upgrade 3.24

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€ 7,–Ausgabe 3.24

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SCHWERPUNKT: GESUNDHEIT & PROZESS

WAS DAS SPITALSWESEN FIT MACHT UND WELCHE INNOVATION ES DAFÜR BRAUCHT

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Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

MAG. FRIEDRICH FAULHAMMER

Rektor der Universität für Weiterbildung Krems

MAG. STEFAN SAGL

Leiter Kommunikation und Chefredakteur „upgrade“

angesichts der alternden Bevölkerung, der zunehmenden chronischen Erkrankungen und der steigenden Gesundheitskosten steht der Gesundheitssektor vor großen finanziellen, organisatorischen und sozialen Herausforderungen. Soll weiterhin eine optimale Versorgung der Bevölkerung sichergestellt werden, sind umsichtige strategische Herangehensweisen sowie innovative Ansätze erforderlich. Dazu braucht es gutes Management und Prozesse, die alle Beteiligten optimal einbinden und die Interessen aller Stakeholder berücksichtigen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Systems ist dies bekanntermaßen eine anspruchsvolle Aufgabe. Die aktuelle Ausgabe des Universitätsmagazins „upgrade“ mit dem Schwerpunkt „Gesundheit und Prozess“ beleuchtet wichtige Aspekte des gegenwärtigen Gesundheitssystems: wie Lean Management im Spital angewandt wird, welche Erfolge damit erzielt werden können, welchen Weiterbildungsbedarf das HealthcareSystem aufweist, wie digitale Gesundheitsdaten zu besseren Entscheidungen führen können, welche Potenziale im neuen Modell des Community Nursings stecken oder, welche Unterschiede gute Führung im Spital ausmacht. Ein bedeutender Faktor ist wortwörtlich die Architektur des Gesundheitssystems. Die Bildstrecke der aktuellen Ausgabe mit dem Titel „Monument und Genesung“ zeigt eindrückliche Beispiele.

Viel Freude bei der Lektüre wünschen

Friedrich Faulhammer Stefan Sagl

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MONUMENT UND GENESUNG

Objekt: Pilgrim Psychiatric Center

Ort: Brentwood, New York

Architekt_in: unbekannt

Baujahr: 1931

Eine der größten psychiatrischen Krankenanstalten in den USA. Höchstbelegung an die 14.000 Patient_innen und über 4.000 Pflegekräfte. Bekannt für aggressive psychiatrische Therapien. Zum Großteil abgerissen bis 2003.

Inhalt

Schwerpunkt: Gesundheit & Prozess

Titelbild: Das Gesundheitssystem benötigt Kurskorrekturen. Die Bildstrecke „Monument und Genesung“ zeigt eindrückliche Beispiele von Gesundheitseinrichtungen. Idee und Konzeption: DLE Kommunikation & Wissenschaftsredaktion der Universität für Weiterbildung Krems

Was Astrid Kaltenböck meint

Skillsgap im Healthbusiness

Macht das System gesund

Lean Management könnte das Gesundheitswesen retten

In Pfaden denken

Im Gespräch mit Doris Behrens über verbesserte Spitalsprozesse

Weit mehr als mobile Pflege

Community Health Nursing in der Gesundheitsversorgung

Fit für Veränderung

Welche Kompetenzen Pflegepersonal heute braucht

Gesund mit KI und EU

Der Schatz Gesundheitsdaten will gehoben werden

Angstfrei arbeiten

Fehlerkultur und offene Atmosphäre sind nicht selbstverständlich

Das Verhalten der anderen

Was Menschen im Wohlfahrtsstaat motiviert

Infos ohne Nebenwirkung

Eine Checkliste zu Gesundheitsinformationen gibt Orientierung

Stressfrei zum Verfahren

Das Swiss­ Cheese­Modell hilft bei Disziplinarverfahren

Mit globalem Weitblick

Im Porträt: die Gesundheitspsychologin Marlene Kritz

Alumni-Porträt

Michaela Faulhaber lernt und lehrt leidenschaftlich gerne

MONUMENT UND GENESUNG

Objekt: Hospital de Santiago

Ort: Úbeda, Andalusien/Spanien

Architekt_in: Pedros de Vandelvira

Baujahr: 1562 bis 1575

Das Hospital de Santiago ist ein ehemaliges Spital aus dem 16. Jahrhundert. Das Krankenhaus für arme Patient_innen wurde im Auftrag des Bischofs von Jaén, Diego de los Cobos, gebaut. Es gilt als eines der großen Werke der Renaissancearchitektur im Gesundheitswesen Spaniens.

Skillsgap im Healthbusiness

Die neuesten Lösungen von MedTech, BioTech und HealthTech Start-ups sind bahnbrechend. Investor_innen fordern allerdings weit mehr als Fachwissen und gute Ideen.

Ein Kommentar von Astrid Kaltenböck

ie Gesundheitswirtschaft zieht große Talente magisch an. Kein Wunder angesichts der aktuellen Trendthemen, die die Pioniere der Industrie derzeit begleiten. Eines der wichtigsten ist die Integration von Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen in verschiedenste Anwendungen, die schon fast zur Grundbedingung der Wettbewerbsfähigkeit wird. Wir erwarten allerdings auch weitere Technologiesprünge bei der Interoperabilität medizinischer Geräte mit Verbraucherelektronik, bei VRAnwendungen, der Telemedizin, der Anwendung von In­silico­Studien, die durch den Einsatz von Computersimulationen klinische Studien revolutionieren, beim Tissue Engineering, Bioprinting und auch beim Einsatz von Biomarkern. Die Liste ist noch weit länger und gibt Absolvent_innen und Expert_innen der Life Sciences ein breites Spektrum an spannenden Arbeitsgebieten. Doch (Fach­)Wissen allein ist noch kein Garant für Erfolg – weder im Unternehmen noch als Unternehmer_in. Meine Organisation EIT Health, die mit über 100 Partnerorganisationen aus Forschung, Bildung und Wirtschaft in ganz Europa zusammenarbeitet, hat sich daher mit dem Europäischen Investment Fund EIF zusammengeschlossen, um herauszufinden, welche Kompetenzen zum Erfolgsgaranten werden, und dabei besonders Start­up­Teams im Blick gehabt. Ergebnis dieser Kollaboration ist die Studie

„Addressing skills needs in the European health sector“* mit Inputs von 472 VentureCapital­Fondsmanager_innen in 371 Firmen, die die derzeitigen Qualifikationsdefizite im Gesundheitssektor und die Einstellung der Investor_innen zu diesen Defiziten analysiert. Die Erkenntnisse sind ziemlich klar: Neben den hochgeschätzten, doch ausbaufähigen Soft Skills im Bereich Führungsqualität, Kommunikation, strategische Planung und unternehmerisches Denken beklagen Investor_innen einen Mangel an Wissen in MINT­Fächern, Datenanalyse und dem jeweiligen regulatorischen Umfeld. Absolvent_innen und Doktorand_innen, die sich hier stark aufstellen, haben daher meiner Meinung nach gute Chancen, sich in Zukunft erfolgreich zu positionieren. Je früher, desto besser. Das EIT­Health­Netzwerk bietet mit zahlreichen Fortbildungsprogrammen und europäischen Master­Studiengängen, wie dem Master „Entrepreneurship in Digital Health“, der u. a. mit der Universität für Weiterbildung Krems, Boehringer Ingelheim und der MedUni Graz durchgeführt wird, oder dem Master „Health Data Science“ spannende Möglichkeiten, früh interdisziplinäre Kompetenzen aufzubauen. So haben Sie für Ihren unternehmerischen Erfolg im Gesundheitswesen von Anfang an die besseren Karten.

ASTRID KALTENBÖCK

Dr. Astrid Kaltenböck ist Geschäftsführerin von EIT Health Austria, der jüngsten Niederlassung von EIT Health, das Teil des European Institute of Innovation and Technology (EIT) ist, einer Einrichtung der Europäischen Union. Ihre Organisation arbeitet grenzüberschreitend mit über 100 EIT­HealthPartnerorganisationen und Tausenden von Start­ups.

MONUMENT UND GENESUNG

Objekt: Maggie’s Cancer Caring Centre

Ort: Aberdeen, Großbritannien

Architekt_in: Snøhetta Architects

Baujahr: 2013

Sämtliche Zentren der Wohltätigkeitsorganisation Maggie's in Großbritannien sind von herausragenden Architekt_innen geplant worden. Die Idee geht auf Margaret Keswick Jencks zurück. Die krebskranke Patientin vertrat die Ansicht, Krebsbehandlung sei nur in einer Umgebung von gutem architektonischen Design möglich.

Macht das System gesund

Überlastete Ärzte, ausgebrannte Pflegekräfte und Patient_innen, die nicht mehr versorgt werden können: Lean Management zielt auf schlanke Prozesse. Das Gesundheitswesen könnte sich damit selbst retten.

Von Karin Pollack

iemand will gerne über den Tag nachdenken, an dem eine schwerwiegende Diagnose das Leben verändert. Vorbei die Zeiten der Selbstbestimmtheit: Wer wieder gesund werden will, ist plötzlich auf Untersuchungstermine, Ärzte bzw. Ärztinnen und Pflege angewiesen, eine bis dahin meist unbekannte Welt, die sich unter dem Begriff Gesundheitswesen zusammenfassen lässt. Wer seine Karriere als Patient_in startet, erkennt schnell: Zum Kranksein gehört nicht nur das Ertragen von Schmerzen, sondern auch viel Geduld, um Untersuchungs­ oder Operationstermine zu vereinbaren, um lange Wartezeiten in Ambulanzen zu verbringen oder um Gesprächstermine mit überarbeiteten Ärzt_innen zu vereinbaren. Spätestens nach zwei

Wochen wissen Patientent_innen, dass Österreichs Gesundheitssystem im RealityCheck nicht das beste der Welt ist. „Auch wenn es niemand hören will: Unser Gesundheitssystem ist knapp am Anschlag“, sagt Krankenhausmanagerin Nataša Neuhold vom Kepler Universitätsklinikum in Linz.

Der Pflegenotstand ist die Spitze des Eisbergs, es besteht akuter Handlungsbedarf, zeigen Berichte. Es geht um die Erfüllung des Versorgungsauftrags, dem nicht optimal nachgekommen werden kann. „Aufgrund der Ressourcenknappheit bei medizinischem Personal in sämtlichen Berufsgruppen und eines immer höheren Patient_innen­Aufkommens kann der Betrieb nur unter großer Mühe aufrechterhalten werden“, sagt Neuhold. Obwohl sich das Dilemma seit

NATAŠA NEUHOLD

Nataša Neuhold ist Krankenhausmanagerin am Kepler Universitätsklinikum in Linz. Daneben wirkt sie an der Lean Management Initiative im Gesundheitswesen LMIG mit.

Jahren abzeichnet, würden die Zustände wie in einer Abwärtsspirale immer kritischer werden, warnt sie.

Lean oft besser als Geld

„Wenn Abläufe ineffizient sind, muss nicht zwangsläufig mehr Geld zu Verbesserungen führen, es geht darum, Prozesse zu durchleuchten und Fehler im System zu identifizieren“, sagt Doris Behrens, Vizedekanin an der Fakultät für Gesundheit und Medizin an der Universität für Weiterbildung Krems. Sie hat erlebt, dass Lean Management („lean“: übersetzt schlank; siehe Kasten) im Gesundheitswesen Verbesserungen durch Kommunikation, Zusammenarbeit und Prozessoptimierungen bringen kann. Im Netzwerk der Lean Management Initiative im Gesundheitswesen (LMIG), das Neuhold leitet, werden kontinuierlich Erfahrungen ausgetauscht. Ziel ist es, anwendbare und nachhaltige Lösungen für die aktuellen Handlungsfelder im Gesundheitswesen auszuarbeiten.

Als Doris Behrens, ebenso Leiterin des Departments für Wirtschaft und Gesundheit, die Lean­Methode ehemaligen Absol­

vent_innen im Rahmen eines AlumniAbends präsentieren wollte, staunte sie nicht schlecht über die ein oder andere erboste Reaktion. Effizienz im Gesundheitswesen oder eine Verschlankung von Systemen seien eine Provokation für alle, die heute in diesen überlasteten Systemen arbeiten, erfuhr sie.

„Wer das Prinzip von Lean Management verstanden hat, weiß, dass am Beginn jeder Transformation im Gesundheitswesen, ein Kulturwandel hinsichtlich des Umgangs mit Mitarbeitenden stehen muss“, sind Neuhold und Behrens sich einig. Gegenseitige Wertschätzung, intensive Kommunikation und abteilungsübergreifende Transparenz seien für Umstrukturierungen unerlässlich.

Leuchtturmprojekt Linz

Wie gut das funktionieren kann, zeigt sich auf der Abteilung für Neurochirurgie am Kepler Universitätsklinikum in Linz, einem Leuchtturmprojekt für Lean Management im Krankenhaus. „Es ist eine Tatsache, dass wir mit zunehmend reduzierten personellen Ressourcen eine wachsende Zahl

Was genau ist eigentlich Lean Management?

Lean Management wurde Mitte der 1950er-Jahre von Taiichi Ohno beim japanischen Autohersteller Toyota entwickelt, hat sich seitdem kontinuierlich weiterentwickelt und ist heute in vielen Branchen im Einsatz. Basis für Lean Transformationsprozesse sind die drei simplen Fragen: Wie soll ich es tun? Wo fange ich an? Wer kann mir bei der Umsetzung helfen? Ziel sind schlanke Prozesse. Dabei geht es nicht vorrangig um Reduzierung, sondern um einen optimalen und respektvollen Umgang mit Ressourcen. Ein wesentlicher Grundsatz des Lean Managements ist

kontinuierliche Verbesserung, auch Kaizen genannt, und damit verbunden die Überzeugung, dass auch kleine Schritte große Wirkung haben können. Übersetzt in die Sprache des Managements dient der Lean-Ansatz der Gestaltung, Lenkung und Entwicklung von Aufbau und Ablauforganisation. Ziel ist Kund_innenorientierung und die Eliminierung von Verschwendung –intern wie extern, wobei alle Wertschöpfungspartner miteinbezogen werden. Lean Management kann auf  die Produktion von Waren und Dienstleistungen,  das Humansystem und auf die  Unternehmenskultur angewendet werden. Es ist ein Denkansatz, mit dem sämtliche Bereiche eines Unternehmens auf die Zufriedenheit aller dort Involvierten überprüft werden können. Lean Management im Gesundheitswesen trägt auch zur besseren Zusammenarbeit innerhalb und zwischen unterschiedlichen Bereichen des Systems bei. Insofern ist diese Art zu denken auch ein Leadership-Thema und zielführend, wenn Führung und Team wertschätzend und konstruktiv miteinander umgehen.

von Patient_innen versorgen müssen“, umreißt Harald Stefanits, geschäftsführender Oberarzt am Kepler Universitätsklinikum, die Ausgangslage, sprich: Immer mehr Operationen müssen mit immer weniger Personal durchgeführt werden. Die Wartelisten für Patient_innen werden immer länger, die Situation für alle Beteiligten zunehmend unangenehmer. Der Knackpunkt: Die Abläufe in einem Spital stammen aus alten Zeiten und wurden nie an die aktuelle Versorgungswirklichkeit angepasst, berichtet Stefanits, nach Eigendefinition Zahlenfreak mit Freude an Organisation. Er schickte sich an, alles, was sich an Abläufen messen lässt, zu erfassen.

Es ist ein Blick hinter die Kulissen eines Spitalbetriebs, der Patient_innen stets verschlossen ist. Wie ist die Auslastung der OPs? Wie viele Patient_innen werden operiert? Wie ist die Interaktion mit anderen Abteilungen, etwa den Anästhesist_innen, die für die Narkosen zuständig sind? Was wird operiert und wie lange dauern die Operationen, die von Hirntumoren über Gefäßfehlbildungen bis zu Bandscheibenvorfällen reichen können? Wie viele Leute stehen wie lange im OP? Was kostet eine Minute dort? „Lean Management war retrospektiv eine probate Methode für diese Analyse, weil es ein formales System ist, mit dem sich die Komplexität eines Krankenhauses abbilden lässt und trotzdem die Patient_innen­Perspektive nicht aus dem Blick gerät“, begründet Stefanits die Wahl seines methodischen Ansatzes. Durch genaues Nachvollziehen von internen Prozessen ergab sich eindeutig, dass sich Verzögerungen durch die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen einstellten, dass die OP­Pläne nicht die Art und Dauer der Operationen berücksichtigten, dass es kein System für die OP­Einteilung und damit verbundene Prozesse wie die stationäre Aufnahme und Entlassung gab. Folglich wurden Arbeitszeiten an der Neurochirurgie regelmäßig überzogen, „denn man kann bei einer OP nur weil Dienstschluss ist, ja nicht einfach aufhören und am nächsten Tag weitermachen.“ OP­Personal kündigte, was die Lage zusätzlich verschlechterte.

Perspektiven tauschen

„In einem Krankenhaus arbeitet jede Abteilung wie ein eigenes kleines Unternehmen und schnell war uns klar, dass wir uns mit anderen Abteilungen und Berufsgruppen an einen gemeinsamen Tisch setzen müssen, um Abläufe abteilungsübergreifend neu aufzusetzen“, so Stefanits, und wer das mache, betrachte quasi automatisch, wie Patient_innen ihren Krankenhausaufenthalt erleben. Was einfach klingt, sind drastische Maßnahmen, wie das Aufbrechen von Silos zwischen Medizin, Pflege und Verwaltung. „Es war ein

„In Zeiten von Personalmangel sind Lean-Maßnahmen wichtig, weil sie Mitarbeitende entlasten – und gleichzeitig die Zufriedenheit der Patient_innen erhöhen.“
Jasmin Eisner

Prozess, der über ein Jahr lang dauerte. Ohne das klare Bekenntnis zu Veränderung von Seiten der Führung und einer wirklichen Wertschätzung der verschiedenen Berufsgruppen für die Arbeit der anderen hätte sich nichts verbessert“, sagt er. Heute werden Patient_innen in Linz nach genauen Klassifizierungen durch die Abteilungen geschleust. Die OP­Ein­

HARALD STEFANITS

OA DDr. Harald Stefanits ist geschäftsführender Oberarzt am Kepler Universitätsklinikum sowie Ausbildungskoordinator. Stefanits ist habilitierter Neurochirurg.

