GesICHt und DU

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GesICHt und DU Eine Ausstellung fĂźr junge Menschen

Universalmuseum Joanneum

Schloss Eggenberg www.welterbe-eggenberg.at



GesICHT und DU Porträts aus drei Jahrhunderten Barbara Kaiser

Ein Begleitheft fĂźr die ganze Familie



Diese Ausstellung ist nicht nur FÜR junge Menschen, sondern auch VON ihnen konzipiert worden. In kreativen Wochenend-Workshops haben junge Kuratorinnen und Kuratoren Ideen gesammelt, Geschichten erfunden, Bilder gestaltet und Texte geschrieben. Viele ihrer Arbeiten und Einfälle sind in diese Ausstellung eingeflossen.

Kuratorinnen und Kuratoren Maximilian Eder Julia Eitzinger Nina Eitzinger Hannah Ferstl Emily Freissmuth Lilly Janisch Johannes Karl Lorenz Karl Sophia Kloos Ida Krisper Uma Krumina Oliver Krumina Jonathan Kuschel Simon Langer Marie Madeleine Lukas-Wlodkowski Anja Lukas-Wlodkowski

Konzeption und Workshops Magdalena Puchleitner Anna Rath Peter Rath Philipp Reischl Theodor Reischl Caliste Reischl Felix Schacher Franziska Schacher Felix Schwarz Maxima Scheucher Hannah Stiplosek Inge Stiplosek Sarah Wlodkowski Emilia Wolfbauer

Marco Braida Heinz Janisch Barbara Kaiser Luise Kloos Anna Kölbl Hanna Peyker Nathalie Pollauf Marietta Schieraus Paul Schuster Andrijana Soldo-Babić



GesICHt und DU


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GesICHt und DU Was denkst du, wie alt dieses Porträt ist? Der Bub wirkt so lebendig und präsent, als wäre er gerade hier gewesen, und doch ist das Bildnis 2000 Jahre alt. Porträts faszinieren Menschen seit Tausenden von Jahren. Es gibt sie in unzähligen Formen und Techniken: als Gemälde und Skulptur, als Druckgrafik, Münze oder Foto. Es gibt sie auf Mosaiken und Textilien, auf Porzellan und Gläsern, auf Hausfassaden, Geldscheinen, Zeitungen, Magazinen und Büchern. Es gibt sie an unzähligen Orten: in Galerien und Privathäusern, in der Hand- oder Brieftasche, als Schmuck oder im Garten, an der Plakatwand und am T-Shirt. Ist das Porträt deshalb so populär, weil es uns überall begegnet? Millionen Bildnisse von der Antike bis zur Gegenwart zeigen, dass es Kindern und Erwachsenen zu allen Zeiten ein Bedürfnis war, sich selbst oder ihre Mitmenschen darzustellen. Warum faszinieren uns Menschenbilder so sehr? Warum sind sie uns so wichtig seit Tausenden von Jahren? – Und heute mehr denn je, bedenkt man den Hang zur Selbstdarstellung in den sozialen Medien, den Selfie-Wahn. Warum zeigen sich manche so gern und andere verstecken sich lieber? Sicher hat das viel mit der ewigen Frage zu tun: „Wer bin ich?“, und gleich danach mit der nächsten: „Bin ich auch der oder die, die ich sein will? Und wer bist du?“ Vielleicht wollen wir gemeinsam versuchen, in dieser Ausstellung über diese Fragen nachzudenken, auch wenn dir die hier gezeigten Bilder nur einen kleinen Ausschnitt aus der langen Entwicklung der Porträtkunst zeigen können. Unsere Sammlung ist auf die Zeit beschränkt, in der die fürstliche Familie Eggenberg gelebt hat, in deren Schloss wir uns befinden. Wir schauen uns also Bildnisse aus der sogenannten Frühen Neuzeit (etwa 1500 bis 1800) an. Bei allen Unterschieden, die damals von heute trennen, gibt es jedoch auch viele fundamentale Gemeinsamkeiten, die sich nicht verändert haben und die uns genug Stoff zum Betrachten und Nachdenken geben. Denn die Kunst hilft uns, genauer hinzuschauen. Vielleicht entdecken wir dabei Dinge, die uns nicht bewusst waren. Vielleicht entdeckt sie aber auch die Künstlerin oder der Künstler, die uns porträtieren.

Mumienporträt des Knaben Eutyches, 100–150 v. Chr. The Metmuseum

Welt ohne Bilder Kannst du dir eine Welt ohne Bilder vorstellen, in der es keinen Film, kein Fernsehen, keine Fotos, keine Computer gibt, ja nicht einmal Zeitungen? Eine Welt,

in der Bücher so kostbar waren, dass nur wenige reiche Menschen sie kaufen konnten, schwere ledergebundene Folianten, die nur ganz selten Abbildungen enthielten. In der Welt, in die wir dich heute entführen wollen, konnte man seine Freunde nicht einfach fotografieren, sondern musste sie selbst zeichnen, wenn man sie in Erinnerung behalten wollte. Im Alltag der Menschen der Frühen Neuzeit gab es wenige Bilder, Gemälde fanden sich in den Schlössern der Herrscher und Adeligen, in den Häusern der reichen Kaufleute oder in den Kirchen, wo man den düsteren Bildnissen der Heiligen begegnen konnte. Aber einen geliebten Menschen, seine Eltern oder Kinder musste man ganz einfach im Kopf behalten. Ein kleines Bildnis war jahrhundertelang eine große Seltenheit und Kostbarkeit. Die Begegnung mit einem gemalten oder aus Stein gehauenen Menschenbild war deshalb etwas ganz Besonderes, Aufregendes, das große Gefühle erzeugen konnte und oft auch den Eindruck erweckte, der Dargestellte stünde leibhaftig vor uns. Solche Bildnisse waren schwierig und teuer herzustellen, es dauerte Wochen, bis ein Porträt fertiggestellt war, also konnten sich nur sehr wenige Persönlichkeiten solche Bildnisse leisten. Umso wichtiger war ihnen deshalb auch der Eindruck, der


damit erweckt wurde. Unsere Welt ist so voller Bilder, dass sie uns selbstverständlich geworden sind. Ist ein Foto oder Selfie nicht so toll geworden, machen wir halt ein neues, das geht ganz schnell. Vor lauter Bildern haben wir fast verlernt, genau hinzusehen. Also möchten wir dich in dieser kleinen Ausstellung dazu einladen, dir etwas Zeit zu nehmen und die Bilder genauer anzuschauen. Du wirst sehen, dass sie dir viel erzählen können.

Die Magie des Blicks

Diese Prägung bestimmt nicht nur unsere Begegnung mit lebenden Menschen, sondern ebenso mit Werken der Porträtkunst. Auch dabei begegnen wir Menschen, deren Blick uns in den Bann zieht, deren Gesichter wir einordnen, kategorisieren, die uns sympathisch sind oder nicht, die uns anziehen oder abstoßen. Deshalb ist die Porträtkunst auch jedem zugänglich, ganz ohne Vorbildung, jeder erhält einen – wenn auch sehr persönlichen – Eindruck. Dieser ist meist nicht objektiv, denn ein guter Maler oder Bildhauer spielt mit diesen Empfindungen, er zeigt oft nicht den „wahren“ Menschen, sondern ein Idealbild oder auch eine böse Karikatur. Ebenso möchten auch Dargestellte auf eine bestimmte Art und Weise gesehen werden und schöner, reicher, tapferer oder klüger weiterleben, als sie tatsächlich waren. Aber nie kann man genau sagen, wie die Betrachter diese Menschen wirklich wahrgenommen haben. Porträts sind also ein faszinierendes, vielschichtiges Wechselspiel zwischen den Dargestellten, den ausführenden Künstlerinnen und Künstlern und den Betrachtenden, sodass Bildnisse von unterschiedlichen Menschen auch unterschiedlich wahrgenommen werden können. Aber immer erkennen wir etwas – auch wenn wir zuvor gar nichts wissen. Der erste Blick entscheidet, ob wir Näheres wissen wollen. Blicke ziehen uns in ihren Bann, halten uns fest, in Blicke verlieben wir uns, Blicke flössen uns Angst ein oder stoßen uns ab. Lass dich von deinen Blicken führen und erfahre, wieviel wir über Menschen, die wir gar nicht kennen und die durch Jahrhunderte von uns getrennt sind, dennoch erfassen, einfach weil sie uns immer noch ähnlich sind.

Es gibt eine Besonderheit, die das Porträt von allen anderen Kunstformen unterscheidet: Stets nehmen wir den Menschen vor dem Kunstwerk wahr, zuerst sprechen uns die Dargestellten und nicht die künstlerische Qualität an. Selbst wenn wir gar nichts über die Porträtierten wissen, entsteht sofort eine Beziehung, eine Faszination für diese unbekannte Gestalt, sodass wir erfahren wollen, wer denn die- oder derjenige war. Das Geheimnis liegt wohl in der Magie des Blicks, des Augenkontakts, einer elementaren Erfahrung aller Menschen, die in unserem tiefsten Empfinden verankert ist und unsere Begegnung mit anderen Menschen, seien sie lebendig oder auch nur gemalt, so besonders macht. Das erste, was ein Kleinkind wahrnimmt, sind Gesicht und Augen des Menschen, der es auf den Arm nimmt, sei es nun Vater oder Mutter. Sobald es sehen kann, prägen sich die Züge der Eltern ein und verbinden sich mit Empfindungen. Im Idealfall sind es gute, sie bringen Liebe, Zuwendung und Nahrung. Nach und nach bekommen diese Gesichter Namen – Mutter, Vater – und werden genau von anderen Gesichtern unterschieden. Schließlich erwirbt das Kind auch Wollen wir das ausprobieren? einen Sinn für sich selbst, erkennt, dass es ein eigenes Wesen mit einem eigenen Namen ist, das mit anderen Menschen in Beziehung steht. Dieser erste Blickkontakt ist also unsere erste und prägendste soziale Handlung. Wir erhalten daraus entscheidende Informationen, die stärkste Impulse auslösen: die Erwartung von Freude, das Aufflackern von Angst, ein Verlangen nach Verbindung, Vertrauen in beschützende Autorität, Misstrauen vor dem verschlagenen Blick und dem abgewandten Auge. In Sekundenschnelle entscheiden wir, ob wir einem Gesicht vertrauen oder nicht. Tausende von Gesichtsausdrücken sind in unserer geistigen Datenbank gespeichert, entscheiden darüber, wie wir uns in der Welt bewegen. Sie verbinden uns mit Menschen, denen wir vertrauen, und trennen uns von denen, die uns Misstrauen einflößen. Wir entscheiden auch blitzschnell und ohne nachzudenken, wer zu welcher Kategorie gehört.

Hast du schon einmal jemanden porträtiert? Wer war das?

Porträts der jungen Gastkuratorinnen und -kuratoren


Sprache der Bilder


-------Familie Rusterholzer Johann Baptist Jakob Raunacher (1697–1757) Ölgemälde, 1746 Alte Galerie

„Möchtest du eine Traube?“, scheint der kleine Bub zu fragen und bietet uns eine appetitlich reife Weintraube an. Er ist der Mittelpunkt einer Tischrunde, die uns hier erwartet. Eine ältere Dame sitzt mit zwei Buben an einem reich gedeckten Tisch. Liebenswert sieht sie aus, warmherzig und freundlich. Mit Stolz präsentiert sie die beiden Knaben und den sichtbaren Wohlstand, in dem sie aufwachsen können. Auch ihre Kleidung verrät keinen Mangel: Sie trägt Perlenhalsband und Diamantring, Haube, Brusttuch und Ärmel sind von feinstem Leinen und mit kostbaren Spitzen besetzt, die Schürze mit den üppigen roten Blüten scheint sogar aus Seide zu sein. Nur das schwarze Kleid zeigt uns, dass sie offenbar Witwe ist. Sie wirkt auch ein wenig zu betagt, um die Mutter der kleinen Kinder sein zu können. Die Familie sitzt um einen Tisch, der mit einem kostbaren türkischen Teppich belegt ist. Auf einem Zinnteller liegen reife Pfirsiche und Zwetschken, dahinter eine schlanke Glasvase mit Rose, Pfingstrosen, Nelke, Levkoje, Narzissen und Geißblatt. Der ältere der beiden Buben in einem schmucken blauen Rock hält liebevoll einen kleinen Hund im Arm, der ihn erwartungsvoll anschaut. Sein breites Halsband trägt die Initialen des Besitzers: IIR. Zwischen den beiden thront auf einem hohen Kinderstuhl der jüngere Bruder, auch er in feinem Batist mit Spitzen und einem prunkvollen, dick gepolsterten „Sturzhelm“. Damals nannte man das „Fallhaube“, die den noch unsicher gehenden Säugling beim Hinfallen schützen sollte. Auch er blickt offen und fröhlich und bietet uns gastfreundlich eine pralle Weintraube an. Obwohl wir nicht wissen, wer hier vor uns sitzt, erkennen wir doch eine ganze Menge: Wir haben eine kleine Gruppe, die offenbar aus Großmutter und Enkelsöhnen besteht. Es geht der Familie gut, sie sind freundlich, sowohl miteinander als auch zu Gästen, die sie gleich zum Essen einladen. Aus Kleidung und Ambiente können wir schließen, dass es sich um eine bürgerliche, nicht adelige Familie handelt, die um die Mitte des 18. Jahrhunderts gelebt hat und es zu beträchtlichem Wohlstand gebracht hat.

Und damit fällt es uns nicht mehr schwer, die Dargestellten auch zu identifizieren. Jacob Rusterholzer war aus Schwaben nach Graz gekommen und hatte es dort bald nach 1700 als Bierbrauer, Gastwirt und Mühlenbesitzer zu beträchtlichem Reichtum gebracht. Wir sehen hier seine beiden ältesten Söhne mit ihrer verwitweten Großmutter. Der kleine Jacob, der uns so freundlich mit einer Traube einlädt – wie es sich für einen Wirtssohn gehört – blieb aber nicht lange am Leben, er starb schon drei Jahre später. Auch seine Mutter Johanna, die wir hier nicht sehen, folgt ihm bald ins Grab, sie starb nach acht Geburten 1753. Der Vater Jacob Rusterholzer heiratete ein drittes Mal und bekam weitere Kinder, von denen wieder eines den Namen Jacob erhielt. Er wurde später ein erfolgreicher Ökonom und Hotelier, in dessen Gasthof „Zur Sonne“ viele Kaiser und Könige abgestiegen sind. Er wurde sogar in den Orden der Freimaurer aufgenommen. Der älteste Bruder Joseph, der hier im Bild sein Hündchen streichelt, wurde ebenfalls Gastwirt und Bierbrauer, erreichte aber nicht die Berühmtheit seines jüngeren Stiefbruders.

Auf den zweiten Blick Bei genauerer Betrachtung müsste uns eigentlich auffallen, dass Trauben und Pfirsiche, Narzissen und Rosen niemals zur gleichen Zeit blühen bzw. reif sind. Was will uns denn der Maler damit sagen? Zuerst wohl auch, dass es dieser Familie zu allen Jahreszeiten gut Die Familie Rusterholzer geht, sie immer zu essen und einen Garten hat. Aber Im Falle dieses Bildes gibt uns eine Inschrift auf der da alle gezeigten Blumen besonders wohlriechend Rückseite auch nähere Informationen: „Liebe Enkl sind, fällt uns ihr Duft ein und der herrliche Geschmack Joseph Rusterholtzer alt sechse, Jacob Rusterholtzer der reifen Früchte. Die Hände des Jungen graben sich alt dritthalb, derfreien Frau Elisabeth Rusterholtzer in das Fell des Hündchens und tasten seine seidige alt funfer und funftzig Jahr. A° 1746.“ In der noch sehr Textur. Alle Dargestellten blicken mit weit geöffneten dialektnahen barocken Sprache erfahren wir, dass zwei Augen auf uns, und der scharfe Gehörsinn des Hundes Enkel, der sechsjährige Joseph und der dreieinhalbjährige war damals sprichwörtlich. Neben dem idyllischen Jacob, ihre Großmutter Elisabeth Rusterholzer erfreuen. Familienbild haben wir auch noch eine Anspielung

Familie Rusterholzer, Johann Baptist Jakob Raunacher, 1746. Alte Galerie


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auf die fünf Sinne des Menschen vor uns, wir können riechen, schmecken, fühlen, sehen und hören. Mit dieser Erinnerung verstärkt sich auch der sinnliche Eindruck des Gemalten und wird lebendiger. Wer war denn der Maler? Auch den Namen des Malers finden wir auf dem Bild, er hieß Johann Baptist Jakob Raunacher, war Anfang des 18. Jahrhunderts nach Graz gekommen und lebte in der Nähe des Minoritenklosters in der Murvorstadt, die damals großteils unter der Herrschaft der Familie Eggenberg stand, für die Raunacher viel gearbeitet hat. Ganz in der Nähe des Klosters lebte auch die Familie Rusterholzer, welche zwei große Gasthöfe „Zum Goldenen Rössel“ und „Zur Sonne“ direkt vor der Minoritenkirche am Murufer besaß. Die Familien müssen sich wohl gut gekannt haben. Dafür spricht auch, dass unsere Frau Rusterholzer die Taufpatin von Raunachers späterer Schwiegertochter Catharina Riedl war. Man kann also mit Sicherheit annehmen, dass der Maler diesen Auftrag aus freundschaftlicher Verbindung mit den Dargestellten übernommen hat. Aber selbst wenn wir all diese Details nicht erfahren hätten, wäre unsere erste Deutung des Gemäldes doch recht nahe an die Realität herangekommen. Sollen wir es noch einmal probieren?

-------Johann Christian von Eggenberg (1704–1717) Österreichischer Maler

Ölgemälde, dat. 1706 Schloss Herberstein

Rechts Prinz Johann Christian von Eggenberg im Alter von zwei Jahren. Öst. Maler, 1706. Schloss Herberstein

Hier ist alles etwas anders, ein kleiner Bub thront auf einem kostbaren Samtkissen wie eine Krone. Obwohl er noch so klein ist, dass er nur in Babyhemdchen und Spitzenhaube gemalt wird, hält er sich bereits aufrecht wie ein Großer und scheint seinem Hündchen schon Anweisungen zu geben. Auch der Hintergrund ist viel kostbarer als bei der bürgerlichen Familie Rusterholzer: eine Marmorsäule kann man ebenso sehen wie einen üppigen blauen Brokatvorhang mit goldenen Quasten. Selbst der Boden scheint aus Marmor zu sein. Der kleine Mann, dessen blaue Augen noch ein wenig unsicher schauen, ist also kein gewöhnlicher Junge. Er lebt in einer sehr kostbaren Umgebung, die von Marmor, Gold und Seide glänzt. Es kann wohl nur ein Schloss sein. Auch sein Begleiter ist kein einfacher Mischlingshund, sondern ein teures Luxusgeschöpf, ein gefleckter Zwergspaniel, der an barocken Höfen ein beliebter Spielgefährte und zugleich luxuriöses Statussymbol war. Dafür tobt er auch nicht herum, sondern blickt sein Herrchen treu ergeben an – der erste Untertan.

Der kleine Prinz Falls wir immer noch nicht verstanden haben, dass wir hier jemand Besonderem gegenüberstehen, trägt das Bild auch eine eindeutige Bezeichnung: Christian Fürst v: Eggenbeg mit dem Wappenschild darüber. Zwar hat der Maler den Namen Eggenberg falsch geschrieben, aber das schien niemand zu stören. Die weitere Beschriftung ist gemeinerweise lateinisch, aber alle, die es anging, verstanden damals Latein und wer es nicht verstand, den konnte man getrost vergessen. Darunter steht also: PRINCEPS NASCOR. NONA DIE MARTII – Als Fürst bin ich geboren am neunten Tag des März. Dann müssen wir noch alle vergoldeten und größeren Buchstaben herausnehmen und als lateinische Zahlen lesen: MDCCIIII – 1704. Die Beschriftung verrät uns das Geburtsdatum des kleinen Fürsten Eggenberg, den 9. März 1704. Da das Bild selbst 1706 datiert ist, feiert er also gerade seinen zweiten Geburtstag und wird im Bild ganz offiziell als Erbe des Hauses Eggenberg vorgestellt. Die Kehrseite der Macht Bilder markieren große Anlässe und ein solch wichtiger Geburtstag war etwas, das man festhalten wollte. Der Bub war sehnsüchtig erwartet worden und der einzige Erbe eines riesigen Besitzes, der von Böhmen bis an die Küste der Adria reichte. Alle Augen, alle Erwartungen seiner Familie und Untertanen waren auf ihn gerichtet. Ein solcher Untertan war auch Jacob Rusterholzer, der reiche Bierbrauer und Vater von Joseph und Jacob. Er hatte seine Gastwirtschaft, seine Brauereien und Mühlen auf eggenbergischem Grund und musste Steuern an sie zahlen. Natürlich sind sich Jacob und der kleine Prinz nie begegnet, aber sie teilen ein Schicksal, beide sind nur wenige Jahre, nachdem ihre Porträts entstanden sind, gestorben, beide haben das Kindesalter nicht überlebt. Es war eine schwere und oft grausame Zeit, die medizinische Versorgung war noch in ihren Anfängen, die hygienischen Verhältnisse, selbst in reichen Familien, erbärmlich, Seuchen und Krankheiten allgegenwärtig. Die Kindersterblichkeit lag bei 40 %. Wir wissen nicht, woran der kleine Jacob gestorben ist, der Eintrag in den Sterbebüchern der Grazer Stadtpfarre: „… des Herrn Jacob Rusterholzer bürgerlichen Gastgeber, sein Kind Jacoby“ verrät uns das nicht, von Johann Christian wissen wir, dass er eine heute harmlose Blinddarmentzündung nicht überlebt hat, sie war damals noch ein sicheres Todesurteil. Mit ihm erlischt aber auch die gesamte Familie Eggenberg und der Traum von Macht und Ruhm ist für immer vorbei.

Hast du eine Ahnung, was das Schild mit der Krone auf der Säule sein könnte?



Rahmenerzählungen


Werkzeuge der Inszenierung Die vorigen Beispiele zeigen, dass man auch ohne Vorwissen viel über die Dargestellten erkennen kann. Es hilft immer, sich genau anzuschauen, wie die Personen präsentiert sind, welche Kleidung sie tragen, in welchen Räumen sie sitzen oder stehen, wie ihre Haltung aussieht. Viele haben ja auch Gegenstände bei sich oder Beschriftungen, die uns helfen sollen zu erkennen, wen wir vor uns haben. Porträts arbeiten mit einer Vielzahl von sogenannten Stilmitteln, also Codes und Symbolen, von denen wir noch einige kennenlernen werden, um uns geheime Botschaften zu übermitteln. Wer sind die Dargestellten eigentlich? Zeigt das Porträt den tatsächlichen Menschen oder eine Idealvorstellung? Das ist gar keine leichte Frage für Menschen von heute. Die Vorstellung vom Wert des einzelnen freien, für sich wertvollen Menschen ist relativ jung – gerade erst 200 Jahre. Die Jahrtausende davor waren bestimmt von der Vorstellung, dass Menschen festgelegte Rollen in der Gesellschaft zu spielen hatten und jeder einer Idealvorstellung entsprechen musste, sodass man sehr oft dieses Modell zeigte und nicht die Wahrheit.

Oben Knabe mit Hund. Bartolomé Esteban Murillo, 1655/60. Eremitage Petersburg Unten Erzherzog Albrecht mit seiner Dogge. Alonso Sánchez Coello, um 1573. Kunsthistorisches Museum

Haltung und Ausdruck Allein Haltung und Ausdruck, die jemand in einem Porträt zeigt, können uns wichtige Hinweise geben. Sie erzählen vom Charakter des Dargestellten, seinen Ansprüchen und Absichten, ja sogar, welche Reaktion er beim Betrachter erzeugen will. Erscheinen sie ehrfurchtgebietend oder gar furchteinflößend oder sind sie bescheiden und liebenswert? Scheinen die Modelle unsicher, fühlen sie sich wohl in der Pose? Ist der Blick direkt auf uns gerichtet oder abgewandt? Ist der Dargestellte fröhlich oder melancholisch in sich gekehrt? Sitzt oder steht man, schaut die Haltung natürlich aus oder wirkt sie steif und gekünstelt? Alle diese Dinge können uns viel erzählen. Wie auch immer die Haltung erscheint, sie kann nur die Illusion von Natürlichkeit erwecken. Denkt daran, wie lang es gedauert hat, ein solches Gemälde herzustellen, wie lange man also eine solche Pose halten musste. So war es eigentlich unmöglich, eine wirklich spontane Geste einzufangen, wie das heute mit dem Foto so leicht geht. Zudem muss das Gemälde oder die Statue ja von jemandem beauftragt und bezahlt worden sein, der mit diesem Bildnis eine ganz bestimmte Absicht verband, die die Haltung mitbestimmte.

Beide Gemälde zeigen dasselbe Motiv: einen Knaben mit seinem Hund, dennoch liegen Welten dazwischen. Auch wenn wir nichts von den beiden wissen, können wir aus Haltung, Kleidung und Hintergrund viel von ihren verschiedenen Lebenswelten erkennen. Der junge Erzherzog in seiner überlegenen Haltung und höfischen Tracht benutzt seinen ergebenen Prachthund als Stütze, wie es einem zukünftigen Herrscher zukommt. Murillos einfacher Bauernjunge hingegen begegnet einem echten Freund, dem er sich lächelnd zuwendet.


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Ercole d’ Este als Herkules. Dosso Dossi, um 1540. Alte Galerie Herzog Ercole schlüpft für dieses Porträt in eine literarische Rolle. Er benutzt die bekannte Erzählung von Herkules unter den Pygmäen, um im Kostüm seines mythischen Namensvetters aufzutreten und damit gleichzeitig dessen Stärke und Überlegenheit zu demonstrieren. Seine Feinde werden in diesem Gemälde zu lächerlichen Pygmäen, die er, wie der mythische Held, mit einem einzigen Handstreich abwehren kann.

