100 Jahre Grenze III: 1946–2018. Leben mit der Grenze

Page 1

100 Jahre Grenze. Eine Ausstellung in 3 Kapiteln

1946–2018 Leben mit der Grenze


Helmut Konrad Petra Greeff

100 Jahre Grenze. Eine Ausstellung in 3 Kapiteln

1946–2018 Leben mit der Grenze

Museum für Geschichte Universalmuseum Joanneum www.museumfürgeschichte.at


Impressum 100 Jahre Grenze. Eine Ausstellung in 3 Kapiteln 1946–2018 Leben mit der Grenze Autor/in Helmut Konrad Petra Greeff Herausgeberin Bettina Habsburg-Lothringen, Leiterin Museum für Geschichte Lektorat Jörg Eipper-Kaiser, Birgit Pachler Grafische Gestaltung Leo Kreisel-Strauß Druck Medienfabrik Graz Umschlagbild Grenzübergang Spielfeld: Protestplakate gegen Grenzen, Dezember 1974 Fotograf: Alfred Steffen, Multimediale Sammlungen/UMJ

Graz 2019


Inhalt Vorwort

4

Helmut Konrad 100 Jahre Grenze III: 1946–2018 Das Kriegsende und die Folgen

8

Die „Gastarbeiterroute“

22

Der Zerfall Jugoslawiens

32

Der Krieg an der steirischen Grenze

36

Gemeinsam in Europa

42

Das Krisenjahr 2015

46


Ehemalige Wehrmachtsangehรถrige treffen am Grazer Hauptbahnhof aus jugoslawischer Kriegsgefangenschaft ein, ca. 1946. Fotograf: Egon Blaschka, Multimediale Sammlungen/UMJ

4


Zum dritten Mal ein herzliches Willkommen! Im letzten Kapitel der Ausstellungsreihe 100 Jahre Grenze widmen wir uns der Geschichte der südlichen Steiermark vom Jahr 1945 bis in die Gegenwart. Was für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts galt, bestimmt auch die zweite: Die Steiermark ist Europa und ihre Geschichte deshalb nur im Kontext überregionaler bis globaler Entwicklungen lesbar. Geschichte wird von Menschen gemacht und jede Generation hat aufs Neue die Möglichkeit, durch ein konstruktives Miteinander Zukunft zu gestalten. Schließlich: Auch wenn wir im Museum versuchen, Geschichte zu ordnen, Themen abschließend zu behandeln, Kapitel abzuhaken – Geschichte bleibt ein Prozess, sie vergeht nicht und sie endet nicht, sie ist allgegenwärtig und in jedem Moment präsent. Unsere Reise in die Geschichte der südlichen Steier­ mark nimmt mit dem dritten Teil der Ausstellungsreihe also ein lediglich vorläufiges Ende, unser aufmerksames Interesse an den Entwicklungen zwischen Soboth und Bad Radkersburg wird bleiben! Mit herzlichem Dank an alle Unterstützerinnen und Unterstützer aus der Region sowie an Helmut ­Konrad und sein Team! Bettina Habsburg-Lothringen Leiterin Museum für Geschichte

5


6


7


Helmut Konrad

100 Jahre Grenze III: 1946–2018 Das Kriegsende und die Folgen In den besonders schrecklichen letzten Tagen und Wochen des Zweiten Weltkrieges wurde die steirische Südgrenze Frontverlauf. Die Bedrohungen und Grausamkeiten des unmittelbaren Kriegsgeschehens hatten die südliche Steiermark erreicht. Am 15. April 1945 gelang es den sowjetischen ­Truppen, die Stadt Radkersburg einzunehmen, obwohl die 9. SS-Panzerdivision sowohl die Eisenbahnbrücke als auch die Murbrücke gesprengt hatte. Mit der Roten Armee zogen schließlich auch bulgarische Truppen und Tito-Partisanen in die Stadt ein. Die steirische Bezirkshauptmannschaft hatte sich nach Mureck zurückgezogen, die Sowjets errichteten ihre eigene Bezirkshauptmannschaft und die Partisanen erhoben Anspruch auf die Stadt. Erst nach über drei Monaten konnten vereinbarungsgemäß die britischen Besatzer die Kontrolle übernehmen und somit den alten Verlauf der Grenze wiederherstellen. Als Jugoslawien 1947 bei einer Außenministerkonferenz in London erneut Gebietsansprüche an seiner Nordgrenze gegenüber Österreich erhob und auch Radkersburg wieder für sich forderte, hatte sich die Weltpolitik aber bereits zu wandeln begonnen. Spätestens seit dem Bruch mit Stalin 1948 hatte Tito nicht mehr die Rückendeckung in M ­ oskau und jene Linien, die in Jalta und Potsdam durch Europa gezogen worden waren, ­gingen als damals u ­ nverrückbarer und bald praktisch undurchdringbarer „Eiserner Vorhang“ quer durch Europa n ­ ieder. Die alte Staatsgrenze, gezogen nach dem Friedens8