JASMIN EISNER

DGKP Jasmin Eisner arbeitet für das LKH­Univ. Klinikum Graz, wo sie für Organisationsentwicklung & Betriebsorganisation zuständig ist.

Univ.­Prof.in Dipl.­Ing.in Dr.in Doris Behrens ist Leiterin des Departments für Wirtschaft und Gesundheit sowie Vizedekanin an der Fakultät für Gesundheit und Medizin an der Universität für Weiterbildung Krems.

DORIS BEHRENS

HERWIG OSTERMANN

Ao. Univ.­Prof. Dr. Herwig

Ostermann ist Leiter der Gesundheit Österreich GmbH, des Forschungsund Planungsinstituts für das Gesundheitswesen und die Kompetenz­ und Förderstelle für Gesundheitsförderung in Österreich.

„Eine Harmonisierung wäre ein Kraftakt, für den sich viele unterschiedliche Stakeholder auf einheitliche Prozesse einigen müssten.“

teilung wird von Mediziner_innen durchgeführt und durch zwei lange OP­Slots pro Tag sind längere Arbeitszeiten für die OP­Teams planbar und damit akzeptabel geworden. Der unmittelbare Erfolg dieser Maßnahmen ist messbar: Die Kündigungsrate des Personals im OP ist von 25 Prozent auf de facto null gesunken und Wartezeiten sind transparent geworden. „Damit können sich Patient_innen einigermaßen arrangieren“, so Stefanits Erfahrung, „in gewisser Weise ist Lean Management systematisierter Hausverstand“, sagt er.

Lean Hospital

Anders, aber doch ähnlich sieht es auch Jasmin Eisner, Organisationsentwicklerin am LKH Universitätsklinikum in Graz, wo sämtliche Bereiche der Steiermärkischen Krankenanstalten nach Lean­Prinzipien neu gestaltet werden. „Wir wollen das erste ‚lean hospital‘ in Österreich sein“, sagt Eisner, die das Konzept optimierter Prozessabläufe auch auf Warenströme innerhalb der Krankenanstalten, auf die

Verwaltung, die Küche und sogar bei der Planung von Neubauten anwendet.

24 Bettenstationen wurden bereits optimiert. Über jedem Krankenbett hängt ein Board, auf dem die nächsten tagesaktuellen Termine und das geplante Entlassungsdatum vermerkt sind. Seit diese Information visuell für Kranke und ihre Angehörigen verfügbar ist, hat sich die Anzahl der Glockenrufe vom Patient_innen­Bett an die Pflege drastisch reduziert. „In Zeiten von Personalmangel sind solche Maßnahmen wichtig, weil sie Mitarbeitende entlasten –und sich gleichzeitig die Zufriedenheit der Patient_innen erhöht“, umreißt Eisner einen Win­win­Effekt.

Verbesserung über das Spital hinaus

Dass die Prozesse und die Zusammenarbeit nicht nur in spitalsinternen Abteilungen, sondern auch darüber hinaus, also etwa in den niedergelassenen Bereichen, besser werden sollten, dessen ist sich Herwig Ostermann, Leiter der Gesundheit Österreich (GÖG), mehr als bewusst. „Schnittstellenmanagement“, so der Fachbegriff, stand bereits im Krankenhausplan 1974 – also vor 50 Jahren – auf der Agenda, und warum das nicht umgesetzt werden kann, liege daran, dass Österreichs Gesundheitswesen einfach „hochfragmentiert“ sei. Es gibt zahlreiche Finanzflüsse, die nur mehr für Spezialist_innen durchschaubar wären und trotzdem bestimmen, wie Patient_innen durch das Gesundheitssystem geschleust werden. Und weil es kein übergeordnetes System gibt, hat jeder Bereich über Jahrzehnte eigene Lösungen implementiert. „Eine Harmonisierung wäre ein Kraftakt, für den sich viele unterschiedliche Stakeholder auf einheitliche Prozesse einigen müssten“, so Ostermann, und er fragt, wer oder welche Institution dem Gesundheitssystem so einen grundlegenden Wandel verordnen sollte, „denn schließlich könne man in diesem Bereich niemanden zwingen“. Genau darin sieht Ostermann auch die Wurzel aller Dysfunktionalitäten. Jeder Bereich arbeitet selbstständig, implementiert Lösungen und über die Jahre sind diese in vielen Bereichen inkompatibel

zueinander geworden. Das bekommen Patient_innen immer stärker zu spüren, im Krankenhaus selbst und noch mehr im niedergelassenen Bereich, der noch einmal ganz anders organisiert ist, weiß der Leiter der GÖG.

„Im Krankenhaus wird selten mit strategischen Zielsetzungen gearbeitet“, kritisiert Nataša Neuhold und warnt davor, Lean­Methoden als simple Lösungen zu missbrauchen. „Wir müssen Systeme ganzheitlich betrachten, weil wir sonst mit den nachweislich wirkungsvollen Werkzeugen der Lean­Methode nur kurzfristig Brände löschen“, warnt sie. Optimierung könne nur funktionieren, wenn sämtliche Behandlungspartner miteinbezogen sind. „In einem Krankenhaus laufen die Abteilungen wie Zahnräder ineinander, kleine Störungen haben oft große Wirkung“, weiß Neuhold. Wenn etwa das OP­Management reibungslos läuft, kann es sein, dass die verantwortliche Bettenstation bei der Nachbetreuung von Operierten mit ihren Kapazitäten an ihre Grenzen stößt. Reformen, ist sie überzeugt, könnten nur stattfinden, wenn „Mitarbeitende wieder Wirkungsmacht bekommen und ihren Reformvorschlägen auch Gewicht beigemessen wird“, sagt sie und weiß, dass „der Führungsstil Einzelner sämtliche Anstrengungen für Verbesserung zunichte machen kann“. Ein menschenzentrierter Ansatz sei der Schlüssel zum Erfolg und dass die Zufriedenheit der Mitarbeitenden sehr oft mit der Zufriedenheit der Patient_innen

KEPLER UNIVER SITÄTS KLINIKUM LINZ

LEAN MANAGEMENT WIRKT

OP-PERSONAL: KÜNDIGUNGSRATE VOR LEAN MANAGEMENT

KÜNDIGUNGSRATE MIT LEAN MANAGEMENT % 0 % 25

parallel schwingt, hat sie oft erlebt, „weil im Grunde alle einen guten Job machen wollen“.

Fazit: Lean Management liefert theoretisch die Instrumente und Strategien für nachhaltigen Wandel und anpassungsfähige, resiliente Strukturen. Am meisten von Transformation profitieren Patient_innen, die das Gesundheitswesen in schwierigen Zeiten brauchen, um wieder auf die Beine zu kommen. Und zur Erinnerung: Jede_r kann zu jedem Zeitpunkt Patient_in werden.

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MONUMENT UND GENESUNG

Objekt: Bürgerspital (auch: Admonter Hof)

Ort: Stadt Salzburg

Architekt_in: Admonter Mönche

Baujahr: ab 1327

Die ursprünglichen Trakte des Krankenund Altenheims sind mehrfach vergrößert worden. 1560 erfolgte eine bauliche Erweiterung in den Mönchsberg hinein, dieser Trakt öffnet sich mit Laubenbögen zum Innenhof des Spitals. Heute sind in der Anlage Museen untergebracht.

In Pfaden denken

Lean Management kann das Wohl von Patient_innen und die Zufriedenheit des Healthcare-Personals verbessern, sagt die Operational-Research-Expertin Doris Behrens. Das Ergebnis: eine Win-win-Situation.

Von Karin Pollack

upgrade: Sie beschäftigen sich als Mathematikerin mit der kontinuierlichen Verbesserung von Abläufen in Gesundheitseinrichtungen. Wo haben Sie Lean Management kennengelernt?

Doris Behrens: In Großbritannien, wo das Gesundheitssystem wirklich unter Druck ist. In meiner nunmehr fast zehnjährigen Tätigkeit für den National Health Service (NHS) in Wales habe ich gesehen, wie Lean Management zu Qualitätsverbesserung führte, und das mit vergleichsweise wenig Aufwand und großer Wirkung. Es bringt Verbesserungen für Patient_innen und Mitarbeiter_innen des Gesundheitswesens gleichermaßen.

Deshalb ist es mir ein Anliegen, diese Art zu denken und zu handeln hier in Krems in den Weiterbildungsprogrammen zu etablieren.

Wie kann ein Zugang, der aus der Autobranche kommt (siehe Kasten Seite 10), im Gesundheitsbereich funktionieren? Behrens: Es stimmt, dass Lean Management im Gesundheitswesen auf den ersten Blick irritierend wirken kann. Menschen sind in dem Sinn keine Produkte und Gesundheit ist nichts, das auf Gedeih und Verderb effi­

zient hergestellt werden muss. Aber lassen Sie es uns doch so betrachten. Das Gut, das in einer Gesundheitseinrichtung produziert wird, ist das Wohl von Patient_innen. Dies soll durch effektive Diagnostik und Behandlung erreicht werden. Und weil dies allen, die krank sind, zugutekommen soll, müssen Abläufe nicht nur evidenzbasiert, sondern auch „schlank“, also englisch „lean“ sein. Damit sichern wir den Versorgungsauftrag, den der Staat für die Bevölkerung hat.

Was kann Lean Management bringen?

Behrens: Am besten lässt sich das an den Wartezeiten erklären. Es gibt Gründe, warum jemand, der Hilfe braucht, Stunden in Ambulanzen oder Ordinationen sitzen muss. Oft sind ineffiziente Abläufe die Ursache. Im Lean Management gibt es Werkzeuge, solche Flaschenhälse, die Wartezeiten verursachen, aufzudecken und Prozesse schlanker zu gestalten, etwa Infor mationssysteme für Mitarbeitende und Patient_innen. Wenn Letztere valide Informationen über ihren Zustand und bevorstehende Behandlungen bekommen, können sie sich besser orientieren, fühlen sich wahrgenommen und sind dadurch auch kooperativer bei Therapien.

Univ.-Prof.in Dipl.-Ing.in

Dr.in Doris Behrens ist Mathematikerin mit Schwerpunkt Operational Research und beschäftigt sich mit Simulation, Optimierung, Entscheidungsanalyse und Qualitätsverbesserung im Gesundheitsbereich. Seit 2021 ist sie Leiterin des Departments für Wirtschaft und Gesundheit und stellvertretende Dekanin der Fakultät für Gesundheit und Medizin an der Universität für Weiterbildung Krems.

„Lean Management stellt das Wohl aller Menschen, die gemeinsam in einem System arbeiten, in den Mittelpunkt.“

Doris Behrens

Sagen Sie gerade, dass Patient_innen­Wohl und die Zufriedenheit der Mitarbeiter_innen aneinandergekoppelt sind?

Behrens: Auf jeden Fall. Schlechte Abläufe mit einer hohen Fehleranfälligkeit verursachen Überlastung und Unzufriedenheit. Der Personalnotstand in der Pflege ist neben anderen Gründen auch darauf zurückzuführen. Oft sind schlecht aufgesetzte Prozesse dafür verantwortlich.

Wie zum Beispiel?

Behrens: Regelmäßige Pausen für Mitarbei­

tende. Die sind in diesen Prozessen einfach oft nicht vorgesehen, und dann gilt das Motto: „Schau’n wir mal, was sich ausgeht.“ Was die Mitarbeitenden in Gesundheitseinrichtungen darüber hinaus frustriert, sind inadäquate Leadership­Kompetenzen oder extrem starre, hierarchische Strukturen.

Also schwierige Vorgesetzte?

Behrens: Genau, weil es für Mitarbeiter_innen dann unmöglich scheint, Fragen zu stellen, Bedenken oder Verbesserungsvorschläge zu äußern. Doch genau das sind Dinge, die sich auch auf die Patient_innenSicherheit auswirken. Zudem werden die Leute in schlecht aufgesetzten Systemen unzufrieden, was dann wiederum zu vermehrten Kündigungen führt.

Dennoch wird Lean Management hauptsächlich mit Effizienz in Verbindung gebracht. Gerade die Corona­Pandemie hat gezeigt, dass das im Gesundheitssystem durchaus negativ sein kann. Knapp kalkulierenden Ländern fehlten beispielsweise Intensivbetten …

Behrens: Der Gesundheitsbereich unterliegt Schwankungen. Auch außerhalb einer Pandemie. Insofern ist es von großer Bedeutung, diese Schwankungen in der Kapazitätsplanung abzupuffern. Vollauslastung, meist orientiert an irgendwelchen Mittelwerten, wäre nicht zu empfehlen. Zudem wirkt es sich negativ aus, wenn Systeme und somit Menschen kontinuierlich am Anschlag arbeiten.

Was ist die Lösung?

Behrens: Es geht im Lean Management nicht darum, Überkapazitäten zu installieren, sondern durch eine kontinuierliche Verbesserung der Abläufe Überlastung und Unterforderung auszubalancieren. Das erhöht eben in der Folge auch die Effizienz.

Wer könnte da etwas dagegen haben?

Behrens: Es ist nicht leicht, über lange Zeiträume hinweg etablierte Abläufe zu verändern. Wir Menschen sind „Gewohnheitstiere“ und können uns recht gut mit suboptimalen Gegebenheiten arrangieren. Wenn Prozesse neu aufgesetzt werden, muss alles neu und anders gedacht und gemacht werden. Das überfordert viele, vor

allem dann, wenn verschiedene Stakeholder involviert sind und stations­ oder bereichsübergreifend gedacht werden sollte. Und deshalb bleiben die Dinge dann meist so, wie sie sind.

Wie lässt sich da Dynamik reinbringen?

Behrens: Schritt um Schritt. Lean Management stellt das Wohl aller Menschen, die gemeinsam in einem System arbeiten, in den Mittelpunkt. Die Prozessverschlankungen, die Vermeidung unnötiger Tätigkeiten, Wartezeiten und Wege, das Nutzen von Fähigkeiten aller Mitarbeitenden und die Vermeidung von Fehlern sind Möglichkeiten, Wertschätzung zu zeigen und Wertschöpfung zu generieren.

Wie meinen Sie das?

Behrens: Dass die Personen, die in einer Gesundheitseinrichtung arbeiten, Abläufe bestimmen und nicht das System sie in Abläufe zwingt. Das bedeutet Verantwortung für Prozesse, Wirkungsmacht für Veränderungen und Verbesserungen. Darüber hinaus sollten wir verstärkt in Patient_innenPfaden denken.

Sie meinen, einen Krankenhausablauf aus Sicht von Erkrankten zu sehen?

Behrens: Genau, „Patient journey“ ist der englische Fachbegriff dafür und bezeichnet die Stationen, die Menschen mit einer bestimmten Erkrankung innerhalb des Gesundheitssystems durchmachen müssen. Es ist also die Summe der Stationen, die im Zuge von Diagnostik und Behandlung

durchlaufen werden. Optimalerweise kommt es hier zu keinen Reibungsverlusten. Also keine Hürden, keine doppelten und dreifachen Untersuchungen, keine ständig wechselnden Ärztinnen und Ärzte.

Das klingt vor allem bei komplexen Erkrankungen schwierig, also dann, wenn Patient_innen auf einer Reihe von Stationen behandelt werden.

Behrens: Genau, die Schnittstellenproblematik innerhalb eines Spitals wirkt sich massiv auf das Wohl der Patient_innen aus. Eine verbesserte Zusammenarbeit der Abteilungen innerhalb eines Krankenhauses führt auch dazu, Ineffizienzen in Form mehrfach gemachter Arbeit zu eliminieren. Sie bringen Kranken nichts und verschwenden die Zeit der Mitarbeitenden. Wenn man es schafft, solche Missstände abzubauen, ist das automatisch mit einem effizienteren Einsatz von Mitteln verbunden.

Was passiert nach der Entlassung aus dem Spital, also dann, wenn Patient_innen wieder von Hausärzt_innen im niedergelassenen Bereich betreut werden?

Behrens: Wir sollten Patient_innen­Pfade ganzheitlich denken, also über die Grenzen von Verantwortungsbereichen wie Primäroder Sekundärversorgung hinweg. Behandlung und Versorgung hören ja nach dem Spital oft nicht auf. Wer diesbezüglich zusammenarbeitet, bräuchte dann abgestimmte Ziele und synchronisierte Prioritäten. Lean Management wäre eine Option, dies zu erreichen.

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Im Fokus:

Das Department für Wirtschaft und Gesundheit an der Fakultät für Gesundheit und Medizin

Gesundheitssysteme und die Situation der Menschen darin verbessern

Was motiviert Menschen zu gesundheitsfördernden Verhaltensänderungen?

Wie können wir Abläufe gestalten, sodass diese u. a. die Bedürfnisse von Patient_innen und Mitarbeitenden berücksichtigen? Wodurch zeichnet sich der optimale Einsatz von Mitteln und Interventionen im Gesundheitswesen aus?

„Das Verhalten von Personen im Gesundheitskontext und Modellierung zur Entscheidungsfindung sind zentrale Forschungs ­ bzw. Lehrthemen am Department für Wirtschaft und Gesundheit. Eine Stärke ist dabei der Einsatz eines breiten und innovativen Methodenspektrums, von der Surveydaten ­ Analyse über diskrete Optimierung, dynamische Optimalsteuerung, szenarienbasierte Experimente und Feldstudien bis hin zu qualitativen Methoden“, unterstreicht Univ. ­ Prof.in Dr.in Doris Behrens die Merkmale des von ihr geleiteten Departments für Wirtschaft und Gesundheit. Von Untersuchungen des Departments profitiert u. a. das britische NHS, wobei darauf beruhende Empfehlungen dort auch tatsächlich zur Anwendung kommen. Damit ist das Department in der Lage, erkenntnisgeleitete und evidenzbasierte Lehre durchzuführen. Das ermöglicht Studierenden, sich mit den komplexen Themen und Herausforderungen der Gegenwart auseinanderzusetzen.

