Brückenbau 4-5/2014

Page 1

Ausgabe 4/5 . 2014

Bau von Geh- und Radwegbrücken 2. Symposium am 23. Oktober 2014 in München

www.verlagsgruppewiederspahn.de

ISSN 1867-643X



EDITORIAL Zum 80. Geburtstag von Jörg Schlaich

Vorbild für Bauingenieure von Michael Wiederspahn

Wer sich für das Bauen generell oder eben den Brückenbau im Speziellen interessiert, weiß natürlich, dass Jörg Schlaich vor ein paar Tagen seinen 80. Geburtstag feiern konnte. Wie gratuliert man aber einem Mann, ja einem Vorbild für Generationen von Bauingenieuren, über den inzwischen (wohl) schon alles gesagt und geschrieben worden ist – und dessen Leben und Werk in dieser Zeitschrift bereits vor fünf Jahren in, wie wir hoffen, angemessener Form gewürdigt worden sind? Nach reiflicher Überlegung haben wir uns nun entschlossen, dem Jubilar unsere Ehrerbietung zu erweisen, indem wir keinen neuen Text verfassen, also nicht versuchen, den Inhalt der damaligen Veröffentlichung zu übertreffen oder umzugewichten, was ohnehin kaum möglich wäre. Stattdessen sollen die ehedem formulierten Zeilen, leicht aktualisiert und um zwei, drei Sätze erweitert, hier nochmals in Erinnerung gerufen werden, waren und sind sie doch Ausdruck unserer unveränderlich großen Wertschätzung. Anlässlich seines 80. Geburtstages am 17. Oktober 2014 ist Prof. Dr.-Ing. Drs. h. c. Jörg Schlaich in diversen Fachartikeln sowie Beiträgen in der Tagespresse für sein umfangreiches Werk und ausgeprägtes Engagement gerühmt worden: Schlaich, der kreative Ingenieur, Schlaich, der politisch-kritische und verantwortliche Denker, und Schlaich, der ebenso fördernde wie fordernde Lehrer, dies waren und sind die Facetten, die seine Person ausmachen. Dennoch gilt es einige »ergänzende« Aspekte zu vertiefen. Was in dem Zusammenhang als Erstes zur Sprache kommen soll, sind seine teamorientierte Arbeitsweise, die Konsequenz, mit der er für die von ihm als richtig erachteten Lösungen kämpfte und kämpft, sowie seine Fairness. Selbst wenn er unverblümt und direkt unliebsame Wahrheiten thematisiert, ging und geht es ihm jederzeit um die Sache, nicht um die Person. So hat er auch, speziell bei der Entgegennahme von Ehrungen und Auszeichnungen, stets verdeutlicht, dass das 1980 gegründete Büro Schlaich Bergermann und Partner heißt und dass die Erfolge,

die in der Öffentlichkeit meist ihm allein zugeschrieben wurden, ein Resultat gerade dieser Partnerschaft mit Rudolf Bergermann (und später weiteren Geschäftsführern) seien. Aus der fast unüberschaubaren Reihe an beeindruckenden Projekten, die im Rahmen jener fruchtbaren Bürogemeinschaft rund um den Globus zur Ausführung gelangten, seien nachfolgend (stellvertretend) nur einige feine und kleinere, dafür aber umso anspruchsvollere genannt, wie zum Beispiel in und bei Stuttgart die Brücke Auerbachstraße, eine monolithische Betonskulptur, die sich im desperaten Vorstadtdurcheinander elegant über eine stark frequentierte (Stadt-)Schnellstraße spannt, die lagerund fugenlose Nesenbachtalbrücke mit ihrer auf einem stählernen Raumfachwerk und baumartigen Stahlrohrstützen ruhenden Betonfahrbahnplatte oder der Killesbergturm, der dank seines selbsttragenden »Seilgerüsts« eigentlich das markante Signet der Internationalen Gartenbauausstellung 1993 hatte werden sollen, doch erst 2001 verwirklicht wurde. Neben den vielen (preisgekrönten) Brücken und dem 1991 trotz erheblicher Bemühungen um Denkmalschutz leider abgerissenen Trockenkühlturm des Kraftwerks in Hamm-Schmehausen müssen natürlich die Stadienbauten und deren oft als Membrankonstruktionen realisierte »Eindeckungen« Erwähnung finden, zumal sie den Weltruf des Büros nicht minder zu untermauern halfen, sowie die Messehallen in Hannover und, keinesfalls zu vergessen, die Überdachung des Innenhofes im Museum für Hamburgische Geschichte mit einer gläsernen tonnenförmigen Netzkuppel, die bis heute nichts von ihrer Ausstrahlung verloren hat. Für all diese und unzählige weitere Strukturen steht Prof. Dr.-Ing. Drs. h.c. Jörg Schlaich. Ein Aspekt, der darüber hinaus Aufmerksamkeit verdient, weil er für Jörg Schlaich ähnlich charakteristisch sein dürfte wie die von ihm gelebte Überzeugung des gemeinschaftlichen Arbeitens innerhalb des Büros sowie mit Kurt Schäfer am Institut für Entwurf und Konstruktion II der Universität Stuttgart, ist sein respekt-

voller und freundschaftlicher Umgang mit (großen) Ingenieurskollegen wie Christian Menn, Michel Virlogeux und René Walther. Ihr fundierter Austausch und die Wertschätzung, die sich diese Riege der Grandseigneure des, im besten Sinne, konstruktiven Entwerfens gegenseitig erweist, und zwar abseits von Eifersüchteleien oder aggressiver Konkurrenz und als Vertreter einer Generation umfassend gebildeter und kreativer Ingenieure, die die Leistungen und Errungenschaften des jeweils anderen noch uneingeschränkt anerkennen, honorieren und das auch kundtun, sind imponierend. Die Würdigungen für Jörg Schlaich, das Büro und seine wissenschaftlichen Tätigkeiten aufzulisten würde indessen sämtliche (Zeitschriften-)Seiten sprengen, weshalb hier lediglich drei angegeben werden: der Werner-von-Siemens-Ring und der Fritz-Leonhardt-Preis, die ihm beide 2002 verliehen wurden, sowie der Deutsche Brückenbaupreis, den er sogar zweimal gewonnen hat, zuletzt übrigens 2014 für die Gänsebachtalbrücke. »Die Baukunst ist unteilbar!« lautete und lautet der Leitsatz von Schlaich Bergermann und Partner – und unter der Prämisse erscheint die damalige, gegen nicht unbeträchtliche Widerstände durchgesetzte Umfirmierung des »Instituts für Massivbau« der Universität Stuttgart, dessen Leitung er 1974 antrat, in »Institut für Konstruktion und Entwurf II« überaus einleuchtend; mit seiner Emeritierung im Jahr 2000 endete also eine große Ära. Dass sich Jörg Schlaich und Rudolf Bergermann 2009 (zudem) aus den leitenden Positionen ihres Büros verabschiedet, es den Jüngeren überlassen haben und ihnen zutrauen, die Aufgaben genauso gut zu bewältigen, ist daher kaum verwunderlich, sondern höchstens konsequent. Dafür hatten sie seitdem mehr Zeit für die Familie – und konnten sich intensiver der Realisierung ihres Traumes von Aufwindkraftwerken in der Wüste widmen. Dem bleibt im Prinzip nur eines hinzuzufügen: Herzlichen Glückwunsch, Jörg Schlaich!

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

3


Leistung. www.eiffel.de

Botlek Brücke, Rotterdam

Brückenbau Leistung bewegt. Leistung verbindet. Sie, uns, das Projekt. Einfach.Mehr.Leistung. Eiffel Deutschland Stahltechnologie

Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH Hackethalstraße 4 30179 Hannover

Ihr Partner.

Telefon: +49 511 6799-0 Telefax: +49 511 6799-199 Mail: info@eiffel.eiffage.de


I N H A LT

Editorial

3

Vorbild für Bauingenieure

Michael Wiederspahn

2. Symposium Bau von Geh- und Radwegbrücken

6

Arnulfparkbrücke und Klenzesteg in München

Michael Götschl

14

Entwurf von Fußgängerbrücken: Kriterien und Ziele

Andreas Keil

24

Cykelslangen in Kopenhagen

Steen Savery Trojaborg, Jesper B. Henriksen

28

Merchant Square Pedestrian Bridge in London

Bartlomiej Halaczek

34

Synthese von Funktion und Gestaltung

Hans Grassl, Martin Grassl, Markus Karpa

40

Strukturen schaffen Räume

Bernhard Schäpertöns

46

Neubau der Kocherbrücke Hagenbach

Volkhard Angelmaier

52

Christoph-Rübsamen-Steg in Gießen

Uwe Weber, Andre Scheer, Michael Keller

58

Geh- und Radwegbrücken in und aus dem Allgäu

Gerhard Pahl

68

Fuß- und Radwegbrücke Stuttgart-Vaihingen

Stephan Engelsmann

73

»Neckarauer Übergang« in Mannheim

Harald Thiele

79

Der »Kleinfeldsteg« in Mannheim

Alfred Krill, Hans Jakel, Uwe Knappschneider

Special

85

Schwarzer Steg über die Dreisam in Freiburg

Matthias Büttner

Aktuell

88

75 Jahre Leonhardt, Andrä und Partner

Michael Wiederspahn

92

Produkte und Projekte

100

Software und IT

101

Nachrichten und Termine

113

Branchenregister

115

Impressum

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

5


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Konzepte für zwei Brücken mit alternativen Planungsverfahren

Arnulfparkbrücke und Klenzesteg in München Von Michael Götschl

Dieser Beitrag stellt Planungskonzepte für Geh- und Radwegbrücken an zwei unterschiedlichen Standorten in München vor. Dabei werden die Standorte mit ihren besonderen städtebaulichen Randbedingungen und die Aufgabenstellungen diskutiert. Ein Überblick über die Ergebnisse mit ihren individuellen Entwurfsansätzen sowie den aus Sicht des Bauherrn erforderlichen inhaltlichen Konkretisierungen schließt die Ausführungen ab.

6

1 Zentrale Bahnachse in München © Landeshauptstadt München

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

1 Arnulfparkbrücke 1.1 Städtebauliche Situation 1.1.1 Allgemeines Seit Anfang der 1990er Jahre erlebt die Landeshauptstadt München eine wirtschaftliche und städtebauliche Renaissance. Als Folge frei werdender Gewerbe-, Bahn- und Kasernenareale innerhalb des Burgfriedens können große städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen zum großen Teil ohne zusätzliche Flächeninanspruchnahme durchgeführt werden. 1.1.2 Planungsgebiet Im Rahmen der umfangreichen Umstrukturierung und Verdichtung von ehemaligen Bahnbetriebsanlagen, wie zum Beispiel dem Containerbahnhof, entlang der Bahnachse zwischen dem Hauptbahnhof München und dem Stadtteil Pasing entstehen neue Stadtquartiere beiderseits der Gleise. Hier wird zur Stärkung der Nahmobilität und als Alternative zum motorisierten Individualverkehr beiderseits der Gleisanlagen eine neue Fuß- und Radwegachse von der Stadtmitte bis nach Pasing im Münchner Westen erstellt. Außerdem sollen neue stadtteilverbindende Fuß- und Radwegquerungen über die zentrale Bahnachse

geschaffen werden, die alternative Wege zu den stark befahrenen Verkehrsbauwerken Hacker-, Donnersberger- und Friedenheimer Brücke sowie der Laimer Röhre bieten. So können die neuen Stadtquartiere attraktiv an das übergeordnete Fuß- und Radwegenetz sowie den ÖPNV angebunden werden. Im östlichen Abschnitt der Achse vom Hauptbahnhof über Laim nach Pasing wurde im Rahmen der Bebauungsplanung für den sogenannten Arnulfpark eine Brücke über die zentrale Bahnachse priorisiert, die zwischen der Hacker- und der Donnersbergerbrücke situiert ist. 1.1.3 Stadtratsauftrag Zur Präzisierung der Aufgabenstellung für die Brückenplanung führte das Baureferat vertiefte Grundlagenermittlungen durch. Diese ergaben, dass der Gestaltungsspielraum wegen der engen Gleisabstände und der Festlegungen der Bebauungspläne zwar eingeschränkt ist, aber trotzdem noch ausreichend Gestaltungsmöglichkeiten existieren. Das Baureferat wurde daher beauftragt, ein Plangutachten für die neue Fuß- und Radwegbrücke durchzuführen.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

Deutschen Bahn (DB) gestalteten sich komplex. Da sich grundsätzlich eine barrierefreie Anbindung an die Bahnsteige seitens der DB in Planung befindet, muss dieser Anschluss nicht barrierefrei sein. Unmittelbar von der Brücke aus ist er aber stirnseitig über Treppen an die beiden Bahnsteige des S-Bahn-Haltes Donnersbergerbrücke herzustellen. Die Bahnsteige dürfen in ihrer Gestalt nicht verändert werden, da Bestandsschutz existiert; eine Bahnsteigverbreiterung bzw. Gleisverschiebungen sind also nicht möglich. Für diese Treppen musste im Vorfeld des Plangutachtens eine Machbarkeitsstudie erarbeitet werden.

2 Standort der geplanten Brücke © Landeshauptstadt München

1.2 Aufgabenstellung 1.2.1 Stadtteilverbindung Die geplante Brücke quert die Bahnachse und verbindet ehemals getrennte Stadtteile. Dabei soll sie als neues wesentliches Element der übergeordneten Fahrradhauptroute unter Einbeziehung der neuen Quartiere und Parks das Westend mit Neuhausen verknüpfen. Die zukünftige Fuß- und Radwegbrücke wird über insgesamt 37 Gleise geführt und das Gleisfeld mit einer Länge von ca. 230 m überspannen. Es war eine Fuß- und Radwegbrücke zu konzipieren, die im Kontext mit den umgebenden neuen Stadtquartieren einerseits sowie den vorhandenen Bahnverkehrsstrukturen andererseits eine in technischer, funktionaler sowie ästhetischer Hinsicht überzeugende Einheit schafft, die auch im größeren städtebaulichen Umfeld oder für Bahnreisende sicht- und erlebbar wird. Die Situation auf der Brücke wird weite Ausblicke zum Hauptbahnhof bzw. zur Innenstadt mit ihren Türmen bieten. Die Planungsaufgabe erforderte ein intelligentes und wirtschaftliches Konzept, mit hoher Sorgfalt im Detail, um eine attraktive und komfortable Nutzbarkeit sowie eine sinnvolle und zeitnahe Realisierung zu ermöglichen. Die gestalterische Wirkung der neuen Brücke für den umgebenden Stadtraum war anhand von Simulationen zu überprüfen und nachzuweisen. Generell war zu berücksichtigen, dass die bahnbetrieblichen Belange auf der Zufahrt zum Hauptbahnhof für dieses Projekt eine zentrale Rolle spielen. Dies betrifft neben der Errichtung des Bauwerkes vor allem auch die Anforderungen an spätere Wartung und Unterhalt. Der reguläre Bahnbetrieb ist aufrechtzuerhalten, die erforderlichen Bauzustände

mit den etwaigen Betriebsbeeinträchtigungen waren deshalb darzustellen. Die Betriebsdurchführung des Eisenbahnverkehrs darf durch den Bau der neuen Überführung nicht verschlechtert werden. Es war von einer nutzbaren Brückenbreite von 5 m auszugehen, dabei waren der Berührungsschutz zu gewährleisten und der Windschutz zu bedenken. 1.2.2 Bahnsteigzugang Eine Anbindung von der geplanten Brücke an die Bahnsteige des S-BahnHaltes Donnersbergerbrücke war immer Bestandteil der städtebaulichen und verkehrsplanerischen Zielsetzungen. Die Abstimmungen zur Vorbereitung des Verfahrens insbesondere mit der

1.2.3 Barrierefreiheit Die neue Querung war mit Ausnahme der direkten Bahnsteiganbindung barrierefrei zu gestalten. Dies betraf nicht nur den Steg selbst, sondern auch die notwendigen Anbindungen an das weiterführende Wegesystem. Der Zugang und die Benutzung der Brücke müssen für Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer problemlos möglich sein. Die barrierefreie Überwindung der notwendigen Höhe an den Brückenköpfen war zudem auf beengtem Raum zu gewährleisten; die hierfür zur Verfügung stehenden Flächen sind in den jeweiligen Bebauungsplänen festgesetzt. Wesentlich für die Benutzerfreundlichkeit wird die Einknüpfung der Zugangsbauwerke in die Wege des jeweiligen Umfeldes sein. Die Fläche für eine mögliche Nachrüstung von Aufzügen sollte nachgewiesen werden.

3 Planungsgebiet © Landeshauptstadt München

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

7


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

1.2.4 Lärmschutzwand Im Bereich des nördlichen Zugangsbauwerkes ist eine mindestens 6 m hohe Lärmschutzwand zu konzipieren. Der Blickbezug zum Bahngelände soll gewahrt bleiben. 1.3 Ergebnis des Plangutachtens 1.3.1 Bewertungsverfahren Im Zuge des Verfahrens wurden von fünf Bietergemeinschaften Lösungsvorschläge eingereicht, die nach Vorprüfung von einem Sachverständigengremium beurteilt wurden. Die Sitzung des Sachverständigengremiums mit Präsentation der Lösungsvorschläge durch die Bieterteams fand am 8. Februar 2013 statt. 1.3.2 Erster Rang Entwurfsansatz: Die neue Brücke soll ruhig wirken und eine beruhigende Geste im optisch heterogenen Umfeld sein. Sie soll elegant gestaltet wirken und ein Spiel weniger eleganter Linien werden. Das Tragwerk besteht aus einem Vierendeelrahmen über drei Felder. Der Berühr- und Wetterschutz besteht aus vollflächig als Außenhaut am Tragsystem angebrachten Glaselementen. Entscheidung des Sachverständigengremiums: »Der Beitrag des Teams SSF Ingenieure und Lang Hugger Rampp Architekten überzeugt durch seine angemessene Haltung sowohl hinsichtlich der architektonischen Wirkung als auch der konstruktiven Umsetzung. Mit dem Entwurf verzichten die Verfasser gezielt auf überzogene städtebauliche Gesten und entwickeln eine Brücke, deren Gestalt der inneren Logik des Tragwerks folgt. Form und Konstruktion bilden somit eine erkennbare Einheit mit konsequentem Erscheinungsbild.

8

6 Modell des ersten Rangs © Peter Bartenbach/Landeshauptstadt München

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

4 5 Konzept des Teams aus SSF Ingenieure, München, und Lang Hugger Rampp Architekten, München © Landeshauptstadt München

Die neue Brücke ist ein zurückhaltendes, einfaches und raffiniertes Bauwerk zugleich, das ganz selbstverständlich und behutsam positioniert ist. Durch eine kaum erkennbare Krümmung des Brückenkörpers entstehen spannungsreiche räumliche Veränderungen auf der Brücke. Deutliche Sichtbezüge von der Brücke zur Stadt steigern die Aufenthaltsqualität.« 1.3.3 Weitere Bearbeitung Das Gremium gab auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse aus dem Verfahren folgende Empfehlungen ab, die in der weiteren Bearbeitung in Zusammenarbeit mit den Entwurfsverfassern des ersten Rangs berücksichtigt werden sollen:

– Wegen der besonderen Höhenlage der Brücke sollten die erforderlichen Aufzüge zeitgleich mit der Realisierung der Brücke erstellt werden. – Die Rampenantritte sollten geprüft werden. Ziel ist es, einen selbstverständlichen, einladenden Übergang aus dem Park bzw. Straßenraum auf die Brücke zu schaffen. Gleichzeitig sollte der Durchblick zum Bahngelände nicht verstellt werden. – Die Raumbildung zu den Nachbarbauten sollte eine besondere Beachtung bei der Planung finden. – Die verkehrliche Organisation von Rampen, Treppen und Aufzügen ist im Detail sorgfältig und differenziert zu planen. Überschneidungen von Fuß- und Radverkehr sind so weit wie möglich zu vermeiden. – Die Beleuchtung sollte unbedingt attraktive und angstfreie Räume gewährleisten. Neben einer möglichen Inszenierung der Brücke ist eine gleichmäßige Ausleuchtung erforderlich (Gesichtserkennung). – Die Eisbildung auf der Gehbahn ist durch entsprechende Konstruktionen und Beläge unbedingt zu vermeiden. – Die Wartung der Brücke hat ohne Auswirkungen auf den Bahnverkehr zu erfolgen. Das Baureferat erstellt derzeit unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Sachverständigengremiums das Vorprojekt und legt das Ergebnis dem Stadtrat zur Entscheidung vor.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

2 Klenzesteg 2.1 Städtebauliche Situation 2.1.1 Isar-Plan Die Isar im Stadtgebiet Münchens wurde im 19. Jahrhundert von einem Wildfluss mit einem breiten, verzweigten Bett zu einem kanalartigen Flusslauf ausgebaut. Es dauerte allerdings nicht sehr lange, bis Kritik an dieser Maßnahme und der Verarmung der Flusslandschaft erhoben wurde. So wurden bald nach dem Zweiten Weltkrieg erste Überlegungen für eine naturnähere Gestaltung der Isar im Stadtgebiet angestellt – der sogenannte »Isar-Plan« entstand. Neue Flussquerungen wurden schon in den 1980er Jahren gefordert und in den Isar-Plan aufgenommen. Beim Isar-Plan für München handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt von Freistaat Bayern und Stadt München mit den Zielen – besserer Hochwasserschutz, – Renaturierung der Flusslandschaft und – Verbesserung der Qualität für Freizeit und Erholung. Mit diesen Zielen wurden in den Jahren 2000–2011 ca. 8 km Flusslandschaft im südlichen Stadtgebiet Münchens naturnah umgestaltet, ein Projekt, das national und international für Aufmerksamkeit gesorgt hat. Damit konnten die flussbaulichen Regulierungsmaßnahmen des 19. Jahrhunderts durch Renaturierungsmaßnahmen ersetzt werden.

7 Regulierung der Isar im 19. Jahrhundert © Landeshauptstadt München

8

9 10 11 Isar vor (links) und nach der Renaturierung © Landeshauptstadt München

Eine Isarquerung in Höhe der Klenzestraße wurde bereits in der Wettbewerbsauslobung zum innerstädtischen Isarabschnitt behandelt. Es sollte dargestellt werden, wie ein etwaiger Steg hier mit der neuzugestaltenden Isar korrespondiert. In diesem Wettbewerb wurde prinzipiell nachgewiesen, dass ein solcher Steg nach Realisierung der Isar-Renaturierung möglich ist. Bis vor der IsarRenaturierung war das Hochwasserbett in einen ca. 50 m breiten westlich situierten Abflussbereich und ein ca. 100 m breites Vorland gegliedert. Im Zuge der Isar-Renaturierung wurde nun ein Nebengerinne geschaffen, durch das eine Weideninsel mit altem Baumbestand im Fluss entstanden ist.

