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Van Goghs schöne Heimat Zum 125. Todestag des Malers feiert Nordbrabant seinen berühmten Sohn - 30.04.2015 14:00 Uhr AMSTERDAM - 1890 starb der höchst rätselhafte Künstler Vincent van Gogh. Der Pfarrer seines Heimatortes bot den Bauern sogar Geld, damit sie sich nicht von ihm malen lassen. Kaum jemand erkannte das Genie, das hinter seiner damals ungewöhnlichen Kunst steckte. Eine Spurensuche.
Zu Ehren Vincent van Goghs funkelt ein 600 Meter langes Stück des nach ihm benannten Radweges. Der Designer Daan Roosegaarde hat dafür moderne LED-Technik eingesetzt.Foto: dpa
© dpa
Ein Mädchen lieben, wie geht das? So jedenfalls nicht. Vincent van Gogh war — in Liebesdingen — ein Unglücksrabe. „Nein, niemals, nie!“, schrie ihm Kee Vos ins Gesicht, nachdem er ihr seine Gefühle gestanden hatte. Einen Sommer lang war sie im Jahr 1881 zu Gast in seinem Elternhaus, der Pfarrei von Etten-Leur im niederländischen Südosten. Okay, er war 28 und sie dummerweise seine Cousine. Was für ein Drama. Es kam noch schlimmer während seiner frühen Jahre in sumpfiger Weite. Vincent erreichte Nuenen nur zwei Jahre später, mit 30. Heute ist der Ort im Windschatten von Eindhoven ein herausgeputztes Nest. Mühlen, Kopfsteinpflaster, Alleen. Für den Maler kam Margot Begemann noch hinzu. Zwei Jahre blieb er, mehr als 180 Werke entstanden, er und Margot knüpften zarte Bande. Aber Nuenen war kein Liebesnest. Oder wie soll man das sonst benennen? Wenn sie das „Malermännlein“ im Ort mit einem Hund verglichen, der mal launig sei, mal knurrend. Wenn sogar der Pfarrer den Leuten Geld dafür bot, dass sie sich nicht bei der Feldarbeit von ihm malen ließen, wie im Infozentrum „Vincenter“ heute jeder erfahren kann.
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Margot jedenfalls hielt dem Druck nicht stand. Ein Selbstmordversuch, und ihr Vincent sah sich endgültig in seinem Vorsatz bestärkt, „tot zu sein für alles, außer für meine Arbeit“. Heute sind sie stolz auf ihn in Nordbrabant. Stolz auf den rothaarigen Künstler mit seinen mal grünlich, mal blau schimmernden Augen, dessen zahlreiche Selbstporträts nicht aus Eitelkeit entstanden, sondern weil er oft kein Geld hatte, um Modelle zu bezahlen. Erst nach seinem Tod 1890 klimperten die Kassen.
Trost bei Prostituierten „125 Jahre Inspiration“ ist das landesweite Jubiläumsjahr überschrieben, mit dem die Niederlande heuer zur Auseinandersetzung mit einem der wichtigsten Maler der Kunstgeschichte einladen. Als er
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sich am 28. Juli 1890 im Alter von 37 in Südfrankreich das Leben nahm, hatte er all die Jahre über höchstens zehn Bilder verkauft und war stets auf die Unterstützung Anderer angewiesen. Van Goghs Liebe galt nach seinem Pech mit den Frauen nur noch der Malerei. Für die Triebe ging er zu Prostituierten. Gut möglich, dass seine markanten Naturbilder und Studien des Landlebens, seine berückenden Porträts von buckeligen Bäuerinnen in finsteren Feldern deshalb oft wirken wie die Blicke eines unglücklich Liebenden auf die Welt: mit aller Zärtlich- und Grausamkeit. Geschrieben mit dem Licht der Landschaft und gelesen in der Dunkelheit der Stuben bei Nacht. In der Provinz Nordbrabant, wo Vincents Wiege stand, kann man noch immer die Dörfer sehen, die Kirchtürme und struppigen Strauchwiesen, die Van Gogh in seiner Malerei inhalierte. Als „Kulissenlandschaft“ wird dieses saftig grüne Flachland bezeichnet, in der sich halboffen Brücken und Häuser auftun wie Bühnenbilder. Wer schlau ist, schnappt sich eines der Hollandräder, die es überall zu mieten gibt. Hollandrad fahren heißt, einen Sessel mit Landschaftsblick unterm Hintern zu haben, der genau das ermöglicht, was wir im Alltag oft suchen: es einfach laufen zu lassen. Oder es funkeln sehen. Ein kleines Stück des 335 Kilometer langen Van-Gogh-Radwegs, der zu allen
Im berühmten Keukenhof im Niederländischen Lisse hat man aus Tulpen das Portrait Vincent van Goghs gepflanzt.
