Alumni Porträt Anna Vogt

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ANNA VOGT

STUDIENABSCHLUSS

Bachelor of Science in Architecture (BSc Arch)

STUDIENGANG AN DER UNI LIECHTENSTEIN Architektur

AKTUELLE STELLE Architektin

DEIN ARCHITEKTUR-STUDIUM AN DER UNI LIECHTENSTEIN HAST DU VOR 7,5 JAHREN ABGESCHLOSSEN. IN WELCHEN ETAPPEN IST DEIN BERUFSEINSTIEG VERLAUFEN? Ich wusste schon in der Primarschule, dass ich einmal Architektin sein möchte. Ich erinnere mich an viele Tage in den Sommerferien, in denen ich stundenlang Grundrisse von Burgen und Schlössern auf ein A4-Papier gezeichnet habe. Mir war aber auch immer klar, dass ich eine Lehre abschliessen und nicht das Gymnasium besuchen möchte. Nach dem Lehrabschluss als Hochbauzeichnerin 2009 habe ich während zweier Jahre die berufsbegleitende BMS im Schwerpunkt Gestalten in Vaduz absolviert und nebenher gearbeitet. Auch während meiner drei Studienjahre habe ich immer mindestens 20 % – in den Sommerferien 100 % – als Hochbauzeichnerin gearbeitet. Nach meinem letzten Praktikum im Sommer 2014 wurde mir eine Festanstellung angeboten, die ich sehr gerne angenommen hatte. Der Berufseinstieg als Architektin war deshalb fliessend.

WELCHER TÄTIGKEIT GEHST DU HEUTE NACH? UNTERNEHMEN

Becker Architektur AG, Vaduz

Ich arbeite seit 2018 als Architektin bei Jürgen Becker in Vaduz. Angefangen habe ich mit einem Pensum von 80 %. Mittlerweile bin ich hauptberuflich Mama und arbeite 30 % im Büro.

WELCHE ASPEKTE DEINES HEUTIGEN BERUFS BEREITEN DIR AM MEISTEN FREUDE? WAS MOTIVIERT DICH? Es ist vor allem die Vielseitigkeit, die ich an meinem Beruf so sehr liebe. Entwurfsarbeiten führe ich genauso gerne aus wie die Ausführungsplanung mit Liebe zum Detail. Meine Grundbildung als Hochbauzeichnerin sehe ich als optimale Ergänzung. Ich finde es schade, wenn man sich nach dem Studium nur noch im Entwurf sieht – das bin ich nicht. Architektur ist das Ganze. Die grösste Motivation für mich sind jedoch die sich immer ändernden Gegebenheiten. Andere Menschen, andere Orte, andere Aufgaben – sie machen die Vielseitigkeit aus.

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« ES IST VOR ALLEM DIE VIELSEITIGKEIT, DIE ICH AN MEINEM BERUF SO SEHR LIEBE.» ANNA VOGT

DU HAST VOR KURZEM DEIN ERSTES KIND BEKOMMEN. HERZLICHE GRATULATION! NUN ARBEITEST DU 30 % ALS ARCHITEKTIN. WIE WAR FÜR DICH DER WIEDEREINSTIEG NACH DER KARENZ? Danke. Ja, unsere Tochter ist nun 1,5 Jahre alt und die Zeit rast. Ich habe nach der Karenz mit gemischten Gefühlen wieder begonnen zu arbeiten. Einerseits habe ich mich wahnsinnig gefreut, wieder in meinem erlernten Beruf tätig sein zu können. Aus dem Haus zu kommen, einen Tapetenwechsel zu haben und absolut andere Gedanken. Andererseits war da mein schlechtes Gewissen meiner Tochter gegenüber, die Hormone und die ganze Umstellung. Da ich meine Tochter zu dem Zeitpunkt noch voll gestillt habe, war es auch die Organisation, die anfangs umständlich war. Aber man wächst da wohl rein!

WIE LÄSST SICH FÜR DICH FAMILIE UND BERUF VEREINBAREN? Ich denke dies ist von Situation zu Situation sehr unterschiedlich. Ich für meinen Teil bin sehr dankbar, dass mein Chef mir mit einem Arbeitspensum von 30 % entgegengekommen ist. Ich weiss, dass dies in unserem Beruf nicht selbstverständlich ist. Viel mehr zu arbeiten, ist für mich zu diesem Zeitpunkt auch kein Thema. Unsere Tochter wird familienintern betreut und auch hier bin ich unglaublich dankbar, dass dies möglich ist. Wichtig sind frühzeitige und offene Gespräche, vor allem mit dem Arbeitgeber. Von Anfang an und zu jedem Zeitpunkt. Ich glaube, die Vereinbarkeit ist in vielen Bereichen ein Eingehen von Kompromissen. Wenn immer möglich zum Wohle des Kindes.

WIE HAT SICH DEINE ARBEITSWEISE GEÄNDERT, SEIT DU MUTTER BIST? Ich glaube nicht, dass ich durch das Muttersein meine Arbeitsweise verändert habe. Vielleicht bin ich in manchen Bereichen etwas «praktischer» geworden. Was ich eher glaube, ist, dass ich durch mein kleines Pensum noch effizienter geworden bin. Ich arbeite rund 13 Stunden in der Woche und in denen möchte ich so viel wie möglich erreichen.