12 Innerstädtischer Isarabschnitt nach der Renaturierung © Landeshauptstadt München

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

9


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

13 14 Standort der geplanten Brücke © Landeshauptstadt München

2.1.2 Brückenstandort Der Isarraum mit den Hochwasserwiesen steht hier unter Landschaftsschutz. Er wird links- und rechtsseitig von dem Großbaumbestand der Hochwasserdeiche geprägt. Das Isar-Hochwasserbett befindet sich zwischen östlichem Deich und westlich gelegener Wittelsbacherstraße. Das Westufer der Isar wurde im 19. Jahrhundert durch eine alleegeprägte Promenade, der Bereich bis zum Flussufer als nicht begehbare Steilböschung ausgeführt. Es gibt deshalb am Westufer der Isar heute nur ein schmales wegegeprägtes Grünband und eine Steilböschung zum Fluss und somit keine Aufenthalts- und Naherholungsmöglichkeiten am Wasser. Der zu planende Steg knüpft insbesondere mit seinem westlichen Bezug zur Klenzestraße an das klassische Thema der stadtteilverbindenden Brücken, wie sie sich in München vor allem im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert entwickelt haben, an. Besonderes Augenmerk verdient hier das große Sichtfeld im Isarraum zwischen Wittelsbacherbrücke und Reichenbachbrücke in einer Längenausdehnung von etwa 840 m, das durch den Baumbestand der Deiche des Hochwasserbettes und die baumbestandene Weideninsel gegliedert wird. Der neue Steg würde eine neue Stadtviertelverknüpfung des rechtsufrigen Stadtbezirkes 5 Au-Haidhausen mit dem links der Isar gelegenen Stadtbezirk 2 Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt und durch das Gärtnerplatzviertel weiter bis zur Innenstadt leisten. Auch die Erreichbarkeit der neugestalteten Isarfreiräume würde sich von den grünflächenarmen Wohngebieten im Glockenbachviertel deutlich

10

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

verbessern und damit eine die Stadtviertel verbindende Funktion übernehmen. Das Glockenbachviertel ist mit mehr als 200 Einwohnern/ha eines der am dichtesten besiedelten Stadtviertel in München, gleichzeitig weist es relativ geringe Naherholungsmöglichkeiten auf. 2.1.3 Stadtratsauftrag Zur Entscheidung bezüglich der Gestaltung eines neuen Steges und dessen Einbindung in den Landschaftsraum mussten konkrete Vorschläge erarbeitet werden, die am besten durch einen Wettbewerb gewonnen werden konnten. Das Baureferat wurde daher beauftragt, einen Wettbewerb für den Klenzesteg durchzuführen.

15 Planungsgebiet © Landeshauptstadt München

2.2 Aufgabenstellung 2.2.1 Grundsätzliche Anforderungen In einem städtebaulich und landschaftlich äußerst bedeutenden Areal soll zwischen der Reichenbach- und der Wittelsbacherbrücke ein als Fuß- und Radwegverbindung genutzter Steg über die Isar geplant werden. Durch die exponierte Lage des Planungsgebietes und die landschaftlich sehr sensible Situation findet das zukünftige Brückenbauwerk großes öffentliches Interesse, dem sowohl in gestalterischer und konstruktiver als auch in funktionaler Hinsicht Rechnung zu tragen ist. Es wurde ein zeitgemäßes Brückenkonzept erwartet, das alle Nutzungsanforderungen und ästhetischen Ansprüche des städtebaulich und landschaftlich geprägten Umfeldes erfüllt. Wegen der Bedeutung der Lage wurde eine äußerst sorgfältige Gestaltung des Bauwerks bezüglich seiner Fernwirkung, Detaillierung und seiner barrierefreien Nutzung verlangt. Auf eine angemessene technische und gestalterische Ausformung unter Berücksichtigung des Landschafts- und Stadtbildes war dabei zu achten. Aus den vorhandenen Gegebenheiten war darüber hinaus zu folgern, dass sich der neue Steg formal nicht an die bekannten steinernen und geradlinigen Brücken anlehnen, sondern einen eigenen Charakter aufweisen und mit seinem Erscheinungsbild nicht in Konkurrenz zu den bestehenden Brücken treten sollte. Der neue Steg sollte sich in einer den Grünraum reflektierenden Art und Weise als eine eigenständige moderne jetztzeitliche Lösung anbieten


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

und sich in den hier besonders prägnanten Isarraum in überzeugender Weise einfügen. Da anzunehmen war, dass ganz unterschiedliche Brückentypen die genannten Anforderungen erfüllen könnten, waren die Fragen der Ausprägung, Wirkung und Einbindung in den Landschaftsraum im weiteren Verfahren zu visualisieren.

Die in diesem Stadtraum vorhandenen Isar-Übergänge Wittelsbacherbrücke und Reichenbachbrücke weisen eine erhebliche Verkehrsbelastung von 36.000 Kfz/24 h bzw. 22.000 Kfz/24 h auf. Die Wittelsbacherbrücke und die Reichenbachbrücke zählen außerdem zu den Hauptradverbindungen mit zeitweise über 1.000 Radfahrern in 24 Stunden.

2.2.2 Verkehrliche Erschließung Zugänge und Erreichbarkeit der neugestalteten Uferbereiche und Isarwiesen am Ostufer sind besonders wichtig. Bereits mit dem Eintritt in den Steg, der über den Fluss führt, soll Erholungsqualität verbunden sein, und eine Betrachtung des Isarraums von der Brücke aus ermöglicht werden. Darüber hinaus soll der neue Steg zwischen Wittelsbacherbrücke und Reichenbachbrücke die Fahrradnebenroute aus der Westermühlstraße an die Fuß- und Radwege auf der Ostseite der Isar anschließen und so eine immissionsfreie Alternativroute über die Isar sowie eine übergeordnete Stadtviertelverbindung für Radfahrer und Fußgänger schaffen.

2.2.3 Wasserwirtschaft Der Höchstwasserstand ist gemäß dem rechnerischen 100-jährigen Hochwasser plus einem Sicherheitsabstand von 1,00 m als gefordertem Freibord festgelegt, der im Hochwasserfall die Brückenkonstruktion vor Beschädigungen durch Treibgut schützt. Pfeilerstandorte in der Isar und im Hochwasserbett sind möglich, jedoch aus strömungstechnischer- und hochwasserschutzrelevanter Sicht im Hauptabflussbereich zwischen westlichem Ufer und Weideninsel zu vermeiden. Ein notwendiger Brückenpfeiler soll die Weideninsel nicht tangieren, sondern nördlich von ihr im Fluss- oder Hochwasserbett situiert werden. Die Weideninsel soll frei von Konstruktionen, zum Beispiel

Brückenpfeilern, bleiben. Direkte Zuund Abgänge von dem neuen Steg auf die Weideninsel sind nicht vorgesehen und auch aus Gründen des Naturschutzes nicht möglich. Ein Treppenabgang in die Hochwasserwiese ist grundsätzlich denkbar, wenn dies kein Abflusshindernis bei Hochwässern darstellt und er den Erholungscharakter der Landschaft nicht beeinträchtigt. 2.3. Ergebnis des Wettbewerbs 2.3.1 Bewertungsverfahren Im Zuge des Verfahrens wurden von 14 Teams Wettbewerbsbeiträge eingereicht, die nach einer Vorprüfung vom Preisgericht beurteilt wurden. Die Sitzung des Preisgerichts fand am 25. Oktober 2013 statt. Es wurden zwei erste Preise sowie zwei Anerkennungen vergeben. 2.3.2 Erster Preis Entwurfsansatz: Mit einem betont schlanken und auf das notwendigste Maß reduzierten Körper fügt sich der Steg zurückhaltend und mit einem freien Schwung schlicht in den landschaftlich geprägten Isarraum ein.

16 17 18 Konzept des Teams aus hoe architects, München, schlaich bergermann und partner sbp gmbh, Stuttgart, und lohrer.hochrein landschaftsarchitekten, München © Landeshauptstadt München

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

11


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Eine bewusste Aufweitung des Steges in Brückenmitte bietet mit ergänzenden Sitzangeboten eine hohe Aufenthaltsqualität auf dem Steg. Die Lichtraumprofile im Bereich der Hochwasserwiese und das erforderliche Freibord grenzen das Fenster für Tragwerksteile unterhalb des Brückendecks stark ein. Als konsequente Antwort auf diese Randbedingungen wurde ein durchlaufender Hohlkasten gewählt, dessen veränderliche Bauhöhe sich optimal in die Gegebenheiten einpasst. Mit nur 28 cm Bauhöhe in Feldmitte überfliegt der Steg die Wege auf den Hochwasserwiesen in zwei kurzen Schwüngen und quert dann mit zwei Spannweiten von ca. 50 m die Isar. Das semiintegrale Bauwerk verzichtet auf Lager und Fugen. Der Beitrag sieht für Überbau und Pfeiler Edelstahl vor. Beurteilung des Preisgerichts: »Der Entwurf des ersten Preisträgers Jürgen Hermann, Andreas Keil und Ursula Hochrein führt in einem eleganten Schwung von der Klenzestraße in die Eduard-Schmid-Straße. In Flussmitte wird

der Steg aufgeweitet, um Platz zu bieten für eine attraktive Aufenthaltszone. Der Flussraum und das Stadtbild werden durch die schlanke Konstruktion wenig tangiert. So ist der Ansatz ein zeitgemäßer und angemessener Beitrag zur Lösung der gestellten Aufgabe. Die Verfasser binden durch die naheliegende Linienführung das neue Bauwerk mit stegartigem Charakter sensibel in die Landschaft und stimmig in das bestehende Wegesystem ein. Die platzartige Aufweitung am westlichen Brückenfuß schafft dazu einen angemessenen Auftakt. Damit besteht die Chance, die neuen verkehrlichen Anforderungen für Fußgänger und Radfahrer zu lösen. Der Eingriff in die Topographie auf der Ostseite ermöglicht neue Wegebeziehungen, die das bestehende System sinnvoll ergänzen. Dies wird zu Lasten einiger weniger Bäume gehen, was vertretbar erscheint. Durch die Aufweitung der Stegtrasse ergibt sich sehr selbstverständlich ein Raum für Aufenthalt und Sitzmöglichkeiten mit Blick flussauf- und -abwärts.«

2.3.3 Erster Preis Entwurfsansatz: In einem weiten Schwung überquert der Steg die an dieser Stelle stark aufgeweitete Isar. Dieser Schwung mündet in einer Verzweigung – einer Treppe, die den einzigen Pfeiler der Brücke bildet – und einer Gegenkurve als letztem Wegstück über die Uferwiese zum östlichen Hochwasserdeich. Der leicht gekurvte Weg wird durch die an den Innenkurven aufsteigenden Brüstungsträger räumlich gefasst. Die Gestalt der Brücke folgt der Bogenform. Die langgezogenen konkaven und gekurvten Flächen des Brückenrumpfs spiegeln die natürlichen durch den Fluss erzeugten Uferlinien. Die Konstruktion des Klenzestegs ist durch eine integrale Bauweise gekennzeichnet, Tragwerk und Weg sind eins. Die Brücke hat aufgrund ihrer komplexen räumlich gekrümmten Form eine hybride Tragwirkung – eine Art Zweifeldträger mit primärer Biegetragwirkung sowie der Aktivierung der Bogentragwirkung im Bereich der 115 m großen Hauptspannweite.

19 20 21 Konzept des Teams aus Christoph Mayr Architekten, München, Prof. Dr.-Ing. Oliver Englhardt & structures, München, und terrain: Architekten und Landschaftsarchitekten, München © Landeshauptstadt München

12

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

Beurteilung des Preisgerichts: »Der Entwurf des ersten Preisträgers Christoph Mayr, Prof. Dr. Oliver Englhardt und Prof. Dr. Klaus Loenhart zeichnet sich dadurch aus, dass sich der Steg in einem weiten Schwung frei über den Fluss spannt. Sein Tragwerk und die Wegeführung bilden eine skulpturale Einheit. Für den Benutzer wird ein ausgeprägtes Wechselspiel der Erlebbarkeit des Flussraumes zwischen Kernstadt und südlichem Landschaftsraum angeboten. Dafür werden die erforderlichen konstruktiven Höhen geschickt genutzt. Das Gesamtkonzept ist eigenständig und von hoher Qualität, ohne in Konkurrenz zu den denkmalgeschützten Brücken (Wittelsbacherbrücke und Reichenbachbrücke) zu treten. Das Erscheinungsbild ist nicht historisierend, sondern vielmehr eine überzeugende Verschmelzung von technischer Notwendigkeit und skulpturaler Qualität. Allerdings ist die konstruktive Höhe der Brücke im Erscheinungsbild stellenweise sehr präsent. Die freischwingende Brücke überspannt die Isar sehr einprägsam als dynamisch ausgeformte Skulptur, die als eigenständiges Element in der Landschaft wirkt. Die stützenfrei wahrgenommene Konstruktion lässt die Dimension der Brücke leichter erscheinen, als sie in der Untersicht oder aus der Nähe wahrgenommen werden wird. Die Anknüpfungen an das bestehende Wegenetz im Osten und Westen sind an der richtigen Stelle, jedoch fehlt eine weitere Ausformulierung. Begrüßt wird die Treppenverbindung zum uferbegleitenden Weg. Die unterschiedlich hohen Brüstungen bieten vielfältige, in beide Richtungen orientierte Sitzmöglichkeiten mit sehr hoher Aufenthaltsqualität, der Blick wird bewusst abschnittsweise in die jeweilige Richtung gelenkt.«

2.3.4 Weitere Bearbeitung Der Empfehlung des Preisgerichts folgend, sollen die beiden Preisträger beauftragt werden, ihre jeweiligen Konzepte entsprechend zu überprüfen, die Prüfungsergebnisse darzustellen und empfohlenen Überarbeitungen vorzunehmen. Zu prüfen sind bei der Arbeit des Teams um schlaich bergermann und partner – sbp gmbh aus Stuttgart insbesondere – Materialauswahl, Fertigung in unlegiertem Baustahl statt Edelstahl, – Wahl von annähernd gleichen Feldlängen und Entfall der zusätzlichen Einzelstütze, Querschnittsabmessungen des Oberbaus, – hydraulische Überprüfung der Auswirkungen des Eingriffs ins Freibord sowie der Doppelpfeiler im Hochwasserfall, – Kostenansätze. Zu prüfen sind bei der Arbeit des Teams um Christoph Mayr Architekten aus München insbesondere – Ausformulierung der Anknüpfungen ins bestehende Wegenetz im Osten und im Westen, – nachvollziehbare Nachweise der Trag- und Gebrauchsfähigkeit der Querschnitte bzw. des Gesamtkonzeptes, – Überprüfung der Treppenanbindung in die Hochwasserwiesen im Hinblick auf hydraulisches Verhalten, Podeste und Geländersituation, – Überprüfung des Geländers der Brücke hinsichtlich Übersteigsicherheit, – hydraulische Überprüfung der Auswirkungen des Eingriffs ins Freibord für den Hochwasserabfluss, – Kostenansätze. Nach den Überarbeitungen folgen die Bürgerbeteiligung in Form einer gemeinsamen Einwohnerversammlung von Au und Isarvorstadt sowie im Anschluss die Entscheidung des Münchner Stadtrates.

Brückenbau

Foto schlaich bergermann und partner Knut Stockhusen

Projekt Fußgängerbrücke Sassnitz (Deutscher Brückenbaupreis 2010) Bauherr BIG-Städtebau MecklenburgVorpommern GmbH Bauart Einseitig gestützte, im Grundriss gekrümmte Hängebrücke Entwurf, Ausführungsplanung schlaich bergermann und partner

Autor: Bauoberrat Dipl.-Ing. Michael Götschl Landeshauptstadt München Baureferat Ingenieurbau

Projekt Scherkondetalbrücke (Deutscher Brückenbaupreis 2012) Bauherr DB Netz AG Bauart Mehrfeldrige semi-integrale Spannbetonbrücke Entwurfsplanung DB ProjektBau GmbH Ausführungsplanung Büchting + Streit AG

www.sofistik.de Bruecke_58x268_D_130201.indd . 1

01.02.13 4/5   2014 | BRÜCKENBAU

13 19:57


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Wege zu guten Lösungen

Entwurf von Fußgängerbrücken: Kriterien und Ziele von Andreas Keil

Das Entwerfen von Brücken ist ein komplexer Prozess, bei dem viele Aspekte berücksichtigt werden müssen. Insbesondere bei Fußgängerbrücken gibt es wesentlich mehr Gestaltungsfreiheit, da die funktionalen und statisch-konstruktiven Anforderungen weniger restriktiv sind. Jeder, der sich mit dem Entwurf von Brücken auseinandersetzt, kennt die Problematik und den »Kampf« um eine gute Lösung. So stellt sich die Frage, ob man diesen Prozess erleichtern kann, indem man Kriterien und Ziele formuliert, die einen guten Entwurf auszeichnen. Dieser Artikel versucht, in Anlehnung an andere Design-Disziplinen Kriterien und Ziele aufzugreifen und an realisierten Projekten zu diskutieren. 1 Einleitung Der Entwurf von Fußgängerbrücken ist eine vielseitige Aufgabe, der die Berücksichtigung funktionaler, statisch-konstruktiver und städtebaulicher sowie architektonischer Kriterien und Ziele erfordert. Jeder Planer kennt die Schwierigkeit, diese Ziele im Sinne der bestmöglichen Lösung für die gestellte Aufgabe auszubalancieren. Die statisch-konstruktiven Anforderungen bei Fußgängerbrücken sind, verglichen mit jenen bei Straßenoder Bahnbrücken, geringer, so dass die Planer ihre Entwurfsziele gemäß den funktionalen Kriterien flexibler erfüllen können. Offensichtlich bedingt dieser größere Spielraum das Risiko, dass Funktion, Struktur und Form nicht mehr zueinanderpassen. Industriedesigner haben Ziele formuliert, die auch beim Entwurf von Fußgängerbrücken helfen können, einen guten Entwurf zu entwickeln (Bild 1).

14

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

1 Ziele beim Entwurf: Analogie zum Industriedesign © schlaich bergermann und partner

Die Entwicklung eines ganzheitlichen Ansatzes ist in der konzeptionellen Entwurfsphase entscheidend, um die funktionalen, bautechnischen und architektonischen Anforderungen eines Projekts zu erfüllen. Die im Folgenden genannten Design-Prinzipien können Verständnis für die Qualität wecken sowie für den Entwurf einen Rahmen abstecken, um die Gestaltungsprinzipien anzuwenden und sie zu überprüfen.

Natürlich gibt es darüber hinaus noch viele weitere Möglichkeiten, Fußgängerbrücken zu entwerfen. Deshalb sollen diese Prinzipien nicht als Einschränkung verstanden werden, sondern als Unterstützung, um für jede Aufgabe die beste Lösung zu finden.

2 Fußgängerbrücke in der Nähe von Bergen, Norwegen © unbekannt


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

3 Consol Energy Wingtip Bridge, West Virginia, USA © Boy Scouts of America

2 Ziele 2.1 Brauchbar Fußgängerbrücken haben die primäre Funktion, Menschen die sichere Überquerung von Hindernissen zu ermöglichen. Daher ist es unerlässlich, dass die funktionellen Anforderungen einer Brücke genau analysiert und definiert werden, um eine individuelle Basis für ihren Entwurf zu gewährleisten. Neben den geometrischen Bedingungen wie Breite oder Steigung müssen Sicherheitskriterien wie Rutschfestigkeit oder sichere Ausbildung des Geländers berücksichtigt werden. Eine Brücke, die einer reibungslosen Überquerung durch Besucher einer Großveranstaltung zu dienen hat, muss anders entworfen werden als eine in einem einsamen Tal, die nur gelegentlich von ein paar Wanderern genutzt wird. Die Brücke sollte abhängig von ihrer Lage und Nutzung angemessen breit sein. Die Kapazität von Fußgängerbrücken kann mit Hilfe detaillierter Untersuchungen und Gutachten berechnet werden. Dennoch erreichen viele Brücken nur selten oder nie die Grenze ihrer Belastbarkeit. Die Breite muss in diesen Fällen so ausgelegt sein, dass Fußgänger und Radfahrer sich möglichst ohne Probleme auf der Brücke fortbewegen können, ohne sich gegenseitig zu behindern.

4 Fußgängerbrücke in Sassnitz, Deutschland © schlaich bergermann und partner

Die Nutzbarkeit wird außerdem durch fließende Übergänge sowie die Vermeidung gefährlicher Stellen und Wendungen begünstigt, insbesondere dann, wenn Brücken auch von Radfahrern frequentiert werden. Manchmal ist es besser, den Grundrissverlauf länger und dafür flüssiger zu wählen, als kurz mit einem abrupten Richtungswechsel (Bild 4).

Die Nutzbarkeit muss zudem für in ihrer Beweglichkeit eingeschränkte Menschen gewährleistet sein. Rampen sollten deshalb eine bestimmte Neigung nicht überschreiten oder, wenn nicht möglich, die Installation eines Aufzugs vorgesehen werden.

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

15


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

5 Fußgängerbrücke Max-Eyth-See über den Neckar, Stuttgart; Geländerausschnitt © schlaich bergermann und partner

Das Verformungsverhalten einer Fußgängerbrücke kann die Nutzbarkeit ebenfalls beeinträchtigen. Dies betrifft nicht nur statische Verformungen, sondern auch das dynamische Verhalten. Der Entwurf sollte zum Ziel haben, die vertikalen und, noch wichtiger, die lateralen Beschleunigungen so gering wie möglich zu halten. Trotz detaillierter Untersuchungen, Forschungsbemühungen und Veröffentlichungen im letzten Jahrzehnt lassen sich die Anregung und das exakte dynamische Verhalten einer Brücke durch Berechnungen immer noch nicht exakt vorhersagen, da Dämpfung, Steifigkeit und Anregungsmechanismen nicht genau ermittelt werden können. Daher ist es nach wie vor notwendig, nach Berechnung des Verhaltens einer Brücke auch das tatsächliche Verhalten der Brücke nach ihrer Fertigstellung zu verifizieren und die in der Planung bereits vorgesehenen Maßnahmen noch einmal mit dem tatsächlichen Verhalten abzugleichen. Es empfiehlt sich, bei diesem Prozess alle Beteiligten, also Bauherrn, Planer und ausführende Firma, ins Boot zu nehmen. Die Brauchbarkeit einer Fußgängerbrücke orientiert sich ebenfalls an einer ausreichenden Rutschfestigkeit des Belags und einer sicheren Ausbildung des Geländers, mit der Kinder am Überklettern gehindert werden (Bild 5). Um die sichere Benutzung bei Dunkelheit zu gewährleisten, sollte ein angemessenes Beleuchtungssystem installiert werden (Bild 6).

16

7 Fußgängerbrücken EXPO 2000, Hannover © Klaus Frahm/gmp Architekten

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

6 Consol Energy Wingtip Bridge, West Virginia, USA © Martin Engineering

2.2 Verständlich Menschen, die Fußgängerbrücken nutzen, haben einen wesentlich direkteren Bezug zum Bauwerk als bei Großbrücken. Daher sollte das statisch-konstruktive Konzept klar und verständlich sein. Funktional verständlich bedeutet, dass die Wege gut an das bestehende Wegenetz angebunden werden. Die Wegeführung sollte fließend und ohne abrupte Richtungswechsel sein, auch wenn die gerade Verbindung statisch-konstruktiv die einfachere Lösung darstellt. Zudem ist es wichtig, die örtliche Topographie so mit einzubeziehen, dass unnötig lange und teure Rampen sowie eine kostenintensive Geländemodellierung vermieden werden können. Viele Benutzer sind in der Lage, das Tragverhalten einer Konstruktion nachzuvollziehen. So versteht jeder, wie ein Zugseil (Wäscheleine) oder ein Bogen (Steingewölbe) funktioniert, und jeder hat ein Gefühl für Steifigkeit und Verformung. Leichtbaustrukturen werden anders wahrgenommen als schwerfällige Träger-, Bogen- oder Sprengwerkstrukturen, und die Menschen erwarten auch ein anderes Verhalten: So ängstigen Bewegungen und Schwingungen die Nutzer bei schweren Strukturen stärker als bei leichten.

8 Kombinierte Systeme: Seil und Bogen © schlaich bergermann und partner

Wichtig ist, dass die Tragkonstruktion klar ist und sie den statisch-konstruktiven Regeln der Technischen Mechanik folgt. Außerdem sollten die Tragelemente in Form und Größe ihre Beanspruchung widerspiegeln, zum Beispiel Seile für Zug und Rohre für Druck (Bild 7). In welchem Ausmaß es möglich und akzeptabel ist, verschiedene Tragwerksysteme miteinander zu kombinieren, muss der Ingenieur entscheiden. Wichtig sind eine innere Logik und eine Kontinuität des Systems. Ein kombiniertes System mit Schrägseilen und zentralem Bogen oder mit unterspanntem Träger ist beide Male statisch-konstruktiv richtig und logisch. Allerdings scheint ein System mit einer reinen Seilverspannung wegen der Kontinuität der »Zuglinie« harmonischer und logischer (Bild 8).


