DE N K RAUM Das Wissensmagazin der Universität Liechtenstein | No. 07 | November 2017
08 DIE GROSSE UNBEKANNTE Was ist Freiheit, lässt sie sich fassen, bedeutet Freiheit für alle das Gleiche?
14 EINE LANG AUFGESCHOBENE GESELLSCHAFTLICHE DISKUSSION Ein Gespräch über das bedingungslose Grundeinkommen jenseits von Sozialromantik.
26 FREIHEIT DER WISSENSCHAFT Wie lässt sich eine freie Wissenschaft trotz Unterstützung von Freunden und Förderern gewährleisten?
Schwerpunkt Freiheit
Sei doch wer du willst !
www.uni.li
Der f체hrende Hersteller und Anbieter von Innovationen f체r energieeffiziente und zeitgem채sse Komfortl체ftungen im Wohnbereich.
So wohnt Frischluft ! Innovationen der Trivent AG Limodor
Ventilatoren
Aquavent
Unovent
Casavent
Trivent AG
Gruabastrasse 10
9497 Triesenberg
Liechtenstein
T 0800 65 42 42
F 0800 65 42 52
verkauf@trivent.com
Versovent
Cucivent
Brandschutz
trivent.com
Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser Unser Streben als Universität ist es, einen Raum für persönliche Entfaltung und für Begegnung zu schaffen. Dabei spielt Freiheit eine grosse Rolle – als Gestaltungsfreiheit in unserer Lehre für Studierende und Dozierende, aber auch als wissenschaftliche Freiheit, die unser Denken und Forschen bestimmt. So war es für uns eine logische Schlussfolgerung, die verschiedenen Formen dieses komplexen Begriffs «Freiheit» als Leitthema für diese Ausgabe zu wählen. In unserem Leitartikel gehen wir der Frage nach: Was ist Freiheit, lässt sie sich fassen, bedeutet Freiheit für alle das Gleiche? Diese Basisarbeit hilft zu verstehen, warum im Namen der Freiheit rebelliert, revoltiert, gestritten und gekämpft wird, sie darüber hinaus jedoch auch als grösster Garant von Glück gilt. Diese Zwiespältigkeit oder vielfältige Interpretation verwundert nicht, sobald man genauer betrachtet, worin der moderne Freiheitsbegriff gründet: in der Theologie, Philosophie und Soziologie. Der Freiheitsgedanke fusst auf kulturellen Werten und verändert sich mit der Gesellschaft. Die heutige Generation Y geniesst ein hohes Mass an Sicherheit, Bildung und finanzieller Absicherung. Dennoch wird diesen zwischen 1980 und 2000 geborenen Männern und Frauen vorgeworfen, ihre Generation sei angepasst, mitunter gar neo-konservativ, nur darauf bedacht, ihren gesellschaftlichen Status nicht zu verschlechtern. Trotz unzähliger Möglichkeiten würden sie ihre Freiheit nicht nutzen. Wirtschaftsstudent Valentin Mayerhofer setzt sich in seinem Essay mit diesem Vorwurf auseinander und bezieht Stellung für seine Generation.
Ausserdem in dieser Ausgabe: Kann die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens den Beigeschmack von Sozialromantik abschütteln? Welche gesellschaftlichen Chancen und Risiken wären damit verbunden? Oder: Was geschieht, wenn man Studierende als Partner auf Augenhöhe behandelt und ihnen grösstmögliche Freiheit in der Gestaltung ihrer Lern- und Arbeitsräume gewährt? Und: Wie lässt sich eine freie Wissenschaft trotz ( der vielfach benötigten ) Unterstützung von Freunden und Förderern gewährleisten? Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre! Herzlichst,
Jürgen Brücker Rektor der Universität Liechtenstein
Inspiriert zum Lächeln Mit hochwertigen Erzeugnissen für die moderne Zahnmedizin sorgt Ivoclar Vivadent dafür, dass Menschen gerne lächeln. Das gilt auch für die rund 3500 Mitarbeitenden in Schaan und an 30 weiteren Standorten rund um den Globus: An attraktiven Arbeitsplätzen lassen sie sich so zu innovativen Leistungen inspirieren, die Ivoclar Vivadent zu einem der weltweit führenden Dentalunternehmen gemacht haben.
www.ivoclarvivadent.com Ivoclar Vivadent AG
Bendererstr. 2 | 9494 Schaan | Liechtenstein | Tel.: +423 235 35 35 | Fax: +423 235 33 60
KARLIE KLOSS
#BeBrilliant WITH THE FALL/WINTER COLLECTION
SWAROVSKI.COM
NEU02_Denkraum_185x136_TRI.indd 1
01.09.17 07:39
Inhalt Ausgabe No. 07 07 Gastkommentar Der Wert der Freiheit Pfarrer Andreas Fuchs über die Notwendigkeit
der Orientierung an festen Werten.
08 Leitartikel Die grosse Unbekannte Was ist Freiheit, lässt sie sich fassen, bedeutet
Freiheit für alle das Gleiche? Auf den Spuren der Freiheit und ihrer wechselnden Bedeutung im gesellschaftlichen Wandel.
12 Essay Wohin mit so viel Freiheit?
Der Generation Y wird vorgeworfen, sie nütze ihre unzähligen Möglichkeiten nicht. Generationsvertreter und Wirtschaftsstudent Valentin Mayerhofer bezieht Stellung.
14 Interview Eine lang aufgescho- bene gesellschaftliche Diskussion
Finanzexperte Professor Martin Wenz im Interview zum bedingungslosen Grundeinkommen. Ein Gespräch jenseits von Sozialromantik.
17 Forschung im Fokus Die bewegte Gesellschaft
Die zunehmende Mobilität der Bevölkerung stellt Herausforderungen an den städtischen Raum und seine Architektur. Architekturwissenschaftler suchen europaweit nach Lösungen.
18 Uni Gestalten Forschen mit Weitblick
Finanzwissenschaftler Sebastian Stöckl über sein Leben als Forschender und was ihn in der Region hält.
20 Feature So beflügelt Verantwortung
Was geschieht, wenn man Studierende als Partner auf Augenhöhe behandelt und ihnen grösstmögliche Freiheit in der Gestaltung ihrer Lern- und Arbeitsräume gewährt?
23 Feature Die Filter Bubble – Fluch oder Segen?
Freiheit beginnt im Denken, doch sind unsere Gedanken noch frei? Eine Überlegung.
26 Denkanstoss Freiheit der Wissenschaft
Wie lässt sich eine freie Wissenschaft trotz ( der vielfach benötigten ) Unterstützung von Freunden und Förderern gewährleisten?
Impressum Herausgeber Stabsstelle Kommunikation, Universität Liechtenstein, Fürst-Franz-Josef-Strasse, 9490 Vaduz, Liechtenstein Chefredaktorin Inga van Gessel Autoren dieser Ausgabe Jan vom Brocke, Heike Esser, Katja Fenkart, Andreas Fuchs, Inga van Gessel, Yvonne von Hunnius, Valentin Mayerhofer Lektorat Heike Esser Kontakt Stabsstelle Kommunikation T +423 265 12 73, F +423 265 11 12
Grafik und Gestaltung Leone Ming Est., Intensive Brand 9494 Schaan, Liechtenstein agentur@leoneming.com Anzeigenverkauf creativeservice ag, fokusmedien 9494 Schaan, Liechtenstein kunde@fokusmedien.li Druck BVD Druck + Verlag AG, 9494 Schaan, Liechtenstein www.bvd.li Erscheinungsweise Halbjährlich Auflage 35 000 Aktuelle Ausgabe und Archiv: www.uni.li/denkraum
Fotografie Adrian Schröder
Von Grundwerten zu Vermögenswerten. Sicherheit, Selbstbestimmung & Privatsphäre Die Grundwerte Sicherheit, Selbstbestimmung und Privatsphäre sind zu wesentlichen Bausteinen für kulturelle Entwicklung, Innovationskraft und wirtschaftlichen Erfolg geworden. Sie bilden seit über 60 Jahren das Fundament der First Advisory Group. Mit unseren individuellen Dienstleistungen rund um den Vermögensschutz, die Vermögensberatung und -strukturierung geben wir unseren Kunden diese Grundwerte weiter.
First Advisory Group Genf | Hong Kong | Panama | Singapur | Vaduz | Zürich Telefon +423 236 30 00 | www.first.li
Gastkommentar
07
Pfarrer Andreas Fuchs in seiner Bibliothek im Pfarramt der Gemeinde Triesen.
