Glaubenskampf. Kunst der Gegenreformation in Graz

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Glaubenskampf

Kunst der Gegenreformation in Graz



Glaubenskampf Kunst der Gegenreformation in Graz 1. April bis 29. Oktober 2017

Ulrich Becker Mit Beiträgen von Christine Rabensteiner Barbara Kaiser


Der alte Glaube in der Defensive Um die Mitte des 16. Jahrhunderts hat die Lehre Martin Luthers weite Teile Mitteleuropas erobert. Viele Städte schließen sich der Reformation an. Die wichtigste geistige Bewegung der Zeit, der Humanismus, hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich innerhalb der gebildeten Eliten der Zeit ein reformationsfreundliches Klima ausbreitet. Auftakt ist der legendäre „Hammerschlag“, die Veröffentlichung der 95 Thesen, die Martin Luther im Oktober 1517 an die Tür der Schloss- und Universitätskirche von Wittenberg genagelt haben soll. Die daraufhin einsetzende rasante Ausbreitung der Reformation hat viele Ursachen. Neben religiösen Motiven und der immer schär­ feren Kritik an den zahlreichen innerkirchlichen Missständen sind es auch politische Gründe, die Städte, Stände wie Fürsten zum Glaubenswechsel bewegen. Sie wollen kirchliche Angelegenheiten endlich in eigener Verantwortung regeln, „Papst im eigenen Lande“ sein. Auch ist die Versuchung groß, den immensen kirchlichen Besitz an sich zu bringen. Die Habsburger, die im „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“ schon seit Generationen den Kaiser stellen, geraten zusehends in die Defensive. Sie sehen sich in besonderer Verantwortung für den alten Glauben und die römische Kirche. Zu der wachsenden Herausforderung im Inneren kommt eine äußere, als immer bedrohlicher empfundene Gefahr: die Expansion des Osmanischen Reiches und des Islam im Mittelmeerraum und in Südosteuropa. Allein Spanien, wo ebenfalls das Haus Habsburg regiert, ist dank seiner Militärmacht in der Lage, diesem Gegner, der auch als Glaubensfeind aufgefasst wird, die Stirn zu bieten. Damit beansprucht die spanische Monarchie – mit Portugal die erste koloniale Weltmacht der neueren Geschichte – den Rang der entscheidenden Vorkämpferin des allseits bedrohten Glaubens. Mäßigung und Versöhnung sind nicht in Sicht, im Gegenteil: Um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert stellt die Welt aus der Perspektive der katholischen Höfe in Wien und Madrid ein einziges Bedrohungsszenario dar. Neben den muslimischen Osmanen treten auswärtige protestantische Mächte auf den Plan: die Niederlande, England und Schweden. Umso entschiedener halten die Habsburger an der Vorstellung eines katholisch geführten, von ihnen dominierten Europas fest.

Cuius regio eius religio – Wes das Land, des der Glaube Diese berühmte Formel bezeichnet eine Entscheidung von größter geschichtlicher Tragweite, die im „Augsburger Religionsfrieden“ 1555 fällt. Landesfürsten und Reichsstädten wird das Recht eingeräumt, ihr Bekenntnis und damit auch jenes der Bevölkerung zu bestimmen. Die Untertanen haben sich der Obrigkeit zu fügen. So entstehen die Landeskirchen unter fürstlichem Patronat. Das evangelische Lager formiert sich und bildet bald die Mehrheit im Reich. Selbst die großen Bistümer sind kein verlässliches Bollwerk mehr, viele von ihnen werden protestantisch. Die Spaltung ist damit besiegelt. 4


Hans von Aachen, Werkstatt (Köln, 1552 – Prag, 1615)

Allegorie des Erdteils Europa Bez. re. u.: HVA (ligiert) Um 1600 Alte Galerie Im Zentrum thront die Verkörperung des Erdteils Europa. In der Rechten hält sie die päpstliche Krone, die Tiara, empor. Im Hintergrund ist die Prager Burg, der Hradschin, mit dem Veitsdom zu erkennen. Das Gemälde entstand im Umkreis von Hans von Aachen, der ein Hauptvertreter der um 1600 aufblühenden Kunst am Prager Hof Kaiser Rudolfs II. war. Europa erscheint hier als katholischer, von den Habsburgern dominierter Kontinent. Rechts haben sich weitere katholische Monarchien, darunter Frankreich, eingefunden. Links sind Minerva, die Göttin der Weisheit, des Handwerks und der Kriegskunst, sowie die Verkörperung des Wohlstandes angeordnet. Letztgenannte trägt den Flügelhut des Handelsgottes Merkur sowie ein Füllhorn, allesamt Zeichen einer gerechten, Künste, Handel und Gewerbe zur Blüte führenden Regierung. Die kaiserliche Fahne deutet an, dass all diese Vorzüge mit der Herrschaft des Hauses Habsburg zu verbinden sind. Die künstlerische Umsetzung schwieriger Begriffe in Bilder, die sog. Allegorie, ist ein Hauptkennzeichen der Kunst einer Zeit, die auf komplexe Botschaften größten Wert legte. Dies schloss ausdrücklich politische Anspielungen ein. Das gebildete, bei Hofe verkehrende Publikum war aufgefordert, solche Botschaften zu entschlüsseln. Besonders beliebt waren ganze Serien, die später oftmals auseinandergerissen wurden. Das Grazer Bild hat wahrscheinlich zu einem Zyklus der vier damals bekannten Erdteile gehört. (UB) 5


Erster Gegenschlag: Die „Katholische Reform“ Innerhalb der Kirche wächst das Bewusstsein um die Fülle jener Probleme, die nicht das Ergebnis äußerer Bedrohung, sondern inneren Verfalls darstellen. Die seit dem Mittelalter bekannten kirchlichen Zwangsmittel wie Exkommuni­ kation (lat. für „Ausschluss“) und Inquisition (lat. für „genaue Unter­suchung“) können Kritiker wie Gegner zwar mit Gewalt niederhalten, aber deren wachsenden Anhang kaum eindämmen. Auch wächst die Zahl der Klerike­r, die ungeachtet allen äußeren Glanzes, wie ihn das Papsttum der Renaissance entfaltet hat, eine Rückbesinnung auf die eigentlichen Aufgaben der Kirche fordern. Noch Leo X., ein typischer Vertreter der für ihren Kunstsinn legendären Dynastie der Medici, hat zu Beginn des 16. Jahrhunderts den Sinn seines päpstlichen Amtes vor allem im Daseinsgenuss gesehen. Die Heraus­forderung, die ihm im öffentlichen Auftreten eines unbekannten Augustinermönchs namens Martin Luther erwachsen ist, verkennt er völlig. Jetzt hingegen gilt es, die schon am Vorabend der Reformation geäußerte, ständig wiederholte Kritik endlich ernst zu nehmen. Die Summe all dieser Bemühungen sind die Entscheidungen, die auf dem Konzil von Trient (1545–1563) fallen. Sie betreffen wesentliche Glaubensinhalte wie Sakra­ mentenlehre, Heiligenkult und Bilderverehrung, aber auch grundlegende innere Reformen, die den schlimmsten Verfallserscheinungen gegensteuern sollen. Besonders wichtig ist die neu bekräftigte Rolle des Papsttums. Das wird dadurch legitimiert, dass es als von Christus selbst eingesetzt gilt. Dabei beruft man sich auf das berühmte Wort von der Schlüsselübergabe. Gerade diesen Punkt hatte schon Luther entschieden bestritten. Der hohe Klerus wird neu in die Verantwortung genommen und dazu verpflichtet, Bequemlichkeit durch Ernst und Aufopferung im Dienste einer höheren Sache zu ersetzen. Inbegriff des idealen Oberhirten wird Carlo Borromeo (1538–1584), der als Erzbischof von Mailand heiligmäßigen Ruf erlangt. So gewinnt die katho­ lische Kirche eine bis dahin nicht gekannte Geschlossenheit und Schlagkraft, die bereits an die Effizienz moderner politischer und wirtschaftlicher Organisationen erinnert. 6