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN 2.3 Umweltfreundlich Umweltfreundlichkeit hat zwei grundsätzliche Aspekte: einen »externen« Aspekt, der bedeutet, den Standort der Brücke und die natürlichen Randbedingungen zu respektieren. Jede Brücke ist einzigartig und sollte als eine individuelle Lösung speziell für diesen Ort gesehen werden. Man muss sich dessen bewusst sein: Eine Brücke kann das städtische Umfeld fundamental verändern. Für verantwortungsbewusste Architekten und Ingenieure ist es zwingend erforderlich, sich zudem noch mit dem »internen« Aspekt der Umweltfreundlichkeit zu beschäftigen. Das bedeutet unter anderem auch die sparsame Verwendung von Energie und Materialien. Die Wahl des Materials kann stark von dessen Verfügbarkeit abhängen, besonders wenn in Entwicklungsländern gebaut wird. Die Minimalisierung und Optimierung des Materialeinsatzes werden zwangsläufig dazu führen, die Funktionsweise von Tragstrukturen zu hinterfragen, was wiederum zwangsläufig zu den Prinzipien des Leichtbaus führt. Das Motto der modernen Architektur »Weniger ist mehr« gilt noch immer. Umweltfreundlich bedeutet auch, das Material differenziert, entsprechend den statischen Anforderungen, auszuwählen. Die Kombination verschiedener Materialien kann oft diese statisch-konstruktiven Anforderungen optimal erfüllen, zum Beispiel Verbundquerschnitte aus Stahl und Beton oder aus Holz und Beton.

9 Consol Energy Wingtip Bridge, West Virginia, USA © Boy Scouts of America

10 Consol Energy Wingtip Bridge, West Virginia, USA © Boy Scouts of America

2.4 Langlebig Im letzten Jahrzehnt gab es viele Diskussionen über die Lebenszykluskosten von Brückenbauwerken. Diese Kosten sollten »von der Wiege bis zur Bahre« alles beinhalten – inklusive Planungs-, Bau-, Betriebs-, Unterhalts- und Rückbaukosten nach einer bestimmten Zeitspanne (bei Brücken üblicherweise 100 Jahre). Es spielt nicht nur eine Rolle, wie hoch die Kosten sind, sondern auch, wann sie anfallen. Eine frühe Investition muss mit Einbezug der Inflation und Zinsen kapitalisiert werden, damit man sie mit der späteren vergleichen kann. So wäre die Verwendung von Edelstahl anstelle von gestrichenem schwarzem Baustahl

dann interessant, wenn diese frühe Investition spätere Kosten für den Unterhalt stark reduzieren könnte. Die Betriebs- und Unterhaltskosten während der gesamten Lebenszeit können mehr als 100 % der Baukosten betragen. Folglich vermag eine gut geplante, langlebige und robuste Brücke eventuell höhere Baukosten durch die Reduktion der Lebenszykluskosten zu kompensieren. Die neuere Entwicklung von integralen Brücken spiegelt diese Gedanken und das Bewusstsein solcher Erkenntnisse wider, zumal solche Brücken nicht mehr kosten als herkömmliche mit Lagern.

11 Fußgängerbrücke Cité Baden-Baden © schlaich bergermann und partner

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

17


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

2.5 Ehrlich Was kann mit »Ehrlichkeit« gemeint sein, wenn man den Entwurf einer Fußgängerbrücke analysiert? Eine ehrliche Konstruktion muss klar und offen sein, sie darf nichts vortäuschen und keine überflüssigen Elemente enthalten. Architekten und Ingenieure sollten sich darüber im Klaren sein, dass viele Menschen in der Lage sind, zu erkennen, wie ein Tragwerk funktioniert, auch wenn sie sich sonst nicht mit Brückenkonstruktionen auseinandersetzen. Es existieren immer verschiedene Lösungen, und es gibt immer eine Bandbreite an guten, angemessenen und ehrlichen Alternativen. Der Vergleich einer Hängebrücke und einer Spannbandbrücke verdeutlicht das: Beide Systeme sind ehrlich und gerechtfertigt, allerdings mit ein paar grundsätzlichen Unterschieden: Aus wirtschaftlichen Gründen empfiehlt sich für eine Hängebrücke ein Verhältnis von Spannweite zu Stich von 12:1. Bei einer Spannbandbrücke beträgt dieses Verhältnis 50:1, um keine zu großen Steigungen (< 8 %) an den Enden zu erhalten. Der entscheidende Unterschied ist, dass der Aufwand, um die vier- bis fünfmal höheren Kräfte auszugleichen, durch den Vorteil kompensiert wird, dass die Kosten für Hänger, Klemmen und Pylone eingespart werden können, weil Zugband und Lauffläche eins sind (Bilder 13 und 14). Ingenieure werden oft von Architekten und auch Bauherren gebeten, eine neue und einmalige, nie dagewesene Form zu erfinden, was nicht so einfach ist, da sie immer noch die Regeln der Schwerkraft berücksichtigen müssen und die Brückenkonstruktion angemessen und effizient sein sollte. Es ist beispielsweise bei der Planung von Bogenbrücken wichtig, dass die Geometrie des Bogens der Stützlinie folgt, um Biegung zu vermeiden, was zu größeren Querschnitten führen würde (Bild 12).

18

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

12 Ideale (a) und die suboptimale (b) Form einer Bogenbrücke © Aus: Keil, A.: Fußgängerbrücken

Daher ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Architekten und Ingenieuren unabdingbar, bei der sich die Ingenieure intensiv mit der Konstruktion sowie wie mit rein wirtschaftlichen und bautechnischen Aspekten auseinandersetzen. Architekten müssen sich mit dem städtischen Kontext der Brücke, ihrer

13 Brücke über die Enz, Pforzheim © schlaich bergermann und partner

14 Radbrücke (Glacisbrücke) in Minden © schlaich bergermann und partner

formalen und der Detailsprache beschäftigen. Die Baukunst ist unteilbar – es braucht eine gute Zusammenarbeit beider Disziplinen mit respektvollem Umgang, frei von Eitelkeit und immer auf das Ziel fokussiert, gemeinsam einen guten Entwurf zu entwickeln.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

15 Fußgängerbrücke über den Main-Donau-Kanal, Kelheim © schlaich bergermann und partner

2.6 Innovativ Innovation ist selten ein Ereignis, sondern vielmehr ein Prozess. Die Redewendung »Innovation ist die Weiterentwicklung von Dingen, die bereits bekannt sind« beschreibt diesen Arbeitsprozess exemplarisch und weist auch darauf hin, dass wir Brücken nicht neu erfinden oder fundamental verändern können. Wenn man sich die Entwicklung gekrümmter Fußgängerbrücken anschaut, lassen sich die »kleinen« Innovationsschritte gut erkennen.

18 Liberty Bridge, Greenville, USA © Jürgen Schmidt

16 Brücke im Deutschen Museum, München © schlaich bergermann und partner

Schritt 1: Gekrümmte Brücke, die das auftretende Krempelmoment über Biegung im Betonbalken aufnimmt (Bild 15). Schritt 2: Auflösung in Druck- und Zugelemente (Bild 16). Schritt 3: Kombination mit zwei gegensinnig gekrümmten Brückenelementen (Bild 17).

17 Brücke über die Gahlensche Straße, Bochum © schlaich bergermann und partner

Schritt 4: Veränderung der Mastposition und Nutzung der Gehwegplatte als Druckelemen (Bild 18). Schritt 5: Addition neuer Elemente wie stützenlose Kabelverankerungen, integrale Ausbildung (Bild 19).

19 Fußgängerbrücke am Hafen Grimberg, Gelsenkirchen © Michael Zimmermann/schlaich bergermann und partner

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

19


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

Nichtsdestotrotz führen auch die Entwicklungen im Bereich der Software zu interessanten und bemerkenswerten Fortschritten, so zum Beispiel bei der Formfindung dreidimensionaler Strukturen (Bild 20) oder bei dynamischen Berechnungen.

20 Formgefundene dreidimensionale Bogenbrücke © schlaich bergermann und partner

Beim Thema Innovation sollte man auch erkennen, dass Innovationen aus Bereichen wie Material und Software Auswirkungen auf den Entwurf nehmen können. Material: In der Forschung und Industrie werden ständig neue Materialien mit besseren Eigenschaften entwickelt, zum Beispiel Feinkornstahl oder äußerst leistungsstarker Beton. Zu den Forschungsaktivitäten gehören auch Verbundwerkstoffe, die so zusammengesetzt werden, dass jedes Material seinen Eigenschaften entsprechend optimal eingesetzt werden kann. Neue Entwicklungen sind vor allem im Bereich kohlenstofffaserverstärkter Kunststoffe anzutreffen. Sie werden eine neue Ära von Möglichkeiten eröffnen, die noch mehr Leichtigkeit und Transparenz und noch größere Spannweiten erlauben werden. Die ersten Beispiele sind realisiert, aber es braucht weitere Schritte in der Forschung, um diese Stoffe neben den klassischen Werkstoffen Stahl und Beton zu etablieren.

20

Software: Das Entwerfen, das Detaillieren und das Realisieren moderner Brücken sind ohne Computer unvorstellbar. Die Software hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten rasant entwickelt, vielleicht in einem stärkeren Maße, als die Planer in der Lage sind, diese umfänglich einzusetzen.

21 Glasbrücke in Lissabon, Portugal © Bellapart Group

22 Fußgängerbrücke in Odense, Dänemark; Rendering © Dissing + Weitling architecture a/s

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

2.7 Ästhetisch Die Ästhetik ist ein Teilbereich der Philosophie, die sich mit Kunst, Schönheit und deren Wahrnehmung beschäftigt. Beim Entwurf könnte man das als Synchronisation und Optimierung von Proportionen, Materialien, Oberflächen und Farben interpretieren, immer korrespondierend mit dem Ort und der Umgebung. Dies beinhaltet nicht nur das Bauwerk selbst, sondern auch die Integration in die Umgebung und die Interaktion mit angrenzenden Gebäuden. Entscheidend ist darüber hinaus die Berücksichtigung ästhetischer Aspekte bei Brückendetails.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

2.8 Unaufdringlich Unaufdringlichkeit bedeutet nicht, eine gewöhnliche oder konservative Alternative zu wählen, sondern vielmehr eine angemessene Lösung der Aufgabe zu finden. Die Menschen müssen das Bauwerk akzeptieren und gutheißen und nicht als ein fremdes, hinzugefügtes Objekt wahrnehmen. Manchmal tut es gut, wenn Brücken einem Ort eine eigene Identität geben und als Wahrzeichen wirken, manchmal sollten sie aber nicht die »erste Geige« spielen (Bild 23). Es ist daher äußerst wichtig, die Topographie, die städtische Situation, die Lage und die geplante Art der Nutzung zu studieren. Es macht einen großen Unterschied, ob die Menschen nur von A nach B möchten, um schnell eine unattraktive Autobahn oder Bahnstrecke zu überqueren, oder ob sie sich einen Ort zum Treffen, Schauen, Verweilen und Genießen wünschen. Beide Aufgabenstellungen erfordern verschiedene Lösungen, auch wenn Lichtraumprofil, Spannweite und Breite ähnlich sind. Ein Wettbewerb in München zeigt, wie die Reflexion der Lage und der Umgebung den Entwurf prägen kann. Zwölf international ausgewählte Teams waren aufgefordert, eine Fußgängerbrücke über die Isar zu entwerfen. Die Brückenlänge beträgt etwa 200 m, die Breite des Flussbetts hier ca. 100 m. Zuerst fühlten wir uns dazu herausgefordert, mit einer großartigen Seil- oder Bogenbrücke

23 Margarete-Müller-Bull-Steg, Esslingen am Neckar © Ingolf Pompe

die Isar zu überqueren. Aber nach einer genauen Begutachtung der Situation vor Ort sowie Gesprächen mit Bürgern bekamen wir einen Eindruck von dem schönen Grüngürtel und der Eigenständigkeit der angrenzenden Gebäude. Daher entschieden wir uns, eine möglichst schlanke und transparente Brücke zu entwerfen, die das Landschaftsbild nicht beeinträchtigt. Um sehr schlanke Stützen zu ermöglichen, welche die Hydraulik der Isar nur unwesentlich beeinflussen, wurde eine integrale Verbindung des Überbaus mit den Stützen gewählt. Dies vermeidet bei Temperaturausdehnungen oder Verkürzungen eine

erhöhte Biegebelastung, erhöht zugleich die Transparenz der Brücke und hat außerdem einen sehr geringen Versperrungsgrad der Isar zur Folge (Bild 24). Die Doppelstützen bewirken eine Einspannung des Überbaus und verringern dessen Verformungen. Der Einsatz von Edelstahl hierbei hat zwei Gründe: Zum einen werden die Unterhaltungs- und Lebenszykluskosten erheblich reduziert, und zum anderen brauchen die Stützen zum Schutz gegen Treibgut keine zusätzliche Schicht. Die Wettbewerbsjury zeichnete dieses Konzept mit einem von zwei ersten Preisen aus.

24 Klenzesteg über die Isar, München; Rendering © schlaich bergermann und partner

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

21


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

25 Fußgängerbrücke Max-Eyth-See über den Neckar, Stuttgart; detailliertes Geländer © schlaich bergermann und partner

2.9 Konsequent bis ins letzte Detail Insbesondere Fußgängerbrücken müssen einen menschlichen Maßstab zeigen und gut detailliert sein. Da sich die Menschen auf der Brücke langsam bewegen, können sie das Bauwerk besser wahrnehmen, können es berühren und zu verstehen versuchen. Das betrifft nicht nur die funktionalen Details wie Geländer oder Beleuchtung, sondern auch konstruktive Elemente wie Seilverankerungen, Klemmen oder Knoten von Fachwerkträgern. Es gibt leider einige Beispiele, bei denen interessante und gute Entwurfsideen zu durchschnittlichen Ergebnissen geführt haben, weil den Details nicht die nötige Beachtung geschenkt wurde. Für einen konsequenten und durchgängigen Entwurf müssen sich Architekten und Ingenieure bereits in einem frühen Planungsstadium auch um die Details kümmern. Ebenso sollte sich der Bauherr die wichtige Rolle der Details bewusst machen und Architekten und Ingenieuren die Planungsaufgabe komplett übertragen. Nur eine durchgängige und sorgfältige Planung führt zu einem ansprechenden Bauwerk mit guten Details.

27 28 Fußgängersteg Bleichwiese Backnang © Michael Zimmermann/schlaich bergermann und partner

22

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

26 Passerelle La Défense, Paris, Frankreich; Ringseile im Detail © Michael Zimmermann/schlaich bergermann und partner

2.10 So wenig Design wie möglich Der Satz »Gutes Design ist unsichtbar« betrifft auch Fußgängerbrücken. Eine Brücke mit einer größeren Spannweite wird hauptsächlich von ihrem Tragwerk dominiert, folglich wird der Entwurf vom Tragwerk bestimmt. Die konstruktive Planung muss sich an bestimmten Regeln orientieren, die von statischen und dynamischen Prinzipien geleitet werden. Die Bandbreite der möglichen Entwürfe, in der wir uns bewegen, sollte diese Prinzipien respektieren, und sie sollte auf klare und verständliche Lösungen ohne überflüssige Elemente fokussiert sein. Beim Entwerfen einer Brücke sollte vorrangig an eine klare Form und ein logisches Tragwerk gedacht werden – und nicht ans Design.

Der Bleichwiesensteg in Backnang zeigt eine sehr einfach gestaltete Balkenbrücke, die eine alte Fachwerkbrücke aus Holz ersetzt (Bilder 27, 28). Wegen der eingeschränkten Kapazität der vorhandenen Widerlager mussten wir eine leichte Lösung finden, wobei das Tragwerk aufgrund des erforderlichen Lichtraumprofils oben zu liegen hatte. Zuerst dachten wir an einfache Stahlfachwerkträger, fanden aber, dass sie nicht gut zum Standort passen und willkürlich erscheinen würden. Dann begannen wir, die Dreiecke zu schließen, und kamen zu dem Resultat, dass die Brücke dadurch mehr Volumen bekommt und prägnanter wirkt. Zudem gewinnt die Konstruktion so eine eigene skulpturale Qualität. Es entstand ein Brückenträger über zwei dreieckig geformte Binder mit einem (Zug-)Bolzen unten und einem gelenkig gelagerten Druckstab oben – eine sehr logische und einfache Brücke mit wenig Design, aber einem individuellen und eigenständigen Aussehen.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

3 Schluss Von Architekten und Ingenieuren erwartet man oft, dass sie neue und besondere Brücken entwerfen, die möglichst spektakulär aussehen. Das bedeutet Chance und Risiko zugleich. Eine Chance, weil diese offene Haltung den Ingenieuren und Architekten Spielraum bietet und es ihnen erlaubt, neuartige Konstruktionen vorzuschlagen. Andererseits stellt es ein Risiko dar, weil man schnell Gefahr läuft, den »Entwurfskorridor« zu verlassen, in dem Angemessenheit, Innovation und wirtschaftliche Aspekte in einem ausgeglichenen Verhältnis zueinander stehen. Damit dies gut funktioniert, brauchen wir neben allen wichtigen Disziplinen in den Planungsteams auch qualifizierte Jurys, die in der Lage sind, die beste Lösung herauszufinden, ohne den Blick auf funktionale und statisch-konstruktive Belange zu verlieren.

29 Passerelle de la Paix, Lyon, Frankreich © Michael Zimmermann/schlaich bergermann und partner

Es ist wichtig, dass wir Planer unsere Entwürfe gründlich und sorgfältig reflektieren und hinterfragen, um für jede individuelle Aufgabe die wirklich beste Lösung zu finden.

Vielleicht können die diskutierten Entwurfskriterien helfen, den Korridor für gute Entwürfe von Fußgängerbrücken, die unsere Umwelt aufwerten und bereichern, abzustecken. Autor: Dipl.-Ing. Andreas Keil Geschäftsführer schlaich bergermann und partner, Stuttgart

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

23


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Die »Fahrradschlange« in der dänischen Hauptstadt

Cykelslangen in Kopenhagen von Steen Savery Trojaborg, Jesper B. Henriksen

Die dänische Hauptstadt Kopenhagen verfolgt das Ziel, bis Ende nächsten Jahres der fahrradfreundlichste Ort der Welt zu werden, und zwar mit Nachdruck: 2015 sollen 50 % aller Wege zu Arbeit, Schule und Universität mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Und bis 2025 sollen sich 90 % der Fahrradfahrer auf Kopenhagens Straßen sicher fühlen und sich ihre Fahrzeiten dank neuer Streckenverbindungen um 15 % verringern. Ein bedeutsamer Teil dieser Strategie ist die im Juni 2014 fertiggestellte Brücke namens Cykelslangen. 1 Cykelslangen 1.1 Das Umfeld Mit dem Wandel vom Handelshafen zum Wohn- und Geschäftsviertel durchlief der Innere Hafen Kopenhagens einen ausgeprägten Transformationsprozess. Als Teil dieser Veränderungen wurde im Jahr 2006 der erste Bauabschnitt einer Fuß- und Radwegeverbindung über den Inneren Hafen eröffnet.

24

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

1 Hafenquerung Bryggebroen und Panoramabrücke Cykelslangen © Ole Malling

Die von Dissing + Weitling entworfene Quaibrücke Bryggebroen war die erste neue Hafenquerung seit 50 Jahren. Sie wurde ein enormer Erfolg, nicht nur, weil sie zwei Stadtteile miteinander verbindet, sondern auch, weil sie die Gelegenheit bietet, die Hafenansichten zu genießen, und zudem das Gefühl vermittelt, sich über dem Wasser zu befinden. Allerdings müssen die Radfahrer auf ihrem Weg zu oder von der Quaibrücke Bryggebroen im Osten des Hafens ihre Räder einen kompletten Treppenlauf an einer Uferseite hinauf- bzw. hinuntertragen. Cykelslangen oder »die Fahrradschlange« ist eine 230 m lange Panoramabrücke, die eine Abkürzung ermöglicht. Im Sommer 2014 eröffnet, beginnt sie auf der Ostseite des Hafens, dort, wo Bryggebroen endet, und verläuft dann in einer Schlangenbewegung hin zur Kalvebod-Brücke, einer Hauptverkehrsader, die ungefähr 5,50 m über dem Uferniveau liegt. Cykelslangen überwindet also zwischen Havneholmen und dem Hauptzugang Fisketorvet einen Höhenunterschied von 5,50 m – und wird täglich von 12.500 Radfahrern genutzt.

1.2 Kopenhagen und das Fahrrad Im Jahr 2011 veröffentlichte die Stadt Kopenhagen ihr Planungsziel, die fahrradfreundlichste Stadt der Welt zu werden. Und dies aus vielen guten Gründen: Durch das Radfahren zur Arbeit wird ein gesünderer Lebensstil gefördert, das Klimaziel für Kopenhagen als CO2-neutrale Stadt, festgesetzt für 2025, wird unterstützt, und letztlich bekommt Kopenhagen einfach mehr Lebensqualität, mehr Platz, weniger Lärm und sauberere Luft. Das Leihfahrrad war im Jahr 2010 mit seinem Marktanteil von 36 % das meistgenutzte Transportmittel im innerstädtischen Verkehr, als Planungsziel strebt die Stadt hier 50 % Marktanteil bis Ende des Jahres 2015 an. Als Teil der fahrradfreundlichen Politik der Stadt, die ein Vorläufer der fahrradfreundlichen Strategie war, wurden 2010 verschiedene Initiativen ergriffen. Eine davon war die Auslobung eines offenen Planungswettbewerbes zur Entwicklung der Fahrradbrücke Cykelslangen. Dissing + Weitling gewannen diesen Wettbewerb gemeinsam mit Rambøll als Beratenden Ingenieuren.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

1.3 Überwindung von Grenzen: eine besondere Typologie Der Planungsauftrag sah nur so etwas wie eine »minimale« Fahrradrampe als Alternative zur Treppe vor. Wir erkannten jedoch das enorme Potential einer solchen Rampe, indem sie mehr zu erfüllen vermochte, als lediglich ein Treppenersatz zu sein: Man könnte sie aus dem Treppenbereich herausfalten, sie auseinanderziehen und krümmen, sie zwischen den Gebäuden übers Wasser hinwegführen und in Richtung Quaibrücke Bryggebroen absenken. Sie wäre nunmehr ein Weg. Dabei würde nicht nur ihre Nutzung dank eines Verlaufs von geringerer Neigung und leichterer

2 Radweg zwischen Land und Wasser © Rasmus Hjortshøj/Coast Studio

Krümmung angenehmer werden, es könnte außerdem ein Element entstehen, das ein Gebiet mit vielen lose gruppierten Gebäuden zusammenhielte. Wir schlugen verschiedene Varianten vor und diskutierten sie mit dem Auftraggeber, der Stadt Kopenhagen. Und die Stadt hörte zu und wirkte an der Weiterentwicklung unserer Idee mit. Das städtische Planungsamt unterbreitete sie danach an höherer behördlicher Stelle, denn das Budget musste aufgestockt und der Dialog mit den Anrainern geführt werden. Das Projekt wurde schließlich nicht nur genehmigt, die Stadt vergab außerdem ein Jahr vor Eröffnung der Brücke eine Auszeichnung an Dissing + Weitling – dafür, dass sie höhere Ziele aufgezeigt hatten. Diese Auszeichnung verleiht die Stadtverwaltung nun auch künftig für weitere gute Ideen. 2 Entwurfsphase Im Rahmen der Entwurfsphase wurden mehrere Varianten entwickelt, die nebenstehend dargestellt sind (Bilder 3,4,5).