Der Wert der Freiheit
A
ls ich zuletzt einen Zweitklässler aus der Primarschule fragte, was für ihn Freiheit bedeutet, antwortete er mir: «Freiheit bedeutet für mich, auf einem anderen Planeten sein zu dürfen und dort ganz alleine mit Ausserirdischen auf einem grossen Spielplatz Zeit verbringen zu dürfen.» Eine ehrliche, schöne und auch spezielle Antwort auf die Frage nach der Freiheit. In ihrer Originalität lässt sie uns auch schon erahnen, wie mannigfaltig die Antwortmöglichkeiten auf die Frage nach der Freiheit sind. Es gibt wohl so viele verschiedene Antworten auf die Frage, wie es Menschen gibt. Damit berührt man schon ein wichtiges Grundproblem des Wertes Freiheit. Sehr schnell kann der oft doch sehr subjektive Wert der Freiheit zur Einschränkung und auch Belastung für meinen Nächsten werden. Deshalb mahnt auch der Apostel Paulus in seinem Brief an die Korinther: «Seht zu, dass diese Eure Freiheit den Schwachen nicht zum Anstoss gereiche.» Will der wichtige Wert der Freiheit nicht zum Beliebigen oder zum rein Subjektiven degenieren, braucht er die Orientierung und auch die Objektivierung an festen Werten. Für mich, wie könnte das auch anders sein als Pfarrer, bildet der Glaube an Jesus Christus diese wichtige Orientierung. Als Seelsorger durfte und darf ich immer wieder erfahren, wie der Glaube an Jesus und seine Botschaft Menschen in vielen unterschiedlichen Situationen begleitet, stärkt, innerlich heilt und zu einer beglückenden Freiheit führt. Diese Erfahrung drückt sich auch in dem Wort Goethes aus, der schreibt: «Nicht das
Text: Pfarrer Dr. Andreas Fuchs Foto: Inga van Gessel
macht frei, dass wir nichts über uns anerkennen wollen, sondern eben, dass wir etwas verehren, das über uns ist. Denn indem wir es verehren, heben wir uns auf zu ihm.» Wahre Freiheit braucht Orientierung, braucht das Gesetz der Liebe, um nicht zu pervertieren. Darum müssen wir uns in unserer Schöpfung immer mehr bemühen um eine Freiheit, die die Schöpfung und das Geschöpf achtet und ehrt. Dann wird diese Welt im wahrsten Sinne des Wortes freier und auch glücklicher. Bei dem eingangs erwähnten Dialog mit dem Kind fiel mir noch etwas Wichtiges auf: es war die sichtliche Freude des Kindes beim Gedanken an die Freiheit. Das freundliche Leuchten in den Augen des Kindes zeigte, dass das Denken an die Freiheit etwas Wunderbares ist. Möge der Wert der Freiheit immer Achtung finden in der Religion, in der Gesellschaft, ja vor allem im Leben eines jeden von uns. Hören wir auch immer wieder auf die Stimmen und Gedanken der Kinder, von ihnen können wir mehr lernen, als wir manchmal denken.
Leitartikel
In ihrem Namen wird rebelliert, revoltiert, gestritten und gekämpft, aber sie gilt auch als grösster Garant von Glück und hat es in der westlichen Welt in viele Verfassungen geschafft: die Freiheit. Doch was ist Freiheit, lässt sie sich fassen, bedeutet Freiheit für alle das Gleiche? Text: Heike Esser Illustration: Alina Sonea
D
er Freiheitsbegriff, der dem heutigen Verständnis zugrunde liegt, ist rund 300 Jahre alt und stammt aus der Zeit der Aufklärung. So wird Voltaire als Vertreter der Meinungsfreiheit erkannt: «Ich bin nicht eurer Meinung, aber ich werde darum kämpfen, dass ihr eure Meinung ausdrücken könnt.» ¹ Immanuel Kants Freiheitsdefinition hat mit seiner Gleichsetzung von Freiheit und Pflicht alle grossen Rechtsordnungen beeinflusst: «Niemand kann mich zwingen, auf seine Art glücklich zu sein, sondern ein jeder darf seine Glückseligkeit auf dem Wege suchen, welcher ihm selbst gut dünkt, wenn er nur der Freiheit Anderer, einem ähnlichen Zwecke nachzustreben, die mit der Freiheit von jedermann nach einem möglichen allgemeinen Gesetze zusammen bestehen kann, nicht Abbruch tut.» ² Vereinfacht formuliert: Die eigene Freiheit findet nur dort eine Grenze, wo sie die Freiheit der anderen oder Gesetze verletzt. Auch Georg Wilhelm Friedrich Hegel hat Freiheit als eine Phase ohne Zwang beschrieben, aber unter Einsicht in die Notwendigkeit. Im englischsprachigen Raum gilt noch heute das von John Stuart Mill vertretene Limit, dass «der einzige Grund, aus dem die
09
Menschheit, einzeln oder vereint, sich in die Handlungsfreiheit eines ihrer Mitglieder einzumischen befugt ist: sich selbst zu schützen. Dass der einzige Zweck, um dessentwillen man Zwang gegen den Willen eines Mitglieds einer zivilisierten Gesellschaft rechtmässig ausüben darf: die Schädigung anderer zu verhüten.» ³ Grundrecht Es besteht ein klassisches Spannungsverhältnis zwischen der persönlichen Freiheit einerseits und der Sicherung der öffentlichen Ordnung andererseits. Während Anhänger des Millschen Liberalismus vor allem die individuelle Freiheit im Wirtschaftsleben fordern, kämpfen Sozialismus und Kommunismus für die Freiheit der Arbeiterklasse von den Folgen der Ausbeutung und Unterdrückung durch kapitalistische Produktionsweisen. Anarchisten lehnen alle Herrschaftsformen, ob demokratisch oder nicht, ab und der klassische Konservativismus sieht die menschliche Freiheit durch Moral und höhere Mächte beschränkt. Freiheit gilt heute als ein Grundrecht, gerade im Bereich der politischen Freiheit. Als Recht der Bürger, sich in politische Diskussionen einzubringen
10
Grenzen und über ihre Mitwirkung an der poWo also sollten die Grenzen litischen Willensbildung Einfluss auf «Freiheit ist niemals nur die eigene, der persönlichen Freiheit gezodie Gesellschaft zu nehmen. «Freisondern schliesst das Interesse an heit wird in der Regel als die Möggen werden, was soll als Schälichkeit verstanden, ohne Zwang digung anderer gelten und wie der Freiheit des anderen mit ein.» zwischen unterschiedlichen Möggross muss diese sein, um eine Heike Esser lichkeiten auswählen und entFreiheitsbeschränkung zu rechtferscheiden zu können.» ⁴ Diese tigen? Allgemeiner Konsens besteht Wahlfreiheit kann aber durch äussere und nicht durch den einzelnen Freiheitsmissbrauch darüber, dass die Schädigung über eine gewisinnere Umstände beschränkt oder aufgehoben infrage gestellt wird. In Kontinentaleuropa se Lästigkeit hinausgehen muss, es für sie keine überwiegenden rechtfertigenden Gründe werden, um nicht zu Lasten Dritter zu gehen. hat im Unterschied zur angloamerikanischen geben darf und tatsächlich mit ihr gerechnet Sichtweise der Staat die Aufgabe, über die Der amerikanische Ansatz des Mill-Limits geht werden muss. ⁵ Die Überprüfung dieser drei Folgen der Freiheitsanwendung zu wachen, davon aus, dass positive Verhaltensweisen vom Markt belohnt werden und dadurch die allgeschädliche Freiheitsanwendungen zu unterbinPunkte muss jeweils im Einzelfall erfolgen meine Moral verbessert wird. Die Stärke dieser den und unerwünschte Folgen des Freiheitsund das Ergebnis unterliegt einem permagebrauchs abzumildern oder zu beseitigen. Denkweise ist, dass die grundsätzliche Idee von nenten gesellschaftlichen Wandel: sei es das Freiheit als gesellschaftlichem Ordnungsprinzip Frauenwahlrecht, die Personenfreizügigkeit
11
«Es stellt sich die Frage, wie frei der eigene Wille wirklich ist – Beeinflussungen durch Gesellschaft, Wirtschaft und den jeweiligen Zeitgeist sind oft unbewusste Triebfedern.» Heike Esser
oder die Freiheit, im Konkubinat zusammenzuleben – was vor wenigen Jahrzehnten noch als unzumutbar galt, kann heute ganz selbstverständlich sein. Freier Wille Der Wunsch nach Freiheit wird insbesondere nach erlebter Unfreiheit laut und fordert die Abschaffung der erfahrenen Einschränkungen. Verlangt wird dann, gemäss dem eigenen Willen handeln und zwischen mehreren Alternativen wählen zu können. Die Willensfreiheit definierte Kant als das Vermögen, einen Zustand von selbst anzufangen und nicht von sinnlichen Antrieben und äusseren Zwängen bestimmt, sondern selbst Ursprung des Wollens zu sein. Es stellt sich aber die Frage, wie frei der eigene Wille wirklich ist – Beeinflussungen durch Gesellschaft, Wirtschaft und den jeweiligen Zeitgeist sind oft unbewusste Triebfedern. Heute gilt ein Mensch als frei, wenn er sein Leben aktiv lebt, selbst die Risiken seines Handelns trägt, wenn er tun und lassen kann, was er will. Sehr häufig ist damit nur die wirtschaftliche Freiheit gemeint. Sie geht einher mit der Forderung an den Staat, die grossen Lebensrisiken abzusichern, und das übrige Zusammenleben mit möglichst zurückhaltenden Rechtsverordnungen zu regeln. Freiheit ist aber nicht nur ein Anspruch des Einzelnen mit Blick auf seine eigenen Lebensumstände, sie ist zugleich auch ein Massstab für den Umgang mit anderen. Wer Freiheit für sich einfordert, muss diese auch allen anderen zugestehen.