WAS MUSS DEINER MEINUNG NOCH GEMACHT WERDEN FÜR EINE BESSERE VEREINBARKEIT VON FAMILIE UND BERUF? Das ist eine extrem schwierige und individuelle Frage mit zahlreichen Punkten, die aus meiner Sicht angeschaut werden sollten. Sowohl von den Arbeitgebern, der Politik als auch von der Gesellschaft. Ich denke da an die Dauer und Art der Elternzeit, an das Frauenbild, aber auch an die Rolle des Mannes als Alleinverdiener, an die Betreuungskosten, und noch vieles mehr. Es gibt diverse Gesetze und Regelungen, bei denen ich nicht weiss, wie diese im Alltag funktionieren sollen. Ich habe meine Tochter beispielsweise elf Monate gestillt. Dafür steht einem als Mama eine gewisse Zeit zur Verfügung. Wie dies bei einem Arbeitspensum von 50 – 100 % machbar sein soll, ist mir ein Rätsel. Ich denke, mit einer Neuregelung der Elternzeit – und zwar für beide Elternteile – ginge es in die richtige Richtung.

HAT DAS ELTERNDASEIN DEINE SICHT AUF MANCHE BERUFLICHEN ASPEKTE VERÄNDERT? Ich glaube, es hat vor allem mein Verständnis für nachhaltiges Bauen und den Umgang mit unseren Ressourcen noch einmal verstärkt. Auch das verdichtete Bauen und der Umgang mit dem Bestand sind im Hinblick auf unsere Kinder wesentliche Punkte in der Architektur.

INWIEFERN ERLEICHTERT DIR DEIN STUDIENABSCHLUSS DEN BERUFSALLTAG? Ich weiss nicht, ob ich das so wirklich beantworten kann. Das Studium war auch eine Art Lebensschule und beides zusammen hatte einen grossen Einfluss auf die Person, die ich heute bin.

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« WAS ICH ABER IMMER GESCHÄTZT HABE, WAR DIE 1:1-BETREUUNG DURCH DIE DOZIERENDEN UND DIE KLEINEN ARBEITSGRUPPEN. » ANNA VOGT

AUF WELCHE AN DER UNI ERWORBENEN FÄHIGKEITEN BIST DU AM MEISTEN ANGEWIESEN? Themen wie Architekturtheorie und Kontext haben mich im Studium immer interessiert. Für mich sind sie ein wichtiger Bestandteil des Entwurfs. Ein Haus gehört in sein Umfeld und seine Geschichte und ist kein zweites Mal genau gleich möglich. Was mir im Studium auch geholfen hat, ist das freie Denken. Weg von der Machbarkeit – das Vorwissen von der Lehre quasi kurz zu Löschen. Die dadurch entstandenen Ideen anschliessend wieder in den gesetzlichen Rahmen zu bringen, ist dann die Herausforderung.

DIE UNI LIECHTENSTEIN WILL IHREN STUDIERENDEN NICHT NUR EINE AUSBILDUNG MIT AUF DEN WEG GEBEN, SONDERN AUCH RAUM FÜR DIE ENTFALTUNG DER PERSÖNLICHKEIT BIETEN. INWIEWEIT WAR DAS FÜR DICH SO? Zu meiner Zeit war noch einiges anders im Curriculum. Was ich aber immer geschätzt habe, war die 1:1-Betreuung durch die Dozierenden und die kleinen Arbeitsgruppen. Man wurde als Mensch wahrgenommen und gefördert, was in einer grösseren Universität aus meiner Sicht gar nicht möglich ist. Die Lehrpersonen haben sich jeweils Zeit genommen für das persönliche Gespräch und waren eigentlich immer für Fragen da. Das hat für mich die Uni Liechtenstein ausgemacht.

« DAS LEBEN KOMMT ANDERS, ABER ES KOMMT GUT! » ANNA VOGT

AUF WELCHES ENGAGEMENT WÄHREND DEINES STUDIUMS BIST DU BESONDERS STOLZ? Ich muss ehrlich sein, dass ich nicht zu den Studierenden gehört habe, die in ihrer Freizeit Unternehmungen mit oder an der Uni unternommen haben. Dafür bin ich wirklich stolz darauf, dass ich mir mein Studium mehrheitlich selbst finanziert habe. Während der vorlesungsfreien Zeit habe ich gearbeitet was mir finanzielle Freiheit, aber auch Berufserfahrung ermöglicht hat.

WELCHE ENTSCHEIDUNGEN WÄHREND DEINES STUDIUMS ODER AUF DEM WEG INS BERUFSLEBEN WÜRDEST DU AUS HEUTIGER SICHT ANDERS FÄLLEN? Eigentlich keine. Jede Entscheidung hat mich zu dem Ort geführt, an dem ich heute bin – und ich bin gern da, wo ich bin.

IN WELCHE RICHTUNG MÖCHTEST DU DICH BERUFLICH WEITERENTWICKELN? Im Moment bin ich sehr zufrieden und ich weiss meine Privilegien – privat und auch beruflich – durchaus zu schätzen. Ich gehe gerne zur Arbeit und solange das so ist, bin ich glücklich. Mir wäre aber ein Anliegen, dass sich die ganze Branche etwas anders entwickeln würde. Weg vom «immer schneller, immer grösser» zu «immer bewusster und bedachter». Das ist in Liechtenstein noch nicht ganz angekommen.

WAR DIE UNI LIECHTENSTEIN EINE GUTE WAHL FÜR DICH UND WAS HAST DU AUS DIESER ZEIT IN DEIN HEUTIGES LEBEN MITGENOMMEN?

Interview: Samantha Zogg. Das Interview wurde im Februar 2022 geführt.

In der heutigen, schnellen und kurzlebigen Zeit würde ich mich immer wieder für die Universität Liechtenstein entscheiden. Weil sie für mich der geschützte Rahmen war, um meinen Blick auf das Wesentliche zu fokussieren. Während meines Studiums durfte ich bei einer Exkursion ins Bergell Diego Giovanoli ( Autor / Historiker ) kennenlernen. Er sagte mir damals etwas, das mich seither in meinem Leben ständig begleitet und das ich gerne weitergebe: «Das Leben kommt anders, aber es kommt gut!»

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