Sehr ungewöhnlich und selten ist in der Zeit, in der wir uns hier bewegen, die Darstellung von starken Gefühlen oder Emotionen, weshalb die Bildnisse nur eine recht begrenzte Palette von Gefühlsausdrücken zeigen. Die Darstellung extremer Gefühlsmomente wie Angst, Schrecken, Zorn oder großer Freude war im Allgemeinen dem sogenannten Historienbild, also der Darstellung von geschichtlichen oder mythologischen Ereignissen vorbehalten. In ihnen sollten gleichnishaft hohe Leidenschaften, heldenhafte Taten, Kampf und Tod, Kleidung und Attribute Haltung, Körpersprache oder menschliche Größe und menschliches Versagen Während vorgeführt werden. Im Porträt nehmen Personen im Gesichtsausdruck uns viel über die Persönlichkeit Allgemeinen keine extremen Haltungen ein, sondern oder Stimmung der Dargestellten erzählen können, zeigen sich ruhig, würdevoll und gelassen oder still sind es vor allem Kleidung und Accessoires, die uns und heiter. Dadurch beweisen sie höfische Eleganz, die Lebensumstände und die gesellschaftliche Rolle der Personen deutlich machen. Kleider machen Erziehung und Selbstbeherrschung.


bekanntlich Leute, sie zeigen nicht nur die jeweils aktuelle Mode, sondern sie sprechen auch von Status und Lebensumständen der Porträtierten. Objekte, die mit ihnen im Bild erscheinen, sind ganz bewusst gewählte Symbole, die etwas von der Rolle der Dargestellten, ihrer Beschäftigung, ihren Interessen und Fähigkeiten erzählen sollen. Herrscher und Königinnen lassen sich im ganzen Glanz ihrer Paläste und Kronen malen. Auch für Vertreter des Adels und reiche Bürgerliche gehört die Zurschaustellung von Wohlstand und Überfluss durch prächtige Stoffe und Juwelen, reich bestickte Kleidung und kostbare Spitze zur Regel des Porträts. Wer darauf bewusst verzichtet, gibt uns eine andere Botschaft mit auf den Weg, er oder sie möchte sich demütig und bescheiden präsentieren. Bücher und wissenschaftliche Instrumente sollen suggerieren, dass der Dargestellte klug und gebildet ist. Objekte der Kunst wie Gemälde oder Statuen bezeugen ein besonderes Interesse an Kunst und dem Sammeln, Künstler oder Handwerker wiederum halten oft ihre Werkzeuge in Händen. Auch Uniformen oder Amtskleidung können dem Dargestellten besondere Würde verleihen: Noblesse de robe nannte man das – unter der Robe, der Uniform, verwandelt sich der Mensch. Da man aber gerade mit dem Prunk von Kleidung und Dingen besonders leicht „bluffen“ kann, sollte man nie vergessen zu fragen, unter welchen Umständen, wofür und in wessen Auftrag das Porträt entstanden ist. Hintergrund und Szenerie Die Szenerie eines Porträts gibt uns auch einen Hinweis darauf, wie die Persönlichkeit gesehen werden wollte, wo sie gelebt hat, was ihre Aufgabe und Tätigkeit im Leben war. Sie kann auch erzählen, ob die oder der Dargestellte in offizieller Funktion oder als Privatperson gesehen werden will, ob ein Herrscher friedliche Absichten hat oder indirekt mit Krieg droht. Natürlich helfen uns Details von Innenräumen oder Möbelstücken auch bei der Datierung eines Gemäldes. Befinden wir uns in einem Palast, im Privathaus eines Kaufmanns oder im Atelier eines Künstlers? Spielt die Szene im Freien, im Garten oder Wald? Gibt es nur einen Dargestellten, ein Paar oder eine ganze Familie, eine größere Gruppe von Bürgern oder Höflingen? All diesen Fragen können wir uns in der Ausstellung näher zuwenden. Du musst nur die Augen aufsperren.

Oben Kaiser Joseph I. Franz Stampart, 1705. Bayerische Schlösserverwaltung Unten Kaiser Karl VI. Jacob van Schuppen, um 1730. Alte Galerie Durch Kleidung und Hintergrund können Herrscher im Bildnis ihre Ziele und Absichten verdeutlichen. Der kriegerische Kaiser Joseph I. zeigt sich hier im Harnisch vor einer Schlachtenszene und macht damit seine aktive Rolle als siegreicher Verteidiger des Reiches deutlich. Sein Bruder und Nachfolger Karl erscheint vor höfischem Hintergrund im konservativen spanischen Mantelkleid mit allen Reichskleinodien neben sich. Er betont damit die Würde und Legitimität seines kaiserlichen Ranges.



-------Reiteroffizier Frans Luycx (1604–1668) zugeschrieben Ölgemälde, um 1665/70 Alte Galerie Stolz steht er da, herrisch und bildbeherrschend, der strenge Blick ist gebieterisch auf den Betrachter gerichtet, die Rechte selbstbewusst in die Hüfte gestemmt, die Linke ruht auf dem Helm. Wir haben also einen Offizier vor uns, einen Mann, der gewohnt ist, Befehle zu erteilen und auch erwartet, dass sie befolgt werden. Die Geste des in die Hüfte gestemmten Arms galt als typisch für Soldaten, die für ihre rauen Manieren und ihr herrisches Auftreten berüchtigt waren. Bei Hofe galt eine solche Haltung als arrogant und überheblich, von einem Kavalier erwartete man höflicheres Benehmen. Nur Herrscher konnten sich im 17. Jahrhundert diese Kommandopose erlauben. Denn was bei einem als Hochmut und Anmaßung galt, konnte bei anderen als Stärke und Tatkraft interpretiert werden, die vor allem von Regenten und kommandierenden Offizieren erwartet wurde. Man stellte sogar die personifizierte Stärke in dieser Pose dar. Bei unserem Offizier wird diese aufrechte Haltung, die seine Standhaftigkeit und Kraft ausdrücken soll, noch von dem starken Pfeiler im Hintergrund betont. Selbst der immergrüne Efeu, der sich darum schlingt, galt als Symbol von Standhaftigkeit und Dauer, weil er selbst im Winter seine Farbe nicht verliert. Da die Szene unter freiem Himmel – also wohl im Felde – gezeigt ist und die Hand nur lose auf dem Helm ruht, kommt noch ein Moment der Bewegung dazu, des Allzeitbereitseins, sofort könnte der Helm übergestülpt werden und der nächste Kampf beginnen.

Der blank polierte Brustharnisch und der Helm – eine Ungarische Sturmhaube oder Zischägge, wie sie im 17. Jahrhundert nur von der Reiterei getragen wurde – machen klar, dass es sich um einen Reiteroffizier handeln muss. Er trägt auch den ledernen Waffenrock, wie er ebenfalls typisch für Reiterregimente war. Das speziell gegerbte Ochsen- oder Büffelleder war praktisch wasserdicht, sehr dauerhaft und bot sogar Schutz gegen Hieb- und Stichwaffen. Nur gegen Schusswaffen schützte er nicht, darum wurde er – auch als gute Polsterung – unter dem Harnisch getragen. Unser Offizier trägt einen ärmellosen Lederrock, unter dem die gestickten Ärmel eines Wamses sichtbar sind. Das auffälligste und auf den ersten Blick seltsamste Element ist die riesige rote Seidenschleife, die um den Oberarm geschlungen ist und so gar nicht zum taffen militärischen Outfit passen will. Sie hatte aber eine wichtige Funktion in einer Zeit, als es noch keine genormten Uniformen für Armeen gab und Freund oder Feind in der Hitze des Gefechts oft schwer zu unterscheiden waren. Die großen Maschen – man nannte sie Feldbinden – sollten den kommandierenden Offizier im Kampf auch aus der Ferne erkennbar machen. Die rote Farbe weist unseren übrigens als kaiserlichen Offizier aus.

Links Reiteroffizier. Frans Luycx zugeschrieben, um 1665/70. Alte Galerie Oben Bildnis eines Fähnrichs. Der in die Hüfte gestemmte Arm galt als typisch für kommandierende Offiziere, die damit Stärke demonstrieren wollten. Kupferstich von Hendrick Goltzius, um 1585. Unten Die Stärke (Fortitudo) mit ihrem Attribut, der Säule, und dem herrisch in die Hüften gestützten Arm. Kupferstich von Hendrick Goltzius, um 1580 Beide Rijksmuseum Amsterdam


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Porträt eines jungen Mannes. Angelika Kauffmann, um 1767/77. Alte Galerie

-------Porträt eines jungen Mannes Angelika Kauffmann (1741-1807) Ölgemälde, um 1767/77 Alte Galerie

Ganz anders tritt uns der versonnen blickende junge Mann hier im Bild entgegen. Sein Blick ist nicht auf den Betrachter, sondern nach innen gerichtet, sodass er tief in Gedanken versunken zu sein scheint. Er sitzt vor ganz neutralem Hintergrund, der keine Rückschlüsse auf seine Herkunft zulässt, sondern den Fokus nur noch stärker auf die grüblerische Pose richtet. Mit dem abgewandten Blick entzieht sich der Dargestellte auch dem Kontakt mit dem Betrachter und bleibt ganz in seiner inneren Welt. Posen dieser Art wurden vor allem in England gegen Ende des 18. Jahrhunderts modern, wo sich junge Herren des Adels gern als melancholische Dichter und Denker präsentierten. Es verlieh ihnen die Aura von feinsinnigen Künstlern, die sich nicht gern mit den Banalitäten des Alltags beschäftigten. Das Gesicht zeigt edle Züge, das Haar ist sorgfältig frisiert und gepudert, im Nacken zu einem losen Zopf gebunden. Die Kleidung ist außer dem über die rechte Schulter drapierten Mantel nur skizzenhaft angedeutet. Dominiert wird sie von einem seltsam altmodischen Kragen, der zur Entstehungszeit des Bildes längst aus

der Mode gekommen war, jedoch gerade in England gegen Ende des 18. Jahrhunderts für Bildnisse wieder verwendet wurde: Als „Van Dyck-Collars“ spielen diese breiten Spitzenkrägen auf die überaus geschätzten Porträts des niederländischen Malers Anthonis van Dyck an, die zwar mehr als 100 Jahre zuvor entstanden waren, jedoch nach wie vor sehr bewundert wurden. Mit diesem historischen „Zitat“ stellte sich Angelika Kauffmann, eine österreichische Malerin, die sich gerade in England eine Karriere aufbaute, quasi in eine künstlerische Abstammungslinie mit dem großen Vorbild. Solche Anspielungen auf das Werk anderer Künstler galten als geistreiche Zitate, die auf besonders gute Werkkenntnisse hinwiesen, Kauffmann hat sie mehrfach in ihren erfolgreichen Porträts angewandt. Wer könnte es sein? Viele haben schon versucht, dieses Bildnis zu identifizieren, wirklich gelungen ist das noch nicht. Als wahrscheinlichster Kandidat gilt zur Zeit der schottische Schriftsteller James Boswell, dessen Kontakt mit der Kauffmann nachgewiesen ist und der eben jenen Typus des geistreichen Intellektuellen darstellen wollte, der uns in diesem Gemälde begegnet. Obwohl eigentlich Jurist, hatte er schriftstellerische und philosophische Ambitionen und wurde vor allem durch seine Biografie des Dichters Samuel Johnson berühmt.


-------Porträt eines Kavaliers Art des Pierre Mignard (1612-1695) Ölgemälde, um 1690 Alte Galerie

Hier begegnen wir nun einem Herrn, von dem wir gar nichts wissen und der uns dennoch sofort auffällt, einfach weil er den strengen Rahmen der Porträtkonvention seiner Zeit sprengt und einen sehr persönlichen, seltenen Zugang gewählt hat: Ein eleganter junger Mann, der sich Freiheiten nehmen kann. Sein Blick ist ein wenig herablassend auf uns gerichtet. Ein mildes Lächeln umspielt die Lippen unter dem modisch gestutzten, kleinen Schnurrbart. Er trägt die üppige Allongeperücke und eine feine Spitzenkrawatte, dazu jedoch nur einen Morgenmantel. Diese ungewöhnliche, halb formelle, halb zwanglose Aufmachung wird erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts möglich und zuerst in Künstlerkreisen modern. Elegante Aristokraten übernehmen diese „nachlässigen“ Bildnisse, um sich außerhalb der höfischen Etikette („en negligence“) in privatem Rahmen darzustellen. Wir dürfen annehmen, dass es ein „Vormittagsbild“ ist, das in einem der großen aristokratischen Häuser entstanden ist, wo nach dem Muster des Königs in Versailles das morgendliche Ritual des Lever praktiziert wurde. Dabei empfing der Hausherr am Morgen Gäste in zwangloser Atmosphäre in seinem Schlafzimmer im sogenannten Deshabillée, das heißt, er war noch nicht vollständig angezogen. Meist trug man Morgenröcke aus kostbaren Stoffen über feinen Leinenhemden, die

auch als Nachtgewand dienen konnten. Dennoch trug man auch dazu schon die große Allongeperücke, die zuvor vom Friseur getrimmt worden war. In einer solch entspannt privaten Atmosphäre ließ sich auch unser eleganter Aristokrat – darauf lässt seine stolze und etwas herablassende Haltung schließen – malen. Das ungewöhnlichste an dem Bild ist jedoch das Lächeln, das er uns dabei zeigt. Lächeln oder gar Lachen und das Zeigen der Zähne galt in der Barockzeit als höchst unfein und bäurisch. Es war im Bild den Menschen aus dem Volk, den Besuchern von Weinschenken, einfachen Soldaten oder Musikern vorbehalten. Niemals hätte ein Aristokrat seine – wahrscheinlich auch schlechten oder fehlenden – Zähne gezeigt. Aber schon die Andeutung eines Lächelns kam im Porträt kaum vor, Bildnisse hatten würdevoll und ernst, sittsam und hoheitsvoll zu sein. Dieses feine Lächeln ist also eine mutige Konzession, die sehr persönliche Äußerung einer selbstbewussten Persönlichkeit, die damit auch die Privatheit und Intimität des Moments deutlich machen will. Wir dürfen annehmen, dass es sich um kein offizielles Repräsentationsporträt handelt, sondern für den privaten Rahmen – vielleicht als Geschenk im Freundeskreis – entstanden ist.

Wie würdest du diesen außergewöhnlichen Mann beschreiben?

Links Porträt eines Kavaliers „en negligence“, in zwangloser Kleidung. Art des Pierre Mignard, um 1690. Alte Galerie Rechts Bildnis des Johann Anton (II.) von Eggenberg, ebenfalls in modischer, informeller Morgenkleidung. Öst. Maler, um 1690. Schloss Krumau/ Český Krumlov



Damenwahl Wie schaut es nun mit den Damen aus? Verraten sie uns auch so viel durch ihre bloße Haltung und Kleidung? Die Rolle der Frau war ja in der Frühen Neuzeit noch sehr eingeschränkt. Mit Ausnahme der regierenden Herrscherinnen hatten sie wenig reale Macht und Einfluss, sondern waren von Stellung und Vermögen ihres Mannes oder Vaters abhängig. Natürlich gab es viele sehr tüchtige, kluge und auch wohlhabende Frauen, die ihren Einfluss zumeist jedoch nur indirekt ausüben konnten. Auch die gesellschaftliche Rolle, das ideale Verhalten oder Aussehen waren in der Frühen Neuzeit sehr streng umrissen. Die wichtigste Aufgabe der Frauen bestand immer noch darin, Kinder zu gebären, dafür lebten sie und dafür starben sie sehr oft. Natürlich schätzte man Schönheit zu jeder Zeit – wenn auch die Vorstellungen davon bisweilen von unseren heutigen abweichen –, als wichtigste Tugenden einer Frau galten jedoch ihre Sittsamkeit und Religiosität, ihr Fleiß, ihre Liebe und Treue dem Gatten und ihren Kindern gegenüber. Viele dieser Eigenschaften und Vorstellungen finden wir in weiblichen Bildnissen wieder.

-------Porträt einer Dame Art des Caspar Netscher (1639-1684)

Wer bedient denn diese Dame?

Ölgemälde, um 1670/75 Alte Galerie

In diesem Bildnis begegnen wir einer eleganten Dame, die sich leicht schräg im Bild stehend mit offenem Blick direkt an uns zu wenden scheint. Die vornehme Blässe der Haut, die aufwendig gelockte Frisur und ihre selbstbewusste und leicht distanzierte Haltung machen sofort klar, dass es sich um eine noble und reiche Dame handelt. Das modische Kleid ist aus prächtigem blau-goldenen Brokat, reich mit Perlen und Diamanten besetzt. In den Öffnungen des Mieders und der geschlitzten Ärmel wird das feine, spitzenbesetzte Unterkleid sichtbar. Sie steht offenbar auf der Terrasse eines schlossähnlichen Gebäudes, von der man auf einen großen Garten im Hintergrund blicken kann. In ihren prächtigen Gartenanlagen gewährt uns diese wunderschöne Dame also einen exklusiven Moment der Begegnung. Als Gegenleistung erwartet sie natürlich, dass wir sie bewundern. Aber nicht nur ihre Schönheit sollen wir bewundern, sondern auch ihre besonderen Tugenden. Und das zeigt sie uns in symbolischer Form. Sie wird von einem jungen afrikanischen Diener begleitet, wie sie viele noble Damen vor allem in Holland besaßen, das durch den Fernhandel mit afrikanischen und asiatischen Ländern unfassbar reich geworden war. Afrikanische Gefangene wurden zu

Luxuswaren, mit denen Handel getrieben wurde und die man wie kostbare exotische Haustiere hielt. Ein solcher dunkelhäutiger Page in feiner Seidenlivree bedient sie hier vor unseren Augen und gießt aus einer Messingkanne Wasser in ein Becken, über dem sie sich mit graziler Geste die Hände wäscht. Das Motiv des Händewaschens hätte der zeitgenössische Betrachter sofort verstanden, denn es kam aus einem biblischen Kontext, wo sich Pontius Pilatus seine Hände buchstäblich „in Unschuld“ wäscht. Das Händewaschen zeigt also nicht nur ihren Reichtum im Besitz des kostbaren Geschirrs und der exotischen Bedienung, sondern eben auch ihre – vorgebliche – Reinheit und Unschuld. Obwohl wir nicht wissen, wer diese Dame war, können wir darauf schließen, dass sie Wert darauf legte, für ihre äußere und innere Schönheit bewundert zu werden. Es ist dem Künstler jedoch gelungen, durch die etwas gezwungene Pose und die kühle Distanz, die sein Modell ausstrahlt, zumindest die innere Schönheit ein wenig fragwürdig erscheinen zu lassen.

Links Porträt einer Dame. Art des Caspar Netscher, um 1670/75. Alte Galerie Um ihren Reichtum zu betonen, lässt sich diese Dame von einem afrikanischen Pagen bedienen.


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-------Bildnis einer alten Dame Unbekannter Maler

Ölgemälde, um 1780/90 Alte Galerie Gemalt wurden natürlich nicht nur junge und schöne Frauen. Dieses interessante Porträt zeigt eine Dame in hohem Alter mit durchaus realistischer, aber respektvoller Offenheit. Wieder wissen wir nicht, um wen es sich handelt, aus der gediegenen, aber nicht ungewöhnlich kostbaren Kleidung können wir auf eine Dame des niederen Adels oder des reichen Bürgertums schließen. Außer Gesicht und Unterarmen ist der Körper zur Gänze verhüllt, was eher für bürgerliche Wohlanständigkeit spricht. Der neutrale Hintergrund gibt uns keinerlei Hinweise. Sie trägt ein blaues Kleid und darüber eine zweilagige Mantille mit Volants an den Säumen, darunter noch ein Dekolleté-Tuch aus feiner Spitze. Das auffallendste Element ist die große Haube, eine sogenannte Dormeuse, die mit gestreiften Seidenbändern und Spitzen besetzt ist. Dormeusen, die vor allem im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts beliebt waren, hatten sich aus – wie ihr Name sagt – Schlafhauben entwickelt, die den Kopf ganz bedeckten, um die Frisur im Schlaf besser zu schützen. Besonders bei älteren Damen, deren Haar vielleicht nicht mehr so dicht war, war diese Form der Kopfbedeckung lange beliebt. Ihre große Schmuckgarnitur besteht aus kreuzförmig angeordneten Perlen und Diamanten, Ohrgehängen, einem Halsband und einem passenden Ring. Dazu hält sie noch einen geschlossenen Fächer.

Bildnis einer alten Dame. Unbekannter Maler, um 1780/90. Alte Galerie

Der Maler zeigt uns hier kein schonungsloses, jedoch durchaus realistisches Porträt einer alten Dame. Man kann erkennen, dass sie keine Zähne mehr hat und die dunklen Venen unter der feinen Altershaut sind deutlich sichtbar. Der klare Blick ist am Betrachter vorbei gerichtet, die Augen wirken ein wenig unsicher und fragend, vielleicht zeigt uns der Maler auch nur, dass sie nicht mehr gut sieht. Man kann hier aber auch die Langeweile des endlosen Modellsitzens erkennen. Dieser Realismus macht das Bildnis sehr lebendig und gibt den starken Charakter der Dargestellten anschaulich wieder.

-------Elisabeth Ott Anton Jandl (1723–1805) zugeschrieben Ölgemälde, um 1790/95 Alte Galerie

Anders die nächste Dargestellte: Vor dunklem, neutralem Hintergrund erscheint eine Frau mittleren Alters in einem einfachen, dunklen Kleid aus braunem Wollstoff, das jedoch durch einen feinen Pelzkragen geschmückt wird. Auch das Perlenhalsband deutet auf bescheidenen Wohlstand hin, ebenso wie der modische Strohhut, der Ende des 18. Jahrhunderts aus den allgegenwärtigen Hauben entstanden ist. Ihre ganze Haltung mit den steif vor der Brust angelegten Armen zeugt von leichtem Unbehagen der Situation gegenüber. Der Blick ist bescheiden gesenkt und vom Betrachter abgewendet. Die großen dunklen Augen wirken melancholisch, die Züge sind sehr natürlich geschildert, durch die gesenkte Kopfhaltung entsteht sogar ein leichtes Doppelkinn. Irgendwie hat man das Gefühl, dass sie darauf wartet, dieser ungewohnten Situation möglichst rasch entkommen zu können. Wir haben also zweifellos eine bürgerliche Frau vor uns, die nicht daran gewöhnt war, einem Maler Modell zu sitzen. Wer könnte sie wohl gewesen sein?


Links Bildnis der Elisabeth Ott. Anton Jandl, um 1790/95. Alte Galerie Zusammen mit ihrem Mann Wolfgang, dem „Wenzelwirt“, betrieb Elisabeth Ott den beliebten „Ott’schen Gastgarten“ an der Stelle des heutigen Orpheums. Beide ließen sich als erfolgreiche bürgerliche Unternehmer vom Grazer Maler Anton Jandl porträtieren.

Darauf gibt sie uns zumindest einen klaren Hinweis. Sie Franz Schneditz, geheiratet und war mit ihrer hält in der rechten Hand einen hölzernen Löffel, woraus Hilfe als „Wenzelwirt“ in das Grazer Gastgewerbe wir schließen können, dass es sich wohl um eine Köchin eingestiegen. Unter allgemeinem Kopfschütteln oder Gastwirtin handelt. Der schöne Schmuck deutet und Spott der Konkurrenz kaufte er das Gelände des eher auf eine Wirtin hin, die es zu einigem Wohlstand gerade aufgelassenen Georgsfriedhofs nahe dem Barmherzigenkloster in der Murvorstadt und errichtete gebracht hat. Auch hier wissen wir durch eine Bezeichnung des Bildes, – sozusagen direkt auf den alten Gräbern – 1786 ein dass es in der Tat so ist, denn es gibt auch das Bildnis Wirtshaus mit Gastgarten und eine Brauerei. Allen ihres Gatten als Gegenstück dazu. Es handelt sich Unkenrufen zum Trotz war der „Ott’sche Garten“ bald so um das Grazer Gastwirtspaar Wolfgang und Elisabeth erfolgreich, dass er vergrößert und um ein öffentliches Ott, die sich wahrscheinlich durch den Maler Anton „Karolinenbad“ erweitert wurde. Jahrzehntelang erfreute Jandl für die Nachwelt verewigen ließen – Herr Ott er sich bei den Grazern großer Beliebtheit. Nach Otts selbstbewusst als erfolgreicher Unternehmer, seine Tod wurde daraus die erste Puntigamer Bierhalle, später Frau pflichtschuldig, jedoch ohne sichtbare Freude ein populäres Varieté – das Orpheum. Diesen Namen trägt der Ort noch heute. Während Wolfgang Ott immer daran. noch in zumindest bescheidener Erinnerung geblieben ist, erinnert nur noch dieses Gemälde an die Leistungen Wer waren die beiden? Wolfgang Ott, ein Wirtssohn aus Obdach, hatte seiner Frau, ohne deren Hilfe und Tüchtigkeit es diesen 1779 Elisabeth, die junge Witwe des Gastwirts wirtschaftlichen Erfolg wohl nicht gegeben hätte.

Wo wäre denn der Ott’sche Gastgarten heute?


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Die nächsten beiden Gemälde können dir zeigen, worin die Meisterschaft eines großen Künstlers besteht und worin er sich von durchschnittlichen Porträtmalern unterscheidet.