Verantwortung Wer Freiheit erklären will, stellt fest, dass es Freiheit nur als Freiheit von etwas oder als Freiheit für etwas gibt. Gleichzeitig gehören die Unabhängigkeit von fremdem Zwang, die sogenannte negative Freiheit, und die Möglichkeit zur Gestaltung des eigenen Lebens, die positive Freiheit, untrennbar zusammen. Dabei ist Freiheit niemals nur die eigene, sondern schliesst das Interesse an der Freiheit des anderen mit ein und ist gleichzeitig auch die Basis, jemanden für sein Handeln zur Verantwortung ziehen zu können. Denn nur, wer nach freiem Willen handeln kann, kann für sein gutes oder böses Tun zur Rechenschaft gezogen und belohnt oder bestraft werden. Freiheit ist individuell und genauso individuell sind die Wünsche und Erwartungen des Einzelnen an seine persönliche Freiheit. Was von dem einen bereits als Eingriff in die eigene Entfaltungsfreiheit empfunden wird, gibt einem anderen Sicherheit durch klare Regeln und Strukturen. Ganz frei ist aber niemand, denn keiner hat in der Hand, welche Begabungen, Schwächen oder gesellschaftlichen Veränderungen das eigene Leben bestimmen. Ist Freiheit also eine Illusion? Diese Frage wird seit der Antike immer wieder gestellt und ist zu bejahen, wenn sie als absolute Freiheit verstanden wird, denn bestimmte Möglichkeiten zu ergreifen, heisst stets, auf andere zu verzichten. Bedeuten mehr Möglichkeiten auch immer eine grössere Freiheit oder können
sie sich als Fallstricke erweisen, um die herum die eigene Freiheit gesucht werden muss? Freiheit ist keine messbare Grösse, sie lässt sich nur als Nichtmüssen oder als Dürfen beschreiben. Aber was passiert mit der Freiheit, wenn sie keiner nutzt?
¹ Norbert Guterman: A Book of French Quotations ² www.korpora.org/Kant/aa08/290.html ³ John Stuart Mill: On Liberty ( Über Freiheit ) ⁴ Wikipedia, Schlagwort «Freiheit» ⁵ Josef Isensee, Paul Kirchhof: Handbuch des Staatsrechts
12
Essay
WOHIN mit so viel FR EIHEI T? John Locke postulierte 1690 in «Two Treatises of Government» den Naturzustand als «Zustand vollkommener Freiheit, innerhalb der Grenzen des Naturgesetzes seine Handlungen zu lenken und über seinen Besitz und seine Person zu verfügen, wie es einem am besten scheint – ohne jemandes Erlaubnis einzuholen und ohne von dem Willen eines anderen abhängig zu sein.» Während Freiheit noch längst nicht in allen Teilen der Welt angekommen ist, so lässt sich zumindest für den westlichen Raum behaupten, dass wir ein ausgesprochen hohes Mass an Freiheit besitzen. Das schafft jedoch neue Herausforderungen und Fragen, die wir so noch nicht kennen. Ein Erklärungsversuch. Text: Valentin Mayerhofer Foto: Adrian Schröder
V
orausgesetzt man ist frei. Was passiert eigentlich mit Freiheit, wenn man diese nicht nützt?
Geht man von dem Freiheitsverständnis John Lockes aus, so muss es in dem Moment, in dem man seine Freiheit nicht nützt – sprich eine Entscheidung nicht selber trifft – jemanden anderen geben, der die Entscheidung trifft. Als Beispiel par excellence wäre hier die politische Freiheit aufzuführen: Wenn ich meine politische Freiheit in einer Demokratie nicht nütze und zum Beispiel nicht zur Wahl gehe, überlasse ich die Entscheidung jemand anderen. Dabei ist es von geringer Bedeutung,
ob es eine Institution, eine Gruppe oder eine Einzelperson ist, an die man seine Freiheit abgibt. Die Folgen von nicht genützter Freiheit sind oftmals nur schwer absehbar, da mit der Abgabe der Entscheidungsfähigkeit im Grunde genommen sämtliche Kontrolle über die Zukunft abgegeben wird. Man wird so lange zum Zuschauer gesellschaftlicher Entwicklungen, bis man sich wieder an Entscheidungen beteiligt und aktiv an der Gesellschaft partizipiert. Als Vertreter der Generation Y wird man oft mit dem Vorwurf konfrontiert, dass wir unsere Freiheit nicht nützen. Uns fehle es doch an nichts und viele Dinge, die wir heute
als selbstverständlich erachten und die uns freimachen, mussten von älteren Generationen hart erkämpft werden – sei es das Frauenwahlrecht, Frieden in Europa oder der Schutz der Umwelt. Der Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier hat bei seinem Campusgespräch an der Universität Liechtenstein 2014 festgehalten, dass die derzeitige Jugendgeneration die erste in der jüngeren Geschichte ist, die für nichts einstehen bzw. kämpfen muss und der es trotzdem gut geht. Was macht also eine Generation, die sich für nichts einsetzen muss und trotzdem alles hat? Sie fühlt sich überfordert.
13
Gab es früher noch von der Gesellschaft vorgegebene Verhaltensrichtlinien, mit akzeptierten und abgelehnten Tugenden, Verhaltensweisen und Lebenskonzepten, so ist heute alles möglich. Und wenn etwas nicht möglich ist, dann wird sofort der Ruf nach mehr Freiheit laut. In einer Welt, in der man per Mausklick
Genau wie ein Jugendlicher braucht auch eine Gesellschaft ein universell akzeptiertes Wertesystem, an dem sich die junge Generation messen kann. Nur so können nachfolgende Generationen ihre eigenen Werte entwickeln und herausfinden, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Das hohe Mass an Freiheit und das Fehlen solch eines Wertesystems er«In einer Gesellschaft voller fordert es derzeit aber nicht, dass wir Extreme gibt es keinen Platz mehr uns über unsere Werfür Revolution und Widerstand.» te und Weltvorstellungen Gedanken machen Valentin Mayerhofer müssen. Ganz egal, wie man sich als Junger heute entscheidet, es wird gesellschaftlich akzepZugriff auf weltweites Wissen hat, ist die Devise «Alles ist möglich» zum goldenen Leitsatz tiert. Durch das Fehlen universell verbindlicher erkoren worden. Je grösser aber die Freiheit Normen und Werte gibt es in der heutigen bei einer Entscheidung ist, desto grösser wird Gesellschaft nur mehr wenig Orientierung auch deren Komplexität und damit das Gefühl für Jugendliche. Ohne diese muss bei jeder der Überforderung. Entscheidung aufs Neue überlegt werden, was einem wichtig ist und wofür man steht. Das Galt früher zum Beispiel noch die Deviverlangt viel Energie und führt rasch zur Überse, dass man die nächstgelegene Universität forderung – es fehlen Grundhaltungen, die als besucht, die das passende Studienangebot Leitsystem Entscheidungen vereinfachen. Als hat, so sieht man sich heutzutage als junger Konsequenz geben daher viele Jugendliche Erwachsener einer schier unübersehbaren einen Teil ihrer Freiheit ab und lassen lieber Anzahl an Bachelor- und Masterstudiengänandere entscheiden. Und da man sowieso gen gegenüber. Ja, wir haben die Freiheit, aus alles hat, was man braucht, gibt es auch keinen allen Studienangeboten weltweit zu wählen. Druck von aussen, eine Entscheidung treffen Aber wie soll man da als 19-Jähriger zu einer zu müssen. Entscheidung kommen? Aber nicht nur im Bereich Bildung hat die grenzenlose Freiheit ihre Die Generation Y kann sich also den LuFolgen. Bei gesellschaftlichen Vorbildern wie xus leisten, nicht entscheiden zu müssen, Lady Gaga oder Katy Perry ist es heutzutage gleichzeitig sind Entscheidungen aufgrund der unmöglich, aufzufallen. Um gegen Eltern zu Anzahl an Optionen und des Fehlens eines revoltieren, reicht es heute nicht mehr aus, allgemein gültigen Wertesystems unglaublich am Wochenende mit Freunden trinken zu komplex geworden. Aus Bequemlichkeit geben gehen und erst in den frühen Morgenstunden daher viele Jugendliche heute ihre Freiheit ab und müssen so nicht selbst entscheiden. Dienach Hause zu kommen. In einer Gesellschaft ser Umgang mit Freiheit birgt jedoch grosse voller Extreme gibt es keinen Platz mehr für Gefahren. Die Bereitschaft einer Gesellschaft, Revolution und Widerstand. Freiheit aus Gründen der Bequemlichkeit in grossen Stücken abzugeben, kann rasch dazu Das Fehlen von verbindlichen gesellschaftführen, dass Freiheit und damit auch die Entlichen Grenzen und Normen im grossen wie im kleinen Kontext hat gravierende Folgen. scheidungshoheit in der Hand ein paar weniger Als gutes Beispiel dafür kann die Erziehung Mächtiger landet. Die Auswirkungen der eidienen. Experten sind sich darüber einig, dass genen Bequemlichkeit wird man erst merken, Jugendliche Grenzen brauchen, gegen die sie wenn es zu spät ist. verstossen können. Nur im Diskurs mit Bezugspersonen kann ein eigenes Wertesystem Damit es nicht soweit kommt, müssen wir entworfen und überprüft werden. Ist man uns junge Generation auffordern, die Welt gezwungen, eine Entscheidung für oder genicht so hinzunehmen, wie sie ist. Auch wenn gen etwas zu treffen, so zwingt dies einen zur wir überfordert sind und oft nicht wissen, woReflexion und fördert dabei die Entwicklung hin die Reise gehen soll, dürfen wir uns nicht unterkriegen lassen. Nur wenn wir aktiv die und Festigung eines eigenen Weltbilds. Fehlen diese Grenzen und damit die notwendigen Zukunft gestalten, werden wir unsere eigenen Reibungsflächen, so muss diese Entwicklung zu Richtlinien, Normen und Werte finden, an einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. denen sich zukünftige Generationen messen können. Wir müssen wieder mehr diskutieren, uns mit Vorstellungen über die Zukunft
auseinandersetzen, Lebensthesen entwickeln und aktiv am gesellschaftlichen Wandel mitwirken. Wir müssen endlich wieder über Werte diskutieren und uns als Gesellschaft wieder einen Auftrag geben. Wir haben es in der Hand, jeden Tag aufs Neue, diese Welt zu dem Ort zu machen, den wir wollen und brauchen. Lasst uns also gemeinsam an einer Gesellschaft arbeiten, in der Freiheit befähigt und nicht einschüchtert, in der niemand Freiheit aufgrund von Überforderung abgeben muss. Auch wenn wir erst noch lernen müssen, mit dieser Freiheit umzugehen.
