Edition Poesis, Nr. 1 herausgegeben von Gunther Nickel
Sebastian Kiefer
ÜbEr allEN GiPfElN Magie, Material und Gefühl in Goethes Gedicht »Ein gleiches«
Verlag andré Thiele
»Über allen Gipfeln« ist der separat lesbare erste band einer zweiteiligen Studie. Der zweite Teil wird das von Goethe unter dem Titel »Wandrers Nachtlied« gemeinsam mit »Über allen Gipfeln« überlieferte Gedicht (»Der du von dem Himmel bist«) behandeln und im frühjahr 2012 im VaT Verlag erscheinen.
© VaT Verlag andré iele, Mainz am rhein 2011 Umschlag: Klaus H. Pfeiffer, www.goldensection.de lektorat: Meike bohn, Mainz Satz und reihengestaltung: felix bartels, berlin Druck: Winterworks, borsdorf alle rechte vorbehalten. www.vat-mainz.de isbn 978-3-940884-51-0
iNHalT Ein feldversuch »Ergreifende Schlichtheit« idiomkombination, komplexe Elementarität und Klassik Was ist klassisch? (i) Das prototypisch »Poetische«. Titelverse Die kompositorische funktion der inversion »ist ruh’« und das kollektive lyrikempfinden Kaschierte arbeit mit nicht vorhandenen Äußerungsumständen Der leser und sein anderes »Selbst«: Der reaktiv unterstellte beobachterstandpunkt und seine kompositorische funktion Was ist klassisch? (ii) aufspalten, Über- und Zerschreiben, künstliches Verfehlen der »form«. Hypothesen zum Entstehungsprozeß Der vielstimmige abstieg vom Gipfel zum Wipfel rhythmische labilität, Hauch, Polyphonie, Evidenz Was ist klassisch? (iii) Zeigen, was nicht zu deuten ist; Mit-Empfinden-lassen, was nicht bezeichnet werden kann fremdkörper Kopula, Mimesis Zweiter Stufe Was ist klassisch? (iV) Mit-Empfinden der überschriebenen Versionen. Verbergen von Tiefensyntax. Gedicht als Optionsraum Was ist klassisch? (V) idiomatische brüche und ausstellen lyrischer Klischees (Vers 6) Weshalb kann »Ein gleiches« nicht »Wandrers Nachtlied« heißen? Die Poetik der Titelgebung Goethes anmerkungen bibliographie
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Talk about specifics, the generalities will take care of themselves. Emmett Williams1
Die Sache ist sehr einfach, sagte Goethe. Um Prosa zu schreiben, muß man etwas zu sagen haben; wer aber nichts zu sagen hat, der kann doch Verse und Reime machen, wo denn ein Wort das andere giebt und zuletzt etwas heraus kommt, das zwar nichts ist, aber aussieht, als wäre es was. Gespräche mit Eckermann, 29. Januar 1827
Denn das bloße Anblicken einer Sache kann uns nicht fördern. Jedes Ansehen geht über in ein Betrachten, jedes Betrachten in ein Sinnen, jedes Sinnen in ein Verknüpfen, und so kann man sagen, daß wir schon bei jedem aufmerksamen Blick in die Welt theoretisieren. Goethe, Vorwort zur farbenlehre
[Ein gleiches] Über allen Gipfeln ist ruh[’], in allen Wipfeln Spürest du Kaum einen Hauch; Die Vögelein schweigen im Walde. Warte nur, balde ruhest du auch.2
[Erstdruck 1780]3 Um friede
[fassung in den Schriften 1789]4 Wandrers Nachtlied
Der du von dem Himmel bist alle freud und Schmerzen stillest, Den der doppelt elend ist Doppelt mit Erquickung füllest. ach ich bin des Treibens müde! Was soll all die Qual und lust? Süßer friede, Komm, ach komm in meine brust.
Der du von dem Himmel bist, alles leid und Schmerzen stillest, Den, der doppelt elend ist, Doppelt mit Erquickung füllest, ach[,/!]5 ich bin des Treibens müde, Was soll all der Schmerz und lust? Süßer friede, Komm ach komm in meine brust!