3 4 5 Untersuchte Varianten im Grundriss © Dissing + Weitling architecture a/s

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

25


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

3 Entwurf Die Entscheidung fiel schließlich zugunsten eines geschlängelten Verlaufs sowie einer Stahlkonstruktion auf schlanken Stützen. 4 Realisierung 4.1 Konstruktion Realisiert wurde die 230 m lange und 4 m breite Brücke als »farbbehandelte«, luftdicht verschweißte Stahlkonstruktion, die einen zentralen Stahlkern aufweist – einen 75 cm hohen Kastenträger. Die von diesem Kastenträger auskragenden Vollwandstreben aus Stahl tragen das Brückendeck, das ebenfalls in Stahl ausgeführt wurde. Wir strebten hier eine schlanke Struktur an, bei der alle Elemente eine Tragfunktion erfüllen, um so die optische Beeinträchtigung zu verringern. Wir bemühten uns also um Transparenz, Einfachheit und konstruktive Vervollkommnungen. Das Brückengeländer ist dementsprechend als transparenter Film gedacht und nicht als modulares Ordnungselement. Das heißt, es unterstreicht im Wesentlichen den Bewegungsfluss durch den Raum: Radfahren wird zu einem Fest, bei dem man sieht und gesehen wird. So besteht das Geländer letztlich aus nach innen geneigten Rundstäben aus Stahl mit einem rostfreien Handlauf.

6 Grundriss © Dissing + Weitling architecture a/s

7 Querschnitt © Dissing + Weitling architecture a/s

Die Brücke Cykelslangen bezieht sich stark auf die Quaibrücke Bryggebroen, indem sie deren Funktionalität, Ausrichtung und Ausstattung widerspiegelt, im Detail ist sie jedoch verschieden. 4.2 Belag Als rutschfester Belag wurde Gesteinsgranulat in einer Acrylmischung gewählt.

8 Fahrbahnbelag in Orange © Rasmus Hjortshøj/Coast Studio

26

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

9 Beleuchtung der Brücke bei Nacht © Rasmus Hjortshøj/Coast Studio

4.3 Beleuchtung Die Brücke wird durch LED-Bänder erhellt, die in die Handläufe der Geländer eingelassen sind. Die dünnen, angestrahlten senkrechten Stäbe betonen zudem nachts den geschwungenen Verlauf des Radwegs.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

10 Prinzip der Entwässerung © Dissing + Weitling architecture a/s

4.4 Entwässerung Entwicklung und Konzeption der Entwässerung sind obenstehend dargestellt (Bild 10). 5 Ein kurvenreicher Weg Das Projekt entwickelte sich von einer Rampe zu einem Radweg in Hochlage, der sich auf seine ganz eigene Weise schlängelt, so dass die Radfahrer ungewollt langsamer werden: ein Radweg zwischen Land und Wasser. Und er berührt beide kaum, sondern ruht auf schlanken Stützen, die einen Abstand von 17–20 m haben. Er steht für Kopenhagen als fahrradfreundliche Stadt und für das Radfahren als pures Glück – und er ist orange. So orange, dass er seinen eigenen hohen Platz inmitten seines Umfeldes findet. So orange, dass er ein Gefühl von sinnlichem Luxus vermittelt. So orange, dass er tags Wärme ausstrahlt, während er nachts durch LED-Bänder in den schimmernden Handläufen aus rostfreiem Stahl beleuchtet wird.

11 »Geschlängelter« Fahrradweg in Hochlage © Rasmus Hjortshøj/Coast Studio

12 Stahlkonstruktion auf schlanken Stützen © Rasmus Hjortshøj/Coast Studio

13 Kastenträger mit Vollwandstreben © Rasmus Hjortshøj/Coast Studio

Cykelslangen ist kein erhöhter Radweg. Es ist nicht der Versuch, mit erhöhten Radwegen die Radfahrer vom Boden zu trennen. Fahrräder sollten kein isolierter, sondern vielmehr ein integraler Teil des Stadt- und Straßenlebens sein. Cykelslangen ist eine besondere Antwort auf ein besonderes Problem in Kopenhagen – in Fortführung der Quaibrücke Bryggebroen von Dissing + Weitling. Autoren: Steen Savery Trojaborg Architekt, Geschäftsführer und Partner Jesper B. Henriksen Produktdesigner Dissing + Weitling architecture a/s, Kopenhagen Aus dem Englischen von Anne Kuhn, Michael Wiederspahn

Tragwerksplanung Rambøll Group A/S, Kopenhagen Prüfender Ingenieur Kim Brun Kristensen, Kopenhagen

Bauherr Stadt Kopenhagen

Prüfender Architekt Morten Winding, Kopenhagen

Entwurf und Generalplanung Dissing + Weitling architecture a/s, Kopenhagen

Bauausführung MT Højgaard A/S, Søborg

14 Bryggebroen: erste Hafenquerung seit 50 Jahren © Rasmus Hjortshøj/Coast Studio

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

27


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Der »Fächer« von Paddington

Merchant Square Pedestrian Bridge in London von Bartlomiej Halaczek

1 »Eye-Catcher« inmitten von Wohnhochhäusern © Edmund Summer

Im Sommer 2014 wurde eine neue Klappbrücke über einen Kanal im Londoner Stadtteil Paddington eröffnet. Das Bauwerk wurde von einem Team aus Knight Architects, AKT II und Eadon Consulting geplant. Die sogenannte Merchant Square Pedestrian Bridge ist Bestandteil eines privaten Entwicklungsvorhabens, welches die ehemalige Industriebrache in Paddington in ein hochwertiges Büro- und Wohnquartier verwandeln soll.

28

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

1 Einleitung Paddington hat, wie die meisten zentralen Bezirke Londons, in den letzten 50 Jahren eine sehr intensive Entwicklung durchlebt. Vom 18. bis ins 20. Jahrhundert einer der zahlreichen Schauplätze von Englands industrieller Blüte, wurde diese Entwicklung lokal begünstigt durch die bestehende Infrastruktur, ausgehend von der berühmten Paddington Station mit direktem Anschluss an das Londoner Straßennetz, an U-Bahn und Wasserwege. Speziell das englische Kanalsystem, in London vertreten durch den Grand Union Canal und den Regent‘s Canal, war bis ins 20. Jahrhundert hinein neben der Bahn entscheidend für den Gütertransport. So war die Landschaft um das Paddington Basin, einen Seitenarm des Grand Union Canal, lange Zeit von Werften, Stahlwerken und Lagerhäusern geprägt. Mit dem Niedergang der britischen Industrie verfiel das Gewerbegebiet aber zunehmend zu Brachland, während die Stadt um es herum weiterwuchs. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis diese Zone für Wohnund Bürobebauung freigegeben wurde. Seit Mitte der 1990er Jahre wird das Areal nun erfolgreich von Projektentwicklern bebaut, wobei sich die Gebäude durch

ihre zentrale und wassernahe Lage hoher Beliebtheit erfreuen. Alle diese Vorhaben versuchen, thematische Bezüge zur Geschichte des Ortes sowie zum Kanal selbst herzustellen, wie zum Beispiel durch das Angebot von Büroflächen auf umgebauten Schleppkähnen, das Schaffen von Erholungsflächen entlang den Kanalmauern oder durch die Errichtung kleinerer Fußgängerbrücken. Das neueste dieser Projekte ist das sogenannte Merchant Square Development, eine Gruppe von fünf Wohnhochhäusern, die am nordöstlichen Ende des Beckens entstehen. Vier der Blöcke werden paarweise an den Seiten einer grünen Schneise angeordnet, welche den fünften Block, einen 150 m hohen Solitär, an den Kanal anbinden wird. In Verlängerung der so gebildeten Achse sollte auch eine neue Fußgängerbrücke über den Kanal für eine verbesserte Nord-SüdErschließung sorgen. Aus dem Grund hat die Entwicklergesellschaft European Land and Property Ltd. einen beschränkten Wettbewerb organisiert, der im Frühling 2012 von dem Team aus Knight Architects, AKT II und Eadon Consulting gewonnen wurde.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

2 Neue Querung des Paddington Basin © Edmund Summer

2 Der Wettbewerbsentwurf Ausgeschrieben war die neue Querung des Paddington Basin, um in einer lokalen Verengung des Wasserweges eine zu öffnende Brücke zu ersetzen, deren Mechanismus irreparabel beschädigt war. Die zu querende Breite betrug hier 14 m senkrecht zur Kanalrichtung, jedoch legte der natürliche Verlauf der Fußwege eine diagonale Orientierung nahe, was die gesamte Spannweite auf 17 m erhöhte. Die lichte Brückenbreite sollte 3 m betragen, das Lichtraumprofil der Kanalboote misst lediglich 6 m Breite auf 2,50 m Höhe: Es wäre also möglich gewesen, den Kanal mit einer starren Konstruktion zu queren, die allerdings entsprechend lange Anrampungen an ihren Enden benötigt hätte und daher für den Bauherrn unattraktiv war. Ferner äußerte European Land den ausdrücklichen Wunsch, ein gestalterisch gelungenes Bauwerk zu erhalten, welches in das Landschaftskonzept der grünen Achse passt und auch für Touristen anziehend ist. Die Entscheidung fiel infolgedessen zugunsten einer beweglichen Brücke, die möglichst wartungsarm ist (eine Lehre aus der Vorgängerbrücke), sich schnell öffnen kann und deren Antrieb sich auf der nördlichen Seite des Kanals befindet, da das Grundstück auf der Südseite einen anderen Eigentümer hat. Als mögliche Systeme standen nun zur Verfügung: Klapp- oder Schwingbrücken. Aufgrund des geringeren Platzverbrauchs und der imposanten Erscheinung beim Öffnen fiel die Wahl dann letztlich auf eine Klappbrücke mit Gegengewicht und Hydraulikantrieb.

3 Aufklappender japanischer Fächer als Analogie © Edmund Summer

Eine klassische Klappbrücke wäre als »Eye-Catcher« wahrscheinlich zu wenig imposant, zumal sich etwa zwei Blocks weiter eine Brücke befindet, die sich bei Bedarf zusammenrollt. So kristallisierte sich das Resultat heraus, das Brückendeck in fünf parallel angeordnete Längsträger oder eben Finger zu unterteilen. Diese Finger, jeweils 600 mm breit, sind alle separat gelagert und werden unabhängig voneinander von fünf Hydraulikkolben bewegt. Die Rotationsgeschwindigkeiten und Endanstellwinkel der Finger sind zudem gestaffelt, so dass im Gesamtbild der Eindruck eines aufklappenden japanischen Fächers entsteht.

3 Das Brückendesign Die Brücke besteht aus fünf parallel angeordneten Einzelträgern, die nach dem Prinzip einer Wippe auf Achsen gelagert sind. Das lange Ende (Deck) variiert zwischen 21,70 m und 23,40 m, während die Längen der Gegengewichte zwischen 3,20 m und 3,90 m liegen.

4 Ansicht im geöffneten Zustand © Knight Architects

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

29


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

5 6 Querschnitte: Nord- und Südseite © Knight Architects

7 Ansicht mit Gegengewichten © Knight Architects

8 Gegengewichte … © Peter Cook

Jeder Längsträger ist im Querschnitt ein trapezförmiger Hohlkasten, dessen Bauhöhe sich über die Länge des Bauwerks von 900 mm am nördlichen Auflager auf 300 mm auf der Südseite verringert, und zwar dem Biegemomentverlauf eines Kragarms folgend. Der Neigungswinkel der Stege von 8° bleibt konstant, was bedeutet, dass sich der untere Flansch von 200 mm an der Wurzel zu 350 mm an der »Fingerspitze« verbreitert. Das Nordende wird von fünf konischen Gegengewichten gebildet, die auf der Oberseite, ähnlich wie bei einem Tortendiagramm, flach abgeschnitten sind. Obwohl geometrisch ähnlich, ist jedes Gegengewicht in Radius und Anschnittwinkel variabel, wobei die Anschnittfläche eines Konus exakt dem maximalen Anstellwinkel des jeweiligen Trägers entspricht. Im vollgeöffneten Zustand, während die Finger fächerförmig über dem Wasser schweben, versinken die Gegengewichte im darunterliegenden Maschinenraum, während ihre Anschnittflächen einen waagrechten Abschluss mit dem umgebenden Granitbelag erzeugen.

30

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

9 Anordnung des Hydraulikzylinders © Knight Architects

In statischer Hinsicht handelt es sich bei jedem der fünf Brückenelemente um einen dreifach gelagerten Durchlaufträger. Das nördlichste Lager ist die eigentliche Drehachse, die sich 100 mm unterhalb des unteren Flansches befindet. Etwa 1 m weiter südlich der Achse folgt der Angriffspunkt des Hydraulikzylinders, der allerdings im geschlossenen Zustand keine Lasten aufnimmt. Zwei Elastomerlager pro Träger sind auf beiden Seiten des Kanals, jeweils im Bereich der Kai-

mauer, angeordnet. Diese Lager dienen der Normalkraftübertragung im geschlossenen Zustand und verfügen über keine Verriegelung, da keine abhebenden Kräfte auftreten: Obwohl das Prinzip einer Wippe angewandt wird, musste der Schwerpunkt der Brücke aus Sicherheitsgründen nach Süden, also auf die Kanalseite, gelegt werden. Konische Zapfen an den südlichen Auflagern sorgen zudem für eine Lagesicherung der Träger im heruntergelassenen Zustand.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

10 Edelstahlgeländer mit Holzhandlauf © Edmund Summer

dient als Absturzsicherung, es besteht aus je 270 sich windschief kreuzenden Edelstahlrohren mit d = 26,70 mm und wird auf der Oberseite von einem Handlauf aus Iroko-Holz begrenzt. Die Breite des Handlaufs erlaubte im Übrigen die Integration einer linearen LED-Beleuchtung. 4 Parametrisches Design Eine Besonderheit war hier die Entwicklung der Geometrie, erstellt mittels der 3-D-Software Rhinoceros mit dem populären Plug-in-Grasshopper, das eine parametrische Bearbeitung des Modells erlaubte. Sowohl die Architekten als auch die Ingenieure von AKT II nutzen diese Software sehr intensiv, so dass eine gemeinsame Arbeitsplattform entstand, die eine effiziente Kooperation und einen schnellen Datenaustausch erlaubte.

Architektonische Gestaltung und einleitende statische Untersuchung erfolgten quasi am gleichen Modell, zur späteren Finite-Elemente-Analyse wurden die benötigten Daten dann aus dem RhinoModell exportiert. Das heißt, eine Erstellung von 2-D-Zeichnungen fand, außer zu Dokumentationszwecken, bis zur Ausführungsplanung praktisch nicht statt. 5 Die Herstellung Hergestellt wurde die Brücke von dem britischen Unternehmen SH Structures aus North Yorkshire, einer Firma, die sich auf den Präzisionsstahlbau spezialisiert hat. Die Fertigung der Brückenträger erfolgte komplett im Werk, Hauptträger und Gegengewichtsschalen wurden gesondert gefertigt und erst anschließend verschweißt.

Die konische Geometrie der Schalen wurde durch lineare Pressung erreicht, einen Vorgang, bei dem das Blech auf zwei Seiten linear gelagert und mittels eines länglichen Stempels lokal gebogen wird: Das Blech wird dann um wenige Zentimeter verrückt, und der Vorgang wird wiederholt. Nach einer ausreichenden Menge von Zyklen – im Falle der größten Schale waren es 100 – ist die gewünschte Form erreicht. Die Blechdicke der Kegelfläche beträgt 10 mm. Die fertige Schale besitzt auf der Oberseite eine ca. 100 mm x 100 mm große Öffnung, welche nach der Installation aller Träger auf der Baustelle zum Einbringen des Ballastbetons dient. Sobald das geschehen war, wurde diese Öffnung vor Ort mit einem Blech verschlossen und erfolgte die Verfüllung der Fugen. Im Werk wurden die Längsträger und die hohlen Ballastschalen verschweißt, alle Schweißnähte abgeschliffen und die fertigen Elemente mit einem Korrosionsschutz versehen. Die fünf vorgefertigten Träger mit einem Einzelgewicht von ca. 6 t wurden dann per Bahn in einen Londoner Vorort transportiert und dort auf einen Schleppkahn verladen, um für den Transport auf den letzten 5 km den Wasserweg zu nutzen. Auf der Baustelle konnten die Träger zudem mit einem gewöhnlichen Baukran montiert werden. Das Edelstahlgeländer wurde aus Materialschutzgründen in einem separaten Werk in 2 m langen Segmenten hergestellt und erst nach der Montage der Brücke installiert. Die Unterteilung in Segmente hatte nicht nur Vorteile für den Bauablauf, sondern erlaubt auch eine freie Verformung der Hauptträger im geöffneten Zustand.

11 12 13 Vorfertigung aller Elemente im Werk © Knight Architects

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

31


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

14 15 Komponenten des Antriebs © Knight Architects

Das Widerlager, der auf nördlicher Seite gelegene Maschinenraum, ist ein Kellerbauwerk in der Form eines Quaders mit Innenabmessungen von 6 m x 11 m x 4 m (b x l x h). In ihm befinden sich auf einem Betonsockel die fünf Gelenke sowie die Hydraulikpressen, Steuerungs- und Regelungstechnik und das nötige Volumen für die Gegengewichte. Lediglich die Pumpen für die Hydraulikflüssigkeit wurden in einem separaten Raum in der Tiefgarage eines der benachbarten Hochhäuser untergebracht, was gewährleistet, dass sie sich leichter warten lassen. Der Maschinenraum ist als weiße Wanne wasserdicht ausgebildet, eventuell austretendes Hydrauliköl bedeutet also keine Gefahr für die Umwelt. Ein Pumpensumpf sorgt im Überflutungsfall darüber hinaus für eine schnelle Entwässerung.

32

Da im Zuge der Baumaßnahmen auch die Kaimauern saniert werden mussten, wurde der betroffene Beckenabschnitt trockengelegt. Auf diese Weise konnte die Errichtung des Widerlagerkastens ebenfalls im trockenen Zustand erfolgen. Das Auflager auf der Südseite wurde im Übrigen als eine einfache, der Kaimauer vorgelagerte Auflagerbank konzipiert. Im letzten Bauabschnitt wurden schließlich die Gegengewichte mit Ballastbeton verfüllt, der RHD-Gehbelag aufgetragen, das Geländer montiert sowie kleinere Ausbesserungsarbeiten durchgeführt. Besonders hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass die vom Bauherrn gewünschte Einbautoleranz von 3 mm eingehalten wurde. Damit besteht auch keine Gefahr, dass sich zum Beispiel ein Schuhabsatz in der Längsfuge zwischen den Fingern verfangen kann.

16 Brücke für den Fußgängerverkehr © Peter Cook

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

6 Die Antriebstechnik Die choreographierte Rotation der Finger erforderte eine ausgeklügelte Steuerung der 2.400 mm langen Hydraulikzylinder, die im ausgefahrenen Zustand sogar eine Länge von 3.500 mm aufweisen. Sie alle werden von einer einzigen Pumpe angesteuert, während eine Kontrolleinheit den Durchfluss zu jedem Kolben separat regelt. Die Zylinder selbst können nur Druck, keinen Zug erzeugen. So wurden die Tonnagen der 6,90–8,50 t schweren Gegengewichte so gewählt, dass der Schwerpunkt immer südlich der Rotationsachse, also auf Kanalseite liegt, was auch den Maximalanstellwinkel von 67° erklärt. Derart kann die Brücke sogar im Havariefall stets in ihren geschlossenen Zustand zurückkehren. Vor der Brückenöffnung wird lokal die Windstärke geprüft, um sie bei ungünstigen Windlasten gegebenenfalls im geschlossenen Zustand zu belassen. Da auf diesem Kanalabschnitt keine kommerzielle Schifffahrt stattfindet, ist eine solche Einschränkung durchaus vertretbar. Die Bedienung der Brücke erfolgt über ein kleines Kontrollpaneel, das in einem unscheinbaren Edelstahlpfosten, ca. 10 m von dem eigentlichen Bauwerk entfernt, untergebracht ist.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

7 Zusammenfassung Die Brücke steht seit Mitte August 2014 dem Fußgängerverkehr zur Verfügung und wird zweimal wöchentlich zu Showzwecken geöffnet. Durch ihre prominente Lage und die dramatische Gestalt beim Anheben erfreut sie sich großer Beliebtheit bei der Bevölkerung und stellt zugleich eine weitere touristische Attraktion Londons dar. Autor: Dipl.-Ing. Bartlomiej Halaczek Knight Architects, High Wycombe, England

SUNDSVALL BRIDGE REALISIERUNG: 2011 - 2015 BESCHICHTUNGSSYSTEM BRÜCKENKONSTRUKTION: HEMPADUR PRO ZINC 1738G HEMPADUR MASTIC 4588F HEMPADUR MASTIC 4588W HEMPATHANE 55610 BAD OEYNHAUSEN

BEWÄHRTE BESCHICHTUNGSSYSTEME FÜR BRÜCKENBAUPROJEKTE

17 Öffnung (auch) zu Showzwecken © Peter Cook

Bauherr European Land and Property Ltd., London Architekten Knight Architects, High Wycombe Tragwerksplanung AKT II Consulting Structural and Civil Engineers, London

■ Hervorragende Korrosionsschutzeigenschaften ■ Hohe Beständigkeit ■ Geringer Lösemittelgehalt ■ Zertifizierte Beschichtungssysteme nach TL/TP KOR (BASt) ■ Zertifizierte Beschichtungssysteme nach BAW

Hydraulik Eadon Consulting, Rotherham Ausführung SH Structures Limited, North Sherburn-in-Elmet

www.hempel.de

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

33


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Zur Planung von Geh- und Radwegbrücken

Synthese von Funktion und Gestaltung von Hans Grassl, Martin Grassl, Markus Karpa

Geh- und Radwegbrücken ermöglichen nicht nur wichtige Wegebeziehungen, sondern schmücken öffentliche Räume, bieten Aufenthaltsqualität und schaffen Erlebnisse für Fußgänger und Radfahrer gleichermaßen. Die Synthese von Funktion und Gestaltung ist die entscheidende Voraussetzung dafür, dass die Bauwerke diese vielfältigen Ansprüche erfüllen. An die nachfolgend vorgestellten aktuellen Beispiele wurden im Rahmen der Planung sehr hohe Anforderungen an ihre Funktion und ihr Erscheinungsbild im öffentlichen Raum gestellt. Die Auswahl belegt die vielfältigen Anforderungen und Randbedingungen bei Planung und Realisierung von Geh- und Radwegbrücken und reicht von der beweglichen Brücke im Binnenhafen HamburgHarburg über die weitgespannte Brücke im Bereich der innerstädtischen Bahnhaupttrasse in München bis zum denkmalgerechten Ersatzneubau an der ältesten Gewölbebrücke Deutschlands mitten im Weltkulturerbe der Stadt Regensburg.