vertrag von Saint Germain, war von nun an wieder die nicht mehr infrage gestellte Südgrenze der Steiermark. Nach der im zweiten Ausstellungsteil geschilderten Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung aus Jugoslawien blieben nur noch rund 65.000 deutschsprachige Personen in Gesamtjugoslawien zurück, davon etwa 2.000 in Slowenien. Ihre Situation begann sich erst ab 1948 zu verbessern, Minderheitenrechte, wie sie anderen Gruppen zugestanden wurden, erhielten sie jedoch nicht. Leidtragend waren vorerst auch die „Doppelbesitzer“, jene Bauern, die auf beiden Seiten der Grenze Land besaßen. Die Äcker, die in Österreich jugoslawischen Staatsbürgern, also Slowenen, gehörten, wurden verpachtet, die österreichischen Besitzungen südlich der Grenze wurden hingegen entschädigungslos eingezogen. Die 1947 eröffnete Behelfsbrücke über die Mur in Radkersburg blieb vorerst für den Verkehr gesperrt. Es dauerte einige Jahre, bis die Frage des kleinen Grenzverkehrs geregelt werden konnte.

← Vorherige Doppelseite Familie Sorger beim Urlaub in Radkersburg, 1958. Fotograf: Egon Blaschka, Multimediale Sammlungen/UMJ Rechts „Grenze Radkersburg-Spielfeld – Brücke in die Zukunft“, Feier anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Brücke am Grenzübergang Radkersburg, 24. August 1962. Fotograf: Egon Blaschka, Multimediale Sammlungen/UMJ


9


Erst ab 1953 konnte man in Mureck die Mur wieder überqueren und auch der Fährbetrieb wurde wiederaufgenommen. Im Gleichenberger Abkommen von 1955 wurde die Frage der Doppelbesitzer angesprochen und mit Dauergrenzscheinen wurde der kleine Grenzverkehr für die Anrainer an der Staatsgrenze geregelt. Der österreichische Staatsvertrag von 1955 legte in seinem Artikel 7 fest, dass die gleiche Rechtsstellung der slowenisch- und kroatischsprachigen Minderheiten gewährleistet sein sollte. Schulunterricht und zweisprachige Ortstafeln waren vor allem in Kärnten, aber auch in der Steiermark das beherrschende Thema in den bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Jugoslawien. Das betraf vor allem Kärnten, aber auch die Steiermark hatte eine slowenischsprachige Minderheit. Diese hatte lange um Anerkennung, ja sogar um Wahrnehmung zu kämpfen. Trotz der bestehenden Differenzen und trotz der Tatsache, dass die Grenze nun ein Abschnitt des Eisernen Vorhangs war, gab es aber auch Annäherungen. Ohne Zweifel war der Abschnitt des Eisernen Vorhangs, der die Südgrenze der Steiermark bildete, der durchlässigste Teil der Trennlinie zwischen den Welten. Jugoslawien hatte bald erkannt, wie sehr sich der Fremdenverkehr als Devisenbringer eignete, und 1969 eröffneten Bundespräsident Jonas und der jugoslawische Staatschef Tito gemeinsam die neue Brücke in Radkersburg. Dies kann als Symbol dafür gelten, dass die österreichisch-jugoslawischen (und besonders die steirisch-slowenischen) Beziehungen über die Trennlinie hinweg ihre Besonderheiten behielten. Das galt vor allem im Kulturaustausch. 10

Das Raab-Olah-Abkommen von 1961, ein Meilenstein in der Entwicklung der österreichischen Sozialpartnerschaft, beinhaltete auch die Möglichkeit, den österreichischen Arbeitsmarkt für ausländische Arbeitskräfte zu öffnen. Die Wirtschaft im Land erlebte einen Boom und billige Arbeitskräfte fehlten vor allem in jenen Bereichen, in denen Österreicher und Österreicherinnen nicht mehr tätig sein wollten. Der Zuzug sogenannter „Gastarbeiter“ wurde mit bilateralen Abkommen geregelt, 1964 mit der Türkei und 1966 mit Jugoslawien. Aus ­Jugoslawien kamen die Arbeitskräfte überwiegend aus den strukturschwachen Gebieten des Südens, aber auch die Nahwanderung in die Steiermark wurde zum Thema. Gastarbeiter wanderten also nach Norden, während sich Sommertouristen in Richtung Süden auf den Weg machten. Die Grenze war überwindbar geworden.