Enge Verzahnung von Forschung, Lehre und Praxis

Studierende am Department profitieren von Expert_innen aus der Praxis, von den Erkenntnissen aus der Forschung, die direkt in die Lehre einfließen, und von der Möglichkeit, im Rahmen des Master projekts gemeinsam mit Forscher_innen an relevanten Themen zu arbeiten. Umgekehrt profitiert das Department vom profunden Praxiswissen seiner fest im Beruf verankerten Vortragenden und Studierenden.

Ausgewählte

Forschungsprojekte:

Unpacking Welfare Chauvinism // Fördergeber: FWF Improving Employee Investigations in Healthcare // Auftraggeber: NHS Wales Analyse von KostenNutzen ­ Studien von Tabak­ und Nikotinentwöhnungsangeboten // Auftraggeber: Dachverband der Sozialversicherungsträger

Ausgewählte

Weiterbildungsstudien:

Management und Leadership für Healthcare Professionals (CP) Management von Versorgungseinrichtungen im niedergelassenen Bereich (CP)

Healthcare Management, MSc (CE) Lean Healthcare Management (BPr) OP ­ Management (CP und MBA) Sucht und Arbeitsleben (CP) Entrepreneurship in Digital Health MSc (CE) (in Kofinanzierung durch EIT Health)

Breites Methodenspektrum

SurveydatenAnalyse mittels ökonometrischer Verfahren z. B. Arbeitszufriedenheit im Gesundheitswesen

Diskrete Optimierung und Optimale

Dynamische Steuerung z. B. Impfstoff­ Verteilung zur maximalen Immunisierung

Klassische Experimente mit Kontroll- und Interventionsgruppen z. B. Einfluss von Wartezeiten auf Ehrlichkeit über Symptome

Feldstudien

z. B. Evaluation von Bewegungsförderungsmaßnahmen in vulnerablen Gruppen

Mathematische Modellierung und Simulation z. B. für optimale Schichtpläne für Krankenanstalten

Qualitative Methoden z. B. Erforschung von Herausforderungen und Weiterbildungsbedarf für das Arzt­ Patient_innenGespräch

MONUMENT UND GENESUNG

Objekt: Maggie’s, Yorkshire, St. James’s Hospital

Ort: Leeds, Großbritannien

Architekt_in: Thomas Heatherwick, Heatherwick Studio

Baujahr: 2020

Das 462 m² große Zentrum auf dem Campus des St. James’s University Hospital in Leeds ist das 26. Zentrum der Wohltätigkeitsorganisation Maggie’s Centres in Großbritannien. Die Hanglage nutzte das Architekturstudio, um Besucher_innen einen Blick in die Ferne und auf die nahe gelegenen Yorkshire Dales zu ermöglichen.

Weit mehr als mobile Pflege

Durch ein Pilotprojekt wurde es erstmals möglich, Community Health Nursing (sinngemäß „Gemeindegesundheitspflege“) in Österreich auszuprobieren. Es zeigt sich, dass das Konzept auch hierzulande funktionieren kann und Lücken in der Gesundheitsversorgung schließen könnte.

Von Cathren Landsgesell

ehobene Gesundheits­ und Krankenpflege, die zu Hause, wohnortnah bzw. im Kontext von Gemeinden passiert, so lässt sich Community Health Nursing beschreiben. 116 sogenannte Community Nurse­Projekte sind seit 2022 in Österreichs Städten und Gemeinden aktiv, um bedarfsgerecht die Gesundheit und Lebensqualität vor Ort zu unterstützen und zu verbessern. Diese bis Ende 2024 laufenden Pilotprojekte treffen auf Resonanz. Mehr als 106.000 persönliche Gespräche mit Klient_innen wurden innerhalb von nicht einmal 24 Monaten geführt.

Für Österreich sind die Community Health Nurses ein Novum. „Unter anderem vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist eine der Zielsetzungen, Einschränkungen in späteren Lebensjahren zu vermeiden oder hinauszuzögern, damit Menschen nach Möglichkeit selbstständig

zu Hause sein können“, so Linda Eberle, die bei Gesundheit Österreich für die Koordination des Pilotprojektes zuständig ist. Das Konzept des Community Health Nursing stammt aus dem angloamerikanischen Raum und ist dort wie auch in vielen skandinavischen Ländern ein fester Bestandteil des Gesundheitssystems auf lokaler Ebene. Hinter dem Konzept steht ein ganzheitliches Verständnis einer kommunalen Gesundheitsversorgung für die gesamte Bevölkerung. „Es gibt international unterschiedliche Ausgestaltungen, aber allen gemeinsam ist, dass ein Angebot geschaffen wird, das wohnortnah, niederschwellig und bedarfsorientiert ist“, so Walter Hyll, Senior Scientist am Department Wirtschaft und Gesellschaft der Universität für Weiterbildung Krems, der gemeinsam mit Kolleg_innen Pilotprojekte innerhalb einer Studie näher untersucht hat.

WALTER HYLL

Dr. Walter Hyll ist stellvertretender Leiter des Departments Wirtschaft und Gesundheit sowie Studienleiter Business Development im Tourismus & Sport­ und Eventmanagement an der Universität für Weiterbildung Krems.

LINDA EBERLE

Linda Eberle, BSc, MSc ist Projektmanagerin und Koordinatorin des Pilotprojekts Community Health Nursing bei Gesundheit Österreich.

Community Health Nurses sind dem umfassenden Ansatz entsprechend auf drei Ebenen aktiv, erklärt Hyll: „Während sich die erste Ebene auf das Individuum und Familien bezieht, liegt der Fokus der zweiten Ebene auf Gemeinden und der Fokus der dritten auf dem System.“ In diesem Sinne ist Community Health Nursing ein Bottom­up­Ansatz, der das Gesundheitssystem unterstützen und die Gesundheitspolitik informieren soll. In dem österreichischen Pilotprojekt wurde der Fokus auf die erste Ebene gelegt.

„Es gibt interna tional unterschiedliche Ausgestaltungen, aber allen gemeinsam ist, dass ein Angebot geschaffen wird, das wohnortnah, nieder schwellig und bedarfsorientiert ist.“

Walter Hyll

Netzwerke bilden

Katharina Braun ist diplomierte Gesundheits­ und Krankenpflegerin und arbeitet seit Beginn des Pilotprojekts als Community Health Nurse und fachliche Koordinatorin in Gföhl, einer kleinen Gemeinde im Waldviertel. „In den 17 Jahren, die ich im Gesundheitsbereich tätig bin, ist mir aufgefallen, dass es oft nicht die Ressourcen gibt, einzubeziehen, was meiner Meinung nach auch zur Pflege dazugehört: die Familie, die Umgebung, der ganze Mensch. Als Community Nurse habe ich die Zeit, ge­

meinsam mit den Klient_innen und den Familienangehörigen Wege zu skizzieren und auf ihre Bedürfnisse einzugehen.“

Community Health Nursing startete in Österreich mit Fokus auf die Altersgruppe ab 75 Jahren, da dort der größte Bedarf vermutet wurde. Initiiert vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird das Pilotprojekt bis Ende 2024 mit Mitteln der EU­Kommission finanziert.

Die Community Nurses mussten zunächst Aufklärungsarbeit leisten. „Allein durch die Namensgebung konnten sich viele kaum etwas darunter vorstellen“, sagt Braun. Heute kämen die Klient_innen, Angehörige oder auch der Hausarzt oder das Entlassungsmanagement des Krankenhauses auf sie zu. Die Anliegen betreffen oft die Pflege oder die Nachsorge nach Operationen; es geht um Hilfsmittel, um die Beantragung von Pflegegeld, die Organisation von Hauskrankenpflege, die richtige Einnahme von Medikamenten. „Ganz wichtig ist die Zusammenarbeit mit den Hausärzt_innen, den Therapeut_innen, der Hauskrankenpflege und allen, die im extramuralen Bereich tätig sind. Man muss ein gutes Netz schaffen, um gut betreuen zu können“, sagt Braun.

Aus den Gesprächen ergeben sich mitunter Themen, die von so großem Interesse sind, dass Braun dazu Veranstaltungen organisiert. In diesem Jahr hat sie gemeinsam mit „Tut gut!“, einer Plattform des Landes Niederösterreich zur Gesundheitsvorsorge, einen Schwerpunkt zum Thema mentale Gesundheit gestaltet. Auch ein monatliches Gesundheitscafé für Senior_innen in Gföhl geht auf Braun zurück: „Wir sprechen über ein bestimmtes Gesundheitsthema, anschließend sitzen alle noch bei Kaffee und Kuchen zusammen, manchmal ergeben sich auch Spielerunden.“ Braun verlegt ihre Sprechstunde einmal in der Woche in die Ordination einer Hausärztin. Die Zusammenarbeit in der Gemeinde ist eng und das Vertrauen untereinander schnell gewachsen.

Lücken schließen

90 Prozent der Community Nurses im Pilotprojekt sind weiblich, die meisten um die 40,

und haben im Durchschnitt bereits 15 Jahre Berufserfahrung als Gesundheitspflegekraft, meist in einem Krankenhaus. Beratung, Wissensvermittlung, Weitervermittlung im Gesundheitssystem, Vernetzung und die

„Community Nurses können viel bewirken, weil sie nicht nur auf der Individualebene, sondern auch auf der Gemeindeebene aktiv sind.“

Sammlung und Analyse gesundheitsbezogener Daten sind Schwerpunkte der Tätigkeit. Pflegetätigkeiten im klassischen Sinne kommen kaum vor. „Community Nurses ersetzen vorhandene Fachkräfte etwa aus der mobilen Pflege nicht, sondern ergänzen sie, wie es intendiert ist“, berichtet Hyll aus der Studie. Es wurden auch nicht nur die ursprünglich anvisierten „75plus“ erreicht, sondern auch Menschen jüngerer Altersgruppen.

Die Bedarfserhebung in den Gemeinden ist für Linda Eberle ein zentrales Element: „Wenn Community Nursing einmal vollständig etabliert und verankert ist, werden diese Bedarfslücken in das System zu Entscheidungsträger_innen kommuniziert. Es findet dann noch mehr Koordination und Vernetzung statt, und das bewirkt insgesamt eine qualitative Verbesserung.“

Wäre eine eigene Zusatzausbildung für Community Nurses sinnvoll? Sonja Haubitzer, die an der FH Kärnten einen Masterstudiengang Community Nurse entwickelt hat, sagt dazu: „Es ist ganz wesentlich, dass

Community Nurses diplomierte Gesundheitspfleger_innen sind.“ Perspektivisch gesehen brauchen die Community Nurses jedoch mehr: „Wirtschaftsethik, Projektmanagement und Marketing sind für sie wichtige Wissensgebiete, damit sie dem Anspruch, kommunale Netzwerke zu bilden, Versorgungslücken zu identifizieren und diese Interessen vielleicht in die Politik zu tragen, auch gerecht werden können“, sagt Haubitzer.

Anerkennung und Resonanz

Das Feedback aus den Gemeinden und aus der Bevölkerung ist durchweg positiv und anerkennend, berichtet Eberle. „Durch die Präsenz in der Gemeinde wurde großes Vertrauen aufgebaut. Community Nurses können viel bewirken, weil sie eben nicht nur auf der Individualebene aktiv sind, sondern auch auf dieser Gemeindeebene, um zu koordinieren, zu vernetzen und zu schauen, dass bestehende Angebote gut genutzt werden.“

In Zukunft kommen neben den demografischen Umbrüchen zusätzlich neue gesundheitliche und soziale Herausforderungen auf die Kommunen zu. „Es sterben bereits mehr Menschen durch Hitze als durch den Verkehr“, nennt Haubitzer ein Beispiel. „Die Kommunen brauchen daher Konzepte, die dies miteinbeziehen.“ Es gelte, das ausgedünnte soziale Netz zu flicken: „Wo nicht nur Hausärzte und ­ärztinnen fehlen, sondern auch das Gasthaus oder der Bäcker und die Post, geraten Menschen schnell in gesundheitliche Krisen“, so Haubitzer. Community Nurses könnten dazu beitragen, den sozialen Zusammenhalt wieder zu stärken, und in den Gemeinden dort ansetzen, wo die Probleme jeweils am dringlichsten sind.

Wenn das Pilotprojekt ausläuft, sei es sinnvoll, die Community Nurses bei den Gemeinden selbst anzustellen, so Haubitzer. Finanziell und rechtlich ist der Weg dafür frei: „Im Rahmen des Finanzausgleichs wurde der Pflegefonds aufgestockt und Community Health Nursing darin verankert, womit die Bundesländer die Möglichkeit haben, die Projekte weiterzuführen“, so Eberle. Der Wermutstropfen: Die Mittel sind nicht zweckgebunden.

SONJA HAUBITZER

Mag.a Sonja Haubitzer, M.Ed. ist diplomierte Gesundheits­ und Krankenpflegerin, Juristin und Lehrbeauftragte für Pflege und Recht an der Fachhochschule Kärnten.

DGKP Katharina Braun ist diplomierte Gesundheits­ und Krankenpflegerin, Community Health Nurse und Fachkoordinatorin.

KATHARINA BRAUN

MONUMENT UND GENESUNG

Objekt: Nova­Spital

Ort: Jyväskylä, Finnland

Architekt_in: JKMM Architects

Baujahr: 2021

Das Nova­Krankenhaus markiert als erstes neues Spital seit den 1970er­Jahren in Finnland eine Zeitenwende: Der Neubau zeigt die Transformation der Krankenhausarchitektur von einem reinen Funktionsbau hin zu patient_innenorientierten Einrichtungen mit Bezug zur Natur. Das Krankenhaus hat den prestigereichen European Healthcare Award gewonnen.

Fit für Veränderung

Digitalisierung, Fachkräftemangel und ein hochkomplexes Umfeld im Wandel: Das Gesundheitswesen ist herausgefordert. Welche Art von Führung ist verlangt? Welche Kompetenzen brauchen Mitarbeitende und welche Weiterbildung?

ahlreiche Mitarbeiter_innen gehen in den kommenden Jahren in Pension, und der Fachkräftemangel wird sich weiter verschärfen. Gleichzeitig steigt der Bedarf an guter Gesundheitsversorgung, da die Bevölkerung immer älter wird. Hausärztinnen und ­ärzte, die man seit Jahrzehnten kannte, werden zunehmend von Primärversorgungszentren abgelöst. Zudem schreitet die Digitalisierung weiter voran, und immer mehr hält Künstliche Intelligenz auch im Gesundheitswesen Einzug – sei es, um Patient_innen­Transporte zu planen, radiologische Befunde zu prüfen oder Dienstpläne zu optimieren. Künftig könnte sie auch noch stärker im Operationssaal zum Einsatz kommen. Diese Beispiele zeigen schon: Der Gesundheitsbereich steht vor großen Veränderungen und Herausforderungen.

„Es braucht heute die Fähigkeit, Entscheidungen auch unter Unsicherheit treffen zu können“, sagt Bernhard Kadlec über die Anforderungen an modernes Healthcare Management. Der kaufmännische Direktor des Universitätsklinikums St. Pölten betont die enorme Dynamik und Komplexität des Gesundheitswesens. Ein guter Überblick sei ebenso notwendig wie neue Führungsansätze.

Anstatt auf autoritäre Führung zu setzen, sollten Führungskräfte ihre Mitarbeiter_innen ermutigen, eigenständig Entscheidungen zu treffen: „Jede_r kennt sich in seinem Fachgebiet wohl besser aus als die oberste Führung. Daher ist es entscheidend, dass Fachexpert_innen über Leadership­Skills ver fügen und die besten Entscheidungen für die Patientinnen und Patienten vor Ort treffen.“

MICHAEL OGERTSCHNIG

Mag. Michael Ogertschnig, MBA ist Leiter der Weiterbildungsstudien Healthcare Management MSc und MBA der Universität für Weiterbildung Krems und dort wissenschaftlicher Mitarbeiter am Department für Wirtschaft und Gesundheit.

BERNHARD KADLEC

Mag. Dr. Bernhard Kadlec ist kaufmännischer Direktor des Universitätsklinikums St. Pölten Lilienfeld. Der Ökonom ist ehrenamtlich Vorstandsmitglied bei der Johanniter­Unfall­Hilfe Österreich und Vortragender an der Universität Krems.

Außerdem motiviere gute Führung und erinnere die Mitarbeitenden an den Sinn ihrer Arbeit, so Kadlec: „Man verbessert jeden Tag das Leben von Menschen und leistet einen Beitrag für die Gesellschaft. Wer aber in Arbeit untergeht, verliert leicht den Blick für das große Ganze.“

Soft Skills werden wichtiger

Claudia Mock, Projektleiterin bei der Niederösterreichischen Landesgesundheitsagentur, betont die wachsende Bedeutung von Soft Skills wie Kommunikation, Konfliktmanagement und Teamarbeit: „Diese Fähigkeiten sind unerlässlich, um in belastenden Situationen und bei knappen Ressourcen bestehen zu können.“ Darüber hinaus bräuchten Führungskräfte im Gesundheitswesen Kenntnisse im Finanz­ und Change­Management, um Mitarbeitende bei Veränderungen gut mitzunehmen. Zudem müssten Qualitätssicherung und rechtliche Kenntnisse stärker in den Fokus rücken, da Klagen im Gesundheitswesen zunehmen.

Auch die Mitarbeitenden selbst müssen stressresistent und resilient sein, betonen die Fachleute. Die Arbeit im Gesundheitswesen könne belastend sein, und es sei wichtig, die persönliche Widerstandsfähigkeit zu stärken. Nur wer selbst gesund und widerstandsfähig ist, könne gut für seine Patient_innen da sein.

