Eine kĂśnigliche Hochzeitsreise Margaretha von Ă–sterreich (1584-1611)
„….die ganze nacht ist erschröcklich zu sehen gewest. Jedermann ist dagelegen als wenn man tott wär. Die Galeera ist oft so voll wasser gewest, dass man der Schiaven gefürcht hat, es mechten etliche ertrünkhen. Wie denn auf andere Galeern etliche an den Ketten ertrunken. Die Wöllen haben sogar in die Popa hineingeschlagen. Ich und alle wellen an diese nacht gedenken unser Leben lang.“
Rudergaleere des 17.Jahrhunderts
Ein furchtbarer Seesturm, in dem alle um ihr Leben fürchten, ist nur ein dramatischer Augenblick im Leben einer jungen Frau, die von Graz aus aufbrach, um Königin in einem fernen Land zu werden. Ihr erstaunliches Schicksal bringt sie nicht nur auf abenteuerlichen Wegen in eine neue Heimat, die junge Steirerin, deren blasses Gesicht uns hier aus dem Schraubstock der riesigen Halskrause entgegenblickt, wird schließlich auch eine vorbildliche Regentin und die Großmutter des legendären Sonnenkönigs, Ludwig XIV. 1599 heiratete Erzherzogin Margaretha von Innerösterreich den jungen spanischen König Philipp III., den Erben des mächtigsten Reichs der damaligen Zeit. Damit war sie auch eine der angesehensten und reichsten Frauen der Welt. Dennoch würden heute sehr wenige Mädchen ihr Schicksal teilen wollen. Für ihre Zeit jedoch waren Fragen des persönlichen Glücks oder Willens unbedeutend. Margaretha erfüllte ihre Pflicht ohne zu klagen, von ihrer strengen und tiefreligiösen Mutter Maria dazu erzogen, als perfektes Rädchen im großen Uhrwerk der habsburgischen und katholischen Machtinteressen zu funktionieren. Hochzeiten in Herrscherhäusern waren komplexe Angelegenheiten. Sie hatten nichts mit Liebe oder persönlichen Sympathien zu tun, sondern waren politische Instrumente, die den familiären Interessen der beteiligten Herrscherhäuser dienten. Bräute waren Spielbälle, die Verbindungen herstellten und Allianzen schufen. Ob die Brautleute sich mochten oder verabscheuten, war nebensächlich. Manchmal ging es gut und es wurden liebevolle Beziehungen daraus, manchmal waren solche Ehen die Hölle für alle Beteiligten. Margarethe war 1584 in Graz in eine ständig wachsende Familie geboren worden. Ihre Eltern, Erzherzog Karl von Innerösterreich und seine Frau Maria von Bayern, lebten aller Welt eine gelungene Herrscher-Verbindung auf Basis gemeinsamer Anliegen vor, aus der 15 Kinder hervorgingen, von denen 11 erwachsen wurden. Margarethe hatte vier Brüder, darunter den späteren Kaiser Ferdinand II. Ihre sechs Schwestern waren wie sie selbst beliebte Heiratskandidatinnen in Europa, drei der Mädchen wurden Königinnen, eine Großherzogin und eine Fürstin, zwei starben im Brautstand. Königliche Hochzeiten wurden durch Botschafter und Vertreter der Kirche jahrelang eingefädelt, diskutiert und vorbereitet. Auch Margarethe war nur „zweite Wahl“, ursprünglich hätte ihre Schwester Gregoria Maximiliana Königin werden sollen, starb jedoch während der Verhandlungen, die schon 1593 – also sechs Jahre vor der eigentlichen Eheschließung - begonnen hatten. Als schließlich alles geklärt und entschieden war, stand der kleine Grazer Hof vor dem Problem, den riesigen und sündteuren Hochzeitszug, der die zukünftige Königin in ihre neue Heimat bringen sollte, angemessen auszustatten und zu finanzieren. Die Reise von Graz nach Spanien war schon unter normalen Umständen lange und schwierig – schnelle Kuriere konnten die rund 2.000 km aber tatsächlich in gut zwei Wochen schaffen – für ein gewaltiges Gefolge von vielen hunderten Personen war das jedoch eine Herkulesaufgabe. Es gab ja keine schnellen Transportmittel außer Pferden und Schiffen und für hunderte Personen mit umfangreichem Gepäck waren die schlechten Straßen nur langsam und mühselig zurückzulegen. Wenige Orte boten überhaupt die Möglichkeit, so