Giovanni Pietro de Pomis (Lodi, 1569 – Graz, 1633)

Schlüsselübergabe an Petrus Um 1615 Alte Galerie Das große Altarbild zeigt eine kirchenpolitisch ent­ scheidende Szene aus dem Matthäusevangelium (Mt 16, 18–19), in der Christus ankündigt, Petrus die Schlüssel des Himmelreiches zu übergeben. Das Bild der Schlüsselübergabe zum Zeichen der Amtsübertragung findet sich bereits im Alten Testament, wo Gott nach dem Zeugnis des Pro­ pheten Jesaja den König von Juda, Eljakim, mit den Schlüsseln des Hauses David bedenkt (Jesaja 22, 20–22). Die monumentale Kulisse setzt die Kennt­ nis kirchlicher Architektur voraus, wie sie sich seit der Renaissance herausgebildet hat und in den Dienst des erneuerten Glaubens genomen wird. Sie folgt keinem konkreten Vorbild, sondern soll die Bedeutung des Vorgangs für die Entstehung der Kirche aus dem Willen des Gottessohnes betonen. Aus gegenreformatorischer Sicht ist die Berufung auf den biblischen Text zugleich eine erneute Rechtfertigung des Papsttums, das sich in direkter Nachfolge Petri und damit auch Christi sieht, eine von Luther heftig bestrittene Sonderstellung, die auch in dem Titel „Pontifex maximus“ (lat. für „oberster Brückenbauer“) anklingt, ein Erbe der römischen Antike. (UB)

Palma il Giovane, Umkreis (Venedig, um 1548 – Venedig, 1628) Engelspietà Alte Galerie Jacopo Negretti, gen. Palma il Giovane, unter­ hielt in Venedig eine große Werkstatt, um den enormen Bilderbedarf zu decken, der mit der Neuausstattung zahlreicher Kirchen und Paläste der „Serenissima“ entstanden war. Sein unüber­ sehbares Werk enthält zahlreiche sakrale Motive im Geist der Gegenreformation. Dazu gehört auch die Darstellung des toten Christus, den ein Engel nach mittelalterlichem Vorbild stützt. Der düstere Hintergrund lässt die fahle Haut des vom Kreuz genommenen Leichnams effektvoll hervortreten, eine Inszenierungstechnik, die der Maler seinem großen Vorgänger Tintoretto verdankt. Wie eine Hostie wird der leblose Körper zur Verehrung dar­ geboten, was zugleich einen zentralen Inhalt der vom Konzil von Trient neu bekräftigten Lehre der Verwandlung des Brotes, der Transsubstantiation, vergegenwärtigt. Im Sakrament ist Christus real präsent, wie es noch heute in der Erhebung der Hostie während der Messe (lat. „elevatio“) zum Ausdruck kommt: „Dies ist mein Leib, der für euch hingegeben wird.“ (UB) 7


Frans II Francken (Antwerpen, 1581 – Antwerpen, 1642)

Engel verehren die Hl. Eucharistie Alte Galerie Die Antwerpener Malerei des frühen 17. Jahrhunderts bringt nicht nur eine Fülle großer Altarbilder, sondern zahllose kleinformatige Werke hervor, sog. Kabinettbilder. Dank ihres handlichen Formats finden sie Eingang in zahlreiche, in dichter Hängung präsentierte Sammlungen der Epoche. Ihr Hauptmeister ist Frans II Francken, Hauptvertreter einer weit verzweigten, äußerst produktiven Künstlerfamilie. Die zumeist auf Kupfer gemalten Bilder zeigen u. a. sakrale, in der Gegenreformation aktualisierte Themen wie die Verehrung des Altarsakraments durch die Engel. Das Motiv des Priesters, der sich während der Messfeier mit der Monstranz in Händen umwendet, um der Gemeinde die Hostie zu zeigen, stammt noch aus der Zeit der Spätgotik. Hier deckt sich eine ältere Tradition mit der neuzeitlichen, von der Gegenreformation aufgegriffenen Kunsttheorie. Diese besagt, dass der Sehsinn (lat. „visus“) der vornehmste der fünf Sinne sei und zu unmittelbarer Erkenntnis der Glaubensinhalte führe. So gründen mittelalterliche und gegenreformatorische Bilderverehrung auf einer gemeinsamen Basis. Die zentrale Anregung liefert der Choral für das Fronleichnamsfest, der auf den großen Kirchenlehrer Thomas v. Aquin (um 1225–1274) zurückgeht. Das Sakrament wird dort als „panis angelorum“ (lat. für „Engelsspeise“) bezeichnet, wie es auch auf dem oberhalb zu erkennenden Schriftband zu lesen ist. (UB) 8


Hendrick de Clerck (Brüssel, 1570 – Brüssel, 1630)

Auferstehung Christi Um 1599/1600 Alte Galerie Maria von Bayern ersuchte für die Bestellung einiger Tapisserien und Gemälde Erzherzog Albrecht, den Regenten der Niederlande, um Vermittlung. Dessen Sekretär schrieb ihr 1599 aus Brüssel, dass er für ein Auferstehungsbild, das Maria ihrem Sohn Ferdinand schenken wollte, Hendrick de Clerck beauftragt habe. Vermutlich handelt es sich dabei um dieses kleine Gemälde. Die Auferstehung ist hier augenscheinlich mit dem Sieg Christi über Tod und Teufel verknüpft. Das Motiv des Tretens auf den Schädel und die Schlange der Versuchung gibt es schon in mittelalterlichen Malereien. In der evangelischen Kirche wird es häufig thematisiert, z. B. am Reformationsaltar der Stadtkirche St. Marien, Wittenberg (1548). So kann man beobachten, dass die beiden Konfessionen einander bei der Inszenierung wichtiger Glaubensinhalte beeinflussten. (CR) 9


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Das Haus Habsburg und seine Helfer: Neue Eliten für den alten Glauben In der Frühen Neuzeit ist es für einen Herrscher unmöglich geworden, ohne fähige Berater zu regieren. Dafür sind die politischen und administrativen Aufgaben zu komplex. Schon im späten Mittelalter schlägt die Stunde bürgerlicher Sozialaufsteiger, die sich ihre privilegierte Stellung im Dienst des Regenten ohne große Skrupel zu erhalten wissen. Ihre Fähigkeiten und ihr Vermögen verhelfen den oft unter notorischer Geldknappheit leidenden Fürste­n zum Verbleib an der Macht. Dies gilt umso mehr im Zeitalter der Glaubenskämpfe, in dem jahrhundertealte Gewissheiten wegzubrechen drohen. Einer solchen Situation sehen sich im Verlauf des 16. Jahrhunderts auch die Habsburger gegenüber. Ihr Haus­ besitz, die „Erblande“, sind ein getreues Spiegelbild der religiösen und politischen Lage Europas: Im Inneren fordert die Reformation die Glaubenstreue der Dynastie und ihrer verbliebenen Anhänger heraus, an den Grenzen zeigt sich immer deutlicher die von den Osmanen ausgehende Invasionsgefahr. Um ihr politisches Überleben zu sichern, nehmen die Habsburger neue Eliten in ihren Dienst, die jenseits der ansonsten unüberwindbaren Standes­ schranken auftauchen. Ungeachtet aller Risiken und Gefahren durch höfische Intrige­n und fürstliche Ungnade bewältigen sie den Aufstieg in geistliche wie weltliche Schlüsselstellungen in unmittelbarer Nähe des Herrschers. Zwei Männer im Umkreis Kaiser Ferdinands II. sind hierfür beispielhaft: Hans Ulrich von Eggenberg und Antonius Wolfradt. Eggenberg (1568–1634) ist beweglich genug, um seine einfache, zudem protestantische Herkunft durch Konversion und Diensteifer gegenüber seinem Herrn vergessen zu machen. Mit zahlreichen Würden, politischen Ämtern und großem Vermögen ausgestattet, ist er einer der erfolgreichsten Sozialaufsteiger jener Zeit: Dank seiner Intelligenz und Zielstrebigkeit erzielt er ein Höchstmaß an Macht und Einfluss und bekundet dies im Bau von Schloss Eggenberg auch öffentlich. Auch Antoniu­s Wolfradt (1582–1639) ist bürgerlicher Herkunft. Der aus Köln zugewanderte Schneidersohn durchläuft eine blendende Ordenskarriere. Dank seiner Begabung in Gelddingen wird er als „Finanzabt“ von Kremsmünster berühmt. Dieses Talent verschafft ihm Zutritt zum elitären Kreis des Wiener Hofes, dessen Politik er während des Dreißigjährigen Krieges maßgeblich mitgestaltet. Ebenfalls aus Köln stammt ein weiterer Reformer, Propst Jakob Rosolenz (um 1570–1629), der das Augustiner-Chorherrenstift Stainz zu einem Zentrum der Gegenreformation in der Weststeiermark macht. Den größten Anteil an der erfolgreichen Wiedereinführung des alten Glaubens im Land hat jedoch ein weiterer Zuwanderer aus dem Reich, der Schwabe Martin Brenner (1548–1616). Als Bischof von Seckau verfolgt er die Protestanten schonungslos, was ihm den Beinamen „Ketzerhammer“ einträgt. All diese Männer gehören nicht mehr den alten Eliten an, sind aber dank ihrer Leistungen unverzichtbare Helfer für Kirche und Dynastie. 12