Valentin Theodor Mayerhofer
Seit 2014 ist Valentin Theodor Mayerhofer Vorstandsmitglied der Initiative for Teaching Entrepreneurship, einem gemeinnützigen Verein aus Österreich, der sich der Förderung der Entrepreneurship Education verschrieben hat. Im Rahmen seiner Tätigkeit arbeitet er an zahlreichen europäischen und nationalen Projekten und Initiativen mit, wie den «Youth Start Entrepreneurial Challenges» oder dem «Youth Start European Entrepreneurship Network». Zudem ist er Koordinator von «Starte dein Projekt», einer Initiative, die Jugendliche dazu ermutigen soll, an ihre eigene Ideen zu glauben und diese im Rahmen von schulischen Projekten auch umzusetzen. Er studiert seit 2014 Wirtschaftswissenschaften an der Universität Liechtenstein mit dem Schwerpunkt Entrepreneurship & International Management.
14
Interview
Eine lang aufgeschobene gesellschaftliche
DISKUSSION Prof. Dr. Martin Wenz referierte am Green Summit der Universität Liechtenstein im Mai 2017 zum Thema «Bedingungsloses Grundeinkommen
und Nachhaltigkeit». Im Interview werden die dort angesprochenen Themen vertieft aufgegriffen. Interview: Heike Esser Foto: Adrian Schröder
Das bedingungslose Grundeinkommen geistert seit rund 10 Jahren durch die Gesellschaft, doch scheinbar gibt es genauso viele Definitionen wie Meinungen dazu. Was verstehen Sie, Herr Professor Wenz, unter einem bedingungslosen Grundeinkommen? Nun, für mich ist hierunter – dem Namen und den verschiedenen Analysen in der Wissenschaft nach – ein bedingungslos erhaltbares grundlegendes Einkommen zu verstehen, das potenziell jeder Erwachsene bekommen kann. Das bedeutet, dass Minderjährige, die im Haushalt ihrer Eltern leben, kein entsprechendes Grundeinkommen erhalten, so wie jetzt auch bei einem entsprechenden Arbeitseinkommen. Denn wenn man auf ein «Grund»-«Einkommen» abstellt, sollten die betreffenden Personen diese bedingungslose Leistung des Staates stets erhalten, um in einer ähnlichen Situation zu sein, wie diejenigen, die ihr Einkommen am Markt erzielen. Dies bedeutet, dass es dementsprechend nur noch Einkommensbezieher geben würde; die einen vom Markt, die anderen vom Staat her. Folglich würden auch die grundlegenden Unterschiede, nicht zwingend aber diejenigen in der Höhe, geringer.
Derzeit bietet der Staat eine Grundsicherung. Diese ist jedoch nicht bedingungslos, sondern an die Forderung geknüpft, nach bestem Können einer Arbeit nachzugehen. Gingen durch ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht viele Arbeitskräfte verloren? Dr. Clemens Fuest, Chef des Münchener ifo-Instituts, sagte gegenüber der Wochenzeitung «Die Zeit»: «Die Menschen würden massenhaft aufhören zu arbeiten. Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist mit einer sozialen Marktwirtschaft nicht vereinbar.» Das ist zunächst einmal eine offene und sehr schwierig zu prognostizierende, aber sicherlich eine der ganz zentralen Fragen. Genau deshalb gibt es nach meiner Einschätzung auch so ein starkes Unbehagen gegenüber diesem «bedingungslosen» Grundeinkommen. Und wegen dieses Unbehagens hat man sicherlich auch in den letzten Jahren und Jahrzehnten die Grundsicherungssysteme dementsprechend nachgeschärft und die Bedingungslosigkeit der Grundsicherung immer weiter zurückgefahren, sie gleichzeitig aber, und das wird bei dieser berechtigten Argumentation gerne übersehen, betragsmässig erheblich in Richtung eines
Prof. Dr. Martin Wenz
Prof. Dr. Martin Wenz ist Leiter des Instituts für Finance an der Universität Liechtenstein. Zusätzlich ist er Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Internationales und Liechtensteinisches Steuerrecht.
15
«bedingten» Grundeinkommens erhöht. So wurden zusätzliche Anforderungen gestellt und Kriterien geschaffen, die ein Bezieher erfüllen muss, um eine Art Grundeinkommen zu erhalten, das regelmässig aber auch erheblich mehr als eine ausschliessliche Grundsicherung darstellt. So muss grundsätzlich jeder versuchen, eine Stelle anzunehmen oder sich fortzubilden und zu qualifizieren. Die Frage in diesem Zusammenhang ist natürlich weiterhin, was mit potenziell Berechtigten passiert, die diese Anforderungen nicht erfüllen können oder wollen? Sie werden tendenziell ihr erhöhtes Grundeinkommen, nicht aber ihre Grundsicherung verlieren, denn insoweit wird niemand im Stich gelassen. Bis zum Jahr 2025 werden 1,5 Mio traditionelle Arbeitsplätze in Deutschland verschwinden und durch eine in etwa gleich grosse Zahl von anspruchsvollen Computerbedienjobs ersetzt, hat das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit kürzlich prognostiziert. Als Konsequenz dieses digitalen Wandels fordert jetzt Siemens-Chef Joe Kaeser eine bessere soziale Absicherung, Tesla-Chef Elon Musk hält ein Grundeinkommen für nötig und auch der DM-Gründer Götz Werner hat sich deutlich dafür eingesetzt. Wenn Arbeit also zu einem Privileg wird, brauchen wir eine Abkehr vom heutigen Gesellschaftsmodell, das Leistung besonders honoriert und in dem auf Sozialhilfeempfänger herabgesehen wird? Das ist zunächst einmal eine kulturelle und gesellschaftliche und insbesondere eine offene Frage: Leben wir in einer Gesellschaft, in einer Kultur etc., in der Arbeiten ein vergleichsweise hohes Ansehen hat und in welcher sich jeder entsprechend auch fortentwickeln und entfalten kann oder wird das zunehmend in Frage gestellt oder ersetzt. Die Beweggründe der genannten Konzernchefs sind sicherlich sehr unterschiedlich: Joe Kaeser hat anscheinend primär die Transformationsphase im Blick, in der Menschen ihre guten Jobs potenziell verlieren und neue Jobs nicht so rasch oder auch nicht in derselben Zahl ausüben werden können. Über diese Transformationsphase möchte er offensichtlich hinweghelfen. In Elon Musk Sicht fallen Jobs durch die Automation und Digitalisierung ersatzlos weg und er erkennt daher ein Dauerproblem in einer Welt in der «weniger zu tun ist bzw. von wenigen erledigt werden kann». Und Götz Werner anerkennt, dass die heutige individuelle Sozialhilfe je nach Gegebenheiten höher ausfällt als ein Grundeinkommen. Seine Definition von Grundeinkommen ist damit sehr bodenständig
Professor Martin Wenz im Gespräch mit Denkraum-Redaktorin Heike Esser.