-------Elisabeth Wilhelmine von Württemberg Johann Baptist Lampi (1751–1830) Ölgemälde, um 1784/85 Alte Galerie

Die Begegnung mit diesem Bildnis lässt wohl niemanden ganz unberührt, so groß ist der Zauber der wunderschönen und anmutigen jungen Frau noch nach über 200 Jahren. In leicht nach links gekehrter Position sitzend wendet sie das Gesicht direkt zum Betrachter, den ihr Blick aus den blauen, fast katzenartig schräg gestellten Augen sofort gefangen nimmt. Ein sanftes Lächeln umspielt den Mund. Ihre ganze Haltung ist von höchster höfischer Eleganz und wirkt dabei dennoch natürlich und unverkrampft.

Rechts Elisabeth Wilhelmine von Württemberg. Johann Baptist Lampi, um 1784/85. Alte Galerie

Ihre elegante blaue Satinrobe mit dem antikisierenden Spitzenkragen und Perlenschmuck lässt sie ein wenig älter erscheinen, als sie tatsächlich ist. Die modisch hochgetürmte Frisur ist ebenfalls mit Perlenschnüren und Straußenfedern geschmückt, ein glänzender Chiffonschal ist in das Haar geflochten, fällt am Rücken herunter und wird schließlich von einer großen Rubinbrosche vorne am Dekolleté gehalten. Die weichen Schlingen und Kurven der glänzenden Stoffe und Draperien nehmen den Konturen jede Härte. Die feine Malerei fängt nicht nur die unterschiedlichen Texturen der Stoffe, den Glanz der Juwelen und ihren zarten porzellanartigen Teint ein, es gelingt dem Maler auch, die außergewöhnliche Schönheit als ganz natürlich und von innen kommend zu präsentieren. Er fängt

den ganzen Liebreiz der als besonders einnehmend gepriesenen jungen Frau im Bild ein und macht sie unsterblich. Obwohl sie noch so jung ist, sieht man sofort, dass es sich um eine Fürstin höchsten Ranges handelt. Auch hier wissen wir, wer dargestellt ist: Elisabeth Wilhelmine von Württemberg (1767–1790) war eine deutsche Prinzessin, die aus politischen Gründen sehr früh dazu ausersehen wurde, den späteren Erben des Kaiserthrons zu heiraten. Da ihre ältere Schwester mit dem zukünftigen Zaren von Russland vermählt wurde, hielt Kaiser Joseph II. sie für eine ideale Partie für seinen Neffen und Thronfolger Franz. Schon mit 15 Jahren kam sie deshalb nach Wien und wurde im Kloster der Salesianerinnen für ihre zukünftige Rolle als Kaiserin erzogen und zum Katholizismus bekehrt. Sehr bald eroberte die Prinzessin mit ihrem liebenswerten und freundlichen Wesen den alternden Kaiser, der sich ihr besonders widmete und den sie wiederum als väterlichen Gönner verehrte. Erst 1788 wurde sie knapp 20-jährig mit Franz vermählt und erwartete bald ihr erstes Kind. Die Schwangerschaft der sensiblen jungen Frau war von der Sorge um den schwer erkrankten Kaiser Joseph II. überschattet, dessen Sterbeprozess man ihr vorenthalten wollte. Erst als das Ende nahte, wollte sie sich von ihrem väterlichen Freund verabschieden, war aber vom Anblick des Sterbenden so schockiert, dass sie in Ohnmacht fiel und zwei Tage später bei einer Frühgeburt selbst ums Leben kam. Sie wurde nur 22 Jahre alt. Sie hatte keine Zeit zu zeigen, was für eine Kaiserin sie geworden wäre, und konnte niemals durch besondere Taten hervorstechen. Sie überlebt in einem Bildnis von außergewöhnlicher Schönheit, das eine Illusion verlorener Möglichkeiten für immer festschreibt.



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Rechts Königin Margaretha von Spanien. Bartolomé Gonzalez, um 1605. Alte Galerie Unten König Philipp III. von Spanien, Margarethas Ehemann. Frans Pourbus, um 1600. Rijksmuseum Amsterdam

-------Königin Margaretha von Spanien Bartolomé Gonzales (1564–1627)

Ölgemälde, um 1605 Alte Galerie

Während im vorangegangenen Gemälde eine höchst individuelle Persönlichkeit mit großer Bildpräsenz und Lebensnähe geschildert wurde, tritt uns hier zuallererst ein prächtiges Kleid entgegen, hinter dessen steifer Kostbarkeit die Trägerin völlig verloren geht. Man hat das Gefühl, dass das virtuos gemalte Gewand auch für sich allein existieren könnte. Hier steht keine individuelle, lebendige Frau, sondern eine, die dem Idealbild einer großen Königin entsprechen sollte, eine Bürde, die ihr ihre hohe Geburt auferlegt hatte.

In den beiden Gemälden wird auch ein großer Zeitenwandel deutlich. Die Vorstellung von unveränderlich feststehenden Rollen, die Menschen des 16. und 17. Jahrhunderts noch ausfüllen mussten, veränderte sich mit den Ideen der sogenannten Aufklärung und der nachfolgenden Revolution langsam und machte größerer Freiheit und Individualität Platz, aus der schließlich unsere heutige, moderne Auffassung von Rechten und Möglichkeiten eines Menschen wurde. Als die Dame in diesem Bildnis gelebt hat, gab es für eine Königstochter keine Möglichkeit, der ihr bestimmten Rolle – Gattin eines Regenten und Mutter der Thronerben zu sein – zu entkommen. Wo die Staatsräson sie hinführte, hatte sie ihre Pflicht zu erfüllen. Dies galt auch für Margaretha, eine Tochter Erzherzog Karls von Innerösterreich, die am streng religiösen Grazer Habsburgerhof aufwuchs und dazu ausersehen wurde, Königin des bedeutendsten Reiches ihrer Zeit zu werden. Das war eine außergewöhnliche Ehre, aber alles andere als ein Vergnügen. 1599 wurde sie in einem pompösen und strapaziösen Hochzeitszug, der Hunderte Menschen durch Italien und über das Mittelmeer führte, in ihre zukünftige Heimat Spanien geleitet, zur Hochzeit mit König Philipp III. In der ganzen Würde einer spanischen Königin tritt Margaretha hier auch auf. Sie trägt ein Kleid aus schwarzem Samt in den typischen Formen der spanischen Hofkleidung, die den Eindruck von Schwere und Steifheit erweckt, mehr Rüstung als Robe. Sowohl das Mieder über dem kegelförmigen Rock als auch die weiten, ausgesteiften Überärmel sind mit schwarzen Seidenborten besetzt, die die idealen Linien des Körpers akzentuieren. Der schwarze Stoff formt den idealen Hintergrund für die kostbaren Accessoires: die große, von einem Gestell gehaltene Krause und die Manschetten aus hauchfeiner und sündteurer venezianischer Nähspitze sowie das unvermeidliche Fazoletto, das dekorative Taschentuch in ihrer Hand. Ihre Miene ist ernst, hoheitsvoll, aber ohne jeden Gefühlsausdruck, fest steckt sie in dem steifen Kragen, der jede Bewegung des Kopfes verhinderte.



28 —  29 Rechts Margaretha mit großem Hund. Bartolomé González y Serrano, um 1609. Museo del Prado Unten Der berühmte Joyel Rico de los Austrias, Spaniens legendäres Kronjuwel, das aus einem flachen blauen Diamanten El Estanque (der Teich) und der damals schönsten Perle der Welt La Peregrina bestand.

Höhepunkt des königlichen Auftritts sind jedoch die Juwelen, die als broschenartige Applikationen Körpermitte und Ärmelsäume betonen. Dazu trägt sie einen aufwendig gearbeiteten Gürtel aus Gold und Email um die Taille. Zwei lange Reihen großer Perlen sind um den Hals gelegt. Im Zentrum strahlt jedoch Spaniens legendenumwobenes Staatsjuwel, der Joyel rico de los Austrias, der aus zwei unverkennbaren Elementen bestand: einem quadratischen Diamanten und der wunderbaren Peregrina, einer der schönsten Perlen der Welt.


Links Margaretha mit Tochter. Bartolomé González y Serrano, um 1603/09. Kunsthistorisches Museum Rechts Margaretha mit Gebetbuch. Juan Pantoja de la Cruz, um 1605/08. Hampton Court Palace

Philipp II. von Spanien, Margarethas Schwiegervater, hatte den Diamanten für seine geliebte erste Frau Isabella von Valois in Antwerpen gekauft und in Spanien nach dem Geschmack der Zeit schleifen lassen. Der Stein erhielt eine vollkommen quadratische, flache Oberfläche. Wegen dieser außergewöhnlichen Form, vor allem aber wegen seines bläulichen Schimmers erhielt er den Namen El Estanque, der Teich. Die tränen- oder birnenförmige Perle war aus Panama nach Spanien gekommen und galt wegen ihres Glanzes, ihrer perfekten Form und Größe als schönste Perle der Welt. Sie hieß zuerst nur La Margarita – die Perle – und war deshalb der perfekte Schmuck für eine Königin, die denselben Namen trug. Erst danach wurde sie La Peregrina – die Fremde – genannt, nicht so sehr wegen der weiten Reise, die sie hinter sich hatte, sondern weil das Exotische damals stets als einzigartig und kostbar galt.

Margaretha erfüllte ihre Pflicht und gebar acht Kinder, die – so sie überlebten – bedeutende Rollen im dynastischen Gefüge des Hauses Habsburg einnahmen. Ihre Ehe mit dem spanischen König galt zwar als glücklich, doch Philipp III. war ein schwacher Regent und ließ sich von seinem herrschsüchtigen Günstling, dem Herzog von Lerma, die Regierungsmacht aus den Händen nehmen. Als Margaretha versuchte gegenzusteuern, gelang es Lerma, die Königin immer stärker von ihrem Mann zu isolieren, ein Machtkampf, den sie schließlich verlor. Sie vertraute dem kaiserlichen Botschafter an, dass sie lieber Nonne in einem Kloster als Königin von Spanien wäre. Glücklich ist sie also nicht geworden, aber das war auch kein Kriterium.

Die unterschiedlichen Porträts von Königin Margaretha zeigen, wie festgelegt ihr offizielles Erscheinungsbild war. Stets erscheint sie in ihren kostbaren, steifen Roben in nahezu identischer Pose, nur die Attribute wechseln: sei es nun ein großer Hund, der treu ergeben – anstelle ihrer Untertanen – neben ihr sitzt oder auch nur ein kostbares Gebetbuch, dass die Glaubensstärke der Königin belegen soll. Auch die kleine Tochter zeigt sich in nahezu identischer Aufmachung wie ihre Mutter, die in diesem Gemälde ein weiteres Kind erwartet und damit ihre wichtigste Aufgabe, Thronerben zu gebären, demonstrieren muss.


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Menschen verwechselt wurden und wie diese Freude oder Angst hervorrufen konnten. In öffentlichen Räumen musste das Porträt den abwesenden Herrscher repräsentieren können, ebenso wie in der Kommunikation zwischen europäischen Höfen oder auf diplomatischen Missionen. Dennoch hat diese Lebensnähe dem Ansehen des Porträts im Ranking der Künste nicht gutgetan, denn es wurde lange abwertend als bloße Imitation der Natur ohne jeden Anspruch auf künstlerische Aussage abgetan. Die Vorstellung, dass der Künstler nicht die Natur abzubilden, sondern ein Idealbild zu gestalten habe, bestimmte seit der Renaissance die Wertschätzung der Kunstformen. Porträtisten Nach diesen wenigen Gemälden sehen wir schon, versuchten also, durch besondere Idealisierung der wie vielfältig die Informationen sind, die wir Modelle und durch ein sprechendes, symbolisches daraus ziehen können, wie unterschiedlich unsere Ambiente ein „wahres“ Kunstwerk zu erschaffen, persönlichen Reaktionen auf die Dargestellten sind das sich mit dem geschätzten Historienbild messen oder wie verschieden deren Absichten waren, als sie konnte. sich porträtieren ließen. Nicht immer erfüllten sich die Hoffnungen und Wünsche, die man mit solchen Die Kunst der Überredung Bildnissen verband, manchmal jedoch übertrafen Der Zugang zur Porträtmalerei wurde in der sie die kühnsten Träume. Was ist also ein Porträt Frühen Neuzeit stark von einer anderen Kunstform überhaupt? beeinflusst, nämlich der Rhetorik – der Kunst der freien Rede – die damals von eminenter Bedeutung Fragen wir zuerst den Duden, da steht als Definition: war. In einer Zeit, als es nur den direkten Kontakt, 1. bildliche Darstellung, Bild (besonders Brustbild) den Augenblick der persönlichen Begegnung als eines Menschen; Bildnis, Konterfei politisches oder religiöses Instrument gab, war die 2. literarische oder filmische Darstellung, Überzeugungskraft des Herrschers, Staatsmannes Beschreibung eines Menschen oder Predigers von größter und entscheidender Er erklärt uns, das Wort kommt aus dem Französischen: Wichtigkeit. Rhetorik war, nach dem Vorbild der portrait, von po(u)rtraire = entwerfen, darstellen. römischen Antike, ein essenzielles Unterrichtsfach Dieses Wort kommt wiederum aus dem Lateinischen, an Kollegien und Universitäten. Beide, die von protrahere = hervorziehen, ans Licht bringen. flammende Rede und das gelungene Gemälde, sollten die Zuhörer bzw. Betrachter überzeugen und Porträts sollen also nicht nur ein möglichst genaues zu etwas bewegen. Ein vollkommenes Porträt sollte Abbild des Modells darstellen. Nur auf den ersten eine unmittelbare Wirkung beim Betrachter erzielen. Blick geht es um exakte Ähnlichkeit, gleich danach Dadurch erwies es sich als „nützlich“, es hatte Sinn jedoch um die tiefer gehende Frage nach Charakter und Aufgabe in der Gesellschaft und war nicht mehr und Persönlichkeit der Dargestellten, die ans Licht bloßes Ornament. gebracht werden sollen. Porträts sind Kunstwerke, So entstanden die ersten Porträtserien tatsächlich in denen es um Vorstellungen vom Selbst und vom aus dem Gedanken, Menschen durch geeignete wahren Wesen eines Menschen geht, das wir auch Vorbilder, „Exempel“, zu richtigem Verhalten, Identität nennen, oft um die Echtheit einer Person, großen Taten und Leistungen anzuspornen. Wie die Unterscheidung zwischen Maske (lat. persona) in der römischen Antike sollte man Statuen von und Mensch. weisen Staatsmännern auf öffentlichen Plätzen errichten, um diese zu ehren und gleichzeitig den Ähnlichkeit und Idealisierung Vorbeigehenden ein Vorbild zu sein. Exemplarisch zu Wie keine andere Kunstform ist das Porträt der Idee sein, also eine nützliche gesellschaftliche Funktion von Lebensnähe und Ähnlichkeit verpflichtet. Obwohl zu erfüllen, wertete die Porträtkunst auf und man immer wusste, dass Porträts zwangsläufig rückte sie in die Nähe der großen Historienmalerei verzerren, einen idealen oder nur teilweisen Eindruck und Dichtkunst. Um diese Aufgabe perfekt zu des Modells einfangen können, ist das Genre tief mit erfüllen, musste das Porträt durch seine geistreiche der antiken Vorstellung von mimesis (Nachahmung) Komposition, sein Umfeld und seine symbolischen verbunden. Anekdoten berichten immer wieder Zutaten überzeugen und im Betrachter den Drang davon, dass Porträts angeblich mit lebenden nach Tugend und großen Taten erwecken.

Was ist ein Porträt?


Musterknaben


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Musterknaben Vorbildsammlungen – Die erste Blüte des Porträts Während Porträts in der klassischen Antike als beherrschende Großplastiken und Büsten eine wesentliche Rolle als politisches Instrument spielten oder auf antiken Münzen die wechselnden Gesichter der Regenten im ersten Massenmedium verbreitet wurden, kam dem Porträt im Mittelalter wenig Bedeutung zu. Mit dem Wiederaufleben des antiken Geistes in der Renaissance kehrte auch das antike Menschenbild zurück. Diese Geistesströmung nennt man heute Humanismus, weil sie den Menschen (Homo) und seine besonderen Fähigkeiten in den Mittelpunkt des Denkens rückte. Er sollte in idealtypischer Verbindung von Wissen und Tugend nach antiken Vorbildern zum vollkommenen Wesen erzogen werden, um eine neue, bessere Gesellschaft zu gestalten. Diese Vorstellung von einem neuen Menschen verlieh auch der Porträtkunst wieder eine wichtige Aufgabe.

»Die Bildnisse von Guten und Tugendreichen feuern die Menschen an zu Tugend und zu guten Taten.« Lodovico Dolce, Aretino oder Dialog über die Malerei, 1557

Oben Titelseite von Paolo Giovios Porträtsammlung mit Biografien berühmter Kriegshelden. Stiftsbibliothek Rein

Umfangreiche Porträtfolgen berühmter Männer und Frauen, vorbildlicher Herrscher, Heerführer oder großer Künstler und Gelehrter erlebten seit dem 16. Jahrhundert eine Blüte und wurden an vielen Höfen gesammelt, ebenso wie die exklusiven Münzreihen römischer Kaiser, in denen sich das gelehrte Interesse der Humanisten mit dem Anspruch fürstlicher Sammler überlagerte. Taten und Charakter der Dargestellten, die in Bild und Wort geschildert wurden, sollten den Menschen als Anregung für ihr eigenes Verhalten vor Augen geführt werden und als Grundlage einer guten Erziehung dienen. Vorreiter für zahlreiche folgende Publikationen war die umfangreiche Porträtsammlung, die der gelehrte Bischof von Nocera, Paolo Giovio, Anfang des 16. Jahrhunderts zusammengetragen hatte. Giovio verfasste dazu Biografien der Dargestellten, die mit Kupferstichporträts in sieben Bänden als Vitae virorum illustrium (Leben berühmter Männer) 1547–1549 erstmals in Florenz erschienen sind und zahlreiche weitere Auflagen erlebten. Bald folgten eine Vielzahl ähnlicher Bände, von denen Jean-Jacques Boissards Sammlung von Gelehrtenbildnissen Icones virorum illustrium (Bilder berühmter Männer), Frankfurt, 1597–1598, und Domenicus Custos Atrium heroicum (Palast der Helden), Augsburg, 1601, weite Verbreitung fanden.

-------Paolo Giovio (1483–1552) Elogia virorum bellica virtute illustrium Loblied auf Männer, die durch ihre Kampfestugend berühmt wurden. Basel, 1575, Stiftsbibliothek Rein Giovio beschreibt eine große Anzahl von Herrschern und Kriegshelden, in einem zweiten Band auch Künstler und Gelehrte. In rascher Folge wechseln dabei positive und negative Beispiele, quasi als „Dos and Don’ts“ für den zeitgenössischen Leser. Die Porträts sind stets mit einer kurzen Biografie verbunden, die oft mit einer körperlichen Beschreibung des Dargestellten beginnt, welche klarstellen soll, dass sich Wesen und Charakter bereits im Gesicht des Menschen abbilden. Schöne und edle Gesichter der christlichen Helden mischen sich also mit abstoßenden Fratzen von Feinden der christlichen Welt, die zum Teil sogar tierische Züge bekamen. Alexander der Große (356–323 v. Chr.) Giovio eröffnet seine Vita des legendären antiken Helden Alexander mit dem Verweis auf dessen Ruhmestaten, aber auch seine edlen, „rosigen Gesichtszüge“ und strahlende Gestalt, die in zahlreichen antiken Bildnissen überliefert war. Um Alexander ranken sich seit der Antike Erzählungen darüber, welch großen Wert er selbst auf seine Darstellung legte. Plutarch berichtet,


Kreuzzug begegnen müsse. Als diese Bestie schildert ihn auch Giovio, und er zeichnet einleitend mit seiner Schilderung des grausamen Blicks aus den tief liegenden Augen, der gelblichen Blässe der Haut, mit wulstigen Lippen und gekrümmter Nase ein abstoßendes Porträt des Sultans. Mehmed war neben seiner überlieferten Kampfesstärke und Grausamkeit ein kultivierter Mann, der sich durchaus für westliche Kultur interessierte und ein Bewunderer Alexanders des Großen war, mit dem er von seinen Zeitgenossen verglichen wurde. Trotz des islamischen Bilderverbots ließ er sich westliche Künstler nach Istanbul kommen, die Porträts und Medaillen von ihm anfertigen sollten. Sein bekanntestes Bildnis stammt vom venezianischen Maler Gentile Bellini (um 1429–1507), das auch als Grundlage dieses Stichporträts diente. Attila, der Hunne († 453) Noch schlimmer ist es nur dem legendären Eroberer Alexander habe verfügt, dass nur der Bildhauer Lysippos Attila ergangen, der auch schon zu Giovios Zeiten eine sein Bildnis modellieren dürfe, da nur er in der Lage sei, ferne, blutige Legende war. Da es von ihm kein antikes „im Porträt das Wesen Alexanders sichtbar zu machen Porträt gab, waren der Fantasie des Künstlers keine und mit der äußeren Form auch seine Tugenden Grenzen gesetzt und so markierte er den grausamen darzustellen.“ Auch Giovios Porträt zeigt Alexander als Eroberer als teuflische Gestalt, die Hörner auf der Stirn edlen Jüngling im Profil, mit Brustpanzer und Helm, auf und bocksähnliche Züge trägt. Die bestialische Natur war so beim ersten Anblick zu erkennen. Jeder Leser dem ein geflügeltes Pferd zu sehen ist. musste sich von diesem Gesicht abgestoßen fühlen. Sultan Mehmed II. (1432–1481) Ein Gegenbeispiel wäre Sultan Mehmed II., „Vater der Eroberung“ und einer der ruhmreichsten Herrscher des Osmanischen Reiches. Mit seiner Eroberung Konstantinopels 1453 führte er nicht nur das Ende des Oströmischen Reiches herbei, sondern sandte Schockwellen des Entsetzens durch Europa. Papst Pius II. bezeichnete Mehmed als Bestie und größte Gefahr für die Christenheit, der man mit einem neuen

Woran kann man schon im Bild erkennen, dass Attila als besonderer Bösewicht galt?

Beispiele für gute und schlechte „Exempel“ aus Giovios Porträtsammlung: Alexander der Große als strahlender junger Held, daneben der Hunnenfürst Attila als bestialischer Eroberer mit Hörnern und teuflischer Fratze. Auch Sultan Mehmed II. wird mit grausamen und abstoßenden Zügen als Feind der Christenheit geschildert.


Für lebende Künstler und Gelehrte war die Aufnahme in solche biografischen Sammlungen, die sie mit illustren Vorgängern in Verbindung brachte, auch eine gute Gelegenheit zur Repräsentation und Selbstvermarktung. Da man überzeugt war, dass die Kraft intellektuellen und künstlerischen Vermögens die Generationen überdauern würde, sicherte es ihnen auch zukünftigen Ruhm, die Erinnerung der Nachwelt. Erasmus von Rotterdam (n. 1466–1536) Neben zeitgenössischen Künstlern, denen Boissard bei seinen Italienaufenthalten begegnet war, zeichnet er die Lebenswege von zahlreichen berühmten Dichtern und Philosophen der Vergangenheit wie Dante oder Petrarca, Pico della Mirandola oder Marsilio Ficino. Hier sehen wir den großen niederländischen Humanisten und Universalgelehrten Erasmus von Rotterdam. Für sein Porträt verwendete Boissard ein sehr bekanntes Bildnis, das Albrecht Dürer von Erasmus gezeichnet hatte. Er zeigt den Gelehrten im akademischen Talar mit dem Barett des Lehrenden an seinem Schreibpult sitzend, mit dem Federkiel in der Hand. Die Tätigkeit des Schreibens verweist nicht nur auf die Profession des Dargestellten, sondern ist ein Hinweis, der bei vielen Bildnissen von Schriftstellern und Philosophen zu finden ist: Besser noch als im Bilde, erkenne man sie in ihren Werken. Auf Dürers Stich von Erasmus ist dies sogar wörtlich betont: „Das bessere Bild von ihm zeigen seine Schriften.“

-------Jean Jacques Boissard (1528–1602) Icones Quinquaginta virorum illustrium doctrina & eruditione praestantium Bilder von 50 Männern, die durch Gelehrsamkeit und Bildung herausragen Frankfurt/Main, 1597 Stiftsbibliothek Rein Oben Titelseite von Boissards Sammlung von Künstlerporträts. Sie zeigt Gelehrte bei einigen typischen Tätigkeiten: Lektüre, Diskussion und astronomischen Studien. Aus dieser Sammlung stammt das Bildnis des großen Humanisten Erasmus von Rotterdam, der in akademischer Tracht bei der Abfassung eines Textes gezeigt ist.

Der französische Schriftsteller und Humanist JeanJacques Boissard verbrachte ein bewegtes Leben auf Reisen durch ganz Europa. Vor allem in Rom und Griechenland gelang es dem begeisterten Sammler, eine große Kollektion von Kunstwerken und klassischen Altertümern zusammenzutragen. Auf seinen Reisen machte er die Bekanntschaft zahlreicher Künstler und Gelehrter, deren Bildnisse er selbst anfertigte und als Erinnerung bewahrte. Später gab er diese zusammen mit dem deutschen Kupferstecher und Verleger Theodor de Bry in einem Sammelband heraus. Der Erfolg der Edition war so groß, dass der Verlag de Bry in den kommenden Jahrzehnten über 400 solcher Bildnisse als Bibliotheca chalcographica (Kupferstich-Bibliothek) auf den Markt brachte. Boissards Intention war, die Erinnerung an die Leistungen seiner gelehrten Freunde wachzuhalten und die Jugend anzuregen, den großen Vorbildern nachzueifern.

Weißt du, an welcher Kleidung man Gelehrte erkennt?


