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Plakat «Alle Frauen sind stark» von Anke Feuchtenberger des Unabhängigen Frauenverbandes, 1990


Wir sind wütend! Wir Frauen sind wütend, wütend weil wir aufgrund unseres Geschlechts nach wie vor bei vielen Themen benachteiligt sind. Und wir sind wütend, weil die Politiker unsere Rechte ignorieren oder kleinreden. Wir sind alle betroffen, unabhängig von unserem Alter, unserem Status, unserer Hautfarbe, unserer sexuellen Orientierung oder unserer Herkunft. Arbeiterinnen, Arbeitslose, Studentinnen, Lernende, Hausfrauen, Rentnerinnen… Wir fordern und zwar subito: ——Lohngleichheit für alle Frauen ——Sozialisierung der sozialen Reproduktion / Care-Arbeit ——Anständige Renten im Alter ——Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ——Das Recht der Frauen, über ihren Körper zu bestimmen ——Keine Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität oder der sexuellen Orientierung ——Keine Fremdenfeindlichkeit, Islamfeindlichkeit und kein Rassismus

© 2019 extrablatt / cartefemme


14. Juni 1991 – 14. Juni 2019: frauenpolitische Meilensteine Am Frauenstreik 1991 beteiligten sich rund eine halbe Million Frauen, einige Hundert auch im Wallis. Dieser Streik hat politisch viel bewirkt. Doch neben der Lohngleichheit sind auch andere Forderungen bis heute nicht umgesetzt. Diese und weitere Fragen wie die unbezahlte Care-Arbeit mobilisieren Frauen auch dieses Jahr.

«Wenn Frau will, steht alles still!», so das Motto des Frauenstreiks von 1991. Effektiv stand nicht alles still, vielmehr hat sich viel bewegt, sehr viel sogar, an diesem Tag und in der Folgezeit. Das Motto lehnte sich explizit an die Parole des Landesstreik von 1918: «Wenn dein starker Arm es will, stehen alle Räder still.» Denn etwas Zentrales verband den Frauenstreik mit dem Landesstreik: Es handelte sich nicht um einen klassischen Streik, in dem Arbeitnehmende und Unternehmen sich gegenüberstehen, sondern um einen politischen Streik, der Forderungen gegenüber dem Staat erhebt. Das war 1918 der Fall, mit der 8-Stunden-Woche, dem Frauenstimmrecht, der AHV, und eben wiederum 1991. Denn die seit 1981 in der Verfassung verankerte Gleichstellung war bei weitem nicht umgesetzt.

Uhrenarbeiterinnen geben den Kick Der Frauenstreik hatte ein Vorbild. 1975 streikten die Isländerinnen erfolgreich. Und er hatte eine Vorgeschichte. Zum einen näherten sich ab 1980 junge Feministinnen

und Vertreterinnen der alten Frauenbewegungen an. Es verbanden sie die Fragen rund um die Gewalt gegen Frauen, des Eherechts, der Lohngleichheit, der Mutterschaftsversicherung und der Fristenlösung. Zum andern formierte sich insbesondere im Pflegebereich eine Bewegung, die mit verschiedensten Aktionen auf die schlechten Arbeitsbedingungen in den Spitälern aufmerksam machte: mit Abendspaziergängen, Dienst nach Vorschrift, Diskussionsrunden, etc. Den direkten Impuls gab allerdings eine kleine Gruppe von Uhrenarbeiterinnen im Vallée de Joux, die sich 1990 nach einer Gewerkschaftsversammlung fragten, warum sie nach zehn Jahren in der Verfassung verankerter Gleichstellung mehrheitlich weniger als 3’500 Franken im Monat verdienten, Männer dagegen zwischen 3’500 und 5’000 Franken. Mit der Frage, ob es nicht Zeit wäre, für einen Frauenstreik, gelangten sie an die Juristin und Feministin Christiane Brunner. Als Gewerkschaftssekretärin brachte Christiane Brunner die Frage in den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) und stiess zuerst auf Skepsis. Das sei doch kein richtiger Streik, es sollte doch besser «Aktionstag» heissen. Doch Brunner beharrte auf dem Begriff «Frauenstreik». Das sei viel symbolträchtiger und betreffe die ganze Nation, eben wie der Landesstreik von 1918. Und vor allem wusste Christiane Brunner wovon sie sprach: Frauen arbeiteten viel, eben auch privat, gratis, im Hause, hätten da keinen


Arbeitgeber. Es brauche daher auch andere Formen als bei der traditionellen Arbeiterbewegung. Die meisten Frauen seien auch gar nicht gewerkschaftlich organisiert, nicht über einen GAV an die Friedenspflicht gebunden. Das schliesslich vom SGB gefällte «Ja» bedeutete Finanzen und organisatorische Strukturen.