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Ein feldversuch Etwas ist über Gipfeln; Wipfel sind da, Vögel im Wald. Die Worte beschreiben − in kunstgerechter Typisierung − eine Dämmerungsszenerie im Gebirge oder eine spätabendliche »atmosphäre« und die rolle der Person, die das alles wahrnimmt (oder es sich vorstellend wahrnimmt). So dachte man damals und denkt man heute. Und damals wie heute wundert(e) man sich beharrlich, wie wenig eigentlich »gesagt« wird und wie nah und anschaulich dennoch oder gerade deswegen alles sei, wie magisch hintergründig alles wirke, oder auch: wie »lakonie« so »ergreifend« sein könne6: Das zweite Nachtlied [d.i. »Ein gleiches«] setzt das erste fort und hat etwas von dem Frieden, nach dem das erste sich sehnte. Das Naturbild ist wieder da, abermals nur in den weitesten Linien entworfen, wenngleich deutlicher als im ersten Lied: wieder fast nur Raum. […] Seltsam, wie sich ohne die geringste Schilderung hier eine Abendlandschaft andeutet, in der nur noch die Höhen aus der Dämmerung ins letzte Licht ragen! 7 Um diesem Mysterium auf die Spur zu kommen, unterwarf man die acht Zeilen in zwei Jahrhunderten einer Unzahl von »interpretationen«, deren kleinster gemeinsamer Nenner die Vorstellung war, ein Sprachkunstwerk zu »verstehen« hieße, es zu »deuten« und das wiederum hieße: paraphrasieren, in welcher Weise der autor hier gewisse Erfahrungen, beobachtungen »poetisch« vulgo: »musikalisch« verdichtet, welche bedeutungen hier wie vermittelt oder »ausgedrückt« seien und welche Vorstellungen von Natur heimlich »mit dargestellt« würden. Nur stieß man immer wieder aus das Unerklärliche: Wie? Und: Wo? – Es steht doch fast nichts da.
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Goethe überschrieb »Über allen Gipfeln« autoritativ mit »Ein gleiches«. Das tat er jedoch nur zu einer einzigen, sehr bestimmten Gelegenheit: als er in einer ausgabe seiner Werke den Text unterhalb des Gedichtes »Wandrers Nachtlied« setzen ließ. Das ist der Grund, warum man vom »Zweiten Nachtlied« oder auch einfach von »Wandrers Nachtlied« spricht − die Überschrift »Ein gleiches« nämlich soll nichts anderes bedeuten als: dieselbe Überschrift wie in dem darüberstehenden Gedicht sei hier anstelle der Zeile »Ein gleiches« zu denken. Häufig versteht man das Wort »gleiches« dabei auch, als würde es dasselbe (›das Gleiche‹) sagen wie »etwas gleiches« oder »etwas Gleiches« und dasselbe wie »dasselbe« im Sinne von »noch ein Text derselben Art«.8 Dabei kann das, was von »gleicher art« ist, einer vollkommen anderen Gattung zugehören, einer völlig anderen Sprechsituation zuzudenken sein, völlig andere Gegenstände haben, eine andere art des Vorstellens, des Verhüllens, des untergründigen rhythmisierens, des Nicht-Nennens oder was auch immer. Niemand findet das bemerkenswert: Die jeweils vorgeschlagenen Erklärungen des vermeintlich trivialen Titels sind völlig unvereinbar miteinander in all ihrer Selbstverständlichkeit und alltäglichkeit. aber das ist die Sache selbst: Das Gedicht ist alltäglich und »lakonisch«, und offensichtlich weiß jeder sofort, was gemeint ist − nur lesen die interpreten aus dem Offenbaren etwas unvereinbar Gegensätzliches »heraus«. Nicht einmal wird in den hundert Erklärungen des »Sinns« dieses scheinbar schlichten poetischen ausdrucks erklärt und begründet, ob hier »gemeint« sein solle: derselbe Titel wie im vorstehenden Gedicht sei zu denken, oder: das Gedicht selbst sei ähnlich oder dasselbe wie das darüberstehende − und noch viel weniger, was denn am oder oder im Gedicht gleich oder identisch sein soll. Was also ist denn nun »gleich« und in welchem Sinne – ähnlich oder identisch? – : die »Gattung«, die Machart, der Charakter als rollengedicht? all das erfährt man aus den Deutungen der