Giovanni Pietro de Pomis (Lodi, 1569 – Graz, 1633)

Erzherzog Ferdinand als gerechter Streiter Um 1614 Alte Galerie In diesem Gemälde wird der zukünftige Kaiser Ferdinand II. wie in keinem zweiten als absoluter Verteidiger des wahren – katholischen – Glaubens präsentiert. Dabei bedient sich der Hofmaler Giovanni Pietro de Pomis ausschließlich einer allegorischen Bildsprache: Pallas Athene unterstützt den geharnischten Erzherzog in seinem Kampf gegen die Häresie. Diese ist eine alte Vettel, die gestürzt wird und der die Maske der Falschheit vom Gesicht fällt. Die Wahrheit, eine schöne junge Frau mit der Sonne der Erleuchtung an der Stirn, sowie Chronos, der Gott der Zeit, helfen dabei. Chronos hält die Unrast einer Uhr hoch, Ferdinand hat eine Waage mit Ohren in der Linken. Diese lässt an Mt 11, 15 denken: „Wer Ohren hat zu hören, der höre.“ Der Christ möge sorgsam abwägen, welchen Lehren er Glauben schenken soll. Ein Putto bringt Lorbeerkranz und Siegespalme heran, was die Gewissheit auf Ferdinands Sieg in seinem Kampf gegen die Protestanten bekundet. Darin ist ein Bezug zu Ferdinands Devise Legitime certantibus („den gerecht Streitenden“) zu sehen. Nur einem Gerechten sei die Krone zuzusprechen, was auf den zweiten Timotheusbrief des Apostels Paulus zurückgeht. Das Gemälde dürfte aus dem Umkreis von Ferdinands Mausoleum bzw. der Jesuitenuniversität kommen. Im Mausoleum selbst wurde die Szene im Fresko in der Kuppel über der Grablege von Matthias Echter um 1689 wiederholt. (CR) 13


Wiener Bildhauer Porträtbüste des Antonius Wolfradt Um 1650 Alte Galerie Die Büste dürfte zu einem Zyklus von Bischofsporträts gehört haben, wie sie der aus Konstanz stammende Bildhauer Johann Jakob Pock für das neue Chorgestühl des Wiener Stephansdoms um die Mitte des 17. Jahrhunderts geliefert hat. Aus dieser Zeit stammt die neue frühbarocke Chorausstattung, die der monumentale, ebenfalls von Pock gelieferte Hochaltar beherrscht und dessen Bild von Pocks Bruder Tobias stammt. Antonius Wolfradt (1582–1639), dessen Grabstätte sich im Stephansdoms erhalten hat, war eine der bemerkenswertesten Persönlichkeiten in der Geschichte der Gegenreformation in Österreich. Selbst von einfacher Herkunft, durchlief der gebürtige Kölner eine steile geistliche Karriere: Erst Zisterzienser­ mönch in Stift Rein und Pfarrer im nahegelegenen Gratwein, wechselte er den Orden und wurde 1613 Abt der Benediktinerabtei Kremsmünster. Seine enormen wirtschaftlichen Fähigkeiten trugen ihm die Bezeichnung „Finanzabt“ ein; 1623 erlangte er das einflussreiche Amt des Hofkammerpräsidenten. Seine Laufbahn krönte er 1631 mit der Wiener Bischofswürde, die er als geistlichen Auftrag und nicht als bloße Pfründe verstand. Zum engsten Beraterkreis des Kaisers gehörend, griff er in die hohe Politik ein und betrieb 1633/34 die Absetzung Wallensteins als Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee. (UB) 14


Giovanni Pietro de Pomis (Lodi, 1569 – Graz, 1633) Hans Ulrich von Eggenberg Um 1625 Schloss Eggenberg Der führende Staatsmann am Wiener Kaiserhof zu Anfang des 17. Jahrhunderts, Hans Ulrich von Eggenberg (1568–1634), präsentiert sich nach Art eines Feldherrn in voller Rüstung, wie es bei zahlreichen Fürstenporträts der italienischen Renais­ sance zu beobachten ist. Dieser Aufzug spielt jedoch nicht auf einen militärischen Rang, sondern auf die einzigartige politische Stellung an, die Eggenberg als Günstling Erzherzog Ferdinands bereits vor dessen Wahl zum Kaiser 1619 genoss. Bald konnte er – „die Pforte zu des Kaisers Ohr“ – eine ungeheure Fülle von Wür­ den und Besitztümern auf sich vereinen: 1620 erhielt er den Orden vom Goldenen Vlies, eine allein dem Kaiserhaus zustehende Auszeichnung, 1622 die einträg­ liche Herrschaft Krumau in Südböhmen. Es folgten 1623 die Erhebung in den Reichsfürstenstand, 1625 die Statthalterschaft von Innerösterreich und 1628 der Herzogstitel. Die dafür unerlässliche Treue zum alten Glauben, die der Bürgersohn und einstige Protestant zu beweisen hatte, wird durch die Strahlenkranzmadonna auf dem Harnisch dokumentiert. Damit erscheint der Machtpolitiker und Höfling zugleich als christlicher Streiter (lat. „miles Christianus“). (UB) 15


Zweiter Gegenschlag: Graz als Bollwerk der Gegenreformation Geschichte einer Rückeroberung Graz und die Steiermark sind Teil von Innerösterreich, einer Verwaltungs­ einheit innerhalb der habsburgischen Erblande, zu der u. a. das heutige Bundes­land Kärnte­n gehört. Verantwortlicher Regent ist Erzherzog Karl II. (1540–1590), zu dessen zentralen Aufgaben neben der besonders wichtigen Landesverteidigung auch die Regelung der Religionszugehörigkeit zählt. Die ständige osmanische Invasionsgefahr zwingt ihn zu Kompromissen mit dem größenteils lutherischen Adel. Doch will er das Land zur alten Kirche zurückführen. Treibende Kraft dieser Bemühungen ist seine glaubensstrenge Gemahlin Maria (1551–1608), in deren bayrische­r Heimat die Gegenreformation bereits gesiegt hat. Ihr Sohn Ferdinand, der spätere Kaiser Ferdinand II. (1578–1637), führt diese Politik mit unnachsich­tiger Strenge fort. Der Grazer Hof, bislang in die Defensive gedrängt, geht in die Offensive.