34

1 Lotsekanalbrücke im Binnenhafen Hamburg-Harburg 1.1 Projektrahmen Im Binnenhafen Hamburg-Harburg erfolgt derzeit die Errichtung einer beweglichen Geh- und Radwegbrücke über den Lotsekanal, der sogenannten Lotsekanalbrücke (Fertigstellung: voraussichtlich August 2015). Die Neubaumaßnahme ist ein Vorhaben der Freien und Hansestadt Hamburg, das vom Landesbetrieb für Straßen, Brücken und Gewässer der Freien und Hansestadt Hamburg geführt wird (Bilder 1 und 2). Die Vorzugslösung zur Querung des Lotsekanals wurde im Rahmen eines Ideenwettbewerbs im Jahre 2011 erarbeitet. Die Jury entschied sich einstimmig für den Entwurf der Arbeitsgemeinschaft Ingenieurbüro Grassl GmbH und Winking Froh Architekten: »Es ist eine besondere Freude, wenn sich wie in diesem Fall ingenieurtechnische Vernunft mit höchster gestalterischer Anmut verbinden. Und wenn mit der Drehbrücke ein wichtiges ingenieurhistorisches Thema wieder eine neue Zukunft bekommt, dann ist das ein Glücksfall für die Brückenhauptstadt Hamburg in Europa«, so Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter. Die Wahl einer Drehbrücke und damit der Verzicht auf eine während des Öffnungsvorgangs in einer Höhe von ca. 20 m hoch aufragenden Klappe wurde von der Jury für den geplanten markanten Städtebau auf dem Lotsekai positiv bewertet. Die neue Brücke wird den Kanalplatz auf der Südseite des Lotsekanals mit der Harburger Schlossinsel im Norden

1 Visualisierung der Lotsekanalbrücke im geschlossenen Zustand © Ingenieurbüro Grassl GmbH

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

verbinden. Der Lotsekanal wird durch Sport- und Freizeitschifffahrt sowie durch Berufsschifffahrt genutzt. An der zu überbrückenden Stelle verfügt er über eine Breite von ca. 46 m, die bei einer erforderlichen Durchfahrtsöffnung von 18 m, alternativ zu Klappbrücken, die Anordnung einer für das städtische Umfeld besonders verträglichen und wirtschaftlichen Drehbrücke zulässt. 1.2 Überbauten Das geplante Bauwerk für Fußgänger und Radfahrer besteht aus einer Drehbrückenkonstruktion auf der Südseite des Lotsekanals und einer auf der Nordseite anschließenden festen Brücke. Die Gesamtlänge der Drehbrücke beträgt ca. 33,40 m, der Drehpunkt liegt ca. 9,40 m vom südlichen Ufer entfernt, und der nördliche Arm der Drehbrücke besitzt eine Länge von ca. 24 m. Zum Öffnen der Brücke wird der bewegliche Teil nach Westen so aus der schiffbaren Durchfahrtsöffnung herausgedreht, dass eine lichte Durchfahrtsöffnung zwischen den Leitdalben von 18 m entsteht. Der feste Brückenteil weist eine Stützweite von ca. 11,70 m auf.

2 Visualisierung der Lotsekanalbrücke im geöffneten Zustand © Ingenieurbüro Grassl GmbH


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Die Querschnittsbreite zwischen den Geländern beträgt an den Enden 3 m. Im Bereich der Drehbrücke weitet sich der Querschnitt zum Drehpunkt auf ca. 5,30 m auf. Am Drehpunkt wird eine Sitzgelegenheit geschaffen, die gleichzeitig dazu dient, den Antrieb des Drehlagers aufzunehmen. Die Durchgangsbreite zwischen Sitzgelegenheit und Handlauf misst hier je 1,90 m zu beiden Seiten. Der Querschnitt besteht teilweise aus luftdicht verschweißten Stahlhohlkästen mit veränderlicher Breite und Höhe sowie einer orthotropen Fahrbahnplatte. Die Querschotte haben einen Abstand von ca. 2 m. Die Querschnittshöhe der Drehbrücke beträgt am Drehpunkt ca. 80 cm und verjüngt sich zum Rückarmende hin und zur Spitze der Drehbrücke auf 35 cm. Die Querschnittshöhe der festen Brücke ist konstant 35 cm. Der im Vergleich zur schiffbaren Öffnung verkürzte Rückarm der Drehbrücke wird innerhalb des Hohlkastens mit unverschieblich verkeilten Stahlbrammen ballastiert, so dass das Eigengewicht nahezu ausgeglichen wird. 1.3 Drehpfeiler mit Drehlager Die Drehbrücke lagert im geschlossenen Zustand (Verkehrslage) am Drehlager sowie an der Brückenspitze auf, der Rückarm kragt frei aus. Die Dreharmspitze lagert gemeinsam mit der festen Brücke auf einem Trennpfeiler im Lotsekanal, das nördliche Ende der festen Brücke hingegen auf der vorhandenen Uferwand auf. Der Drehpfeiler und der Trennpfeiler in Massivbauweise werden auf Großbohrpfählen mit einer Stahlhülse gegründet. Die Sitzgelegenheit wird so ausgebildet, dass die Abdeckungen des Drehlagerbereiches einzeln abnehmbar sind, so dass ein Zugang zum Drehlager, den Getrieben, den Motoren und zum Steuerschrank möglich ist. Die Versorgung der Brücke erfolgt durch das öffentliche Netz. Im Übergangsbereich an den Uferwänden sind die Drehtore, die Schaltschränke (Ostseite) sowie die Signalanlagen angeordnet.

3 Drehantrieb der Wallbrücke Rotes Siel in Emden © Ingenieurbüro Grassl GmbH

1.4 Drehantrieb Die Drehbrücke wird durch zwei redundante Elektromotoren angetrieben. Auch der Hubzylinder zum Anheben der Brückenspitze wird elektrisch betrieben. Der Antrieb der Brücke erfolgt durch zwei Drehwerksgetriebe, die an der Drehbrücke befestigt sind und über ihre Ritzel in die Verzahnung der Drehverbindung greifen. Im Einzelnen besteht der Drehantrieb aus folgenden Komponenten: – Drehwerksgetriebe mit Schaftritzel als dreistufiges Planetengetriebe, – Winkelgetriebe als Kegelradgetriebe und – Bremsmotor. Die Antriebseinheiten sind für das Öffnen bzw. Schließen der Brücke in ca. 180 s bei Windstärke 9 mit den geforderten Sicherheiten und der geforderten Lebensdauer von 35 Jahren ausgelegt. Ein vergleichbarer Drehantrieb wurde bei der Instandsetzung der Wallbrücke Rotes Siel in Emden eingesetzt (Bild 3). Die Drehbrücke stellt in Kombination mit dem gekapselten Drehantrieb eine sehr wirtschaftliche Variante sowohl für die Herstellung als auch für die Erhaltung dar. Drehlager und Antriebe sind durch ein vollkommen umschließendes Gehäuse vor Witterung, Vandalismus und Sabotage geschützt und ermöglichen damit einen sehr zuverlässigen und wartungsarmen Betrieb.

1.5 Spitzenlager Zur Gewährleistung der Lagesicherheit der Drehbrücke in der Verkehrslage ist an der Spitze des langen Brückenfeldes ein Spitzenlager inklusive einer Verriegelung angeordnet. Der Überbau wird zur Vermeidung eines Versatzes am Übergang zum festen Brückenfeld infolge von Verformungen, zum Beispiel durch Temperatur und Wind, an der Brückenspitze durch die Spitzenlagerkonstruktion angehoben. Zusätzlich ist durch das Spitzenlager in der Verkehrslage ein Teil der Vertikallasten der Drehbrücke aufzunehmen. Bauherr Freie und Hansestadt Hamburg Entwurfsplanung Ingenieurbüro Grassl GmbH, Hamburg Baugestalterische Beratung Winking Froh Architekten BDA, Hamburg Ausführungsplanung Ingenieurbüro Grassl GmbH, Hamburg Prüfingenieur Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer Hamburg, Statische Prüfstelle Massivbau und Gründung Holst GmbH & Co. KG, Hamburg Stahlbau und Maschinentechnik NE Sander Eisenbau GmbH, Sande

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

35


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN 2 Arnulfparkbrücke über die Hauptbahntrasse in München 2.1 Projektrahmen Im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit Mehrfachbeauftragung wurde 2013 im Auftrag des Baureferats der Landeshauptstadt München eine Gehund Radwegbrücke entworfen, die im Abschnitt Arnulfpark die Gleise der Hauptbahnachse kreuzt und ehemals getrennte Stadtteile zwischen der Donnersberger Brücke und der Hackerbrücke verbinden soll. Dabei soll die Geh- und Radwegbrücke als neues wesentliches Element der übergeordneten Fahrradhauptroute den Süden, das Westend, mit dem Norden, Neuhausen, unter Einbeziehung der neuen Quartiere und Parks verknüpfen. Die im Nachfolgenden vorgestellte Brückenlösung wurde von der Jury im Rahmen des Verhandlungsverfahrens unter Berücksichtigung aller Kriterien mit dem zweiten Rang ausgezeichnet: »Die Verfasser entwickelten eine elegant wirkende Brücke mit hohem Wiedererkennungswert. Der sanft geschwungene Vierendeelträger ohne Diagonalstreben führt zu einem ruhigen Erscheinungsbild. Die Höhe der Brücke variiert zwischen etwa 4 m und 7 m und scheint seiner Dimension angemessen zu sein. Der Beitrag kann zudem durch die sehr detaillierte Ausarbeitung auf allen Maßstabsebenen überzeugen. Sosehr die asymmetrische Ausbildung der Brücke zur prägnanten Wirkung der Brücke beiträgt, so stark wird jedoch die einseitige Ausrichtung der Sichtbezüge zur Innenstadt kritisiert. Das Gremium ist mehrheitlich der Auffassung, dass die Betonung einer Blickrichtung dem Ort nicht angemessen ist. Insofern wird letzten Endes die Form der Brücke prinzipiell in Frage gestellt. Die Montage und Gründung der Brücke lassen keinen erhöhten Aufwand erwarten. Die Wirtschaftlichkeit in der Herstellung und der Instandhaltung ist gegeben.«

2.2 Überbau Die Geh- und Radwegbrücke wurde zur Optimierung der Gradiente unter Einhaltung der vorgegebenen Lichträume als Stahlbrücke mit einem oben liegenden exzentrisch und geneigt angeordneten Hauptträger konzipiert. Der Entwurf – ein eleganter, sanft geschwungener Vierendeelträger mit einer Gesamtlänge von 240 m – schöpft seine Sprache aus dem Vokabular der umgebenden Bebauung und den Fensterrastern vorbeifahrender Bahnen (Bild 4). Auf störende diagonale Fachwerkstreben wird verzichtet, stattdessen wird das Bauwerk geprägt von einem ruhigen, gleichmäßigen Raster aus radial nach oben auseinanderstrebenden Pfosten. Die bewusste Entscheidung für einen einzelnen, asymmetrischen Hauptträger verleiht dem Entwurf einen höchsten Grad an Transparenz, so dass die Brücke vom Westen her kaum in Erscheinung tritt und die Münchener Stadtsilhouette weiterhin die Aussicht dominiert (Bild 5). Die Nutzbreite der Brücke beträgt 5,50 m.

36

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

4 Wettbewerbsarbeit »Arnulfparkbrücke«, Blickrichtung stadtauswärts © Ingenieurbüro Grassl GmbH/Knight Architects (Hintergrundbild © Wilfried Dechau)

Der Passant auf der Brücke nimmt diese wiederum ganz anders wahr. Die Pfosten des auf der Außenseite der Kurve verlaufenden Vierendeelträgers gruppieren sich in der Flucht zu einer geschlossenen Kolonnade, ähnlich den Säulenreihen klassischer Arkadenbauten – und laden zum Flanieren ein. Durch ihre Neigung nach außen öffnen sie den Raum nach oben hin und wirken nicht erdrückend. Ihre variable Höhe, ihre an den Querkraftverlauf angepassten Querschnitte und ihre dem gekrümmten Gundriss folgende Ausrichtung lassen beim Entlangwandern keine Monotonie aufkommen. Darüber hinaus sind die Passanten bei Schlechtwetter durch den auf der Westseite einseitig angeordneten Hauptträger in Kombination mit der Berührungsschutzverglasung zuverlässig vor der Witterung geschützt.

5 Wettbewerbsarbeit »Arnulfparkbrücke«, Blickrichtung stadteinwärts © Ingenieurbüro Grassl GmbH/Knight Architects (Hintergrundbild © Wilfried Dechau)


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

Die Ostkante ist frei von jeglichen Tragelementen, so dass die Blickbeziehung zur Hackerbrücke mit der Altstadtsilhouette im Hintergrund an keiner Stelle unterbrochen wird. Die Krümmung bewirkt dabei, dass die Brücke über ihre gesamte Länge einsehbar ist, der Passant also immer genau weiß, wo er sich befindet. Die Fahrbahn für den Fuß- und Radwegverkehr wird durch den exzentrisch angeordneten Versteifungsträger (Vierendeelträger) mit Gurten und Pfosten als geschlossene Stahlkästen in Kombination mit den Querträgern und der orthotropen Fahrbahnplatte aufgespannt. Die Neigung des Versteifungsträgers nach außen von 20° sowie die Krümmung des Überbaus im Grundriss mit einem Bogenstich nach Westen neutralisieren den Einfluss aus der exzentrischen Anordnung des Versteifungsträgers. Die Pfeiler bestehen aus Stahlbetonscheiben, deren Stärke sich vom Fundament bis zum Pfeilerkopf verjüngt. Die Pfeiler sind auf Pfahlkopfplatten aus Stahlbeton mit Mikropfählen gegründet, die Stahlbetonwiderlagerscheiben hingegen in den tragfähigen Kiesschichten tief gegründet. Die Ausstattung der Brücke zielt auf maximalen Nutzungskomfort. Sowohl die Abstände der Vierendeelpfosten als auch ihre Querschnitte sind nie überdimensioniert, sondern behalten immer den menschlichen Maßstab. Diese Bauteile werden durch die zweigeteilte Verglasung auf der Westseite, die schmalen Vertikalleuchten an den Pfosten und bequeme Holzbänke weiter untergliedert. Die Ostkante säumt ein leichtes Edelstahlseilnetz, das von einem breiten Holzhandlauf abgeschlossen wird. Die haptische Qualität setzt sich auch beim Bodenbelag fort, wo anstelle des Dünnbelags eine Schicht Asphalt für einen angenehm festen Auftritt sorgt (Bild 6).

6 Wettbewerbsarbeit »Arnulfparkbrücke«: Aufenthaltsqualität © Ingenieurbüro Grassl GmbH/Knight Architects

2.3 Herstellung Überbau Der Entwurf sieht die Vorfertigung des Stahlüberbaus in Abschnitten im Werk und den Transport abschnittsweise auf die Baustelle mit Regelschusslängen von 27 m in je zwei Teilen, bestehend aus dem Versteifungsträger und dem Brückendeck, vor. Die Vormontage erfolgt auf der am Widerlager Nord zwischen den Gebäuden bis zur Erika-Mann-Straße ausgewiesenen Fläche. Der erste Schuss wird auf Hilfsjoche am Widerlager Nord unter Einsatz eines Mobilkrans eingehoben. Im weiteren Verlauf wird der Stahlüberbau im Taktschiebeverfahren (27-m-Takte) in überhöhter Lage ohne Beeinträchtigung des Bahnbetriebs in neun Takten auf Verschublagern eingeschoben. 2.4 Dauerhaftigkeit Eine hohe Dauerhaftigkeit der Konstruktion wird zum einen durch die Wahl des wetterfesten Baustahls und zum anderen durch die Ausbildung von geschlossenen, luftdicht geschweißten Kastenquerschnitten für den Versteifungsträger erreicht. Die orthotrope Fahrbahnplatte besteht aus dem Deckblech sowie Längsrippen und Querträgern aus Flachstahl. Die Wahl untergurtloser Querschnitte ermöglicht das vollständige Ablaufen von Wasser und lässt keine Ablagerung in Form von Schmutz oder Vogelkot zu. Somit kann die gesamte Konstruktion nach Bewitterung schnell abtrocknen, was zu einer hohen Dauerhaftigkeit des wetterfesten Stahls und der korrosionsgeschützten Flächen führt. Weiterhin führt bei den

Rampen- und Treppenanlagen durch die integrale, das heißt, fugenlose Bauweise der weitgehende Verzicht auf Verschleißteile, wie zum Beispiel Übergangskonstruktionen und Lager, zu höchster Dauerhaftigkeit und damit niedrigen Erhaltungskosten. Durch den Einsatz des wetterfesten Stahls könnte auf den Korrosionsschutz gänzlich verzichtet werden. Aus gestalterischen Gründen werden jedoch alle Flächen, bei denen sich der Korrosionsschutz ohne Beeinträchtigung des Bahnbetriebs erneuern lässt, beschichtet. Stahlflächen, die nur in Abstimmung mit der Deutschen Bahn zugänglich sind, werden nicht mit einem Korrosionsschutz versehen. Dadurch entfallen Instandsetzungsarbeiten am Brückenüberbau, deren Durchführung den Eingriff in den Bahnbetrieb erfordert. Aufgrund des wetterfesten Stahls wird dennoch die volle Lebensdauer von ca. 100 Jahren ohne zusätzliche Maßnahmen an der Bauwerksunterseite erreicht. Der Einsatz von wetterfestem Stahl reduziert die Lebenszykluskosten also deutlich. Bauherr Landeshauptstadt München, Baureferat Wettbewerbsentwurf Ingenieurbüro Grassl GmbH, München Baugestalterische Beratung Knight Architects, Wycombe, England

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

37


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

7 Steinerne Brücke – Brücke zum Oberen Wöhrd: Bestandsüberbau © Reinhart + Partner Architekten und Stadtplaner BDA

3 Steinerne Brücke – Brücke zum Oberen Wöhrd in Regensburg 3.1 Baugeschichte Das Rampenbauwerk zur Anbindung des Oberen Wöhrd an die teils aus dem 12. Jahrhundert stammende Steinerne Brücke hat auch eine lange Baugeschichte. Zeitgenössische Darstelllungen aus dem 16. Jahrhundert zeigen bereits die massiven quaderförmigen Pfeiler und eine leichte Brückenplatte, etwa in der Breite der Pfeiler. Spätere Abbildungen, zum Beispiel aus dem Jahr 1835, warten

38

auch mit einer Holzbrücke auf, und im Jahr 1877 wurde erstmals eine Stahlbrücke auf die heute noch vorhandenen Pfeiler aufgelegt. Dieser Brückenüberbau wurde 1930 zu einer Art Stahlbetonverbundbrücke umgebaut, indem Teile der alten Stahlkonstruktion in eine neue breitere Stahlbetonplatte mit massiven Längsträgern aus Stahlbeton integriert wurden.

8 Visualisierung der Brücke zum Oberen Wöhrd mit neuem Überbau © Ingenieurbüro Grassl GmbH/Reinhart + Partner Architekten und Stadtplaner BDA

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

Das Brückengeländer wurde ebenfalls erneuert. Der Umbau war erforderlich, um die nutzbare Breite und die Tragfähigkeit der Brücke für eine Überquerung durch Feuerwehrfahrzeuge zu erhöhen. Durch den Umbau mit den neuen massiven Trägern und der größeren Breite hat die Brücke ihren ursprünglich sehr besonderen Charakter mit einem Kontrast zwischen den massiven historischen Pfeilern und einer leichten Brückenplatte aber verloren (Bild 7). 3.2 Zustand des Bestandsbauwerks Der bestehende Überbau war in schlechtem konstruktivem Erhaltungszustand. Das Fehlen einer planmäßigen Auflagerung der Einfeld-Stahlbetonträger hat zu Spannungseinträgen in die historischen Pfeiler geführt, dadurch wurden diese deutlich sichtbar beschädigt. Eine Renovierung bzw. technische und denkmalgerechte Instandsetzung der Pfeiler war erforderlich. Der Bestandsüberbau konnte aufgrund der unverschieblichen Lagerung und der vorhandenen Fugen jeweils im Bereich der Pfeilerachsen nicht erhalten werden, da die Pfeiler weiterhin Schaden genommen hätten.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

9 Visualisierung der Brücke zum Oberen Wöhrd: Untersicht des Ersatzneubaus © Ingenieurbüro Grassl GmbH/Reinhart + Partner Architekten und Stadtplaner BDA

3.3 Überbau Der neue Überbau spannt durchlaufend über sechs Felder mit einer Gesamtlänge von 84 m und verfügt über einen Plattenbalkenquerschnitt in Stahlverbundbauweise. Er ist in Anlehnung an die früheren Überbauformen als sehr schlanke Platte mit konstanter Bauhöhe von 73 cm ausgebildet (Bild 8). Um Dehnfugen und Lager im Bereich des Auflagers auf der Hauptbrücke zu vermeiden, bindet der neue Überbau in die Steinerne Brücke fugenlos ein und hat dort seinen Festpunkt. Die Längsträger des Überbaus der Brücke zum Oberen Wöhrd sind in eine neu auf der Steinernen Brücke erstellte Stahlbetonkonstruktion eingespannt. Durch diese Konstruktion bleibt der Natursteinbelag auf der Steinernen Brücke frei von Einbauteilen, wie zum Beispiel einer Übergangskonstruktion. Die derart gewählte Form der Auflagerung auf der Steinernen Brücke verzichtet gänzlich auf Verschleißteile und erfüllt vollumfänglich die Forderungen der Denkmalpflege im Hinblick auf einen möglichst unauffälligen Anschluss des neuen Überbaus an die älteste Gewölbebrücke Deutschlands. Die Steinerne Brücke wurde im Einzelnen für die Beanspruchungen aus der Einspannung des neuen Überbaus nachgewiesen. Auf den Pfeilern und am westlichen Widerlager ist der Überbau längsverschieblich gelagert, so dass die Pfeiler frei von schädlichen Zwangsbeanspruchungen bleiben. Die Hauptträger bestehen aus luftdicht geschweißten Stahlkästen mit konstanten Außenabmessungen mit einer Breite von 500 mm und einer Höhe von 370 mm (Bild 9).

3.4 Pfeiler Die neuen Pfeilerköpfe und die Widerlagerauflagerbank werden auf den vorhandenen Abbruchfugen nach dem Rückbau des Bestandsüberbaus aufgesetzt. Zur Verdübelung der Anschlussfugen sind in den Bestandsbauteilen vertikale Verbundankerstäbe vorhanden. Die neuen Pfeilerköpfe bestehen aus keilförmigen Stahlbetonplatten, deren Oberfläche parallel zur Neigung des Bestandsbauwerks abschließt. Für Planung und Realisierung inklusive aller Abstimmungen mit den beteiligten Dritten und den Behörden für Denkmalpflege wurden für den Ersatzneubau der Brücke zum Oberen Wöhrd lediglich 21 Monate bis zur Einweihung der Brücke im November 2013 benötigt. Bauherr Stadt Regensburg, Tiefbauamt Entwurfsplanung Ingenieurbüro Grassl GmbH, München

4 Fazit Die drei vorgestellten Entwürfe folgen den jeweiligen funktionalen Randbedingungen: Die Wahl der Drehbrücke ist begründet durch die Wirtschaftlichkeit des Systems gegenüber Klappbrücken und wird möglich durch die ausreichende Breite des Kanals für die Aufnahme des Schifffahrtsprofils im geöffneten Zustand. Der nach außen geneigte exzentrische Hauptträger des Bauwerksentwurfs für die Arnulfparkbrücke schafft Aufenthaltsqualität, angstfreie Nutzung, Transparenz in der Ansicht durch nur eine Hauptträgerebene und einen freien Blick in Richtung Innenstadt. Der Ersatzneubau auf den historischen Pfeilern aus der Renaissancezeit als sehr schlanke Platte erinnert an die historische Brückenansicht und erfüllt gleichzeitig die hohen Anforderungen an ein semiintegrales, nahezu fugenloses Tragwerk nach dem aktuellen Stand der Technik. Die sehr gute Akzeptanz bei den Bürgern und Gästen der Stadt Regensburg ist bei diesem bereits den Fußgängern und Radfahrern übergebenen Bauwerk ein Beleg für die gelungene Synthese aus Funktion und Gestaltung. Autoren: Dr. sc. techn. Hans Grassl Dipl.-Ing. Martin Grassl Dipl.-Ing. Markus Karpa Ingenieurbüro Grassl GmbH, München, Hamburg

Baugestalterische Beratung Reinhart + Partner Architekten und Stadtplaner BDA, München Ausführungsplanung Ingenieurbüro Grassl GmbH, München Verkehrsplanung Ingenieurbüro Grassl GmbH, München Prüfingenieur Dipl.-Ing. Roland Wetzel, Stuttgart Ausführung Strabag AG, München Mühlbauer Stahl + Metallbau GmbH, Furth im Wald

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

39


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Fünf Beispiele aus verschiedenen Städten

Strukturen schaffen Räume von Bernhard Schäpertöns

Der Architekt definiert den Raum, der Ingenieur die Struktur: So könnte man die Tätigkeiten der beiden Disziplinen abgrenzen. Im Brückenbau, speziell bei den leichten Konstruktionen für Fußgänger und Radfahrer, verschwimmen die Grenzen, der eine überhöht, verzerrt die Struktur des anderen, um sein Ziel, Raum zu schaffen, zu erreichen, oder es ergibt sich eine sich gegenseitig befruchtende Zusammenarbeit zwischen Ingenieur und Architekt. Sichtbare Tragwerke, Überdachungen, Geländer oder Texturen im Belag deuten durch die aufgespannten Flächen Raum an, schaffen Raum oder interpretieren diesen und machen so Brücken besonders erlebbar – wie anhand der nachfolgend beschriebenen Beispiele veranschaulicht werden soll.