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literaturgeschichten und pädagogischen Handreichungen erstaunlicher- wie symptomatischerweise nicht. Heute ist man offenbar des Treibens müde und bescheidet sich mit elementaren Stipulationen wie: »Die Überschrift besagt: Ein weiteres Nachtlied des Wanderers«.9 Das ist nicht nur brutal, verfehlt den Wortsinn, es erklärt auch nichts: Hat man sich einen singenden Wanderer in einer landschaft vorzustellen, ist es einem solchen Wanderer zugeeignet? − und vor allem: weshalb das?, wo doch erstens gar nicht leicht zu sagen ist, was hier überhaupt »lied« heißt, und wo vor allem weder die Nacht noch der Wanderer hier wie dort vorkommen, man sie also wie ›von außen‹ durch die Titelzeile erst einbringen und dann noch einmal dieses Einbringen nicht vorkommender figuren in »Der du …« auf das zweite Gedicht übertragen muß − und zwar in »gleicher« Weise, also vielleicht in derselben, vielleicht in einer dezidiert nur ähnlichen Weise. Und was hieße ähnlich oder identisch, wo doch die erste Zeile von »Der du …« ein rekombiniertes Zitatfragment des Vaterunsers ist, das Gedicht also mit ziemlich komplizierten Materialkombinationen eines Gebetes arbeitet, während der reiz von »Über allen Gipfeln / ist ruh’« doch wohl eher mit der abwesenheit einer konkreten beobachterperson zusammenhängt. Das leugnen die »interpreten« auch gar nicht, im Gegenteil: »im vorangehenden Gedicht sprach der Wanderer, aber wer spricht hier? Keine identifizierbare Person jedenfalls.«10 Wenn die »interpreten« sich selbst beim Wort nähmen, kämen sie auf die in der Tat ›ungeheurlichen‹ Konstruktionen in diesem harmlos scheinenden Text. Das tun sie jedoch nicht. Statt dessen erfinden sie immer neue Dinge hinzu und zwar stets solche, mit deren Hilfe man sich am Ende beweisen kann, die Kunst bestehe darin, uns jene rührenden Dinge zu liefern, nach denen unser Gemüt immer schon verlange: »eher schon ist es die Natur selbst«, die hier spreche, sagt der eben erwähnte Kommentator, um eine lösung des unerfindlichen rätsels zu
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geben, wer denn hier wie »wahrnimmt«. Das mag eine angenehme Phantasie sein, doch es steht nirgends im Text. Und das Schöne und Ergreifende sei eben, daß diese Natur »den gestressten Menschen – ›ach ich bin des Treibens müde‹ – in ihrem Schoss (wie man damals noch sagen konnte) aufnimmt.«11 Nun, wenn man zuvor wüßte, was Natur ist, bräuchte man keine Poesie mehr, um sich an ihr zu trösten: Man bräuchte sie nur noch dazu, illustrierend zu bekräftigen, wonach es einen in seinem gestreßten Dasein schon immer verlangt. Wer würde auf die idee kommen zu behaupten, Johann Sebastian bach hätte nicht den Tetrachord »gemeint«, der am anfang des Wohltemperierten Klaviers steht, sondern etwas anderes, ›Dahinterstehendes‹, das man sich anstelle des faktisch Geschriebenen »zu denken« habe und das den »eigentlichen« Gedanken ausdrückt? Darf man das in der Wortsprache, weil hier die sichtbaren »Zeichen« nur »äußere« Vehikel für eine unsichtbare geistige »bedeutung« im inneren sind? Warum darf man solche esoterischen raum- und Gefäß-Metaphern auch heute noch ganz selbstverständlich auf Sprachkunstwerke anwenden und als »Wissenschaft« ausgeben? Wer käme auf die idee, Marcel Duchamps »fountain« hieße eigentlich gar nicht so; der Titel sei nur als Vorwand zu verstehen und ›eigentlich‹ habe man sich etwas zu denken wie »Ein Pissoir und weiteres ready-made, das ich hiermit spaßeshalber als fountain bezeichne«? – weil Goethe eben ein »klassischer« Dichter sei, Duchamp aber »modern« und daher »vieldeutig« und »mit den Erwartungen des rezipienten spielend«? Wo steht das? Es ist symptomatisch, daß man einerseits darauf beharrt, der Titel »Ein gleiches« sei nicht »deutungsbedürftig«, doch eben diesen Titel ja im selben atemzug immerzu deutet, nämlich seinen angeblich ›eigentlichen‹ Sinn gegen den Wortbestand behauptet.12 (Eine solche Paraphrasiermentalität sieht dann z.b. eine Vorwegnahme »des Gleichklangs von Natur und Mensch, Dichter und Stimmung«13 − ob-