vielen Menschen und Tieren ausreichend Nachtquartiere und Verpflegung anbieten zu können. Zudem wollten alle die berühmten Besucherinnen und ihre noblen Begleiter sehen und bestaunen. Das bedeutete aber, dass die gut 600 Reisenden mit ihren 700 Reittieren und Gepäckwagen von Graz bis zu ihrer Ankunft in Spanien fast acht Monate unterwegs waren. Wir besitzen von dieser Reise wunderbare Berichte in Form von 46 Briefen, die die energische Brautmutter, Erzherzogin Maria, von unterwegs an ihren in Graz verbliebenen Sohn Ferdinand, den späteren Kaiser, schrieb. Ihre resolute Art und unverblümte Sprache machen die Strapazen und Umstände der Reise sehr lebendig und vermitteln uns einen direkten – wenn auch sehr subjektiven - Eindruck. Dem riesigen Hofstaat stand Johann Jacob Freiherr von Breuner als Hofmarschall und Ehrenkavalier der Erzherzogin Maria vor. Als höchster Würdenträger und geistliches Oberhaupt kam Georg Stobäus, der Bischof von Lavant und Regierungschef von Innerösterreich, mit, der schon den Heiratsvertrag verhandelt hatte. An der Spitze der 21 Kavaliere aus wichtigen Familien standen Hermann von Attems als Kammerpräsident und Hans Ulrich von Eggenberg, als Kämmerer und Hauptmann der Wache. Dem „Frauenzimmer“, wie der weibliche Hofstaat genannt wurde, gehörten 20 Damen und ihre „Fräulein“ an. Neben zahlreichen Geistlichen, Leibärzten, Apothekern und Barbieren (Wundärzten) waren auch Künstler, Musiker und Tanzmeister mit von der Partie. Dazu kam eine Heerschar von Amtsleuten, Sekretären, Übersetzern, Schneidern, Lakaien, Köchen und Kellermeistern, Wachen und Gardesoldaten, sowie Stallpersonal. Schon von Graz aus begleitete der spanische Botschafter Don Guglielmo de San Clemente (1530-1608) als Verbindung zur Krone und Graue Eminenz den Reisezug. Da jedoch sein eigenes Gefolge schon über 100 Personen umfasste, wurde vereinbart, dass er einen Tag vorausreisen sollte. Die Koordination zwischen den beiden Zügen übernahmen Julius von Paar für die Steirer und Francesco Cit auf Seiten Spaniens, ein Amt, um das die beiden Herren wohl nur wenige beneideten, weil sie neben anderen Unbilden durch das ständige Hin und Her die Strecke eigentlich zweimal bewältigen mussten. Die Reise begann im September 1598 und führte durch die Steiermark und Kärnten, über Lienz und Brixen nach Trient. Auf schlechten Wegen und bei noch schlechterem Wetter ging es nur langsam voran. „Mein herzliebster Sohn! Ich lass dich wissen, dass wir, Gott Lob, wohlauf sind, aber haben so ein bös Wetter, dass Eins weinen möcht! So ist der Weg bös, dass nicht darvon zu sagen ist: solche Lucken und ist schiech!.... Dass Enk das Regenwetter alle so plagt, geht uns gleich also, nur gestern und heint haben wir schenes Wetter; der Weg ist aber grausam bes. Wir ziehen wie die Schnecken, man eilt nit sehr, weiß gleich nit, was das bedeutt.