Digital und interkulturell kompetent

Gleichzeitig müssten Mitarbeitende digitale Kompetenzen entwickeln: „Egal ob in der Medizin oder Pflege – man muss in der Lage sein, neue Technologien zu verstehen und anzuwenden“, erklärt Michael Ogertschnig von der Universität für Weiterbildung Krems. Er ist Studienleiter im Bereich Healthcare Management am Department für Wirtschaft und Gesundheit.

Neben technologischem Verständnis würden Kommunikationsstärke und Empathie immer wichtiger. „Gerade in stressigen Bereichen wie dem OP braucht es ein gutes Miteinander.“ Statt „Standesdünkel“ brauche es gute Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Berufsgruppen. Auch kaufmännische Kenntnisse seien entscheidend, da der Kostendruck im Gesundheitswesen

steige. „Selbst Expertinnen und Experten in ihren Bereichen sollten die betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge verstehen“, erklärt Ogertschnig.

Eine weitere zentrale Fähigkeit sind aus seiner Sicht interkulturelle Kompetenzen, gerade in Zeiten des Fachkräftemangels. „Wir holen vermehrt Fachkräfte aus dem Ausland nach Österreich.“ Damit die Arbeit im Team gut funktioniert, sei ein Verständnis für andere Länder, Kulturen und Gepflogenheiten unbedingt notwendig.

Laufend weiterlernen

Alle Fachleute sind sich einig: Weiterbildung ist der Schlüssel, um Herausforderungen der Zukunft zu begegnen. „Die zukünftigen Führungskräfte müssen konfliktfähig und kommunikationsstark sein, um die Mitarbeitenden im Unternehmen halten zu können“, sagt Mock. Schon jetzt fehle es an Personal, und der Mangel werde

„Es braucht heute die Fähigkeit, Entscheidungen auch unter Unsicherheit treffen zu können.“
Bernhard Kadlec

sich noch verschärfen. „Unbesetzte Stellen wird es in allen Bereichen geben – ob im OP, in der Anästhesie oder bei den Fachärztinnen und Fachärzten.“ Weiterbildung sei auch unerlässlich, um digitale Technologien zu beherrschen, wie IT­Systeme, Softwarelösungen oder Datenanalysetools. In der Ausbildung müsse einerseits das Verständnis dafür geschaffen werden, andererseits das Bewusstsein, dass Digitalisierung nicht sofort eine Vereinfachung bringt.

Das Universitätsklinikum St. Pölten etwa bietet ein breites Spektrum an internen Schulungen, wie Kadlec erläutert: „Von einer Expert_innen­Schulung zu einem bestimmten medizinischen Thema bis hin zu Persönlichkeitsentwicklung ist alles dabei.“ Außerdem werde auf die Angebote von Unis und Fachhochschulen zurückgegriffen.

„Die zukünftigen Führungskräfte müssen konfliktfähig und kommunika tionsstark sein, um die Mit arbeitenden im Unternehmen halten zu können.“
Claudia Mock

Die Qualität der Bildungsangebote hierzulande sei im internationalen Vergleich hoch, so die Befragten. Dass zeige sich auch darin, dass viele Studierende, insbesondere aus Deutschland, für ein Studium nach Österreich kommen. „Unsere Lehrgänge sind sehr innovativ“, meint Mock. Diese Einschätzung teilt Ogertschnig: „Österreich ist gut aufgestellt, was die Ausbildung im Healthcare­Bereich anbelangt.“

Modular und flexibel

An der Universität für Weiterbildung Krems gibt es ein großes Angebot an Weiterbildungen im Gesundheitsbereich. „Wir bieten ein breites, solides Programm für alle Berufsgruppen“, erklärt Ogertschnig. Ein Beispiel ist der neue Studiengang „Healthcare Management“, der mit einem Master of Science abschließt. Er ist modular aufge­

baut und ermöglicht den Studierenden, ihre Schwerpunkte je nach Berufsfeld flexibel zu wählen. Der Studiengang richtet sich an Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte und an Verwaltungspersonal. „Da betriebswirtschaftliche Kompetenzen in allen Bereichen des Gesundheitswesens immer relevanter werden, ist der Studiengang für jede Position sinnvoll“, sagt Ogertschnig.

Ein weiteres wichtiges Angebot der Universität Krems ist der Studiengang für OPManagement. OP­Manager_innen sorgen für reibungslose Abläufe und halten die Kosten im Blick.

Viele Studierende, die an die Universität für Weiterbildung Krems kommen, hätten kürzlich Positionen angenommen, für die sie zusätzliche Kenntnisse benötigen. Oder sie würden eine Beförderung anstreben, klassischerweise Führungspositionen. Das sei gerade auch im OP­Management häufig der Fall.

Technologieaffin und empathisch

Wie sollte nun eine qualitativ hochwertige Weiterbildung gestaltet sein? „Neben der Vermittlung zukunftsorientierter Kompetenzen und der Anwendung innovativer Lehrmethoden ist es vor allem wichtig, dass die Programme neben einem anspruchsvollen Job gut zu bewältigen sind“, sagt Ogertschnig. Flexibilität und klare Struktur seien entscheidend. Zudem müsse ein Programm stets aktuell sein: „Wir laden renommierte Fachexpert_innen ein, die am Puls der Zeit sind.“

Experte Kadlec und Expertin Mock halten einen solchen Praxisbezug ebenfalls für wichtig. Mock: „Die Themen, die gelehrt werden, sollten Themen sein, mit denen man tagtäglich arbeitet.“ Dafür würden Vortragende sorgen, die „aus dem Nähkästchen plaudern“. Nicht zuletzt vermittle eine gute Weiterbildung sowohl menschliche Fähigkeiten als auch technologische Kenntnisse – beides ist im Gesundheitswesen gefragter denn je.

„Eine Fähigkeit der Zukunft liegt darin, diese Gleichzeitigkeit gut aushalten zu können“, hält Kadlec fest. „Das bedeutet zu akzeptieren, dass in einer Situation Technologie gefragt ist und in der anderen Empathie und Zuwendung.“

Claudia Mock, MSc MBA, ist Projektleiterin in der Niederösterreichischen Landesgesundheitsagentur, Vortragende an der Universität für Weiterbildung Krems und erste Vorsitzende des Verbandes OP­Management Österreich (VOPMÖ).

CLAUDIA MOCK

MONUMENT UND GENESUNG

Objekt: Paimio Sanatorium

Ort: Paimio, Finnland

Architekt_in: Alvar Aalto

Baujahr: 1933

Das Paimio Sanatorium des berühmten finnischen Architekten Alvar Aalto ist eines der international bekanntesten und bedeutendsten finnischen Gebäude. Es vereint gelungene Architektur, Möbeldesign und Innovation. Das Sanatorium steht für eine humane Architektur des Wohlbefindens.

Gesund mit KI und EU

Bessere medizinische Entscheidungen, Rückenwind dank KI-Boom, dazu politisch-rechtliche Weichenstellungen auf EU-Ebene: Gesundheitsdaten als neuer Schatz der Medizin stehen jetzt aus vielen Gründen im Fokus des Interesses.

Von Andreas Aichinger

ie zentrale Bedeutung von Gesundheitsdaten für die Zukunft der medizinischen Versorgung sowie der Pflege ist heute unter Expert_innen unstrittig. Gerade angesichts des rasanten Fortschritts der medizinischen Wissenschaft gilt es aber zunächst, eine spannende Schlüsselfrage zu beantworten: In welcher Form können Daten eigentlich einen Beitrag zu einer besseren medizinischen Behandlung von Patient_innen leisten? Oder noch grundsätzlicher: Wie helfen Daten dabei, bessere Entscheidungen zu treffen?

Raimund Kovacevic ist der perfekte Adressat für diese Frage. Als Senior Scientist am Department für Wirtschaft und Gesundheit der Universität für Weiterbildung Krems hat sich der studierte Statistiker im Fach Operations Research (OR) habilitiert. Vereinfacht gesagt geht es dabei darum, mit Hilfe mathematischer Optimierungs­

rechnungen Methoden zur Entscheidungsunterstützung abzuleiten. Kovacevic: „Dieses Feld ist heute sehr breit geworden, da Entscheidungen ja in allen Lebensbereichen getroffen werden müssen. Die Mehrzahl meiner wissenschaftlichen Publikationen dreht sich um Entscheidungen unter Unsicherheit.“ Spätestens seit auch epidemiologische Modelle während der Covid­19­Pandemie gefragt gewesen sind, prägen vermehrt auch medizinische Fragestellungen die Arbeit des Wissenschafters. „Je besser man informiert ist, desto bessere medizinische Entscheidungen kann man treffen“, schickt Kovacevic seine zentrale Prämisse voraus. Anders gesagt: Verfügt ein Arzt oder eine Ärztin über möglichst gute und valide Gesundheitsdaten – beispielsweise die Krankengeschichte respektive Patientenkurzakte, dazu Laborwerte und Bilddaten aus Voruntersuchungen –, so kann naturgemäß auch gezielter behandelt werden.

RAIMUND KOVACEVIC

Priv.­Doz. Mag. Dr. Raimund Kovacevic ist Senior Scientist am Department für Wirtschaft und Gesundheit der Universität für Weiterbildung Krems.

Besonders relevant ist das gerade auch im Bereich der Sekundärversorgung bei niedergelassenen Fachärzt_innen, wo naturgemäß spezifischere Diagnosen gefragt sind. Beispiel Augenheilkunde: Auf Grundlage großer, standardisierter Datensätze auf Basis der Glaukom­Vorsorge des Landes ist es etwa an der Uniklinik für Augenheilkunde und Optometrie in Salzburg bereits seit 2003 möglich, einen Algorithmus und letztlich eine KI für die optimierte Früherkennung und Diagnostik von „Grünem Star“ einzusetzen. Was mit validen Daten beginnt und am Ende in eine gut trainierte KI mündet, kann gerade in der Medizin auch auf einen ganz besonderen AlgorithmusRohstoff zurückgreifen: die Leitlinien der unterschiedlichen medizinischen Fachgesellschaften, die Diagnostik­ und Behandlungsempfehlungen geben und im Idealfall auch den aktuellen Stand des Wissens widerspiegeln. Und auch der Trend zur Personalisierung in der Medizin könnte bei der ärztlichen Entscheidungsfindung immer wichtiger werden. Raimund Kovacevic hat ein Zukunftsszenario vor Augen: „Man könnte versuchen, unter Berücksichtigung der Leitlinien sowie von verfügbaren Daten anderer Patient_innen eine individuelle Behandlungsstrategie für einen ganz konkreten Menschen maßzuschneidern.“

Grünes Licht für EHDS

Apropos verfügbare Daten: Wer über Gesundheitsdaten spricht, muss auch den sich abzeichnenden European Health Data Space (EHDS) miteinbeziehen. Hintergrund: Am 24. April 2024 hat das Europäische Par­

Der

lament grünes Licht für den EHDS gegeben, der als spezifischer Datenraum gleichsam Teil eines europäischen Binnenmarkts für Daten werden soll. Sinn der Sache: Bürger_innen sollen die volle Kontrolle über ihre personenbezogenen Gesundheitsdaten erhalten, um Gesundheitsdienstleistungen innerhalb der EU auch außerhalb ihres Wohnsitzlandes in Anspruch nehmen zu können. Darüber hinaus soll – nach der nationalen Umsetzung durch die Mitgliedsstaaten, unter strengen Auflagen und im Gegensatz zu ELGA­Daten – auch eine „Sekundärnutzung“ der Daten im Dienst von Forschung, Innovation oder Public Health möglich werden. „Die Chancen des EHDS sind aus meiner Sicht unbegrenzt“, begrüßt Andreas Joklik, seines Zeichens Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Medizinrecht, diese Entwicklung. Abhängig von der konkreten Umsetzung und Akzeptanz des EHDS könnte „in sehr ferner Zukunft“ sogar über ein eigenes Sozialversicherungssystem –derzeit bekanntlich noch Domäne nationalen Rechts – inklusive der Verwaltung aller Gesundheitsdaten auf EU­Ebene nachgedacht werden, so Joklik.

Datenschutz, Datensilos & Datenneid

Bereits jetzt sieht der Jurist aber eine gute Gelegenheit, über einen sinnvollen Umgang mit dem Datenschutz zu reflektieren. „Bei allem Verständnis für den Datenschutz muss die Frage erlaubt sein, ob die Regularien tatsächlich ihr Ziel erreichen. Oder ob sie nicht in manchen Bereichen die sinnvolle Nutzung neuer Möglichkeiten im Bereich der Digitalisierung behin­

Europäische Gesundheitsdatenraum (EHDS)

Der EHDS1 stellt einen neuen Rechtsrahmen dar, der es allen Bürger_innen in der Euro päischen Union ermöglichen soll, einfach auf ihre Daten zuzugreifen, diese aus zu tauschen und dabei gleichzeitig die Kont rolle darüber zu behalten. Ärzte und Ärztinnen, Forscher_in nen

und Regu lierungsbehörden soll ein erleichteter Zugang zu den Gesundheitsdaten gewährt werden, um sie für eine klar geregelte Verwendung besser zu nutzen. Prävention und Diagnose sollen erleichtert, Forschung unterstützt und die Planung der Gesundheitsver-

sorgung verbessert werden. Die zentrale Vor aussetzung für die Ver wendung der Daten ist die Einhaltung der Europäischen Datenschutzgrund verordnung. Am 24. April 2024 hat das Europäische Par lament grünes Licht für den EHDS gegeben.

„Die

Chancen des European Health Data Space

sind aus meiner Sicht unbegrenzt.“

dern“, gibt Joklik zu bedenken. Tatsächlich sind die vorgesehenen Widerspruchsrechte (Opt­Out) naturgemäß eine potenzielle Gefahr für den Erfolg des EHDS­Projekts. Österreich ist indes mit der bereits 2012 beschlossenen elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) vergleichsweise gut aufgestellt. Bei der EHDS­Umsetzung wiederum werden neben rechtlichen auch informationstechnische Maßnahmen erforderlich sein. Einerseits um einander unzugängliche Datenspeicher („Datensilos“) miteinander interoperabel zu verknüpfen, und andererseits um egoistisch­kurzsichtigen Motiven mancher Datenverwalter („Datenneid“) die Stirn zu bieten. Medizinrechtler Joklik formuliert es so: „Die größte Herausforderung ist meines Erachtens das Abholen sowohl der Leistungsanbieter im Gesundheitswesen als auch der Patientinnen und Patienten.“ Dennoch bleibt sein Blick optimistisch: „Zum einen erhalten die Ärztinnen und Ärzte über die Primärdatennutzung in Zukunft vereinfacht und umfassender alle relevanten Daten ihrer Patient_innen. Zum anderen eröffnen sich durch die Sekundärdatennutzung viele Innovationsmöglichkeiten für forschende Ärztinnen und Ärzte.“

Reinforcement Learning

Gleichzeitig liegt eine wichtige Frage auf dem Tisch: Wie können medizinische Entscheidungen mit digitaler Unterstützung verbessert werden, wenn gesundheitsrelevante Daten zunächst (noch) nicht vorliegen? Beispielsweise weil traditionelle randomisierte Studien in einem bestimmten Szenario nicht praktikabel gewesen

sind? Die gute Nachricht: Es gibt selbst in diesem Fall Möglichkeiten, einen Beitrag zu einer Verbesserung der ärztlichen Versorgung zu leisten. Eine davon ist das so genannte Reinforcement Learning, also Verstärkungslernen, eine Spielart des maschinellen Lernens. Vereinfacht gesagt handelt es sich dabei um eine Form eines iterativen Lernprozesses, der auf „Belohnungen“ und „Bestrafungen“ der Maschine aufgrund vorangegangener Aktionen basiert. So könnte Reinforcement Learning etwa zur laufenden Optimierung der Dosierung von Chemotherapien eingesetzt werden – um nur ein Beispiel zu nennen. Auch Raimund Kovacevic verweist auf die Medikamentenentwicklung, wo „Generative Tensorial Reinforcement Learning“ (GENTRL) bereits zur Suche nach potenziellen Wirkstoffen zum Einsatz kommt. Und Kovacevic nennt noch ein Beispiel: „Wenn sich eine Behandlung je nach Krankheitsstadium ändern soll, wird die Sache auch für kundige Ärzte und Ärztinnen schnell sehr komplex. In solchen Fällen können Formen von Reinforcement Learning eine Hilfe sein.“

Daten erleichtern Entscheidungen

Doch auch wenn vorab keine KI­Trainingsdaten benötigt werden, so sind auch beim Reinforcement Learning gewisse Messpunkte aus Krankengeschichten erforderlich, um den Lernprozess überhaupt zu ermöglichen, wie Kovacevic betont. Daten wären schließlich auch im Bereich Public Health dringend erforderlich, um bessere Entscheidungen zu treffen. Gerade während der Coronavirus­Pandemie sei dieser Mangel an verfügbaren Daten offensichtlich gewesen. Raimund Kovacevic: „Daten über die Verbreitung von Krankheiten inklusive der Zusammenhänge mit Umweltfaktoren würden fundiertere Entscheidungen und eine bessere Planung ermöglichen.“

Von Standort­Entscheidungen über die Lenkung von Patient_innen­Strömen bis hin zu Dienstplänen spannt sich der AnwendungsBogen, der von Gesundheitsdaten profitieren könnte. Die finale Forderung des Wissenschafters überrascht daher nicht: „Es ist enorm wichtig, dass wir in Österreich den Zugang zu Gesundheitsdaten weiterentwickeln.“

ANDREAS JOKLIK

Dr. Andreas Joklik, LL.M. ist Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Medizinrecht sowie langjähriger Universitätslektor an der Universität für Weiterbildung Krems.