Erfolgreiche Mobilisierung Obwohl im Gegensatz zu heute fast ausnahmslos alle grossen Frauenverbände «Nein» zum Frauenstreik sagten, mobilisierte der Aufruf breite Schichten. Neben den zahlreichen lokalen Gewerkschaftskomitees legten sich auch feministische Gruppierungen und die linken Parteien ins Zeug. Die «Rote Anneliese» rief Leserinnen und Leser zum Mitmachen auf: «Nach Lust und Laune. Mit Mut und Wut!» Oberwalliserinnen, von der Käserin und Bäuerin bis zur alleinerziehenden Mutter und Arbeiterin, erzählten von verschiedenen Formen der Benachteiligung, ob bei der Arbeit oder in der Sozialversicherung. Eine Geschäftsfrau wollte sich aus Solidarität ebenso am Streik beteiligen wie eine Schalterangestellte und eine Krankenschwester. Eine Hausfrau und Sachbearbeiterin aus Glis sagte: «Auch die Hausfrauen sollen streiken, damit die Männer endlich merken, was los ist.» Das war auch das Hauptziel des Streiks: die Sichtbarmachung der «unentbehrlichen Rolle der Frauen» und «ihrer Leistungen, vor allem der unbezahlten und unterbezahlten». Arbeitgeber drohten den Streikwilligen im Vorfeld des 14. Juni mit Lohnkürzungen bis hin zur fristlosen Entlassung. Doch unter dem Sog des sich ausweitenden Enthusiasmus entschieden sich kurzfristig nicht wenige Unternehmen, Frauengruppen im Betrieb die Möglichkeit zu internen Aktionen zu geben. Auch die Verwaltungen boten Hand, nachdem zum Teil auch hier massive Drohungen, beispielsweise gegen streikwillige Lehrerinnen und Angestellte, ausgesprochen worden waren. Das Resultat am 14. Juni war fulminant. Überall passierte etwas, Kleines und Grosses, viel Provokatives und Überraschendes, Spielerisches und Ironisches. Gewerkschafterinnen verteilten Verkäuferinnen Klappstühle, da diesen das Sitzen verboten war. Mancherorts machten Frauen «ganz, ganz lange Pause» oder trafen sich zu einem ausgedehnten «Frauenfrühstück». Aus Fenstern von Privatwohnungen hingen Besen, aus Spitälern grosse weisse Tücher, besprayt mit Forderungen. Effektiv gestreikt im klassischen Sinn der Arbeitsniederlegung wurde nur in wenigen Privatbetrieben. In einige Uhrenfabriken im Juras gab es während der Arbeitszeit Versammlungen zur Lohngleich-

heit. Bei der Swatch drohte Nicolas Hayek, der Vater des heutigen CEO, zuerst mit scharfen Sanktionen, liess dann aber am 14. Juni Blumensträusse an die Frauen verteilen.

Furchtlose Arbeiterinnen aus Naters In Siders demonstrierten und diskutierten Frauen aus Parteien und Gewerkschaften rund um einen Tisch im Freien über Diskriminierung. Für das öffentliche Spaghetti-Essen waren Männer zuständig. In der autofreien Bahnhofstrasse in Visp berichteten Frauen beim «StreikFäscht» aus ihrem Alltag. Den Festbetrieb bestritten linke Oberwalliser Grossräte. Viele Walliser Angestellte und Arbeiterinnen, die zwar Sympathien für den Streik zeigten, fürchteten sich vor den Konsequenzen, so auch eine Verkäuferin der EPA von Sitten, die erst seit kurzem eingestellt war. Anders aber die Arbeiterinnen des Rhodanus Microtechnic AG in Naters. Zwei Drittel der 75 beschäftigten Frauen waren Ausländerinnen, mehrheitlich Italienerinnen. In ihrem Streikdossier prangerte die «Rote Anneliese» deren schlechte Arbeitsbedingungen an: Stundenlohn von 7 bis 8 Franken netto für die Mehrzahl der Grenzgängerinnen, von maximal 10 Franken für teilzeitbeschäftige Walliserinnen, beziehungsweise Monatslöhne zwischen 1‘300 und 1‘800 Franken. Das war fast die Hälfte tiefer als die von den Uhrenarbeiterinnen im Jura angeprangerten Monatslöhne. Trotz des massiven Drucks von Geschäftsleitung und Verwaltungsrat liessen sich die Arbeiterinnen nicht einschüchtern. Sie gingen vor Betriebsschluss auf die Strasse, demonstrierten mit Transparenten.

Landesweiter Erfolg – vielfältige Wirkung Bald schon erzeugte der Frauenstreik auf lokaler bis eidgenössischer Ebene Wirkung. Bei der Rhodanus Microtechnic in Naters brachte der von den Schweizer Medien mit Bild und Ton registrierte Streik den nötigen Druck für minimale Verbesserungen. Der Grundlohn wurde auf den Herbst hin für alle um 50 Franken heraufgesetzt, die gleitende Arbeitszeit eingeführt. Aber erst neue Lohnverhandlungen mit der Christlichen Gewerkschaft auf Ebene Gesamtarbeitsvertrag sollten die Löhne auf über 2’000 Franken erhöhen. In den Nationalratswahlen vom Oktober 1991 kandidierte Esther Waeber-Kalbermatten auf der Liste der SP Oberwallis. Auch wenn sie nicht gewählt


Die mutigen Fabrikarbeiterinnen der Rhodanus Microtechnic AG in Naters demonstrieren auf den Strassen gegen die hundsschlechten Löhne. (René Ritler, Médiathèque Valais - Martigny)

Das Frauenlese-Seminar Zürich hat für den Frauenstreik die bezahlte und unbezahlte «Care-Arbeit» ins Zentrum gestellt.