Rechts oben Bad Radkersburg: Eröffnung der Behelfsbrücke über die Mur zwischen Radkersburg und Gornja Radgona. Jugoslawische Grenzübertrittsstelle, 6. September 1952. Fotograf unbekannt, MiaZ – Museum im Alten Zeughaus, Bad Radkersburg, Sammlung Ferdinand Filipic Rechts unten Bad Radkersburg: Der österreichische Bundeskanzler Leopold Figl eröffnet die Behelfsbrücke über die Mur zwischen Radkersburg und Gornja Radgona, 6. September 1952. Fotograf unbekannt, MiaZ – Museum im Alten Zeughaus, Bad Radkersburg, Sammlung Ferdinand Filipic


11


Bad Radkersburg: Eröffnung der Behelfsbrücke über die Mur zwischen Radkersburg und Gornja Radgona in ­Anwesenheit britischer Besatzungssoldaten, 6. September 1952. Fotograf: Foto Bund Radkersburg, MiaZ – Museum im Alten Zeughaus, Bad Radkersburg

Bad Radkersburg: Feier bei der Grenzübertrittsstelle in Gornja Radgona nach der Eröffnung der Behelfsbrücke zwischen Radkersburg und Gornja Radgona, 6. September 1952. Fotograf unbekannt, MiaZ – Museum im Alten Zeughaus, Bad Radkersburg, Sammlung Ferdinand Filipic

12


Die Firma Spar (Geschäftsleiter Johann Pendl aus Radkersburg), vertreten auf der Messe in Gornja Radgona, um 1970. Fotograf: Foto Bund Radkersburg, MiaZ – Museum im Alten Zeughaus, Bad Radkersburg

Soboth: Zöllner versehen ihren Dienst auf Skiern, 1958. Fotograf unbekannt, Privatbesitz, Dr. Doris Perchthaller, Graz

13


Der Postbus von Graz nach Celje/Cilli beim Zollamt am GrenzĂźbergang Spielfeld, 1965. Fotograf: Egon Blaschka, Multimediale Sammlungen/UMJ GrenzĂźbergang Spielfeld: Zollbeamte kontrollieren den Verkehr, 1965. Fotograf: Egon Blaschka, Multimediale Sammlungen/UMJ

14


GrenzĂźbergang Spielfeld: Zollbeamte kontrollieren den Verkehr, 1965. Fotograf: Egon Blaschka, Multimediale Sammlungen/UMJ Zollkontrolle beim GrenzĂźbergang Spielfeld, 1965. Fotograf: Egon Blaschka, Multimediale Sammlungen/UMJ

15


Ansicht der als Behelfsbrücke gebauten Grenzbrücke in Bad Radkersburg, Postkarte mit hand­ schriftlichen Ergänzungen, undatiert. Fotograf unbekannt, Sammlung Walter Feldbacher, Weinburg

Postkarte, Passkontrolle am „jugoslawischen Ufer“ der Mur in Gornja Radgona, 1968. Fotograf: Weghofer, Ilz, Sammlung Walter Feldbacher, Weinburg

16


„Grenze Radkersburg-Spielfeld – Brücke in die Zukunft“, Feier anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Brücke am Grenzübergang Radkersburg, 24. August 1962. Fotograf: Egon Blaschka, Multimediale Sammlungen/UMJ Die neueröffnete Brücke über die Mur bei Bad Radkersburg, Postkarte mit handschriftlichen Ergänzungen, 1969. Fotograf: Weghofer, Ilz, Sammlung Walter Feldbacher, Weinburg

17


Oben und unten Bad Radkersburg, Eröffnung der „Freundschaftsbrücke“ über die Mur zwischen Radkersburg und Gornja Radgona durch den österreichischen Bundespräsidenten Franz Jonas und den Präsidenten Jugoslawiens, Josip Broz Tito, 12. Oktober 1969. Fotograf: Armin Kühne, Multimediale Sammlungen/UMJ

18


Bad Radkersburg, Eröffnung der „Freundschaftsbrücke“ über die Mur zwischen Radkersburg und Gornja Radgona durch den österreichischen Bundespräsidenten Franz Jonas und den Präsidenten Jugoslawiens, Josip Broz Tito, 12. Oktober 1969. Fotograf: Armin Kühne, Multimediale Sammlungen/UMJ

19


20


21


Die „Gastarbeiterroute“ Ziel der Arbeitsmigration aus dem Südosten Europas war aber nicht nur Österreich, sondern vor allem die Bundesrepublik Deutschland. Auch dort wurde in den Sechzigerjahren der Zuzug aus dem Süden Italiens von „Gastarbeitern“ aus Jugoslawien und der Türkei abgelöst. Diese Arbeiter waren zu den Feiertagen meist auf dem Weg in ihre Heimat. Der günstigste und vor allem weitgehend alpenpassfreie Weg führte dabei von München über Salzburg, das Ennstal, den Schoberpass, Bruck an der Mur, Graz und Spielfeld. Für gut zwei Jahrzehnte wurde diese Route zur europäischen Todesstrecke. Wenig Autobahn, kaum Überholmöglichkeiten, übermüdete Fahrer in oftmals technisch mangelhaften Autos machten vor allem die Strecke zwischen Schladming und Bruck zu einem Hotspot. Der Ausländeranteil unter den ­Fahrern und Fahrzeugen betrug zu den Stoßzeiten bis zu 70 %. Allein auf der nur 12 Kilometer langen Umfahrung von Leoben gab es zwischen 1965 und 1975 nicht weniger als 62 Verkehrstote und 178 Schwer­verletzte. Im gesamten steirischen Abschnitt dieser Route gab es damals mehr als 5.000 Verkehrsunfälle pro Jahr. Nicht unbeträchtlich waren allerdings auch die Abfallmengen, die sich am Straßenrand anhäuften. Dass es keine ausreichenden Toilettenanlagen gab, trug zusätzlich zur Verschärfung der Lage bei. Das echte Nadelöhr auf dem Weg in den Süden war aber dann der Grenzübertritt nach Jugoslawien in Spielfeld. Kilometerlange Staus und stundenlange Wartezeiten ließen oftmals die Nerven aller Beteiligten blank liegen. „Stau“ wurde zur oft gehörten Spitzenmeldung in den Verkehrsnachrichten. 22