1 Nahebrücke Bad Kreuznach »Brückenschlag mit Eleganz und Chic«, so titelte die Rhein-Zeitung nach der Preisgerichtsentscheidung Ende 2010. In einem Sitzungsmarathon waren 19 Entwürfe gewogen und gewertet worden. Unser Wettbewerbsbeitrag wurde mit dem ersten Preis ausgezeichnet, wir haben ihn gemeinsam

2 Zweifeldstruktur mit Pfeiler in Flussmitte © BPR Dr. Schäpertöns & Partner/Dissing + Weitling architecture a/s

40

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

1 Brückenentwurf im Grundriss © BPR Dr. Schäpertöns & Partner/Dissing + Weitling architecture a/s

mit Dissing + Weitling architecture aus Dänemark erarbeitet. Es hat uns ganz besonders gefreut, dass gleich unsere erste gemeinsame Arbeit ausgezeichnet wurde. Der prominente Brückenzug, bestehend aus der Steinbogenbrücke über den Mühlenteich mit den erstmals im Jahr 1495 erwähnten historischen Brückenhäusern und der aus damaliger Sicht nicht mehr wirtschaftlich instandzusetzenden Spannbetonbrücke über die Nahe aus den 1950er Jahren, sollte um- und neu gestaltet, ein wesentlicher Impuls zur gestalterischen und funktionalen Stärkung des bedeutenden innerstädtischen Bereiches gegeben und mit einem »Brückenschlag« thematisiert werden (Bild 1). Die Jury äußerte sich wie folgt: »Es fielen alle Entscheidungen nicht nur einstimmig, die Jury hat auch eine Empfehlung für den ersten Platz ausgesprochen.« Angetan war sie vom schlanken, eleganten Baukörper unserer Brücke und fand unsere Lösungen in Fragen der Wirtschaftlichkeit, der Aufenthaltsqualität auf der Brücke und der Einbindung in den Landschaftsraum ausgesprochen überzeugend. Als Einziger unter den sechs mit Preisen oder Anerkennungen ausgezeichneten Entwürfen hatten wir eine Zweifeldbrücke mit einem Pfeiler in der Flussmitte vorgesehen (Bild 2).


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

Dadurch erreicht man weitaus geringere Eingriffe im Bereich der Widerlager als bei Einfeldlösungen. Die Widerlager der alten und noch abzubrechenden Spannbetonbrücke können bei unserem Entwurf größtenteils im Uferwandbereich und im Baugrund verbleiben. Unsere einfache technische Lösung hätte zudem eine relativ kurze Bauzeit ermöglicht, die geschätzten Baukosten lagen überdies am unteren Ende der Skala. Ein weiterer großer Pluspunkt, den unsere 50 m lange Brücke aufweist, sind, bei einer Brückenbreite von 11 m, die an den Brückenenden vorgesehenen Aufweitungen auf 15 m, also um bis zu 4 m. »Platz für öffentlichen Raum«, meinte der damalige Oberbürgermeister (Bild 3). An ein mobiles Straßencafé, einen Platz für Weinfeste oder an Marktbuden haben wir dabei gedacht. Leider wurde Mitte 2012 der Antrag der Stadt Bad Kreuznach auf Fördergelder für den Neubau in Höhe von 1,50 Mio. € vom zuständigen Ministerium abgelehnt. Ebenso fand die mit der Stadt abgestimmte Planung, die durch Chloride stark belastete vorgespannte Betonplatte auf der historischen Mühlenteichbrücke durch eine nicht vorgespannte Konstruktion zu ersetzen, keine Zustimmung bei den Landesbehörden. Stattdessen schlugen sie vor, die alte Einfeldbrücke, eine Rahmenkonstruktion, mit einem Mittelpfeiler zu unterstützen und die durch die Chloride belasteten Brückenoberflächen beider Brücken mittels Hochdruckwasserstrahl abzutragen und anschließend neu aufzubetonieren. Die Fördermittel des Landes für diese beiden Maßnahmen betragen laut Pressemeldungen ca. 3,50 Mio. €.

3 Aufweitungen: Platz für öffentlichen Raum © BPR Dr. Schäpertöns & Partner/Dissing + Weitling architecture a/s

2 Zu neuen Ufern in Siegen Die Kreis- und Universitätsstadt Siegen, 100.000 Einwohner aufweisend, hat sich mit ihrem Projekt »Siegen – Zu neuen Ufern« für die sogenannte Regionale 2013 in Südwestfalen beworben, um an den damit verbundenen Fördermittelkulissen teilhaben zu können. Die Freilegung der Sieg und die städtebauliche Neuordnung des Umfeldes sind neben der Verlagerung großer Teile der Universität mitten in die Innenstadt das herausragende Teilprojekt des Vorhabens, die Funktion als Oberzentrum der Region mit einer integrierten Innenstadtentwicklung zu stärken, dem Stadtbild das seltene

Alleinstellungsmerkmal der »Stadt am Wasser« zurückzugeben und urbanes Leben im innerstädtischen Bereich neu zu definieren. Durch die Freilegung und Öffnung der Sieg im Herzen der Stadt wird der Fluss ins Blickfeld der Menschen zurückkehren. Zusammen mit der Verbesserung des Übergangs am Kölner Tor ist dies ein wichtiger Beitrag, um die heutige Trennung zwischen Siegener Unter- und Oberstadt zu überwinden. Atelier Loidl und BPR Dr. Schäpertöns & Partner haben 2010 den dazu ausgelobten städtebaulichen Wettbewerb gewonnen (Bild 4).

Bauherr und Auslober Stadt Bad Kreuznach Entwurf BPR Dr. Schäpertöns & Partner, München Dissing + Weitling architecture a/s, Kopenhagen Tragwerksplanung BPR Dr. Schäpertöns & Partner, München

4 Siegerkonzept im städtebaulichen Wettbewerb © Atelier Loidl/BPR Dr. Schäpertöns & Partner

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

41


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

5 Breite Brückenbauwerke zur Querung der Sieg © Atelier Loidl/BPR Dr. Schäpertöns & Partner

Die Menschen werden unmittelbar an das Ufer der Sieg geführt und damit das Bedürfnis nach Erlebnis, Entspannung und Erholung am Wasser befriedigt. In unserem Entwurf ist die Siegplatte verschwunden und der Fluss von der BrüderBusch-Straße aus über terrassenartige Stufen zu erreichen, wobei zwei breite Brücken zur Querung der Sieg vorgesehen sind (Bild 5). Eine Treppenskulptur schmiegt sich stadtmaßstäblich an den Fluss und wird zur bespielbaren Bühne: Mit Blick auf die freigelegte Sieg werden die neuen Siegtreppen zum tribünenartigen Treffpunkt. Die südostexponierten Sitzstufen lenken in einer großzügigen Geste zum Wasser und laden zum Verweilen ein. Über barrierefreie Zugänge ist der flussnahe Uferweg für alle erreichbar. Eine weitere Attraktion bilden die balkonartigen Aufweitungen des Kunstweges, Stahlbetonkonstruktionen mit Holzauflagen am gegenüberliegenden Siegufer, die über dem Fluss schweben. Die Treppenskulptur erhält damit ein lebhaftes Pendant des Sehens und Gesehenwerdens. Eine neue breite Fußgängerbrücke über die Sieg stellt eine großzügige Verbindung zum Kölner Tor her. Ihr Tragwerk liegt unter der Gehbahn und ermöglicht so ungehinderte Blickbeziehungen zwischen den beiden Ufern. Dasselbe Konzept als Klammer zwischen den beiden Flussseiten wird auch auf die beiden angrenzenden Brücken, die Verlängerung der Bahnhofstraße und den Übergang

42

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

am Apollo-Theater, übertragen. Die Betonkonstruktion der Brückenplatten mit einer Stützenreihe zwischen Widerlagern aus Sichtbeton erlaubt die Ausbildung schlanker Tragwerke. Durch den Anzug der Kragarme auf beiden Brückenseiten wird die Erscheinung der Bauwerke in der Ansicht weiter verschlankt, während die Brüstungen als Idee der Landschaftsarchitekten und mit Billigung der Stadt massiv ausgeführt werden. Als Brückenbelag sind zudem geschliffene Asphaltflächen vorgesehen. Das Tragwerkskonzept, die Materialwahl und die einheitliche Brückengestaltung sind die gemeinsamen Merkmale der neuen Brückenfamilie (Bild 6). Der Umbau der Siegener Innenstadt ist, bildlich gesprochen, eine Operation am offenen Herzen. Die Bauarbeiten beziehen sich auf den Bereich Siegens, der täglich von Zehntausenden Menschen frequentiert wird. Anwohner, Arbeitnehmer, Kunden und Besucher sollen aber trotz Baumaßnahme das Stadtzentrum erreichen können. Deshalb haben wir in enger Abstimmung mit Stadt und Betroffenen die Arbeiten in acht bis neun Phasen eingeteilt, vier davon sind nun abgeschlossen, drei weitere begonnen: Abriss der Siegplatte, Neubau der Oberstadtbrücke sowie Umbau der Sandstraße, des Kölner Tors und des Kunstwegs sind abgeschlossen. Der Neubau der Brücke Bahnhofstraße ist weit fortgeschritten und soll bis Ende 2014 abgeschlossen sein (Bild 7). Parallel dazu wird die Siegsohle renaturiert, die Treppenanlage und die Ufermauern errichtet. Ab 2015 stehen dann der Umbau der Fußgängerzone Bahnhofstraße und der Neubau des Boulevards BrüderBusch-Straße sowie der Neubau der Apollobrücke an.

6 Einheitlichkeit in Tragwerkskonzept und Materialwahl © BPR Dr. Schäpertöns & Partner

7 Errichtung des Bauwerks an der Bahnhofstraße © BPR Dr. Schäpertöns & Partner

Bauherr und Auslober Universitätsstadt Siegen Entwurf Atelier Loidl Landschaftsarchitekten, Berlin, Solingen BPR Dr. Schäpertöns & Partner, München Straßen- und Tragwerksplanung BPR Dr. Schäpertöns & Partner, München Prüfingenieur Universitätsstadt Siegen, Bauaufsichtsamt, E. Schwandt Bauausführung Gebrüder Schmidt Bauunternehmen AG, Kirchen Fritz Meyer GmbH, Altenkirchen Heinrich Weber Straßen- und Tiefbau GmbH & Co. KG, Siegen


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

8 Konzept für die Umgestaltung der Innenstadt © Atelier Loidl

3 Meschede: wissenwasserwandel Meschede, eine weitere Stadt in Südwestfalen, muss sich dem strukturellen Wandel wie den Auswirkungen der zukünftigen demographischen Entwicklung stellen. Attraktive urbane Strukturen und damit die Verbesserung der Lebensqualität sind für den langfristigen Erfolg dieser Städte entscheidend. Den städtebaulichen und freiraumplanerischen Wettbewerb für die Umgestaltung der Innenstadt Meschedes konnte das Atelier Loidl 2010 für sich entscheiden, das uns dann als Planer für die Brückenthemen hinzugezogen hat (Bild 8). Das städtebauliche Ziel des Entwurfs für den »wissenwasserwandel« Meschedes ist die Öffnung der Stadt zum Wasser. Die Henne wird wieder freigelegt, der durchgehenden, hohen Ufermauer auf der Westseite eine terrassierte Gestaltung auf der Ostseite gegenübergesetzt. Entlang dem Flüsschen (Henne) ist ein 2 m breiter Betonsteg angelegt, der unmittelbaren Zugang zum Wasser bietet, am Winziger Platz führt eine großzügige Freitreppe zum Wasser (Bild 9).

10 Brüstungsmauer im Material der sanierten Ruhrbrücke © Atelier Loidl

9 Betonsteg mit unmittelbarem Zugang zum Wasser © BPR Dr. Schäpertöns & Partner

Die von lichten Eichen überstandene Ruhrpromenade erhält ihren nördlichen Abschluss zur Ruhr hin durch eine Brüstungsmauer im Bruchsteinmaterial der Ruhrbrücke. Ein kleiner Platz, der mit Bäumen, Sitzgelegenheiten, einem Wasserspiel und einer Sitzstufenanlage zur Ruhraue gestaltet wird, eröffnet einzigartige Blicke auf den Fluss und die neusanierte und umgestaltete Ruhrbrücke (Bild 10). Die Ruhrbrücke gehört jetzt wieder den Radfahrern und Fußgängern und auch den Autofahrern – und zwar in dieser Reihenfolge. Die Bögen, 1950 errichtet, blieben erhalten, die Untersicht wurde mit Spritzbeton verstärkt. Die Fahrbahnplatte wurde ebenfalls saniert und neu abgedichtet, die Flächen für Fußgänger

und Radfahrer wurden zudem für die geänderte Nutzung mit Einbahnverkehr für die Autos von Norden nach Süden auf 6,25 m bzw. 4,75 m breiten Kappen deutlich vergrößert. Die Brüstung wurde auf das aktuell erforderliche Maß erhöht (Bild 11). Bauherr und Auslober Stadt Meschede Entwurf Atelier Loidl Landschaftsarchitekten, Berlin, Solingen BPR Dr. Schäpertöns & Partner, München Tragwerksplanung BPR Dr. Schäpertöns & Partner, München Bauausführung Bauunternehmung Burmann GmbH, Meschede Sauer & Sommer Straßen- und Tiefbau GmbH, Meschede Ferdinand Lahrmann GmbH & Co. KG, Meschede

11 Ruhrbrücke: Größere Flächen für Fußgänger und Radfahrer © BPR Dr. Schäpertöns & Partner

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

43


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN 4 Fußgängerbrücke in Traunstein Die Kliniken Südostbayern AG beabsichtigt, am Standort des Klinikums Traunstein ein neues Parkhaus mit ca. 890 Stellplätzen auf einem gegenüberliegenden Grundstück zu errichten. Um für Besucher einen möglichst gefahrlosen und barrierefreien Übergang vom Parkhaus zum Klinikum zu ermöglichen, ist eine Fußgängerbrücke von der Parkhausebene 04 zum Vorplatz des Haupteinganges geplant, die dabei die Wolkersdorfer Straße quert. Diese Brücke war Gegenstand eines Wettbewerbs, zu dem BPR als eines von vier Architektur- und Ingenieurbüros eingeladen wurde (Bild 12). Wir haben uns der Mitarbeit der Architekten Reinhart + Partner versichert, um einen auch wirklich runden Entwurf abzuliefern.

12 Geplantes Bauwerk im Grundriss © BPR Dr. Schäpertöns & Partner/Reinhart + Partner

13 Ansicht der Brückenkonstruktion © BPR Dr. Schäpertöns & Partner/Reinhart + Partner

44

14 Querschnitt der Tragstruktur mit Dach © BPR Dr. Schäpertöns & Partner/Reinhart + Partner

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

Folgende Anforderungen wurden an die Brücke gestellt: Barrierefreiheit nach DIN 18040, lichte Breite von 3 m, Überdachung, keine vollständige Einhausung, Beleuchtung, Trasse für Kabel zur Versorgung des Parkhauses (Bild 13). Überdachte Brücken gibt es einige. Man kennt sie zum Beispiel als Verbindungen zwischen verschiedenen Gebäudeteilen oder den Piers an Flughäfen. Sie sind meist gerade, man schaut nur auf das andere Ende und bekommt leicht einen Tunnelblick. Das wollten wir vermeiden. Und leicht, ja tänzerisch sollte unsere Brücke schon wirken. Wir haben sie deshalb mit einem Schwung an das Parkhaus herangeführt und den Gehweg vom Dach der Brücke abgehängt, so dass er fast schwebt (Bild 14). Aufgeständert wird das Dach mit fünf baumartigen Doppelstützen, die in der Achse leicht nach außen geneigt sind. 80 m lang wird die neue Brücke werden und 3 m breit, wobei das Dach nochmals um ca. 1 m auskragt und damit auch einen guten Regenschutz bietet, wenn der Wind einmal stärker von der Seite bläst.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

15 16 Künftiger Übergang vom Parkhaus zum Klinikum © BPR Dr. Schäpertöns & Partner/Reinhart + Partner

Als konstruktives Baumaterial haben wir Stahl vorgesehen, die Gehbahn bekommt eine Dünnbeschichtung, das Dach wird mit Aluminiumblechen eingedeckt werden. Die V-Streben werden je Achse auf einem gemeinsamen Betonfundament gegründet, im Handlauf des Glasgeländers ist zudem eine Beleuchtung in LED-Technik integriert. Die Realisierung der Brücke erfolgt im Rahmen eines Public-Private-Partnership(PPP-)Projektes. Wir freuen uns natürlich, dass wir auch in Traunstein ein Zeichen unserer Brückenbaukunst setzen dürfen (Bilder 15 und 16). Bauherr und Auslober Kliniken Südostbayern AG, Traunstein Entwurf BPR Dr. Schäpertöns & Partner, München Reinhart + Partner, Architekten und Stadtplaner, München

5 Grabbewegbrücke in München Im Zuge der Tunnelbaumaßnahme »Mittlerer Ring Südwest« der Landeshauptstadt München verläuft ein Abschnitt der Heckenstallerstraße in Tieflage. Die Überquerung des Mittleren Rings in diesem Bereich soll für Fußgänger und Radfahrer ebenerdig über eine neue Geh- und Radwegbrücke am Grabbeweg erfolgen, die als Fachwerkkonstruktion mit einer Stützweite von ca. 25 m über ein Feld ausgeführt wird. Zwischen den Untergurten der Fachwerkträger wird eine Stahlbetonplatte im Verbund eingebaut, die, mit Abdichtung und Belag versehen, als Verkehrsfläche für Fußgänger und Radfahrer dient. Die Brücke wird auf der Wand des Trogbauwerks aufgelagert. Den Entwurf haben wir zunächst mit den Architekten Schultz-Brauns Reinhart, dann mit Schultz-Brauns Wild bearbeitet.

Tragwerksplanung BPR Dr. Schäpertöns & Partner, München

Es ist vorgesehen, dass die Brücke im Oktober 2014 eingehoben wird, also gerade passend zu Ort und Zeitpunkt des »2. Symposiums Bau von Geh- und Radwegbrücken« in München (Bild 17). Bauherr Landeshauptstadt München Entwurf BPR Dr. Schäpertöns & Partner, München Schultz-Brauns Wild, Architekten und Stadtplaner, München Straßen- und Tragwerksplanung BPR Dr. Schäpertöns & Partner, München Prüfingenieur Prof. Dr.-Ing. habil. Karl Georg Schütz, Kempten Bauausführung Wadle Bauunternehmung GmbH, Essenbach

Autor: Dr.-Ing. Bernhard Schäpertöns BPR Dr. Schäpertöns & Partner, München

17 Fachwerkkonstruktion zur Überquerung des Mittleren Rings © BPR Dr. Schäpertöns & Partner

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

45


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Untersuchungen zum Schwingungsverhalten

Neubau der Kocherbrücke Hagenbach von Volkhard Angelmaier

1 Ehemalige Eisenbahnbrücke über den Kocher © Leonhardt, Andrä und Partner AG

Fußgängerbrücken sind häufig Gegenstand ingenieurtechnischer und architektonischer Wettbewerbe, da ihr Entwurf über die Funktion hinaus insbesondere auch gestalterischen Ansprüchen genügen muss. Sie gelten als Blickfang bzw. als Wahrzeichen für den Betrachter und Benutzer der Fußgängerbrücke. Als Ergebnis dieser Wettbewerbe zeichnen sich moderne Fußgängerbrücken heute durch eine optimale Materialausnutzung und eine transparente Erscheinung aus. Sie bestehen aus leichten, filigranen Traggliedern mit großer Schlankheit, bei geringer Masse und Dämpfung. Häufig liegen ihre Eigenfrequenzen im Bereich der personeninduzierten dynamischen Belastung, so dass Resonanzschwingungen hervorgerufen werden können, welche bei der Bemessung des Tragwerks zu berücksichtigen sind und unter Umständen die Gebrauchstauglichkeit einschränken.

1 Neue Kocherbrücke Im Zuge des Ausbaus des Kochertalradweges sollte die alte Eisenbahnbrücke der Württembergischen Eisenbahn-Gesellschaft aus dem Jahre 1906 instand gesetzt und ertüchtigt werden (Bild 1). Aufgrund der teilweise gravierenden vorhandenen

46

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

2 Zustand des Bestandsbauwerks © Leonhardt, Andrä und Partner AG

Schäden (Bild 2) hat sich das Landratsamt Heilbronn zu einem Neubau einer Fußund Radwegbrücke entschieden. Die Unterbauten sollten weiterhin genutzt werden, Abbruch und Neubau erfolgten mittels Mobilkranen (Bild 3).

3 Abbruch und Neubau mittels Mobilkranen © Leonhardt, Andrä und Partner AG


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

4 Ansicht © Leonhardt, Andrä und Partner AG

5 Grundriss © Leonhardt, Andrä und Partner AG

Als statisches System liegt ein Bogen mit Zugband, ein sogenannter Langer’scher Balken, (Bild 4) mit einer Spannweite von ca. 64 m vor. Der Stich beträgt 9,20 m und entspricht somit einem Verhältnis von L/7. Der Stahlbogen ist mit Rundrohren Ø 355 in zwei Ebenen aufgelöst. Der Windverband wurde als Vierendeelträger konzipiert: Die Rundrohre bilden die beiden Gurte, [[-Profile die Pfosten (Bild 5).

Die Fahrbahntafel ist über 2 x 10 Hängerstangen (Ø 44 mm) an dem Bogen aufgehängt. Sie besteht in Längs- und Querrichtung aus konventionellen -Trägern

sowie einer Rippendecke (Hoesch-Additiv-Decke), die im Verbund mitwirkt – eine bei Parkhäusern sehr beliebte und kostengünstige Modulbauweise (Bild 6).

6 Querschnitt: Details © Leonhardt, Andrä und Partner AG

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

47


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

Sowohl die Dämpfer als auch die Messungen waren Bestandteil der Gesamtausschreibung. Eine Vorgehensweise, die sich durchaus empfiehlt, ergibt sie doch für den Bauherrn erstaunlich interessante Angebote im Vergleich zu Messungen, die erst im Nachgang ausgeschrieben werden.