wurde gab es den Politikerinnen auf kantonaler Ebene Auftrieb. Ihrem Einfluss ist die Einrichtung eines kantonalen Büros für die Gleichstellung zu verdanken. Auf eidgenössischer Ebene konnte nur dank der informellen Netzwerke, die sich im Vorfeld des Frauenstreiks gebildet hatten, der Nichtwahl von Christiane Brunner in den Bundesrat mit voller Power entgegengewirkt werden. Die landesweiten Proteste erzwangen vom Parlament an Stelle der nicht gewählten Brunner die Wahl von Ruth Dreifuss. Seitdem ist eine Schweizer Regierung ohne Frauen nicht mehr denkbar, auch die Wahl von Viola Amherd ist darauf zurückzuführen. Dank dem «Brunner-Effekt» bestimmten Frauen in der Folge die Ausgestaltung und Annahme des Gleichstellungsgesetzes 1996, das auch die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz verbietet. Ebenso kamen auf Druck der Frauen die Massnahmen gegen häusliche Gewalt und die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe zustande. Die von den Streikenden geforderte Wahrnehmung der gratis geleisteten Hausarbeit schlug sich im Splitting und in den Gutschriften auf die Erziehungsarbeit in der 10. AHV-Revision nieder. Schliesslich ist die Einführung der Fristenlösung 2002 und der Mutterschaftsversicherung 2005 Resultat des hartnäckigen Engagements von Politikerinnen. Wirkung erzeugte der Frauenstreik in den 1990er Jahren auch bezüglich der Institutionalisierung der Fachstellen für Gleichstellung und kantonalen Frauenkommissionen, selbst wenn diese seit der Jahrtausendwende wieder unter massiven Beschuss gekommen sind, insbesondere auch im Wallis.

Alte Fragen – neu gestellt Wie 1991 gibt es auch für den diesjährigen Streik ein Vorbild: 6 Millionen Menschen beteiligten sich am spanischen Frauenstreik vom 8. März 2018. Ebenso gibt es eine Vorgeschichte, die allerdings unter neuen Vorzeichen direkt an die Streikforderungen von 1991 anknüpfen. Zum einen kommt der sexuellen Belästigung als Frage der Macht im Kontext der MeToo-Bewegung höchste politische Virulenz zu. Und der durch Trumps unverhohlenen Sexismus ausgelöste «Women’s march» hat auch in der Schweiz viele Frauen mobilisiert. Im Gegensatz zu 1991 ist aber der SGB seit Anbeginn treibende Kraft des Frauenstreiks. Er hat im letzten Jahr die grosse Demonstration gegen die immer noch fehlende Lohngleichheit initiiert, an der über 20‘000 vorwiegend junge Leute teilnahmen. Das vorwiegend von jungen Westschweizerinnen verfasste «feministische Frauen*streikmanifest» prangert die negativen Folgen des Kapitalismus an, schlägt aber zu-

gleich direkte politische Lösungen wie die Einführung von strenger Lohnkontrollen und Sanktionen vor. Die Mitglieder des Frauen-Leseseminars in Zürich stellen eine Reihe zentraler Fragen zur weiblichen Arbeit, wie: «Denkst du auch, dass es ungerecht ist, dass eine Pflegefachfrau viel weniger verdient als ein Banker oder IT-Fachmann?» Oder: «…dass gute und bezahlbare Kinder- und Altersbetreuung in Westeuropa meist bedeutet, dass Frauen und insbesondere Migrantinnen zu Niedriglöhnen diese Arbeit tun?» Es ist insbesondere die bezahlte und unbezahlte «CareArbeit», die heute weit stärker noch im Fokus steht als 1991. Diese Sorge- und Versorgungsarbeit wird vorwiegend von Frauen erbracht. Die feministische Ökonomin Mascha Madörin hat diesbezüglich errechnet, dass die materiellen Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern bei den jährlichen Einkommen sich auf mindestens 110 Milliarden Schweizer Franken beziffern. Obwohl Frauen nach Daten des Bundesamtes für Statistik im Durchschnitt pro Woche gleich viel – bezahlte und unbezahlte zusammengenommen – Arbeit leisten wie Männer. Die bezahlte Sorgearbeit als direkt für Personen erbrachte Dienstleistung kann jedoch nicht gleichermassen rationalisiert und produktiver gemacht werden wie Industriearbeit. Sie braucht Zeit. Gleichzeitig fordert die bürgerliche Politik aber Sparen und Einschränkung. Das geht direkt auf Kosten der Frauen. Die Parole der Gewerkschafterinnen des VPOD heisst denn auch: «Lohn – Zeit – Respekt».

Zeit für einen neuen Frauenstreik Am 10. März ist in Biel der Frauenstreik offizielle lanciert worden. Die Vermengung vielfältiger Formen der Ungleichheit animiert über linke, feministische und gewerkschaftliche Kreise hinaus von kleinen lokalen Zirkeln bis zu grossen Verbänden verschiedenste Gruppierungen zur Teilnahme am Frauenstreik. Katholische Frauen, Bäuerinnen, Geschäftsfrauen haben ihr Mitmachen angekündigt, die Zahl der Gruppierungen wächst, steigt wöchentlich, darin der Dynamik von 1991 ähnlich. Und so wollen sich wieder abertausende Frauen unterschiedlichsten Alters und Zugehörigkeit der weiterhin herrschenden Diskriminierung mit kämpferischen und lustvollen Aktionen entgegenstellen. Das Motto ist ebenso klar wie einsichtig: «Gleichheit. Punkt. Schluss!» Elisabeth Joris


Elle I, 80 x 120 cm, 2019 Denise Eyer-Oggier www.eyer-oggier.ch


FrauenNetzwerk Oberwallis

Ein Netzwerk ermöglicht einen verbesserten Zugang zu Informationen, Wissen und Fähigkeiten. Es schafft Gelegenheit für neue professionelle Beziehungen. Und in denen liegt die Chance zum Anstoss von Neuem. Diese Vorteile will das FrauenNetzwerk Oberwallis nutzen.