“ Der Fortgang wurde ein wenig verzögert, denn man musste auf einen anderen Reisetross warten, der noch weiter, nämlich von Brüssel, anreisen musste und schließlich in Trient auf die Grazer stieß. Erzherzog Albrecht kam mit einem Gefolge von noch einmal 1.500 Begleitern dazu. Margarethes Vetter Albrecht sollte eine Schwester ihres Bräutigams, die Infantin Clara Eugenia, heiraten. Es wurde also eine riesige Doppelhochzeit gefeiert, um die Bande der beiden habsburgischen Linien in
Hans Ulrich von Eggenberg
Erzherzog Albrecht von Österreich
Spanien und Österreich noch weiter zu festigen. Anfänglich waren die Damen nicht so begeistert von dem jungen Erzherzog „ Er ist gar spanisch, macht gar schöne Wort, ist nix dahinter“, sie merkten aber bald, dass sie sich getäuscht hatten und in Albrecht einen großen Verbündeten bekamen. Der endlose Tross wollte über venezianisches Herrschaftsgebiet weiter nach Ferrara reisen, wo Papst Clemens VIII. die Trauungen vornehmen und die hohen Verbindungen segnen sollte. Daraus wurde vorerst nichts, denn die venezianische Regierung verweigerte ihnen die Durchreise, weil Gerüchte umgingen, dass in Graz die Pest ausgebrochen sei und man eine Einschleppung der Krankheit befürchtete. Gut 2.000 Menschen saßen daher in dem kleinen Trient fest und mussten langwierige Untersuchungen über sich ergehen lassen, das gesamte Gepäck wurde geöffnet und sorgfältig durchgelüftet. „… Zum anderen sollen wir zu Trient…. drei Commissarios warten lassen,…die alles Gesind besichtigen und examinieren sollen, ob niemands den Tod auf dem Rucken oder in dem Sack trage.“ Erst als die venezianischen Abgesandten beruhigt waren, konnte die Reise fortgesetzt werden, dafür mit größten Ehren. Zwei Senatoren der Republik gaben mit 500 Mann und ebenso vielen Pferden ihr Geleit, dazu kamen die Herzöge von Mantua, Modena und der spanische Statthalter von Mailand, sowie Abgesandte des Papstes. Damit war der Hochzeitszug auf mehr als 3000 Menschen samt Reit- und Lasttieren angewachsen. Man kann sich kaum vorstellen, wie schwierig das Fortkommen und die Verpflegung einer solchen Anakonda gewesen sein muss, in einer Zeit als es nur wenige Herbergen, aber keine Hotels oder ähnliche Unterbringungsmöglichkeiten gab. Es gab wohl einige Klöster, in Städten boten adelige Familien den hohen Gästen ihre Häuser und Paläste an, aber der Rest der umfangreichen Begleitung übernachtete
buchstäblich überall, auch im Stall und auf der Straße. Von den schwierigen Rangstreitigkeiten unter den vielen hochgestellten Persönlichkeiten, die aus unterschiedlichen und konkurrenzierenden Ländern kamen, ganz zu schweigen. Venedig, das wegen der Ansteckungsgefahr zusah, alle möglichst rasch durch sein Gebiet zu schleusen, ließ sich aber nicht lumpen, versorgte und beherbergte alle und transportierte sie auf Schiffen auf den zahlreichen Wasserwegen des Veneto bis in die Nähe von Ferrara, wo die Hochzeit stattfinden sollte. Am 13. November erfolgte der offizielle Einritt in Ferrara. Die Pracht solcher Festumzüge und den unfassbaren Aufwand, der dabei für wenige Tage betrieben wurde, können wir uns heute kaum noch vorstellen. Man war sosehr gewöhnt, den Augenblick in seiner ganzen Kostbarkeit zu erleben und zu genießen, dass man solche Höhepunkte des Lebens ausgelassen und überschwänglich