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wohl weder der Mensch noch die Natur noch ein Gleichklang noch ein Dichter noch irgendeine »Stimmung« im Gedicht vorkommen.) Doch auch, wer darauf beharrt, der Titel »Ein gleiches« ›besage‹ nichts weiter, als daß an dieser Stelle ›eigentlich‹ die Überschrift »Wand(e)rers Nachtlied« zu denken sei, postuliert ›eigentlich gemeinte bedeutungen‹14, die er an die Stelle des vom autor definierten bestandes setzt. Dabei wäre solche Esoterik, die sich als Vernunft und alltägliche Natürlichkeit verkleidet (»Hermeneutik«), leicht zu vermeiden; man muß nur lesen, was dasteht: Wenn etwas auch (so) ist wie etwas anderes, dann ist es diesem »gleich« – oder es geschieht »ein gleiches« mit beiden Dingen (in gewisser Hinsicht). /auch/ ist keineswegs dasselbe wie /gleich/ und noch weniger dasselbe wie »Ein gleiches«, aber deshalb gibt es keinerlei Grund, etwas »hinter« den Worten an eigentlicher absicht zu postulieren. Wenn etwas »auch« wie etwas anderes ist oder wird, ist etwas an jenem diesem gleich – nicht mehr, nicht weniger. Daran ist nichts Geheimnisvolles, im Gegenteil. Was dieser empirische befund für das Verhältnis von Überschrift und Hauptkorpus und damit für die Poetik des Ganzen bedeutet, ist wieder eine andere frage. Daß Goethe darüber hinaus dem Schein nach eine Konvention des 18. Jahrhunderts bediente, in dem man öfters »Ein anderes« und ähnlich titelte, wenn man Stücke gleicher Gattung oder Motivik in Sammlungen einander zuordnete, ist ohnehin klar. Goethes Virtuosität ist selbstverständlich auch und gerade in einer solchen nachträglichen Titelgebung − im rahmen einer Schriftensammlung des berühmtesten Dichters der Epoche, immer schon mit blick auf die Nachwelt veranstaltet − eine akrobatik des Scheins: insbesondere des Scheins der Einfachheit, Transparenz, Natürlichkeit. Man hat sich auch deshalb angewöhnt, den Text als (Zweites) Nachtlied des Wanderes zu kategorisieren, weil man meint, es handele sich um ein Gedicht, das, sei es als rollengedicht oder als Gedicht über die rolle eines Wandern-
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den − auch da unterscheidet man ungerne −, die Erfahrungen oder (möglichen oder wirklichen) beobachtungen eines Wanderers in nächtlicher Szenerie verarbeitet und eine art sangbarer Essenz bildet, die, eben weil sie Essenz ist, ins Gleichnishafte geht. Warum welche Worte weshalb eine Essenz oder eine »poetische Verdichtung« bilden − was sollte denn »verdichtet« werden, etwas, das vor abfassung des Gedichtes bereitlag in der »Seele« des Dichters? − und nicht zum beispiel eine reduktion auf ein paar Stichworte oder Skizzenstriche, wie wir sie auch im alltag gebrauchen, um Zeit zu sparen, und wo wir unterstellen, der adressat werde das fehlende ohnehin selbst hinzudenken, wird ebenfalls nirgendwo erklärt. Es ist eine denkbar gute Schule zur Wahrnehmung dieser Kompositionskunst, die Gründe zu verstehen, weshalb Goethe eben nicht schrieb: »Noch eines« oder »Ein Weiteres«, oder, wie er in ähnlichen Druck-fällen seines Werkes geschrieben hatte, »Ein anderes«, »Desgleichen« und auch nicht »Ein Gleiches« (das sich in manche ausgaben hineingeschmuggelt hat), sondern eben genau dieses: »Ein gleiches«, und das nur in diesem einen fall. »Ein gleiches«: dieser ausdruck ohne Subjekt und ohne Nomen ist kein Warenetikett, sondern eine hinzukomponierte Titelzeile – die irrungen und Wirrungen der rezeption sind der schönste beweis dafür, wie durchkomponiert diese Zeile ist. Sie sind das Produkt von Goethes Kalkül, über diesen subjektlosen ausdruck wechselseitige Kontrafakturen, Negationen, brechungen in und mit beiden Texten herzustellen. Man verdrängt es, aber bis heute tut man so, als wüßte man, ob nun eher eine gleiche art zu dichten, eine identische oder ähnliche Überschrift, eine identische oder ähnliche dargestellte Sache, eine gleiche Sprechsituation oder Sprecherperson hinzuzudenken sein soll − und tut so, als ergäben sich durch die von Goethe Jahrzehnte nach der Gedichtentstehung hinzukomponierten Titel nicht oft unvereinbar verschiedene Perspektiven.