Derzeit setzt sich das FrauenNetzwerk aus folgenden Oberwalliser Organisationen zusammen: Katholischer Frauenbund Oberwallis KFBO, Regionale Integrationsstelle Oberwallis, Verein Freuw, Beratungszentrum SIPE, Soroptimist International, Unia Oberwallis, Verein Unterschlupf sowie das Amt für Gleichstellung und Familie. Für den Frauenaktionstag am 14. Juni 2019 organisiert das FrauenNetzwerk Oberwallis auf dem Sebastiansplatz in Brig die Aktion «Fotopoint – Statement mit Ausdruck!». Dabei wird eine Fotobox mit integriertem Drucker aufgestellt. Frauen und Männer sind eingeladen ihr Statement oder ihre Forderung auf ein Kartonschild zu schreiben und sich damit fotografieren zu lassen. Einen Ausdruck nehmen die Fotografierten mit, das zweite gedruckte Exemplar wird beim Stand an einer Leiter mit Leine aufgehängt. Damit werden die Aussagen sichtbar gemacht. Zudem stellt das FrauenNetzwerk Plakate auf mit statistischen Zahlen zur Lohnungleichheit sowie zur Frauenvertretung in Wirtschaft und Politik, um damit auf die existierenden Ungleichheiten aufmerksam zu machen. Mit der Aktion will das FrauenNetzwerk für die bestehende Lohndiskriminierung, für die strukturellen Nachteile der Frauen in Wirtschaft und Politik, für die Schwierigkeiten bei der Vereinbarung von Beruf und Familie sowie für die bestehenden Geschlechterstereotypen sensibilisieren. www.forum-migration.ch – Forum Migration Oberwallis www.freuw.ch – Informations- und Beratungsstelle freuw

Das FrauenNetzwerk Oberwallis besteht aus acht Oberwalliser Institutionen, die sich mit Themen des alltäglichen Lebens aus einer Frauenperspektive auseinandersetzten. Die Organisationen sind politisch neutral. Das Netzwerk pflegt die Vernetzung dank regelmässiger Treffen und öffentlichen Auftritten.

www.kfbo.net – katholischer Frauenbund Oberwallis

Ziel des FrauenNetzwerk Oberwallis ist die Vernetzung und der Austausch untereinander wie auch die Koordination zwischen den einzelnen Organisationen. Das Netzwerk will Frauenthemen sichtbar machen und die Gleichstellung und Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern fördern. Das FrauenNetzwerk Oberwallis ist eine Motivation für alle Frauen in der Region sich zu vernetzten und gemeinsame Themen gemeinsam anzugehen.

www.zukunft-frau.ch – Zukunft Frau Oberwallis

www.integration-ow.ch – Integrationsstelle Oberwallis www.soroptimist-brig.ch – Soroptimist Brig www.oberwallis.unia.ch – Unia Oberwallis www.unterschlupf.ch – Verein Unterschlupf


Schweizer Sozialarchiv_F_5032-Ka-0034


Zitate Iris von Roten

Aus dem Buch «Frauen im Laufgitter. Offene Worte zur Stellung der Frau» «Ein blöder Kerl, der an seiner Arbeit hockt wie ein Pflasterstein, soll 700 – 1000 Franken im Monat verdienen, und ich, welche die gleiche Arbeit besser kann, sollte mich mit 350 Franken im Mansärdlein begnügen. Nie, nie, nie!» «Die Möglichkeit der Empfängnisverhütung lockert die männerherrschaftliche Normierung des weiblichen Geschlechtslebens.»


Sie hat während des Zweiten Weltkriegs in den USA Frauen zu Jobs in der Rßstungsindustrie ermutigt und gilt heute als Symbol der Frauenbewegung: Rosie the Riveter


«Ohne Stellung und Aktivität im Berufsleben gibt es bei aller nominellen politischen Gleichberechtigung der Frauen keine praktische. Jene ist ein Hauptpfeiler ihrer vollen politischen Gleichberechtigung.» «Die Frauen wirken im Licht der Öffentlichkeit blasser als die Männer, ‹privater›. Sie sind eher ‹nichts›. Denn ohne Berufstätigkeit oder sonstige einigermassen öffentliche Wirksamkeit und damit auch ohne jede persönlich bedingte soziale Stellung, einfach als sogenannte Frau und Mutter, was schliesslich jede sein kann und die meisten auch sind, unterscheiden sich die Frauen objektiv scheinbar durch nichts voneinander.» «Die Erscheinung, dass die Erwerbstätigkeit der Frauen so viel weniger einträglich ist, geht auf verschiedene unmittelbare Gründe zurück. Einmal wird die schlecht bezahlte Arbeit, da unbegehrt, automatisch Frauenarbeit, weil die einträglichen Stellungen den Frauen verriegelt werden, wo immer man kann. Ferner ist die Arbeit, in der sie durchschnittlich leistungsfähiger sind, besonders schlecht entlöhnt. Und schliesslich werden die Frauen für gleiche Arbeitsleistung in der Regel grundsätzlich schlechter bezahlt als Männer.» «Haushaltfron der Frau ist der integrierende Bestandteil der Ehe unseres Kulturkreises, ist praktisch ihre Essenz.»