Stoiker


mit starker Rückbesinnung auf die römische Antike, vor allem der strengen Schule der sogenannten Stoa, die er mit den Lehren des Christentums zu verbinden suchte. Sein großes Vorbild war der römische Philosoph Seneca, dessen Werke er herausgab. Senecas strenge stoische Pflichtenlehre, asketischen Lebensstil und standhaftes Festhalten an ethischen Prinzipien machte Lipsius zur Grundlage seiner Erziehung. In einer grausamen Zeit permanenter Kriege und Auseinandersetzungen sollten menschliche Tugenden wie Standhaftigkeit, Weisheit und Gerechtigkeit Halt bieten.

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-------Justus Lipsius (1547–1606), Herausgeber L. Annaei Senecae Philosophi Opera quae extant omnia a Justo Lipsio emendata

Gesammelte Werke Senecas

Antwerpen, 1605 Stiftsbibliothek Rein Oben Justus Lipsius ist in einem charakteristischen Gelehrtengestus im Unterricht gezeigt: Die rechte Hand markiert eine Stelle im Buch, aus dem er vorträgt, die Linke erklärt und zeigt auf. Kupferstich nach einem Porträt von Anthonis van Dyck, 1646. Alte Galerie Unten Titelseite von Lipsius’ Gesamtausgabe der Werke Senecas, 1605. Stiftsbibliothek Rein

Stoiker – Die Unerschütterlichen

-------Justus Lipsius (1547–1606) Schelte à Bolswert nach Anthonis van Dyck Kupferstich, Antwerpen 1646 Alte Galerie

Dieses Bildnis des wohl bedeutendsten Staatstheoretikers seiner Zeit, des Philosophen und Historikers Justus Lipsius, ist ein typisches Beispiel humanistischer Gelehrtenporträts. Lipsius ist in Ausübung seines Berufs als Lehrender und Vortragender gezeigt, die Rechte markiert eine Stelle im Buch, aus dem er vorträgt, die Linke ist in einem sprechenden, sogenannten „rhetorischen“ Gestus erklärend geöffnet. Das hagere, asketische Gesicht zeigt die Spuren lebenslanger Kämpfe und Auseinandersetzungen. Sein Mantel ist mit Luchspelz besetzt, eine symbolische Anspielung auf seine Klugheit, denn der Luchs galt als besonders scharfsichtig und wurde zum Symbol für durchdringenden Intellekt. Lipsius, der mit der gelehrten Welt seiner Zeit in regem Austausch stand, hat durch seine philosophischen Werke das politische Denken und die Fürstenerziehung der kommenden Generationen maßgeblich beeinflusst. Er galt als Wortführer einer humanistischen Strömung

Lipsius hatte die überlieferten Werke des römischen Philosophen Seneca gesammelt, kommentiert und herausgegeben. Die darin betonten Vorzüge eines einfachen, tugendhaften Lebens, das von gelassenem Ertragen von Schicksalsschlägen, von Gleichmut und Genügsamkeit geprägt war, sollten nicht nur Luxus und Dekadenz der römischen Kaiserzeit, in der Seneca gelebt hatte, entgegenwirken, sondern auch den Lastern der von Kriegen und Auseinandersetzungen aller Art gequälten Welt des frühen 17. Jahrhunderts. Vor allem Senecas Briefe (Epistulae morales) gehörten zur Pflichtlektüre jeden Lateinschülers. In langen Reflexionen ging es darin vor allem um Fragen sittlicher Erneuerung, moralischer Führung und Erziehung. Sie bieten Hilfestellung, um von einem sinnlosen, lasterhaften Leben zu einem sinnvollen, selbstlosen Dienst an der Menschheit zu finden. Seneca lehrte, dass praktische Beispiele viel effizienter sein konnten als lange theoretische Unterweisungen. So war er auch mitverantwortlich für das Entstehen der zahlreichen Exempelsammlungen, jener Kataloge vorbildlicher Männer und Frauen, von denen wir hier einige Beispiele kennenlernen konnten.

-------Porträtbüste des Seneca (ca. 1–65 n. Chr.) Art des Giovanni Giuliani (1664–1744) Holz, um 1700 Alte Galerie

Neben dem berühmten Redner und Politiker Cicero gehört Seneca zu den wichtigsten und meistgelesensten antiken Autoren der Barockzeit. Die Werke dieser beiden bildeten den Grundstein jeder akademischen Erziehung. Büsten antiker Denker waren daher weit verbreitet und gehörten zum Schmuck vieler Bibliotheken. Senecas unverkennbares Bildnis war in


zahlreichen Kupferstichen bekannt geworden. Heute wissen wir, dass diese Porträtbüste gar nicht Seneca darstellt. Dennoch passte der asketische Kopf so gut zu den Vorstellungen, die Lipsius und seine Zeitgenossen vom Denken des Philosophen hatten, dass niemand seine Identifikation infrage stellte und das Bildnis heute noch als „Pseudo-Seneca“ bezeichnet wird.

-------Die Vier Philosophen Ferdinando Gregori nach Peter Paul Rubens (1577–1640) Kupferstich, 2. H. 18. Jh. Privatbesitz

Die große Wirkung der beiden Philosophen Seneca und Lipsius zeigt sich in einem berühmten Gruppenporträt des Malers Peter Paul Rubens, der darin lebende und tote Freunde zu einem vielschichtigen Bildnis versammelt. Das Original (1611/12) befindet sich heute im Palazzo Pitti in Florenz. Vier Männer sind um einen Tisch versammelt und scheinen respektvoll dem Vortrag des Ältesten zu lauschen, der mit einem aufgeschlagenen Buch vor sich und dem rhetorischen Gestus der Linken im Dozieren gezeigt ist. Wir kennen ihn natürlich schon. Es ist wieder Justus Lipsius in der Schaube mit dem Luchsbesatz, wie wir ihn aus dem Porträtstich kennen. Die jüngeren Männer sind zwei seiner Studenten, Philipp Rubens und der Humanist Jan Woverius, die hier ihrem verehrten Lehrer zuhören. Der stehende junge Mann im

Hintergrund ist Philipps Bruder, der Maler Peter Paul Rubens selbst, der hier Lehrer und Freunde in einem Gespräch vereint, das in dieser Form nie stattgefunden hat. Lipsius und Philipp Rubens waren zu diesem Zeitpunkt schon tot, ihrem Gedenken ist dieses Bild gewidmet. Wieder verweisen die schweren Folianten und Schreibgeräte auf eine rege akademische Debatte, aber auch der Hintergrund kann uns viel erzählen. Die aufrechte, tragende Säule hinter der aufrechten Gestalt des Lipsius erinnert an die zentrale Tugend der Standhaftigkeit, die im Mittelpunk stoischen Denkens steht und in Lipsius Hauptwerk De Constantia (Über die Standhaftigkeit) thematisiert wird. In einer Nische hinter Lipsius finden wir wieder die bekannte Büste Senecas, dessen Lehren im Denken aller Dargestellten eine entscheidende Rolle spielten. Allein der Weise, der sich von allen Leidenschaften und allem Begehren befreit hatte, konnte drohenden Schicksalsschlägen mit stoischer Gelassenheit begegnen. Diesen Vorstellungen ist ein anderes Symbol entgegengesetzt, nämlich die gefährlich an der Kante des Gesimses balancierende gläserne Vase, die jeden Augenblick herunterfallen und zerbrechen kann. Dieselbe Aussage vermitteln auch die Tulpen in der Vase, die zu jener Zeit unsagbar teuer waren und viele Menschen veranlassten, sich für den Besitz von Blumen, die nur wenige Tage blühen, zu ruinieren. Hier kontrastieren Vergänglichkeit und Dauerhaftigkeit, verwerflicher Luxus mit tugendhafter Lebensführung. Du kannst hier gut sehen, dass sich hinter Porträts vielschichtige Inhalte verbergen können.

Links Porträtbüste des Lucius Annaeus Seneca, vermutlich Teil einer barocken Bibliotheksdekoration. Art des Giovanni Giuliani, um 1700. Alte Galerie Rechts Die 4 Philosophen. Kupferstich nach dem Originalgemälde von Peter Paul Rubens, Ferdinando Gregori. 2. H. 18. Jh. Privatbesitz


Kannst du Münzen antiker römischer Kaiser von denen der Barockzeit unterscheiden?

-------Nikolaas Rockox (1560–1640) Lucas Vorsterman nach Anthonis van Dyck

Kupferstich, 1622–1624 Alte Galerie

Oben Nikolaas Rockox in seiner Bibliothek mit Teilen seiner antiken Münzsammlung. Kupferstich nach einem Bildnis von Anthonis van Dyck, 1622/24. Alte Galerie Rechts Details aus Jacques De Bies Ausgabe von Rockox Münzsammlung, 1617. Stiftsbibliothek Rein

Ein letztes Blatt soll uns noch zeigen, wie verbreitet solche belehrenden Bildnisse waren. Wieder stammt es aus demselben künstlerischen Umfeld. Es zeigt den Amsterdamer Bürgermeister und Kunstmäzen Nikolaas Rockox, der auch ein besonderer Förderer von Peter Paul Rubens war. Der gelehrte und kultivierte Humanist erwarb eine bedeutende Kunst- und Antikensammlung, die heute noch als Museum zugänglich ist. Hier finden wir ihn in eleganter Kleidung mit modischer Halskrause und Mantel in seinem Studierzimmer, von dem aus man auf den Turm der Hanseniederlassung in Amsterdam blicken kann, wo Rockox seinen Geschäften nachging. Er sitzt an einem Tisch, auf dem Objekte seiner Sammlungen und Interessen ausgestellt sind. Wieder liegen die Werke Senecas und des griechischen Philosophen Platon auf dem Tisch, die Büste stellt den antiken Rhetor Demosthenes dar, der für seine streitbare Redekunst gerühmt wurde. Für einen Juristen und Politiker des 17. Jahrhunderts, der selbst begeisternde Reden halten musste, war er ein wichtiges Vorbild. Davor liegen, detailgenau geschildert, antike römische Münzen, denn das besondere Interesse des Rockox galt auch der Numismatik, in seinem Nachlass befand sich eine Sammlung von über 1100 griechischen und römischen Münzen.

-------Jacques De Bie (1581–1640?) Nomismata imperatorum Romanorum aurea, argentea, aerea Münzen römischer Kaiser aus Gold, Silber und Kupfer Antwerpen, 1617 Stiftsbibliothek Rein Diese umfangreiche Beschreibung und grafische Darstellung von antiken Münzen der römischen Kaiserzeit stammt vom niederländischen Kupferstecher und Numismatiker Jacques De Bie und ist Nikolaas Rockox als Kenner und Sammler gewidmet. Solche auf diese Art verbreiteten Münzporträts antiker Herrscher beeinflussten auch die Herrscherdarstellung der Frühen Neuzeit.

-------Kleiner Münzschatz

Münzkabinett Schloss Eggenberg

Unsere kleine Auswahl antiker und neuzeitlicher Goldmünzen führt deutlich vor Augen, wie sehr die antiken Vorbilder die Darstellungsweise barocker Herrscherbildnisse beeinflusst hat. So konnten sich die Kaiser der Neuzeit nicht nur mit antiken Hoheitszeichen schmücken, sondern wollten auch zeigen, dass sie die rechtmäßigen Nachfolger der römischen Caesaren waren.



Hauptdarsteller


Porträtgalerien von Fürsten, Staatsmännern und Heerführern entstanden ab dem 16. Jahrhundert in großer Zahl. Der Kupferstich erwies sich als geeignetes Mittel, lebensähnliche Porträts in hoher Auflage herzustellen und in der handlichen Form des Buches zu verbreiten. Nach kleinformatigen Medaillen wurden bald auch Marmorbüsten und Gemälde als Vorlagen geschätzt und Zeichnungen eigens zu diesem Zweck angefertigt. Sie ermöglichten realistischere Bildnisse, wie sie dem Repräsentationsbedürfnis der Porträtierten bzw. ihrer Nachkommen entsprachen. Auftraggeber waren oft die Dargestellten selbst, die großen Wert auf die Ähnlichkeit des Porträts legten. Während einerseits Gemälde und Büsten als Vorlagen für Druckgrafiken dienten, konnten umgekehrt auch die Kupferstiche als Vorlage für spätere Gemälde dienen, wenn das lebende Modell nicht mehr verfügbar war. Zum besseren Verständnis wurden grafische Porträts oft nicht nur mit begleitenden Texten, sondern auch mit Beschriftungen im Bild versehen, die Angaben zu Namen, Rang, Taten, aber auch Charakter und persönlichen Devisen ergänzten.

Nach einer glänzenden Karriere in den spanischen Niederlanden unter dem bedeutendsten Kommandanten seiner Zeit, Alexander Farnese, kehrte Ruprecht an den Grazer Hof zurück und bekleidete hohe militärische Ränge. Höhepunkt seiner Laufbahn war 1593 der ebenso wichtige wie unerwartete Sieg der Kaiserlichen in der Schlacht um die kleine Grenzstadt Sisseg in Kroatien, in der die osmanischen Gegner unter Hassan Pascha nicht nur vertrieben, sondern vollständig vernichtet wurden. Da dies seit der berühmten Seeschlacht von Lepanto 1571 der erste große Sieg der christlichen Truppen gegen die osmanischen Widersacher war, wurde er in ganz Europa bejubelt und Eggenberg als Oberbefehlshaber der Reichstruppen gefeiert und geehrt. Dieses Porträt von ihm wurde gemeinsam mit ähnlichen berühmten Männern als Vorbild für andere veröffentlicht. Dementsprechend zeigt der Künstler auch das Idealbild eines Soldaten im Harnisch mit grimmigen und entschlossenen Zügen. Es wird ergänzt durch die Devise: FORTITVDO PRAESIDIVM VITAE (Tapferkeit ist die Schutzwehr des Lebens).

Links Bildnis des Generals Ruprecht von Eggenberg. Kupferstich von Johann Siebmacher 1603. Schloss Eggenberg

-------Ruprecht von Eggenberg (1546–1611) Johann Siebmacher (um 1561–1611) Kupferstich, Nürnberg 1603 Schloss Eggenberg

-------Sultan Mehmed III. (1566–1603) Georg Wickgram (1579–1615)

Kupferstich, dat. 1595 Alte Galerie

Diese Darstellung des osmanischen Sultans Mehmed III. Ruprecht war der bedeutendste militärische Führer der stammt wie das Porträt des gegnerischen Generals Familie, der durch seine Erfolge den Namen Eggenberg Ruprecht von Eggenberg aus Domenicus Custos Atrium weit über die Grenzen Innerösterreichs hinaus bekannt Heroicum, einer populären Sammlung berühmter machte. Seine wichtigen Siege waren es auch, die Herrscher und Militärs, die ab 1600 in Augsburg dem berühmteren Vetter Hans Ulrich den Weg zu einer erschienen war. Der Künstler Georg Wickgram aus Speyer großen Karriere und den Aufstieg in den Fürstenrang hatte eine Türkei-Reise unternommen und mehrere ermöglichten. Porträts osmanischer Würdenträger mitgebracht.

Rechts Sultan Mehmed III., das Oberhaupt der osmanischen Gegner im sogenannten „Langen Türkenkrieg“, in dem sich Eggenberg auf kaiserlicher Seite besondere Verdienste erworben hatte. Kupferstich von Georg Wickgram, 1595. Alte Galerie


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Sultan Mehemet ist hier mit einem „sprechenden“ Rahmen umgeben, der viele Hinweise auf Aufgabe und Tätigkeit des Dargestellten gibt. Allerdings muss man dabei in Betracht ziehen, dass das Bildnis von einem christlichen Künstler und einem feindlichen Standpunkt aus gezeichnet wurde, das den für seine Ausschweifungen und militärische Untüchtigkeit berüchtigten Sultan mit aufgedunsenen, wollüstigen Zügen in üppiger orientalischer Kleidung wiedergibt. Der Rahmen ist mit sogenannten „Trophäen“, also Kanonen, Speeren und Feldzeichen gespickt und von zwei türkischen Kriegern flankiert. Über ihnen rauchen Flammen aus Kohlebecken, wie sie vor allem in Feldlagern verwendet wurden. Im Zentrum über dem Porträt erscheint der Prophet Mohammed mit einem aufgeschlagenen Buch, auf dem „Fabel Alcaran“ steht, eine christliche Schmähung des Koran, der als lügnerische Fabel bezeichnet wurde. In der anderen Hand hält er ein zweiklingiges Schwert, gemeint ist wohl Dhū l-faqār (türkisch: Zülfikar), ein legendäres Schwert mit zwei Klingen oder zwei Spitzen, das Alī ibn Abī Tālib von seinem Schwiegervater Mohammed erhalten haben soll und das zu einem wichtigen Symbol der Muslime wurde.

-------Walter Leslie (1607–1667) Kupferstich, 1672 Alte Galerie

Walter Graf Leslie als kaiserlicher Botschafter an der Hohen Pforte, Kupferstich 1672. Alte Galerie

Das vorliegende Bildnis stammt aus der Beschreibung einer Gesandtschaftsreise an den osmanischen Hof in Istanbul, genannt „die Hohe Pforte“, die Walter Leslie 1665/66 als kaiserlicher Botschafter absolviert hatte. Paul Tafferner, ein Begleiter aus dem Jesuitenorden, schrieb nach dem Tod Leslies, der sich auf der Reise mit Malaria infiziert hatte, dieses Bändchen, um den Erfolg der Mission festzuhalten. Leslie ist in orientalischer Tracht in seiner Rolle als kaiserlicher Botschafter mit einem langen pelzgefütterten Mantel an einem Tisch gezeigt, auf dem eine Uhr steht. Auf der Schrifttafel im Hintergrund kann man lesen: „Caesari in his omni hora fidelis servivi – Ich diente dem Kaiser in diesen beiden Aufgaben zu jeder Stunde getreulich“. Er trägt seine höchste Auszeichnung, den Orden vom Goldenen Vlies, auf der Brust. Auf seine andere Rolle als befehlshabender Offizier und Hofkriegsrat verweisen der Kommandostab in seiner Rechten und das Feldlager im Hintergrund. Auf diese Doppelfunktion Leslies spielt auch das lateinische Schriftband im Himmel darüber an: „Utrumlibet utrumque – Jeder der beiden Seiten (ob am Schlachtfeld oder als Diplomat) – ergänze: diene ich“. Das Gleiche bedeutet auch das Bild des Adlers daneben, der sowohl das strafende Blitzbündel Jupiters in den Krallen hält als auch den Schlangenstab des göttlichen Botschafters Merkur. Auf dem Sockel im Vordergrund,

der das Leslie-Wappen mit den drei Schnallen zeigt, liegen Schwert, Trompete und Lorbeerkranz. Sie sind Symbole für Ruhm (der mit Trompetenschall überall verkündet wird) und Ehre (Lorbeerkranz), die mit dem Schwert errungen wurden. Der aus einer alten schottischen Familie stammende Walter Leslie hatte eine wahrlich abenteuerliche Karriere hinter sich, die ihn von einfachen Anfängen auf den Schlachtfeldern des Dreißigjährigen Krieges unter die höchsten Würdenträger des Reiches katapultierte. Den Anfang seines Aufstieges machte die opportunistische Ermordung des in Ungnade gefallenen Generalissimus Wallenstein, die er mit zwei weiteren schottischen Offizieren skrupellos plante und exekutierte. Das brachte ihm den Grafenrang und eine hohe Offiziersstelle. Der Grundstein für eine erfolgreiche Karriere war gelegt, die 1650 in der Ernennung zum Feldmarschall sowie zum Vizepräsidenten des Hofkriegsrates gipfelte.

-------Siegmund von Herberstein (1486–1566) Friedrich Neyer (1783– ?)

Kolorierte Radierung nach einem Holzschnitt des 16 Jhs., vor 1818 Alte Galerie Einen berühmten Vorgänger Leslies als Botschafter an der Pforte und später in Russland finden wir in diesem Bildnis. Herberstein erscheint wie Leslie im langen, zobelgesäumten Mantel des Botschafters, der,


Jörger, der in guter Familientradition auch ein erprobter und verdienter Soldat war, besaß eine seltene Doppelbegabung und trat auch als Maler und Zeichner in Erscheinung. Hier stellt er sich selbst in dieser doppelten Funktion vor. Er erscheint in militärischer Tracht im Lederkoller des Reiteroffiziers mit dem Schwert an der Seite, präsentiert aber gleichzeitig ein Blatt mit einer Landschaftsdarstellung, auf dem er sein Selbstporträt signierte: Johan Septimius Jörger L.B. fecit 1645. Der sprechende Rahmen spielt ebenfalls auf diese beiden Seiten des Künstlers an: Die Bildkartusche selbst ruht auf einem üppigen Stillleben aus Waffen und Rüstungsteilen. Auf der linken Seite sieht man ihn möglicherweise selbst im Harnisch zu Pferde als Anführer einer Reitertruppe mit zahlreichen Standarten. Auf der rechten Seite jedoch steht die gerüstete Göttin Minerva, eine kluge Strategin im Kampf, aber zugleich auch Patronin der Künste und Wissenschaften. Auf ihrer Fahne sieht man Noten, Bücher, Globen und Malgerät, also Symbole für künstlerische Tätigkeiten. Jörger präsentiert sich hier als idealer Aristokrat, der nach antikem Vorbild in beiden Bereichen hervorstechen wollte – sowohl im Kampf als auch in den Künsten. wie das Bild berichtet, ein Geschenk des russischen Großfürsten war. Siegmund von Herberstein, belesen, weitgereist und sprachkundig, unternahm als einer der ersten Europäer 1516/17 und 1525/26 zwei lange Gesandtschaftsreisen an den Hof des Moskauer Großfürsten. Sein umfangreicher und sachkundiger Bericht Rerum Moscoviticarum Commentarii (Bericht zu russischen Angelegenheiten), 1549 in Wien erstmals erschienen, machte ihn zum „Osteuropaexperten“ in habsburgischen Diensten. Er wurde ins Italienische und Deutsche übertragen und stellt eine der wertvollsten frühen Quellen für das europäische Wissen über das russische Reich und seine Kultur dar.

-------Hans Septimius Graf Jörger von Tollet (1594–1662) Selbstporträt in allegorischem Rahmen Andreas Kohl, Kupferstich, 1645 Alte Galerie

Hans Septimius Jörger stammte aus einer alten oberösterreichischen Familie, die schon früh zum evangelischen Glauben übergetreten war. Wie viele Glaubensgenossen beteiligten sich die Jörger an einem Aufstand gegen den katholischen Kaiser Ferdinand II. Als dieser fehlschlug, verloren sie ihren umfangreichen Besitz und mussten das Land verlassen. Auch Hans Septimius, der mit der letzten Erbin von Schloss Strechau im Ennstal verheiratet war und in der Steiermark lebte, wanderte nach 1625 aus und ließ sich mit seiner Familie in Nürnberg nieder.

Links Siegmund von Herberstein als Botschafter in Russland 1525/26. Radierung von Friedrich Neyer nach einem Holzschnitt des 16. Jhs., vor 1818. Alte Galerie Unten Selbstporträt des Hans Septimius Graf Jörger von Tollet. Kupferstich von Andreas Kohl, 1645. Alte Galerie


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-------Wolf von Eggenberg (um 1585–1615) Heinrich de Veerle († 1690) Ölgemälde, um 1685 Mausoleum Ehrenhausen

Wolf von Eggenberg. Heinrich de Veerle, um 1685. Mausoleum Ehrenhausen. General Eggenberg erscheint in einem fantastischen Prunkharnisch, der mit allegorischen Figuren dekoriert ist. Der Schild zeigt den mythischen Heros Herkules, um Tapferkeit und Kraft des Dargestellten zu betonen.

Hier steht unübersehbar ein grimmiger Krieger vor uns, den Kommandostab in der Hand, einschüchternd in seiner waffenstarrenden Präsenz, geschmückt mit allen militärischen Hoheitszeichen und Statussymbolen, die man sich nur vorstellen kann. In der Tat hatte sich jemand all diesen kriegerischen Schmuck nur vorgestellt, denn das Gemälde ist lange nach dem Tod Eggenbergs entstanden und reine Fantasie. Ein entfernter Verwandter hatte gut 50 Jahre nach seinem Tod dieses „posthume“ Porträt seines kriegerischen Ahnen anfertigen lassen, um sein Mausoleum auf dem Burghügel von Ehrenhausen in der Südsteiermark auszuschmücken. Allerdings war der wirkliche Wolf von Eggenberg selbst für zeitgenössische Begriffe ein „harter Brocken“. Durch und durch Soldat, war mit ihm auch im Privatleben nicht gut Kirschen essen. Bei einem Fest soll er 1606 einen Franzosen im Streit erstochen haben, der seinem Vetter Johann Siegmund einen Diamantring abgezogen und nicht zurückgegeben hat. Wolf trat in die Fußstapfen seines berühmten und einflussreichen Onkels Ruprecht und diente wie er als Offizier im ewigen Kampf der Kaiserlichen gegen die osmanischen Heere. Im Gefecht verlor er durch einen Kanonenschuss ein Bein und trug danach eine hölzerne Prothese, die bis zum Ersten Weltkrieg in seinem Mausoleum zu sehen war. Mit deren Hilfe konnte er weiterhin reiten und im Felde stehen. Er diente als Kommandant der Windischen und Meergrentzen (der kroatischen Militärgrenze), fiel aber 1615 jung in der Nähe von Karlovac im Kampf.

Der Krumauer Hofmaler Heinrich de Veerle zeigt ihn in einer glänzenden Rüstung nach italienischem Geschmack, wie man sie Anfang des 17. Jahrhunderts nur noch für Schauturniere und Paraden trug. Sie ist fantastisch ausgestattet, bedeckt mit vergoldeten Figuren von antiken Helden und türkischen Kriegern, also den Vorbildern und Feindbildern des Dargestellten. Auf dem Tisch neben ihm liegen Helm und Panzerhandschuhe, an der Seite lehnt ein riesiger Schild, in dessen Zentrum unübersehbar der stärkste der mythischen Helden, Herkules, mit Keule und Löwenfell prangt. Mit ihm sollte Wolf Eggenberg verglichen werden, der ebenso stark und unbesiegbar erscheinen wollte.