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Grazer Hofmaler Erzherzog Karl II. und seine Gemahlin Maria von Bayern Beide bez.: 1587 Alte Galerie Nach spanischem Vorbild präsentiert sich das steirische Regentenpaar stehend in strengem Schwarz. Die Uhr auf dem Tisch neben Erzherzog Karl erinnert an die aus Nürnberg in alle Welt gelieferten, wegen ihrer Präzision geschätzten „Türmchenuhren“. Sie symbolisiert zum einen die Vergänglichkeit alles Irdischen, zum anderen die einem Uhrwerk vergleichbare, regelmäßige und planvolle Regierung. Solche Ganzfigurenbildnisse waren im 16. Jahrhundert Hauptkenn­ zeichen höfischer Porträtkunst, wie sie vor allem im streng katholischen Spanien üblich war. Für diese in großer Zahl hergestellten Porträts wurden zumeist sog. „Conterfetter“ (Bildnismaler) herangezogen, deren Namen man nicht mehr kennt. Erwartet wurde weniger künstlerische Genialität als vielmehr die Fähigkeit zu detailgetreuer Wiedergabe der Gesichtszüge sowie textiler Details und anderer Würdezeichen wie Schmuck, Orden und Degen. Ziel war es, die symbolische Gegenwart des legitimen Landesherrn „in effigie“ (lat. für „in Form eines getreuen Abbildes“) festzuhalten. (UB) 18


Joseph Heintz d. Ä., Umkreis (Basel, 1564 – Prag, 1609) Die Erzherzöge Ferdinand und Maximilian Ernst Um 1610–1615 Alte Galerie Die Söhne Erzherzog Karls II. und Marias, Ferdinand und Maximilian Ernst, sind im Gegensatz zu ihren Eltern in überaus reicher Hoftracht dargestellt. Den ebenfalls kostbar gearbeiteten Degen haben sie vor die Brust genommen, ihre moralische Integrität bekundend. An die Stelle abweisender Strenge ist farben­ frohe Repräsentationsfreude getreten. Auffallend ist der qualitative Unterschied zwischen der überaus lebensnahen, künstlerisch hochwertigen Wiedergabe der Gesichtszüge einerseits und der schemenhaften, leblos wirkenden Darstellung der bekleideten Körpers andererseits. Ungeachtet allen hier zur Schau gestellten weltlichen Prunks war der am Ingolstädter Jesuitenkolleg ausgebildete Ferdinand ein eifriger Verfechter einer entschieden antiprotestantischen Religionspolitik, die auf den beherrschenden Einfluss seiner Mutter, Erzherzogin Maria von Bayern, zurückging. Die Folge war eine gefährliche Verschärfung der Konfliktlage im Reich, die 1618 den Dreißigjährigen Krieg heraufbeschwören sollte. Maximilian Ernst bekleidete als Hochmeister des Deutschen Ordens eine Würde von besonderem Ansehen, obwohl der Orden nach dem Verlust seines Gebiets an die Großmacht Polen und der Übersiedlung nach Wien kein großes machtpolitisches Gewicht mehr besaß. Dennoch blieb das Ideal des selbstlosen Glaubensstreiters nach mittelalterlichem Vorbild weiter lebendig. Mit Graz ver­ bindet Maximilian Ernst das 1615 gestiftete, noch heute bestehende Spital des Reformordens der Barmherzigen Brüder. Anlass war eine riskante, erfolgreich ver­ laufende Operation, mit der Gabriele Ferrara, ein dem Orden angehöriger Chirurg, den Erzherzog vor einer drohenden Armamputation bewahren konnte. (UB) 19


Grazer Hofkunst im Dienst der Gegenreformation Die Gegenreformation stellt die Kunst in den Dienst der Glaubensverkündung und -ver­breitung („propaganda fide“). Vor allem italienische Künstler liefern für die Ausstattung bereits bestehender und neu errichteter Kirchen die erforder­lichen Altarbilder. Der bedeutendste unter ihnen ist Giovanni Pietro de Pomis (1569–1633), der als Maler, Architekt und Medailleur eine Art Kunst­intendant im Dienst des Hofes ist. Die Grazer Burg, zugleich Verwaltungssitz für Inner­österreich, wird unter Erzherzog Karl II. und Maria von Bayern ausgebaut und mit einer neuen Kapelle ausgestattet. Neben der gotische­n Hof­k irche St. Ägyd, dem heutigen Dom, entstehen nach Plänen von de Pomis die neue Katharinenkirche und die landesherrliche Grablege, das Mausoleum. Hier sind Ferdinand II., seine Gemahlin Maria Anna sowie seine Mutter Maria von Bayern bei­gesetzt. Graz erhält eine neue „Stadtkrone“, die noch heute besteht. Die einst lutherisch dominierte Landeshauptstadt ist zu einem Bollwerk der Gegen­reformation geworden.

→ Giulio Licinio (Venedig, 1527 – Augsburg, 1593?)

Engelspietà

Bez. li. u.: IGVLO LICINIO V. F. 1571/72 Alte Galerie, Leihgabe Diözesanmuseum, Graz Unmittelbar nach ihrer Hochzeit mit Erzherzog Karl II. ließ Maria von Bayern im 1853/54 abgetragenen Westflügel der Grazer Burg eine neue Hofkapelle einrichten. Dafür lieferte der von Wien durchreisende Venezianer Giulio Licinio 1571/72 das Altarblatt. Es zeigt den toten Christus nach der Kreuzabnahme, wie er von Engeln betrauert wird. Dieses oberitalienische, seit dem Mittelalter verbreitete Motiv besaß in der Gegenreformation mit ihrer ausgeprägten Passionsfrömmigkeit besondere Aktualität. Der reich geschnitzte, um 1880 neu gefasste Rahmen im Stil der Renaissance stammt aus der Entstehungszeit des Gemäldes. Originalrahmen aus dem späten 16. Jahrhundert sind in diesen Ausmaßen sehr selten. Lange Zeit waren Bild und Rahmen voneinander getrennt; erst vor einigen Jahren ist der ursprüngliche Zusammenhang erkannt worden. Die Identifizierung gelang anhand von Aquarellen des Innenraumes der verlorenen Kapelle, die der Grazer Maler Carl Reichert (1836–1918) kurz vor ihrem Abbruch angefertigt hat. Durch die 2017 erfolgte Wiedervereinigung von Bild und Rahmen konnte eines der bemerkenswertesten Altarkunstwerke der Gegenreformation in Graz wiedergewonnen werden. (UB) 20


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Teodoro Ghisi (Mantua, 1536 – Mantua, 1601)

Christus und die Kinder Um 1587/89 Alte Galerie Die von den Evangelien überlieferte Szene der Kindersegnung durch Christus rückt die Ergebenheit von unmündigen Schutzbefohlenen in den Vordergrund. Ganz ähnlich versteht die erstarkte römische Kirche die Rolle ihrer neu gewonnenen Anhängerschaft, die sich der geistlichen Autorität unbefangen anvertrauen bzw. unterwerfen soll. In der reformatorischen Bildwelt spielt das Thema eine große Rolle und taucht wiederholt bei Lucas Cranach d. Ä. auf, der als überzeugter Anhänger Luthers seine Kunst in den Dienst der neuen Lehre stellte. Das Grazer Gemälde enthält eine katholische Reaktion darauf. Es entspricht weit­ gehend einer großformatigen Darstellung, die Teodoro Ghisi für jene prunkvolle Grablege lieferte, die für den 1590 verstorbenen Erzherzog Karl II. in der Seckauer Abteikirche unter Mitwirkung zahlreicher Hofkünstler zwischen 1587 und 1611 eingerichtet wurde. Es ist eines der bedeutendsten sakralen Raumkunstwerke Österreichs, das ganz im Zeichen der Gegenreformation steht. (UB) 22