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Niemand kann vom Haupttext her darauf schließen, wie Goethe ein Gedicht betiteln würde. Goethe umgekehrt hielt lange Zeit Titel für unnötig, das heißt, das Wissen darum, daß hier ein Wanderer als Zugeeigneter, als Wahrnehmender oder Singender und die Nacht als Tageszeit hinzuzudenken seien, hielt er für unnötig − oder für störend. Oder − und dafür spricht vieles − Goethe dachte den Text nicht als rollengedicht, als Darstellung eines Wanderers oder was auch immer, sondern einfach: als Text. also als etwas, das seine eigenen Gesetze hat. Mithin: so eigengesetzlich ist, wie es seine reife Kunstanschauung immer gelehrt hat. Und er setzte daher die aufforderung, in den Text die in diesem nicht vorkommenden Gegenstände Wanderer und Nacht hineinzulesen und es nun nicht mehr als Gebet, sondern als lied zu hören, ganz bewußt von ›außen‹ hinzu, um in die Sprach- und Vorstellungsprozesse des rezipienten neue Objekte einzubringen − und damit notwendigerweise einen Konflikt zwischen diesen hineinzulesenden Objekten und dem Text selbst zu produzieren. Diese aufforderung zum Projizieren,«Herauslesen« oder »Wiederfinden« von Dingen, Situationen, Gattungszugehörigkeiten, die im Text nicht vorkommen, hat er ausdrücklich als etwas gekennzeichnet, das in beiden fällen »gleich« zu vollziehen sei − also in identischer und doch wieder nur ähnlicher Weise. Sein artistisches Kalkül zielt auf unsere reaktiven Substitutions- und Vervollständigungsmechanismen, und zwar schon mit dem ausdruck »Ein gleiches« selbst. Dieser ist nur sinnvoll und mit dem Textkorpus verknüpfbar – das ist Empirie, keine »Deutung« −, wenn man sich ein »x« als gekennzeichnetes Subjekt dazudenkt, sei es als imaginären Gegenstand oder als Sachverhalt, sei es als Verweis auf den gedruckten Text, der dann »gleich« wie etwas anderes wäre. Der Titel ist vor jeder Deutungs-Option wesentlich vervollständigungsbedürftig, um sinnvoll zu werden, und er kann ebensogut zu »Ein gleiches Gedicht« wie zu »Ein gleiches Ereignis [im Gedicht]« u. a. vervollständigt werden. bereits mit dem Ti-
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telvers arbeitet Goethe demnach über die durch ihn ausgelösten Vervollständigungsreflexe mit der Spannung von Verbalform, Eigenschaft und Gegenstand, aber auch von abstrakten und konkreten Entitäten überhaupt. Die Gedichte selbst betätigen ohnehin von den ersten Silben an unsere Vervollständigungsreflexe: »Der du …« setzt ganz offensichtlich eine vorhergehende Äußerung und identifikation eines Gegenstandes voraus, der im Gedicht selbst nirgends genannt wird. andererseits kommt der im Titel annoncierte Wanderer weder in diesem noch im Schwestergedicht vor, »Natur« kommt nicht vor, die Nacht kommt nicht vor. Dagegen tritt im früheren »Wanderers Sturmlied« die Witterung ziemlich bühnenreif auf, während in »Jägers abendlied« wiederum der Jäger äußerst raffiniert ausgespart wird: berge kommen nicht vor − und wenn man fragte, inwiefern es sich bei den Texten eigentlich um »lieder« handelt, würde man einige Verlegenheiten verursachen − sofern man mehr meinte als die für jeden beliebigen Text der Welt zutreffende Eigenschaft, prinzipiell vertonbar« zu sein. Jeder, der einmal in Gedanken die ruckelnden, irregulären, fast durchweg schwebenden rhythmen und verqueren Proportionen von »Über allen Gipfeln« im gewöhnlichen Sinne des Wortes zu »singen« versuchte, wird in jene Verlegenheit kommen, die unbedingt zu dieser form von Kunst gehört. Wer diese Verlegenheit einmal durchlebt hat, wird die individualität des Textes, seine eigentümliche Mixtur aus Transparenz, Plastizität und Ungreifbarkeit und Disproportion um so inniger erfahren können. Gesetzt, wir hätten uns eine Titelzeile des Sinnes »Noch ein Nachtlied des Wanderers« anstelle von Goethes eigenem Titel »Ein gleiches« zu denken, so wüßten wir nicht, wie wir ihn mit dem Hauptkorpus von »Der du von dem Himmel bist« in beziehung bringen sollten. Um das tun zu können, müßte man erst einmal eine praktikable Poetik des Verhältnisses der anderen Titelzeile »Wandrers Nachtlied« zum Hauptkorpus »Der du …« haben!
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beide Titel sind demnach hochgradig individuierte T i t e l v e r s e , integrale Teile der jeweiligen Gedichte und damit, womöglich, Teile einer zweiteiligen Gesamtkomposition. Es wird sich zeigen: Gerade das ›spontane‹ aufeinanderprojizieren der beiden Titel und Gedichte, das die interpreten durchweg vornahmen, obwohl die Texte grundverschiedenen poetischen ideen folgen, wurde von Goethe genau einkalkuliert und benutzt. Die regie über diese Projektionen ermöglicht insbesondere auch ein Verbergen des Naheliegendsten – die einfachsten fragen werden nicht gestellt, etwa: Kann man denn »alle Gipfel« (sinnlich) wahrnehmen oder auch nur sich vorstellen – alle berggipfel rund um die Erde, alle möglichen und alle wirklichen Gipfel? Wenn nicht, wie sind dann das Wahrnehmbare, das Vorstellbare, das Erahnbare und das nur abstrakt ›Denkbare‹ zueinander durch die Wortordnung ins Verhältnis gesetzt? Was sollte man denn wahrnehmen oder eben gerade nicht wahrnehmen, sondern imaginieren: einen raum, ein fluidum, eine beinahe-Person ›Die ruhe‹? Und wenn wir in diesem Sinne nicht wissen, was hier »ist«, worauf bezieht sich dann eigentlich »Über«? Wieso wird das doch eigentlich so bedeutungslose »ist«, wenn wir nicht wissen, was ›dort oben‹ ist, so demonstrativ mit Majuskel an den Zeilenkopf gerückt? ferner: Wer hat überhaupt irgend etwas davon gesagt, daß hier Gipfel zu sehen oder als sichtbare vorzustellen seien − an Wahrnehmungseigenschaften wird lediglich, und auch das nur implizit (sofern »ruh’« in akustischem Sinne zu lesen wäre, was gleichfalls nirgends fixiert wird), das Hören und die innere oder äußere Empfindung (Spüren) erwähnt, nicht jedoch das Sehen. Wenn man nicht(s) sieht, es nur so scheint, als würde man »sehen«, weshalb sind leser sich dann so sicher, daß es abend oder anbrechende Nacht ist? Und was heißt überhaupt wahrnehmen: sich beim lesen vorstellen, daß und wie eine andere Person im Gebirge wahrnehmen würde − oder jetzt, in actu während des lesens angeleitet werden, etwas wahrzunehmen?