inszenierte. Offizielle Einritte bei Hochzeiten, wichtigen Besuchen oder großen Siegen waren laute und kostspielige Spektakel, die ganze Städte miteinbezogen. In Ferrara fuhren die hohen Damen zuerst im Gastgeschenk des Papstes, einem sechsspännigen, vergoldeten Prunkwagen bis zur Stadtgrenze, wo sie auf prächtige Schimmel umstiegen. Prunkwägen, herausgeputzte Würdenträger und ihr Gefolge, Kardinäle, Gardetruppen und Musiker zogen unter Trompetenschall und Geschützdonner durch eigens errichtete Triumphbögen in die Stadt. Zwei Tage lang wechselten offizielle Begrüßungen und Ehrungen, der hoheitsvolle Empfang durch den Papst, Musik und Gastmähler, mit feierlichen Hochämtern, bis am Sonntag Laetare endlich die beiden Trauungen durch den Papst erfolgten. Dabei durfte schließlich auch die offizielle Trauerkleidung, die der gesamte Hof wegen des Todes von König Philipp II. noch getragen hatte, abgelegt werden und das strenge spanische Schwarz verwandelte sich in ein Meer von Weiß, Silber und Gold. Die junge Braut, die unter der Last ihrer juwelenübersäten, silbernen Robe fast zusammenbrach und Erzherzog Albrecht -auch ganz in Weiß und Silber - wurden mit Stellvertretern ihrer jeweiligen Partner, die nicht eigens aus Spanien angereist waren, getraut. Albrecht gleich zweimal, denn er vertrat auch den König an der Seite Margarethas. Seine Braut, die Infantin, wurde jedoch vom spanischen Botschafter am Hl. Stuhl ersetzt, sodass– für die damaligen Augen sehr ungewohnt – zwei Männer vor dem Altar standen. Die kritische Brautmutter hat diese Entscheidung schon vorab sehr kritisch kommentiert: „Hat mir auch gesagt, dass der Duca di Sessa Braut wird sein und sich mit dem Erzherzog Albrecht anstatt der Infante zusammengeben lassen. Das werden zwei breite Brautleut werden! Wenn sie gar etwas Prudenz hätten gehabt, so hätten sie wohl um meine Elena schicken können.“ Sie war der Meinung, dass sich eine Schwester der Braut als Stellvertreterin der Infantin besser gemacht hätte als der wohlbeleibte Herzog von Sessa. Wie üblich folgten nach der Trauung mehrere Tage, die mit Festlichkeiten und Unterhaltungen aller Art dicht gefüllt waren, Bankette, Konzerte, Wettrudern und andere Ergötzlichkeiten folgten dicht aufeinander, die Damen des Gefolges wurden mit Geschenken überhäuft. Der Papst hatte sich Teppiche und Silbergeschirr im Wert von 300.000 Kronen aus Florenz geliehen, um seinem Hof alle Ehre zu machen. Überboten wurde seine Großzügigkeit nur noch vom
Kรถnig Philipp III. von Spanien
Herzog von Mantua, der zu Ehren der jungen Königin 5.000 Menschen und 4.000 Pferde neun Tage lang freihielt und mit Festlichkeiten und Spektakeln von besonderer Pracht überwältigte. Erst danach brach die Gesellschaft Richtung Norden auf, wo Margaretha in Cremona, erstmals spanischen Boden betreten sollte, denn das Herzogtum Mailand war damals spanische Provinz und wurde von einem königlichen Statthalter regiert. Auch er bot der neuen Herrscherin einen triumphalen Einzug in die Stadt unter Ehrenbezeugungen aller Art, Kanonendonner, Trompeten- und Paukenklängen. Drei Stunden dauerte der Einritt vom Stadttor bis zum Dom, wo das erste Te Deum gefeiert wurde. Der Zug führte die junge Königin, die umgeben von 20 Pagen unter einem roten Baldachin ritt, durch sieben Ehrenpforten, die die sieben