Steirischer Bildhauer (?) Maria auf der Mondsichel Um 1520/25 Alte Galerie Diese Madonna stammt angeblich aus dem Besitz der Erzherzogin Maria. Es ist überliefert, dass sie sich oft um Kranke und Wöchnerinnen in ihrem Umfeld gekümmert und bei diesen Besuchen eine Madonnen­ skulptur mitgeführt hat. Die Skulptur entspricht dem Typus der Apokalyptischen Madonna. Diese ist durch das Wolkenband und die Mondsichel, auf denen sie steht, in den Himmel entrückt. Ihren Ursprung hat sie im Apokalyptischen Weib aus der Offenbarung des Johannes (Apk 12,1), mit dem zunächst die Kirche, doch im Laufe der Jahrhunderte immer mehr Maria gemeint war. Das Zepter in ihrer Rechten dürfte aus der Zeit um 1600 stammen, die Augen wurden aus Glas eingelegt und die Gesichter überarbeitet. Die Kronen fehlen. (CR) 23


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Teodoro Ghisi (Mantua, 1536 – Mantua, 1601)

Apostolisches Glaubensbekenntnis Bez.: Theodorus Ghisius Mantuanus fecit 1588 Und: SYMBOLVM APOSTOLORVM M. D. LXXXVIII Alte Galerie Dieses Glaubensbekenntnis wurde von Erzherzog Karl II. in Auftrag gegeben und in seiner Residenz, der Grazer Burg, ausgestellt. Das Gemälde ist mit seinen zwölf Einzelszenen rund um die Schöpfungsgeschichte wie eine illus­ trierte Katechese (Glaubensunterweisung) aufgefasst. Es entspricht genau dem Credo (lat. für „Ich glaube“), das Christen auch heute noch im Gottes­ dienst sprechen. Man schreibt seine Herkunft den Aposteln zu. Während es bei den Katholiken lautet: „… ich glaube an … die heilige katholische Kirche …“, heißt es bei den Evangelischen: „… ich glaube an … die heilige christliche Kirche…“. Für die römische Kirche ist bezeichnend, dass der Glaube an das ewige Leben mit der Dreifaltigkeit, der Krönung Mariä und den Heiligen im oberen Bild­abschluss veranschaulicht wird. In den Dekreten des Konzils von Trient wurde die Verehrung der Heiligen fest verankert. (CR) 25


Stadt und Land werden wieder katholisch: Der Grazer Hof und die Orden Eine geistliche Avantgarde: Die Jesuiten Erst durch die Anwesenheit der systematisch geförderten katholischen Orden in Stadt und Land kann jene strenge Religionspolitik wirksam umgesetzt werden, wie sie Erzherzog Karl II., seine überaus energische Gemahlin Maria von Bayern und ihr Sohn Ferdinand verfolgen. Unangefochtener Vorreiter ist die 1534 gegründete „Gesellschaft Jesu“, die Jesuiten. Aus einer kleinen Gruppe von Studenten an der Pariser Universität rund um den baskischen Adeligen Ignatius von Loyola sollte eine der zeitweise einflussreichsten geistlichen Institutionen überhaupt werden. Dank ihrer enormen intellektuellen wie organisatorischen Fähigkeiten sind die Jesuiten als „geistliche Soldaten“ in der Lage, der protestantischen Herausforderung zu begegnen. Ihr weltweit erprobtes missionarisches Talent beweist sich auf mehreren Ebenen: im Gottesdienst, in der Glaubensunterweisung (Katechese) und im Schulunterricht. Erzherzog Karl II. übergibt ihnen die Hofkirche zusammen mit der neuen Universität. Graz wird Teil eines europaweiten Netzwerks jesuitischer Nieder­lassungen, die überall für Verbreitung und Festigung des katholischen Glauben­s sorgen.

Peter Paul Rubens, Kopie nach (Siegen, 1577 – Antwerpen, 1640) Wunder des hl. Ignatius Ende des 18. Jahrhunderts Alte Galerie Als wortgewaltiger Prediger und Dämonenaustreiber wird Ignatius von Loyola, der Gründer des Jesuitenordens, mitsamt seinen Mitbrüdern in die Nachfolge der Apostel gerückt. Der fiktive Innenraum nimmt Motive römischer Kirchenbauten auf und unterstreicht somit den Anspruch des Ordens, die schlagkräftigste Truppe im Kampf um den wahren Glauben zu sein. So wie sich aus dem Wirken der zwölf Apostel die Urkirche entwickelt hat, wächst aus gegenreformatorischer Sicht die römische Kirche dank der unablässigen, bis nach Asien und Südamerika ausgedehnten Missionstätigkeit der Jesuiten zu universaler Geltung. Um den Prozess der Heiligsprechung von Ignatius und seinem Gefährten Franz Xaver zu beschleunigen, bestellten die Antwerpener Jesuiten für ihre neu errichtete, mit größtem Aufwand ausgestattete Ordenskirche bei Peter Paul Rubens 1617/1618 zwei große Altarbilder. Thema sind das Wirken beider Vorkämpfer und der Triumph der Gesellschaft Jesu. Die Rechnung ging auf: 1622 wurden beide heiliggespro­ chen. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens ließ Kaiser Joseph II. die Gemälde in die kaiserlichen Sammlungen in Wien überführen. Das Grazer Bild, eine getreue, kleinformatige Kopie, geht vermutlich auf den Aka­ demieschüler Paul Haubenstricker (1750–1793) zurück, dessen berühmter Lehrer, Martin Johann Schmidt, gen. Kremser Schmidt (1718–1801), auf Vorbilder des 17. Jahrhunderts, darunter auch Rubens, zurückgriff. (CR) 26


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Heinrich Ulrich (Nürnberg, um 1572 – Nürnberg, 1621)

Huldigungsblatt der Gesellschaft Jesu auf die Wahl Ferdinands II. zum römischen Kaiser Dat. 1619 Schloss Eggenberg Durch ihren persönlichen Zugang als Erzieher und Beichtväter gewannen die Ordensbrüder besonderen Einfluss auf die katholischen Fürsten Europas. Ihr „Musterschüler“ war Erzherzog Ferdinand von Innerösterreich, der schon als Student am Ingolstädter Jesuitenkolleg auf eine Regierung im Dienste der Gegenreformation vorbereitet wurde. Als er 1619 schließlich zum römischen Kaiser gewählt wurde, sah der Orden die Stunde der Rekatholisierung des Reichs gekommen. Dieses allegorische Huldigungsblatt auf die Thronbesteigung Ferdinands II. ist nicht nur ein Exempel jesuitischer Gelehrsamkeit, sondern auch ein Musterbei­ spiel ihrer subtilen Manipulation: Auf den ersten Blick nur ein üblicher Glück­ wunsch zum Amtsantritt, hinter dem sich jedoch ein deutlicher Handlungsauftrag verbirgt, gegen die Reformierten mit unnachgiebiger Strenge vorzugehen. Dazu erscheint Ferdinand in Imperatorentracht als ein neuer Augustus inmitten einer Schar symbolischer Herrschertugenden thronend. Wie der römische Kaiser Augustus die Rebellen nach der Ermordung Cäsars besiegt und dann eine lange Zeit des Friedens („Pax Augusta“) begründet hatte, so sollte auch Ferdinand II. die protestantischen Rebellen vernichten und danach ein neues „Goldenes Zeitalter“ des katholischen Glaubens im Reich herbeiführen. So wurde er einerseits als Erbe einer Herrschertradition präsentiert, die bis in die Antike zurückreicht, und gleichzeitig als Musterbeispiel des christlichen Streiters gezeigt. Biblische, mythologische und historische Elemente fließen in diesem Blatt in ausufernd barocker Rhetorik ineinander, um den Kaiser zum standhaften Kämpfer gegen die staatszersetzenden Kräfte von Unwissenheit und Unglauben zu stilisieren. (BK) 28