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Schließlich: Warum sind sich die rezipienten so gewiß, daß die Verse unvergleichlich »anschaulich«, »lakonisch« und transparent seien, wo von alledem, was sie so selbstverständlich als das »Dargestellte« oder »ausgedrückte« empfinden, schlichtweg nichts im Wortbestand vorkommt – oder vielmehr: wo doch das, was so selbstverständlich als das »Dargestellte« empfunden wird, gerade nicht dasteht? »in den Wipfeln« ist nicht etwa kaum etwas zu spüren; es ist nur von dieser jetzigen, speziellen »Du«-instanz kaum etwas an x zu spüren. Die »ruh’« dagegen ist einfach ›dort oben‹, im Über-raum; ob man sie spüren kann, bleibt offen − das Komma nach »ruh’« läßt es als Option zu, schreibt es jedoch nicht vor. Daß man den Hauch »kaum« spürt, kann sodann bedeuten: eigentlich keinen, zumindest keinen abzählbar einen Hauch spüren können – und kann gleichermaßen bedeuten: beinahe gar nicht spüren. Nurwieso wird hier davon so leichterhand gesprochen, als ob der Hauch gegenwärtig sei? Man ist wohl, (beinahe) ohne etwas zu spüren, seiner anwesenheit gewiß − so wie man des ruhe-Seins in einem ganz anderen, unmittelbareren Modus gewiß sein muß, um es so elementar herauszusagen. Zudem: Sowohl die Nicht-Wahrnehmbarkeit wie die Gerade-NochWahrnehmbarkeit können ebenso erleichternd wie beunruhigend, freudig wie bedauerlich sein – oder alles zusammen. Man muß also nur sehr grundlegende und doch offenbar sehr verborgene Eigenschaften des Wortbestandes befragen – schon stößt man auf etwas, das im Gegensatz zu allen biographischen anekdoten, zu allen Gefühlsbekundungen, allen Spekulationen über vermeintliche »aussagen« und »Naturanschauungen« den Weg zum Poetischen weist. Die inkongruenz oder sogar Widersprüchlichkeit von Wortbestand und all den Dingen, die leser reaktiv als das wahrnehmen, was »dargestellt« oder »gemeint« oder »ausgedrückt« oder anwesend oder »im« Text enthalten sei, ist ein oder sogar der Schlüssel zu diesem wohl meistzitierten Ge-
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dicht deutscher Sprache. Die Gleichzeitigkeit von frappierender Einfachheit, Transparenz, ›Direktheit‹ und dem Gefühl von »Tiefe« und Geheimnis geht zu erheblichen Teilen aus Goethes Kalkül, mit dem er solche inkongruenzen eingesetzt hat, hervor. Der leser ›sieht‹ nichts als lakonie und Transparenz, alles ist einfach und klar wie eine benutzeroberfläche oder der visuelle Eindruck einer Gebirgslandschaft, aber im Mit-Empfinden zeigt sich alles mögliche. »Magisch« nennt der leser das Gedicht, weil er im Wortbestand nichts erkennen kann, was denn diese geheimnisvollen, ursprungslosen Empfindungen eines »Plus-x« der scheinbaren »lakonie« ausgelöst hat − und schreibt sie dem »verborgenen Sinn« oder Gehalt des Gedichtes oder dem »unerklärlichen Genie« des autors zu. Diese Eigentümlichkeit war es vor allem, deretwegen man das Gedicht viele Generationen lang als prototypische Verwirklichung des Dichterischen schlechthin empfunden hat und es in diesem Sinne »klassisch« genannt werden kann. »Klassisch« wäre die Weise, in der Goethe den leser nur einfachste Worte und Dinge »sehen« läßt, doch zugleich, indem er ihn nur diese benutzeroberfläche anschauen läßt, dessen Gefühle und Vorstellungenaktiviert und regiert. Was man als »dargestellt« empfindet, obwohl es nicht dasteht, ist das Werk unserer alltäglichen Sprachverarbeitungsmechanismen. Sie sind es, deretwegen man den Text Goethes ersetzt und ihn kurzerhand »Wandrers Nachtlied« nennt, eine berglandschaft »im« Text »sieht« usf. − und nicht selten auch gleich die Person Goethe selbst. Man geht gewissen anekdoten und legenden rund um die Entstehungsumstände nach und will das Gedicht erschließen, indem man vermeintliche »Erfahrungen«, Wahrnehmungen und Naturvorstellungen des Dichters postuliert, die im Text »ausgedrückt« würden. Seit der bergingenieur Johann Christian Mahr Goethe am 26. august 1831 noch einmal zur Hütte auf dem Kickelhahn begleitete15 und über diesen Gang mit dem berühmten Greis einen bericht verfaßte, »verbindet