Erstmals trat das Phänomen Grenzstau zu Weihnachten 1969 auf. Es gab heftigen Schneefall und die Straße war vereist, sodass ohnehin nur langsames Fahren möglich war. Die langsame Zollabfertigung auf jugoslawischer Seite führte bei den Wartenden zur Unruhe, die sich auch in Gewalt entlud. Letztlich musste das Bundesheer mit 120 Mann vor Ort erscheinen, um die Ordnung wiederherzustellen. Obwohl die jugoslawischen Grenzer in Stoßzeiten etwa 20 Fahrzeuge pro Minute abfertigten, war dies deutlich zu wenig, um die heranfahrenden Massen zu bewältigen. Trauriger Höhepunkt waren die Weihnachtsfeiertage von 1974, als der Grenzstau eine Länge von 70 Kilometern erreichte und damit bis nach Graz zurückreichte.

← Vorherige Doppelseite Grenzübergang Spielfeld: Fahrzeugkolonnen von ­„Gastarbeitern“ auf dem Weg nach Jugoslawien und in die Türkei, 1975. Fotograf: Alfred Steffen, Multimediale Sammlungen/UMJ Rechts oben Grenzübergang Spielfeld: Fahrzeugkolonnen von ­„Gastarbeitern“ auf dem Weg nach Jugoslawien und in die Türkei, 1975. Fotograf: Alfred Steffen, Multimediale Sammlungen/UMJ Rechts unten Autokolonnen vor dem Zollamt Spielfeld, undatiert. Fotograf: Helge O. Sommer


23


Oben und unten Reisende am Bahnhof Spielfeld besteigen einen Zug nach Zagreb, undatiert. Fotograf unbekannt, Privatbesitz, Josef Knapp, Eckberg

24


Grenzübergang Spielfeld: Zollbeamte überprüfen das Auto eines Gastarbeiters, 20. August 1988. Fotograf: Harry Stuhlhofer, Redaktionsarchiv der Kleinen Zeitung Unterbrochene Fahrt einer Gastarbeiterfamilie beim Grenzübergang Spielfeld. Eine Frau schläft im Schatten der Kühlerhaube, 20. August 1988. Fotograf: Harry Stuhlhofer, Redaktionsarchiv der Kleinen Zeitung

25


„Grenzland-Gasthaus zum Eisernen Vorhang“, 13. November 1988. Fotograf unbekannt, Redaktionsarchiv der Kleinen Zeitung

Farbpostkarte, Raststation bei Spielfeld, 1970er-Jahre. Fotograf unbekannt, Sammlung Walter Feldbacher, Weinburg

26


Gastarbeiter machen Pause auf einem Rastplatz bei Spielfeld, 20. August 1988. Fotograf: Harry Stuhlhofer, Redaktionsarchiv der Kleinen Zeitung

Gastarbeiter bei einer AbkĂźhlung am Rastplatz Spielfeld, 20. August 1988. Fotograf: Harry Stuhlhofer, Redaktionsarchiv der Kleinen Zeitung

Rastplatz Spielfeld mit Imbissständen, 20. August 1988. Fotograf: Harry Stuhlhofer, Redaktionsarchiv der Kleinen Zeitung

27


Die „Gastarbeiterroute“, die ja auch den lokalen Verkehr behinderte und ein s­ icheres Queren nicht immer leicht machte, trug nicht gerade dazu bei, die Fremdenfeindlichkeit im Lande zu reduzieren. Die türkischen Arbeitsmigranten lebten meist in isolierten Subkulturen. Aber auch die jugoslawischen Arbeitskräfte fanden nur sehr wenig Anerkennung. Unabhängig von ihrer regionalen Herkunft sprach man von diesen Menschen als „Jugos“, nannte die Gastarbeiter „Tschuschen“ und integrierte sie lange Zeit nur zögerlich bis gar nicht in die österreichische Gesellschaft. Und an der Grenze beförderten diese Vorurteile nicht gerade das gedeihliche Zusammenleben im sogenannten kleinen Grenzverkehr. Die Grenze war auch Vorurteilsgrenze, man sah sich im Norden auf der überlegenen Seite. Dennoch, die Tabakwaren waren südlich der Grenze billiger – manchmal schon ein Grund, die Trennlinie zu überschreiten. Es gab aber auch positive Initiativen. 1978 wurde die Arbeitsgemeinschaft Alpe-Adria gegründet, an der neben anderen Ländern auch Slowenien und die Steiermark beteiligt waren. Und sogar schon 15 Jahre früher startete durch eine Initiative des damaligen Kulturlandesrats Hanns Koren das Experiment „trigon“, bei dem in Biennalen Künstlerinnen und Künstler aus Jugoslawien, Italien und Österreich ihre Positionen zu definieren versuchten. Protest blieb freilich nicht aus.