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Anonymer Stecher Ver (Der Frühling) Aus einem Exequienbuch des Grazer Jesuitenkollegs Graz, 1618 Bibliothek Stift Rein 1616 fanden in der Grazer Hofkirche St. Ägyd die Trauerfeierlichkeiten für Erz­ herzog Ferdinands erste Gemahlin, Maria Anna von Bayern, statt. Wie damals üblich, war dies kein intimer Abschied für eine kleine Trauergemeinde, sondern ein aufwendiger Staatsakt, der durch publizistische Aufbereitung an allen euro­ päischen Höfen verbreitet wurde. Für die liturgische Feier entwarfen die Grazer Jesuiten, deren berühmter Kanzler P. Johannes Decker (Jean Deckers 1550–1619) selbst die Trauerrede hielt, ein aufwendiges Trauergerüst (Castrum doloris) mit über 50 Emblemen, die später mit ergänzenden Texten in einem Exequienbuch veröffentlicht wurden. Im Namen der Familie, des Ordens, aller Stände und Untertanen, ja sogar der olympischen Götter, werden die Tugenden der Verstor­ benen darin gepriesen und gleichzeitig als Medium der Glaubensverbreitung und Information genutzt. Eine Darstellung vergleicht die Fruchtbarkeit Maria Annas mit dem Liebreiz des blühenden Frühlings. In einem umfriedeten Garten stehen Palmen als Symbol der fruchtbaren Ehe. Ihre Kinder wachsen als junge Pflanzen in Beeten, in denen Symbole ihrer Erziehung und zukünftigen Bestimmung wie Blumen gedeihen. Genährt werden jedoch alle vom großen göttlichen Brunnen, aus dem sich die Wasser des Heiligen Geistes auf diese zukünftigen „Stützen der katholischen Religion“ ergießen. (BK) 31


Theodoor Galle (Antwerpen, 1571 – Antwerpen, 1633)

Die Maler des kreuztragenden Christus Aspicientes in Auctorem Fidei (Im Blick auf den Urheber des Glaubens) aus: Jan David, Veridicus Christianus, Antwerpen, 1601 Bibliothek Stift Rein

Ein charakteristisches Beispiel für die effizienten Methoden des Ordens ist der 1601 erstmals erschienene Band Veridicus Christianus (Der christliche Wahrsager) des flämischen Jesuiten Jan David (1546–1613). Schon am Frontispiz wird die Absicht des Buches klargestellt: Jan David selbst predigt darin einer großen Menschenschar: „Kommt Kinder, hört mir zu, ich werde euch Gottesfurcht lehren“. Und das tut er in den folgenden 100 Kapiteln, die der Erziehung des Sünders zum „wahren Christen“ gewidmet sind. Jedem Abschnitt ist eine detaillierte Illustra­ tion des Antwerpener Kupferstechers Theodoor Galle vorangestellt, eine grafische Serie, die man auch gesondert kaufen konnte. Der letzte Abschnitt beginnt mit einem Bild, das man auch als Gleichnis für die Rolle, die den Künstlern in der Gegenreformation zugedacht war, lesen könnte: als Verkünder des Glaubens und Erzieher der Seelen zu dienen. Der kreuztragende Christus steht isoliert auf einem Hügel und dient zehn Malern als „Modell“, die ihre Staffeleien ringsum aufgestellt haben. Auf das Vorbild Christi als „Urheber und Vollender des Glaubens“ (Hebr. 2,12) verweist die Überschrift. Die Maler ver­ breiten dieses Vorbild zur Nachahmung unter den Gläubigen. Ihre Gemälde sind aber auch Gleichnis der menschlichen Seele, die nach dem Vorbild Christi geformt werden soll. Wie wenigen das tatsächlich gelingt, zeigt diese Darstellung. Nur ein einziger Künstler bildet das Modell wahrheitsgetreu ab. Die anderen ziehen christliche Beispiele des Triumphs und der Verklärung dem Bild des Gedemütigten und Gequälten auf seinem Weg nach Golgatha vor. Drei kommen ganz vom Wege ab: der Lüsterne mit dem Bild der jungen Frau, der Gierige, der wie Judas den Geldbeutel entgegennimmt, und der gänzlich von Gott Abgewandte mit dem Dolch im Gürtel, der ein Bild des Teufels malt. Das anschauliche Gleichnis zeigt, welch vielschichtige und effektive Grundlage der Meditation und Glaubensunter­ weisung solche Bilderzählungen sein konnten. (BK) 32


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Basisarbeit im Dienst des Glaubens: Die Bettelorden Neben den Jesuiten, die ihren Elitestatus sorgsam pflegen, setzen die großen Bettelorden zur Rückeroberung des Landes für die römische Kirche an. Sie übernehmen die „Basisarbeit“. Ihre traditionellen Ideale wie Glaubenseifer, rastlose Arbeit und Bedürfnislosigkeit, erhalten neue Aktualität, zumal zwei der energischsten Päpste der frühen Gegenreformation, Pius V. und Sixtus V., aus diesen Orden hervorgegangen sind. Wie in vorreformatorischer Zeit betreiben Franziskaner und Dominikaner die Volksseelsorge in den Städten. Hinzu kommen die Kapuziner, deren Niederlassungen sich auch in kleineren Städten wie z. B. Radkersburg finden. Ihre nach einheitlichem Schema erbauten Kirchen sind außen wie innen bewusst einfach gehalten. Umso nachdrücklicher wirken die dort hängenden Altarbilder, die das selbstlose, allein dem Glauben geweihte Leben der Ordensgründer eindringlich vor Augen führen sollen. Es ist die geistliche Antwort auf das humanistische Tugendbeispiel der klassischen Antike (lat. „exemplum virtutis“), ihre nach außen getragene, auf die Passion Christi zielende Frömmigkeit stellt eine katholische Reaktion auf die lutherische Auffassung der durch Bibellektüre gewonnenen Verinnerlichung von Leiden und Sterben dar. Auch die Bettelorden erfahren die Förderung des Hofes. An der Stelle der protestantischen, per Dekret Ferdinands aufgehobenen Stiftsschule, deren prominentester Lehrer bis zu seiner Ausweisung Johannes Kepler ist, gründet Erzherzogin Maria ein Klarissenkloster, dessen Name Programm ist: „Zu den Allerheiligen im Paradeis“. Diese Erneuerung der traditionellen Rolle der Heiligen als Fürsprecher soll die protestantische Kritik daran endgültig zum Verstummen bringen. Somit werden die alten Heiligen zu neuen Helden der großen Altarbilder, die der Hofkünstler de Pomis für die bescheidene Kirche des Klarissenklosters liefert. Von seiner Hand stammen zwei weitere Altarbilder, die sich am originalen Ort erhalten haben: das Hochaltarbild der Kapuzinerkirche St. Antonius in der Paulustorgasse und das Gnadenbild „Mariahilf“ für die gleichnamige Kirche der Minoriten. Auf der rechten Murseite gelegen, erfreut sich diese Niederlassung der besonderen Gunst des Hofes wie auch der Eggenberger, die hier eine Grablege einrichten. Die somit erreichte, ausschließlich katholische Prägung von Stadt und Land bleibt bis ins späte 18. Jahrhundert erhalten. Sie zwingt Andersgläubige ins Exil oder in den Untergrund. Erst die Aufklärung setzt dem ein Ende, als Joseph II. durch sein berühmtes Toleranzpatent von 1781 den Protestanten endlich Glaubensfreiheit gewährt. 34