und basisorientiert und entspricht nicht dem Einkommen einer grundlegenden Tätigkeit. Wenn man es gesellschaftspolitisch ansieht, gibt es verschiedene Annahmen, die man treffen kann und je nachdem diskutiert man unterschiedliche Themen. Geht man davon aus, dass eine grosse Zahl an Jobs wegfällt, stellt sich die grundlegende und generelle Frage der Versorgung dieser Menschen. Zusätzlich zur finanziellen Frage muss sich die Gesellschaft überlegen, was diese Menschen stattdessen tun, wie man sie und wozu sie sich motivieren können. Die Überlegungen von Kaeser, Musk und Werner sind aber letzten Endes etwas in der Art einer Innerer-Frieden-Stiften-Initiative. So gilt es, die grosse Kluft zwischen nicht und aktiv Arbeitenden in potenziell nicht und eher besser dotierten Jobs zu überwinden. Und dies keineswegs nur aus Altruismus, sondern auch zum eigenen und gegenseitigen Schutz. Man kann nur gut leben, wenn es dem Nachbarn auch gut oder jedenfalls nicht schlecht geht und wenn die Schere nicht zu weit aufgeht und der innere Frieden gefährdet ist. Daher ist die Frage, ob alle anderen mitgenommen werden sollen auch eine, welche jeden schützen und die Gemeinschaft zusammenhalten kann. Aus diesem Grund wurden auch die sozialen Leistungen in einzelnen Staaten bereits deutlich hochgefahren – es gibt Elterngeld, Kindergeld, Familiengeld, es gibt die unterschiedlichsten Themen, Baukindergeld ist in der politischen Diskussion und so weiter. Mit dieser Steigerung der sozialen Leistungen wird aber auch die Frage der Finanzierung dringlicher. Die gleichen Fragen stellen sich auch für das bedingungslose Grundeinkommen. Ich
habe nicht den Eindruck, dass dadurch so viele neue Fragen gestellt werden mit Ausnahme dieser Bedingungslosigkeit. Die Gesellschaft muss sich fragen, wie künftige Generationen motiviert werden können, ein aktives Berufsleben zu führen. In der Nachkriegszeit hatten sich viele auf die Fahne geschrieben, der nächsten Generation soll es besser gehen. Damit einher ging der Gedanke «strengt Euch an, lernt und arbeitet hart, damit es Euch gut geht». Da wurde ja nicht vermittelt: «Sucht Euch ein Land mit einem möglichst hohen und bedingungslosen Grundeinkommen, damit Euch nichts passieren kann und Ihr gut versorgt seid.» Daher ist es eine gesellschaftspolitische Frage und kann auch nur entsprechend entschieden werden. Wir sind heute trotz aller Forderungen in unserer sog. Grundsicherung bereits weit in Richtung eines Grundeinkommens unterwegs, nur eben sehr differenziert mit Einzelfallgerechtigkeit und einer Vielzahl an Bedingungen. In der Schweiz wurde ein bedingungsloses Grundeinkommen bachab geschickt, doch immerhin rund ein Fünftel der Wahlberechtigten waren dafür. Neben dem Vorwurf des «Sozialschmarotzertums» war vor allem die Finanzierung strittig. Ist ein BG ein unerfüllbarer Traum? Nun, im Prinzip ist das bedingungslose Grundeinkommen über die jetzigen Umverteilungspotenziale halbwegs ( gut oder schlecht ) finanzierbar, was ja auch die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte zeigen, bei allen damit verbundenen Schwierigkeiten. Denn wenn wir von
16
Digitalisierung sprechen und von stark verändernden Innovationen, dann wird es natürlich auch eine entsprechende Vermögens- und Einkommensentwicklung geben, die teilweise stark nach oben geht und die dann auch noch mehr Anreize bietet, diese höher zu besteuern und entsprechende Beträge zu generieren. Die Frage ist die, inwieweit wir ein uns bekanntes System, die Besteuerung von Einkommen ( z.B. aus Arbeit ), um einen Bereich ergänzen, in dem kein Einkommen generiert wird und es zum Transfersystem in einem einheitlichen Korsett erweitern. Dieses einheitliche Korsett gibt es ja auch im Steuersystem. Die Einkommensteuer ist grundsätzlich für alle gleich, der Tarif ist für alle gleich, er steigt, wenn er progressiv ausgestaltet ist, mit höherem Einkommen, die Belastung nimmt aber auch subjektiv auf individuelle Spezifika Rücksicht, etwa beim Kinderfreibetrag, den eben nur jemand mit Kindern erhält etc. So ähnlich könnte man sich das auch bei einem System des bedingungslosen Grundeinkommens vorstellen. Wenn das bedingungslose Grundeinkommen statt der bisherigen Sozialleistungen gezahlt wird, was passiert mit unverantwortlichen Bezügern, die am Ende des Geldes noch viel Monat übrig haben? Grundsätzlich muss man festhalten: Wenn es ein bedingungsloses Grundeinkommen gibt, kann es grundsätzlich keine Bedingungen geben, denn dann wäre es ja mit der Bedingungslosigkeit vorbei. Klar ist aber auch, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht die ausschliessliche Alternative zur Grundsicherung sein kann, wenn jemand verschuldet oder unverschuldet in eine Situation kommt, in welcher wir additiv helfen wollen. Wenn das bedingungslose Grundeinkommen aber nahtlos in die Einkommensteuer integriert wird, führt dies dazu, dass es dann wie eine Art Mindestlohn ohne Tätigkeit wirkt. Wer mehr Geld verdienen möchte, muss eine Tätigkeit aufnehmen. Diese bezahlte Arbeit muss aber klar über dem bedingungslosen Grundeinkommen entlohnt werden, sonst ist sie anreizlos. Eine Lösung wäre dabei, dass das bedingungslose Grundeinkommen der Höhe nach dem Steuerfreibetrag entspricht und entsprechend reduziert wird, wenn Erwerbseinkommen generiert wird. Eine mögliche Vision wäre: Leute können dann nicht nur auf Nachfragemärkten arbeiten, sondern auch im Bereich der Philanthropie und des Gemeinwohls. Wobei das dann die Frage nach sich zieht, wer bestimmt, was als Gemeinwohl gilt: der Staat, die Kirchen, demokratische Institutionen, das Arbeitsamt oder wieder das Finanzamt? Meines Erachtens ist es das Spannende: Das
Grundeinkommen geht von dem Individuum aus und dessen Freiheit, aber auch von dessen Verantwortung mit diesem Grundeinkommen etwas Vernünftiges zu machen. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ( DIW Berlin ) und Professor an der Humboldt-Universität in Berlin, sagt: «Die implizite Botschaft des bedingungslosen Grundeinkommens ist: Chancengleichheit und das Ideal der sozialen Marktwirtschaft, dass jeder Mensch für sich selber sorgen könne, sind eine Utopie – die einzig verbliebene Möglichkeit, gesellschaftliche Unterschiede zu beschränken, besteht in mehr Umverteilung über Steuern und Transfers. [ … ] Der Staat kann und darf sich nicht seiner Verantwortung entledigen und versuchen, sich freizukaufen, indem er die Menschen mit Geld ruhigstellt, statt gute staatliche Leistungen zu bieten.» Nun, wie bereits ausgeführt, kann das bedingungslose Grundeinkommen eben nicht die einzige Alternative zur Grundsicherung sein. Sehr fraglich und ein weiteres Thema ist zudem, wie man Chancengleichheit bewerkstelligen will. Hierbei gilt es sich zu fragen: Was sind die Gründe für die nicht bestehende Chancengleichheit? Wenn wir wollen, dass die Herkunft, das Elternhaus etc. nicht mehr so stark über die Zukunft des Einzelnen entscheiden, ist zu überlegen, wie das erreicht werden kann ohne gleichzeitig bei einem System mit abgeschafftem Elternhaus zu landen. Klar ist, dazu braucht es gesellschaftliche Transfers: gute oder noch bessere Schulen, bessere Zusatzangebote und Förderungen oder auch Bildungsgutscheine mit Wahlmöglichkeit. Das Individuum auch in die Verantwortung zu nehmen, ist wichtig, aber eine Grundsicherung kann nicht für ein bedingungsloses Grundeinkommen ersatzlos gestrichen werden. Ich denke, generell sollte man keine überhöhten Hoffnungen auf ein bedingungsloses Grundeinkommen setzen, es wird auch in Zukunft ein ausgewogenes Verhältnis zwischen individuellen und staatlichen Massnahmen brauchen. Vielleicht muss man sich auch überlegen, ob man aus diesem bedingungslosen Grundeinkommen nicht ein partiell bedingtes und zugleich partiell bedingungsloses Grundeinkommen macht, d. h. es gibt eine Art Grundsicherung und zusätzlich Möglichkeiten der Partizipation. Das können Bildungsgutscheine sein, Kulturgutscheine, Sportgutscheine etc. sein, mit denen man sich einbringen und am gemeinschaftlichen Leben teilhaben kann.
Welches sind für Sie die Vor- und Nachteile eines bedingungslosen Grundeinkommens? Zum Teil ist es sicherlich alter Wein in neuen Schläuchen, also gar nicht so viel anderes als das bisherige System der erweiterten Grundsicherung. Nun als Vorteil könnte man sehen, dass man nur noch ein System hat, nämlich das eines Einkommens, über das man mehr oder weniger frei verfügen kann – sei es ein Erwerbseinkommen oder eben ein Grundeinkommen. Dabei würde das Individuum einerseits gestärkt und zugleich auch in die eigene Verantwortung gestellt werden. Es bringt das Thema der sozialen Grundsicherungssysteme von einer anderen Perspektive in die Diskussion ein und legt deren Justierung auf den Tisch. Die Gesellschaft muss klären, inwieweit sie bereit und willens ist, andere aktiv mitzunehmen im Interesse einer gemeinsamen, lebenswerten Gesellschaft und sie nicht zurück lassen will mit entsprechenden negativen Folgen. Als Nachteil des bedingungslosen Grundeinkommens muss man sehen, dass es bei konsequenter Anwendung, also ohne weitere Grundsicherung, zu einem sehr kalten Gesellschaftsklima führen kann, in dem sich keiner mehr für den anderen verpflichtet fühlt, weil sich der Staat aus seiner Verantwortung mit diesem Grundeinkommen quasi weitgehend «freikauft». Der gesellschaftliche Kitt, den so viele vermissen und entsprechend auch suchen, entsteht dadurch jedenfalls nicht. Es braucht immer zusätzlich eine Grundsicherung. Die angesprochene Digitalisierung zwingt uns, dass wir uns mit dieser zu lange aufgeschobenen gesellschaftlichen Diskussion und insoweit auch mit dem bedingungslosen Grundeinkommen auseinandersetzen.