MONUMENT UND GENESUNG

Objekt: USNS Mercy, Krankenhausschiff

Ort: San Diego (Heimathafen), USA

Werft: National Steel and Shipbuilding Company

Baujahr: 1976 (Indienststellung: 1986)

Die Mercy wurde 1976 als Öltanker gebaut. Der Umbau zu einem der größten Hospitalschiffe der Welt begann 1984. Die Ausstattung des über 272 Meter langen Schiffs umfasst eine radiologische Abteilung, elf Behandlungsräume, eine Blutbank, medizinische Labore und 15 Krankenstationen mit 80 Intensivbetten.

Angstfrei arbeiten

Die Psychologie des Fehlers und der Umgang damit: ein erst junger Gegenstand der Wissenschaft. „Adaptive Anpassung“, „Fehlerkultur“ oder „psychologische Sicherheit“, für den Gesundheitssektor sind diese Begriffe besonders relevant.

Von Michaela Endemann-Wright

chon kleine Fehler können gravierende Auswirkungen haben. Die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht davon, dass etwa 10 Prozent der Fehler Schäden verursachen, ein Drittel davon wäre vermeidbar. Die Sicherheit der Patient_innen sollte oberste Priorität haben und bei allen Aspekten der Arbeit berücksichtigt werden. Doch das Gesundheitspersonal arbeitet oft am Limit. Stress, Burnout und Sucht nehmen zu, innere Kündigung und Berufswechsel sind die Folge. Starke Hierarchien und Hochmut können dazu führen, dass Fehler vertuscht, statt offen angesprochen werden. So sagt Doris Behrens, Leiterin des Departments für Wirtschaft und Gesundheit an der Universität für Weiterbildung Krems: „In einem hierarchischen und zu­

meist risikoaversen System ist eine offene und wertschätzende Atmosphäre, die eine lernende Organisation auszeichnet, kaum anzutreffen.“ Brigitte Ettl, Präsidentin der Plattform Patientensicherheit und früher Ärztliche Direktorin der Klinik Hietzing sowie Leiterin des Karl Landsteiner Instituts für Klinisches Risikomanagement: „Man weiß, dass es Ereignisse gibt, die durch präventive Maßnahmen verhindert werden könnten, aber dazu gehört die Schaffung von Prozessen, um Fehler zu vermeiden, und ein Umfeld, in dem Mitarbeitende sich sicher fühlen, Fehler zu melden und an der Verbesserung von Prozessen teilzunehmen, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen.“

Fehler werden nicht absichtlich gemacht, und diejenigen, denen Fehler unter­

BRIGITTE ETTL

Dr.in Brigitte Ettl ist Präsidentin der Plattform Patientensicherheit, Leiterin des Karl Landsteiner Instituts für Klinisches Risikomanagement und Ärztliche Direktorin der Klinik Hietzing, WIGEV, iR.

DORIS BEHRENS

Univ.­Prof.in Dipl.­Ing.in Dr.in Doris Behrens hält die Professur für Management im Gesundheitswesen an der Universität für Weiterbildung Krems, wo sie das Department für Wirtschaft und Gesundheit leitet.

laufen, sind emotional und psychologisch betroffen. Diese „Second Victims“ können unter erheblichem Stress, Schuldgefühlen und sogar Burnout leiden oder in eine Sucht abgleiten. Der amerikanische Arzt Albert Wu prägte im Jahr 2000 als Erster den Begriff „Second Victim“. Seit 2022 bezeichnet die weltweit erste evidenzbasierte Definition des Begriffs, die vom „European Researchers“ Network Working on Second Victims verabschiedet wurde, als Second Victim „jeden Angehörigen der Gesundheitsberufe, der direkt oder indirekt an einem unerwarteten unerwünschten Ereignis, einem unbeabsichtigten Fehler in der Gesundheitsversorgung oder einer Verletzung eines Patienten beteiligt ist und in dem Sinne zum Opfer wird, dass er ebenfalls negativ betroffen ist“1. Seit rund drei Jahren macht die Plattform Patientensicherheit mit Vorträgen in Gesundheitseinrichtungen auf das Thema aufmerksam. „Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass die Menschen froh sind, einem Phänomen, das sie kennen, einen Namen zu geben“, so Ettl.

Wenig Aufmerksamkeit wurde dabei bisher jenen Personen gewidmet, die Personaluntersuchungen und Disziplinarverfahren durchführen oder leiten, wie eine Umfrage des NHS Wales 2023 am Rande des HARMProjekts zeigt, das Disziplinarverfahren im Gesundheitswesen optimieren möchte (siehe Seite 44). Erste Ergebnisse, so Walter Hyll, Universität für Weiterbildung Krems, zeigten, dass nicht nur Betroffene von Disziplinarverfahren negativ beeinflusst würden, sondern auch diejenigen, die sie durchführen, unabhängig von ihrer Erfahrung.

Sucht als Ventil

Eng verbunden mit einem nicht optimalen Betriebsklima, ständiger Angst und Arbeiten am Limit ist die Sucht. So sind etwa fünf Prozent der Beschäftigten in Österreich nach Daten der Gesundheit Österreich alkoholkrank, weitere 350.000 konsumieren Alkohol in gesundheitsschädigendem Ausmaß. Auch der Drogenkonsum ist nicht zu vernachlässigen. Themen, die gerade im Ge­

sundheitssystem eine Herausforderung sind. Ein wenig bekannter Zusammenhang: 30 Prozent der von Burnout Betroffenen haben auch ein Suchtproblem. Chronischer Stress und psychische Belastungen, auch im privaten Bereich, erhöhen die Anfälligkeit für die Entwicklung von Suchterkrankungen, die multifaktoriell zu sehen sind. Claudia Caruso, Lehrgangsleiterin an der Universität für Weiterbildung Krems: „Sucht wächst im Verborgenen. Suchtkranke verharmlosen und haben Angst, stigmatisiert zu werden.“ Das verhindere eine offene Kontaktaufnahme. Besser sei es, zunächst die Auffälligkeiten anzusprechen und Vertrauen aufzubauen. „Wichtig sind schnelle Hilfe und Ansprechpartner_innen, sowohl für die Betroffenen als auch für Mitarbeiter_innen, denen etwas auffällt“, sagt Caruso: „Wenn das gelungen ist, kann ein verbindlicher Stufenplan unter Einbeziehung aller Beteiligten wie Geschäftsführung, Betriebsrat oder Arbeitsmedizin umgesetzt werden. Ziel ist es, die Mitarbeiter_innen im Unternehmen zu halten. Viele Betriebe sind für Suchtthemen nicht ausreichend gerüstet, es gibt oft keine Ansprechpersonen oder verbindliche Stufenpläne, obwohl es Weiterbildung und Unterstützung gibt“, so Caruso.

Psychologische Sicherheit

Erleichterung für den Arbeitsalltag schafft psychologische Sicherheit. Geprägt hat den Begriff 1999 Amy Edmondson von der Harvard Business School. Er bedeutet, dass Mitarbeiter_innen ohne Angst vor Konsequenzen Bedenken äußern, Verbesserungsvorschläge machen und Fehler melden können. Benna Waites, klinische Psychologin in Großbritannien: „In einem Artikel in der ,New York Times‘ aus dem Jahr 2016 wurde beschrieben, wie Google herauszufinden versuchte, welche Eigenschaften charakteristisch für ein erfolgreiches Team sind. Nach Überprüfung zahlreicher Hypothesen stellte sich heraus, dass das Fehlen psychologischer Sicherheit durch keine andere Eigenschaft oder Kombinationen anderer Eigenschaften wettgemacht werden konnte.“

Wie durch Verbesserung der psychologischen Sicherheit in Kombination mit angepassten Prozessen beispielsweise die Rate

an Dekubitus, das sind schlecht heilende Wunden, um 90 Prozent gesenkt werden konnte, zeigt ein Fall in zehn Krankenhausabteilungen in Großbritannien. Benna Waites und Doris Behrens, damals Mitarbeiterin am NHS und heute Professorin an der Universität für Weiterbildung Krems, starteten

„Gewisse Ereignisse könnten durch Prävention verhindert werden. Das erfordert Prozesse zur Fehlervermeidung und ein Umfeld, in dem Mitarbeitende sich sicher fühlen, Fehler zu melden.“
Brigitte Ettl

2017 eine zweijährige Initiative im britischen Royal Gwent Hospital in Newport, einem großen Akutkrankenhaus mit 770 Betten. „Im Gegensatz zu anderen Initiativen konzentrierten wir uns darauf, psychologische Sicherheit in der Gruppe der beteiligten Pflegekräfte zu schaffen und sie selbst Prozessverbesserungen entwickeln zu lassen. Was zu tun war, war klar und evidenzbasiert. Wie man das in der Hektik des Alltags sicher verankert weniger.“ Zu den entwickelten Adaptionen gehörten u. a. abwaschbare Tafeln an den Zimmertüren, auf denen notiert wurde, wann die Patient_innen das nächste Mal umgelagert werden

sollten. Vorbeikommende Mitarbeiter_innen konnten den Handlungsbedarf nicht übersehen. „Nach etwa einem Jahr hatten sich viele neu erworbene Kompetenzen etabliert, die Verlässlichkeit der Assessment­ und Pflegeprozesse verbessert und die Beteiligten hatten keine Angst mehr, über Fehler zu sprechen“, so Behrens. Insgesamt konnten in den beiden Jahren etwa 1,5 Millionen Pfund an Behandlungskosten eingespart und Dekubitus bei etwa 265 Patient_innen verhindert werden.

Der wunde Punkt

Im medizinischen und pflegerischen Bereich würden Personen häufig aufgrund ihrer fachlichen Expertise und nicht aufgrund ihrer Führungskompetenz in Führungspositionen gelangen, stimmen Brigitte Ettl und Doris Behrens überein. Führungskompetenzen würden oft als „angeboren“ angesehen oder auf Charisma reduziert. Diese Fähigkeiten hätten nichts mit persönlicher Ausstrahlung zu tun und seien erlernbar. Deshalb seien Führungs­ und Teamtrainings so wichtig, betonen beide.

Der Bedarf ist jedenfalls groß. Aus diesem Grund führt das Department Wirtschaft und Gesundheit seit über 20 Jahren Weiterbildungsstudien durch, die speziell im Gesundheitswesen tätige Personen auf Führungs­ und Managementaufgaben vorbereiten. Nun gibt es Bestrebungen, Weiterbildungen zum Thema psychologische Sicherheit für Führungskräfte auf allen Ebenen und in allen Gesundheitsberufen anzubieten bzw. in bestehende Programme zu integrieren. Basis dafür ist das im NHS entwickelte Programm „Leading People“, das 2014 gestartet wurde, um Führungskräften aus allen Berufsgruppen – Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte, Psycholog_innen, Ergo­, Physio­ und Kunsttherapeut_innen, Gesundheitswissenschafter_innen und Mitarbeitende von Unternehmen – die Möglichkeit zu geben, sich weiterzuentwickeln.

Auf noch einen wichtigen Aspekt von Trainings und Weiterbildungen für Führungspersonal und Teams für ein reibungsloses Arbeiten weist Ettl hin: „Als Führungskraft lernt man viel über Stärken und Schwächen im Team und stärkt so ganz nebenbei den Zusammenhalt.“

Claudia Caruso, BSc MSc ist Leiterin der Weiterbildungsstudien Social Management, Social Work und Wirtschafts­ und Organisationspsychologie am Department für Wirtschaft und Gesundheit der Universität für Weiterbildung Krems.

BENNA WAITES

Benna Waites ist gemeinsame Leiterin der Abteilung für Psychologie, Beratung und Kunsttherapien beim Aneurin Bevan Health Board in Südostwales, Großbritannien. Sie arbeitet seit 24 Jahren als klinische Psychologin im National Health Service NHS.

CLAUDIA CARUSO

MONUMENT UND GENESUNG

Objekt: Lazzaretto Vecchio

Ort: Venedig, Italien

Architekt_in: unbekannt

Baujahr: 14. Jahrhundert

Lazzaretto Vecchio ist eine heute unbewohnte Insel in der Lagune von Venedig südlich der Stadt, gut 50 Meter westlich des Lidos. Lazzaretto Vecchio wurde schon im 14. Jahrhundert zur Unterbringungsstätte für Pestkranke und prägte den Begriff Lazarett.

Das Verhalten der anderen

Österreich ist als Sozialstaat bekannt. Doch es gibt Schrauben, an denen gedreht werden muss, damit dieser weiter funktioniert. Zentral dabei ist, was gerechte Verteilung bedeutet und wie Verhalten geändert werden kann.

Von Milena Österreicher

ls Wohlfahrtsstaat wird Österreich gern bezeichnet. Zentral dabei ist das Sozialversicherungssystem, das sich aus diversen Versicherungsund Transferleistungen wie Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung zusammensetzt. Damit dieses Werk weiter am Laufen bleibt, müssen die einzelnen Bereiche funktionieren und weiter finanziert werden können. Doch gerade im Gesundheitsbereich krankt es. Lange Wartezeiten auf Facharzttermine, händeringende Suche nach Pflegekräften, Medikamentenknappheit: Die Lage scheint angespannt. Wenn es nach Gesundheitsökonom Martin Halla von der Wirtschaftsuniversität Wien geht, liegt der Grund dafür aber nicht in den Ressourcen. „In Österreich gibt es auf die Bevölkerung gerechnet sehr viele Ärzte, Fachärztinnen und Krankenhausbet­

ten“, sagt er, „aber die Menschen gehen hierzulande im OECD­Länder­Vergleich in einem signifikant höheren Ausmaß zu Fachärzten.“ Es sei nicht auszuschließen, dass man auch mal warten muss, es brauche aber in vielen Fällen eine viel niederschwelligere Behandlung. „Wir könnten Patient_innen effizienter durch das Gesundheitssystem bringen“, sagt Halla. Doch dabei spielt auch das Verhalten der Betroffenen eine Rolle.

Martin Halla zufolge geht es um die richtige Behandlung am richtigen Ort zur richtigen Zeit. „Die Österreicher_innen sollten häufiger zuerst Hausarzt oder ­ärztin aufsuchen, denn diese helfen, das Gesundheitssystem zu navigieren“, sagt er. Es brauche ein gewisses Gate Keeping, wie etwa in Dänemark. Dort zahlen Patient_innen für Facharztbesuche nichts, wenn

LINDA DEZSO

Dr.in Linda Dezso ist Senior Scientist am Department für Wirtschaft und Gesundheit der Universität für Weiterbildung Krems. Sie erhielt 2023 ein Elise­Richter­Stipendium des Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF). Ihr Fokus liegt auf verhaltensorientierter Gesundheitsökonomie und Verhaltensökonomie.

MARLENE KRITZ

Dr.in Marlene Kritz ist Senior Scientist am Department für Wirtschaft und Gesundheit und leitet den Studiengang Healthcare Management der Universität für Weiterbildung Krems.

sie von ihrer Hausärztin dorthin überwiesen wurden. Begeben sie sich jedoch auf eigene Faust dorthin, zahlen sie. Hierzulande sei es Halla zufolge nicht unüblich, bei Beschwerden in einem bestimmten Bereich direkt zum Fachexperten oder zur Fachexpertin zu gehen. Verstärkt werde das auch durch „Doktor Google“, also dass Menschen online nach Informationen zu ihren Schmerzen suchen und dann zu wissen meinen, wohin sie gehen müssten. Selbstbehalte bei direkten Facharztbesuchen hält Halla daher für sinnvoll.

Für weniger sinnvoll hält er hingegen die allgemeinen Vorsorgeuntersuchungen in Österreich. „Wir haben in einer Studie die Kosten und den Nutzen untersucht. Das Ergebnis: Wenn die Untersuchung so allgemein gehalten ist, bringt sie wenig“, sagt er. Sinnvoll hingegen seien die zielgerichteten Präventionsuntersuchungen, wie Kontrollen zu Brust­, Prostata­ oder Dickdarmkrebs.

„Im Grunde geht es um das Verständnis, was fair ist.“

Linda Dezso

Zudem habe sich gezeigt: Zur Vorsorgeuntersuchung gehe in der Regel derjenige, der so und so bereits einen einigermaßen gesunden Lebensstil pflege.

Motivationsschübe

Wie kann dann das Gesundheitsverhalten von Menschen nachhaltig beeinflusst werden, sodass sie im besten Fall gar nicht auf die Leistungen im Gesundheitssystem angewiesen sind? Mit dieser Frage befasst sich Marlene Kritz. Sie ist Gesundheits­ und Motivationspsychologin und leitet den Studiengang Healthcare Management an der Universität für Weiterbildung Krems. Um Verhaltensänderungen nachhaltig herbei­

zuführen, müsse aus einer extrinsischen eine autonome oder intrinsische Motivation werden. Wenn die Ärztin einem sage, man solle sich mehr bewegen, um zehn Kilo abzunehmen, schaffe man das vielleicht. Doch sobald dieses Ziel erreicht ist, bleibt fraglich, ob man einen gesünderen Lebensstil mit viel Bewegung weiter beibehält –zumindest solange dies nicht mit der inneren Motivation einhergeht, dass dieser Lebensstil einem auch wirklich gefällt und einen sich gut fühlen lässt.

Extrinsische Motivation

Die Motivation beeinflussen laut Kritz verschiedene Faktoren. Die Art der Kommunikation entscheide dabei unter anderem über die Motivation zur Selbstfürsorge. „Wenn der Arzt einem sagt, man solle sein Leben von Grund auf ändern, hat man vielleicht eine extrinsische Motivation, weil man den Arzt zufrieden stellen möchte“, sagt sie. Extrinsische Motivation kann oft der erste Anreiz sein, eine Veränderung in Angriff zu nehmen. Um jedoch eine langfristige Veränderung zu bewirken, ist es entscheidend, diese Motivation in eine selbstbestimmte Motivation umzuwandeln. Dabei wichtig: gleich zu Beginn klare, erreichbare Ziele setzen und wissen, welche Schritte dafür notwendig sind. Beispielsweise sollte eine Patientin, die ihren Bluthochdruck senken möchte, genau verstehen, welche konkreten Maßnahmen sie schrittweise ergreifen kann. So hat sie das Gefühl, kompetent zu sein und das Verhalten erfolgreich umsetzen zu können. „Damit wir nachhaltige Veränderungen herbeiführen können, müssen wir uns bis zu einem gewissen Grad autonom fühlen“, erklärt Kritz. „Es ist entscheidend, herauszuarbeiten, warum die angestrebte Veränderung für uns persönlich von Bedeutung ist, da dies die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass wir uns langfristig dafür entscheiden.“

Entscheidend sei auch, wie unterstützend sich das soziale Umfeld zeige: Wer beispielsweise ins Fitnessstudio geht und dort wegen seines Körpers beschämt wird, wird so schnell nicht wiederkommen. Entscheidend ist hier das wahrgenommene Gefühl von Akzeptanz und sozialer Zugehörigkeit, ein grundlegendes menschliches Bedürfnis.

