander entfernt und der Ruf des Göttingers Jacob Grimm, „die Lehrenden mögen bei aller Gelegenheit jede Frage über wichtige Lebens- und Staatsverhältnisse ... mit redlicher Wahrheit beantworten“, von
den Radikalen sicher unbewußt wieder augenommen, droht, als zur einseitigen Forderung nach Politisierung der Hochschulen gesteigert, diese zu verlassen und viele positive Bemühungen um eine Reform der Hochschulen zur Seite zu drängen und sie wie einst Buridan’s Esel verhungern zu lassen.
„DER STUDENT HAT IN DEN HALLEN DER UNIVERSITÄT KEINE BESSERE ROLLE ALS DIE EINES UNMÜNDIGEN KINDES.“ Der Student, als Staatsbürger mit allen Rechten und Pflichten ausgestattet, hat in den Hallen der Universität keine bessere Rolle als die eines unmündigen Kindes. Die Professoren, die meist erst nach allzu langer und beschwerlicher Klettertour die Spitze der Postenleiter erklommen haben, begegnen der Idee, die Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden wieder zum
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Leben zu erwecken, und sie nach den Grundsätzen der demokratischen Willensbildung einzurichten, mit zögernder Skepsis. Hofiert von einer zahlreichen Gefolgschaft, die sich auch anschickt, den „rückgraterweichenden“ Weg nach oben zu beschreiten, bei „Aktionen“ und „Ökonomischen Konferenzen“ als intellektuelle Markenzeichen der politischen Parteien präsentiert, ja in Deutschland bereits als die „Callgirls der Bundesregierung“ bezeichnet, fällt die Diskussion mit denen, die – unbestritten richtig – an die Universität kommen, um zu lernen, leider – doch auch nicht ganz unverständlich – nicht leicht. Doch hat sich – zuerst in Salzburg – „die Ansicht durchgesetzt, daß die Studenten ein moralisches Recht besäßen, angehört zu werden, wo es um ihre ureigenen Interessen geht, und daß es – bei gutem Willen – Mittel und Wege genug gäbe, dieses Recht anzuerkennen, auch wenn es im Hochschulgesetz nicht ausdrücklich verankert ist.“ (Salzburger Nachrichten vom 2. März 1968).
„DAS JEDOCH NACH JAHRELANGEN KONSTRUKTIVEN BEMÜHUNGEN DER STUDENTEN TERROR ZU NENNEN, HEISST DEN NOTWEHRCHARAKTER DER STUDENTISCHEN AKTIONEN ÜBERSEHEN.“ Doch was wollen die Studenten? Kurz: Öffentlichkeit aller Sitzungen der Universitätsgremien und gleichberechtigte Teilnahme von allen Dozenten, Assistenten und den Studenten an allen Angelegenheiten der Universität! [...] Allerdings muß die Mitwirkung der Studierenden alle Angelegenheiten, so auch Verhandlungen über Habilitierungen und Neuberufungen, erfassen. Die
Anwesenheit und Mitwirkung bei diesen Beratungen sowie die Bekanntgabe der hiebei ausschlaggebenden Entscheidungsgründe ist nicht allein ein Schritt zur Offenheit, sondern beteiligt an der Entscheidung auch diejenigen, zu deren Wohl sie ausschließlich erfolgen soll. Postenschacher und Intrigenspiel hinter verschlossenen Türen, die Praktik, sich durch Scheinberufungen bzw. sich daran anschließende Bleibeverhandlungen Gehaltsaufbesserungen und Sonderverträge einzuhandeln, sind der Öffentlichkeit nicht unverborgen geblieben, und tragen durch das geheimnisvolle Ritual bei, diese Meinung zu bestärken. Die Öffentlichkeit sämtlicher Prüfungen, Mitwirkung von Beisitzern und die Möglichkeit von Einsprüchen sowie ein straffes Appellationsverfahren müssen eine Regelung erfahren, kurzum, das Verfahren bei Prüfungen geordnet und die Angemessenheit der Ansprüche gesichert werden [...]. Auf die effektive und regelmäßige Kontrolle, auf die Mitwirkung und Meinungsfreiheit kommt es an, nicht darauf, „wer“, sondern „wie“. Die bevorstehende Novellierung der Hochschulgesetze bietet den besten Weg und Gelegenheit dazu. Sonst kommt es entweder zur stummen Distanzierung der Studierenden von den Problemen der Universität, oder dazu, daß einigen Professoren ähnlich bittere Erfahrungen wie in Deutschland nicht erspart werden können. In Deutschland, wo einige Professoren das Gefühl haben, sie würden fertiggemacht, nur weil sich die Studenten nicht mehr fertigmachen und abfertigen lassen. In Deutschland, wo die Professoren aufgefordert sind, endlich einmal über sich selbst nachzudenken, und wo es gegenwärtig scheinbar nicht mehr anders als mit Lärm und absoluter Ungeduld geht. Das jedoch nach jahrelangen konstruktiven Bemühungen der Studenten Terror zu nennen, heißt den Notwehrcharakter der studentischen Aktionen übersehen. (de facto 6/1968)
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