Forschung im Fokus
17
DIE BEWEGTE GESELLSCHAFT
Das Projekt «Society in Motion» setzt sich mit der Herausforderung der zunehmenden Mobilität auseinander und macht sich auf die Suche nach Alternativen für Architektur und Raumplanung. Der erste von drei Workshops fand diesen Sommer in Norwegen statt. Text: Katja Fenkart
«E
ine Stadt ist dann lebenswert, wenn sie das menschliche Mass respektiert.» Der dänische Architekt und Stadtplaner Jan Gehl trifft mit seiner Aussage den Nerv unserer Zeit. Unsere Gesellschaft ist schnelllebig und baut auf Flexibilität, Räume müssen wandelbar sein, Begegnungsorte sind ebenso wichtig wie Rückzugsorte. Das alles stellt eine Herausforderung für den städtischen Raum und die Architektur dar. Das Projekt «Society in Motion», das unter Federführung des Instituts für Architektur und Raumplanung der Universität Liechtenstein umgesetzt wird, will diese Herausforderungen als Chancen wahrnehmen und sich auf die Suche nach neuen Denkanstössen und Alternativen machen. Dialog im Zentrum Das geförderte Erasmus Plus-Projekt setzt auf Kooperation und Austausch auf lokaler, regionaler und europäischer Ebene. Am Dialog nehmen neben Experten sowohl Forschende, Lehrende als auch Studierende teil. Gemeinsam mit Partneruniversitäten in Norwegen ( Bergen Architecture School ) und Österreich ( Universität für angewandte Kunst Wien ) werden die regionalen Entwicklungen und Dynamiken untersucht, die mit der zunehmenden Mobilität unserer Gesellschaft in Verbindung stehen. Die Projektverantwortlichen Cornelia Faisst und Clarissa Rhomberg haben sich beide bereits aus unterschiedlichen Perspektiven mit Migration im städtischen Raum und in der
Architektur befasst. «Nun wollen wir das Thema stärker von einer europäischen Seite angehen als bisher», sagt Faisst.
«Durch Mobilität werden immer wieder Innovationen generiert. Das ist eine grosse Chance.»
Clarissa Rhomberg, wissenschaftliche Mitarbeiterin
Facharbeiter, und Doktorandin an der Universität Liechtenstein Flüchtlinge und Grenzgänger In jedem der drei Partnerländer wird ein Eine permanent temporäre Bevölkerung Workshop abgehalten: Der erste fand diesen Der erste Workshop widmete sich der Sommer in Bergen statt, in den kommenden stark von der Erdölindustrie geprägten Region zwei Sommern folgen Wien und Liechtenstein. rund um Bergen, insbesondere dem Ort ÅgotAus den spezifischen Herausforderungen der nes, der von der Reparatur von Ölplattformen jeweiligen Regionen haben sich unterschiedlilebt. «Eine der spannendsten Erkenntnisse che Schwerpunkte für die Workshops ergeben. war, dass Ågotnes eine permanent temporäre «Die verschiedenen Blickwinkel machen das Bevölkerung hat. Die Gemeinde wächst und schrumpft mit den Fachkräften in der ÖlinProjekt so spannend», findet Rhomberg. Wähdustrie, teilweise kommen mehr als tausend rend der Fokus in Norwegen auf den dringend benötigten Fachkräften in der Ölindustrie liegt, Personen ins Dorf», erklärt Rhomberg. Ein stehen in Wien die Auswirkungen der FlüchtPhänomen, das auch Liechtenstein nicht fremd lingskrise im Zentrum. In Liechtenstein liegt ist – allerdings in einem anderen Rhythmus. das Hauptaugenmerk auf den Folgen des täg«Liechtenstein wächst jeden Morgen um fast doppelt so viele Menschen, wie es Einwohner lichen Zustroms an Grenzgängern. Eines haben hat, am Ende des Tages schrumpft es wieder. alle Workshops gemein: Sie wollen Ansätze Das ist eine ziemliche Herausforderung», so für eine bessere Integration im öffentlichen Raum finden. Die Ergebnisse aus den WorkRhomberg. Sie zeigt sich zuversichtlich: «Durch shops sollen 2019 im Rahmen einer Ausstellung Mobilität werden immer wieder Innovationen präsentiert werden, auch eine Publikation ist generiert. Das ist eine grosse Chance.» geplant. In Norwegen ist es bereits gelungen, Kontakte zu lokalen Stakeholdern herzustellen.
18
Uni Gestalten
Forschen mit W e i t b l i c k Der Finanzwirtschaftler Sebastian Stöckl folgte 2010 Professor Michael Hanke von der Universität Innsbruck an die junge Universität Liechtenstein. Vom Timing her hätte er diesen Schritt nicht besser wählen können: damals boten sich vielzählige Möglichkeiten für den jungen Wissenschaftler, die Lehre und Forschung mitzugestalten. Heute ist der gebürtige Münchner fest im Rheintal verankert. Im Interview erzählt er, wie sein Leben als Forschender aussieht und was ihn in der Region hält. Interview: Inga van Gessel Foto: Adrian Schröder
Was ist dein Forschungsschwerpunkt? Der grösste Teil meiner Forschung beschäftigt sich mit der Prognose von Finanzmärkten und der Frage, ob diese Märkte effizient funktionieren. In diesem Zusammenhang haben wir unter anderem einen Risikoindex für Privatinvestoren entwickelt, der dabei hilft, Veränderungen in der Risikostruktur des Marktes zeitnah zu erkennen. Weiterhin arbeiten wir an einem – von der europäischen Union geförderten – Forschungsprojekt, in welchem wir Online-Kurse entwickeln, die der breiten Bevölkerung das Thema Altersvorsorge näherbringen sollen. Wie sieht ein typischer Tag als Wissenschaftler aus? Die tägliche Fahrradfahrt ins Büro liefert einen gesunden Start in den Tag. Der weitere Arbeitstag besteht aus einem unterschiedlich gewichteten Mix aus Lehrveranstaltungen, Besprechungen mit Studierenden, Projektarbeit und diversen Forschungstätigkeiten. Dazu gehören wiederum die ( Weiter- )Entwicklung von Forschungsideen, das Programmieren und die Auswertung von Daten, und das Lesen und Schreiben von wissenschaftlichen Beiträgen. Zur Auflockerung treibe ich gerne abends Sport und verbringe Zeit mit meiner Familie.
Wie wichtig ist Freiheit für dich als Lehrender und Forschender? Freiheit ist für mich sehr wichtig. Denn die Freiheit bei der Ausgestaltung von Lehrveranstaltungen oder der Wahl von Forschungsthemen ermöglicht es mir, meine Kompetenzen optimal einbringen zu können. Freiheit bedeutet aber auch, dass ich meine Arbeitszeit produktiv gestalten kann. So geht mir das Schreiben oft bei abendlicher Ruhe besser von der Hand als tagsüber. Heureka-Momente hingegen habe ich oft, wenn ich in den Bergen unterwegs bin. Am meisten beflügelt mich übrigens der Weitblick einer Sonnenuntergangsrunde über den Fürstensteig zum Alpspitz, diese kann ich nur jedem empfehlen! Was hat dich bewogen, nach Liechtenstein zu kommen und hier zu bleiben? Als mir Professor Michael Hanke als junger Doktorand das Angebot unterbreitet hat, mit nach Liechtenstein zu kommen, habe ich diese Herausforderung gerne angenommen. Herausforderung deshalb, weil mir an der damals sehr jungen Universität viele Möglichkeiten geboten wurden, Forschung und Lehre mitzugestalten. Das produktive Arbeitsumfeld und viele gute Kollegen haben es mir leicht gemacht, mich an der Universität Liechtenstein wohlzufühlen und dabei den Wunsch geweckt, auch die Zukunft dieser Universität aktiv mitgestalten zu wollen! Weitere positive Standortfaktoren sind natürlich die enge Vernetzung in der Region und die sportlichen Möglichkeiten, die es mir und meiner Familie leicht gemacht haben, im Rheintal eine Heimat zu finden!