-------Erzherzog Maximilian Ernst (1583–1616) Umkreis Joseph Heintz d. Ä. (1564–1609)

Ölgemälde, 1615/16 Alte Galerie

Erzherzog Maximilian Ernst war ein jüngerer Bruder Kaiser Ferdinands II., der in Graz geboren wurde. Er war auch ein Bruder von Königin Margarethe von Spanien, die wir hier schon kennengelernt haben. Maximilian zeigt sich uns zwar in höfischer Umgebung unter einem kostbaren Samtvorhang, seine Pose wirkt jedoch steif und formell. Der junge Mann verschwindet fast hinter der minutiös gemalten kostbaren Kleidung. Sie weicht, wie am Grazer Hof noch üblich, von der spanischen Mode ab. Das Wams mit den betonten Schulterbesätzen und lose hängenden Überärmeln sowie die weite Hose sind mit Gold- und Silberreliefstickerei verziert, die Ärmel des Untergewands bestehen aus schmalgestreiftem Brokat. Das blasse Gesicht wirkt starr in einer Krause aus venezianischer Nähspitze festgeschraubt. Der ungewöhnlich hoch gehaltene kostbare Degen dient als Folie für die auffallendste Besonderheit des Porträts: Maximilian hat den linken Arm seltsam abgewinkelt und in einer kraftlos wirkenden Geste auf den Degengriff gelegt. Damit übermittelt uns das Bild eine tragische Episode aus dem Leben des Erzherzogs. Es war damals üblich, Menschen mit leichten Erkrankungen oder einfach zur Gesundheitsvorsorge regelmäßig zur Ader zu lassen. Ärzte öffneten dazu eine Vene und entnahmen eine gewisse Menge Blut, damit sich „die Säfte“, wie man sagte, reinigen und erneuern konnten. Auch Maximilian wurde zur Ader gelassen, jedoch infizierte sich die Wunde und es kam zu einer Blutvergiftung. Die Grazer Hofärzte sahen keine andere Möglichkeit, sein Leben zu retten, als den Arm zu amputieren.

»... durch eine unglückselige Aderlaß eine solchen Schaden an dem Armb, daß von den löblichen Collegio Medicorum der Schluß ergangen, den Armb von den Leib zur Erhaltung fernerer Gesundheit ihm abzunehmen ...« In letzter Minute bot sich die Gelegenheit, aus Wien den berühmtesten Chirurgen und Wundarzt seiner Zeit, Fra Gabriele Ferrara (um 1543–1627), vom Orden der Barmherzigen Brüder nach Graz zu holen, dem es tatsächlich gelang, den Arm, wenn auch halb gelähmt, zu erhalten. Aus Dankbarkeit stifteten der Erzherzog und sein kaiserlicher Bruder Ferdinand auch in Graz eine Niederlassung für den spanisch-italienischen Spitalsorden, der sich durch seine vorbildliche und völlig neuartige Pflege von Kranken einen besonderen Ruf erworben hatte. 1615 wurde in der Murvorstadt das Grazer Barmherzigenspital samt Kirche errichtet, das bis heute besteht und sich zu einem modernen Krankenhaus entwickelt hat.

Weißt du, wo sich das von Erzherzog Maximilian gegründete Spital heute befindet?

Erzherzog Maximilian Ernst. Joseph Heintz d.Ä. zugeschrieben, 1615/16. Alte Galerie. Der kraftlose, leicht deformierte linke Arm des Erzherzogs ist deutlich zu sehen.


-------Der Riese Rauber Unbekannter Maler

Wiederholung des 17. Jhs. nach einem Original von 1575 Ölgemälde, 1. H. 17. Jh. Alte Galerie Ein Hüne von riesenhafter Gestalt türmt sich vor uns auf, dessen mächtige Gestalt nur noch von seinem langen Bart, der in zwei dicken Zöpfen bis auf den Boden fällt, übertroffen wird. Schon seine Zeitgenossen waren von der Größe und Kraft des Mannes, der bald den Beinamen der „Deutsche Herkules“ erhielt, so beeindruckt, dass sein Ruhm über die Grenzen Österreichs hinausdrang und viele zeitgenössische Porträts von ihm angefertigt wurden. Unsere Darstellung versucht schon mit ihrer beeindruckenden Höhe von 2,50 m einen Eindruck von der gewaltigen Körpergröße des Mannes zu geben. Er war so berühmt, dass wir auch heute noch einiges – wohl auch legendenumrankt – von ihm wissen. Der Mann hieß Andrä Eberhard Rauber (1507–1575), Herr auf Petronell, Stadt Friedberg u. Thalberg, und stammte aus einer alten Krainer Familie, die in den habsburgischen Erblanden weitverzweigt war. Du bist seinem Namen vielleicht schon begegnet, wenn du in Graz durch die Raubergasse gegangen bist, die nach ihm benannt wurde. Er trug sehr passend den mächtigen Auerochsen im Wappen, mit dem er offensichtlich einiges gemein hatte.

erster Linie wegen seiner legendären Körperkraft, die von einem frühen Historiker schon im 17. Jahrhundert staunend beschrieben wird: „Denn Seine Majestät hatte ihn jederzeit treu und aufrichtig, dazu gar rittermäßig und mit ungemeiner Leibes=Stärcke begabt gefunden. Wie dann auch seine hochansehnliche Leibes= und Barts=Länge niemand ohne Verwunderung und Gunst anschauete. Seine Leibes=Statur überhöhete drey Elen und seine Stärke die gewöhnlichen Kräffte andrer Leute. Ein Hufeisen mogte noch so fest seyn, er riß es entzwey.“ (Johann Weichard Valvasor, Die Ehre des Hertzogthums Crain, Nürnberg 1689) Wenn das stimmt, müsste Rauber über 2,10 m groß gewesen sein. Man kann sich vorstellen, dass das gerade in einer Zeit, wo Männer durchschnittlich noch kleiner waren als heute, den Eindruck eines Riesen erweckt haben muss, der noch dazu Hufeisen verbiegen konnte. Raubers beeindruckender Bart war so lang, dass er bis zum Boden und wieder zurück zum Gürtel reichte, wo er ihn noch um einen Stock wickeln konnte.

Zur Legende wurden jedoch zwei besondere Kämpfe, in denen Rauber seine Kräfte mit anderen messen musste. Leider ist die erste davon ziemlich grauslich. Sie spielt am Grazer Hof, wo der Regent, Erzherzog Karl, wissen wollte, ob denn nun der gewaltige Rauber oder ein anderer riesenhafter Kämpfer, von dem man nur weiß, dass er ein getaufter Jude gewesen sein soll, stärker sei. Er gab den Befehl zu einem Wettkampf, bei dem jeder der beiden Kontrahenten dem anderen je einen Fausthieb versetzen sollte. Über den ersten Schlag Hier steht er also vor uns, sichtlich im offenen entschied das Los, der Gegner gewann und versetzte Arkadengang seines Schlosses, von dem man in Rauber einen so gewaltigen Hieb, dass er ohnmächtig die Landschaft hinausblicken kann. Selbstbewusst zu Boden fiel und wochenlang das Bett hüten musste. stützt er die Rechte in die Hüften, woran wir gleich – Als er sich endlich erholt hatte, kam sein öffentlicher das haben wir ja schon gelernt – den alten Soldaten Gegenschlag. Er umfasste den Bart des anderen und erkennen können. Die Linke ruht entspannt auf dem hieb mit solcher Stärke auf das Kinn, dass nicht nur vergoldeten Griff seines Schwerts, unter dem langen der Bart in seiner Hand blieb, sondern gleich der ganze pelzgefütterten Mantel ist noch das Heft eines Dolchs Unterkiefer. Damit hatte er den Gegner mit einem zu erkennen, der im Gürtel steckt. Doch sonst verweist einzigen Schlag getötet. nichts mehr auf den kampferprobten Haudegen. Mit Die andere Begegnung, bekannt als das „Wiener seinen 68 Jahren, wie uns die Inschrift des Bildes Brautringen“, ging glimpflicher aus. Rauber hatte sich verrät, hat er sich in einen begüterten Grundherrn in die schöne Helena Dorothea Scharseck (Scharsäggin), verwandelt, dessen Ansehen und Wohlstand neben den eine uneheliche Tochter seines kaiserlichen Herrn goldenen Ehrenketten auch eine juwelengeschmückte Maximilian und einer vornehmen Ostfriesin, verliebt, Agraffe mit Reiherfeder am Hut dokumentieren. 1575, jedoch in einem bärenstarken spanischen Kavalier zu dem Zeitpunkt, als dieses Bild entstanden ist, war einen ernsthaften Gegner um die Gunst der schönen auch der – heute würde man sagen – Hype um die Helena besessen. Auch hier ordnete der Kaiser einen Ruhmestaten des Andrä Rauber schon abgeklungen, Wettkampf an, der allerdings unblutig verlaufen sollte. aber immer noch erzählte man sich mit wohligem Wer von den beiden Konkurrenten den anderen mit Schauer von seinen vielen Abenteuern. bloßen Händen niederringen und in einen Sack stecken könne, sollte die Hand des Mädchens erlangen. Auch Rauber stand von Jugend an als Soldat und später im das gelang Rauber, er steckte seinen Gegner in einem hohen Rang eines Hofkriegsrats im Dienst von Kaiser öffentlichen Ringen „in den Sack“, womit er nicht nur Maximilian II. (1527–1576), dessen Ansehen und Gunst eine schöne Ehefrau, sondern auch gleich eine neue er bald erwerben konnte. Berühmt wurde er jedoch in Redensart gewonnen hatte.


Andreas Eberhard von Rauber. Unbekannter Maler des 17. Jhs. nach einem Original von 1575. Alte Galerie Die legendären Kräfte und der meterlange Bart des „Deutschen Herkules“ sind in einigen Gemälden überliefert. Dieses versucht mit seiner imposanten Höhe von über 2,50 m die riesenhafte Statur Raubers einzufangen.


Erinnerung


Erinnerung – Malen wider das Vergessen Warum machen wir heute so viele Fotos? Sicherlich auch, weil wir uns erinnern wollen, weil wir geliebte Menschen stellvertretend bei uns haben oder einen wichtigen Augenblick festhalten wollen. Dieses Moment des Bewahrens und der Erinnerung war zu allen Zeiten eine zentrale Funktion des Porträts, das seit Urzeiten auch mit dem Tod und dem Totenkult in Verbindung steht. Wir finden es schon in ägyptischen Gräbern, geleitet vom antiken Glauben, dass der Mensch einen Körper für sein Leben im Jenseits benötigt: Erinnerst du dich an das lebendige Porträt des kleinen Jungen ganz am Anfang unseres Heftes? Es stammt von seinem Sarkophag und sollte sein Abbild für die nächste Welt bewahren. Auch im antiken Rom nahm man Totenmasken ab, um sich in der Familie an die Verstorbenen zu erinnern. Das Porträt hat nicht nur künstlerische, dokumentarische, erzieherische oder stellvertretende Funktion, es war und ist ein wichtiges Instrument, Erinnerung zu bewahren. Erinnerungen an Menschen, die im Augenblick nicht bei uns sein können, Menschen, die wir geliebt und verloren haben, Erinnerungen an unwiederbringliche Augenblicke, Erinnerungen an Jugendtage, die vergangen sind. Viele Porträts, sei es als Gemälde, Miniatur oder Medaille, sind zu diesem Zweck entstanden: Junge Paare halten den Moment von Verlöbnis oder Eheschließung fest, Studenten oder Künstler dokumentieren ihre Freundschaft, Kaufleute und Bürger tragen Status und Erfolg zur Schau. Familienporträts bauen manchmal bereits verstorbene Kinder oder Ehepartner ein, die man nicht für immer verlieren wollte. Auf fast magische Art und Weise verleiht das Bildnis tatsächlich eine Art von Unsterblichkeit und holt die Vergangenheit zurück in die Gegenwart, indem es unsere Erinnerung zu stimulieren vermag. Wie eine Reliquie ist das Porträt ein Stück materiellen Daseins, das bestehen bleibt, weiterwirkt und die Identität eines Dargestellten über dessen Tod hinaus bewahrt. Umgekehrt erinnern viele Bilder gleichzeitig an die Vergänglichkeit menschlichen Lebens und dienen so als Mahnung.

Weißt du, was ein Ring symbolisiert?

-------Hans Ulrich von Eggenberg (1568–1634) und seine Frau Maria Sidonia (1576/77–1614) Pietro de Pomis (1569–1633) Medaille, 1620 Münzkabinett

Diese Porträtmedaille, die Fürst Hans Ulrich von Eggenberg beim Hofkünstler Pietro de Pomis in Auftrag gab, erzählt so eine Geschichte. Sie ist 1620, viele Jahre nach dem Tod seiner geliebten Frau Maria Sidonia, entstanden. Beide Gatten erscheinen als Doppelporträt im Profil auf der Vorderseite. Die Rückseite beschwört den Fortbestand dieser Verbindung mit dem Bild der im Ring verschlungenen Hände. Der Ring als Symbol der Ewigkeit macht sichtbar, was gemeint ist: „NEC MORTE SOLVETUR – Sie werden durch den Tod nicht getrennt“, liest man auch in der Umschrift.

Oben Porträtmedaille für Hans Ulrich von Eggenberg und seine verstorbene Frau Maria Sidonia. Auf der Rückseite wird durch die im Ring verschlungenen Hände die Unlösbarkeit der Verbindung beschworen. Giovanni Pietro de Pomis, 1620. Münzkabinett, Schloss Eggenberg


-------Totenbild des Hermann Hainricher von Hainrichsberg (1579–1649)

Steirisch Ölgemälde, dat. 1649 Alte Galerie Bez. Der Edle und Gestrenge herr herman heinricher von/ und auf hainrichsberg zum Weyer is geborn/In Judenburg den 9 Augustij 1579 gestorben/ Am Tag Stephanij den 26 decineris (= Dezember) Zwischen Vier und fünff Uhr vormittag 1649

-------Trauernde Witwe Andreas Magnus Hunglinger (1756–1830) Ölgemälde, 1805 Alte Galerie

Trauernde Witwe vor dem Porträt des Gatten. Andreas Magnus Hunglinger, 1805. Alte Galerie

Der Wiener Maler Andreas Hunglinger hinterließ uns hier ein ungewöhnliches Bild. Angeblich ist es ein Porträt seiner Frau, die jedoch als trauernde Witwe gezeigt ist. Noch dazu schlüpft sie in ein historisches Kostüm. Das Gemälde zeigt im klassizistischen Stil eine berühmte Geschichte aus dem antiken Rom, in der Agrippina über der Urne mit der Asche ihres ermordeten Gemahls Germanicus trauert, begleitet von einer ihrer Töchter. Im Gedenken an den Verstorbenen richtet sie den Blick auf ein Porträtrelief im Hintergrund. Mit dieser Geste richtet sie aber auch die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das Bildnis und bezieht ihn in das Totengedenken ein.

Aber auch der letzte und schmerzlichste Augenblick, der hier sogar auf die Stunde genau dokumentiert ist, wurde zum Thema des Porträts. So wie die ersten Jahre im Bildnis eines Kleinkinds festgehalten wurden, so lebt hier der Moment des Todes fort. Sorgfältig gekleidet mit Krause, Handschuhen und weißer Haube liegt hier der als tiefgläubig beschriebene Judenburger Kaufmann Hermann Hainricher auf dem Totenbett. Die geschlossenen Augen und der ruhige Ausdruck zeigen den Frieden, den der Tote nun gefunden hat. Die gefalteten Hände halten Gebetbuch und Rosenkranz, die, wie das aufgerichtete Kruzifix, dem Sterbenden in seiner letzten Stunde Halt und Trost spenden sollten. Auch die rote Nelke in den Händen des Verstorbenen – Näglein in der Sprache der Zeit – setzt ihn in direkte Verbindung mit der Passion, denn die Blumenknospen konnten als Kreuzesnägel Christi interpretiert werden. Flankiert wird die Bahre von zwei brennenden Kerzen, die in der Todesstunde jedes Menschen brennen mussten als Symbol jenes ewigen Lichts, in das der Verstorbene eingehen sollte. Der Weihwasserkessel erzählt noch vom letzten Segen, der ihm gespendet wurde. Zwar ist der Tote mit allen Tröstungen versehen, die man damals zu geben vermochte, dennoch birgt das Gemälde eine deutliche Warnung für alle Betrachtenden. Sie mahnt, sich der Vergänglichkeit des Irdischen und der eigenen Sterblichkeit stets bewusst zu sein. Daneben jedoch zeigt es uns auch den unauslöschlichen Drang, die Züge geliebter und verehrter Menschen auch über deren Tod hinaus zu bewahren, die Erinnerung an sie wachzuhalten.


Herrn Hainrichers Leichnam ist von zahlreichen Symbolen umgeben. Kannst du dir vorstellen, was die Kerzen oder die Nelke bedeuten? Kannst du noch andere Gegenstände erkennen, die er bei sich hat?

Hermann Hainricher von Hainrichsberg auf dem Totenbett. Steirischer Maler, 1649. Alte Galerie


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Viele Familien ließen sich in berechtigtem Stolz auf ihre soziale Stellung und ihren reichen Kindersegen porträtieren. Im Familienporträt wird die Vergänglichkeit ja gleich doppelt überwunden. Es bewahrt nicht nur die individuellen Züge der Familienmitglieder, sondern erinnert auch an die Kontinuität der Familie, ihr Weiterleben in den kommenden Generationen.

-------Maria

Regina Gräfin Attems (1659–1715) mit ihren Kindern Franz Carl Remp (1675–1718)

Ölgemälde, 1701/02 Schloss Eggenberg

Rechts Maria Regina Gräfin Attems mit ihrer Tochter und zwei kleinen Söhnen. Oben Als Gegenstück dazu das Bildnis ihres Gatten Ignaz Maria Graf Attems mit den drei ältesten Söhnen des Paares. Beide Franz Carl Remp, 1701/02. Schloss Eggenberg Das Porträtpaar zeigt die idealtypische Rollenverteilung in einer adeligen Familie der Frühen Neuzeit sehr klar, wobei der Frau Mutterschaft und Fürsorge für die Familie, dem Mann die aktive Rolle des Landesvaters und Kriegsherrn zugedacht war.

Hier zeigen sich zwei Generationen der italienischsteirischen Familie Attems in einem Doppelporträt, in dem der Vater mit den drei ältesten Söhnen und die Mutter mit der einzigen Tochter sowie den zwei Jüngsten ins Bild gesetzt wurden. Die Gemälde des Attems’schen Hofmalers Franz Carl Remp waren zur Ausschmückung eines Festsaales in Schloss Rann/ Brežice entstanden und sollten allen Betrachtern eine deutliche Botschaft übermitteln. Unter der segensreichen Herrschaft der Familie Attems geht es dem Land gut, es herrschen Fruchtbarkeit, Wohlstand und Frieden, die allen Untertanen zugutekommen. Dazu erscheinen die Dargestellten zwar mit barocken Frisuren, aber nicht in zeitgenössischer Mode, sondern in zeitloser, „antikisierender“ Tracht, die verdeutlichen will, dass ihre Herrschaft ewig dauern wird und auf klassischen Idealvorstellungen des Buongoverno, der guten Herrschaft, beruht. Auch die Landschaft, vor der Maria Regina Attems hier sitzt, ist eine „antike“ Landschaft, die man mit dem glücklichen Arkadien aus Vergils Hirtengedichten in Verbindung brachte. Sie rief den Traum von einem friedvollen irdischen Paradies in Erinnerung und den ewigen Frühling des Goldenen Zeitalters, das wohl – glaubt man der geschickten Inszenierung des Malers – unter der Attems’schen Herrschaft wieder erstehen sollte. Maria Regina reicht ihrer Tochter auch den Zweig eines Olivenbaums, der diesen Gedanken verdeutlicht: Er steht für das Gedeihen der Feldfrüchte und ist ebenso ein Symbol des Friedens. Für Frieden steht auch das Taubenpaar, das neben dem kleinen Sohn im Vordergrund gezeigt ist. Taube und Ölzweig erwecken aber auch eine biblische Assoziation: Mit dem Ölzweig im Schnabel hatte die von Noah ausgesandte Taube das Ende der Sintflut und die Rettung auf einer neuen Erde verkündet. Man kann also sehen, wie geschickt hier Familienpropaganda inszeniert wurde.

Während die weibliche Hälfte des Porträtpaares die zeitgenössische Idealvorstellung von Fruchtbarkeit und friedvoller Existenz bedient, zeigt sich im männlichen Gegenstück ein anderes, männliches Rollenmodell, der aktive, starke und aufbauende Landesvater, der mit zahlreichen Söhnen für den Fortbestand der Dynastie sorgt. Hier erscheint Ignaz Maria Graf Attems mit seinen drei ältesten Söhnen, umgeben von Kanonen, Waffen und Standarten, die auf seine militärische Stärke anspielen, sowie mit Festungsplan und Zirkel als aktiver Bauherr.



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Miniaturen Erinnerung bewahren aber nicht nur öffentliche Porträts. Wie heute bedeutete es auch Menschen der Frühen Neuzeit viel, Souvenirs ihrer Partner, Freunde, Kinder und Geliebten bei sich zu haben. Vor der Erfindung der Fotografie im 19. Jahrhundert war das allerdings ungleich schwieriger als heute, großformatige Porträts waren nicht nur kostspielig, sie waren auch nicht transportabel. Also zeichnete man geliebte Menschen entweder selbst – was manche tatsächlich konnten, denn Zeichnen war ein wichtiges Unterrichtsfach – oder man musste sie im Gedächtnis behalten. Seit dem 16. Jahrhundert entstanden jedoch auch kleinformatige Bildnisse, sogenannte Miniaturen, sie blieben gut 300 Jahre lang beliebt und weit verbreitet. Es waren winzige Virtuosenstücke, die auf kleinstem Raum lebensähnliche Bildnisse erschufen. Man konnte sie in der Hand halten, als Broschen oder Anhänger am Körper tragen und in Tabaksdosen oder Büchern verstecken. In schützende Futterale gebettet, wurden sie auch zu beliebten Reisebegleitern. So konnte man seine Lieben immer bei sich tragen. Das kleine Format schuf eine besondere Intimität und private Verbindung zwischen den Besitzern der Miniatur und den Dargestellten, die großformatige Porträts niemals besaßen. Sie konnten sogar den Eindruck körperlicher Gegenwart erwecken. Da man sie berühren konnte, bargen sie manchmal eine potenziell erotische Qualität und wurden obsessiv gesammelt. Die Miniatur führt die Macht des Porträts, Stellvertreter einer lebenden Person zu sein, der man sich damit auch körperlich verbunden fühlen konnte, deutlich vor Augen. Während manche sie also ganz geheim in der Tasche mit sich führten, machten andere sie zu öffentlichen Statements. Als Schmuckstück um den Hals oder an der Kleidung getragen, Porträtbüste der bekundeten sie offen eine besondere Nähe zu den Königin Marie Dargestellten. Im 18. Jahrhundert entstanden Antoinette mit Miniaturen in großer Zahl und wurden oft zu kostbar einem Medaillon ihres Gatten, ausgestatteten Familiengalerien im Kleinformat, König Ludwig XVI. zusammenklappbaren „Fotoalben“ sozusagen, die von Frankreich, man mit sich führen konnte. Vor allem in den großen um den Hals. Adelshäusern demonstrierte man so seine wichtigen Sèvres-Porzellan, Verbindungen und Verwandtschaft mit den Großen Anf. 19. Jh. Schloss Eggenberg und Mächtigen.

-------Königin Marie Antoinette (1755–1793) Porzellanbüste nach einer Marmorskulptur von Felix Lecomte, 1783

Manufaktur Sèvres, Anf. 19. Jh. Schloss Eggenberg

Diese elegante Porträtbüste der französischen Königin Marie Antoinette zeigt die junge Herrscherin mit einem um die Brust drapierten Mantel mit einem Muster aus Fleur de Lys, der französischen Wappenlilie. Die modisch hochgetürmte Frisur ist mit Bändern und zahlreichen Rosen geschmückt, die sich auf dem Sockel der Büste wiederfinden, selbstverständlich auch eine Anspielung auf ihre Schönheit. Das zentrale Schmuckstück ist jedoch eine Porträtminiatur des französischen Königs Louis XVI., die sie um den Hals trägt. So demonstriert sie jedermann die enge Verbindung zu ihrem Gemahl, der hier buchstäblich auf ihrem Herzen ruht.



-------Weibliches Bildnis

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Aquarell auf Elfenbein, um 1780 Lederfutteral Alte Galerie

Porträtminiaturen waren aber keinesfalls nur den großen Herrscherfamilien vorbehalten, sondern weit verbreitete Objekte der Erinnerung. Auch das Bildnis dieser hübschen jungen Dame, die wir nicht kennen, war offenbar ein solches Souvenir. Frisur und Kleid erzählen uns nur, dass sie um 1775/80 gelebt haben muss und einen geliebten Menschen in ihrer Umgebung hatte – sei es nun ein Verlobter, Ehemann oder Bruder – der dieses Bildnis lange mit sich geführt hat. Das verrät uns das vielbenutzte und abgegriffene Futteral aus feinem Leder, in dem die Miniatur aufbewahrt wurde. Jemand hat dieses Bild wohl oft herausgenommen und betrachtet, sodass über das kleine Behältnis noch immer etwas von der Zuneigung zwischen den beiden spürbar ist.