Rechts oben Männer verlassen den Duty-Free-Shop in Spielfeld mit gut gefüllten Einkaufssackerln, undatiert. Fotograf unbekannt, Privatbesitz Josef Knapp, Eckberg Rechts unten Autokolonnen vor dem Grenzübergang Spielfeld, 6. Februar 1995. Fotograf: Helge O. Sommer → Nächste Doppelseite Krieg in Bad Radkersburg/Gornja Radgona, 28. Juni 1991. Fotograf: Heribert Köckl, Bad Radkersburg, MiaZ – Museum im Alten Zeughaus, Bad Radkersburg

28


29


30


31


Der Zerfall Jugoslawiens Am Begräbnis von Staatspräsident Tito am 8. Mai 1980 nahmen von österreichischer Seite Bundespräsident Rudolf ­Kirchschläger, Bundeskanzler Bruno Kreisky und Außenminister Willibald Pahr teil. Eine so umfassende Vertretung beim Staats­begräbnis signalisierte Entspannung in den diplomatischen Beziehungen. Knappe vier Jahre später war Sarajewo Austragungsort der Olympischen Winterspiele. Obwohl Österreich katastrophal abschnitt – es gab eine einzige Bronzemedaille für unser Land –, war Jugoslawien, nicht zuletzt auch wegen seines politischen Sonderwegs, ein weltweit anerkanntes Land. Es war, da auch preislich günstig, eines der bevorzugtesten Urlaubsdestinationen, nicht nur für Gäste aus Österreich. Allerdings stellten noch in den Achtziger­ jahren einzelne Teilrepubliken der Födera­ tion den neuen Kurs, der von serbischer Seite – angeführt von Slobodan Milošević – auf eine serbische Dominanz abzielte, infrage. Dies hatte auch mit einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage zu tun. Und auf österreichischer Seite hatten sich die außenpolitischen Prioritäten verschoben. Hatte Bruno Kreisky sich noch sehr um die blockfreien Staaten bemüht, so stand Alois Mock den zentrifugalen Kräften in Jugoslawien nahe. 1990 wurde zwar der Fortbestand dieses Staates noch als politisches Ziel ausgegeben, aber die Weichen wurden bald in Richtung der Separationsbemühungen der Slowenen und Kroaten gestellt. Das zentrale Argument war der serbische Führungsanspruch, der es den Slowenen und Kroaten nicht ermöglichte, gleichberechtigt in diesem „Vielvölkerstaat“ zu leben. 32

Der Zerfall Jugoslawiens wurde im Juni 1991 Realität: Am 25. Juni erklärten Slowenien und Kroatien zeitgleich ihre Unabhängigkeit. Das führte dazu, dass zwei Tage später Jugoslawien den Beschluss fasste, Truppen in die beiden abtrünnigen Teilrepubliken zu entsenden. Der Krieg um die Unabhängigkeit begann und er sollte zu einem der blutigsten Konflikte des späten 20. Jahrhunderts in Europa werden. Die Beschießung von Dubrovnik, vor allem aber der Kampf um Sarajewo und die Grausamkeiten von ­Srebrenica haben längst ihren fixen Platz in der Geschichte der schrecklichen Ereignisse der letzten Jahrzehnte gefunden. Der Krieg in und um Slowenien dauerte allerdings nur zehn Tage.

Rechts oben Krieg 1991 in Bad Radkersburg/Gornja Radgona, Juli 1991. Fotograf: Heribert Köckl, Bad Radkersburg, Foto: MiaZ Museum im Alten Zeughaus, Bad Radkersburg​ Rechts unten Ausgebrannte LKWs am Straßenrand, Juli 1991. Fotograf: Helge O. Sommer → Nächste Doppelseite Krieg 1991 in Bad Radkersburg/Gornja Radgona. Fotograf unbekannt, MiaZ – Museum im Alten Zeughaus, Bad Radkersburg