7 Filigrane und transparente Konstruktion © Reuter

Die gesamte Maßnahme stand unter einem enormen Kostendruck, da man bei der Gesamtkalkulation des Radfernweges nicht von einem Neubau ausgegangen war. Der Neubau konnte mit ca. 640.000 € diese Vorgabe durch eine konsequente Minimalisierung und Entmaterialisierung unter überwiegendem Einsatz von einfachsten Tragelementen, quasi von der Stange, erfüllen. So waren auch kleinere mittelständische Betriebe in der Lage, sich am Wettbewerb zu beteiligen. 2 Schwingungsuntersuchungen Es war von vornherein klar, dass bei dieser sehr schlanken und filigranen Konstruktion, die mit extrem wenig Masse beaufschlagt ist, das Thema Schwingungserregung ein durchaus virulentes ist (Bild 7). Frühzeitig, bereits im Zuge der Vorplanung erfolgte Schwingungsberechnungen zeigten, dass man sich mit den unteren Eigenformen, und die sind entscheidend, in dem für Fußgängerbrücken kritischen Bereich zwischen 1,25 Hz und 2,50 Hz (Bild 8) befindet. Die daraufhin mit dem Landratsamt Heilbronn, einem fachlich sehr versierten Bauherrn, intensiv geführten Diskussionen kamen zu dem Ergebnis, vorsorglich eine Installation von Dämpfungskörpern rechnerisch und konstruktiv vorzusehen, die endgültige

9 10 Messungen vor Ort © Maurer Söhne GmbH & Co. KG

48

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

Entscheidung eines Einbaus jedoch von den nach Fertigstellung der Brücke vorzunehmenden Schwingungsbemessungen abhängig zu machen.

3 Schwingungsmessungen Im Mai 2009 wurden von der Firma Maurer Söhne an der Brücke Messungen durchgeführt, anhand der Eigenfrequenzen, Dämpfungswerte und Beschleunigungen bei verschiedenen Arten von Personenverkehr zu bestimmen waren (Bilder 9 und 10).

8 Dynamische Voruntersuchungen © Leonhardt, Andrä und Partner AG


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Für die Bestimmung der Eigenfrequenzen, Modalformen und Dämpfungen gilt die »ambiente Schwingungsmessung« mittlerweile als Standard, weil die Durchführung einfach und nicht zeitaufwendig ist und man auf eine künstliche Anregung verzichten kann. Die zufällig, zum Beispiel durch Winderregung oder Bodenschwingungen, auftretenden Schwingungen erzeugen ein breitbandiges Frequenzspektrum, bei dem alle Frequenzen gleichermaßen angeregt werden. Durch geeignete Anordnung der Beschleunigungsaufnehmer lassen sich Biege- und Torsionsschwingungen voneinander getrennt betrachten (Bild 11).

12 13 Maßgebende Eigenfrequenzen © Maurer Söhne GmbH & Co. KG

Die Stabilisationsdiagramme (Bilder 12 und 13) veranschaulichen die maßgebenden vertikalen Eigenfrequenzen mit den zugehörigen Modalformen (Bild 14). Die auf dem Weg der ambienten Schwingungsmessungen (stochastische Anregung) gemessenen Werte sind grundsätzlich nur Hilfsgrößen und zeigen lediglich dann gute Übereinstimmung mit den tatsächlichen Eigenformen, wenn die Eigenfrequenzen nicht zu eng beieinanderliegen und nur eine geringe Dämpfung besteht. Die zuverlässigste Methode zur Bestimmung der modalen Dämpfung ist die des

11 Installation der Sensoren © Leonhardt, Andrä und Partner AG

14 Zugehörige Modalformen © Leonhardt, Andrä und Partner AG

logarithmischen Dämpfungsdekrementes λ, das sich für einen Einmassenschwinger durch eine einfache logarithmische Gleichung darstellen lässt. Alternativ und für praktische Fälle besser umsetzbar, ermittelt man die Beschleunigungsanteile der kritischen Mode und bestimmt sich dann die Dämpfung als eine an die Maxima approximierende e-Funktion, aus der wiederum das Lehr’sche Dämpfungsmaß errechnet werden kann (Bild 15). Mit ξ = 0,0067 ergibt sich für die Kocherbrücke ein sehr niedriger Wert, der aber typisch für derartig leichte Brücken aus Stahl ist.

15 Abklingende Vertikalschwingung © Maurer Söhne GmbH & Co. KG

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

49


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

Nr.

Beschreibung

Frequenz

1

einzelner Fußgänger

synchron 1,70

2

Gruppe aus 11 Personen

synchron 1,70

3

Gruppe aus 11 Personen

natürliche Gangart

4

Gruppe aus 4 Personen

synchron 1,70

5

Gruppe aus 4 Personen

natürliche Gangart

6

Kniebeugen 10 Personen

synchron mit Rückkopplung

16 Messungen mit realen Fußgängerbelastungen © Leonhardt, Andrä und Partner AG

Auch wenn die Voraussetzungen für eine ambiente Schwingungsmessung – die Eigenfrequenzen liegen weit genug auseinander, die Dämpfung ist sehr gering – hierfür im vorliegenden Fall gegeben waren, wurden, um noch einen umfassenderen Einblick in das Schwingungsverhalten der Brücke zu bekommen, mehrere Messungen mit realen Fußgängerbelastungen, sogenannten personeninduzierten Schwingungen, durchgeführt unter Anwendung folgender Lastmodelle. Die Auswertung zeigt, dass Vertikalbeschleunigungen > 0,75 m/s² nur durch synchrone Formationen erreicht werden und natürliche Gangarten deutlich unterhalb dieser Komfortgrenze bleiben (Bild 18). Mutwillige Anregungen ergeben dagegen Beschleunigungsamplituden von max. 2,20 m/s². 4 Vergleich: Rechnung und Messung Die relativ großen Abweichungen in den Eigenfrequenzen waren der Anlass für eine Zusammenarbeit mit dem KIT Karlsruhe in Form einer Diplomarbeit. Im Mittelpunkt stand eine umfangreiche Parameterstudie, gegliedert nach – Materialparameter, – Geometrieparameter: Fahrbahn, – Geometrieparameter: Geländer, – Strukturparameter: Gelenke und Lagerung, – Nichtlineare Berechnung. Im stetigen Abgleich mit den Messungen konnte eine Modellierung herausgearbeitet werden, die sehr nahe an den Messergebnissen lag (Bild 19). Im Ergebnis ist festzuhalten, dass für eine aussagekräftige Eigenfrequenzanalyse die Parameter Masse, Material (Streuung der Kennwerte), Steifigkeit (Mitnahme sämtlicher möglicher Effekte), Struktureigenschaften (Gelenk- und Lagerbedingungen) sowie Nichtlineare Berechnung die maßgebenden Faktoren darstellen.

50

(Bild 17)

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

17 Einzelperson: 1,70 Hz © Leonhardt, Andrä und Partner AG

18 Synchron: natürlich © Maurer Söhne GmbH & Co. KG

19 Berechnung und Messung © Aus [2]

5 Bewertung des Schwingungsverhaltens Die Beobachtungen und Messungen vor Ort haben gezeigt, dass Schwingungen bei normalem Fußgänger- und Radverkehr durchaus spürbar sind, die üblichen Komfortkriterien jedoch eingehalten bleiben. Bei synchroner Gehweise ist dies nicht mehr der Fall, wie die zweite vertikale Eigenform mit einer Eigenfrequenz von 1,75 Hz veranschaulicht. Durch Fußgänger, die sich über die Brücke bewegen, wird das Bauwerk merklich oberhalb der in DIN 1074 und EC 5 angegebenen

Komfortgrenze angeregt. Außerdem besteht bei mutwilliger Anregung (Vandalismus) ein erhöhtes Risiko. In Übereinstimmung mit dem Bauherrn und Prüfingenieur wurde trotzdem beschlossen, vorerst auf den Einbau von Dämpfern zu verzichten und die Akzeptanzfähigkeit der Brücke unter Verkehr abzuwarten. Das Bauwerk ist mittlerweile fünf Jahre in Betrieb, Beschwerden wurden in diesem Zeitraum keine laut.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

20 Kocherbrücke Hagenbach: Einpassung in die Umgebung © Leonhardt, Andrä und Partner AG

6 Fazit Leichte filigrane Fußgängerbrücken sind ein Gebot der Wirtschaftlichkeit und unter Beachtung einer konsequenten Umsetzung ästhetisch ansprechende Ingenieurbauwerke (Bild 20). Sie bergen zwangsläufig ein gewisses Risiko in Bezug auf Schwingungsanfälligkeit, weshalb bereits zu einem früheren Planungszeitpunkt entsprechende Sensitivitätsuntersuchungen angebracht sind.

Befindet man sich in einem hinsichtlich Fußgängererregung kritischen Bereich, bedeutet dies nicht unbedingt eine Abkehr vom Entwurf. Sinnvoll erscheint oftmals eine prophylaktische Herangehensweise, ein sinnvolles Dämpfungskonzept zu entwickeln unter Einbeziehung von Schwingungsmessungen am Bauwerk. Ob Dämpfer dann tatsächlich eingebaut werden müssen, entscheidet eine abschließend ganzheitliche Bewertung. Bei der Rheinbrücke Weil am Rhein, bei der ein zusätzlicher Effekt der gekoppelten Vertikal- und Horizontalanregung die ohnehin schon komplexe Schwingungsthematik noch verschärfte, wurden ebenfalls umfangreiche Versuche und Messungen am Bauwerk durchgeführt bis hin zu Simulationen von Großveranstaltungen auf der Brücke (Bild 21). Im Ergebnis mussten auch dort bis zum heutigen Tag keine zusätzlichen Dämpfer eingebaut werden (Bild 22). Autor: Dipl.-Ing. Volkhard Angelmaier Leonhardt, Andrä und Partner Beratende Ingenieure VBI AG, Stuttgart Literatur [1] Maurer Söhne: Ermittlung der Schwingungs anfälligkeit der Kocherbrücke in Hagenbach. Technischer Bericht, Bauwerksschutzsysteme. München 2009. [2] Frank, Martin Stephan: Diplomarbeit zum Thema Untersuchungen zum Schwingungsverhalten einer Fußgängerbrücke. Karlsruhe, April 2014.

Bauherr Landratsamt Heilbronn, Thomas Thullner

21 Messungen an der Rheinbrücke Weil am Rhein © Leonhardt, Andrä und Partner AG

Entwurf Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI AG, Stuttgart Baugrundgutachten Smoltczyk & Partner GmbH, Stuttgart Hydraulische Untersuchungen Klinger und Partner, Ingenieurbüro für Bauwesen und Umwelttechnik GmbH, Stuttgart Prüfingenieur Dipl.-Ing. Horst Eutebach, Heilbronn Schwingungsmessungen Maurer Söhne GmbH & Co. KG, München Ausführung Wolff & Müller GmbH, Stuttgart STS Stahltechnik GmbH, Regensburg

22 Rheinbrücke Weil am Rhein: Simulation einer Großveranstaltung © Leonhardt, Andrä und Partner AG

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

51


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Eine Brücke zur Landesgartenschau 2014

Christoph-Rübsamen-Steg in Gießen von Uwe Weber, Andre Scheer, Michael Keller

1 Christoph-Rübsamen-Steg nach Fertigstellung © Michael Keller

Die Verbindung zwischen den Gießener Stadtteilen westlich und östlich der Lahn erfolgte bis in die 1970er Jahre ausschließlich über die historische Sachsenhäuser Brücke auf Höhe der Innenstadt. Mit Eröffnung der Konrad-AdenauerBrücke kam 1970 ein weiteres, vornehmlich dem Autoverkehr dienendes Bauwerk 300 m südlich hinzu. Die nördlich der Sachsenhäuser Brücke gelegene Stadterweiterung am Westufer der Lahn, die Weststadt, blieb trotz ihres Wachstums ohne direkte Verbindung in die Gießener Stadtteile nördlich der Innenstadt.

52

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

1 Planungsvarianten 1.1 Historie Aus »Gießen an der Lahn« wurde in den 1850er Jahren durch den Bau der MainWeser-Bahn »Gießen an der Bahn«, die Stadt wurde durch den Eisenbahnbau von der Lahn abgeschnitten. Der Wunsch der Bürger seit dieser Zeit war, wieder die Lahn zu erleben, so dass die ersten Ideen von 1914, eine hölzerne Brücke in Verlängerung der Sudetenlandstraße zu errichten, diskutiert wurden. Jene Überlegungen wurden im Zuge des Ersten Weltkrieges nicht weiterverfolgt, ebenso wie weitere Konzepte aus den 1930er Jahren. Im Rahmen der Planungen »Autogerechte Stadt« aus den 1960er Jahren war an der Stelle eine vierspurige Autobrücke vorgesehen, aber auch deren Realisierung wurde mit dem Bau des Gießener Rings nicht weiterverfolgt. Die Planungen zur Errichtung einer Fußund Radwegverbindung wurde in den 1980er Jahren erneut aufgenommen, es wurde unter anderem die Wirtschaftlichkeit eines Fährbetriebes untersucht. Im Jahr 2000 beschlossen dann die Stadtverordneten den Bau einer Fuß- und Radwegbrücke, die Planung stockte jedoch aufgrund der fehlenden Finanzmittel.

1.2 Landesgartenschau 2008 erhielt die Stadt Gießen den Zuschlag zur fünften Hessischen Landesgartenschau, den darauffolgenden Wettbewerb zur Gestaltung der Lahnaue gewann das Landschaftsarchitekturbüro A 24 aus Berlin. In seinem Konzept war die bereits geplante Brücke mit einer geraden Linienführung dargestellt. Die Entwürfe, die bis dahin vorlagen, gingen alle von einer geknickten Linienführung aus, da die Grundstücke auf der Westseite für einen geraden Verlauf sich nicht im Besitz der Stadt befanden. Ein erneuter Versuch, mit der positiven Entscheidung zur Landesgartenschau 2014 im Rücken, die vier Grundstücke auf der Westseite zu kaufen, gelang im Frühjahr 2011. Die bis dahin erfolgte Planung konnte nun zu den Akten gelegt werden, und es begann die neue Planung der Brücke, die bis August 2011, wegen der Beantragung von Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz-(GVFG-)Mitteln abgeschlossen sein musste.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

2 3-D-Modell des statischen Systems der Hängebrücke © IGM Ingenieurplanung GmbH

2 Formfindung 2.1 Aufgabenstellung In einem landschaftlich gleichermaßen hochwertigen wie sensiblen Bereich der Lahnauen galt es, eine Konstruktion zu finden, die entsprechend feinfühlig auf die örtliche Situation eingeht: Ein leichtes Bauwerk in grüner Umgebung wurde angestrebt. Um den örtlichen Bootsverkehr nicht zu beeinträchtigen, wurde eine stützenfreie Lösung erforderlich. Weiterhin waren eine lichte Höhe zwischen dem höchsten, schiffbaren Wasserstand der Lahn als Bundeswasserstraße und der Brückenunterkante von 4,50 m einzuhalten sowie die barrierefreie Ausbildung der Brücke zu beachten, um sowohl dem Radverkehr als auch der Barrierefreiheit Rechnung zu tragen. Für das zu erwartende Verkehrsaufkommen wurde eine Fahrbahnbreite von 4,00 m festgelegt. Die gerade Trasse des Geh- und Radweges führt an beiden Uferseiten durch die vorhandenen Kleingartenanlagen. Der Höhenunterschied zur geplanten Gradiente beträgt am östlichen Ufer 4,50 m und am westlichen Ufer 4 m. Hierdurch ergeben sich beidseitig aufgeständerte Vorlandbrücken, die Rampenlängen betragen östlich 54 m und westlich 37 m. Die lichte Weite zwischen den beiden Lahnufern misst hier 40 m, die Stützweite des Hauptfeldes 49 m. Daraus resultiert eine Gesamtlänge des Bauwerks von 140 m.

2.2 Konstruktion der Hängebrücke Neben weiteren Varianten wie Schrägseilbrücke und Bogenbrücke wurde als Tragwerk eine rückverankerte Hängebrücke entwickelt, welche die Lahn stützenfrei überspannt. Entscheidend hierfür waren die filigrane Konstruktion, die geringe Bauhöhe, die gerüstfreie Montage sowie die Wirtschaftlichkeit gegenüber anderen Bauarten. Die Hängebrücke besteht aus zwei A-förmigen Pylonen aus Stahl mit einer Höhe von ca. 24 m über dem Wasserspiegel. Die Pylone sind am Seilanschlusspunkt in ca. 16 m Höhe in Querrichtung eingezogen und mit ca. 7° zur Vertikalen zueinander geneigt, während die Pylonspitze über dem Tragseilanschluss abknickt und senkrecht verläuft. Die Rückspannseile sind außerhalb des Bauwerks im Erdreich über Zugpfähle verankert. Die Gründung der Pylone erfolgte wegen der vorliegenden Baugrundverhältnisse über 11–14 m lange Bohrpfähle d = 0,90 m. Die Pfähle sind gegenüber der Vertikalen in beide Richtungen bis zu 10° geneigt.

3 Querschnitt der Brücke mit Pylon © IGM Ingenieurplanung GmbH

Das Brückendeck mit einer Nutzbreite von 4,00 m ist eine Stahlverbundplatte in Fertigteilbauweise mit Ortbetonergänzung mit einer Konstruktionshöhe von 0,30 m, die über Querträger im Abstand von 2 m an den Tragseilen angehängt ist.

4 Querschnitt des Brückendecks in Feldmitte © IGM Ingenieurplanung GmbH

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

53


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

5 Blick vom Westufer auf die Hängebrückenkonstruktion © Ingenieurbüro Weber

Die Abdichtung erfolgte klassisch mit Bitumenschweißbahnen und Gussasphaltbelag. Die Entwässerung des Brückendecks gewährleisten Quer- und Längsgefälle: Kuppe mit max. 4 % Längsneigung, Querneigung 2,50 % mit Tiefpunkt 0,30 m vom südlichen Rand. Auf dem Bauwerk wurden im Bereich der Pylone und vor den Widerlagern Brückenabläufe angeordnet. Gestalterisches Element des Brückendecks ist das Seilgeländer mit Holm- und Handlauf aus Edelstahl, das über die gesamte Brückenlänge eingebaut wurde. Die Geländerhöhe beträgt 1,30 m, die Verankerung des Geländers erfolgt an seitlichen Stahllaschen mit Schraubverbindungen.

7 Gesamtansicht des Bauwerks © Ingenieurbüro Weber

54

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

2.3 Konstruktion der Rampenbrücken Das Brückendeck der Rampenbereiche mit Stützweiten von 5–8 m wurde analog der Hängebrücke mit Fertigteilen und Ortbetonergänzung hergestellt, die 10 cm dicken Fertigteile wurden im Bauzustand unterstützt. Die Konstruktionshöhe der Rampenbrücken ist mit 0,40 m 10 cm größer als die der Hängebrücke. Der Höhenversatz zwischen der Vorlandund der Hauptbrücke erfolgt im Schatten nach innen zurückgesetzt, so dass die Randbleche in der Seitenansicht den Brückenüberbau als gleichmäßiges Band erscheinen lassen. Dieses Band verlängert sich bis in den Flügelbereich. Die Rampenbereiche sind von unten zugänglich und in das Gesamtanlagekonzept eingebunden. Dadurch ist auch die Untersicht in den Rampenbereichen erlebbar. Die Stützen wurden schräggestellt, die Stützenachsen im Grundriss gedreht und die Achsabstände der Stützenreihen variiert, damit das Bild eines unregelmäßigen Stützenwaldes entsteht, das sich je nach Blickrichtung und -winkel verändert.

6 Querschnitt im Rampenbereich © IGM Ingenieurplanung GmbH

Das gesamte Brückendeck ist fugenlos, der Festpunkt wird durch die Befestigung des Decks an den Tragseilen der Hängebrücke gebildet. Dadurch treten an den Widerlagern Verformungen bis zu 100 mm auf, die über Mattendehnfugen aufgenommen werden. In der Ausführung bedeutete dies für die Vorlandstützen, dass deren Fuß- und Kopfpunkte mit echten Gelenkausbildungen in Bewegungsrichtung realisiert werden mussten, was unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Schiefstellungen in allen Richtungen in der Werkstattplanung eine Herausforderung war.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

8 Erster Montagezustand der Hängebrücke © Michael Keller

3 Bau der Brücke 3.1 Bauablauf und Montage Die Gestaltung der Bauphasen folgte neben den technischen und bauablauftechnologischen auch immer den terminlichen Randbedingungen. Die Vorbereitungsarbeiten zur Herstellung des anspruchsvolleren Tragwerks der Hängebrücke benötigten mehr zeitlichen Vorlauf, so dass nach Realisierung aller Gründungsteile (Bohrpfahl- und Brunnengründungen sowie Fundamente) und der Anschlusspunkte für die Rückspannseile mit der Errichtung der Vorlandbereiche begonnen wurde. Die Montage des 49-m-Hauptfeldes über die Lahn erfolgte freispannend ohne Gerüst. An den beiden Tragseilen wurden die Hänger mit Querträgern aus Walzprofilen befestigt. Das Tragseil ist in Feldmitte bis zu den Querträgern heruntergezogen, dies führt in Flussmitte dazu, dass beim Überqueren der Brücke auf einer Länge von 20 m der Blick auf die Lahn ohne Sichtbehinderung durch Trag- oder Hängeseile möglich ist. Der Anschluss der Querträger an die Tragseile wurde in Abhängigkeit von der Höhenlage des Tragseils über Hängeseile, Zugstäbe oder direkt angeschweißte Gussklemmen vorgenommen. Die 10 cm dicken Fertigteilplatten wurden mit einem Kran in die Querträger eingehängt, die Fertigteile waren dabei bereits mit einer Randausbildung aus Stahl vormontiert.

9 Montage der Fertigteilplatten © Ingenieurbüro Weber

Das Betonieren der 20 cm Ortbetonergänzung erfolgte mit zwei Betonpumpen nach vorgegebenen Betonierfolgen innerhalb von 3 h. Sowohl beim Montieren der Fertigteile als auch beim Betonieren der Ortbetonergänzung traten noch große Verformungen des Hängesystems auf. Die endgültige Gradiente stellte sich erst mit dem letzten Kubikmeter Beton ein. Das Betonieren der Verbindungsfelder zwischen Vorlandbereich und dem Hauptfeld mit Stützweiten zwischen 7 m und 8 m konnte erst anschließend beginnen, weil die Fertigteile der Verbindungsfelder auf dem Vorland abgestützt werden mussten und damit den Verformungen der Hängebrücke nicht hätten folgen können.

3.2 Details der Montageplanung Bei der Detailplanung der Stahlkonstruktion wurde besonderer Wert auf das Vermeiden von Baustellenschweißungen gelegt, bei denen vor allem in Anbetracht der Ausführungszeit in den Wintermonaten 2013–2014 wirtschaftlich keine zuverlässige Herstellung des Korrosionsschutzes gewährleistet werden konnte. Die Pylone wurden in drei Teilen mit endgültigem Korrosionsschutz vorgefertigt, die Stöße als »Steckverbindung« ausgebildet.

10 Montagestoß: oberer Teil des Pylons © Michael Keller

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

55


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

Analog wurden die Stöße der Randausbildung des Überbaus aus Stahl über eingeschraubte Verbindungsbleche mit Fahnenblechen für die spätere Geländerbefestigung realisiert. Diese Ausführung bedeutete hohe Anforderungen an die Genauigkeit der Fertigung und Montage wegen der zu berücksichtigenden Verformungen, bis zu 85 mm in Feldmitte, beim Betonieren der Ortbetonergänzung.

12 Stand der Bauarbeiten im März 2014 © Vermessungsamt der Stadt Gießen

Die Fertigteilmontage auf den Stahlquerträgern in luftiger Höhe erfolgte ohne Trag- oder Arbeitsgerüst und musste einfach und sicher gestaltet werden. Die Lösung zur Sicherung der Fertigteile umfasste auf die Querträger aufgeschweißte Dorne, auf welche die Fertigteile mit entsprechend einbetonierten Hülsen aufgesteckt wurden. Dies bedingte eine äußerst genaue Herstellung der Fertigteile mit Hilfe von Lehren. Da die Steckverbindung sehr anfällig gegen Verkippungen ist, musste die Montagereihenfolge für jedes Fertigteil einzeln untersucht werden, um die geometrischen Grenzen der Montageverbindungen einzuhalten.