Weltwunder darstellten. Mailands Hochzeitsgeschenk an Margaretha waren sechs vergoldete Kutschen und 200.000 Kronen an barem Geld. Hatte sich die neue Heimat vorerst von der besten Seite gezeigt, so wandelte sich das rasch. Nach den Festen setzten bald Winterregen und endlose Nebeltage ein. An eine Weiterreise zur See oder gar Überfahrt nach Barcelona war im Winter nicht zu denken. So blieb man wochenlang in Mailand gefangen. „Man sagt Wunder, wie man schöne Sachen hier hätt. Ich hab noch wenig gsehn, weil es stets brennt und regnet. Du glaubst nit, in was Sorgen ich bin der Feuer halber, hat schon zweimal brunnen.“ schreibt Erzherzogin Maria grantig nachhause. Den Damen war kalt und sie sehnten sich nach den guten Öfen daheim. „Es ist hier grausam kalt, und wir haben kein Stuben, Wir friern erbärmlich. Wie oft denk ich an die alte Andtl und Martha, sie erfriern wohl gar!“ Der Hof besuchte Kirchen und Klöster, v.a. die Musik und die schönen Stimmen in den Frauenklöstern berührten sie. Aber Erzherzogin Maria machten die neuen Untertanen ihrer Tochter zu schaffen. Sie mochte die Spanier nicht, die sie für stolz und intrigant hielt und von denen sie ihre Tochter falsch angeleitet sah: „Mein Kind ich kann Dir nit erschreiben, wie mich die Spanier plagen, insonderheit der hiesige Gubernater, der ist so hoffärtig wie der Teufel und hebt seltsame Händel an....als von der Margaretha wegen. Da sollt ich’s nur zur Hoffart, zu Tanzen und allerlei Leichtfertigkeit ziehen. – und ich thu´s nit, da geht´s aneinander. Sind das Leut! Der Preiner und der Attemis sagen: hättens ihr Leben lang nit glaubt, dass solche Leut wären. Die Spanier sind falsch.“ …. „Wir haben hier einen feinen Advent. Alle Tag spanische buhlerische Comödi! Ist kein Wunder wenn unser Herr mit Feuer straft bei dem Leben!“ Aber die Damen nutzten die Zeit, um einkaufen zu gehen, schließlich stand Weihnachten bevor. Man besorgte Geschenke und Nikolausgaben für Familienmitglieder und Bediente und schickte sie nach Haus. Aber auch da war Maria nicht zufrieden. „Ich schick hiermit den Nikl für Enk alle: Ich hätt gern was Schöneres und Bessers geschickt, aber ich hab nichts anders können bekommen. Sie entschuldigen sich alle, sie haben´s alles nach Hispanien geschickt. Weiß Gott, ob´s wahr ist. Ich hätt vermeint, es wären viel schöner
Erzherzogin Maria, die Mutter der Braut
Sachen hier zu bekommen.“ Sie schickt silberne „Körberl“ für Krausen, dekorative Auflagen, auf denen man die Halskrausen ablegen konnte und „Facolet“, kostbare Spitzentaschentücher, die ein Muss für jede elegante Dame waren. Mailand war neben Venedig berühmt für seine Spitzenproduktion und seine Rüstungswerkstätten. Also bekamen die Söhne Mailänder Degen „Ich verhoff Du werdst mit Deinem Stocher zufrieden sein und der Max mit seiner Wehr.“ Endlich Anfang Februar ging die Reise weiter nach Genua, von wo man zu Schiff nach Spanien reisen wollte. Der Oberbefehl der Flotte lag beim berühmtesten und erfahrensten Admiral Genuas, Giovanni Andrea Doria, der schon an der legendären Seeschlacht von Lepanto teilgenommen hatte. Er wusste um die Tücken einer winterlichen Reise auf dem Mittelmeer und die Stürme, die in dieser Jahreszeit drohten. Obwohl alle nach dem langen Warten ungeduldig zum Aufbruch riefen, ließ er sich nicht drängen und stach erst am 