33


34


35


Der Krieg an der steirischen Grenze Die Tage nach dem 25. Juni 1991 waren an der Grenze von Hektik gekennzeichnet. Man begann nun auf slowenischer Seite sofort, an den Grenzübergängen Zollbeamte und Grenzpolizisten der gerade gegründeten Republik Slowenien den Dienst versehen zu lassen. Die „grüne Grenze“ wurde aber immer noch von Einheiten der jugoslawischen Volksarmee bewacht. Doch schon am nächsten Tag rückten Panzer der jugoslawischen Volksarmee gegen die Grenzübergänge vor, um diese strategisch wichtigen Punkte nicht der slowenischen Territorialverteidigung zu überlassen. Damit war der Krieg an den Übergängen der steirischen Südgrenze angekommen. Das löste in der Steiermark auf politischer Ebene Hektik aus, zumal Falschmeldungen wie etwa die Sichtung von 50 Panzern am Grenzübergang Radkersburg die Stimmung anheizten. Tatsächlich kam es zu ersten Grenzverletzungen, als am 27. Juni nachmittags zwei Hubschrauber der jugoslawischen Volksarmee österreichisches Territorium überflogen. Und um das Zollhaus von Sicheldorf-Gederovizi kam es zu ersten Gefechten zwischen jugoslawischen und slowenischen Einheiten. Das österreichische Bundesheer wurde einsatzbereit gemacht. In den g ­ renznahen Kasernen hatte man durchgehend dienstbereit zu sein. Am Folgetag waren in ­Radkersburg die Kämpfe um die Zollstation in Gornja Radgona deutlich wahrzunehmen, bei denen es der jugoslawischen Armee gelang, diesen strategischen Punkt einzunehmen. Jugoslawische Kampfflugzeuge überflogen die österreichische Grenze, eines davon drang sogar bis nach Graz vor. Der Grenzübergang Spielfeld-Šentilj 36

wurde ­bombardiert, es gab Tote, aber die slowenische Territorialverteidigung hielt die ­Stellung. Schließlich fasste das österreichische Verteidigungsministerium den Beschluss zum Sicherungseinsatz an der Grenze. Für die steirische Medienlandschaft waren diese Tage eine konzentrierte Zeit der ­nationalen und internationalen Wahrnehmung. Obwohl das Bedrohungspotenzial für die steirische Bevölkerung überschaubar gering war, war es medial doch eine ganz spezielle Herausforderung, erstmals seit fast einem halben Jahrhundert einen Krieg zu sehen und über ihn berichten zu können. Dem Bundesheer fiel vor allem die Aufgabe zu, demonstrativ und gut sichtbar anwesend zu sein, um die Bevölkerung zu beruhigen. Viele schaulustige „Kriegstouristen“ waren herbeigeströmt und bewegten sich zwischen den österreichischen Stellungen, was im Ernstfall eine gewaltige Behinderung eines Einsatzes gewesen wäre.

Rechts oben Krieg in Bad Radkersburg/Gornja Radgona, 3. Juli 1991. Chefinspektor Günther Schinner (Abteilungsleiter der österreichischen Zollwache, links) trifft in der Mitte der Grenzbrücke Alojz Flisar, Chef der Miliz von Murska Sobota, 3. Juli 1991. Fotograf: Heribert Köckl, Bad Radkersburg, MiaZ – Museum im Alten Zeughaus, Bad Radkersburg Rechts unten Krieg in Bad Radkersburg/Gornja Radgona, 4. Juli 1991. Fotograf: Heribert Köckl, Bad Radkersburg, MiaZ – Museum im Alten Zeughaus, Bad Radkersburg


37


Am Sonntag, dem 30. Juni 1991, wurde es plötzlich hektisch. Das Ultimatum, das die jugoslawische Volksarmee den Slowenen gestellt hatte, war ohne Beantwortung abgelaufen und die Armee drohte nun, Ljubljana/Laibach mit einem Luftangriff zu beschießen. Das hätte eine gewaltige Drehung an der Kriegsspirale bedeutet. Der Luftangriff unterblieb aber. Das österreichische Bundesheer hatte inzwischen mit Sandsäcken im Bereich von Radkersburg 16 Stellungen errichtet. Der nächste Tag brachte vorerst leichte Entspannung, da Slowenien zur Feuereinstellung bereit war und die Troika aus der Europäischen Gemeinschaft die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch brachte. Allerdings wurde keine Einigung erzielt, und so gingen die Kämpfe in Slowenien weiter. Einige Soldaten der Volksarmee flüchteten vor den slowenischen Truppen über die Grenze nach Österreich. Es war deutlich geworden, dass sich die Slowenen durchgesetzt hatten, zumal auch über Kroatien die befürchteten größeren Truppenverbände nicht mehr heranrückten. Die Autorität des Zentralstaates Jugoslawien war zerbrochen. Für die österreichische Seite der Grenze schien die Bedrohung mit dem 1. Juli 1991 vorbei. Die Einheiten der Gendarmerie wurden abgezogen. Allerdings flammten die Kämpfe am 2. Juli erneut auf. Hauptschauplatz war Gornja Radgona, sodass in Radkersburg die Schulen und die Therme geschlossen wurden. Sogar das Zollamtsgebäude wurde aus Sicherheitsgründen geschlossen, die Beamten mussten ins Gemeindehaus übersiedeln. Bis zum Abend des nächsten Tages blieb die Situation kritisch. Bürgermeister Werner Reiter richtete einen Appell an die Bevölkerung von Radkersburg, in den Häusern zu bleiben, die Balken zu schließen und Löschwasser 38