Und wie sieht es mit dem Verhalten bei der Inanspruchnahme der Leistungen aus?

Ein immer wieder heiß diskutierter Punkt sind die Transferleistungen im Sozialsystem, etwa die Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung. Das führt schnell zu Diskussionen, in denen auf bestimmte Gruppen gezeigt wird, etwa arbeitslose oder zugewanderte Menschen, nach dem Motto „Wir

„Ich plädiere in allen Fällen für eine Entemo tionalisierung der Debatte.“

haben eingezahlt, die nehmen es in Anspruch“. So wird unter anderem auch der sogenannte Wohlfahrtschauvinismus befeuert: die Befürwortung eines ausgebauten Sozialstaates, allerdings exklusiv für die autochthone Bevölkerung.

Linda Dezso, Senior Scientist am Department für Wirtschaft und Gesundheit der Universität für Weiterbildung Krems, untersucht in ihrem aktuellen Forschungsprojekt die Ursachen dieses Wohlfahrtschauvinismus. „Im Grunde geht es um das Verständnis, was fair ist“, sagt Dezso. Es gebe mindestens drei verschiedene Fairnessansätze für die Verteilung von Gütern: Gleichheit, Gerechtigkeit und Bedarfsorientierung. So können sich hohe Beitragszahler auf Gerechtigkeit berufen, um sicherzustellen, dass sie bei der Auszahlung bevorzugt werden. Niedrige Beitragszahler können sich auf Gleichheit berufen, um sicherzustellen, dass sie genauso viel bekommen wie alle anderen. „Beide Ansätze sind normativ akzeptabel und scheinen legitim zu sein. Sie

können auch Emotionen gegen bestimmte Gruppen wecken“, sagt Dezso. Diejenigen, die weniger Stunden arbeiten oder weniger verdienen, können ebenfalls zu Recht glauben, dass sie Transfers verdienen. Im Prinzip könne jede_r seinen bzw. ihren Fairnessansatz wählen, je nachdem, was ihm oder ihr am meisten nützt. In Europa herrsche in diesem Zusammenhang vorwiegend die Vorstellung von Reziprozität: Als fair werde angesehen, wer einzahle, solle davon profitieren. Dennoch sei nicht zu vergessen, dass hinter dem Gedanken oft auch versteckte Diskriminierung stecke, wenn gewollt wird, dass gewisse Gruppen aus dem System ausgeschlossen werden.

Lücken schließen

Damit dieser Chauvinismus und die damit verbundenen erstarkenden einwanderungsfeindlichen Einstellungen nicht weiterwachsen, gelte es, allgemein Lücken im System zu schließen. Für Linda Dezso bedeutet das: Genügend Anreize schaffen, um möglichst alle auf den Arbeitsmarkt zu bringen. „Natürlich ärgert es die Menschen, wenn sie hören, dass manche ein paar Stunden pro Woche arbeiten und ansonsten Transferleistungen erhalten“, sagt sie. Gleichzeitig gebe es aber auch Menschen, die Vollzeit zu einem sehr niedrigen Lohn arbeiten und den Rest mit Sozialhilfe aufstocken. Die Wut werde hier aber auf die Falschen projiziert. Geschraubt werden müsse an den Systembedingungen.

Ähnlich sieht es Martin Halla: „Ich glaube, dass sich die große Mehrheit der Menschen an sich korrekt verhält. Wenn ich weiß, ich bekomme an einem anderen Ort mehr Unterstützung, dann gehe ich dorthin.“ Er verweist auch auf das Beispiel von Saisonarbeitskräften oder Gastro­Mitarbeiter_innen, die vom Arbeitgeber nur für eine bestimmte Zeit angestellt, dann arbeitslos gemeldet werden und dann wieder weiterbeschäftigt werden. Auch das gehe auf Kosten der Allgemeinheit. „Ich plädiere in allen Fällen für eine Entemotionalisierung der Debatte“, sagt er. In dem Rahmen, der Menschen gesetzt wird, würden sie sich entsprechend verhalten. Möchte man hier das Verhalten ändern, gelte es, an den Systemschrauben zu drehen.

MARTIN HALLA

Univ.­Prof. Dr. Martin Halla ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien. Davor war er Gastwissenschafter an den Universitäten Stockholm und California, Berkeley. Sein Forschungsschwerpunkt ist die angewandte Mikroökonometrie in den Bereichen Arbeitsmarkt, Familie und Gesundheit.

MONUMENT UND GENESUNG

Objekt: Pheriche Aid Post

Ort: Pheriche, Nepal

Architekt_in: unbekannt

Baujahr: ab 1973

In Pheriche gibt es mit dem Pheriche Aid Post ein rudimentäres Krankenhaus. Seine Ursprünge gehen auf das Jahr 1973 zurück. Später wurde die Erforschung der Höhenkrankheit ein Schwerpunkt der Station. Es gilt als das höchstgelegene Krankenhaus der Welt.

Infos ohne Nebenwirkung

Im digitalen Dschungel der Gesundheitsinformationen entführt so mancher Pfad in unbekanntes bis unseriöses Niemandsland. Eine wissenschaftlich getestete Checkliste dient mit sieben einfachen Merkmalen zur Orientierung. Sie soll Health Literacy stärken.

Von Mario Wasserfaller

ei der Suchmaschinen­Anfrage „Ist Vitamin D gut für das Immunsystem?“ ergibt die Trefferliste direkt untereinander tendenziell bejahende und relativierende Artikel, umrahmt von Anzeigen für Vitaminpräparate. Wer sich mit der Einordnung solcher Informationen schwertut, steht nicht alleine da, denn sich in Zeiten von Suchmaschinen wie Google über ein vermeintlich einfaches Gesundheitsthema zu informieren, erfordert bereits ein Mindestmaß an Gesundheitskompetenz.

Laut gängiger Definition bedeutet dies „das Wissen, die Motivationen und die Fähigkeiten von Menschen, relevante Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und im Alltag anzuwenden (…)“. Die Hauptinformationsquelle für Gesundheitsthemen ist in Österreich das

Internet, noch vor den Ärzt_innen: Laut der Gesundheitskompetenz­Erhebung HLS19­AT (Health Literacy Survey) recherchieren rund drei Viertel der User_innen im Netz nach gesundheitsbezogenen Themen wie etwa Krankheiten, Vorsorge oder Ernährung.

Herausforderungen nicht nur digital

Ungefähr 30 Prozent der österreichischen Bevölkerung haben demnach „Schwierigkeiten im Umgang mit digitalen Gesundheitsinformationen“, wobei Herausforderungen nicht nur im digitalen Bereich gegeben sind: Im Durchschnitt hat ein Drittel „Schwierigkeiten mit der Orientierung im Gesundheitssystem“, ca. 30 Prozent „Schwierigkeiten im Umgang mit Impfinformationen“ und ca. 10 Prozent „Schwierigkeiten in Gesprächen mit Ärztinnen und Ärzten“.

URSULA GRIEBLER

Ursula Griebler, PhD MPH ist Senior Researcher am Department für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation an der Universität für Weiterbildung Krems und Projektleiterin von www.infos­ohnenebenwirkung.at

Menschen mit geringer allgemeiner Gesundheitskompetenz schätzen zum Beispiel ihre gesundheitliche Situation schlechter ein, sind häufiger von chronischen Erkrankungen und gesundheitsbedingten Einschränkungen im Alltag betroffen und verbringen mehr Tage im Krankenstand – um nur einige der Benachteiligungen zu nennen. Nicht von ungefähr steht „Health Literacy“

„Wenn ich Gesundheitskompetenz steigere, können Betroffene bessere Entscheidungen für sich selbst treffen.“
Eva Krczal

auf der gesundheitspolitischen Agenda weit oben. Die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu stärken ist Nummer drei auf der Liste der zehn „Gesundheitsziele Österreichs“, die in einem politikfeldübergreifenden Prozess erarbeitet und 2012 von der Bundesgesundheitskommission und dem Ministerrat beschlossen wurden.

Ausschlaggebend dafür und auch für die Gründung der Österreichischen Plattform für Gesundheitskompetenz (ÖPGK) waren die Ergebnisse der ersten Gesundheitskompetenz­Erhebung für Österreich, die 2011 im Rahmen des europäischen Health Literacy Survey (HLS­EU) einen vergleichsweise großen Nachholbedarf hierzulande ergab. Rund 56 Prozent der Österreicher_ innen wiesen eine „limitierte“ Gesundheitskompetenz auf. Zehn Jahre später ergab die bis heute aktuellste Erhebung

HLS19­AT nur unwesentliche Verbesserungen in diesem Bereich.

Infos ohne Nebenwirkung

Wie lassen sich also Gesundheitsinformationen auf ihre Qualität hin überprüfen, und zwar gerade für Lai_innen? Dieser Leitgedanke spielte eine wesentliche Rolle beim Projekt „Infos ohne Nebenwirkung“, das aus dem fakultäts­, department­ und disziplinenübergreifenden Forschungsprojekt „Critical Health Literacy for Empowerment in the Era of Digital Transformation“ an der Universität für Weiterbildung Krems hervorging.

Im Fokus des von April 2021 bis Dezember 2023 laufenden Projekts stand die Erstellung einer Checkliste, die es erlauben würde, die Verlässlichkeit von Gesundheitsinformationen einzuschätzen. Nach einer umfassenden Literaturrecherche und dem Studium von 449 Merkmalen aus insgesamt 73 bereits früher veröffentlichten Arbeiten und Checklisten wurden anhand eines Testsets von 100 Online­Gesundheitsinformationen zunächst 19 Personen mit kognitiven Interviews befragt. Danach machten 20 Personen einen Anwendungstest, bei dem die Checkliste anhand von jeweils 15 Gesundheitsinformationen erprobt wurde.

„Wir sind von den Anfragen an Medizintransparent.at ausgegangen. Dort haben wir gesehen, dass es für viele Menschen schwierig ist, die Informationen im Internet einzuschätzen“, erklärt Projektleiterin Ursula Griebler, Senior Researcher am Department für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation an der Universität für Weiterbildung Krems die Initialzündung. „Medizin­transparent.at“ ist ein Faktencheck­Portal von Cochrane Österreich und der Universität Krems, deren Analysen wie „Unbelegt: Wasserstoffperoxid gurgeln gegen Coronavirus“ direkt Eingang in das Projekt fanden.

Checklisten sind Wissenschaft für sich

Eva Krczal, Assistenzprofessorin für Gesundheitsmanagement am Department für Wirtschaft und Gesundheit, war in die kognitiven Interviews mit Personen ohne medizinisches Fachwissen involviert – ein qualitatives Befragungsverfahren nach der

sogenannten „Think Aloud“­Methode. Die Testpersonen mussten anhand von Gesundheitstexten aus dem Internet die Anwendbarkeit und Verständlichkeit von vorgegebenen Kriterien einschätzen, deren Formulierung und Fragestellungen sukzessive aufgrund der Rückmeldungen und nach wissenschaftlichen Einschätzungen angepasst wurden. „Wenn ich die Gesundheitskompetenz, das Gesundheitsbewusstsein steigere, dann kann ich auch die Handlungs­ und Entscheidungskompetenz der Betroffenen steigern und sie können

Die Checkliste

von „Infos ohne Nebenwirkung“

Die Gesundheitsinformation ist frei von Werbung.

Ich fühle mich ausgewogen informiert (die Gesundheitsinformation beschreibt z. B. Vor- und Nachteile, mehrere Möglichkeiten zur Behandlung …).

Fachbegriffe werden sparsam verwendet und ihre Bedeutung wird erklärt.

Die Gesundheitsinformation gibt detailliert an, welche Quellen hinter den genannten Aussagen stehen (Literaturliste, Links zu Studien …).

Die Gesundheitsinformation gibt an, wie gut oder schlecht die behaupteten Sachverhalte wissenschaftlich abgesichert sind. Es ist ersichtlich, wann die Gesundheitsinformation erstellt oder aktualisiert wurde.

Die Gesundheitsinformation stammt von einer unabhängigen Einrichtung, die vermutlich kein Geld mit unserer Gesundheit verdient (z. B. keine Anbieter von Medikamenten oder Nahrungsergänzungsmitteln …).

bessere Entscheidungen für sich selbst treffen“, ist Krczal überzeugt.

Weiterbildung für Mediziner_innen

Was für die breite Öffentlichkeit zutrifft, gilt auch für Gesundheitsberufe – und all jene, die sich auf dem Gebiet weiterbilden möchten. Vor dem Hintergrund der HLS19­AT­Ergebnisse, wonach sich die Bevölkerung „vorwiegend mithilfe von digitalen Quellen sowie bei Ärztinnen bzw. Ärzten und Angehörigen anderer Gesundheitsberufe zu gesundheitsrelevanten Themen informiert“, sieht Selma Parzer, Leiterin des Studiengangs „Evidence Based Public Health und Gesundheitsmanagement“ – eine Kooperation der Departments für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation sowie für Wirtschaft und Gesundheit –, gerade auch in der Weiterbildung Handlungsbedarf in Sachen Gesundheitskompetenz.

„Es war uns wichtig, diesen Kooperationslehrgang zu starten, da auch bei Mediziner_innen Unsicherheiten aufgetreten sind – gerade während der Corona­Zeit“, sagt Parzer über den Studiengang, der grundsätzlich allen am Thema Interessierten offen steht, die eine einschlägige Berufserfahrung mitbringen. Ein wichtiger Aspekt dabei sei, speziell Jungmediziner_innen in einem wissenschaftlich und regulatorisch fluiden Umfeld zu vermitteln, sich nicht nur darauf zu verlassen, was im Rahmen des Medizinstudiums gelehrt wurde. Vielmehr gelte es, Ärztinnen und Ärzte dabei zu unterstützen, „die bestmögliche evidenzbasierten Entscheidung zu treffen“.

Stärkere Verbreitung erforderlich

Der größte Bedarf an einer besseren Gesundheitskompetenz herrscht aber mit Sicherheit in der Allgemeinbevölkerung. Dafür bräuchte es noch eine stärkere Verbreitung von „Infos ohne Nebenwirkung“, wie die beteiligten Wissenschafterinnen betonen. Abgehakt sind die Checklisten ohnehin noch lange nicht. In Folgeprojekten sollen die einzelnen Punkte noch weiter auf ihre Benutzerfreundlichkeit überprüft oder auch Checklisten für Lai_innen und Expert_innen miteinander verglichen werden.

EVA KRCZAL

Assoc. Prof.in Mag.a Dr.in Eva Krczal ist wissenschaftliche Mitarbeiterin für Gesundheitsmanagement an der Universität für Weiterbildung Krems. Zuvor war sie Teaching Assistant an der Freien Universität Bozen und Universitätsassistentin an der AAU Klagenfurt.

SELMA PARZER

Dr. rer. nat. Selma Parzer, MSc, ist Senior Scientist und Studienleiterin im Department für Wirtschaft und Gesundheit an der Universität für Weiterbildung Krems. Zuvor war sie u. a. Dozentin an der FH St. Pölten, Advanced Analyst bei Boehringer Ingelheim und wissenschaftliche Mitarbeiterin am AIT.

Stressfrei zum Verfahren

Disziplinarrechtliche Prüfungen sollen festlegen, ob und in welcher Schwere jemand ein Dienstvergehen begangen hat. Das Projekt HARM weist den Weg zu möglichst stressfreien Disziplinarverfahren im Gesundheitswesen. Das Swiss-Cheese-Modell hilft dabei.

isziplinarverfahren lösen bei den Mitarbeiter_innen Stress aus, das zeigt die Praxis im Gesundheitssektor. Darüber hinaus verursachen diese Verfahren Kosten und führen vielfach zu Krankenständen. Die sensiblere Umsetzung solcher Verfahren wird daher im Rahmen einer internationalen Kooperation zwischen dem Department für Wirtschaft und Gesundheit der Universität für Weiterbildung in Krems und dem Aneurin Bevan University Health Board, einem Teil des britischen National Health Service (NHS), beleuchtet.

Die Studie „Der letzte Ausweg: Verringerung vermeidbarer Verletzungen von Mitarbeiter_innen durch eine bedachtere Anwendung der Disziplinarpolitik und des Disziplinarverfahrens“ analysiert u. a. den Stress, den Disziplinarverfahren bei den

Mitarbeiter_innen auslösen können, ganz besonders dann, wenn das Verfahren primär aus Gründen der Risikoaversion gestartet wurde. „Wir konnten zeigen, dass Veränderungen von disziplinarischen Untersuchungen und der Einsatz alternativer Interventionen das Wohlbefinden des Personals im Gesundheitswesen deutlich verbessert und Krankenstände reduziert“, resümiert die Co­Autorin der Studie, Doris Behrens vom Department für Wirtschaft und Gesundheit der Universität für Weiterbildung Krems.

Weniger Belastung

Die Forschungsergebnisse zeigen auf, dass Disziplinarverfahren nicht nur für die Betroffenen traumatisch sind, sondern auch für diejenigen, die die Verfahren durchführen. Daher sollten diese grundsätzlich als

letzter Schritt betrachtet werden und nur dann zur Anwendung kommen, wenn weniger invasive Maßnahmen nicht erfolgreich sind. „Wir haben festgestellt, dass es eine gewisse Übernutzung von Disziplinarverfahren gegeben hat. Viele Probleme und Fehler hätten eher durch Gespräche, Nachschulungen oder Coachings behandelt werden sollen, sind aber viel zu schnell auf die Schiene der Disziplinarverfahren gelangt“, erklärt Behrens.