18.Feber in See. Die königliche Flotte umfasste ein Geschwader von 40 Schiffen. Maria und Margarete reisten auf der Galera Reala, der königlichen Galeere, die mit höchstem Prunk ausgestattet war. Die Deckaufbauten waren vergoldet oder mit rotem Damast bespannt. An den 64 vergoldeten Rudern saßen je sieben türkische Sklaven. Sie offenbaren, dass sich unter dem Prunk der Galeeren eines der grausamsten Schicksale verbarg, das jene Zeit kannte: als Galeerensklave unter Decke gefangen zu sein. Ein solches Schicksal war auf christlichen Schiffen den osmanischen Kriegsgefangenen und Straftätern vorbehalten, die anstelle der Todesstrafe zur Galeere „begnadigt“ wurden, damit aber meist nur einen länger hinausgezögerten Tod erleiden mussten. Auf osmanischen Piratenschiffen wiederum waren geraubte und versklavte Christen an die Ruder gekettet. Auf Deck der Galera Real schliefen die junge Königin, ihre Mutter und die hochrangigsten Damen in einem roten Prunkzelt, in einem kleinem Kammerl davor hatten die Herren „Marschalk, Eggenberg und Attimis ihre pötten ghabt“. Die Pagen schliefen auf dem Boden vor dem Eingang. Maria war glücklich, dass sie und Margaretha nicht seekrank wurden, während sie beobachtete, dass es ihren Damen leider nicht so gut erging: „Meine Weiber haben gar fest gespieen. Ich wollte, dass Du sehen sollst, wann ich jausne, wie die Jungfrauen und Frauen umporkeln, dass sie sich stets anlehnen und anhalten müssen, also wackelts alle Weil. Wir lachen oft von Herzen.“ Vorerst genießen sie die ersten Tage an Deck: „Wie oft wünscht ich Dich und Deine Brüder her, dass Es sehen sollt´s, wie schön es auf der Galeere ist! Hilft uns der Herr mit Glück hinüber, so ist´s immerhin lustig und viel zu sehen. Es ist nit zu schreiben, wie dienstlich die armen Schlaaven sind in allen Dingen, und man schläget sie so grob dazu“. Dennoch hatte sie Angst vor der Überfahrt, weil ihr die Umsicht und Sorge des verantwortlichen Admirals Doria, der die unangenehme Aufgabe hatte, all die hohen Herrschaften sicher nach Spanien zu bringen, nicht verborgen blieb. Mit seiner ruhigen Autorität flößte er sogar
der kritischen Erzherzogin Respekt ein:„ Er hat ein Häusel im Schiff, drin sitzt er wie ein Papagey, ist alls verglast, und schafft alls so still, als wan er nit da wär: hat ein großen Gehorsam.“ Von den Tagen an Bord erzählt auch ein Bericht des Hofmarschalls Breuner, der darin dramatische Ereignisse festgehalten hat. In den ersten Tagen, bei schönem Wetter, scherzen alle übermütig an Bord, die Herren, auch Erzherzog Albrecht, tauschen mit Galeerensklaven die Plätze und treiben sich unter allgemeinem Gelächter gegenseitig an. Dann wendete sich jedoch das Wetter und es folgte eine Schreckensnacht, in der alle um ihr Leben fürchteten. Nur die große Erfahrung Admiral Dorias rettete die dramatische Situation. “Der Doria hatt um Mitternacht mein gnedigte frau besuecht, der Herr Marschalk, Eggenberg, pater Johannes ist einer umb den andern auß und ein gangen. Ich und andere haben die ganze nacht nie derffen aufstehen, so erschröcklich ist es zu sehen gewest. Ich main die Capitani die sein die ganze nacht geloffen, pfiffen und geschrien. Jedermann ist dagelegen als wenn man tott wär. Die Galeera ist oft so voll wasser gewest, dass man der Schiaven gefürcht hat, es mechten etliche ertrünkhen. Wie denn auf andere Galeern etliche an den Ketten ertrunken. Die Wöllen haben sogar in die Popa (Kommandobrücke) hineingeschlagen. Ich und alle wellen an diese nacht gedenken unser Leben lang.