Schweizer Sozialarchiv_F_Pe-0624


«Weshalb an den Chef-Stellen keine weiblichen Köche stehen, dürfte nach Besichtigung des unergötzlichen Panoramas der weiblichen Berufstätigkeit wohl klar sein.» «Trotz ihrer relativen Bedeutungslosigkeit bei der weiblichen Fortpflanzungsfunktion ist die Menstruation in gewissem Sinne die auffallendste weibliche Geschlechtsfunktion. Hinter ihr steht der weibliche Körperbau und selbst die Andersartigkeit der sichtbaren Geschlechtsorgane zurück.» «So wichtig es unter der Voraussetzung der monogamen Ehe als der einzigen sozial voll anerkannten Regelung der sexuellen Beziehungen für die Frauen ist, den Richtigen zu ehelichen, so ist dies keine notwendige Bedingung zur sexuellen Erfüllung der Frauen. Im Gegenteil: Ein einziger Richtiger auf Lebenszeit ist richtig kümmerlich.» «Als Feministin sieht man in unzähligen Verhältnissen zwischen Mutter und Sohn Tragödien: Die begabte Mutter verzichtet auf die wenigen Chancen, die ihr in der Männerkultur geboren sind, um einem mittelmässigen Kind, einem mittelmässigen Sohn, das Leben recht appetitlich anzurichten und ihn seine Mittelmässigkeit als Format erleben zu lassen. Eine Laus mästet sich am Lebenssaft der Rose.»


Schweizer Sozialarchiv_F_Pb-0004-136


«Die Opfer der zeitgenössischen Mütter bestehen darin, nicht das im Leben zu tun, was sie eigentlich machen wollten – um den Bubi vor der Katze im Garten zu beschützen, ihn unermüdlich zu loben, wenn er auf Seifenkistchen steigt, und jeden Tag seine Sachen zu wäscheln, damit er, wenn er nach Herzenslust im Schmutz herumgepurzelt ist, gleich wieder tipptopp aussieht.» «Die Männer nähren die Illusion vom männlichen Lebensfunken und von der weiblichen Stofflichkeit in den unmöglichsten Abwandlungen, weil sie die unverhältnismässig grössere schöpferische Wirksamkeit des weiblichen Körpers mit Neid erfüllt.» «Hausarbeit hat noch keine Frau auf einen grünen Zweig gebracht.» «Die breite Masse der Unterdrückten verliert nicht nur Mut und Kraft zur Selbstbehauptung, sondern auch den Instinkt für die Wahrung ihrer Interessen.» «Obwohl die gegenseitigen Liebeserklärungen bei Frauen und Männern aufs Wort gleich lauten und ihr sinnlicher Genuss des Geschlechtsakts alles in allem erstaunlich ähnlich zu sein scheint, so haben die beiden zumindest nach der Vereinigung Probleme sehr verschiedener Größenordnung im Kopf: Sie fragt sich, ob sie ein Kind bekommen werde, er höchstens, wo sein Tramabonnement geblieben sei.»


Anette Kummer www.anette-kummer.ch

Trumpf sticht / Variation des Spielkartenmotivs Dame – König Das Leben ist ein Spiel, dazu braucht es Mitspieler: Frauen und Männer. Nur gemeinsam können wir gewinnen und Könige sein. Linolschnitt, Japanpapier 27,5 x 26,5 cm, Ingres 48,5 x 35 cm


A never-ending story Immer wieder werde ich mit dem Frauenthema konfrontiert. Es hört nicht auf. Frauen werden aufgrund ihres Geschlechts bestraft, gedemütigt, erniedrigt, verletzt, benachteiligt und ausgenutzt.

Neulich hatte ich den Auftrag, eine Simulationspatientin zu spielen. Eine beschnittene Frau aus Eritrea, bei der im Krankenhaus eine Unterleibsuntersuchung durchgeführt werden soll. Die Frau wehrt sich vehement gegen die Untersuchung. Zur Vorbereitung dieses Falls habe ich mich ins Thema Beschneidung eingelesen. Dabei werden die äusseren Geschlechtsorgane der Frau teilweise bis vollständig entfernt oder beschädigt. Besonders verbreitet ist die weibliche Genitalverstümmelung im Westen und Nordosten Afrikas, in Jemen, im Irak, in Indonesien und Malaysia. Weltweit leben etwa 200 Millionen beschnittene Mädchen und Frauen und jährlich erleiden etwa drei Millionen Mädchen eine Genitalverstümmelung. Die Beschneidung soll die Libido der Frau verringern und sicherstellen, dass sie vor der Ehe keine sexuellen Beziehungen hat und ihrem Mann während der Ehe treu bleibt. Zudem existiert teilweise die Vorstellung, dass die sexuelle Befriedigung der Männer durch die Beschneidung erhöht wird. Die Beschneidung wird in verschiedenen Religionsgemeinschaften, sowohl in christlichen wie auch muslimischen und anderen, durchgeführt. Allerdings gibt es in keiner Weltreligion einen schriftlichen Beleg, der die Beschneidung verlangt. Zudem wurde der Brauch der Beschneidung bereits vor der Entstehung des Christentums oder des Islams gepflegt. Ein anderes Beispiel: «Brustbügeln». Durch das «Brustbügeln» sollen die heranwachsenden Frauen vor männlichen Übergriffen bewahrt werden. Das «Bügeln» hindert die Brüste am Wachsen und soll die jungen Mädchen davor schützen, sexuell attraktiv zu werden. Attraktive Mäd-