Das Team hat folglich Maßnahmen beleuchtet, um sicherzustellen, dass die Disziplinarverfahren auf jene Fälle beschränkt werden, die unbedingt notwendig sind. Dazu gehören Coaching und Harm­Awareness­Sessions für Kolleg_innen aus dem People Management und Line Manager sowie klarere Formulierungen der Prozessabläufe. Das sogenannte „Swiss­CheeseModell“ illustriert, wie verschiedene Ebenen (Käsescheiben) innerhalb eines Unternehmens – Policy, Training, Unterstützung des People Management, Führung – zur Vermeidung psychischer Verletzungen beitragen können. Mit jeder „Käsescheibe“ sind zusätzliche Barrieren verbunden, welche verhindern, dass Schaden auftritt. Diese Barrieren haben jedoch Löcher (fehlende Elemente zur Schadensvermeidung) und es ist wichtig zu prüfen, dass nicht „alle Löcher übereinanderliegen“, also dass sämtliche Barrieren zum Schutz der Mitarbeitenden gleichzeitig versagen. So können Disziplinarverfahren auf die wenigen

Fälle reduziert werden, in denen sie wirklich notwendig sind.

Erfolge der Initiative

„Solche Verfahren nehmen häufig viel Zeit in Anspruch, was für die Betroffenen eine erhebliche Belastung darstellt. Daher hatten wir das Ziel, nicht nur die Anzahl der erforderlichen Disziplinarverfahren, sondern auch deren Dauer zu verringern“, erklärt Behrens. Zwar reduzierte sich vorerst die Zahl der Verfahren recht dramatisch, aber überraschenderweise gab es zunächst keine signifikante Verkürzung des Prozesses. Der Grund dafür war, dass die verbleibenden Projekte tatsächlich sehr problematisch waren und polizeiliche und schutzrechtliche Maßnahmen erforderten.

Konkret führte diese Initiative des Aneurin Bevan University Health Board zu einer Reduzierung von Disziplinarverfahren von etwa 70 Prozent, das bedeutet von 50 auf 15 Verfahren pro Jahr. Dies führte zu jährlichen Kosteneinsparungen von rund 738.000 Pfund. „Die Verfahren laufen jetzt vier bis fünf Monate, ohne die früheren Ausreißer mit einer Dauer von einem bis drei Jahren. Darüber hinaus kam es zu 3.000 Krankenstandstagen weniger pro Jahr“, sagt Behrens, die sich darüber freut, dass dieser Ansatz von anderen Trusts im NHS übernommen worden sei und derzeit auch von Bezirksbehörden und anderen Institutionen des öffentlichen Sektors getestet werde.

DORIS BEHRENS

Die Mathematikerin

Univ.­Prof.in Dipl.­Ing.in Dr.in Doris Behrens leitet das Department für Wirtschaft und Gesundheit an der Universität für Weiterbildung Krems. Davor war sie für das National Health Service (NHS) Wales tätig.

Das Projekt

Avoidable Employee Harm: Improving Employee Investigations in Healthcare

AUFTRAGGEBER: NHS Wales | LAUFZEIT: 2024 | STUDIE: Andrew Cooper, A., Rui-Han Teoh, K., Madine, R., Neal, A., Jones, A., Ammarah, H., Behrens, D.A., The last resort (2024): reducing avoidable employee harm by improving the application of the disciplinary policy and process. Frontiers in Psychology, Volume 15, doi.org/10.3389/fpsyg.2024.1350351

Mit globalem Weitblick

Positive Interaktionen können das individuelle Wohlbefinden, die Motivation und das Verhalten in Bezug auf die Gesundheit nachhaltig fördern. Auch bei einsamen oder vulnerablen Personengruppen. Deshalb stehen sie – neben vielen anderen – immer wieder im Fokus der Forschungsprojekte von Marlene Kritz.

Von Ilse Königstetter

Dr.in Marlene Kritz studierte Psychologie an der Universität in Cardiff (UK) mit Bachelor-Abschluss 2001, Gesundheitspsychologie an der Universität Surrey mit Abschluss MSc 2004, Nostrifikation in Wien 2005, Abschluss klinische und Gesundheitspsychologie 2007. Bis 2014 war sie in verschiedenen Krankenhäusern und Forschungsprojekten im Gesundheitsbereich tätig.

Ihren PhD erwarb sie 2020 an der Curtin Univer sity Australien, wo sie danach als Postdoc arbeitete. Seit 2022 ist sie Senior Researcher und Studienleiterin für Healthcare Management am Department für Wirtschaft und Gesundheit.

as Marlene Kritz schon früh faszinierte, war das Zusammenspiel von sozialer Umgebung, Motivation sowie mentaler und körperlicher Gesundheit. Aufgewachsen in einer Ärztefamilie, erlebte sie, wie positiv sich emotionale Unterstützung und Empathie auf Patient_innen auswirken können. „Ich habe erfahren, dass viele einsame Menschen zum Arzt gehen, um Ansprache zu haben, und dass die Qualität der Kommunikation maßgeblich für den Heilungsprozess ist.“ Kritz ist überzeugt, dass damals der Grundstein für ihren späteren Werdegang gelegt wurde. Während ihres Studiums in Cardiff und Surrey beschäftigte sie sich vor allem mit der Frage, wie die soziale Umgebung das Gesundheitsverhalten beeinflusst. Nach ihrer Rückkehr nach Wien schloss Kritz 2007 ihr Studium als klinische und Gesundheitspsychologin ab und arbeitete in verschiedenen Krankenhäusern und Forschungsprojekten. Von 2011 bis 2014 war sie am EU­Projekt Khresmol be­

teiligt, das eine Suchmaschine für Mediziner_innen entwickelte. Als ihr 2015 ein PhD­Stipendium an der australischen Curtin University angeboten wurde, griff sie zu und flog ans andere Ende der Welt. Dieses Stipendium ermöglichte ihr nicht nur die Zusammenarbeit mit führenden Motivationsforscher_innen, sondern eröffnete ihr auch tiefere Einblicke in die Interventionsforschung, einen Bereich, der sie zunehmend begeisterte. „Ich konnte dort in einem hervorragenden wissenschaftlichen Umfeld arbeiten“, erinnert sich Marlene Kritz gerne an die guten Arbeitsbedingungen.

Gemeinsam gesünder gehen

Im Rahmen ihrer Doktorarbeit untersuchte die Wissenschafterin eine kommunale Gehintervention für ältere Australier_innen. Sie konnte nachweisen, dass regelmäßiges Gehen mit anderen – im Vergleich zu regelmäßigem Gehen als individueller Aktivität – positive Gesundheitseffekte aufweist und die intrinsische Motivation erhöht. „Vor

allem eine zufriedenstellende zwischenmenschliche Interaktion erwies sich als mitbestimmend, ob ‚leicht eingerostete‘ Personen ihr Bewegungsverhalten nachhaltig änderten“, beschreibt die Wissenschafterin ein wichtiges Ergebnis. Eine entscheidende Frage war für sie auch, über welche Eigenschaften und Verhaltensmuster Gehgruppenleiter_innen verfügen müssen, um diese Personengruppe motivieren zu können. Dabei stellte sich heraus, dass Gruppenleitende vor allem bei Anfänger_innen motivierend und sozial einbindend sein und den Teilnehmenden eine Wahl lassen sollten. Zu viele Vorgaben, wie etwa die Gehgeschwindigkeit oder zu wenige Pausen, wirkten eher demotivierend. Wichtig war das individuelle Erfolgserlebnis, selbst wenn die Wegstrecke des Einzelnen nur kurz war. Die Personen sollten sich miteinander unterhalten und aufeinander schauen können.

Als Postdoc erhielt Marlene Kritz in Australien Lehraufträge in den Bereichen Gesundheitspsychologie, Motivation und Emotion. Gleichzeitig forschte sie daran, welche Gesundheitsbotschaften wie „Stiegen statt Lift nehmen“ Menschen zu mehr Alltagsbewegung motivieren können. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse mündeten in die Entwicklung einer Bewegungs­App. „In dieser Zeit lernte ich viel über soziale Ausgrenzung und die Herausforderungen, denen inaktive, vulnerable Gruppen – wie übergewichtige und ältere Personen – häufig begegnen“, fasst Kritz ihre Erfahrungen zusammen.

Wissenschaft macht Spaß

Mit jeder Menge internationaler Erfahrung im Gepäck kehrte die klinische, Gesundheits­ und Motivationspsychologin in die Heimat zurück. Seit 2022 arbeitet sie am Department für Wirtschaft und Gesundheit an der Universität für Weiterbildung Krems als Senior Researcher und Studienleiterin für Healthcare Management. „In Krems haben mich vor allem das interdisziplinäre, soziale, anwendungsorientierte und innovative Setting sowie das Netzwerk und die Offenheit für globale Kooperationen gereizt“, nennt Marlene Kritz Gründe für ihre

Wahl. Ebenso die Aufgeschlossenheit für Präsenz­ als auch Online­Lehre. Kritz: „Mit Letzterer konnte ich schon während der Pandemie viele Erfahrungen sammeln.“ Vor allem schätzt die Wissenschafterin die Möglichkeiten, Forschung und Lehre mit­ und weiterzuentwickeln, denn dass Wissenschaft Spaß macht, ist ihr Credo. Da sie selbst erlebt hat, wie entscheidend die richtige Unterstützung bei wissenschaftlichen Projekten ist, möchte sie Studierende mit ihrer Begeisterung für die Wissenschaft anstecken und ihnen die Angst vor dem wissenschaftlichen Arbeiten nehmen. Neben der Studienprogrammleitung „Healthcare Management“ betreut Marlene Kritz darüber hinaus Masterstudierende, gestaltet und führt Lehrveranstaltungen durch und entwickelt neue Masterstudien.

Vielseitig interessiert

Vielfältig sind die Forschungsschwerpunkte, die Marlene Kritz gegenwärtig antreiben bzw. sich in der Planung befinden. Dazu gehören unter anderem die Leitung von Projekten zu den Herausforderungen in der Arzt­Patient_innen­Kommunikation, einer Untersuchung von Barrieren und Förderfaktoren für Bewegungsinterventionen am Arbeitsplatz sowie die Erforschung der Nutzung und Akzeptanz von Künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen.

Ein zentrales Forschungsinteresse von Kritz liegt weiterhin in der Motivationsforschung – insbesondere darin, wie nachhaltige Verhaltensänderungen gefördert werden können, die die Gesundheit und das Wohlbefinden in der Gesellschaft langfristig verbessern. International wirkt sie bei der Entwicklung und Evaluation einer Bewegungsintervention zur Förderung der mentalen Gesundheit bei Jugendlichen mit Typ­1­Diabetes mit. Zukünftig legt Kritz ihren Fokus verstärkt darauf, vulnerable Gruppen zu erreichen – Menschen, die auf herkömmliche Programme oft nicht ansprechen. Ein wesentlicher Bestandteil ihrer Forschung ist dabei die Rolle von sozialer Unterstützung und auch digitalen Anreizen, um Gesundheitsverhalten und soziale Teilhabe zu fördern.

Leidenschaftlich lernen und lehren

Sich Wissen anzueignen und es gekonnt zu vermitteln, ist das Credo von Michaela Faulhaber. Die Alumna der Universität für Weiterbildung Krems hat sich ganz der Qualitätsentwicklung und -sicherung sowie dem Talente-Scouting verschrieben.

Von Ilse Königstetter

ine Karriere im Gesundheitsbereich stand zunächst nicht auf dem Lebensplan von Michaela Faulhaber. Als Jugendliche interessierte sie sich brennend fürs Theater und träumte von einer Laufbahn auf der Bühne, vorzugsweise als Musicaldarstellerin. Als sich herausstellte, dass ihr Gesangstalent für das angestrebte Metier nicht ganz ausreichte, galt es, nach Alternativen Ausschau zu halten. Vorbilder, die ihr gefielen und an denen sie sich orientieren konnte, gab es bereits in der Familie. Michaela Faulhaber: „Eine meiner Tanten arbeitete als diplomierte Gesundheits­ und Krankenpflegerin, eine andere war als Kindergartenpädagogin tätig.“ Nach einer Ausbildung zur diplomierten Gesundheits­ und Krankenpflegerin arbeitete Michaela Faulhaber am Landesklinikum Wiener Neustadt in der Inneren Medizin. Bereits nach kurzer Zeit übernahm sie dort die Stationsleitung, 2009 die Bereichsleitung. 2011 wurde sie stellvertretende Pflegedirektorin, eine Funktion, die sie bis Jänner 2021 ausübte. Mit diversen

Weiterbildungen verfolgte sie zielstrebig ihr großes Interesse an vielen Themen. „Meinen ersten Masterlehrgang absolvierte ich in der ARGE Bildungsmanagement in Wien“, berichtet die Pflegeexpertin. In der Folge initiierte sie die Arbeitsgruppe „Personalauswahl in den NÖ Landeskliniken der Thermenregion“, die sie bis heute leitet. 2016 bis 2019 besuchte sie den Masterlehrgang Wirtschafts­ und Organisationspsychologie an der Universität für Weiterbildung Krems, den sie mit der Masterarbeit „Talent Scouting und Developing im Projektmanagementbereich“ abschloss. Daraus folgend war sie am interprofessionellen Projekt zur Rekrutierung von Talenten beteiligt, das die Klinikleitung dabei unterstützte, bestimmte Aufgabenstellungen gezielt an qualifiziertes Personal zu übertragen. In ihrem zuletzt abgeschlossenen Weiterbildungsstudium in Gesundheits­ und Pflegepädagogik widmete sie sich dem Thema „Advanced­Nursing­Practice­Kompetenzen in einem österreichischen Akutkrankenhaus“.

Seit Jänner 2021 ist Michaela Faulhaber für Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung in der Pflege am Landesklinikum Baden­Mödling zuständig. Darüber hinaus ist sie außerordentliche Referentin an der FH Wiener Neustadt.

Ständige Verbesserung der Qualität

Die kontinuierliche Qualitätssteigerung und die Weiterentwicklung der Mitarbeiter_innen sind für Michaela Faulhaber zentrale Themen. Essenziell ist für sie die Ausbildung interner Expert_innen im Landesklinikum durch entsprechende Schulungsmaßnahmen. „Es geht mir vor allem darum, die bereits vorhandenen Potenziale zu nutzen, auszubauen und die vorhandenen Theorien praxisnah in den Berufsalltag umzulegen und zu integrieren.“ Dabei kommt ihr ihre langjährige Erfahrung als Vortragende sehr zugute. Womit sie eine andere Art Bühne gefunden hat, als ursprünglich gedacht: „Das Lehren macht mir großen Spaß und erfüllt mich.“ Neben diversen internen Schulungsmaßnahmen leitet sie eine Arbeitsgruppe mit dem Schwerpunkt „Einführung eines neuen Pflegedokumentationssystems“, das einen wesentlichen Bestandteil der Pflegequalitätssicherung ausmacht. Aktuell hat Michaela Faulhaber das „Frequency PflegePlus“ implementiert, praxisbezogene Impulsvortragsreihen von und für Führungs­

kräfte und Expert_innen im Pflegebereich. Besonders wichtig für diese Personalentwicklungsmaßnahme ist einerseits, die Mitarbeiter_innen zu fordern und zu fördern, andererseits aber auch, ihnen neue Perspektiven außerhalb des bekannten Arbeitsalltags zu ermöglichen.

Große

Affinität zum Lernen

Was führte Michaela Faulhaber zum Masterstudium Wirtschafts­ und Organisationspsychologie an die Universität für Weiterbildung Krems? „Psychologie hat mich als Thema schon immer gereizt und der in Krems angebotene Lehrgang kam meinen Interessen entgegen“, erinnert sie sich an ihre Entscheidung. Positiv erlebt hat sie die gelungene Mischung aus Präsenz­ und Selbststudium, die ausgezeichneten Vortragenden und die breit gestreuten Mitstudierenden, die aus den verschiedensten Branchen kamen, wie etwa dem Ingenieurwesen oder aus Rechtsabteilungen. Auch die Vermittlung eher atypischer Inhalte aus der Markt­ und Werbepsychologie fand die Pflegeexpertin inspirierend. Und weil ihr Wissensdurst mit dem Abschluss des Lehrgangs noch immer nicht gestillt war, bewarb sie sich umgehend für den nächsten: Gesundheits­ und Pflegepädagogik. „Von beiden Lehrgängen habe ich enorm profitiert“, fasst Michaela Faulhaber ihre Erfahrungen zusammen. Denn Kenntnisse in Psychologie oder Präsentationsmethoden können nie verkehrt sein.

Gut organisiert

Wie sie den enormen Aufwand eines Vollberufs, dreier Studien und das Familienmanagement stemmen konnte? „Ich habe ein sehr gutes Zeitmanagement und bin eine Frühaufsteherin.“ So sorgte sie dafür, dass auch Familie, Freizeit und Freundeskreis nicht zu kurz kamen. Neben Wandern und Radfahren hat Michaela Faulhaber in letzter Zeit noch eine andere Form des Trainings für sich entdeckt: Slowpitch­Softball – eine familienfreundliche Variante zu den ProfiVarianten Baseball und Softball. Ausgelernt hat Michaela Faulhaber noch lange nicht. Denn was sie nach wie vor besonders interessiert: deutsche Philologie.

Michaela Faulhaber, MBA, MA, MSc, ist seit Jänner 2021 für Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung in der Pflege am Landesklinikum Baden­Mödling zuständig. Weiters ist sie außerordentliche Referentin an der FH Wiener Neustadt. Faulhaber ist diplomierte Gesundheits­ und Krankenpflegerin und war bislang annähernd 26 Jahre im Pflegebereich am Landesklinikum Wiener Neustadt tätig, davon neun Jahre als stellvertretende Pflegedirektorin. An der Universität für Weiterbildung Krems absolvierte sie den Gesundheits­ und Pflegepädagogik­MSc und das Studium in Wirtschafts­ und Organisationspsychologie MA.