“ Die Flotte konnte sich zum Teil schwer beschädigt in den Hafen von Toulon retten. Alle dankten Gott. Die tief erschütterte Maria schenkte Admiral Doria zum Dank für ihre Rettung 50 türkische Gefangene als Ersatz für die ertrunkenen Rudersklaven. „…Gute, junge starke Türken, die wohl zu ziehen vermögen. Bitt Dich, Du wollts auf unsere Grenzen schicken, ob man ihrer bekäm. Wir vermeinen, man könnt einen solchen Schelm um etwa 15 oder zu höchst 20 Thaler kaufen oder noch wohlfeiler…. Es brauchen nit echte Türken sein, nur arme Tropfen und gut stark, die sich sonst nit scheuen – nur kein kleins oder schwachs Mandl, denn sie halten nix davon.“ Nach einer weiteren schwierigen und sturmgepeitschten Überfahrt erreichte die Flotte am 23.März 1599 endlich spanischen Boden. In Villaroz begrüßten der Kardinal Erzbischof von Sevilla und der Conde de Alba, ihr neuer Hofmeister, die junge Königin. Es folgte ein Gefolge von 120 spanischen Granden und Edlen. Am 18.April 1599 fand der festliche Hochzeits-Gottesdienst im Dom zu Valencia statt. Der päpstliche Nuntius segnete die Paare nochmals, denn verheiratet waren sie ja schon. Prächtige Feiern, Tänze und Turniere schlossen die Festlichkeiten ab. Maria musste sich schweren Herzens von ihrer Tochter verabschieden, im Bewusstsein, dass es wahrscheinlich eine Trennung für immer sein würde. In der Tat haben sich die beiden nicht wieder gesehen. Die Rückreise der Grazer verlief weniger dramatisch, kostete aber nach den monatelangen Strapazen noch in letzter Minute einigen Teilnehmern das Leben, die Italien erkrankten und nicht mehr aufkamen. Erst am 25. August 1599 nach elf Monaten war man wieder in Graz.
Das Königspaar Philipp und Margaretha
Margaretha wurde keine große, aber würdige spanische Königin. Ihr Bruder Ferdinand hatte schon bei den Hochzeitsverhandlungen bemerkt, dass sie klug und von rascher Auffassungsgabe sei. So bemerkte sie sehr schnell, dass sie einen schwachen Monarchen geheiratet hatte. Ihre Ehe mit dem spanischen König galt zwar als glücklich, doch Philipp III. ließ sich von seinem herrschsüchtigen Günstling, dem Herzog von Lerma, die Regierungsmacht aus den Händen nehmen. Anfangs versuchte Margaretha gegenzusteuern, doch bald gelang es Lerma, die Königin immer stärker von ihrem Mann zu isolieren, ein Machtkampf, den sie schließlich verlor. Sie vertraute dem kaiserlichen Botschafter an, dass sie lieber Nonne in einem Kloster als Königin von Spanien wäre. Glücklich ist sie also nicht geworden, aber das war auch kein Kriterium. Margaretha erfüllte ihre Pflicht und gebar bis zu ihrem frühen Tod mit 27 Jahren acht Kinder, die – so sie überlebten - bedeutende Rollen im dynastischen Gefüge des Hauses Habsburg einnahmen. Ihr ältester Sohn folgte seinem Vater als Philipp IV. auf den Thron, ihre Tochter Anna Maria schrieb auf andere Weise Weltgeschichte. Durch ihre Ehe mit dem französischen König Ludwig XIII. wurde sie die Mutter des legendären Sonnenkönigs, Ludwig XIV., der damit zumindest ein „Viertel-Steirer“ ist, was man jedoch nur sehr selten hört…..
Margaretha mit ihrer ältesten Tochter. Sie erwartet ein weiteres Kind.