19
21
Feature
So bef lügelt Verantwor tung
Was Studierende schaffen, wenn sie als Partner auf Augenhöhe behandelt werden und ihnen grösstmögliche Freiheit gewährt wird, zeigt die neue Modellbauwerkstatt der Universität. Die sogenannte Werkstatterei ist ein Unikat – von Studierenden erdacht und errichtet. Text: Yvonne von Hunnius Fotos: Bruno Klomfar & Darko Todorovic
V
Lichtstimmung. Im regulären Hausbau ist dieon harter Arbeit von sieben Uhr morses Lamellen-Prinzip nicht zu finden: Aus Holz gens bis in die Abendstunden konnten werden so etwa unterspannte Hängebrücken sie nicht genug bekommen. «Gerade konstruiert. Das filigrane Äussere steht aber in der Endphase des Projektes war ich immer traurig, wenn ich nicht auf die Baustelle konnnicht im Widerspruch zur geschäftigen Zukunft te, dann verpasste ich zu viel», sagt Viviane des Gebäudes. Studierende werden hier bald Göbel. Die 24-jährige Architekturstudentin war ihre Architekturmodelle konstruieren. Bandsäeine von zehn Studierenden, die das Kernteam gen und Schleifmaschinen stehen bereit. Bei dieser Arbeit kann die Architektur beflügeln, des Experiments rund um die Werkstatterei meint Christoph Frommelt. «Hier wird Statik bildeten. Architekturprofessor Urs Meister bezeichnet es als Reise vom ersten Strich bis zum fer«Die Studierenden haben sich auf tigen Bau, auf den sich die Studierenden begeben eine Reise vom ersten Strich haben. Er fungierte gebis zum fertigen Bau begeben.» meinsam mit den beiden Dozierenden CarUrs Meister, Professor am Institut für Architektur und men Rist-Stadelmann Raumentwicklung, Universität Liechtenstein und Christoph Frommelt als Reisebegleiter. Das Ergebnis lässt sich hinter der Universität sichtbar und spürbar», sagt er. Denn Hülle und bewundern: Es ist ein 72 Quadratmeter grosses Konstruktion sind Eins geworden. Dabei wird bis an die Grenze dessen gegangen, was Holz und knapp fünf Meter hohes Holzgebäude entleisten kann. standen – ein echter Hingucker. Statik wird spürbar Zu sehen ist zunächst ein architektonisches Unikat. 320 Lamellen à fünf Meter gestalten in gebogenem Zustand durch ihre Spannung die Grundkonstruktion. Den einen erinnert das an einen Schiffsrumpf, den anderen an eine skandinavische Kathedrale. Lichtbänder am First erzeugen im Innern eine fast sakrale
Teamarbeit im kompletten Prozess Dahinter könnte mancher ein prominentes Architekturbüro vermuten. Doch es waren Studierende, die das Gebäude entworfen, geplant und umgesetzt haben. Und das macht die Werkstatterei zum Unikat in weiterem Sinne. Der Prozess begann im Oktober 2016. Gesetzt war neben den Grössenordnungen
22
lediglich das Material Holz. Liechtensteiner, niederländische und schottische Studierende haben im Rahmen eines Erasmus+-Workshops experimentelle Prototypen erstellt. Im März 2017 entschied eine Jury, welche Struktur es werden sollte. Die Detailplanung und der Bau lagen dann in den Händen von zehn fortgeschrittenen Studierenden um Urs Meister. Unterstützt wurden sie von rund fünfzig Studierenden des Entwurfsstudios von Carmen Rist-Stadelmann aus dem ersten Semester. An unterschiedlichen Tagen eingeteilt, wurden alle soweit wie möglich in den Prozess integriert und man kam konstant voran. «Das war eine grosse Teamleistung», sagt Christoph Frommelt. Niemand im Kernteam war ausgebildeter Handwerker. Viele Experimente wiesen den Weg zu Lösungen. Frommelt betont: «Besser als an einem solchen Projekt kann man Holzbau nicht lehren.» Selbsterfahrung als Prinzip Wie das in der Praxis aussah, zeigt ein Beispiel aus der Anfangsphase des Projekts. Frommelt ist Geschäftsleiter des gleichnamigen Liechtensteiner Holzbau-Unternehmens, in dessen Werkstatt die Studierenden die hölzerne Grundstruktur des Gebäudes vorproduzieren durften. Hierfür mussten fünf Meter lange Holzlamellen gebogen werden. In geringerem Durchmesser lassen sich diese noch ohne Hilfsmittel biegen – werden die Lamellen stärker, geht nichts mehr ohne eine
sogenannte Lehre. Viviane Göbel erinnert sich: «Wir haben das fast einen Tag lang ohne Lehre versucht und sind stets gescheitert.» Erst als klar war, dass es so nicht weitergeht, gaben die Betreuer den entscheidenden Tipp.
«Es war kein fiktiver Entwurf mehr, wir hatten Verantwortung für ein Gebäude, das die Studenten an der Universität Liechtenstein noch lange begleiten wird.»
Vorbereitung auf Kerstin Thurnher, Architekturstudentin an der ein ArchitektenUniversität Liechtenstein leben Für Urs Meister Jeder Schritt ein Abenteuer ist bei solch einem Prozess wichtig, dass auch Insbesondere heikel war der FassadenExperten nicht immer die beste Lösung für ein abschluss, den Viviane Göbel gemeinsam mit Problem parat haben. «Die Entwicklung des Kerstin Thurnher bearbeitete. Auf die heutige Baus konnte niemand wirklich voraussehen. Lösung sind sie gekommen, weil Göbel in ihDa kommen Fragen auf, die experimentell berer Bachelorarbeit über das Projekt auch auf antwortet werden müssen», sagt Meister. Und feingliedrige japanische Holzkonstruktionen wie bei jedem Bauprojekt würde eine Vielzahl von Stimmen laut; entscheidend sei letztlich eingegangen war. «Über viele Modelle haben deren Essenz, die sich im Prozess ergibt. Eine wir eine Fensterfront entwickelt, die die KonsLehre für ein Architektenleben. truktion des Gebäudes aufnimmt», sagt Göbel. Doch wie sollten sie die exakten Masse für Dazu gehört auch, dass man durchhält, die letztliche Glas-Bestellung errechnen? Es wenn es harzig oder stressig wird. Die Aufmussten riesige Schablonen im Eins-zu-einsrichte des Grundgerüstes auf dem UniversiFormat angefertigt werden, um Mass nehmen tätsgelände war fulminant – nun sahen die zu können. Dass am Ende sogar der Zeitrahmen bis zur Einweihung im Juli perfekt eingehalten Studierenden ihre Planungen Realität werden. wurde, lag auch an der Unterstützung von vier Darauf folgte eine Phase langwieriger AusbauProfis aus Frommelts Unternehmen. ten und schwieriger Entscheidungen. Hier galt es, motiviert und konzentriert bei der Sache zu bleiben. Inspirationsquelle für Architektur Was die Studierenden beflügelte, war das Vertrauen, das in sie gesetzt wurde. Es gab Besprechungen, Zwischenkritiken, die Betreuer besuchten regelmässig die Baustelle, doch das junge Team verantwortete die Fortschritte. Laut Kerstin Thurnher existierte die Freiheit, Entscheidungen für die Umsetzung des Entwurfes komplett selbst zu treffen: «Es war kein fiktiver Entwurf mehr, wir hatten Verantwortung für ein Gebäude, das die Studenten an der Universität Liechtenstein noch lange begleiten wird.» Dabei ist die Werkstatterei nicht nur eine Inspirationsquelle für die Benutzer geworden, sondern auch für diejenigen, deren Herzblut in ihr steckt.
Feature
23
Text: Heike Esser Illustration: Alina Sonea
S
onntagmorgen, eine frische Tasse Kaffee und endlich Zeit zum ausführlichen Zeitunglesen, um wieder einmal rundum informiert zu sein. Zuerst das lokale Blatt, dann die überregionale Sonntagszeitung. Etwas fällt auf: Die Nachrichten gleichen sich, wenn es um nationale oder besonders internationale Themen geht. Was zunächst nicht verwundert, schliesslich sind dieselben Ereignisse beschrieben. Aber sind auf der Welt nur so wenige Dinge passiert, dass alle Zeitungen die gleiche Auswahl treffen und diese häufig sogar mit dem gleichen Wortlaut beschreiben? Ein Blick auf das Kürzel hilft, ah ja, die Texte stammen von der gleichen Nachrichtenagentur. Also weiter mit Online-Zeitungen im Internet: die Liste der Artikel ist fast endlos, doch viele erscheinen vertraut – sie behandeln die gleichen Themen
und stammen oft aus den bekannten Agenturen. Wars das also, ist das alles, was heute die Welt bewegt? Wieso interessieren sich plötzlich alle für das Thema X und was ist eigentlich mit den Geschichten, Berichten, Reportagen und Aufregern der letzten Wochen passiert? Ist in den Krisengebieten der letzten Monate plötzlich Frieden eingekehrt? Sind die Auswirkungen der Naturkatastrophen, an denen wir beinahe im Minutentakt voyeuristisch Anteil hatten, beseitigt? Und waren die Fidget spinner nur ein Sommerhype? Wer will, findet im Internet Antworten auf diese und viele weitere Fragen, und wer intensiv und womöglich sogar auf fremdsprachigen Seiten unterwegs ist, begegnet auch Themen, die es nicht in die heimische Presse- und
Medienwelt geschafft haben. Aber auch hier stellt sich die Frage, wer trifft die Auswahl der Nachrichten, die veröffentlicht werden? Geschieht diese zufällig, je nach Interesse der Redakteure oder weil jeder von jedem abschaut oder hat das Methode? Wenn die Aufmerksamkeit in eine Richtung gelenkt wird, was gerät dann aus dem Blickfeld? Führt die Gier nach immer neuen Nachrichten zu einer immer oberflächlicheren Betrachtung der Themen? Lässt uns die tägliche Informationsflut abstumpfen und ziehen wir uns deshalb in einen immer engeren Kreis zurück? Bereits zur Jahrtausendwende hat dieser Trend zum Rückzug einen Namen erhalten: Cocooning. Definierte wird Cocooning als «Zurückziehen in die eigenen vier Wände, den Trend hin zum Einigeln samt Home-Service. Wem die Welt
25
draussen zu kompliziert, stressig und uninteressant geworden sei, der ziehe sich in seinen kleinen, überschaubaren Lebenskreis zurück wie in einen Kokon. Insgesamt kanalisiere ‹Cocooning› viele Trendströmungen: Es stehe für die schwindende Lust der Menschen, Neuland zu entdecken, ebenso für das Schrumpfen des eigenen Verantwortungshorizonts und für eine gewisse Gleichgültigkeit, die in der hoch individualisierten Gesellschaft um sich greift». ¹ Findet nun auch im Informationsbereich ein Cocooning statt, ein Rückzug in die private «Filter Bubble»? Freiheit beginnt im Denken, doch sind unsere Gedanken noch frei? Das Internet vergisst nichts und schaut uns bei jeder Suchanfrage über die Schulter. Es registriert, wofür wir Likes verteilen, welche Themen wir regelmässig anklicken, was uns interessiert. Was zunächst praktisch erscheint, denn so erhalten wir aus der ungeheuren Masse an potenziell möglichen Informationen vermehrt Nachrichten zu Themen, die uns interessieren. Je häufiger wir auf diese Angebote eingehen, umso mehr ähnliche Inhalte erscheinen in den eigenen «News». Wer schon mal auf Facebook ein
paar Likes verteilt hat oder auf Google mit ähnlichen Begriffen nach etwas gesucht hat, weiss, diese Information in die Tiefe geht auf Kosten der Informationsbreite. Man bekommt immer mehr zum immer Gleichen angeboten. Doch vielleicht wäre jetzt ein anderes Thema viel überlegenswerter? Aber wie kann man über etwas nachdenken, von dem man nichts weiss? Um auf neue Gedanken zu kommen, hilft es manchmal, sich durch das Internet treiben zu lassen, von Hölzchen zu Stöckchen, vom Hundertsten ins Tausendste, bis man plötzlich an einem Satz hängenbleibt. Dann beginnt das Spiel von vorne, man kann sich durch aktuelle Artikel und «Wie kann man über Links lesen und findet in OnlineArchiven viel Wissenswertes. etwas nachdenken, von dem
man nichts weiss?» Heike Esser
Aber was passiert mit dem Wissen, das nicht in digitalisierter Form vorliegt, sondern in Bibliotheken, in Archiven und deren Katalogen steht? Ältere Werke, die nur auf Anforderung aus den Aussenlagern und Tiefenspeichern hervorgeholt werden. Studien weisen darauf hin, dass analoges Wissen immer weniger Leser findet. Werden diese niedergeschriebenen Überlegungen nur noch im Rahmen von Forschungsprojekten aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt? Und hat dieses langsame Vergessen Folgen für unsere zukünftigen Gedanken? Bräuchten wir dieses alte Gedankengut, um auf neue Gedanken zu kommen? Was passiert in unseren Köpfen, wenn wir sie mit
schnellem Wissen aus Google und Co füttern und uns damit zufrieden geben? Verlieren wir den Blick über die digitalen Grenzen hinaus oder hilft uns der Rückzug in die Filter Bubble, in der Informationsflut nicht zu ertrinken, sondern in dem so gewonnenen Freiraum und seiner Ruhe neue Gedanken zu fassen und Ideen zu entwickeln?