Giovanni Pietro de Pomis, Nachfolge (Lodi, 1569 – Graz, 1633)

Tod des hl. Dominikus Alte Galerie Als Seelsorge- und Inquisitionsorden waren die Dominikaner seit ihrer Gründung im Mittelalter ein Motor der innerkirchlichen Entwicklung. Wie andere Reformer zeichnete sich der aus Spanien stammende Gründer Dominikus (um 1172–1221) durch besonderen Glaubens- und Arbeitseifer sowie persönliche Bedürfnislosigkeit aus, was als Nachfolge Christi verstanden wurde. Bei seiner Geburt soll ein Hund mit einer Fackel im Maul der Mutter angezeigt haben, ihr Sohn werde die Welt in Brand setzen, womit das missionarische Engagement gemeint ist. Die bis in den Tod währende Hingabe für die Sache, getragen von inniger Christusverehrung und daraus erwachsender Heilsgewissheit, ist Thema dieses Gemäldes. Rechts erscheint ein Engel, um die Seele des sterbenden Ordensgründers zum Himmel zu tragen (lat. „elevatio animae“), ein Motiv aus der Grabkunst des Mittelalters. Weitere Ordensheilige sind zugegen, darunter der in Oberitalien wirkende Inqui­ sitor Petrus Martyr (mit einem Messer im Kopf zum Zeichen seiner als Martyrium aufgefassten Ermordung). Die eindringliche Darstellung solcher Grenzsituationen, die nach mittelalterlichem Vorbild zur „compassio“, zum inneren Nachvollzug des Leidens auffordert, ist ein Hauptziel gegenreformatorischer Kunst. (UB) 35


Steirischer Bildhauer Stigmatisation des hl. Franz von Assisi Um 1680/90 Alte Galerie Franz von Assisi (1182–1226) ist einer der bekanntesten Ordensgründer des Mittelalters. Die Orden der Minoriten und Kapuziner entstanden in der Nachfolge der Franziskaner. Auch die Gründung seiner Zeitgenossin und Begleiterin Klara ist als franziskanisch anzusehen. Eine der wesentlichsten Begebenheiten in der Lebensgeschichte von Franz ist der wundersame Empfang der Wundmale Christi, die sogenannte Stigmatisation. Um diese fünf Wunden trieb die Gegenreformation einen eigenen, intensiven Kult. Ab dem 14. Jahrhundert setzte sich eine Darstellung durch, bei der Franz vor einem im Himmel schwebenden Kruzifix kniet. Strahlen verbinden die Wundmale Christi mit denen von Franz, wie es in der Medaille auf die Gründung des Radkersburger Kapuzinerklosters zu sehen ist. Vermutlich war die Skulptur ursprünglich mit vergoldeten Drähten mit einem über ihm schwebenden Kreuz verbunden. (CR) 36


Giovanni Pietro de Pomis (Lodi, 1569 – Graz, 1633)

Medaille auf die Gründung des Kapuzinerklosters Radkersburg 1618 Münzkabinett

Die zahlreichen Gründungen von Reformklöstern in gegenreformatorischer Zeit gaben Anlass zur Prägung eigener Medaillen. Das 1618 anlässlich der Radkersburge­r Niederlassung der Kapuziner geprägte Exemplar ist auf der Vorder­ seite nach Art einer Oblate kreuzförmig geteilt. Die beiden oberen Viertel zeigen den Landesherrn Erzherzog Ferdinand und den österreichischen Bindenschild. Unten links kniet der Initiator der Radkersburger Niederlassung, der Stainzer Propst Jakob Rosolenz, vor einem Kruzifix betend. Unten rechts ist sein Namens­ patron, der hl. Jakobus d. Ä., zu erkennen. Die Rückseite zeigt den Ordenspatron der Kapuziner, den hl. Franz von Assisi, wie er 1224 auf dem Berg La Verna in der Toska­na die Wundmale Christi empfangen haben soll (Stigmatisation). Die Inschrift weist diese Begebenheit als „Wunder der Liebe“ aus (lat. „amoris miraculu­m“), was auf die besondere Verehrung zurückgeht, die Franz dem Gekreu­ zigten entgegenbrachte. Der Charakter des Aufsteigers Rosolenz ist typisch für eine von Spannung erfüllte Zeit: Tiefe Religiosität vereinigt sich mit großem persönlichen Ehrgeiz, wie der von ihm mit großer Energie verfolgte, jedoch fehl­ geschlagene Plan belegt, Bischof eines neuen Bistums in Graz zu werden. (UB) 37


Süddeutscher Bildhauer Kruzifix mit Maria Magdalena Um 1620 Alte Galerie Die Skulptur stammt aus der Grazer Dominikanerkirche St. Andrä und ist Ausdruck der Neubelebung der spätmittelalterlichen Kreuzesfrömmigkeit, die besonders von den Bettelorden ausging. Sie ist die Miniaturfassung einer um 1595 gegossenen, monumentalen Bronzegruppe, die in ein unvollendet gebliebenes Grabmal für den bayerischen Herzog Wilhelm V. eingefügt werden sollte. Als Aufstellungsort war die gewaltige, von dem für seine Frömmigkeit bekannten Herzog errichtete Jesuitenkirche St. Michael in München vorgesehen, ein gebauter Triumph der siegreichen Gegenreformation in Bayern. Der Kruzifix stammt von dem flämisch-italienischen Bildhauer Giovanni da Bologna, gen. Giambologna (1529–1608), die kniende Maria Magdalena von seinem süddeutschen, die spätere Münchner Bronzeplastik beherrschenden Schüler Hans Reichle. Damit sollte außer dem verstorbenen Wilhelm die Dynastie der Wittelsbacher, der auch Erzherzogin Maria entstammt und die neben den Habsburgern die führende Kraft des katholi­ schen Lagers im Reich war, angemessen gewürdigt werden. (UB) 38


Giovanni Pietro de Pomis, Kopie nach (Lodi, 1569 – Graz, 1633)

Kopie des Gnadenbildes Mariahilf Nach 1773 Alte Galerie De Pomis malte 1611 für die Minoritenkirche am rechten Murufer ein großes Hoch­ altargemälde, das bald zu einem äußerst beliebten und von Legenden umrankten Gnaden­bild avancierte. Die Kirche wurde zum zweitwichtigsten steirischen Wallfahrtsort im 17. und 18. Jahrhundert. Das Gnadenbild selbst wurde mit enorm vielen Votivgaben bedacht und die Madonna zu einem beliebten Motiv für Haus­ fassaden. 1769 erhielt das Gemälde im Zuge der Neuausstattung der Kirche im Stil des Rokoko einen kostbaren silbernen Rahmen in einer neuen, geschweiften Form, wofür man die Leinwand und Malerei etwas anstücken musste. Im Vordergrund steht hier die Bitte um Heilung von geistigen und körperlichen Krankheiten und Hilfe für die Gefangenen und Verwundeten in der Zeit der Bedrohung durch die Osmanen. Das leidende Volk wendet sich an die im Himmel thronende Madonna mit dem Jesuskind. Die vom Volk sehr verehrten Heiligen Elisabeth von Thüringen, Klara, Franziskus sowie Antonius von Padua sind unter den Fürbittern für die Erlösung der Menschen von ihren Gebrechen. (CR) 39


Giovanni Pietro de Pomis (Lodi, 1569 – Graz, 1633)