Campus Krems

Wiederaufbauschule Accumoli

Abkommen unterzeichnet

Nach einer Reihe heftiger Erdbeben zwischen August 2016 und Januar 2017 wurden viele historische Zentren in Mittelitalien völlig verwüstet. In der besonders betroffenen Stadt Accumoli gastierte zum vierten Mal die internationale Orchesterakademie „Accademia Vicino di Accumoli“. Als Schlusspunkt wurde am 27. August 2024 in feierlichem Rahmen ein Kooperationsabkommen für die Weiterentwicklung der vom Research Lab Nachhaltiges Baukulturelles Erbe koordinierten Wiederaufbauschule zwischen der Stadt Accumoli und der Universität für Weiterbildung Krems unterzeichnet.

Feierliche Unterzeichnung des Kooperationsabkommens zwischen der Gemeinde Accumoli und der Universität für Weiterbildung Krems (v.l.n.r.): Univ.-Prof. Dr. Christian Hanus, Rektor Mag. Friedrich Faulhammer (beide Universität für Weiterbildung Krems), Präfektin Dr.in Pinuccia Niglio (Innenministerium, Republik Italien), Bürgermeister Ing. Mauro Tolomei (Gemeinde Accumoli), Vizebürgermeister Giancarlo Volpetti (Gemeinde Accumoli), GR Katia D’Apostolo (Gemeinde Accumoli)

Wurde mit dem Krems Cooperation Research Award ausgezeichnet: Marie Ebeyer-Masotta (Zweite von rechts). Weitere (v.l.n.r.): Harald Leiter, Claus Zeppelzauer, beide ecoplus, Viktoria Weber, Vizerektorin Universität für Weiterbildung Krems, Michael Bernhard Fischer, Koordinator PhD Regenerative Medizin

Auszeichnung für exzellentes Paper

In der Kategorie „Wissenschaftliche Publikation“ konnte Marie EbeyerMasotta, Absolventin des PhD­Studiums Regenerative Medizin der Universität für Weiterbildung Krems, die hochkarätig besetzte Jury des Krems Cooperation Research Award mit neuen Forschungsergebnissen in ihrer Publikation zum Thema der Verhinderung von Blutgerinnseln durch Heparin­bindende Substanzen überzeugen. Der zweite Preis ging an den Absolventen Lukas Moser für seine Dissertationsarbeit zu Gelenkknorpelschäden.

Krems Cooperation Research Award

„Kremser Hochschulgespräche“

Governance und Transformation

Unter dem Motto „Navigating Future Universities“ veranstaltete die Universität für Weiterbildung Krems am 5. September 2024 den ersten University Dialogue Krems. An Bord der MS Vienna stellten namhafte Expert_innen und Entscheidungsträger_innen aus Universitäten und der Verwaltung im deutschsprachigen Raum zukunftsweisende Thesen zur Governance an Hochschulen vor.

Zur Governance der Transformation referierten Univ.­Prof. Dr. Peter­André Alt, bis 2023 Präsident der Hochschulrektorenkonferenz in Deutschland, Univ.­Prof.in Dr.in Monika Jungbauer­Gans, Deutsches Zentrum für Hochschul­ und Wissenschaftsforschung, Univ.­Prof. Dr. Ottfried Jarren, Universität Zürich, und Univ.­Prof. Dr. Michael Hölscher, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer. Aus Österreich u. a. dabei waren die Rektorin der Universität Innsbruck, Univ.­Prof.in Dr.in Veronika Sexl, oder Dr. Thomas König, Geschäftsführer des FORWIT­Rats.

Die internationale Perspektive wurde unter anderem von Vertreter_innen der European University Association, darunter Mag. Thomas Estermann, seit 2007 für den Europäischen Hochschulverband (EUA) in Brüssel tätig und Leiter der Abteilung Governance, Finanzierung und Hochschulpolitik der Universität Kassel, der Technischen Hochschule Braunschweig und der Hochschule Luzern (HSLU), eingebracht.

Ausbau von Hochschulen und Wissenschaftssystem

„Mit den ‚Kremser Hochschulgesprächen‘ leisten wir als Universität einen Beitrag, um die gesellschaftliche Wirksamkeit und Leistungsfähigkeit von Hochschulen und dem Wissenschaftssystem noch weiter auszubauen“, so Mag. Friedrich Faulhammer, Rektor der Universität für Weiterbildung Krems.

Mit dem Zentrum für Hochschulgovernance und Transformation und der österreichweit einzigen Professur für Hochschulforschung, Dkfm. Dr. Attila Pausits, verfügt die Universität für Weiterbildung Krems über ideale Rahmenbedingungen zur Etablierung des neuen Forums, um Fragen der Hochschulentwicklung weiterzudenken.

Diskutierten mit zahlreichen hochkarätigen Expert_innen aus Hochschulen und dem Wissenschaftssystem die Themen Governance und Transformation von Universitäten (v.l.n.r.): Univ.-Prof. Dkfm. Dr. Attila Pausits, Univer sität für Weiterbildung Krems, Univ.-Prof. em. Antonio Loprieno, Univer sität Basel, Expertin für Politik-, Strategieund Organisationsentwicklung an Hochschulen Dr.in Sybille A.M. Reichert und Mag. Friedrich Faulhammer, Rektor der Universität für Weiterbildung Krems

Wurden beim Univer sity Dialogue Krems präsentiert: Die Kremser Thesen zur Zukunft der Gover nance von Hochschulen.

Alumni-Club

Alumni ­Tag 2024: „Leben und Arbeiten mit Künstlicher Intelligenz. Ein Hands ­ On Guide für den Alltag von morgen.“

Am 18. Oktober 2024, Hybrid-Veranstaltung (Campus Krems und online)

Im Gespräch mit …

Peter Filzmaier.

Analyse der Nationalratswahl 2024

Fünf Tage nach der Wahl analysierte exklusiv für den Alumni­Club der Politikwissenschafter Univ.­Prof. Peter Filzmaier von der Universität für Weiterbildung Krems wie immer eloquent und auf den Punkt gebracht die Ergebnisse der Nationalratswahl 2024 in einem Online­Talk. Seinen Ausführungen folgte eine lebendige Diskussion.

Konkrete

Tipps für den Einsatz von KI

Künstliche Intelligenz: vor wenigen Jahren noch futuristische Vision, ist KI zu einer allgegenwärtigen Realität geworden, die nahezu jeden Aspekt unseres Lebens durchdringt –von der Automatisierung industrieller Prozesse bis hin zu unserem Alltag. Diese Technologien beeinflussen, wie wir leben, kommunizieren und interagieren. Wie können wir KI sinnvoll einsetzen, welche Potenziale gilt es zu nützen und mit welchen Veränderungen müssen wir in Zukunft rechnen?

Am Alumni­Tag 2024 können Sie die vielen Einsatzmöglichkeiten der Künstlichen Intelligenz erfahren und diese selbst testen.

24.10.2024

Alumni-Treffen Klagenfurt

12.12.2024

Alumni-Treffen Eisenstadt

Alumni­Tag

Kunst und Kultur

Tanz/Live­Musik

Festspielhaus St. Pölten

Yasmeen Godder . Dikla

Shout Aloud

Die Thematisierung von Widersprüchen und Ambivalenzen in der Lebenswelt ihrer israelischen Heimat ist es, die Yasmeen Godder zur Zusammenarbeit mit der ägyptisch­irakischen Sängerin Dikla bewogen hat. Eine Kooperation, begonnen unter dem Eindruck der landesweiten Proteste gegen die geplante Justizreform in Israel Anfang 2023 und unter den verschärften Bedingungen des Kriegs gegen die Hamas fortgeführt. 30. November 2024, 19.30 Uhr

Europäische Literaturtage 2024

7. bis 10. November 2024

Klangraum Krems

Minoritenkirche

Archiv der Zeitgenossen Lesung

Im Namen der Liebe

Gedichte von Peter Turrini mit Musik von Miha Ferk

Trio Klavis, Sophie Aujesky –Lesung

Gespräch mit Gerhard Ruiss, Johanna Doderer und Gerhard Haderer

Elfriede Mejchar, aus der Serie „Die geliehene Identität“ 1988–1990

Ausstellung

Landesgalerie Niederösterreich

NÖ Würdigungspreis 2024

Fixer Bestandteil des jährlichen Ausstellungsprogramms ist die Präsentation der niederösterreichischen Würdigungspreisträgerin bzw. des ­preisträgers in der Sparte Bildende Kunst. 30. November 2024 bis 21. April 2025

Elfriede Mejchar Grenzgängerin der Fotografie

Die große Jubiläumsausstellung würdigt die Grande Dame der österreichischen Fotografie, Elfriede Mejchar (1924–2020). 13. April 2024 bis 16. Februar 2025

Kunst

Kunsthalle Krems

Moderation: Christine Rigler 15. November 2024

ULNÖ Krems

Workshop

KremsMachtGeschichte

Workshops und Spaziergänge 8. bis 10. November 2024

Haus der Regionen Krems

Anna & Bernhard Blume Komplizenschaft (A = B)

Gabriele Engelhardt Kremser Berge 12. Oktober 2024 bis 23. März 2025

Gabriele Engelhardt, Metallringeberg Krems, 2023

Trends und Termine

pflegekongress24

Unter dem Motto „krisen:katastrophen:lösungen=nurses at the table“ setzt sich der Kongress mit der Pflegekrise und Lösungsansätzen auseinander. Weitere Themen sind u. a. die GuKG­Novelle, der Umgang mit Demenz sowie der Einsatz von KI­gestützten Technologien in Pflege und Gesundheitswesen. 28. bis 29. November 2024, Wien

Ausstellung

Gesundheit – Von Kopf bis Fuß

Das Deutsche Museum in München zeigt, wie sich Pharmazie und Medizintechnik über die Jahrhunderte weiterentwickelt haben. Ergänzt wird die Reise durch die Anatomie von den Bereichen Blick in den Körper (Röntgen & Co), Eingriff am Menschen samt OP­Tisch und einer historischen Apotheke. Deutsches Museum, München

Studie

OECD: Health at a Glance 2023

Die Studie „Health at a Glance 2023“ analysiert die Gesundheitssysteme der OECD-Staaten. Pro Person betrugen die Gesundheitsausgaben 2022 im Durchschnitt (in US­Dollar, bereinigt um Kaufkraftunterschiede) fast 5.000 – von 1.181 (Mexiko) bis 12.555 (USA). Österreich liegt mit 7.275 auf Platz fünf. 90 Prozent der OECD­Länder verfügen über ein elektronisches Gesundheitsportal, aber nur bei 42 Prozent hat die Öffentlichkeit vollen Zugriff auf die Daten. 2021 reichte die Zahl der Ärztinnen und Ärzte von weniger als 2,5 pro 1.000 Einwohner_innen in der Türkei bis zu über fünf pro 1.000 in Norwegen und Österreich.

Conference

European Public Health Conference

The 17th European Public Health Conference 2024 focuses on innovation. Subthemes of the conference are artificial intelligence in public health, the One Health concept, which recognizes the interconnectedness of human, animal, and environmental health, social marketing in public health, health inequalities and global health. November 13 to 15, 2024 Lisbon, Portugal

Conference

World Health

Summit 2024

The World Health Summit 2024 brings together stakeholders from all sectors and regions to discuss the most pressing global health topics under the theme “Building Trust for a Healthier World”. Among the central topics are financing global health solutions, antimicrobial resistance, digital health and AI.

October 13 to 15, 2024 Berlin, Germany

Kongress

Bücher

Lean im Spital

Thomas Kraft geht der Frage nach, inwiefern die Prinzipien des Lean Managements, bewährt in der Industrie zur prozessorientierten Qualitätssicherung bei gleichzeitiger Effizienzsteigerung, auf die Steuerungs­, Unterstützungs­ und Kernprozesse im Krankenhaus übertragen werden können. Aus seinem Theoriemodell leitet er drei erfolgsrelevante Handlungsempfehlungen ab: Ein krankenhausorientiertes Veränderungsmanagement, eine Vorgehensstrategie zur prozessorientierten Organisationsentwicklung sowie einen Ansatz zur Operationalisierung erster Lean­Projekte.

Thomas Kraft Lean Management im Krankenhaus Springer Gabler, 2016

Pflege anders gedacht

Ausgehend von aktueller internationaler Literatur, eingebettet in die Gegebenheiten und Herausforderungen des österreichischen Gesundheitssystems, stellt dieses Buch die wichtigsten theoriebasierten Inhalte dar und zeigt bzw. analysiert den Mehrwert sowie auch die Herausforderungen von Community Health Nursing in Österreich, einem neuen Modell der lokal verankerten, mobilen Pflege. Welches Rollen­ und Gesundheitsverständnis erforderlich ist, wird ebenso thematisiert wie die nötigen Haltungen im Umgang mit Individuen, Familien und Gemeinschaften, damit das Konzept funktioniert.

Melitta Horak, Sonja Haubitzer Community Health Nurse Handlungsfelder der Pflege im Kontext von Public Health Facultas, 2024

Neue Menschlichkeit

Verfehlt das Gesundheitssystem seine Bringschuld gegenüber den Menschen? Der Leiter Gesundheitswirtschaft bei Ernst & Young, Christian Egle, lädt ausgewählte Expert_innen zur Diskussion, wie das in der Sicht vieler Menschen kranke Gesundheitssystem geheilt werden kann. Das zentrale Rezept: neue Menschlichkeit sowie mehr Autonomie und Selbststeuerung im System. Das Buch bietet einen facettenreichen und kontroversen Diskurs rund um das Gesundheitssystem von morgen. Mit Expert_innen zu Digitalisierung und Finanzen, Patient_innenVertretung, Chefärzt_innen und Pflegedienstleistenden, Politiker_innen und Manager_innen.

Christian Egle (Hrsg.) Patient: Gesundheitssystem Murmann, 2021

Erkenne dich selbst

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Selbsterfahrung und der Anpassungsfähigkeit von Mitarbeiter_innen?

Die Arbeit zeigt, wie eine Verbindung überhaupt gemessen werden kann, welche Rolle Digitalisierung spielt und CareerAdaptability herangezogen werden kann.

Rainer Haertl

Die Rolle von Self-Awareness und Career-Adaptability bei Mitarbeiter_innen im Kontext der Digitalisierung der Arbeitswelt Universität für Weiterbildung Krems, 2023

Anlaufstellenbündelung

Wie sich das One­StopShop­Konzept auf klinisches Outcome, Patient_ innenzufriedenheit und ökonomische Aspekte bei der komplexen Behandlung von idiopathischer intrakranieller Hypertonie auswirkt, beschreibt diese Arbeit.

Gabriel Bsteh Auswirkungen einer interdisziplinären integrierten Spezialambulanz für idiopathische intrakranielle Hypertension auf objektive Outcomeparameter, subjektive Patient:innenzufriedenheit und ökonomische Aspekte im Vergleich zur Phase vor Etablierung der Spezialambulanz Universität für Weiterbildung Krems, 2023

Impressum

upgrade: Das Magazin für Wissen und Weiterbildung der Universität für Weiterbildung Krems (ISSN 1862­4154)

Herausgeber:

Rektorat der Universität für Weiterbildung Krems

Medieninhaber:

Universität für Weiterbildung Krems

Dr.­Karl­Dorrek­Straße 30, A ­ 3500 Krems

Chefredakteur: Mag. Stefan Sagl

Universität für Weiterbildung Krems

E­Mail: upgrade@donau­uni.ac.at

Verantwortlicher Redakteur: Dr. Roman Tronner

E­Mail: upgrade@donau­uni.ac.at

Autor_innen & Mitarbeiter_innen:

Andreas Aichinger, Lisa Breit, Michaela EndemannWright, Sophie Hanak, Rainer A. Hauptmann, Astrid Kaltenböck, Ilse Königstetter, Cathren Landsgesell, Milena Österreicher, Karin Pollack, Eva­Maria Stöckler, Roman Tronner, Mario Wasserfaller

Layoutkonzept: ki 36, Sabine Krohberger

Grafik: buero8, Thomas Kussin

Schlusslektorat: Josef Weilguni

Fotostrecke: Idee und Konzept –

DLE Kommunikation und Wissenschaftsredaktion

Telefon: +43 (0)2732 893­2246

E­Mail: upgrade@donau­uni.ac.at

Herstellung: sandlerprint&more – SANDLER Gesellschaft m.b.H. & Co. KG., A ­ 3671 Marbach

Auflage: 17.500

Erscheinungsweise: vierteljährlich

Ausgabe 4.24 erscheint im Winter 2024/25

Disclaimer: Für die Richtigkeit der wiedergegebenen Inhalte und Standpunkte wird keine Gewähr übernommen.

Gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens, SANDLER Gesellschaft m.b.H. & Co. KG. UW­Nr. 750

Vorschau 4.24

Schwerpunkt: Wertschöpfung & Management

Produktiv bleiben

Wertschöpfung und Wettbewerb: Sie sind zentrale Dimensionen für Organisationen im Kontext aktueller Entwicklungen. Management muss in einem dynamischen Umfeld bestehen können. Egal ob neue Arbeitsmodelle, neue Regularien im europäischen Kontext und damit verbundenes Reporting oder die aktuelle KI­Verordnung: Die Wettbewerbsfähigkeit von Europa hängt von der Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen ab. Die kommende Ausgabe von „upgrade“ beleuchtet, welche Buzzwords im Wesentlichen nur Buzzwords sind, beschreibt aktuelle Trends und Fragen des Managements im Kontext von generativer KI und behandelt das Thema Führung ohne Aneinanderreihung beliebiger Anglizismen, um mitunter zu zeigen, wie Organisationen führend sein können und Wertschöpfung generieren.

HIER KOMMT BART!

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