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man mit Goethes Gedicht die Vorstellung vom greisen alten auf dem Kickelhahn, der voller Wehmut und Todesahnung in den anblick der abendlichen Natur versunken ist.«16 Und weil man das tut, verbindet man indirekt mit dem Gedicht auch den Jüngling Goethe, der in einer legende gewordenen Wandersnacht die Verse aus der Hand der Natur und der Musen empfing. Die rezeption des Gedichtes ist insofern ein einziger großer feldversuch, um das Verhältnis von alltäglichen Sprachverarbeitungsmechanismen und Gedicht zu testen. Ähnlich wie friedrich bodenstedt in seinem »album deutscher Kunst und Dichtung«17 – manchmal naiven Herzens, manchmal zur »forschung« verklärt –, dachte und denkt man sich ein beobachterindividuum und eine illusionistische Nachtlandschaft zu den Worten hinzu, hat man tausendfach wie bodenstedt einen schwebenden Mond über einer Kette von berggipfeln »gesehen«18, einen Durchblick auf berggipfel in der hintergründigen Höhe mit Caspar-David-friedrichschen baumumrankungen hinzugefühlt oder -vorgestellt (je nach Gusto mit geläufigen Vulva- und Höhlen-assoziationen besetzt19), eine zugehörige Stimmung erfühlt –, und nicht selten die Person des Olympiers gleich mit. Unzählige illustrationen, Souvernirs, Postkarten, Pilgerberichte vom Kikkelhahn haben das eingeimpft – oder eben: nur bestätigt, was ohnehin spontan als »aussage« oder »Sinn« gefühlt wurde und in geringen Variationen noch durch heutige forschung gelehrt wird. Es ist, als bestünde ein Text nicht aus dem, was auf dem Papier steht, sondern viel eher aus dem, was man »hinter« oder »in« den Worten als »mitgeteilt« und damit als dastehend empfindet − solche Gefäßmetaphern spielen eine erhebliche rolle im konventionellen Umgang mit Texten.
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»Ergreifende Schlichtheit« Die ohrwurmartige Popularität des Textes gründet also darin: rätselhafterweise ist ein Text, der elementar, »lakonisch«, aussagend, metaphernlos ist, dennoch hintergründig, tief, magisch aufs Ganze bezogen – die »ergreifende Schlichtheit« (franz Heyden) ist ein Topos der rezeption.20 »Schlichtheit« ist ein dehnbares und an sich ein gänzlich vorästhetisches Wort. Schlicht kann eine Jugendstilvase, ein Zen-aquarell, Ciceros Prosa, eine Seite Kafkas sein, aber genauso ein beschränktes Gemüt oder eine franziskanische Kutte. Zweierlei Kriterien könnten aus dem Wort einen Terminus der Kunstbetrachtung machen. Erstens: Die das Poetische erzeugenden Strategien bleiben unsichtbar; daher erscheint die benutzeroberfläche als Kombination ›natürlicher‹, ungeschmückter Einfachheit, frei von jeder Symbolik, Metaphorik, Doppelbelichtung. Zweitens: auch leichteste Einprägsamkeit ist ein wichtiger Teil einer poetischen Strategie des Verbergens – die Verse sind schon ›erfaßt‹, bevor man überhaupt hinschaut. Sie ›fallen ins auge‹, in Ohr und Sinn. in der »Vögelein«-Zeile beispielsweise läßt Goethe die einfältige und volksliedhaft putzige Einprägsamkeit wie auf einem Grat tanzen, setzt sie bewußt der Gefahr der Selbstparodie aus, ohne sie ganz in die Selbstparodie umkippen zu lassen. Zu den meist parodierten Versen der deutschen Sprache machte sie ihre Schlichtheit, die vermeintliche; sie provoziert, weil jedermann auch gegen seinen Willen die Verse »im Ohr« behält und doch niemand sagen kann, was denn »hinter« ihnen steckt, das aus dem beinahe-Schlager etwas ganz anderes macht. Und so wurde in keiner sonstigen Zeile die eminente poetische Konstruktion so vollständig übersehen wie in dieser. Mehrheitsfähig dürfte noch die Charakteristik Herrmann august Korffs sein:
