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KURZ & BÜNDIG

KURZ & BÜNDIG — Florian Altermatt

Biodiversität studieren

Interview: Stefan Stöcklin

Florian Altermatt, die UZH bietet als erste Universität der Schweiz ab nächstem Herbst einen Studiengang zur Biodiversität an. Wie kam es dazu? Wir alle wissen, dass die Biodiversität bedroht ist. Aus diesem Grund hat das Verständnis der Prozesse, die Biodiversität schaffen oder erhalten, eine hohe wissenschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung. Wir wollen mit unserem Studiengang junge Menschen ausbilden, die die notwendige Expertise haben, um die anstehenden Herausforderungen in Forschung und Praxis anzugehen. Der Wunsch nach einem eigenen Studiengang wurde auch von Seiten der Studierenden ausdrücklich an uns herangetragen.

Wieso ist die UZH für diesen Studiengang prädestiniert? An unserer Universität forschen sehr viele Gruppen zum Thema Biodiversität, beispielsweise zu ökologischen oder evolutionären Aspekten, aber auch zu interdisziplinären Verknüpfungen, beispielweise zu Erd oder Geisteswissenschaften. Die UZH geniesst deshalb in diesem Bereich weltweit einen ausgezeichneten Ruf.

Wie stark ist die Biodiversität in der Schweiz bedroht? Als kleinräumiges Alpenland haben wir eine hohe Vielfalt an Lebensräumen und damit auch eine überdurchschnittliche Zahl von Arten. Wir gehen von bis zu 70000 Pflanzen und Tierarten in der Schweiz aus. Wegen der intensiven Landwirtschaft und der Zersiedelung der Landschaften sind wir aber auch überproportional vom Artenverlust betroffen. 30 Prozent der Arten sind unmittelbar gefährdet, weitere 30 Prozent potenziell gefährdet.

Bieten die Berglandschaften nicht auch Rückzugsmöglichkeiten? Es stimmt, aufgrund der Klimaerwärmung können sich manche Arten in höher gelegene Gebiete zurückziehen. Gleichzeitig gibt es in der kleinräumigen Gebirgslandschaft auch einzigartige Arten mit kleinen Verbreitungsgebieten. Diese lokal angepassten, teilweise endemischen Arten können nicht ausweichen und kommen durch den Klimawandel unter Druck. Die Biodiversitäts und die Klimakrise verstärken sich gegenseitig.

Laut der Biodiversitätskonvention sollte jedes Land die Biodiversität auf 30 Prozent der Landfläche bis 2030 schützen. Wie weit ist die Schweiz? In der Schweiz sind etwa 12 bis 14 Prozent der Fläche für den Erhalt der Biodiversität ausgeschieden. Wir sind also noch weit entfernt von dieser Zielvorgabe. Es ist nun wichtig, auf einem Teil der restlichen Fläche die Biodiversität zu priorisieren, was durchaus mit anderen Nutzungen kompatibel ist. Beispielsweise kann eine extensive, vielfältige landwirtschaftliche Nutzung die Biodiversität fördern. Sie sind Professor für Aquatische Ökologie. Wie ist der Zustand der Gewässer? Die Biodiversität in den Gewässern ist stärker bedroht als auf dem Land, was beunruhigend ist, da diese Lebensräume überaus artenreich sind: In der Schweiz beanspruchen die Gewässer mit ihren Uferbereichen knapp 4 Prozent der Landesfläche, sie beherbergen aber bis zu 80 Prozent aller bekannten Pflanzen, Insekten und Wirbeltiere. Verschwinden und verarmen Gewässer durch bauliche Eingriffe oder chemische Verschmutzung, wirkt sich dies überproportional aus.

Wieso wird die Biodiversitätskrise im Unterschied zur Klimakrise als weniger problematisch wahrgenommen? Ausser Expertinnen und Experten sehen die meisten Menschen nicht, wenn Arten aussterben. Man blickt auf die Idylle einer grünen Wiese und denkt, alles sei intakt, was aber nicht stimmt. Ein Grund ist sicherlich, dass Biodiversität schwieriger fassbar ist und es noch kein leicht kommunizierbares Ziel wie das Klimaziel von 1,5 Grad gibt. Wir können nur immer wieder darauf hinweisen, dass die Biodiversität unsere Lebensgrundlage ist. Ihr langfristiger Erhalt ist für unser Überleben notwendig.

Mehr zum neuen Studiengang Biodiversität: www.biodiversitaet.uzh.ch

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