bereitzuhalten. Am 4. Juli nahm aber das Leben wieder den gewohnten Gang auf. Mit dem Abkommen von Brioni vom 8. Juli waren die Kämpfe vorbei und am 18. Juli gaben die jugoslawischen Truppen den vollständigen Abzug aus Slowenien bekannt. Dennoch war eine allgemein anerkannte Selbstständigkeit Sloweniens noch nicht erzielt. Nach europäischem Vorbild gab sich Slowenien am 23. Dezember 1991 eine demokratische Verfassung. Der neue Staat war gegründet. Deutschland und Österreich trieben die internationale Anerkennung voran. Und im Jänner 1992 wurde Slowenien von Österreich offiziell anerkannt. Die Eigenstaatlichkeit der Republik Slowenien, wie nunmehr Österreichs Nachbar im Südosten hieß, konnte ihren Anfang nehmen.


Oben Krieg in Bad Radkersburg/Gornja Radgona, 4. Juli 1991. Fotograf: Heribert Köckl, Bad Radkersburg, MiaZ – Museum im Alten Zeughaus, Bad Radkersburg Unten Kerzen und Blumen am Straßenrand, Juli 1991. Fotograf: Helge O. Sommer → Nächste Doppelseite Torte anlässlich des EU-Beitritts von Slowenien, 2008. Fotograf unbekannt, Privatbesitz Josef Knapp, Eckberg

39


40


41


Gemeinsam in Europa Da die Kriegszerstörungen in Slowenien nicht wirklich behindernd waren, konnte das junge Land rasch eine Stabilisierung erreichen. Schon 1992 trat man der UNO bei, 1996 der OECD. An der Grenze waren schon ab 1993 die Überschreitungen von beiden Seiten für gemeinsame Kirchenbesuche gesichert. Am 23. März 2003 stimmten die Slowenen mit fast 90 % für einen Beitritt zur EU, nachdem fünf Jahre lang über die Bedingungen eines solchen Schritts verhandelt worden war. Zwei Drittel stimmten gleichzeitig auch für einen Beitritt zur NATO. Am 1. Mai 2004 trat Slowenien im Rahmen der EU-Osterweiterung gemeinsam mit neun anderen Staaten formell der EU bei. Zeitgleich wurde das Schengener Abkommen von Slowenien ratifiziert, was schließlich am 21. Dezember 2007 zum Wegfall der Grenzkontrollen am ehemaligen Eisernen Vorhang führte. Seit Jänner 2007 ist auch in Slowenien der Euro die offizielle Landeswährung. Dennoch war nicht alles eitel Wonne. Das Betreiben des Kernkraftwerks in Krško, gemeinsam mit Kroatien, blieb ein bis heute ungelöster Streitpunkt. Und Sloweniens wirtschaftlicher Aufschwung erlitt auch Rückschläge.

42


Oben Josef Knapp am Grenzübergang Spielfeld mit blauem EU-Christbaum, 2008. Fotograf unbekannt, Privatbesitz Josef Knapp, Eckberg Unten Pfingstwallfahrt Sveti Duh na ostrem vrhu/­Heiliggeist am Osterberg, undatiert. Fotograf unbekannt, Privatbesitz Altpfarrer Blasius Klug, Leutschach → Nächste Doppelseite Szene am Grenzübergang Spielfeld, Oktober 2015. Fotograf: Alexander Danner

43


44


45


Das Krisenjahr 2015 Durch die Ereignisse im Nahen Osten, vor allem durch den blutigen Bürgerkrieg in Syrien, konnten zahllose Menschen ihr Überleben nur durch Flucht sichern. In den Nachbarländern Syriens waren bald vier Millionen Menschen zu versorgen, die internationale Hilfe lief spärlich. Meist über die Türkei und dann in überfüllten Booten nach Griechenland machten sich viele Flüchtlinge daher auf den Weg, um an sichere Orte zu gelangen, die ihnen außerdem eine Lebens­ perspektive zu bieten schienen. Wunschdestination war Westeuropa, vor allem Deutschland, aber auch Österreich. Über andere Routen von Nordafrika aus strömten Menschen nach Spanien, Frankreich und teilweise weiter nach Großbritannien. Die europäischen Staaten sahen sich vor allem durch die große Zahl der Flüchtlinge herausgefordert. Über Griechenland, Makedonien und Serbien gelangten die Menschen an die österreichische Grenze im Burgenland. Im September 2015 strömten – nach der humanitären Entscheidung, die Grenze zu öffnen – etwa 200.000 Menschen ins Land, von denen allerdings 90 % nach Deutschland weiterwanderten. Und als im Oktober 2015 Ungarn die Grenze zu Serbien mit einem Zaun schloss, bot sich der Weg über Slowenien an die steirische Grenze als Alternative an. Schon am 17. Oktober standen gut 1.000 Flüchtlinge vor dem Grenzübergang Spielfeld. Auch in Radkersburg waren es etwa 350. Die Zahl stieg in den nächsten Tagen deutlich an. Die Eisenbahnlinie zwischen Leibnitz und Maribor/Marburg musste den Betrieb einstellen, da sich viele Menschen auf den Geleisen nach Norden bewegten. Viele freiwillige Helfer kümmerten sich um 46