chen, so fürchten die Eltern, würden häufiger vergewaltigt und seien öfter sexuellen Belästigungen ausgesetzt. Oder sie würden früh schwanger und könnten deshalb die Schule nicht abschliessen. Das «Bügeln» erfolgt über mehrere Monate hinweg. Dabei wird jeden Tag ein erhitzter Gegenstand, beispielsweise ein Stein, auf die Brust gedrückt und hin und her bewegt. Als Folge dieser Prozedur wird das Gewebe zerstört, und es entstehen Wunden und Abszesse, die Narben hinterlassen. Mögliche Spätfolgen sind Zysten, Brustkrebs und Schwierigkeiten beim Stillen. Neben der äusserlichen Verstümmelung kommt es oft zu einer Traumatisierung der Mädchen, die sich schuldig fühlen und sich für ihre deformierten Brüste schämen. Mittelalterliche Zustände im 21. Jahrhundert - schlichtweg nicht nachvollziehbar! Und wie stand es um die Rechte der Frau vor unserer Zeit? Zwei Frauen aus der Vergangenheit sind mir mit ihren Gedanken und Ausführungen zur Stellung der Frau besonders im Gedächtnis geblieben: Die Weise von Evolène Marie Métrailler und die englische Schriftstellerin Mary Wollstonecraft. Mary Wollstonecraft (1759-1797) lebte in London und war Frauenrechtlerin irischer Abstammung. Ihr bekanntestes Werk ist A Vindication of the Rights of Woman aus dem Jahr 1792. Dieses Dokument wurde die einflussreichste Schrift der englischen Frauenrechtsbewegung. Durch Rousseau und die Französische Revolution angeregt, fordert Mary Wollstonecraft die Befreiung von den Rollenklischees weiblicher Gefügigkeit, wendet sich gegen die Herabwürdigung der Frau zur Haussklavin und Mätresse, verlangt ein partnerschaftliches Verhältnis zwi-


Mary Wollstonecraft (1759-1797)

schen Mann und Frau, die soziale und rechtliche Gleichstellung, Chancengleichheit in Bildung und Beruf sowie die ökonomische Unabhängigkeit der Frau.

Wollstonecraft Mary: Ein Plädoyer für die Rechte der Frau «Angesichts der betrüblichen Chronik der Geschichte und des empörenden Bildes, das sich meinem Blick heute darbietet, muss ich seufzend zugeben, dass entweder die Natur einen großen Unterschied zwischen Mann und Frau geschaffen hat oder aber die Zivilisation bis heute sehr einseitig verlaufen ist. Ich habe die unterschiedlichsten Werke über die Erziehung studiert, mich gründlich mit dem Verhalten der Eltern und der Verwaltung der Schulen beschäftigt – und was war das Ergebnis? […] Verhalten und Sitten der Frauen zeigen unmissverständlich den ungesunden Zustand ihres Geistes. Der Pflanze gleich,

die in einem überdüngten Boden reiche Blüten treibt, welkt auch ihre Pracht lange vor der Reifezeit dahin. Eine Ursache solch unfruchtbarer Blüte ist in einem falschen Erziehungssystem zu suchen. Es stützt sich auf die Schriften von Männern, für die Frauen an erster Stelle weibliche und erst an zweiter Stelle menschliche Wesen sind und die als Ziel der Erziehung nicht die liebevolle Ehefrau und vernünftige Mutter, sondern die bezaubernde Geliebte sehen. Diese zweifelhafte Ehre aber hat den Verstand des weiblichen Geschlechts so betört, dass die zivilisierten Frauen unseres Jahrhunderts mit wenigen Ausnahmen auf den edlen Ehrgeiz verzichten, sich durch ihre Fähigkeit und ihre Tugend Achtung zu erwerben – ihr einziges Streben gilt der Liebe. Meine Geschlechtsgenossinnen werden mir hoffentlich verzeihen, dass ich sie wie rationale Geschöpfe anzureden gedenke, statt ihren faszinierenden Reizen zu schmeicheln und sie wie Kinder zu behandeln, die nicht auf eigenen Füssen stehen können. Ich beabsichtige, ihnen zu zeigen, worin wahre Würde und wahres menschliches Glück besteht, und sie nach Kräften davon zu überzeugen, nach körperlicher und geistiger Stärke zu streben. […] Fort also mit den hübschen Phrasen, fort mit der schwächlichen Eleganz, dem äussersten Zartgefühl und den sanften, fügsamen Manieren, die das schwache Geschlecht angeblich auszeichnen! Die verbreitete Auffassung, wonach die Frau für den Mann geschaffen sei, geht womöglich auf die poetische Schöpfungsgeschichte der Genesis zurück. Aber da heute wohl kein ernsthafter Gelehrter glauben wird, dass Eva im Wortsinne eine Rippe Adams war, kann man diese Argumentationslinie getrost aufgeben. Sie beweist bestenfalls, dass der Mann es schon seit Urzeiten für angebracht hielt, seine Stärke zur Unterdrückung seiner Gefährtin zu nutzen und ihr einzureden, sie müsse ihren Nacken unter sein Joch beugen, weil die Schöpfung ausschliesslich zu seiner Bequemlichkeit und Lust geschaffen worden sei. Was das Argument angeht, die Frau sei dem Manne schon immer untertan gewesen, so fällt es auf den Mann selbst zurück. Stets haben wenige die Vielen beherrscht. Warum haben mit überlegenen Gaben ausgestattete Männer solche Erniedrigung ertragen? […] Die Männer haben sich der überlegenen Macht unterworfen, um straflos die Freuden des Augenblicks geniessen zu können – und nichts anderes haben die Frauen getan. Solange nicht bewiesen ist, dass der Höfling, der in kriecherischer Dienstbarkeit sein männliches Geburtsrecht abtritt, kein moralisch handelndes Wesen ist, lässt sich auch nicht beweisen, dass die Frau dem Mann notwendig unterlegen sein muss, weil sie stets unterjocht wurde.» Marie Métrailler (1901-1979) lebte in Evolène im Val d’Hérens. Sie beharrte auf ihrer Eigenständigkeit als Frau und eröffnete gegen den Widerstand des ganzen Dorfes im Jahr 1925 ihr eigenes Stoffgeschäft. Marie-Magdeleine Brumagne hat in den Jahren 1974 bis 1979 zahlreiche


Marie Métrailler (1901-1979)

Gespräche mit ihr geführt. Daraus ist das Buch «Die Reise der Seele» entstanden. Im Kapitel Ausbaden schildert Marie Métrailler das frustrierende Leben der Frauen im Dorf und setzt sich ein für eine gleichberechtigte Stellung der Frauen gegenüber den Männern.