-------Kaiser Leopold II. (1747–1792) Aquarell auf Elfenbein, um 1790 Alte Galerie

Oben Kaiser Leopold II. Aquarell-Miniatur, um 1790. Alte Galerie Rechts Weibliches Bildnis. AquarellMiniatur mit Lederfutteral, um 1780. Alte Galerie

Die Habsburgerin Marie Antoinette war in Wien in einer Tradition aufgewachsen, die Repräsentationsund Familienporträts in großer Zahl entstehen ließ und diese bewusst als Kommunikations- und Propagandainstrumente einsetzte. Ihre Mutter Maria Theresia legte großen Wert darauf, sich mit Gatten und zahlreichen Kindern als Idealbild einer Herrscherfamilie zu präsentieren. Dazu gehörten auch umfangreiche Sammlungen („Alben“) von Porträtminiaturen, um mit den über ganz Europa verstreuten Familienmitgliedern auch visuellen Kontakt zu halten, eine Tradition, die auch von der nächsten Generation weitergeführt wurde. Wir haben hier eine Miniatur ihres dritten Sohnes, Peter Leopold, einem Bruder Marie Antoinettes, der lange Jahre als Regent in der Toskana lebte, um 1790 seinem früh verstorbenen Bruder Joseph als Kaiser Leopold II. auf den Thron zu folgen.


Miniaturen konnten mitgeführt, in dekorativen Rahmen zu Hause gezeigt werden, aber auch Teil einer thematischen oder enzyklopädischen Schausammlung sein. Ein besonders interessantes Exemplar dieser Kategorie wollen wir euch auch zeigen.

-------Christina Leonora de Neufville (1713–1781) Nicolaas Verkolje (1673–1746)

Öl auf Kupfer, 1743 Alte Galerie

Das nur in Grautönen – en grisaille – gemalte Bildnis der niederländischen Dichterin Christina de Neufville zeigt die Poetin in einer Momentaufnahme, mit dem Federkiel in der Hand im Prozess des Schreibens innehaltend. Der Kopf ist etwas abgewandt, sie scheint zu überlegen oder Inspiration bei den vielen Büchern ihrer Bibliothek zu suchen, die man im Hintergrund erkennen kann. Man sieht hier gleichsam eine Dichterin bei der Arbeit, im Moment des schöpferischen Prozesses, der sich sehr schön in der inspirierten Haltung des Kopfes zeigt. Christina de Neufville stammte aus einer reichen Amsterdamer Bankiersfamilie und wuchs in einem kunstsinnigen Milieu auf, in dem sie die bestmögliche Erziehung erhielt. Sie blieb unverheiratet und widmete ihr Leben der Dichtung und Philosophie, wofür sie hohe Anerkennung erlangte und zu einem Vorbild für ihre Zeitgenossinnen wurde. Bekannt wurde sie vor allem mit einer Sammlung von sechs philosophischen Briefen in Versen Bespiegelingen voorgesteld in dichtkundige brieven (1741), zum Teil Übersetzungen von Voltaires Essay Discours en vers sur l’homme (1738). Das brachte ihr nicht nur den Beinamen „der weibliche Voltaire“ ein, sondern auch die Aufnahme in eine Sammlung aller großen niederländischen Schriftsteller.

Wessen Bild würdest du gerne mit dir tragen?

Die Darstellung war nämlich Teil eines ambitionierten Gesamtprojekts, das der Amsterdamer Maler und Dichter Arnoud van Halen (1673–1732) schon vor 1700 begonnen hatte und das nichts weniger als eine umfassende Sammlung aller niederländischen Dichter und Schriftsteller in gleichförmigen Porträtminiaturen versammeln sollte. Man nannte sie Panpoëticon Batavuum (etwa: Alle Dichter der Niederlande). Van Halen hat bei diesem Projekt mehrere Nachfolger gefunden, sodass die Sammlung bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zumindest 350 Bildnisse umfasste. Sie waren alle gleichförmig gerahmt, nämlich mit vergoldeten Lorbeerkränzen, den Ruhmeskronen der Poeten. Van Halen hatte einen prächtigen Kabinettschrank dafür anfertigen lassen, in dem die Miniaturen in flachen Laden und chronologischer Folge aufbewahrt wurden. Die Sammlung war schon früh öffentlich und fand nicht nur viele Bewunderer, sondern auch literarische Würdigung und Anerkennung. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde sie an einen Kunsthändler verkauft und in alle Welt verstreut. Der kostbare Schrank ist verloren. Zumindest 82 der ehemals 350 Porträts konnten wieder erworben werden und befinden sich heute im Amsterdamer Rijksmuseum. Diese Sammlung ist ein ganz besonderer Schrein der Erinnerung. Porträts machen darin ebenso unsterblich wie die Worte der Dichter selbst.

Christina Leonora de Neufville. Nicolaas Verkolje, 1743. Alte Galerie Die qualitätsvolle Miniatur Verkoljes zeigt die niederländische Schriftstellerin, die auch den ehrenvollen Beinamen „der weibliche Voltaire“ trug, in einem eleganten Schreibgestus.


Imagepflege


Repräsentation

und

Statussymbol

Das Bewahren von Erinnerung an geliebte oder vorbildliche Menschen haben wir bisher als eine der wichtigsten Funktionen des Porträts kennengelernt. Die zweite, mindestens so starke Triebfeder war jedoch die Repräsentation und Selbstdarstellung – also sozusagen das Ich zum Du. Auch das hat natürlich mit Erinnerung zu tun, denn wenn ich mich selbst aufwendig präsentiere, möchte ich auch, dass sich jemand an mich erinnert, an ein bestimmtes Idealbild oder eine wichtige Funktion von mir, eine herausragende Stellung, die ich eingenommen habe. Dazu muss ich mich von meiner besten Seite zeigen. Dadurch sind Porträts wichtige Belege für den gesellschaftlichen Status der Dargestellten. Ausstattung und Kleidung, Hintergrund und Attribute geben uns klare, manchmal auch verschleierte Hinweise darauf, ob die Porträtierten arm oder reich, Machthaber oder Untertanen waren. Man kann verschiedenste Berufe, Funktionen und soziale Klassen erkennen. Porträts können sogar zeitgenössische soziale Ordnungen infrage stellen oder sprengen. Dadurch sind sie wichtige kulturhistorische Dokumente und helfen uns, die Gesellschaft vergangener Zeiten besser zu verstehen. Die Frage nach den Auftraggebern von Porträts in der Frühen Neuzeit ist nicht einfach zu beantworten, zu zahlreich sind die überlieferten Beispiele, die im Auftrag von Einzelnen, Gruppen oder Organisationen entstanden sind: Herrscher und Regentinnen, Adelige, Geistliche, reiche Bürgerinnen und Kaufleute, Soldaten, Künstler und ihre Freundeskreise, später sogar aufstrebende Handwerker. Es liegt jedoch in der Natur der Sache, dass es deutlich mehr Bilder von reichen und mächtigen Modellen gibt als von Armen und Machtlosen. Das Herstellen von Bildnissen und Skulpturen war teuer und aufwendig, „einfache“ Menschen waren vom Interesse und den Möglichkeiten eines Künstlers abhängig, der sich den Luxus eines Gratisporträts leisten konnte oder wollte. Die meisten von ihnen mussten ja ihr eigenes Prestige durch das Prestige der hochgestellten Auftraggeber heben. Die Klagen über die Bilder reicher Kaufleute und Bankiers, die nicht als edles Sujet betrachtet wurden, beginnen schon im 16. Jahrhundert mit zynischem Spott über die aristokratischen und militärischen Posen, die Bürgerliche dabei imitieren. Im Porträt geht es auch um Selbstbewusstsein, Selbstwert des Individuums, deshalb war die Gattung in selbstbewussten und vermögenden Kreisen der Gesellschaft, in denen das Individuum hohen Stellenwert genoss, besonders populär.

Infantin Maria Anna, Tochter Philipps III. und seiner steirischen Frau Margaretha. Juan Pantoja de la Cruz, 1607. Kunsthistorisches Museum Repräsentation und Statussymbole sind nicht auf Erwachsene beschränkt. Schon im zarten Alter von einem Jahr erscheint die kleine Infantin, eine spätere Kaiserin und Frau Ferdinands III., in der ganzen Pracht der spanischen Mode, in Schürze und steifem Kragen aus kostbarer Spitze. Sie trägt ein juwelenbesetztes Medaillon mit den Initialen ihrer Mutter Margaretha um den Hals und eine ganze Serie von kostbaren Amuletten am Gürtel: Heiligenbildchen, Marderpfote und Korallenfica waren rare und gesuchte Schutz- und Glücksbringer, das Glöckchen sollte sie leicht auffindbar machen.


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Oben Kostbarer Umlegkragen aus Leinen und Nähspitze. Niederlande, Reticella-Spitze aus Italien, 1625/40 Rechts oben und unten Bildnis der Mertijntje van Ceters. Niederlande, 1623 Karikatur einer Katze in menschlicher Kleidung. Kupferstich von Adriaen Matham, um 1620/30 Prachtvolle Spitzenkrausen und Hauben waren in den Niederlanden so allgegenwärtig, dass sie zur Karikatur werden konnten. Mitte Fein gefältelte Krause aus Leinen und Batist. Niederlande 1615/30 Alle Rijksmuseum Amsterdam

Kleidung unterlag in der Frühen Neuzeit festen Regeln und Normen, die durch offizielle Kleiderordnungen für die verschiedenen Stände der Gesellschaft festgeschrieben waren. Verstöße wurden streng geahndet. Man konnte also Angehörige einer bestimmten Berufsgruppe oder eines bestimmten Ranges an ihrer Kleidung erkennen. So musste auch beim Porträtieren die Wahl des angemessenen Kostüms genau überlegt werden. In der Regel wählte man eine möglichst vornehme, dem Stand und der Würde des Dargestellten angemessene Kleidung. Bürgerliche Auftraggeber imitierten – wenn sie es sich leisten konnten – Auftreten und Accessoires ihrer aristokratischen Vorbilder, auch sie erscheinen im Bild in ihrer prachtvollsten Kleidung mit vielen Statussymbolen und Attributen, die ihre herausragende Stellung sichtbar machen sollen.

Spitzenreiter Seit dem späten 16. bis zum 18. Jahrhundert sind Besätze mit feiner Nadelspitze, später Klöppelspitze, ein zentraler Blickfang an kostbaren Outfits. Anfangs wurden die überweiten Hemden der Männer einfach am Hals zusammengerafft, wodurch eine bald mit Spitzen besetzte kleine Krause entstand, die wie ein Kragen am Hemd angenäht war. Rasch entwickelten sich daraus immer größere „Krösen“, die bald losgelöst vom Hemd als selbstständiges Kleidungs- oder besser Schmuckstück getragen wurden. Anfang des 17. Jahrhunderts erreichten sie zum Teil Mühlsteingröße und mussten mit eigenen Drahtgestellen mühsam in Form gehalten werden. Ihre Pflege war so aufwendig und zeitraubend, dass nur spezialisierte Wäscherinnen und Büglerinnen die subtilen Gewebe säubern, stärken und mit feinen, oft silbernen Walzeneisen heiß in Form trimmen konnten – für wenige Stunden, dann fiel die ganze Pracht wieder in sich zusammen. In den 40er-Jahren des 17. Jahrhunderts kamen die steifen und unbequemen Krausen langsam aus der Mode – wenn auch konservativere Kreise noch länger daran festhielten – und machten breiten Umlegkrägen Platz, die aber ebenfalls mit kostbarer, zumeist italienischer Nähspitze verziert waren. Spitzen waren nicht nur schwierig herzustellen und außerordentlich teuer, sie waren so unpraktisch, dass sie bald zum Inbegriff von Luxus und Reichtum wurden.


Li. u. Hier geht wohl eine Krause mit einer Dame spazieren. Kupferstich von Adriaen Matham, um 1620. Rijksmuseum Amsterdam Re. u. Bordüre aus Nähspitze mit geklöppelten Rändern, Italien 16. Jh, Kulturhistorische Sammlung, UMJ

Oben Holländischer Spottdruck auf die ausufernde Luxusmode der großen Halskrausen. Die aufwendige Pflege der Krausen mit Stärke und Brandeisen war Spezialistinnen vorbehalten, die hier als geldgierige und tierische Fratzen dämonisiert werden. Den verwöhnten Damen, die sich damit schmücken, werden alle Höllenstrafen angedroht. Rijksmuseum Amsterdam


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-------Unbekannter Edelmann Österreichischer Maler

Ölgemälde, um 1635 Alte Galerie

Links Unbekannter Edelmann. Öst. Maler, um 1635. Alte Galerie Rechts Erdmann August von BrandenburgBayreuth. Heinrich Bollandt, 1645. Alte Galerie Beide Herren tragen Umlegkrägen mit kostbarer Spitze.

Obwohl uns dieser Dargestellte noch unbekannt ist, können wir anhand seiner Kleidung zumindest sagen, dass er in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts gelebt hat, sein Bildnis ist um 1635 entstanden. Auch bei ihm fällt die kostbare Kleidung sofort ins Auge. Die geöffnete Jacke ist über und über mit Goldborten und Goldlitze besetzt, deren komplizierte Raffungen mit den sorgfältig gelockten blonden Haaren korrespondieren. Im Blickpunkt steht jedoch die große Menge an teurer Spitze, mit der der weite Kragen in Doppelreihen besetzt ist, ebenso wie die Ärmel und die Brustpartie des Hemds, das unter dem geöffneten Rock sichtbar wird.

zeigt, dass er das lange Modellstehen nicht schätzte. Für den offiziellen Auftritt ist er aber mit einer Vielzahl von Statussymbolen ausgestattet – Kommandostab und Degen an einem besonders dekorativen Bandelier, das wie die Handschuhe mit prächtiger Reliefstickerei in Silber versehen ist. Der Hut am Tischchen neben ihm trägt gleich zwei Straußenfedern in den Wappenfarben Weiß und Rot, die ebenfalls teures Luxusgut waren. Sein auffälliger Anzug gibt einen guten Eindruck vom leicht schrillen, flamboyanten Stil der Männermode seiner Zeit, die mit besonders ausgefallenen Stoffen und Mustern, Dekorspitzen, Seidenbändern und BandschluppenBesatz glänzte. Das Kostüm ist ebenfalls in Rot-Silber gehalten, wobei der rote Stoff so dicht mit Silberborten besetzt ist, dass er kaum sichtbar wird. Prunkstück des Outfits ist jedoch der breite Kragen aus feinstem, durchscheinendem Batist, der mit besonders subtiler Nähspitze besetzt ist.

--------------Erdmann August von Brandenburg-Bayreuth Hans Ulrich von Eggenberg (1568–1634) (1615–1651) Heinrich Bollandt (1578–1653)

Ölgemälde, dat. 1645 Alte Galerie

Erbprinz Erdmann August war ein Bruder der zweiten Fürstin Eggenberg, beide Enkel des Kurfürsten von Brandenburg und deshalb aus höchstem Reichsadel. Der offenbar etwas problematische Charakter des Fürsten, der sich sogar mit seinem jüngeren Bruder ein Pistolenduell geliefert hatte, wird auch in dem kritischen, ein wenig ungeduldigen Blick deutlich, der

Unbekannter Maler

Ölgemälde, um 1600 Schloss Eggenberg

Diesen Herrn kennen wir besser: Es ist der junge Hans Ulrich von Eggenberg (1568–1634) am Beginn seiner außergewöhnlichen Karriere, die den Grazer Edelmann in die höchsten Ränge und Würden des kaiserlichen Hofes katapultieren sollte. Dazu hatte der ehrgeizige junge Mann zuerst in den Niederlanden und später am Grazer Habsburgerhof all seine vielseitigen Talente auf sprachlichem, juristischem und diplomatischem


-------Maria Eleonora Fürstin Eggenberg (1694–1774) Österreichischer Maler

Ölgemälde, um 1720/25 Schloss Eggenberg

Die junge Fürstin trägt ein prachtvolles Kleid aus Goldbrokat mit dekorativen bunten Geißblattranken. Dekolleté und Taille sind mit großen Diamanten akzentuiert. Das Kleid, offenbar ein Manteau, der lose über den Rücken fällt, hat weite trompetenförmige Ärmel mit geschlitzten, blattförmigen Säumen. Darunter wird die elegante Spitze des Unterkleids sichtbar, die auch den Ausschnitt umsäumt. Das Haar ist zu einem schlichten Chignon hochgesteckt, mit einer einfachen Perle als Schmuck. Die Haartracht spricht für eine Entstehung des Bildes um 1720/25, auch das Pudern der Frisur setzt sich erst nach 1720 allgemein durch.

Gebiet eingesetzt. Auch dieses frühe Porträt zeigt einen eleganten jungen Mann, der zeigen will, dass er „dazugehört“. Die Kleidung ist kostbar und modisch. Sie entspricht nicht der gängigen spanischen Mode mit ihrem strengen Schwarz, sondern zeichnet sich durch besonders prächtige Stoffe und Materialien aus. Er trägt auch keine Krause, sondern einen feinen Umlegkragen aus Batist und venezianischer Nadelspitze, der durch ein Gestell (Rebato) hochgeklappt wurde. Über dem Wams mit den gepolsterten Picadillos an den Schultern trägt er noch ein zweites Wams aus Leder und einen prächtigen Metallkragen, der mit feuervergoldeten Ornamenten verziert ist. Die Kleidung zeigt viele kostspielige Feinheiten, das Wams mit seinen aufwendigen Silberstickereien, das Lederkoller mit silbernen Borten und seinem Verschluss aus modischen Puntas (Bänder mit Metallstiften). Viele dieser Details verweisen eher nach Frankreich oder in die Niederlande, vor allem der Metallkragen wurde in dieser Form in den Niederlanden und England getragen. Er deutet auch auf eine militärische Funktion hin, denn solche Halsbergen waren Teile von Rüstungen. Die reduzierte Form ist sehr selten und ungewöhnlich, denn im Allgemeinen trug man entweder Wams oder Brustharnisch. Vielleicht hat sich der junge Eggenberg hier also in modischer Kleidung malen lassen, die noch von seinem Aufenthalt in den Niederlanden stammt. Das Fell, mit dem der Mantel Eleonoras gefüttert ist, ist sehr selten und kostbar. Von welchem Tier stammt es?

Über dem Brokatkleid trägt Maria Eleonora einen blauen Samtmantel, der von einer rosa Seidenschleife dekorativ zusammengehalten wird. Das Mantelfutter aus Hermelin bezeugt ihren hohen Rang, denn der kostbare und seltene Hermelin (das weiße Winterfell des großen Wiesels) war nur Fürstenhäusern und regierenden Monarchen vorbehalten. Auch mit dem Stoffmuster erhalten wir einen besonderen Hinweis: Geißblatt war ein Symbol der Liebe und Verbundenheit, es sollte die Trägerin als treue und liebende Ehefrau darstellen. Die Darstellung ist wohl nur wenige Jahre nach der Vermählung der Fürstin mit Patrick Graf Leslie 1719 entstanden.

Oben Hans Ulrich von Eggenberg. Unbekannter Maler, um 1600 Unten Maria Eleonora Fürstin Eggenberg im Hermelinmantel. Unbekannter Maler, 1720/25 Beide Schloss Eggenberg


tugendhaften und wohltätigen Leben. Das Kreuz liegt auf dem habsburgischen Doppeladler und ist von einer Schriftrolle mit Salus et Gloria bekrönt. Ewiges Heil und Ruhm würde ein Ordensleben den Mitgliedern bescheren. Da dies die höchste Auszeichnung war, die eine adelige Dame bei Hofe erreichen konnte, ist Anna Theresia von Petazzi, die am 3. Mai 1762 in den Orden aufgenommen wurde, also zu Recht stolz darauf.

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-------Eva Ferg von Sternhaim (1610–?) Österreichischer Maler

Ölgemälde, um 1613/15 Alte Galerie Bez: Eva Catharina Förgin von Sternhaimb. Geborn den vierten May. Anno 1610.

-------Anna Theresia Gräfin Petazzi Steirischer Maler

Ölgemälde, um 1775 Alte Galerie Bez.: Anna Thresia Graefin von Pettazi. Gebohren den 3ten Augusti Anno 1733. Ihro Röm: Kögl: K(aysl): Mayes(tät) SternG(reuz)Ort(ens) Damme

Anna Theresia Gräfin Petazzi mit Sternkreuzorden. Steirischer Maler, um 1775. Alte Galerie

Gräfin Petazzi, aus einer alten Triestiner Offiziersfamilie stammend, zeigt sich uns sitzend vor einem neutralen Hintergrund, der die modische Pracht ihrer hochgetürmten Frisur, auf der noch eine rosengeschmückte Haube thront, besonders hervorstechen lässt. Ernst blickt sie uns an, denn sie war scheinbar eine ernsthafte und tiefreligiöse Frau, möglicherweise ist das schmale Bändchen, das sie in der Hand hält, ein Gebetbuch. Im Sitzen wölbt sich der weit ausladende Reifrock der mattblauen Seidenrobe nach oben. Viele Diamanten – im Haar, an den Ohren, auf Hals und Armbändern – zeugen von der hohen Stellung, die sie allen vor Augen führen möchte. Ihr wichtigster Schmuck ist jedoch der große Anhänger, den sie an einer schwarzen Masche am Ausschnitt trägt. Er zeigt, dass sie Mitglied des „Hochadeligen Frauenzimmer-Sternkreuzordens“ war, eines österreichischen Damenordens, der vom Haus Habsburg gestiftet und nur den erlauchtesten Damen des Adels vorbehalten war. Sein Zentrum ist ein der Legende nach verlorenes und später wiedergefundenes Reliquienkreuz, das als Symbol für die Verehrung des heiligen Kreuzes diente, der sich die Ordensdamen ebenso verpflichten mussten wie einem besonders

Diese lustige Mischung aus einem Christbaum und einem Kind ist die kleine Eva Ferg. Aus einer gerade erst geadelten oberösterreichischen Familie stammend, wurde das Mädchen für ihr wohl erstes Porträt so aufgeputzt, dass es fast lächerlich wirkt. Obwohl sie höchstens drei bis vier Jahre alt sein kann, ist sie gekleidet wie eine erwachsene Frau. Folgsam steht sie da – sicherlich für lange Tage –, bis der Maler endlich fertig war. Über einem gelben Unterkleid trägt sie ein grünes Samtkleid mit Silberborten und sehr dekorativen Überärmeln in Herzform. Die waren aber nicht nur schön, sondern hatten auch einen Zweck. Man konnte Kleinkinder, die noch nicht sicher laufen konnten, an solchen „Gängelbändern“ quasi steuern und führen wie kleine Pferdchen. Die mehrlagige steife Spitzenkrause hält das Gesicht aufrecht, dem man ansieht, wie wenig Spaß ihr das lange Modellstehen macht, für das sie offenbar mit allem Schmuck, der in der Familie vorhanden war, bestückt wurde: zwei Armbänder, drei Ringe, Ohrringlein, eine lange Halskette, ein üppiger Schmuckgürtel, der viel zu lang für sie ist, und noch ein prächtiger Anhänger an einer roten Masche. Dazu trägt sie noch einen aufwendigen, diademartigen Haarschmuck, dessen Ornamente sich aus dem S (des Namens Sternhaim) und dem Stern im Familienwappen zusammensetzen. Da auch ihr kleiner Hund mit auf das Bild musste, hat auch er ein vergoldetes Halsband umgelegt bekommen. Hatte die Familie Ferg – ihr Vater Wolf Ferg war Zeugskommissär in Oberösterreich und 1610 als „von Sternhaim“ in den Ritterstand erhoben worden – damit die neue Würde angemessen zum Ausdruck gebracht, musste auch noch eine moralische Botschaft übermittelt werden. Das Mädchen hält einen Apfel in der rechten Hand, wohl eine Anspielung auf ihren Taufnamen Eva. Mit dem Biss in den verbotenen Apfel hatte die erste Eva die Menschheit aus dem Paradies


vertrieben und alle Frauen trugen in den Augen der heiratete 1665 in Murau den steirischen Hammerherren Zeit immer noch diese latente Gefahr des Verderbens (Eisenindustriellen) Mathias Ludwig von Gressing. Es in sich. Deshalb muss die kleine Eva diese Mahnung an war also ein Schwiegermutterporträt, das aus dem die Erbsünde mit sich führen, in der Hoffnung, dass sie Besitz der Familie Gressing schließlich ins Museum durch ein gottgefälliges Leben davon erlöst werde. Auf gelangte. diese Hoffnung spielt wohl auch die allegorische Gestalt Sie selbst stammte aus einer noblen und sehr der Hoffnung auf dem großen Anhänger an, den sie auf katholischen Tiroler Familie, ihr Onkel Maximilian von der Brust trägt. Mohr hatte es am Innsbrucker Hof sogar zum Kanzler, Regierungspräsidenten und Direktor des Geheimen Rates gebracht und war 1650 in den Grafenstand erhoben worden. Reichtum, Adelsstand und Frömmigkeit sind Ursula Pock von Arenholz, geb. auch Fakten, die in ihrem Bildnis hervorgekehrt werden. Mohr von Lichtenegg (1615–?) Der Wohlstand spiegelt sich in dem kostbaren Schmuck, Österreichischer Maler den Ursula dem Betrachter gleichsam entgegenhält, Ölgemälde, 1646 und der gediegenen Aufmachung in schwarzem Brokat Alte Galerie mit der riesigen Mühlsteinkrause um ihren Hals, die Bez: Aetatis Suae 31. Anno 1646. 1646 eigentlich schon lang aus der Mode gekommen Wie ähnlich Porträts von Kindern und Erwachsenen war. Das Festhalten an traditionellen Formen zeigt auch waren, zeigt der Vergleich zwischen Eva Ferg und dieser eine konservative, traditionelle Einstellung. Ebenso etwas streng blickenden Dame, die wir durch Wappen aufrecht wie die Säule, die wir schon als Sinnbild der und Altersangabe als Ursula Mohr von Lichtenegg Standhaftigkeit kennengelernt haben, war wohl auch ihr identifizieren können. Sie hat sich auf Umwegen in die Glaube, den sie mit dem Gebetbuch, auf dem ihre Linke Steiermark verirrt, denn ihre Tochter Ursula Margarethe ruht, zum Ausdruck bringt.