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Das Rätselhafte liegt deshalb darin, daß von einem so einfachen Inhalte so wunderbare poetische Wirkungen auszugehen vermögen. […] Denn wie Goethe es hier sagt, ist es offenbar die einfachste Sache von der Welt, und man sollte glauben, es hätte das eigentlich jeder sagen können. In Wahrheit hat es bis zu Goethe gedauert, daß diese scheinbar so einfachen Worte, die sich bei genauerer Betrachtung freilich als raffinierteste Kunst erweisen, tatsächlich gefunden worden sind. 21 Worin die »raffinierteste Kunst« und das bloß Scheinbare bestehen – das hat Korff so wenig wie die gesinnungsverwandten leser und Kollegen je gezeigt. Die Hamburger Goethe-ausgabe zitiert im Herausgeberkommentar halbseitig eine offenbar als besonders treffend empfundene Charakterisierung aus der feder einer (wohlreputierten) englischen Philologin: »ere is in it not a simile, not a metaphor, not a symbol. ree brief, simple statements of fact are followed by a plain assertion for the future …«22 fast durchgängig spricht man noch heute davon, »Über allen Gipfeln« sei zumindest eingangs metaphernfrei – und absolut ausnahmslos spricht man von lakonischen aussagen, von der Natürlichkeit, der Schlichtheit, der Sinnfälligkeit des Dargestellten – und beschwört gleichzeitig, daß die »Größe« des Textes in einem »Plus-x« liege, die zur »aussage« oder dem »Dargestellten« oder der »bedeutung« hinzutrete. Dabei sollte dieses »Plus-x« in irgendeiner Weise etwas mit der »form« zu tun haben, mit »Konzentration«, »bündigkeit«, »Musikalität« – und gleichzeitig mit »Magie« oder »Geheimnis«, mit denen gewisse »Erfahrungen«, »Stimmungen«, »intuitionen« oder »Visionen« o. ä. »ausgedrückt« oder »atmosphärische Ereignisse bildhaft beschworen« würden. Nur: Wo soll die »form« denn sein? Manifest sind nichts als graphische Muster. Wir werden sehen: Entscheidend ist, daß nichts »dargestellt« wird, doch Goethe es ingeniös versteht, die Vorstel-
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lungen und Gefühle des lesers zu regieren, während dieser glaubt, bloß zu lesen, was dasteht, ein paar »lakonische« benennungen. Es gehört zum Kalkül Goethes, den leser nicht merken zu lassen, daß er gerade nicht liest, was dasteht, sondern nur seine halb- oder ganz unbewußten Projektionen »sieht« und fühlt − die Gipfelkette, die Weite, die mystische innere Verbundenheit mit den Dingen, das Werden und Vergehen. Klischees des lyrischen, der Gestimmtheit, der Naturfühlung wurden und werden aktiviert, doch fühlte man mindestens ebenso stark die unwiederholbar individuellen Eigenheiten des »schlichten« Werkes, ein unwiederholbares Enigma. Vergebens versuchte man, in den Vokalen /u/, /au/, dem ›hauchenden‹ /[H]auch/ den auslöser des ›unvergleichlichen‹ magischen »Plus-x« zu entdecken. irgendwie scheinen die »laute« besonders und besonders unmittelbar zu wirken, doch man ist schier daran verzweifelt, ihnen eine konkrete »bedeutung« zuzuordnen.23 Ebenso fruchtlos wurde immer wieder behauptet, bestimmte rhythmische Module seien irgendwie bedeutsam − nur konnte man sich nie auf ihre »bedeutung« einigen; etwa darauf, daß die trochäischen bildungen die Nachtruhe »versinnlicht« hätten, während daktylische und jambische die »damit contrastierende Gefühlsaufregung« widerspiegeln sollen.24 Der heutige leser, ob Gymnasiast oder Pensionär, wird mit der forschung resignieren und feststellen, die »rhythmische Gliederung« des Gedichts sei so »mannigfaltig, daß eine Einteilung der Verse in bestimmte Versfüße unmöglich durchzuführen ist« bzw. man »die rhythmische form des Gedichtes durch Einteilung in Takte überhaupt nicht richtig fassen kann«25 – wobei die Erstgenannten, sofern ihre Ohren empfindsam geblieben sind, sich durchaus darüber wundern dürften, daß eben dieselben forscher, die ihre resignation teilen, zum behufe der »analyse« dem Gedicht freimütig folgende »form« geben: »Über allen Gipfeln ist ruh. [sic] / in allen Wipfeln spürest du / Kaum einen Hauch. [sic] / Die Vöglein [sic]