Métrailler Marie: Die Reise der Seele. Der spirituelle Weg einer Bergbäuerin «Und die Frauen? Ach, du Ärmste, es ist dasselbe wie im Tal. Sie stehen am Ofen, den ganzen Tag dieselbe Mühle. Hier wie anderswo waren sie immer um den Haushalt besorgt, in dem die Männer keinen Finger rührten. [...] Die Hausarbeiten waren allein den Frauen aufgebürdet. Gärtnern, Scheren von Schafen, Hüten der Schweine, Kindererziehung, Krankenpflege, alles lag ihnen auf dem Buckel.

Die Bergwirtschaft ist etwas, das sich immer schon auf dem Rücken der Frau tat. [...] Seit jeher waren sie selbstständig in Dingen des Hauses. Jener enge Freiraum ging von der Küche über das Schlafzimmer bis in den Stall. Im Übrigen blieben sie ein ganzes Leben lang den Männern untergestellte Minderjährige. [...] Man liess sie einfach nicht erwachsen werden, die Mädchen. Sie zählten nur für die Arbeit, die sie bringen mussten. Von den Burschen hiess es: Sie müssen zu Kraft kommen. Sie konnten sich Zeit lassen. Und sie hatten das Recht, auf ihre Kraft zu warten. Hatten auch das Recht auf ihre Liebestollheiten; die Rechnung bezahlte in jedem Fall ein Mädchen. Aus familiären wie wirtschaftlichen Gründen habe ich nie geheiratet. Ich nahm das auf mich. Aber wie viele geopferte Frauenleben habe ich doch gekannt! Ich hatte eine richtige Wut im Herzen! [...] Die Frau war nur dazu da, dem Mann zu dienen, und gar gern liess sich dieser ein bisschen gehen. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, gab es noch die sexuellen Tabus. Ginge es nach der Kirche, würde die Frau sich ihres Körpers nur bewusst, um, wenn möglich, alle Jahre ein Kind zu gebären. [...] Da hatte ich begriffen, dass wir Frauen dem Mann das Instrument der Sünde bedeuteten. Was


die Macht der Männer noch verstärkte. Seit Jahrhunderten hatte man ihm von der Kanzel zur Genüge wiedergekäut, das Unglück sei durch die Frau in die Welt gekommen. So steht es im Schöpfungsbericht! [...] Inzwischen entwickelten sich die Dinge ein wenig: Die meisten Frauen haben Ehemänner, die ihnen eine Hand reichen. Manchmal verdienen beide ihren Lebensunterhalt, sind also unabhängiger; dennoch, was für eine Art Freiheit ist das denn, dass sie über den Geldsack geht! Nicht dadurch, dass sie wie ein Mann schuftet, sollte die Frau frei werden, während der Mann, ohne es zu wissen, selbst auch ein Gefangener ist, das Opfer einer kollektiven Entfremdung: Zwangsarbeit! Mach weiter oder verreck... [...] Wenn ich zurückschaue und wenn ich heute rings um mich blicke, kann ich nichts mehr davon erkennen; Frauen dürfen ausgehen, haben ihr eigenes Auto, tun fast alles, worauf sie Lust haben – zu meiner Zeit hingegen! Die Frau musste erniedrigt werden, bestraft für Sünden, die sie persönlich gar nicht begangen hatte. Lösegeld für die Erbsünde. [...] Wenn die Frauen ihr Schicksal beklagten und versuchten, bei einem Priester Verständnis und Trost zu finden, stellte der sie ohne weitere Erklärung auf die ausgefahrendsten Geleise zurück. So hingen sie denn zwischen zwei Höllen: der ewigen und der alltäglichen. Hinzu kam noch das Schuldgefühl, nicht jedes Jahr ein Kind zu haben. [...] Da die Frauen nichts über ihren Körper wussten, peinigte sie das Bedürfnis, mehr darüber zu erfahren. Unsere Fantasie galoppierte. [...] All die Verbote rund um das Geheimnis der Zeugung, liessen Phantastereien jeden Raum. Unbefriedigt, wie sie waren, träumten die Frauen vor sich hin; und ihr ganzes Leben war eine einzige Frustration. Sie vermuteten, sie seien in der Liebe an etwas Wesentlichem vorbeigegangen. [...] Mit der Befreiungsbewegung der Frauen scheint mir eine Befreiung mehr zufällig, auch wenn sie gerechtfertigt ist. Und gerechtfertigt ist sie. Die Forderungen der Frauen sind begründet, doch verzetteln sie sich bis zum Widerspruch. Dennoch bin ich überzeugt, dass es gilt, einen Mittelweg zu suchen zwischen der unerträglichen Versklavung und dieser verbitterten Revolte. [...] Heute ahmt die Frau den Mann in seinem Schlechtesten nach, in dem, was sie bei ihm bekämpft. Sie wird hart und sektiererisch. Nimmt, was eigentlich vielen Männern eigen ist, eine gewisse Härte im Denken auf sich. Das ist schade. Ich verstehe das, aber es ist schade. Es gibt andere Waffen (obzwar ich das Wort nicht gern habe, weil es Gewalt ins Spiel bringt); es gilt, indem wir unsere eigenen Mittel besser erkunden, auf andere Lösungen zu stossen. [...] Das Paar muss wirklich zusammenarbeiten, ich sage nicht gerne: in der Pflicht - aber in Freiheit. Die Freiheit, in zahlreichen Bereichen auswechselbare Rollen zu übernehmen.» Stefanie Ammann