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Links Eva Ferg von Sternhaim. Öst. Maler, um 1613/15 Rechts Ursula Pock von Ahrenholz. Öst. Maler, 1646 Beide Alte Galerie


Zur Identifikation gibt sie uns einen einzigen Hinweis, der jedoch mehr zur Verwirrung als zur Klärung beiträgt, weil er so außergewöhnlich ist. In der linken Hand präsentiert sie an einer kostbaren Goldkette das Juwel des höchsten habsburgischen Ordens vom Goldenen Vlies, der niemals an Frauen verliehen wurde und ausschließlich höchsten Würdenträgern der spanischen und österreichischen Territorien der Familie Habsburg vorbehalten war. Wieso präsentiert ihn eine Frau? Gibt sie ihn nach dem Tod ihres Mannes zurück, wie es üblich war? Will sie uns sagen, dass auch sie die höchste Tugend der Vliesritter, die Treue gegenüber dem Souverän, besitzt und hochhält? Bislang ließen sich diese Fragen nicht beantworten. Aber das Gemälde ist so ausdrucksstark und von so hoher malerischer Qualität, dass wir uns diese Frage immer weiter stellen werden.

-------Edelmann mit Gnadenpfennig Oberitalien (?),

Ölgemälde, dat. 1580 Alte Galerie Bez: Aetatis suae 49 – 1580

-------Dame mit Goldenem Vlies Niederlande

Ölgemälde, um 1625/30 Alte Galerie In dieser Dame begegnen wir wohl der geheimnisvollsten Person in unserem exklusiven kleinen Zirkel von Porträtierten. Unverkennbar aristokratisch in Haltung und Ausstattung, blickt uns eine Dame mittleren Alters entgegen, die uns mit ihrem klugen, offenen Blick sofort gefangen nimmt. Es ist Winter, sie trägt ein wärmendes Pelzcape über dem schwarzen Kleid, wieder rahmt und betont eine feine Spitzenkrause das ernste und schöne Gesicht. Manschetten und das unvermeidliche Spitzentaschentuch waren ebenfalls Standardaccessoires für reiche Damen. Das dunkle Haar ist am Hinterkopf hochgesteckt und mit einem Perlenreif und roten Maschen geschmückt, die einen leuchtenden Farbakzent in dem dunklen Bild setzen.

Auch das ist ein Bildnis, das viele Fragen aufwirft. Schnell kann man hier erkennen, dass wir es mit einem wichtigen Mann zu tun haben. Die ernste und würdevolle Haltung, die strenge „spanische“ Kleidung, Waffen und Schmuck lassen auf einen Vertreter des Hofes, einen Mann mit einem wichtigen Amt schließen. Wir finden ein Wappen und eine Beschriftung, die uns Datum und Lebensalter des Dargestellten verraten, 1580 war er 49 Jahre alt. Leider stellt sich nach längerer Prüfung heraus, dass das Wappen übermalt und falsch ist, sodass uns das keine wirkliche Hilfe bringt. Zumindest ein Teil der Beschriftung ist ebenfalls eine spätere Ergänzung und damit auch unsicher. Wie können wir trotzdem herausfinden, wer der Mann gewesen ist? Einiges verrät er uns ja mit seinem Bildnis. Unser unbekannter Würdenträger trägt Kleidung, die der „spanischen Mode“ entsprach: ein körperenges Wams, das mit Fischbein verstärkt und ausgestopft war, um die Körpersilhouette straff zu modellieren, und darüber die Capa, den capeartigen spanischen Mantel, der hier mit Pelz gefüttert ist. Er bleibt bis ins 18. Jahrhundert Element der Hof- und Beamtenkleidung. Vom darunter getragenen weiten Hemd ist außer den gerafften Manschetten und der eng gefältelten Krause nichts zu sehen. Dazu trägt er eine spanische Hutform, das krempenlose Toque, das auch mit Gold,


Edelsteinen oder Federn garniert werden konnte und das flache deutsche Barett der Renaissance ablöste. Die Kleidung ist konservativ und gehört eigentlich noch in die 70er-Jahre des 16. Jahrhunderts. Neben dem Degen, der den Edelmann auswies, gehörten als unerlässliches Accessoire die eleganten Lederhandschuhe zur Herren-Ausstattung, die in dieser Zeit sehr oft mit Ambra oder Moschus parfümiert und beliebte, kostbare Geschenke waren. Das zentrale Element dieses Porträts, das uns den entscheidenden Hinweis auf die Identität des Dargestellten geben könnte, ist jedoch die Ehrenkette, die er über dem Wams trägt. Ihr kostbarer Anhänger lässt sich eindeutig als Ehrenpfennig Erzherzog Karls von Innerösterreich (1540–1590) identifizieren, der vom italienischen Medailleur Antonio Abondi in eine kostbare Zierfassung gesetzt wurde. Wie viele Souveräne pflegte auch Erzherzog Karl verdiente Höflinge mit Ehrenpfennigen – kostbaren Medaillen an goldenen Ketten – zu belohnen. Diese trugen sie

als Zeichen ihrer Würde gut sichtbar auf der Brust. Der Ehrenpfennig beweist, dass unser Herr einen wichtigen Rang oder ein bedeutendes Amt am Grazer Hof Erzherzog Karls bekleidet haben muss und sich die Gunst des Souveräns erworben hatte. Da das Wappen auf dem Bild verfälscht ist, kann man nur aus dem genannten Lebensalter des Mannes – er war 1580 angeblich 49 Jahre alt – auf mögliche Berater Karls schließen. In Frage kämen entweder Georg von Khevenhüller (1533– 1587) oder Pankraz von Windischgrätz (1525–1591). Beide weisen nach den überlieferten Stichporträts eine große Ähnlichkeit zu unserer Darstellung auf, waren im richtigen Alter und in entsprechender Position bei Hofe. Khevenhüller bekleidete nach 1572 das Amt des Obersthofmeisters und Oberstkämmerers und zog sich 1580 – also im Entstehungsjahr unseres Porträts – vom Hofe zurück, was ein möglicher Anlass für Auszeichnung und Bildnis gewesen sein könnte. Auch Pankraz von Windischgrätz schied 1580 aus seinem Amt als Hofmarschall Erzherzog Karls aus.

Links Dame mit Goldenem Vlies. Niederlande, um 1625/30 Rechts Unbekannter Edelmann. Oberitalienischer Maler, 1580. Beide: Alte Galerie Gnadenpfennig Erzherzog Karls II. von Innerösterreich in einer Fassung von Antonio Abondi, 1567. Münzkabinett, Schloss Eggenberg


Würdenträger


Eine zeremonielle Gesellschaft In einer weitgehend formlosen Gesellschaft wie der unseren, in der es kaum noch Standesunterschiede gibt, kann man sich die einstige Bedeutung von Rang, Würde und Ehre – stets verbunden mit der Nähe zum kaiserlichen Hof – kaum noch vorstellen. Im 17. und 18. Jahrhundert jedoch waren solche Fragen von lebensbestimmender Bedeutung. Um ein besonderes Vorrecht oder den Vorrang vor einer anderen Familie wurde oft über Generationen hinweg erbittert gekämpft und prozessiert. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts bildete sich ein immer strenger reglementiertes und formalisiertes Zeremoniell an allen großen Höfen Europas heraus, so auch in Wien, das wegen der familiären Verbindung des Hauses Habsburg besonders vom spanischen Hofzeremoniell beeinflusst war, das in Wien jahrhundertelang fortbestand. Immer komplexer und strikter wurden die Abläufe des höfischen Lebens und der staatlichen Zeremonien, ebenso wie jene der Verwaltung. Um einen hohen Rang einzunehmen, also eine „wichtige Familie“ zu sein, genügte bald nicht nur die hohe Geburt, sondern Nähe und Gunst des Kaisers waren entscheidend. Gehörte man zum Kreis der engsten Berater und Würdenträger des Monarchen, saß man an den Schaltstellen der Macht. Das waren im Besonderen die Mitglieder des Ordens vom Goldenen Vlies, die Mitglieder des Geheimen Rates und die Inhaber eines Kämmerer-Ranges. Aus ihren Reihen wurden die höchsten staatlichen Beamten und Würdenträger bestimmt. Der Geheime Rat war der exklusive Zirkel, der den absolut – also in allen Gewalten allein herrschenden – Kaiser beraten konnte und damit bedeutenden Einfluss hatte. Kämmerer bekleideten ein uraltes, aus dem Mittelalter stammendes Hofamt, das unter dem Kommando des Oberstkämmerers für die kaiserliche Kammer, also den privaten Wohnbereich und die Garderobe des Kaisers zuständig war, somit für das Ankleiden und das Abziehen des Monarchen sowie überhaupt für dessen Wohlbefinden, für die Organisation der Audienzen, aber auch für die kaiserlichen Sammlungen und die Schatzkammer. Im Laufe des 17. Jahrhunderts wurden immer mehr Kämmerer ernannt, die diesen Aufgaben gar nicht oder nur sehr selten selbst nachkamen. Der Kämmerertitel war ein Ehrenamt geworden, eine „Belohnung“ des Kaisers, der dem Träger aber große Bedeutung und Vorrechte verschaffte. Der bei der Verleihung überreichte Kämmererschlüssel symbolisierte diese Nähe zum Monarchen und den erleichterten Zutritt zur kaiserlichen Kammer. Viele

hohe Adelige ließen sich den Erwerb des Schlissels, wie das Amt im Barock salopp genannt wurde, deshalb viel Geld kosten, denn oft musste man bei den schon etablierten Höflingen zur Protektion etwas „nachhelfen“, viele kostbare Ehrengeschenke wurden dabei verteilt. Eifersüchtig achtete man darauf, diese einmal erworbene Würde auch deutlich zu demonstrieren. Vor allem in offiziellen Porträts nahmen solche Rangabzeichen eine zentrale Rolle ein. Neben dem Kämmererschlüssel oder höfischen Orden wie dem Goldenen Vlies zeigt sich der Rang auch noch in einer traditionellen Hofkleidung, welche die Würdenträger bei allen Auftritten obligatorisch tragen mussten und ihre hohe Stellung kenntlich machte. Über Jahrhunderte diente in Wien das sogenannte Spanische Mantelkleid als „Hofuniform“, bevor im 19. Jahrhundert dann zivile Uniformen entstanden, die nach militärischem Vorbild geschnitten waren. Das Spanische Mantelkleid war ein Relikt aus den Tagen der spanischen Mode des frühen 17. Jahrhunderts, die das gesamte Hofzeremoniell prägte. Das stets schwarze Mantelkleid bestand aus einem langen Rock, Kniehose und einem weiten Mantel sowie Federhut und Degen. In seiner kostbarsten, gespitzten Form – in Seide mit üppigen Spitzen und goldenen Borten besetzt – war es nur den höchsten Rängen, geheimen Räten und Kämmerern, vorbehalten. Einfache Hofräte trugen das Mantelkleid aus schwarzem Tuch ohne Besatz. Auch der Kaiser selbst erschien bei offiziellen Anlässen in dieser Hoftracht, jedoch in Gold oder Rot.

Oben Die kaiserliche Tafel in der Ritterstube der Hofburg anlässlich der Erbhuldigung Kaiser Josephs I. 1705. Kupferstich von J. A. Pfeffel und C. Engelbrecht. Privatbesitz Unten Kämmererschlüssel vom Hof Maria Theresias, um 1745. KulturhistorischeSammlung, UMJ.



-------Johann Adam Graf Questenberg (1678–1752) Christian Seybold (1695–1768)

Ölgemälde, 1723 Alte Galerie

Das Gemälde ist, wie man aus einer druckgrafischen Version entnehmen kann, aus Anlass der Verleihung einer hohen Hofwürde entstanden. 1723 ernannte Kaiser Karl VI. Graf Questenberg zum wirklichen Geheimen Rat und Kämmerer. Er gehörte damit zum engsten Beraterkreis des Kaisers. Diese Auszeichnung macht auch das sehr formelle und mit allen Hoheitszeichen versehene Bildnis deutlich. In seiner neuen Amtstracht – dem Spanischen Mantelkleid – sitzt Questenberg auf einem vergoldeten Prunksessel an einem ebenso kostbaren Schreibtisch, auf dem ein kaiserliches Dekret, wohl seine Ernennungsurkunde, und der Kämmererschlüssel liegen. Stolz präsentiert sich der Graf in Allongeperücke und der gespitzten, also mit üppigen Spitzen dekorierten, exklusivsten Version der Hoftracht, die zu tragen ihm sein neuer Rang als geheimer Rat nun endlich erlaubte. Seine rechte Hand ruht auf der Sessellehne, die Linke ist im Rednergestus erläuternd nach vorn gestreckt. Aufgabe des Beraters war es schließlich, durch geschliffene Argumente zu überzeugen, deshalb diese aus der Rhetorik, also der Redekunst, stammende Geste, die die neue Aufgabe jedermann vor Augen führen will. Questenberg war in dieser Tätigkeit jedoch nicht sehr erfolgreich und scheint die Gunst des Kaisers bald verloren zu haben. Schon wenige Jahre später zog er sich auf seine mährischen Güter zurück. In Erinnerung bleiben wird der feinsinnige Kunstmäzen vor allem durch sein musikalisches Talent. Er war ein begabter Lautenist und Komponist, der sich vor allem der Förderung des Musikschaffens und Opernaufführungen widmete. Ein sehr viel persönlicheres Porträt von Jan Kupecky zeigt ihn später auch mit der Laute im Arm in ganz privater Aufmachung in seiner Bibliothek.

»Von Weyl: in Gott ruhenden Kayl: und Königl: Cathol: Mayt: Carl des Sechsten alhier hinterlassenen Herren Geheimen Räthen wegen Ersthöchst ged: Kayl: Mayt: und Regier. Komm. Wirkhlichen Geheimen Rath undt Hofmarschallamts Verwaltern in Steyr Herrn Carl Cajetan Grafen von Leslie zu zustellen«

Auch er trägt die Abzeichen der neuen Würde, das gespitzte Spanische Mantelkleid über goldener Brokatweste und einem Hemd, dessen feine Manschetten und Spitzenkrawatte einen kostbaren Akzent setzen. In die gefältelte Krawatte ist sogar sein persönliches Wappen – die drei Schnallen – eingearbeitet. Auch er trägt Allongeperücke. Leslie entstammte einer alten schottischen Familie, die es im kaiserlichen Militärdienst mit Mut und Skrupellosigkeit zu einem beträchtlichen Vermögen gebracht hatte. Die zweifelhaften Wurzeln dieses Aufstiegs waren längst in Vergessenheit geraten. Carl Cajetan Graf Leslie (1696–1761) Die Leslie hatten sich zu diesem Zeitpunkt einen Österreichischer Maler unumstrittenen Rang erworben und waren mit den Ölgemälde, 1741 ersten fürstlichen Häusern verwandt und verschwägert. Schloss Eggenberg Carl Cajetan, der als besonders lebenslustig und Auch Carl Cajetan Leslie ließ dieses Repräsentationsbild trinkfreudig beschrieben wird, beerbte seinen früh wohl aus Anlass einer Amtsverleihung anfertigen. Als verstorbenen älteren Bruder und kam damit in den 1741 ein Teil des kaiserlichen Hofstaates nach Graz Besitz des prächtigen Grazer Stadtpalais der Familie übersiedelte, wurde Leslie zum Hofmarschall ernannt. Leslie in der Raubergasse. Es ist jenes Gebäude, in Damit das auch allgemein verständlich wird, hält er ein dem sich auch das Stammhaus des Universalmuseums Schreiben des Hofmarschallamts gut lesbar in der Hand: Joanneum befindet.

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Links Johann Adam Graf Questenberg nach seiner Ernennung zum Geheimen Rat und Kämmerer mit dem Abzeichen der neuen Würde, dem Kämmererschlüssel. Christian Seyboldt, 1723. Alte Galerie Rechts Carl Cajetan Leslie präsentiert einen Brief mit seiner Ernennung zum Hofmarschall. Er trägt die vorgeschriebene Hofkleidung, das Spanische Mantelkleid. Öst. Maler, 1741. Schloss Eggenberg


Gekrönte Häupter Anlass und Ort spielen für Entstehung und Form des Porträts eine große Rolle. Vor allem in Bildnissen von Fürsten oder Regenten können sich die wechselnden Rollen als Staatsmann oder Privatperson, als Kriegsherr oder Kunstmäzen widerspiegeln. Nicht selten spielt dabei auch politisches Kalkül eine Rolle, das Porträt kann als politisches Instrument eingesetzt werden.

-------Maria Theresia als Königin von Ungarn, 1741 Österreichischer Hofmaler, 1741 Schloss Eggenberg

Die junge Herrscherin ist hier in einem repräsentativen Staatsporträt in höfischer Umgebung mit Säulen und Vorhangdraperie gezeigt. Sie steht neben einem reich geschnitzten Tisch, auf dem ihr rechter Arm mit dem Zepter ruht. Auf dem Tisch liegt eine Krone, in der Linken hält Maria Theresia noch einen Reichsapfel. Die Insignien zeigen an, in welcher Rolle sie hier auftritt: Es sind die ungarischen Kronjuwelen um die heilige Stephanskrone. Auf die ungarische Magnatentracht verweist auch die Spitzenschürze, die Maria Theresia über dem prächtigen Brokatkleid trägt.

Maria Theresia als Königin von Ungarn in ihrer prachtvollen Krönungsrobe mit den ungarischen Kronjuwelen im Hintergrund. Unbekannter Maler, 1741. Schloss Eggenberg

Sie ist hier also als Königin von Ungarn, genauer gesagt im ungarischen Krönungsornat gezeigt, eine Rolle, die für die junge Herrscherin von größter Bedeutung war. Ihr Vater, Kaiser Karl VI., der im Herbst 1740 gestorben war, hatte keinen Sohn und Erben hinterlassen und alles getan, um seiner ältesten Tochter dennoch die Erbfolge zu sichern. Mit einem Gesetz, der sogenannten Pragmatischen Sanktion, bestimmte er, dass die habsburgischen Länder auch in der weiblichen Linie vererbt werden können. Trotz großer Anstrengungen schien es anfangs jedoch fast unmöglich, dafür die Anerkennung aller europäischen Höfe zu gewinnen. Ein großer europäischer Krieg brach um die zahlreichen Territorien aus, in dem Maria Theresia vorerst wenige Verbündete fand. Die Ungarn jedoch standen treu zu ihrer jungen Herrscherin und krönten sie am 25. Juni 1741 in Preßburg zum „König“ von Ungarn, eine Königin war in ihrer Verfassung schlicht nicht vorgesehen. Dies war der erste wichtige Schritt, ihre Herrschaft zu festigen und wurde deshalb in zahlreichen Darstellungen – zu Pferd am Krönungshügel – oder im Porträt festgehalten. Eine Flut von druckgrafischen Wiederholungen sollte diese Bilder einer jungen, starken und schönen Herrscherin in ganz Europa verbreiten.


-------Kaiser Karl VI. (1685–1740) und Kaiserin Elisabeth Christine (1691–1750) Jacob van Schuppen (1670–1751) Ölgemälde, 1725/30 Alte Galerie

Wisst ihr, welche Kronen das sind?

Ein politisches Statement ist auch dieses Porträt von Maria Theresias Vater, Kaiser Karl VI., das von dem aus Frankreich stammenden Kammermaler Jacob van Schuppen stammt. Für einen Herrscher, der in ständige kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt war, der um die spanische Erbfolge und gegen osmanische Heere kämpfen musste, ist die hier gewählte kriegerische Pose angemessen. In Harnisch, mit Feldbinde und Kommandostab in der Hand präsentiert er sich als aktiver und entschlossener Führer an der Spitze des Staates. Der juwelengesäumte Herrschermantel und die sogenannten „Regalien“ (Hauskrone und Reichsapfel) auf dem Tischchen neben ihm unterstreichen gleichzeitig die Legitimität, also Gesetzmäßigkeit, seiner Herrschaft. Das Gegenstück bildet das Bildnis seiner Frau Elisabeth Christine. Auch sie trägt einen Mantel aus Goldbrokat über einem kirschroten Samtkleid, das mit Juwelen und Goldstickerei reich dekoriert ist. In einer graziösen Geste hält sie eine einzelne lange Haarsträhne, die aus der modisch hochgekämmten Frisur über die Schultern fällt, und zeigt sich damit als weiblich anmutiges Gegengewicht zum martialischen Auftreten ihres Gatten.

Kaiser Karl VI. und seine Gemahlin Elisabeth Christine. Jacob van Schuppen, 1725/30. Alte Galerie


Rollenspiele


Normalerweise treten Porträtierte in angemessener Kleidung auf, die ihrem jeweiligen gesellschaftlichen Rang entspricht. Es gibt jedoch auch Ausnahmen, bei denen die Dargestellten in zeitloser Tracht oder einem Fantasiekostüm erscheinen. Wir haben das beim Familienporträt Attems schon kennengelernt. So ein Fantasiekostüm konnte auch Elemente enthalten, die an historische oder literarische Gestalten, an Figuren aus Mythologie oder Bibel erinnern. Wir finden dann eine Art Rollenspiel vor uns, die das Porträt zum Teil einer größeren „Erzählung“ macht, deren Kenntnis man beim gebildeten Betrachter voraussetzte. Dadurch verstanden sie leichter, was das Bild ihnen mitteilen wollte. Man nennt so etwas Portrait historié.

Wir kämpfen hier gerade gegen einen besonders starken Helden. Weißt du vielleicht, wie er heißt?

-------Kaiser Karl VI. als römischer Imperator Matthäus Donner (1704–1756) zugeschrieben

Bronze, M. 18. Jh. Alte Galerie

Kaiser Karl VI., den wir gerade in seiner Rolle des starken Feldherrn an der Spitze des Reiches kennengelernt haben, erscheint hier in einer noch anspruchsvolleren Rolle, nämlich als antiker römischer Kaiser in kommandierender Pose voranschreitend. Dazu trägt er auch ein antikes „Kostüm“, jedoch nicht die in Friedenszeiten übliche Toga, sondern kriegerische Tracht mit Harnisch und Feldmantel. Auf dem Kopf hat er bereits den Lorbeer des Siegers, zu seinen Füßen sitzt Jupiters Adler. Keine andere Rolle könnte angemessener sein als die eines römischen Kaisers, des Herrschers über ein Weltreich, das in den Augen der Zeitgenossen immer noch fortlebte. Die Habsburger betrachteten sich als legitime Nachfolger der römischen Caesaren und untermauerten diesen Anspruch auch durch zahlreiche Repräsentationsprojekte und Kunstwerke.

Kaiser Karl VI. als römischer Imperator. Bronzestatue, Mitte 18. Jh. Alte Galerie


mutigsten aller Tiere verband. Ihre Tracht, die barocken Masken- oder Theaterkostümen sehr ähnlich ist, konnte man damals sofort als jene der kämpferischen Göttin Minerva oder Pallas Athene erkennen, die Göttin der Kriegskunst, Klugheit und Tugend. Diese sehr männlichen Eigenschaften hatte sich erstmals im 17. Jahrhundert Maria de Medici, die kämpferische französische Königin, übertragen lassen. Sie stand für die starke, selbstbewusste Herrscherin, die weise für das Wohl des Staates sorgt. Dass auch Anna Franziska diese Rolle übernimmt und hier als kluge Kämpferin in den Ring tritt, ist eine mutige Entscheidung und sagt wohl einiges über ihr Selbstbewusstsein aus.

Welche ihrer guten Eigenschaften möchte Franziska hier betonen?

-------Wilhelm III., Prinz von Oranien (1650–1702) Jan de Baen (1633–1701) Ölgemälde, 1667 Alte Galerie

Ölgemälde, um 1670/75 Schloss Eggenberg

Noch deutlicher, vor allem noch politischer ist die Rolle, in die der junge Prinz von Oranien hier schlüpft. In einer Zeit der größten Bedrohung der Niederlande war er als Waise und „Kind des Staates“ erzogen und für die militärische Laufbahn ausgebildet worden. Schon der 17-Jährige posiert hier in der Rolle eines römischen Feldherrn, mit antikem Brustpanzer und den Pteryges (Lederstreifen) der Legionärstracht, die ausgestreckte Hand auf dem Kommandostab ruhend. Auf dem Baumstamm daneben liegt sein Helm, dessen Bekrönung – der zum Sprung geduckte Wappenlöwe und Federn in Weiß, Blau und Orange, den Farben des Hauses Oranien – erzählt, wer hier vor uns steht. Der Lorbeerkranz des Siegers ist schon um den Helm geschlungen.

Die junge Gräfin Kuefstein – eine Tochter des streitbaren Juristen Dr. Johann Paul Hocher, der aus bürgerlichem Stand zum Staatskanzler Kaiser Leopolds I. aufgestiegen war – tritt hier in einer ungewohnten Rolle auf. Während man von Frauen im konservativen Klima des österreichischen Hofes erwartete, dem traditionellen Frauenbild der gefügigen und sanftmütigen Ehefrau und Mutter zu entsprechen, die in Bildnissen höchstens in die Rolle der keuschen Mondgöttin Diana schlüpfen durfte, erscheint Anna Franziska hier ganz anders. Sie ist gerüstet wie eine Kriegerin mit Brustharnisch und Lanze, die Linke stützt sich auf ein am Boden abgestelltes Schild. Ein Löwenmaskeron ist auf ihrer rechten Schulter zu sehen und erinnert an alle Eigenschaften, die man mit dem

Wilhelm schlüpft hier in die Rolle des Scipio Africanus, eines römischen Feldherrn, der durch seinen Sieg über Hannibal Rom vor der Zerstörung bewahrt und damit ewigen Ruhm errungen hatte. Diese Pose ist etwas, das wir heute salopp als „eine Ansage“ bezeichnen würden, jedenfalls ein unerhörter Anspruch eines so jungen Mannes. In seltener Übereinstimmung verwandelte sich in diesem Fall jedoch Wunschvorstellung in Realität. Nur wenige Jahre später, 1672, verteidigte Wilhelm als Generalkapitän seine Heimat erfolgreich gegen den Angriff Ludwigs XIV. von Frankreich und seiner englischen und deutschen Verbündeten. Als Belohnung übernahm Wilhelm die Regentschaft der Niederlande. 1689 wurde er als Wilhelm III. auch zum englischen König gekrönt.