Erzherzogin Maria stiftet das Klarissenkloster Um 1603 Alte Galerie Die Gründung des Klarissenklosters „Zu allen Heiligen im Paradeis“ (am linken Murufer, nördlich der Hauptbrücke) im Jahre 1603 war ein eminent wichtiges Anliegen von Maria von Bayern. Besonders die auf­ gehobene Stiftsschule, die als Kaderschmiede der Evangelischen hohen symbolischen Wert im Kampf der Konfessionen hatte, war dafür bestens geeignet. Maria selbst ließ sich in diesem Altargemälde in Witwentracht als Stifterin des Klosters inmitten von Heiligen, die ihr zu Hilfe kommen, darstellen. Das Kirchenmodell in ihren Händen trägt den Text: „[…] et de manu canis unicam meam“ ([Errette meine Seele von dem Schwerte, o Gott!] und aus der Gewalt des Hundes meine Einzige). Die Angst vor der Verführung zum falschen Glauben und der daraus folgenden Verdammnis der Seele wird mit diesem Text von Psalm 22, 21 sehr eindringlich ausge­ drückt. Franziskus und Katharina von Siena geleiten die Stifterin, gegen­ über befinden sich Katharina von Alexandrien, Barbara und Margarethe. Das Jesuskind auf dem Schoß der Madonna segnet die Stiftung, während ihm die Ordensgründerin Klara, die eine Monstranz mit Hostie hält, dabei das Kloster empfiehlt. (CR) 40


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Giovanni Pietro de Pomis (Lodi, 1569 – Graz, 1633)

Erzherzogin Maria schaut die Himmelfahrt und Krönung Mariä Bez. links unten: Joannes Petrus de Pomis Laudens Ursprünglich Hochaltargemälde der Klarissenkirche im Paradeis, jetzt in der ehemaligen Kapuzinerkirche St. Antonius von Padua Um 1602 De Pomis verbindet hier einige Themen, die für die katholische Kirche im Glaubens­kampf von großer Bedeutung war: Die von Franziskus und Klara begleitete und mit einem Klarissenhabit bekleidete Erzherzogin Maria verharrt andächtig in einer Vision der Marienkrönung inmitten aller Heiligen. Am rechten Bildrand knien Ferdinand II., wie dahinter seine Vorfahren Karl II. und Ferdinand I. In enger Verbindung werden die Habsburger von besonders verehrten Heiligen umgeben, darunter Sebastian, Stephanus, Christophorus mit der Weltkugel, Laurentius, Leopold, Ignatius von Loyola. Der Himmelsraum ist dicht gefüllt mit alt- und neutestamentarischen Gestalten. Vier Propheten sowie Johannes der Täufer und David bezeugen die „Immaculata Conceptio“: In der Krönung Mariens durch die Dreifaltigkeit wird ihre große Bedeutung als einziger Mensch, der nicht die Erbsünde trägt und voll erlöst ist, bekundet. Sie ist nach katholischer Lehre nicht nur Jungfrau vor, während und nach der Geburt Jesu, sondern auch mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen (Fest Mariä Himmelfahrt am 15. August). (CR) 43


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Giovanni Pietro de Pomis (Lodi, 1569 – Graz, 1633)

Die Stadt Graz unter dem Schutz der Heiligen Hochaltarbild der ehemaligen Kapuzinerkirche St. Antonius von Padua Um 1600 Zu einem Bollwerk der Gegenreformation geworden, hat die Hauptstadt Inner­österreichs buchstäblichen Modellcharakter, die dafür den Segen des auferstandenen Christus empfängt. Eine ganze Schar von Heiligen wird zu ihrem Schutz aufgeboten: Katharina von Alexandrien, die Verteidigerin des wahren Glaubens und Patronin der Wissenschaft, ebenso wie die Pestheiligen Sebastian und Rochus. Dazu gehört auch Antonius von Padua, der Patron der neuen Ordens­ kirche, für deren Hochaltar das Bild bestellt wurde. Größter Wert wird darauf gelegt, die Wiederherstellung des katholischen Bekenntnisses durch Einfügung passender Bibelstellen, vorzugsweise aus dem Alten Testament, zu rechtfertigen, um der Herausforderung durch die Reformation ebenso wirksam wie konsequent zu begegnen. Darin sah der Landesherr, Erzherzog Ferdinand, seine vordring­ lichste Aufgabe. Er tritt als gerüsteter Glaubensstreiter auf, der seine Mission auf der Kenntnis des Schriftwortes gründet. Seine Rolle ist nicht nur die des souve­ ränen Fürsten, sondern auch die des gehorsamen Vollstreckers der kirchlichen Gebote. Über deren Befolgung wacht die ihm zur Seite stehende Verkörperung des katholischen Glaubens. Thron und Altar haben hier zur Einheit gefunden. (UB) 45


Impressum Herausgeber: Universalmuseum Joanneum GmbH, Mariahilferstraße 2-4, 8020 Graz Für den Inhalt verantwortlich: Ulrich Becker Für die Abbildungstexte verantwortlich: Ulrich Becker (UB) Barbara Kaiser (BK) Christine Rabensteiner (CR) Lektorat: Jörg Eipper-Kaiser Grafische Gestaltung und Layout: Michael Posch, Karin Buol-Wischenau Abbildungen: N. Lackner u. a./UMJ Druck: Medienfabrik Graz Umschlag Vorder- und Rückseite: Giovanni Pietro de Pomis (Lodi, 1569 – Graz, 1633), Erzherzog Ferdinand als gerechter Streiter, um 1614, Alte Galerie (Detail) Seite 8/9: Giovanni Pietro de Pomis, Die Stadt Graz unter dem Schutz der Heiligen, Hochaltarbild der ehemaligen Kapuzinerkirche St. Antonius von Padua, um 1600 (Detail) Die Alte Galerie dankt dem Zisterzienserstift Rein und dem Münzkabinett Schloss Eggenberg für ihre Leihgaben. www.altegalerie.at



Passend zum Jubiläum „500 Jahre Reformation“ geht das Museum für Geschichte (vormals Museum im Palais) mit der Schau „Ein Hammerschlag ...“ der Frage nach, was Luthers Thesenanschlag in der Steiermark bewirkt hat. Glaubensfragen prägen auch die neue Ausstellung im Schloss Trautenfels: Gott und die Welt beschäftigt sich mit spirituellen Grundbedürfnissen, dem Dialog der Weltreligionen und religiösen Praktiken im Alltag. Wir freuen uns auf Ihren Besuch! „Ein Hammerschlag …“ 500 Jahre evangelischer Glaube in der Steiermark Am 31. Oktober 1517 soll Luther 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg genagelt haben, um gegen Missbräuche in der katholischen Kirche zu protestieren. Dem Nachhall seiner Hammerschläge ist unsere – für die Steiermark zentrale – Ausstellung im Jubiläumsjahr 2017 gewidmet. Teil der Schau ist ein „Antennensystem“ im Außenraum von Graz, das die Wirkungsgeschichte der Reformation an jenen Orten sichtbar macht, an denen sie sich zugetragen hat. 15.06.2017–08.01.2018 Mi–So 10–17 Uhr Museum für Geschichte, Sackstraße 16, 8020 Graz Eröffnung: 14.06.2017 Gott und die Welt Woran glauben wir? Anlässlich zweier Jahresjubiläen – 500 Jahre Luther’sche Thesen (2017) und 800 Jahre Diözese Graz-Seckau (2018) – widmet sich die neue Sonderausstellung im Schloss Trautenfels dem Themenfeld „Glaube und Glauben“. Im Mittelpunkt steht vor allem die Auseinandersetzung mit spirituellen menschlichen Grundbedürfnissen aus philosophischer und religionstheoretischer Sicht sowie der Dialog der Weltreligionen. Unter Einbeziehung des internationalen Kontexts werden auch Aspekte wie Religionsfreiheit, Integration, Toleranz, Extremismus und Migration behandelt. Die interdisziplinäre Aufbereitung des Themas geht mit Achtsamkeit der Frage nach, wie sich der geistig-religiöse Kosmos der Religionen im Alltag der Menschen widerspiegelt. 06.04.–31.10.2017 Mo–So 10–17 Uhr Schloss Trautenfels, Trautenfels 1, 8951 Stainach-Pürgg Eröffnung: 05.04.2017


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