die Erstversorgung, die sanitären Bedingungen waren katastrophal. Am 20. Oktober standen 4.500 Flüchtlinge in Spielfeld vor dem österreichischen Grenzübergang. Die Lage nahm an Spannung zu. Am 21. Oktober durchbrachen schließlich Flüchtlinge die Grenzabsperrungen und gut 1.000 Menschen machten sich zu Fuß auf den Weg nach Norden, da sie die deutsche Grenze sehr nahe vermuteten. Aber mindestens 2.000 Personen wurden in Spielfeld in Notunterkünften versorgt, Hunderte mussten die kalte Nacht im Freien verbringen. Am 24. Oktober hatten sich gut 800 Taxis in Spielfeld eingefunden, um den Flüchtlingen zu hohen Preisen den Transport nach Wien oder nach Salzburg an die deutsche Grenze anzubieten. Seit Anfang September 2015 hatten etwa 350.000 Flüchtlinge Österreich betreten, die Zahl der Asylanträge war auf etwa 60.000 gestiegen. Der allergrößte Teil der Flüchtlinge betrachtete Österreich nur als Zwischenstation auf dem Weg nach Deutschland. Österreichs Politik reagierte mit den Plänen zum Bau eines Grenzzaunes, politisch umstritten und auch nicht von allen Menschen der Grenzregion mitgetragen.

Rechts oben Flüchtlingskrise, Spielfeld, 22. Oktober 2015. Bibihal Uzbeki, die alte Frau mit dem grünen Kopftuch, war 2015 vermutlich 105 Jahre alt und stammte aus ­Afghanistan. Sie war wahrscheinlich der älteste Mensch auf der Flucht in Europa. Fotograf: Alexander Danner Rechts unten Szene am Grenzübergang Spielfeld, Oktober 2015. Fotograf: Alexander Danner


47


FlĂźchtlingskrise, Spielfeld, 22. Oktober 2015. Fotograf: Alexander Danner

Situation der FlĂźchtlinge in Spielfeld, 1. November 2015. Fotograf: David Kranzelbinder

48


Spielfeld: Kundgebungsteilnehmer demonstrieren für eine Schließung der Grenze, 26. Oktober 2015. Fotograf: EXPA – Erwin Scheriau, Redaktionsarchiv der Kleinen Zeitung

„Antifa-Demo und Gegendemo in Spielfeld und Umgebung“: Linke Gegendemonstration zur rechten Demonstration, welche die Schließung der Grenzen fordert, 15. November 2015. Fotograf: Mag. Horst Plankenauer, Presse-Bildagentur „der Plankenauer“

49


Diese Tage und Wochen veränderten das politische Klima in Österreich nachhaltig. Mit der Verunsicherung breiter Teile der Gesellschaft konnte Politik gemacht, konnten Wahlen gewonnen werden. Jene Teile der Zivilgesellschaft, die sich humanitär zur Hilfe verpflichtet sahen, gerieten als „Gutmenschen“ in die politische Defensive. Die Grenze, die in den Jahren seit 1991 ein so freundliches Gesicht der Offenheit gewonnen hatte, wurde zumindest teilweise wieder eine echte Grenze. Selbst an den „grünen“ Übergängen wurde kontrolliert und es sollte viele Monate dauern, bis die alte selbstverständliche Nachbarschaft wieder zur Realität wurde. Bizarr war dann aber eine Grenzschutzübung „Pro Borders“ der Spezialeinheit „Puma“ im Juni 2018 in Spielfeld, wo Polizeischüler Flüchtlinge zu mimen hatten und eine Kampfbereitschaft als „Botschaft“ der österreichischen Politik an potenzielle weitere Flüchtlinge gesendet wurde. Dennoch ist wieder Normalität eingekehrt. Die Grenze ist ein Ausflugsziel, Kunstwerke an der Grenze betonen die Gemeinsamkeiten und eine Kulturlandschaft wächst wieder zusammen. Rechts oben Spielfeld: sogenannte „Pro Borders“-Übung am 26. Juni 2018 mit Panzer und der „Puma“-Spezialeinheit des österreichischen Bundesheeres. Die Übung verstand sich als „starkes Zeichen gegen unkontrollierte Grenzübertritte“, so Innenminister Herbert Kickl (FPÖ). Da aufgrund eines nicht vorhandenen Flüchtlingsansturmes die nötigen „Massen“ fehlten, mimten rund 200 Polizeischüler Flüchtlinge. Fotograf: Stefan Pajman, Redaktionsarchiv der Kleinen Zeitung Rechts unten Tobias Rehberger, Woher der Wind weht/Od koga piha veter, 2015, Kunstwerk an der Steirischen Weinstraße, 26. Oktober 2018. Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark, Fotografin: Mirella Konrad

50


51



Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.