-------Anna Franziska Gräfin Kuefstein als Minerva Österreichischer Maler

Links Anna Franziska Gräfin Kuefstein als Göttin Minerva. Öst. Maler, um 1670/75. Schloss Eggenberg Rechts Wilhelm III. Prinz von Oranien als Scipio Africanus. Jan de Baen, 1667. Alte Galerie



Selfies Selbstporträts


Der unauslöschliche Drang nach Selbsterkenntnis und -erforschung macht Selbstbildnisse zu einem besonders faszinierenden Teil des Genres Porträt. Künstler und Modell verschmelzen darin zur Einheit. Wir Betrachter/innen gewinnen den Eindruck, ein privates Tagebuch zu lesen, das uns Einblick in die Persönlichkeit und die geheimsten Gedanken der Künstlerinnen und Künstler gibt. Selfies zu machen ist für uns so einfach und selbstverständlich, dass wir vergessen haben, wie schwierig es vor einigen Jahrhunderten war, ein Bild von sich zu erhalten, ja überhaupt zu sehen, wie man eigentlich aussah. Möglich wurde dies erst durch die venezianische Erfindung des flachen Glasspiegels im späten 15. Jahrhundert, davor waren polierte Metallscheiben oder ruhige Wasseroberflächen die einzigen bekannten Reflektoren. Keiner produzierte ein ausreichend klares Bild, um es zu malen. Spiegel blieben noch lange Zeit exklusive, teure Kostbarkeiten. Viele der frühen Selbstporträts sind also vor winzigen Spiegelscheiben oder Scherben entstanden. Ihr kleines, noch dazu seitenverkehrtes Bild musste erst mühsam, oft beim Licht einer einzigen Kerze, auf Papier oder Leinwand übertragen werden, ein schwieriger Prozess, der von Künstlern der Frühen Neuzeit viel Erfahrung und technisches Können verlangte. Die frühen Selbstporträts dienten aber noch anderen Zwecken als der Selbstbetrachtung, sie konnten Referenzen sein, die als Reklame der Künstler dienten, als Nachweis für besonderes Können und technische Fähigkeiten. Darin konnten sie experimentieren und frei von allen Einschränkungen, von Klientenwünschen und Rangordnungen neue Techniken und Sichtweisen ausprobieren. Wir haben schon einmal über die Strömung des Humanismus in der Frühen Neuzeit gesprochen. Sie rückte den Menschen, seinen Körper und Charakter in den Mittelpunkt des Denkens. Damit erfuhr das Thema Identität – also die Frage nach dem wahren Selbst des Menschen – auch in der Kunst mehr Aufmerksamkeit. In der Folge entstanden immer öfter Autobiografien und andere Formen der Selbstbetrachtung. Der bedeutendste Impuls für die rasche Entwicklung des Selbstporträts war jedoch eine veränderte Stellung des Künstlers in der Gesellschaft. Seit der Renaissance galt er nicht mehr als einfacher Handwerker, sondern verwandelte sich zum Intellektuellen, der an Fürstenhöfen mit Gelehrten und Wissenschaftlern konkurrierte. Seine Bildinhalte wurden komplexer und vielschichtiger. In diesem Veränderungsprozess diente das Selbstporträt als Medium, die neuen Vorstellungen von der eigenen Wertigkeit aufzuzeigen und zu verbreiten. Im 17. und 18. Jahrhundert entwickelten sich Selbstporträts zu gebräuchlichen Werbemitteln der Künstler, um mit eindrucksvollen Auftritten und

Können bei möglichen Auftraggebern zu punkten. Der erste Impuls war und blieb jedoch der Drang nach Selbsterkenntnis, die Frage nach dem eigenen Ich. Manche Künstler – wie z. B. der große Rembrandt – malten sich obsessiv ihr ganzes Leben lang.

-------Selbstbildnis Marten de Vos (1532–1603)

Ölgemälde, 4. V. 16. Jh. Alte Galerie

Dieses frühe Selbstporträt des Antwerpener Malers und gelehrten Humanisten Marten de Vos ist ein einprägsames Beispiel für den Drang nach Selbsterkenntnis des Intellektuellen. Die Darstellung ist ohne jedes Beiwerk auf die virtuos gemalten Züge des Malers fokussiert, der sein Spiegelbild – und damit gleichzeitig den Betrachter – mit durchdringendem, fragendem Blick fixiert. Das menschliche Gesicht als Fenster zur Seele zu betrachten, ist eine Vorstellung, die sich bis in die Antike zurückverfolgen lässt. Im Denken der Renaissance galt dieser Glaube an die Beredsamkeit des „nackten Gesichts“, aus dem der Kundige alle Geheimnisse ablesen könne, als selbstverständlich. Sie war die Grundlage für das Streben der Künstler nach psychologischer Differenzierung und Charakterisierung, die in dieser Darstellung so offensichtlich ist.

Oben Selbstbildnis. Marten de Vos, 4. V. 16. Jh. Alte Galerie


-------Selbstbildnis Johann Martin Schmidt, gen. Kremser Schmidt (1718–1801) Ölgemälde, um 1753 Alte Galerie

Als schönes Beispiel für das Selbstporträt als „Marketing-Instrument“ eines selbstbewussten jungen Malers kann dieses Bildnis des sogenannten Kremser Schmidt dienen, der sich damit möglicherweise als Kandidat für die Aufnahme in die Wiener Malerakademie vorstellen wollte. Er präsentiert sich in seinem Atelier in der für Künstler typischen nachlässigen Aufmachung mit geöffnetem Hemd und Rock, ein Hinweis auf das „Genialische“ seiner Profession. Daraus spricht auch der Stolz, seine Geltung durch eigenes Talent und Können errungen zu haben. Die Linke weist in bildbestimmender Geste auf seine Werkzeuge hin, auf die Palette mit den Farben, die in der Rechten liegt, auf Pinsel und Reibstein. Er erinnert uns damit ganz nebenbei, wie mühsam auch der Prozess der technischen Vorbereitungen für ein Bild war. Man musste ja die Farben selbst herstellen und konnte sie nicht fertig in der Tube kaufen. Auf der Staffelei im Hintergrund sieht man das Porträt eines älteren Mannes in altmodischer Kleidung, in dem man den französische Meistergrafiker Jacques Callot (1592– 1635) vermutet. Wenn das stimmt, zeigt uns der Maler auch gleich eines seiner großen Vorbilder.

-------Selbstbildnis Francesco Trevisani (1656–1746)

Ölgemälde, nach 1710 Alte Galerie

Links Selbstbildnis. Francesco Trevisani, nach 1710. Alte Galerie Rechts. Selbstbildnis mit Palette und Malutensilien. Johann Martin Schmidt, gen. Kremser Schmidt, um 1753. Alte Galerie

Dieses Bildnis des italienischen Malers Francesco Trevisani existiert in mehreren ähnlichen Versionen und war so populär, dass es 1769 auch in einen Sammelband mit berühmten Malerporträts aufgenommen wurde, eine späte Fortsetzung jener illustrierten Künstlerbiografien, die wir bereits im 16. Jahrhundert kennengelernt haben. Es präsentiert den Maler in pittoresker Aufmachung in pelzgefüttertem Ledermantel mit einer Art Husarenmütze auf dem Kopf im Akt des Malens. Der Blick ist wieder direkt in den Spiegel bzw. auf den Betrachter gerichtet. Wir nehmen ja vor dem Selbstbildnis eine seltsame, zweideutige Position ein. Scheinbar blicken wir in einen Spiegel, der uns aber nicht das eigene Bild, sondern jenes des Künstlers zurückwirft. Das Betrachten eines Selbstporträts kann manchmal den Eindruck erwecken, als würde man auf trügerische Weise in die Haut des Malers schlüpfen.

Kannst du erkennen, welche Gegenstände Maler benötigten, um Ölgemälde zu malen?



Hรถren sehen


Nicht nur Maler, auch Musikerinnen und Musiker ließen sich porträtieren, einige aus dem gleichen Antrieb, nämlich sich möglichen Klienten vorzustellen und den eigenen Ruhm für die Ewigkeit zu bewahren. Viele Musikerporträts können uns jedoch noch ganz andere Geschichten erzählen.

Wettstreit der Künste Seit der Antike beschäftigte die Künstler das Problem der Darstellung von Musik, also die Verbindung von Sehen und Hören. Diese beiden Sinne wurden am höchsten geschätzt, weil sie uns ermöglichen, die Welt zu erkennen: Die Augen helfen uns die Welt zu betrachten, die Ohren sind ein unentbehrliches Instrument des Erlernens. Musik mit ihren stabilen Rhythmen und Harmonien galt seit der Antike als Abbild der Weltordnung und war deshalb eine hochgeschätzte Kunstform, die zu den sogenannten „Freien Künsten“ zählte und gemeinsam mit den mathematischen Wissenschaften unterrichtet wurde. Die Malerei hingegen galt lange Zeit als simple, mechanische Tätigkeit. Und doch hatte sie einen Vorteil gegenüber der Musik, deren Töne sofort verklingen: Die Malerei kann dem Augenblick Dauer verleihen. Mit diesem Gedanken der Rivalität zwischen den Künsten, dem Paragone, spielen viele Darstellungen von Musikern und musizierenden Menschen in der Frühen Neuzeit.

Kennst du die fünf Sinne des Menschen?

-------Lautenspieler Gillis Remeeus (ca. 1620–1674)

Öl auf Holz, 3. V. 17. Jh. Alte Galerie

Remeeus’ wunderbares Porträt eines jungen Lautenisten zeigt uns sehr anschaulich, wie es Malern gelang, einen Sinn, der eigentlich unsichtbar ist, dennoch für das Auge erkennbar zu machen. Der Lautenspieler sitzt, vom Betrachter abgewendet, vor dunklem Hintergrund, der nur Gesicht und Hände, die die Laute schlagen, hervorhebt. Die Begeisterung und Inspiration des Musikers ist glänzend erfasst. Das Gesicht scheint fast von innen her zu leuchten, die Augen glänzen tränenfeucht, der Mund ist zum Singen leicht geöffnet. Er nimmt niemanden um sich wahr, sondern scheint sehnsüchtig den Klängen der Laute zu lauschen.

Lauten waren höfische Instrumente, deren zarte und sinnliche Töne in zahllosen Liebesliedern erklangen und die deshalb sofort an Freud und Leid der Liebe erinnerten. Lauten wurden als Symbol der harmonischen Verbindung zweier Liebenden gesehen, genauso vergänglich wie der Klang des Instruments. Auch bei unserem jungen Lautenisten weiß man nicht genau, ob seine Begeisterung nur der Musik oder vielleicht doch einer Angebeteten gilt, der diese Musik gewidmet ist. Wie auch immer, es ist dem Maler gelungen, den Bildraum mit dem sinnlichen Klang der Saiten zu erfüllen, die wir noch immer zu hören vermeinen.

Lautenspieler. Gillis Remeeus, 3. V. 17. Jh. Alte Galerie


-------Flötenspieler Links Flötenspieler. Oberitalien?, um 1730/40. Alte Galerie Rechts Musikerporträt. Oberitalien? um 1720. Alte Galerie Während der Flötist sich und sein Instrument auf elegant höfische Weise präsentiert, ist der Cembalist in einer ganz seltenen Momentaufnahme beim Dirigieren gezeigt. Die linke Hand liegt auf den Tasten, die Rechte ist im Augenblick des Taktschlags erhoben.

Sekunde vor dem Taktschlag festhält. Die dunklen Augen des Dirigenten sind mit Intensität und Konzentration Oberitalien? auf sein Gegenüber gerichtet, der Mund halb geöffnet, Ölgemälde, um 1730/40 als würde er Anweisungen geben oder mitsingen. Das Alte Galerie Bild ist in seiner informellen Art ein seltenes Dokument Ganz anders erscheint dieses Porträt eines Flötisten, alltäglichen Musizierens und scheint keine Rücksicht das weniger den Tönen als vielmehr der Person des auf höfische Porträt-Gepflogenheiten zu nehmen, vor Musikers gewidmet ist, der hier sein Instrument, allem der geöffnete Mund hätte als äußerst unfein eine Querflöte, präsentiert. Er erscheint in höfischer oder sogar bäurisch gegolten. Das Notenbüchlein Kleidung, umgeben von Notenblättern, gleichsam an auf dem Cembalo birgt wohl einen Hinweis, seine seinem „Arbeitsplatz“, im Spiel innehaltend. Wir dürfen Beschriftung lautet: Cantata Fatta in Tempo di Armata auf einen Berufsmusiker schließen, der – ähnlich dem del Sig: Maestro Cromattico Tibaldi TL (Cantata im Kremser Schmidt – hier ein Bildnis zur Bewerbung seiner Tempo einer Armata des Maestro cromattico Tibaldi.) Dienste benutzt. Ein Maestro cromatico ist in den Komödien des 18. Jahrhundert meist ein Musiklehrer, der im chromatischen Gesang („mit unterschiedlichen Musikerporträt Stimmen und anderen Zierlichkeiten“) unterrichtet. Oberitalien? Oder haben wir hier ein rares Porträt des italienischen Ölgemälde, um 1720 Komponisten Giovanni Battista Tibaldi (nach 1660– Alte Galerie nach 1736) vor uns, der seine eigenen Werke dirigiert? Vor diesem außergewöhnlichen Musikerporträt Tibaldi müsste zum Entstehungszeitpunkt dieses Bildes schlüpfen wir in die Rolle eines Orchestermusikers – die Mode verweist auf 1710/20 – bereits 50 Jahre alt oder Gesangsschülers, der auf seinen Dirigenten blickt. gewesen sein, der Dargestellte ist deutlich jünger. Oder Dieser sitzt am Cembalo, die Linke noch auf den Tasten, handelt es sich um einen künstlerischen Scherz, eine während die Rechte zum Einsatz erhoben ist. Das Bild Karikatur aus späterer Zeit? Wir können die Frage noch wirkt wie eine spontane Momentaufnahme, die die nicht beantworten.

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Lesendes Mädchen. Christian Seyboldt zugeschrieben, Mitte 18. Jh. Alte Galerie

-------Lesendes Mädchen Christian Seybold (1697–1768) zugeschrieben

Ölgemälde, Mitte 18. Jahrhundert Alte Galerie

Dieses blonde Mädchen wendet sich auch direkt an den „Zuhörer“, der vor ihrem Bildnis steht. Zwar musiziert sie nicht, doch sie liest uns vor von einem großen Bogen, der in Doppelkolumnen bedruckt zu sein scheint. Es ist kein Buch, sondern nur eine gefaltete Seite. Auf den ersten Blick scheint sie ein einfaches Mädchen zu sein, das schlichte Leinenmieder mit den blauen Schleifen und das kleine Blumensträußchen im Haar lassen sie

fast wie ein Hirtenmädchen erscheinen. Das ist jedoch trügerisch, denn die Tatsache, dass sie offenbar lesen kann, spricht für eine Erziehung in einer höhergestellten Familie. Vielleicht posiert die Kleine nur wie eine Gestalt aus einem modischen Schäferroman. Möglicherweise soll sie auch den Gehörsinn selbst personifizieren, denn sie liest nicht für sich selbst, sondern deutlich für jemand anderen. Der Kontrast zwischen der scheinbaren ländlichen Idylle und der belesenen Kleinen ist jedoch auffällig genug, um dem Blick aus den wachen Augen, der sich direkt an die Zuhörenden wendet, zu folgen. Was will sie uns erzählen?


Literaturauswahl

Eine kleine Auswahl von Literatur zum Weiterlesen:

Ann Jensen ADAMS, Public Faces and Private Identities in Seventeenth-Century Holland: Portraiture and the Production of Community, Cambridge, New York 2009. Trude ALDRIAN, Die Malerfamilie Raunacher, Phil. Diss., Graz 1941. Jane ASHELFORD, The Art of Dress. Clothes and Society 1500–1914, London 1996. Ilsebill BARTA, Familienporträts der Habsburger. Dynastische Repräsentation im Zeitalter der Aufklärung, Wien, Köln, Weimar 2001. Ulrich BECKER (Hg.), Alte Galerie. Meisterwerke, Graz 2005. Gottfried BIEDERMANN, Gabriele GMEINER-HÜBL, Christine RABENSTEINER, Bildwerke. RenaissanceManierismus-Barock. Gemälde und Skulpturen aus der Alten Galerie des Stmk. Landesmuseums Joanneum, Klagenfurt 1995. Annemarie BÖNSCH, Formengeschichte europäischer Kleidung, Wien, Köln, Weimar 2001. Lieke van DEINSEN, The Panpoeticon Batavûm, (= Rijksmuseum Studies in History 1), Amsterdam 2016. Saskia DURIAN-RESS, Schuhe. Vom späten Mittelalter bis zur Gegenwart, hg. v. Bayerischen Nationalmuseum München, München 1991. Herwig EBNER, Gerhard M. DIENES, Grazer Gastlichkeit. Beiträge zur Geschichte des Beherbergungs- und Gastgewerbes in Graz, Graz, Wien 1985. Cynthia FREELAND, Portraits and Persons. A Philosophical Inquiry, Oxford 2010. Martin GAIER, Jeanette KOHL, Alberto SAVIELLO (Hgg.), Similitudo. Konzepte der Ähnlichkeit in Mittelalter und Früher Neuzeit, Paderborn 2012. Avril HART, Susan NORTH, Seventeenth and Eighteenth-Century Fashion in Detail, London 1998. Günther HEINZ, Karl SCHÜTZ, Porträtgalerie zur Geschichte Österreichs von 1400 bis 1800 (= Führer durch das Kunsthistorische Museum 22), Wien 1976. Ralf von den HOFF, Felix HEINZER, Hans W. HUBERT, Anna SCHREURS-MORÉT (Hgg.), Imitatio heroica. Heldenangleichung im Bildnis. Würzburg 2015.

Katalog der Ausstellung: Angelika Kauffmann. Marie Ellenrieder. Malerei und Graphik, Rosengartenmuseum Konstanz, 1992.

Pfarrmatriken Graz-Hl. Blut, Taufbücher I–XX, 1589–1784, Trauungsbücher I–XVI, 1615–1791 und Sterbebücher I–XVIII, 1615–1800.

Katalog der Ausstellung: Angelika Kauffmann e Roma, Accademia Nazionale di San Luca, Rom 1998.

Johannes PIETSCH, Anna JOLLY (Hgg.), Netherlandish Fashion in the 17th Century (= Riggisberger Berichte 19), Abbegg Stiftung Riggisberg 2012.

Katalog der Ausstellung: Un ritrattista dell´Europa delle corti. Giovanni Battista Lampi 1751–1830, Castel del Buon Consiglio, Trento 2001. Katalog der Ausstellung: Dipingere la Musica. Musik in der Malerei des 16. und 17. Jahrhunderts, Kunsthistorisches Museum, Wien 2001. Katalog der Ausstellung: Dresscode. Mode von 1570 bis 1960, Landesmuseum Joanneum, Graz 2005. Katalog der Ausstellung: Renaissance Faces: Van Eyck to Titian, National Gallery London 2008. Katalog der Ausstellung: Mythos Rom. Das antike Fundament des barocken Staates, Landesmuseum Joanneum, Graz 2009. Katalog der Ausstellung: Face to Face. Die Kunst des Porträts, Schloss Ambras, Innsbruck 2014. Katalog der Ausstellung: Kluge Köpfe – Beredte Bilder. Gelehrtenbildnisse aus 450 Jahren Universitätsgeschichte Jena, Stadtmuseum Jena 2015. Katalog der Ausstellung: Nur Gesichter? Porträts der Renaissance, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck 2016. Ferdinand KHULL, Sechsundvierzig Briefe der Erzherzogin Maria an ihren Sohn Ferdinand aus den Jahren 1598 und 1599, Graz 1898 Almuth KLEIN, Anna PAWLIK, Köpfe, Masken, Charaktere. 77 1/2 Bildnisse (= Kulturgeschichtliche Spaziergänge im Germanischen Nationalmuseum), Nürnberg 2014. Eva-Bettina KREMS, Sigrid RUBY (Hgg.), Das Porträt als kulturelle Praxis (= Transformationen des Visuellen 4), Berlin, München 2016. Lars Olof LARSSON, Nur die Stimme fehlt! Porträt und Rhetorik in der Frühen Neuzeit, Kiel 2012. Karl PEITLER, Marko MELE, Barbara POROD, Daniel MODL, Lebensspuren. Die bedeutendsten Objekte der Archäologischen Sammlungen und des Münzkabinetts (= Schild von Steier 24), Graz 2011.

Agnes HUSSLEIN-ARCO, Georg LECHNER (Hgg.), Martin van Meytens der Jüngere, Wien 2014.

Volker MANUTH, Rudie van LEEUWEN, Jos KOLDEWEIJ, Example or Alter Ego? Aspects of the Portrait Historié in Western Art from Antiquity to the Present, Turnhout 2016.

Maria JEDDING-GESTERLING, Georg BRUTSCHER (Hgg.), Die Frisur. Eine Kulturgeschichte der Haarmode von der Antike bis zur Gegenwart, München 1988.

Bianca M. Du MORTIER (Hg.), Costume and Fashion, Rijksmuseum Amsterdam 2016.

Barbara KAISER, Paul SCHUSTER, Schloss Eggenberg. Architektur und Ausstattung, Graz 2016.

Christian ORTNER, Georg LUDWIGSTORFF, Österreichs Orden und Ehrenzeichen. Teil I: Die kaiserlich-königlichen Orden bis 1918, Wien 2017. Gill PERRY, Kate RETFORD, Jordan VIBERT (Hgg.), Placing faces. The portrait and the English country house in the long eighteenth century, Manchester 2013.

Johann RAINER, Du glückliches Österreich heirate. Die Hochzeit der innerösterreichischen Prinzessin Margarethe mit König Philipp III. von Spanien 1598/99 (= Veröffentlichungen der Historischen Landeskommission für Steiermark, Arbeiten zur Quellenkunde XXXVIII), Graz 1998. Henri de RIEDMATTEN, Nicolas GALLEY, JeanFrançois CORPATAUX, Valentin NUSSBAUM (Hgg.), Senses of Sight. Towards a multisensorial Approach of the Image, Rom 2015. Simon SHAMA, The Face of Britain: A History of the Nation Through Its Portraits, Oxford 2016. Johann SIBMACHER, New Wappenbuch, Nürnberg 1605, online: https://commons.wikimedia.org/wiki/ Siebmachers_Wappenbuch [Zugriff: 16.03.2018] Andreas TACKE, Stefan HEINZ (Hgg.), Menschenbilder, Beiträge zur Altdeutschen Kunst, Petersberg 2011 Viktor THIEL, Die innerösterreichische Zentralverwaltung 1564–1749, I: Die Hof- und Zentralbehörden Innerösterreichs 1564–1625, in: Archiv für Öst. Geschichte 105 (1916), S. 1–210. Johann Weichard VALVASOR, Die Ehre dess Hertzogthums Crain, Laibach 1689. Shearer WEST, Portraiture (= Oxford History of Art), Oxford 2004. Joanna WOODALL, Portraiture. Facing the Subject, Manchester, New York 1997. David WORTHINGTON (Hg.), British and Irish Emigrants and Exiles in Europe, 1603–1688, Boston 2010.



GesICHt und DU Porträts aus drei Jahrhunderten Ausstellung in Schloss Eggenberg 27.4.–31.10.2018

Text Barbara Kaiser Lektorat Jörg Eipper-Kaiser Franziska Juritsch Grafische Gestaltung Michael Posch Druck Medienfabrik Graz Papier h’fr. Bilderdruck matt, Umschlag 170g, Kern 135g Schrift Tram Joanneum ITC Charter

Abbildungen

Unser aufrichtiger Dank gilt:

Universalmuseum Joanneum 2,3,5,7-12,14,15 u.,16,18-25,27,30-58,61 r.u., 62-85

Dem Zisterzienserstift Rein, der Gutsverwaltung Herberstein und privaten Leihgebern sowie den Kolleginnen und Kollegen der Alten Galerie, des Münzkabinetts und der Kulturhistorischen Sammlung des UMJ für die freundliche Unterstützung durch wichtige Leihgaben und Informationen

Rijksstudio. Collected Works of Rijksmuseum 17,26,60,61 o. und re.u., Via Wikimedia Commons als Public Domain 6 The Met Museum 13 o. Eremitage St. Petersburg 13 u., 29 li. und 59 Kunsthistorisches Museum Wien 15 ob. Bayerische Schlösserverwaltung 28 Museo del Prado Madrid 29 re. Royal Collection Hampton Court

Der Universitätsbibliothek Graz, Sondersammlung/Restaurierung für wertvolle Hilfe bei Restaurierung und Digitalisierung Herrn Dr. Hannes P. Naschenweng für wertvolle Hilfe in allen genealogischen und heraldischen Fragen sowie Herrn Dr. Ulrich Becker und Dr. Paul-Bernhard Eipper für Unterstützung durch wichtige Forschungsergebnisse

© Universalmuseum Joanneum 2018 Der Medienfabrik Graz für die Unterstützung der Drucklegung




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