Dann gibt es nur eins! Du. Mutter in der Normandie und Mutter in der Ukraine, du, Mutter in Frisko und London, du, am Hoangho und am Mississippi, du, Mutter in Neapel und Hamburg und Kairo und Oslo - Mütter in allen Erdteilen, Mütter in der Welt, wenn sie morgen befehlen, ihr sollt Kinder gebären, Krankenschwestern für Kriegslazarette und neue Soldaten für neue Schlachten, Mütter in der Welt, dann gibt es nur eins: Sagt NEIN! Mütter, sagt NEIN! Wolfgang Borchert


Feedback

Nurture & Care Project

Valeria Alves da Florencia Artist in Residence Brig-Glis

Das Nurture & Care Project (2015-2019) zielt darauf ab, die ideologischen Erwartungen hervorzuheben, die an weibliche Körper gestellt werden. Der soziale Druck betrachtet Frauenkörper als funktionelle, produktive Wesen, die nicht in Pflege- und Ernährungssituationen gezeigt werden sollten, da dies ihren sexuellen Wert und ihren Status als Wunschobjekte in Frage stellt. www.valeriaalvesdaflorencia.com

Feedback (2017) zielt darauf ab, die physische und psychische Gewalt, die auf Frauen ausgeübt wird, und die Auswirkungen, die dies speziell auf unsere Emotionalität hat, in einen richtigen Zusammenhang zu bringen. Diese Arbeit entstand als visuelle Materialisierung einer persönlichen Erfahrung: die traumatische Verbindung mit einem aggressiven Soziopathen.


Felix Grundhรถfer www.felixgrundhoefer.ch


Fraueninternationale Wacht auf ihr arbeitenden Frauen, die stets man noch zum Kämpfen zwingt Das Recht auf Lohngleichheit werde Nun mit Macht zum Durchbruch dringt Reinen Tisch macht mit der Verfassung pocht auf das Recht und räumet auf Die Lohngleichheit tragt nicht länger Dagegen kämpfen wir zuhauf Frauen hört die Signale Auf zum nächsten Gefecht Gleicher Lohn gehört uns allen, Das ist der Frauen Recht Frauen hört die Signale auf zum nächsten Gefecht Gleicher Lohn gehört uns allen Das ist der Frauen Recht.

Text abgeleitet von «die Internationale» von Birgit Imboden


Elle II, 90 x 130 cm, 2019 Denise Eyer-Oggier www.eyer-oggier.ch


Frauen, verweigert euch! Der erste Frauenstreik der Geschichte. Kinesias: Wie kannst du so mirs machen, Böse? Folgst den Weibern da, und marterst mich, und quälst dich selber mit? Myrrhine: Die Hand weg! Laß mir Ruh‘! Kinesias: Du ziehst die Hand ab, und zuschanden geht daheim mein Gut und deines! Myrrhine: Schiert mich wenig! Kinesias: So? Dir ists gleich, wenn deine Weberei herab die Hühner zerren? Myrrhine: Mir ists gleich! Kinesias: Wie lange schon hast du Aphrodites Nachtfest nicht mitgemacht? - Sag, kommst du nicht mit heim? Myrrhine: Niemals, bei Zeus, wenn ihr den Krieg nicht endigt und Frieden macht! In der griechischen Komödie «Lysistrata» entwickeln die Frauen aus Athen und Sparta einen Plan, wie der zwanzig Jahre dauernde Krieg beendet werden kann. Die Frauen streiken und verweigern sich ihren Männern so lange, bis diese Frieden schaffen. Das Stück spielt 411 v. Chr. in Athen, in der Nähe und auf der Akropolis zu einer Zeit, da der Krieg gegen Sparta schon zwanzig Jahre im Gang ist. Lysistrata - ihr Name lässt sich mit «Heerauflöserin» übersetzen - trifft sich mit Lampito, einer Frau aus Sparta. Die beiden beschließen, Frauen aus allen Stadtstaaten Griechenlands zusammenzurufen, um durch die einzig effektive Maßnahme, die ihnen zur Verfügung steht, dem Krieg ein Ende zu bereiten: Sie werden sich ihren Männern so lange verweigern, bis endlich Frieden ist. Gleichzeitig erobert und besetzt

eine Gruppe älterer Frauen das Büro der Kriegskasse auf der Akropolis und weigert sich, das Geld herauszugeben. Ältere Männer versuchen, die Barrikaden anzuzünden - die jungen Männer sind alle im Krieg, doch ihr Feuer beantworten die Frauen mit Wasser. So wird auch dieser Brand gelöscht, die Frauen gewähren keinen Zutritt zu ihrem Schatz. Am Ende zeichnet sich ab, dass Lysistrata und ihr inszenierter Liebesentzug auf der ganzen Linie siegen wird. Aristophanes ist der griechische Komödienschreiber par excellence. Er verfasste die klassischen Komödien «Lysistrata», «Die Vögel» und «Die Frösche». Immerhin entstanden diese Werke gut 400 Jahre vor unserer Zeitrechnung. Er soll um 450 v. Chr. in Athen geboren und auch dort 60 oder 65 Jahre später gestorben sein.


n e u a Fr Streik Aktionstag und

14. Juni 2019 Ab 11.00 Uhr auf dem Sebastiansplatz in Brig.


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