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fünf Brabanter Lebensstationen des Künstlers führt, lässt nahe Nuenen die Wassermühlen von Opletten und Collsee passieren. Dort hat ein Designer Van Goghs südfranzösisches Gemälde „Sternennacht“ nachempfunden und den Bodenbelag so gestaltet, dass er bei Nacht leuchtet.
„Ersatz“ für toten Bruder Wobei die Radwanderung hier auch zur Gratwanderung werden kann, die eine tragische Periode im Leben des Malers berührt. Die „Sternennacht“ malte Vincent 1888 nach einem Aufenthalt in der Psychiatrie. Das verbindende Element zwischen Heimat und Ferne, Aufgewühltheit und Stille ist in dem Gemälde der südliche Himmel über einem heimatlichen, holländischen Dorf. In Brabant war Van Goghs Farbpalette anders als in Frankreich, anders als die Erde, das Licht, das Land. An Rembrandt schulte er sein Auge, was die Helldunkelmalerei betraf. Der Kunstgriff, das Düstere kontrastreich zum Leuchten zu bringen, mündet in Nuenen 1885 in sein erstes Meisterwerk: Es ist der Fensterblick in eine abendliche Bauernkate auf „Die Kartoffelesser“. Heute befindet sich das Bild im Van-Gogh-Museum in Amsterdam, also gut eine Autostunde von seinem Entstehungsort entfernt. Nach den „Kartoffelessern“ hat Van Gogh nie wieder so viel Mühe auf eine mehrfigürige Komposition verwandt. Das erhaltene Haus der abgebildeten Familie de Groot wiederum ist im Geweseweg in Nuenen einer von 21 Orten, die das Dorf zu einem begehbaren Freilichtmuseum der Erinnerung an den großen Rätselhaften machen. Im Wohnhaus der unglücklichen Margot Begemann darf man zum Beispiel entdecken, wie frech junge Künstler heute mit ihrer Vorstellung der damaligen „Vincent Affair“ umgehen. Zum Beispiel ist eine Installation mit Stühlen in Liebesstellungen zu sehen. Und auch die Mühle Roosdonck ist eine der Stationen beim Rundgang, sie kam regelmäßig in seinen Bildern vor. Mit all den Kopfweiden, Krähen und Äckern, die der rastlose Streuner meist bei Sonnenauf- oder untergang aufsuchte. Der zeitgenössische Maler David Hockney (geboren 1937) hat gesagt: „Van Gogh sorgt dafür, dass du die Welt um dich herum intensiver siehst“. Hockneys eigene Gemälde sind ebenfalls millionenschwer und werden diesen Sommer als Teil der Sammlung Würth gemeinsam mit Picasso und Tinguely im Nordbrabanter Museum in ’t-Hertogenbosch gezeigt. Dort befinden sich auch die acht Originale Van Goghs, die in Brabant verblieben sind. Wer den Künstler wirklich verstehen wolle, sagt Ron Dirven, Leiter des Van-Gogh-Museums in Zundert, der müsse Van Goghs Herkunft kennen: Vincents Naturbegeisterung, Vincents Familiengefüge, seine Religion. Das erst 2008 zum multimedialen Museum umgestaltete Gebäude neben dem einstigen Geburtshaus des Künstlers ist ein Kabinett aus Geschichten, Erinnerungen und Briefzitaten, die vor allem Vincents Bruder Erst nach seinem Tod wurde der Wert von van Goghs
Theo galten, der ein Lebensanker für ihn war.
Kunst erkannt. Die Preise für seine Bilder stiegen in
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astronomische Höhen, entsprechend häufig wurden
Hinterm Haus treibt der Kirschgarten Blüten.
seine Bilder gefälscht. Hier die Fälschung des Gemäldes
Vincents Mutter betrieb Gartenbau nach
"Der Sämann".
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viktorianischem Vorbild. Er zeichnete hier viel.
Oder er strich in den stillen Wäldern der nahen Rucphenschen Heide herum, bestimmte Vögel, „leicht gebückt, nachdenklich und den Kopf eingezogen“, wie in einem Dokument beschrieben wird. Auf dem Friedhof liegt hinter einem Kastanienbaum ein „Vincent“ begraben. Es ist nicht der Maler, den wir kennen, sondern sein namensgleicher, ein Jahr früher geborener und rasch verstorbener Bruder. Es wurde viel gemutmaßt, ob die Psyche des weltberühmten Künstlers deshalb so brüchig und sensibel gewesen ist, weil er sich stets als „Ersatz“ für den Verstorbenen sah. Was Van Gogh fühlte, erzählen seine Bilder. Wo er all das fühlte, zeigt die Landschaft , Nordbrabants.
Weitere Informationen: Tel.: (00 3173) 687 78 77, www.hnbm.nl, www.holland.com sowie www.expedia.de, die diese Reise unterstützten. Christian Mückl
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