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Fasziniert vom Unbekannten
Inwieweit die Zugabe von extrazellulären Vesikeln eine Regeneration von Knorpelgewebe ermöglichen kann und wie jene am effektivsten isoliert und angereichert werden können, ist Forschungsfeld von Alexander Otahal, PostDoc an der Univer sität für Weiterbildung Krems.
Von Romana Hödl steoarthrose, eine auch als Arthrose oder umgangssprachlich unter der Bezeichnung „Gelenksverschleiß“ bekannte Erkrankung von Knorpelgewebe, kann in jedem beweglichen Gelenk des Körpers auftreten und führt in den betroffenen Arealen zu Schmerzen bzw. Bewegungseinschränkungen. Eine ursächliche Behandlung ist bis dato nicht möglich. Rund zwei Drittel der Weltbevölkerung werden im Laufe ihres Lebens von Arthrose betroffen sein. Ihnen stehen bisher lediglich Schmerztherapien oder operative Eingriffe als Behandlungsoptionen zur Verfügung. Dies möchte Alexander Otahal, PostDoc an der Universität für Weiterbildung Krems, mit seiner Forschungsarbeit ändern.
„Wenn man Vesikeltherapien entwickelt, um Arthrose zu behandeln, könnte man vielleicht eine Gelenksersatzoperation vermeiden. Eine Behandlung, welche nicht nur das Gesundheitssystem mit hohen direkten und indirekten Kosten belastet, sondern auch einen schweren Eingriff für den Patienten darstellt“, so Otahal, der sich bereits im Rahmen seines PhD Studiums der Regenerativen Medizin an der Universität für Weiterbildung Krems mit dem Potenzial von extrazellulären Vesikeln (EV) – nanometergroße Partikel, die als Signaltransporter für die Kommunikation zwischen Zellen von zentraler Bedeutung sind – beschäftigte.
PhD-Studium: Zeit für Pionierarbeit
Durch einen Newsletter erreichte den damaligen Studenten der Molekularbiologie die Information zum PhD Programm des Zentrums für Regenerative Medizin an der Universität für Weiterbildung Krems. Es bot sich die Möglichkeit, die Rolle der extrazellulären Vesikel in verschiedenen plasmaund serumbasierten Blutprodukten genauer zu untersuchen und herauszufinden, welchen Beitrag sie für einen therapeutischen Erfolg in orthopädischen Kliniken leisten könnten. Eine Chance, die Alexander Otahal ergriff. Seine Aufgabe: die EV von den anderen Bestandteilen des Bluts wie den in etwa gleich großen Lipoproteinen zu isolieren und zu untersuchen, welche Signalmoleküle mit den Vesikeln transportiert werden, wobei hierbei besonders kurze RNAMoleküle (microRNA) im Fokus standen.
Nach drei Jahren intensiver Arbeit schloss Otahal 2021 sein durch den „tecnet accent Innovation Award“ ausgezeichnetes PhDProjekt „Charakterisierung von extrazellulären Vesikeln in verschiedenen Blutprodukten und zytoprotektive Effekte in arthrotischen Chondrozyten“ erfolgreich ab. Das enorme Potenzial zur praktischen Verwertbarkeit dieses Projekts wurde dadurch gewürdigt und vom damaligen PhDStudenten bei zahlreichen Konferenzen, wie beispielsweise der Jahresversammlung der Internationalen Gesellschaft für Extrazelluläre Vesikel 2019 in Japan, dem Fachpublikum präsentiert. „Der Besuch internationaler Konferenzen und die internationale Vernetzung werden von der Universität sehr gefördert. Während meiner PhDZeit präsentierte ich Poster, mittlerweile werde ich zu Talks eingeladen. Das Team ist toll, meine Fachmeinung wird geschätzt und man wird sehr unterstützt“, betonte
Alexander Otahal, der seine Erkenntnisse bereits auf Konferenzen der Fachgesellschaften ASEV, ISEV oder des Austrian Cluster for Tissue Engineering präsentierte.
Was Blut und Fettzellen vereint
In einem aktuellen Forschungsprojekt am Zentrum für Regenerative Medizin der Universität für Weiterbildung Krems, an dem Otahal mitarbeitet, dreht sich weiterhin alles um extrazelluläre Vesikel und deren Potenzial zur Knorpelgewebsregeneration. Allerdings wird für die Gewinnung von EV nicht mehr Blut wie in seinem PhD Projekt verwendet, sondern eine andere Quelle ins Auge gefasst. Aus Fettstammzellen (MSC –Mesenchymale Stammzellen bzw. Stromazellen) sollen die EV nun isoliert und angereichert werden. „Stromazellen schütten viele extrazelluläre Vesikel aus, wirken immunmodulierend, sind entzündungshemmend und könnten dazu beitragen eine Gelenkshomöostase einzuleiten, d. h., den Knorpelabbau zu hemmen“, erläutert Alexander Otahal. Außerdem fallen Fettstammzellen beispielsweise bei Kniegelenksersatz Operationen als Abfallprodukt an und stehen somit im Gegensatz zu Blut, welches vom Patienten selbst gespendet werden müsste, einfacher und in größeren Mengen zur Isolation der EV zur Verfügung. Ziel ist, einheitliches biologisches Ausgangsmaterial bereitzustellen, welches möglichst spenderunabhängig ist. Die Vergleichbarkeit von Studien könnte dadurch verbessert werden und therapeutische Effekte könnten besser auf die eingesetzten Konzentrationen der EV zurückgeführt werden.
Für diese Art von Forschungsarbeit sind die Bioreaktoren, welche auf Anregung von Otahal angeschafft wurden und in dreifacher Ausführung an der Universität für Weiterbildung Krems zur Verfügung stehen, nicht mehr wegzudenken. Davor gab es die Herausforderung, dass nur sehr wenige extrazelluläre Vesikel isoliert werden konnten. „Die aktuell betriebene Forschung wäre ohne Bioreaktoren nur sehr teuer und aufwendig möglich“, so Otahal.
Grenzen ausreizen
Zu viel Bewegung kommt Alexander Otahal im Labor bei der Arbeit an den Bioreaktoren zwar nicht, aber dafür genießt er die intellektuelle Herausforderung, welcher er immer wieder gegenübersteht. Als Grundlagenforscher arbeitet er stetig daran, die Grenzen des vorhandenen Wissens zu erweitern. Im Privaten reizt er gerne seine körperlichen Grenzen bei sogenannten „Dirt Runs“ – Extremhindernisläufen auf Naturstrecken – aus. Aber auch der eine oder andere Berg wird als Ausgleich vom HobbyMineralogen erklommen.
Die Faszination für das Unbekannte zeigte sich beim heutigen Wissenschaftler bereits in der Schulzeit. Seine Biologielehrerin erkannte dies und ermöglichte ihm eine Teilnahme an einem vom Land Niederösterreich geförderten Leistungskurs für besonders interessierte Schüler_innen.
Heute ist er Teil des BegabtenFörderungsvereins, steht als Workshopleiter in Göttweig und Semmering an der Seite seiner ehemaligen Lehrerin und inspiriert dort hoffentlich weitere helle Köpfe, sich der Rätsel dieser Welt mit Neugierde und Durchhaltevermögen anzunehmen.
Alexander Otahal, PhD MSc studierte Molekulare Biologie an der Universität Wien und schloss 2021 sein mit dem „tecnet accent Innovation Award“ ausgezeichnetes PhDStudium der Regenerativen Medizin an der Universität für Weiterbildung Krems ab. Seither ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Regenerative Medizin tätig.