¹ Trendforschung «Cocooning» ( Bayrischer Rundfunk, Memento vom 27. Mai 2011 im Internet Archive )
26
Denkanstoss
FREI H EIT DER WISSENSCHAFT Text: Prof. Dr. Jan vom Brocke Foto: Roland Korner
Freiheit der Wissenschaft, Forschung und Lehre wird in vielen Ländern als Grundrecht festgeschrieben, zum Beispiel in Deutschland in Artikel 5 des Grundgesetzes, in Österreich durch das Bundes-Verfassungsgesetz und das Universitätsgesetz, und in der Schweiz durch die Bundesverfassung. Warum ist das so? Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre soll Vordenken ermöglichen. Es ist wichtig, zukünftige Entwicklungen frühzeitig zu antizipieren und Impulse für die Zukunftsgestaltung zu geben. «Freiheit» ist entscheidend, um nicht von einzelnen, insbesondere kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen geleitet zu werden. Denn auch wenn solche Interessen selbstverständlich ihre Berechtigung haben, müssen sie auch einmal ausgeblendet werden, um zu reflektieren, ob gewisse Entwicklungen auch langfristig gut für die Gesellschaft sind. In diesem Sinne hat Freiheit durchaus einen sehr praktischen Nutzen – nämlich den, eine Unterstützungsfunktion auszuüben, die dazu beiträgt, dass unsere alltäglichen Entscheidungen auch in die richtige Richtung gehen. Je stärker eine Universität auf den Zuspruch ihrer Förderer angewiesen ist, desto stärker ist prinzipiell auch die Abhängigkeit von einzelnen und kurzfristigen Interessen. Was bedeutet das für Liechtenstein? Forschung und Lehre an der Universität Liechtenstein sind stark darauf ausgerichtet, einen möglichst direkten Nutzen für das Land zu leisten. Aber ist das ein Widerspruch? Wenn Sie mich persönlich fragen: Ja und Nein. Einerseits sollten wir uns – schon aus Eigeninteresse für das Land – nicht die Möglichkeit nehmen, über die aktuell ganz brennenden Themen hinauszudenken. Andererseits ist es nur sehr gut verständlich, und richtig, Forschung und Lehre an aktuellen Herausforderungen im Land auszurichten. Denn dies ist ja ein wichtiger Grund, warum wir uns eine eigene Universität leisten. Entscheidend ist, so meine persönliche Meinung, wie die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre gelebt wird. Freiheit ist notwendig, um dem Auftrag der Zukunftsgestaltung gerecht werden zu können. Das bedeutet aber natürlich keine Willkür. Wissenschaft ist stets dem Erkenntnisfortschritt verpflichtet, und Forschung in Liechtenstein
Prof. Dr. Jan vom Brocke ist Prorektor für Forschung und Transfer an der Universität Liechtenstein.
ganz besonders dem Wohle von Wirtschaft und Gesellschaft im Land und in der Region. Um dies aber leisten zu können, braucht es einen gewissen Freiraum – und ein solcher Freiraum hat für mich sehr viel mit Vertrauen zu tun. Mit Vertrauen gehen verschiedene Freiräume einher, etwa im Hinblick auf Finanzen, Entscheidungen und auch Zeit. Vertrauen schafft damit ein Gefühl von Sicherheit, Wertschätzung und Anerkennung, und dies kann enorme Kräfte freisetzen. Vertrauen muss aber natürlich auch verdient werden, und so ist für die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre ein ständiger Dialog und letztlich ein kontinuierlicher Lernprozess aller Beteiligten erforderlich. In Liechtenstein haben wir dazu aufgrund der kurzen Wege und der sehr guten persönlichen Beziehungen eine hervorragende Ausgangslage. Ich möchte an dieser Stelle auch ein persönliches Beispiel bringen: Ich bin heute an der Universität Liechtenstein, da die Hilti AG 2006 einen Lehrstuhl gestiftet hat, der sich mit der Gestaltung von Unternehmensprozessen unter Nutzung neuer Technologien befassen sollte: «Business Process Management». Dies war ( und ist ) für Hilti ein wichtiges Thema – allerdings nicht nur für Hilti, sondern für das ganze Land und weit darüber hinaus. Hilti hat daher von Anfang an grossen Wert daraufgelegt, eine gewisse Freiheit zu fördern – und diese auch zu fordern – und den Lehrstuhl bewusst als «Think Tank» zu verstehen, der unabhängig von Hilti agiert und auch anderen Akteuren in der Region zur Verfügung steht. Entsprechend
sind wir heute Partner zahlreicher liechtensteinischer Unternehmen und Organisationen auf dem Weg in die Digitalisierung. Hilti hat jüngst einen weiteren Lehrstuhl im Bereich «Data and Application Security» gestiftet – ein anderes wichtiges Zukunftsthema, nicht nur für Unternehmen aus Liechtenstein. Das «liechtensteinische Modell» der Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre hat sich also bewährt, und ich bin persönlich sehr dankbar für das uns stets entgegengebrachte Vertrauen. Wie sähe also ein Resümee aus? Die Freiheit von Forschung und Lehre leistet einen wichtigen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft und unseres Landes. Wir sollten frei sein, unabhängig Entwicklungen und Entscheidungen zu begleiten und diese auch infrage zu stellen, um so reflektierte Empfehlungen für die Zukunft geben zu können. An der Universität Liechtenstein bedeutet dies, zugleich im ständigen Dialog mit allen Entscheidungsträgern zu stehen. Hierin sehen wir die Grundlage, um Bedarfe und Herausforderungen frühzeitig zu erkennen, zu verstehen und einen positiven Beitrag zur Entwicklung des Landes zu leisten.
In der Rubrik «Denkanstoss» äussern Autoren ihre persönliche Meinung. Diese spiegelt nicht zwingend die Auffassung der Redaktion oder der Universität Liechtenstein wider.
LOPAG trust risk invest
LOPAG Lopag Trust reg. 9491 Ruggell www.lopag.li
Von der Beratung über die Buchhaltung bis hin zur Firmengründung, Treuhanddienstleistungen aus einer Hand. LieAdvice AG – der kompetente Partner für Liechtensteiner Unternehmer, Dienstleister, 180a Befähigte und Startups.
Philipp Kieber Philipp Kieber Landstrasse 25 · Postfach 439 · LI-9490 Vaduz Landstrasse Postfach 439 · LI-9490· Vaduz Tel: +423 23625 10· 40 · info@lieadvice.li www.lieadvice.li Tel: +423 236 10 40 · info@lieadvice.li · www.lieadvice.li
WAS Zร HLT SIND
BALANCE, STRUKTUR
UND SIE.
Same but different. USM setzt auch im Home Office Akzente: mit der harmonischen Symbiose von Form und Funktion.
Mรถbel Thรถny Bahnhofstrasse 16 FL-9494 Schaan info@moebelthoeny.li www.moebelthoeny.li