56

11 Montagedetail: Fertigteil © IGM Ingenieurplanung GmbH

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

3.3 Schwingungsuntersuchungen Im Rahmen der Ausführungsplanung wurde das Schwingungsverhalten der Hängebrücke im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit nach dem Hivoss»Leitfaden für die Bemessung von Fußgängerbrücken« untersucht (HIVOSS: Human induced Vibrations of Steel Structures). Die niedrigen Eigenfrequenzen und die niedrige Eigendämpfung ergaben, dass die Brücke für Schwingungen der ersten und zweiten Eigenform anfällig ist. Deshalb wurden im Deck der Hängebrücke in Feldmitte und in den Viertelspunkten jeweils Aussparungen vorgesehen, um bei Bedarf nachträglich Schwingungsdämpfer einbauen zu können.

Das tatsächliche Schwingungsverhalten der Brücke ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, die rechnerisch nicht vollständig modelliert werden können, so dass das tatsächliche Dämpfungsverhalten der Brücke oft besser ist, als rechnerisch erfasst. Eine erste Probebelastung vor Eröffnung des Bauwerks sowie die Bewährungsprobe bei der feierlichen Einweihung zeigten, dass sich die Brücke nicht nennenswert anregen ließ. Die Schwingungen werden aber noch im Betrieb gemessen, um über den Einbau von Schwingungsdämpfern zu entscheiden.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

4 Schlusswort Genau 100 Jahre nach den ersten Überlegungen, diese Brücke zu bauen, wurde der Christoph-Rübsamen-Steg am 1. Mai 2014 in Anwesenheit des hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier den Bürgern übergeben. Die Entscheidung der Stadt Gießen für die Landesgartenschau 2014 hat maßgeblich die Realisierung des ChristophRübsamen-Steges beeinflusst. Ohne den Rückenwind aus der Rahmenplanung wären die Linienführung und Gestaltung nicht möglich gewesen. Wenn auch nicht sämtliche Infrastrukturmaßnahmen zur Landesgartenschau in den Medien ungeteilte Zustimmung fanden, so wurde die Lahnbrücke doch ausnahmslos von allen Gießener Bürgern begrüßt. Die Vorfreude auf das Bauwerk zeigte sich bereits während der Bauzeit und so wurde die noch nicht fertige Brücke so stark benutzt, dass die Baustelle mit einem Sicherheitsdienst bewacht werden musste. Für die Bürger entstand an dieser Stelle ein neuer Platz, um die Lahn zu erleben – ganz nach dem Motto der Landesgartenschau »Auf zu neuen Ufern«. Autoren: Dipl.-Ing. Uwe Weber Ingenieurbüro Weber, Gießen Dipl.-Ing. Andre Scheer IGM Ingenieurplanung GmbH, Wiesbaden Dipl.-Ing. Michael Keller Universitätsstadt Gießen Tiefbauamt

13 »Probebelastung« bei der feierlichen Eröffnung der Brücke © Ingenieurbüro Weber

Bauherr Universitätsstadt Gießen, Tiefbauamt Entwurf Ingenieurbüro Weber, Gießen Tragwerksplanung Ingenieurbüro Weber, Gießen IGM Ingenieurplanung GmbH, Wiesbaden Montageplanung SFB Planungsgesellschaft mbH, Magdeburg Verkehrsplanung Ingenieurbüro Ohlsen GmbH, Grünberg Landschaftsplanung A 24 Landschaft Landschaftsarchitektur GmbH, Berlin Beratung swillus Architekten, Berlin Prüfingenieur Dr.-Ing. Jochen Gugeler, Stuttgart Bauausführung Adolf Lupp GmbH + Co. KG, Gießen Stahlbau Schulte GmbH, Bergneustadt Eurovia VBU GmbH

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

57


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Vier individuelle Bauwerke an unterschiedlichen Standorten

Geh- und Radwegbrücken in und aus dem Allgäu von Gerhard Pahl

Es soll beispielhaft über verschiedene Brückenbauwerke berichtet werden, die in den letzten Jahren entstanden sind. Die vorgestellten Lösungen zeigen sehr individuelle Konzepte, die jeweils die Besonderheiten der Orte berücksichtigt haben. Diese Besonderheit drückt sich neben dem Entwurf auch in dem gewählten Bauvorgang aus. 1 Erste Seilkonstruktion im Allgäu 1.1 Veranlassung Die Rosenaubrücke befindet sich im Bereich der Kemptener Altstadt und ist Teil eines Ensembles von insgesamt fünf Bauwerken, das seinesgleichen sucht. Neben den größten Stampfbetonbrücken der Welt, 1906 errichtet, sind hier auch die König-Ludwig-Brücke, eine Holzgitterfachwerkbrücke aus dem Jahr 1847, die 2012 als Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst ausgezeichnet wurde, sowie eine 1889 errichtete Stahlbogenbrücke in unmittelbarer Nähe als besondere denkmalgeschützte Bauwerke zu nennen. Dazu kommt, dass die 2007 fertiggestellte Rosenaubrücke in der Baulast von Investoren liegt, die das Areal der ehemaligen Spinnerei und Weberei zu einer Wohnsiedlung umnutzten. Die Stadt Kempten hatte im Bebauungsplan zunächst eine Sanierung der vorhandenen Brücke zur Auflage gemacht. Aufgrund ihres schlechten baulichen Zustandes, gekennzeichnet durch alters- und witterungsbedingte Schäden sowie Auflösungserscheinungen, und einer außergewöhnlichen Hochwasserproblematik – die alte Werksbrücke aus dem Jahr 1886 wurde bei den Hochwassern 1999 und 2005 angeströmt und verursachte einen für die Kemptener Altstadt gefährlichen Aufstau – wurde der Überbau der unter Denkmal stehenden »Eisernen Brücke« im Januar 2006 rückgebaut.

58

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

1 Rosenaubrücke über die Iller © Gerhard Pahl/Dr. Schütz Ingenieure

2 Brückenensemble in Kempten © Gerhard Pahl/Dr. Schütz Ingenieure

1.2 Entwurf Im Rahmen der Vorentwurfsplanung wurden drei Varianten unter statischkonstruktiven Aspekten und hinsichtlich Gestaltung und Städtebau, Gesamtkosten und Unterhalt sowie Abflussquerschnitt untersucht und beurteilt. Der Bauherr, die Stadt Kempten und das Landesamt für Denkmalpflege entschieden sich für die Hängeseilbrücke. Durch die hohe Transparenz der Seilkonstruktion wird der umliegende denkmalge-

3 Seitenansicht © Dr. Schütz Ingenieure

schützte Bereich optisch nahezu nicht gestört. Die Pylone wurden bewusst im Bereich der Baureihe auf der Westseite angeordnet, während auf der Ostseite, wo ein Platz entstand, ein weiches Auslaufen oder »Landen« gestaltet wurde. Gleichzeitig erhält der Benutzer der Brücke die Möglichkeit, den Kräfteverlauf zu erleben. Dazu kommt, dass das vorhandene Ensemble durch eine moderne und elegante »eiserne« Brücke ergänzt wurde.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN 1.3 Tragkonstruktion Als Querschnitt wurde eine robuste und dauerhafte Betonfahrbahn mit seitlichen Stahlhohlkästen gewählt. Der Vorteil ist, dass trotz stützenfreier Überspannung der Iller nur eine sehr geringe Fahrbahnplattendicke benötigt wird, was einen maximalen Durchflussquerschnitt ermöglicht. Der als selbstverankerte Hängeseilbrücke ausgeführte Überbau weist eine Stützweite von ca. 54,00 m auf, die Breite zwischen den Geländern misst 3,50 m.

4 Querschnitt © Dr. Schütz Ingenieure

5 Grundriss © Dr. Schütz Ingenieure

In Längsrichtung handelt es sich um einen Verbundträger, bestehend aus den Stahlhohlkästen und der Betonfahrbahnplatte, im Querschnitt umfasst er eine Stahlbetonplatte aus Fertigteilen mit Ortbetonergänzung und seitlichen Stahlhohlkästen. Zusätzlich wurden Stahlquerträger alle ca. 5,70 m angeordnet, um im Bauzustand über einen stabilen Trägerrost zu verfügen und im Endzustand die Fahrbahnplatte im Bereich der Hänger zu verstärken. Die Konstruktionshöhe der Fahrbahnplatte beträgt 25 cm, die dichtgeschweißten Stahlhohlkästen haben eine Höhe von 45 cm. Die 85 mm dicken Hauptseile sind jeweils an einen geneigten Pylon angeschlossen und über eine Abspannung verankert. Bei einer Pylonhöhe über Gelände von ca. 22,00 m erfolgt die Aufhängung der Fahrbahntafel über geneigte Hängerseile mit einem Durchmesser von 21 mm und einem Abstand von 5,70 m.

6 Maßgebende Eigenfrequenz © Dr. Schütz Ingenieure

Bauherr Eptagon Immobilienholding GmbH & Co. KG, Frankfurt am Main Entwurf und Gesamtplanung Dr. Schütz Ingenieure, Beratende Ingenieure im Bauwesen GmbH, Kempten Prüfingenieur Prof. Dr.-Ing. Gerhard Albrecht, München Ausführung Matthäus Schmid Bauunternehmen GmbH & Co. KG, Baltringen STS Stahltechnik GmbH, Regensburg Pfeifer Seil- und Hebetechnik GmbH, Memmingen

7 Unterseite der Hängebrücke © Gerhard Pahl/Dr. Schütz Ingenieure

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

59


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

8 Hubbrücke in Wangen nach Fertigstellung © Gerhard Pahl/Dr. Schütz Ingenieure

2 Neuer Gallussteg in Wangen 2.1 Allgemeines Im idyllischen Wangen führt seit 2009 eine neue Geh- und Radwegbrücke über die Argen. Aus Hochwasserschutzgründen wurde eine innovative Hubbrücke im Kontext der historischen Altstadt und der »neuen« Stadtentwicklung geplant. 2.2 Entwurf Der schlichte und zurückhaltende Entwurf der Brücke soll die sinnliche Erlebbarkeit des Bauwerks ermöglichen. Es wurde bewusst ein Spiel mit Gegensätzen angestrebt: Die Brückeneingangspoller wirken statisch und massiv, das Bogentragwerk des Überbaus wird zum Lager hin auf eine Spitze reduziert. Die Brücke kreuzt die Argen schiefwinklig, weshalb auch die Geländerfüllstäbe und die Querträgeranschlüsse schiefwinklig angeordnet wurden. Die dadurch erzeugte Spannung wird je nach Lichtverhältnis und Blickwinkel verstärkt. Das außenliegende Bogentragwerk schimmert durch das schleierhafte Geländer durch. 2.3 Tragkonstruktion Das Haupttragwerk wird aus zwei Stahlfachwerkträgern gebildet. Als Auflager der Stahlbetonverbundplatte dient in Querrichtung der Endquerträger. In Brückenlängsrichtung sind an den kurzen Querträgern Winkelprofile angeschweißt. Der überhöht ausgebildete Überbau besteht im Querschnitt aus einer Stahlbeton-Verbundplatte mit 20 cm Dicke und ist schwimmend gelagert. Die Gesamthöhe des Überbaus beträgt zwischen ca. 40 cm bis 1,57 m.

60

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

9 Grundriss © Dr. Schütz Ingenieure

10 11 Bauwerk in Normal- und Hochlage © Gerhard Pahl/Dr. Schütz Ingenieure


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN 2.4 Sonderanlage, Hubkonstruktion Um den geforderten Hochwasserstand HQ100 einzuhalten, wäre der Überbau um ca. 1,15 m höher als die Bestandsanschlüsse herzustellen gewesen. Diese Forderung hätte die Realisierung langer Rampenlängen bedingt, um eine barrierefreie Anbindung zu gewährleisten. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse im Uferbereich, dessen historischer Substanz sowie der dadurch entstehenden Nachteile im Gebrauch der Brücke beim Normalwasserstand ist die Entscheidung für eine hydraulische Anhebung des Überbaus bei Hochwasser getroffen worden. In den Brüstungsmauern ist die Führungskonstruktion für den Überbau integriert, die Mauern stabilisieren ihn während des Hubvorgangs und im angehobenen Zustand. 2.5 Fertigung und Montage Die Unterbauten der Brücke wurden zunächst konventionell hergestellt. Die Stahlkonstruktion des Überbaus wurde nach der Fertigung im Werk mit vollständigem Korrosionsschutz und fertigen Geländern angeliefert und auf den bodengestützten Schalboden, der außerhalb der Hochwasserzone lag, gesetzt. Nach dem Betonieren der Überbauplatte mit 20 cm Dicke wurde dann der komplette Überbau auf die Elastomerlager eingehoben. Durch dieses Vorgehen konnte die Bauzeit im Gewässerbereich auf ein Minimum reduziert werden. 2.6 Zusammenfassung Die neue Geh- und Radwegbrücke ist als innovative Hubkonstruktion zur Hochwasserfreilegung errichtet worden. Dies stellt zumindest für den süddeutschen

12 13 Längsschnitt in Normal- und Hochlage © Dr. Schütz Ingenieure

Raum eine Besonderheit dar. Gleichzeitig wurde in dem städtebaulichen Kontext eine schlichte, vornehm zurückhaltende, aber auch moderne Brücke gebaut, die gestalterisch als Bindeglied zwischen der Neustadt und der historischen Altstadt dient. Bauherr Stadt Wangen im Allgäu Entwurfs- und Gesamtplanung Dr. Schütz Ingenieure, Beratende Ingenieure im Bauwesen GmbH, Kempten Prüfingenieur Dr.-Ing. Frank Breinlinger, Tuttlingen

14 Querschnitt in Feldmitte © Dr. Schütz Ingenieure

Bauausführung Mühlbauer Stahl- und Metallbau GmbH, Furth im Wald Josef Hebel Bauunternehmen GmbH & Co. KG, Memmingen Nachunternehmer Hydraulik EWO Fluid Power GmbH, Bissingen an der Teck

15 16 LED-Beleuchtung (links) und Lichteffekte (rechts) © Gerhard Pahl/Dr. Schütz Ingenieure

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

61


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

17 Geh- und Radwegbrücke in Würzburg © Ignacio Linares

3 Brücke am Universitätscampus Hubland in Würzburg 3.1 Notwendigkeit der Maßnahme Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde eine ca. 134,50 ha große Fläche im östlichen Bereich Würzburgs ein Standort des US-Militärs. Im Jahr 2009 kaufte dann der Freistaat Bayern ein Teilgebiet von ca. 39 ha als Erweiterungsfläche für die Universität Würzburg. Einige der Bestandsbauten des erworbenen Kasernenkomplexes wurden in den nächsten Jahren in büroartig genutzte Institutsgebäude, Seminarräume und Praktikabereiche umgewandelt bzw. saniert und zum Sommersemester 2011 in Betrieb genommen. Seitdem herrscht eine intensive Fußgänger- und Radfahrbeziehung zwischen dem Altcampus Süd und dem Neucampus, der noch zunehmen wird. Die beiden Campusbereiche werden durch die vielbefahrene Straße »Am Galgenberg« getrennt. Durch die Errichtung einer Geh- und Radwegbrücke sollte eine barrierefreie Verbindung hergestellt werden, um den Studenten einen sicheren Übergang zu ermöglichen. Darüber hinaus wurde hier die Durchführung eines Realisierungswettbewerbs als notwendig erachtet, zumal es sich bei dem vorgesehenen Brückenstandort um eine markante, anspruchsvolle städtebauliche Situation handelt, die besondere Anforderungen an die Gestaltung des Bauwerks und dessen Einpassung in den Kontext bedingt.

3.2 Gestaltung Grundlage für den Entwurf der 109 m langen Brücke waren die städtebaulichen Anforderungen und die Wegbedürfnisse. In ihrer Gestaltung setzt sie ein individuelles Zeichen mit hoher Signetwirkung, ohne durch übertriebene konstruktive Gesten den Kontext des Umfeldes zu stören. Die Brücke nimmt in ihrer Ausformung als versetztes Bogentragwerk, das sich aus zwei Bändern zusammenfügt, die Thematik des städtebaulichen

62

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

18 Lageplan © Dr. Schütz Ingenieure

19 Tragstruktur © Dr. Schütz Ingenieure

Leitbildes »Grünes Band« auf und wird in ihrer Zeichenhaftigkeit mit Würzburg und dem Campus Hubland der Universität verbunden. Die Kombination des zeichenhaften Bogentragwerkes, das die filigranen Bänder integriert und als Treppenabgänge wie beiläufig auf die jeweils gegenüberliegende Fahrbahnseite trägt, verknüpft die Bodenständigkeit der Tragstruktur mit der Leichtigkeit der Bänder.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

20 21 Ansicht und Draufsicht © Dr. Schütz Ingenieure/Kolb Ripke Architekten/Pola Landschaftsarchitekten

3.3 Barrierefreies Bauen Die Brückentrassierung und Ausführung der Gestaltungselemente folgen den Grundsätzen des barrierefreien Bauens. Die Rampen erhalten durchgängig eine gleichmäßige Neigung < 4 % gemäß DIN 18024 ohne Zwischenpodeste und schließen ebenengleich an das bestehende und geplante Wegenetz an. Die Treppen konnten ebenfalls ohne Zwischenpodeste realisiert werden.

3.4 Tragwerk, Überbau Der Überbau wurde als semiintegrale Stahlbetonkonstruktion ausgeführt, die Rampen sind als Durchlaufträger ausgebildet. Die südliche Rampe gliedert sich in fünf Felder, die nördliche Rampe weist vier Felder auf. Beide Rampen schließen monolithisch an das Bogenmittelteil an. Der Bogen selbst besteht aus dem Mittelteil und versetzt angeordneten Treppenaufgängen, die Bogenspannweite beträgt

ca. 34,00 m bei einem Bogenstich von ca. 5,50 m. Im Rampenbereich und im Mittelteil des Bogens hat die Platte eine Dicke von 45 cm. Die Treppenaufgänge sind durch eine veränderliche Voute gekennzeichnet, deren Höhe zum Widerlager hin deutlich zunimmt. Das heißt, bei gleichbleibender Neigung der Voute verringert sich deren untere Breite zum Widerlager hin. 3.5 Sichtflächen Die geneigten Flächen der Widerlagerbänke und des monolithischen Überbaus wurden in Sichtbeton mit glatter, schwachsaugender Schalung ausgeführt. Die Herstellung der Pfeiler des 2014 realisierten Bauwerks erfolgte in Sichtbeton mit einer saugenden Drainagematte. Bauherr Freistaat Bayern Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, München Bauherrenvertretung Staatliches Bauamt Würzburg, Bereich Universitätsbau Entwurf und Gesamtplanung Dr. Schütz Ingenieure, Beratende Ingenieure im Bauwesen GmbH, Kempten Kolb Ripke Architekten, Berlin Pola Landschaftsarchitekten, Berlin

22 Blick von Süden: Bauwerk bei Nacht © Ignacio Linares

Prüfstatik Landesgewerbeanstalt Bayern, Zweigstelle Würzburg Ausführung Glass Ingenieurbau Leipzig GmbH, Leipzig Metallerzeugnisse Uwe Stockmann, Gräfenhainichen

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

63


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

23 Monolithische Geh- und Radwegbrücke über die Donau © Gerhard Pahl/Dr. Schütz Ingenieure

4 Bootshausbrücke in Sigmaringen 4.1 Bestehende Verhältnisse Die neue Brücke liegt im Bereich des Geländes der Landesgartenschau 2013, stromauf- und -abwärts existieren in Sichtweite zwei Straßenbrücken. Dazu kommt, dass sie in den wunderschönen Donauauen geplant war, die allerdings nicht hochwassersicher sind. Von der Brücke hat man zudem einen freien Blick auf das Schloss Sigmaringen. Da ein Freibord von 1,00 m einzuhalten war, bestand die Gefahr, dass die neue Brücke optisch sehr hoch, geradezu »aufgestelzt« liegen könnte. Aufgrund der anspruchsvollen Randbedingungen wurde vom Bauherrn ein Plangutachten mit einer Mehrfachbeauftragung durchgeführt, aus welchem das nachfolgend beschriebene und dann 2010 realisierte Konzept als Sieger hervorging.

24 Hohenzollernschloss in Sigmaringen © Gerhard Pahl/Dr. Schütz Ingenieure

64

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

25 Lageplan © Dr. Schütz Ingenieure/Marcel Adam Landschaftsarchitekten


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

4.2 Bauwerksgestaltung Grundidee des Entwurfs war einerseits, die steinerne Innenstadt mit dem Bootshausplatz mittels einer »festen«, steinern wirkenden Brücke zu verbinden, ohne jedoch zu historisieren. Gleichzeitig entspricht die Brückenachse dem historischen Verlauf der Donau, der Teil des landschaftsarchitektonischen Konzeptes von Marcel Adam ist: Die Entwurfsidee ist ein trockenes Flusstal. Die Ausbildung des trogartigen Querschnitts stellt somit eine Reminiszenz dar, da hier Gewässer fließen könnte, zudem ließ sich so eine Minimierung der Rampenhöhe erreichen.

26 Querschnitt © Dr. Schütz Ingenieure

4.3 Tragkonstruktion und Herstellung Das Haupttragwerk bildet ein unsymmetrisch gelagerter semiintegraler Dreifeldrahmen mit Stützweiten von 11,00 m, 25,00 m, 19,00 m, der im Querschnitt trogförmig konzipiert ist. Eine der Besonderheiten des Tragwerkes stellt zudem seine Variabilität in den geometrischen Abmessungen dar. So verändert sich der Trogquerschnitt in Breite, Wandhöhe und -dicke, ebenfalls variabel sind seine lichte Weite und die Querneigungen der

Gehwegfläche. Die Bauhöhe entwickelt sich dabei von 0,80 m an den Widerlagern bis 1,70 m am stärkeren Pfeiler 2, folgt also sinnvollerweise den statischen Beanspruchungen. Die Nutzbreite beträgt 2,50 m am südöstlichen Ende (Stadtseite) und weitet sich ab dem stärkeren Pfeiler kontinuierlich bis auf 3,50 m am nordwestlichen Brückenende (Seite Bootshaus) auf.

27 28 29 Draufsicht, Längsschnitt, Ansicht © Dr. Schütz Ingenieure

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

65


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

30 31 Einhub des mittleren Fertigteils: Entwurf und Ausführung © Gerhard Pahl/Dr. Schütz Ingenieure

Die drei Felder des Überbaus wurden jeweils als Fertigteile ausgeführt und erst vor Ort mittels Ortbetonergänzungen zu einem Durchlaufrahmensystem verbunden. Der gesamte Überbau konnte dadurch in insgesamt drei Teilen mittels Kranmontage eingehoben werden Die Fahrbahnplatte zwischen den beiden seitlichen Trogwänden wurde mit einer symmetrischen Querneigung zur Fahrbahnmitte hin ausgebildet.

66

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

Der Überbau lagert auf zwei unterschiedlich konzipierten Flusspfeilern auf: Der näher am nordwestlichen Ufer gelegene »kleinere« Pfeiler wurde mit einer Dicke von nur 30 cm ausgebildet, der südöstlich angeordnete »breitere« Pfeiler ist hingegen mit 65 cm massiver. Letzterer ist zum einen derart gestalterisch stärker betont, zum anderen wurde dadurch bewusst ein Systemruhepunkt für Temperaturdehnungen erzeugt. Beide Pfeiler sind jeweils in

der Breite des Überbaus ausgeführt, der Übergang zwischen Überbau und Unterbauten konnte so versatzfrei hergestellt werden. Die Pfeilergründungen erfolgten flach auf dem tragfähigen Kiesbett der Donau.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

32 Bootshaus als Perspektive © Gerhard Pahl/Dr. Schütz Ingenieure

4.4 Zusammenfassung Am Bootshaus in Sigmaringen wurde eine eigenständige Geh- und Radwegbrücke über die Donau realisiert. Durch deren konstruktive Durchbildung konnte eine robuste, dauerhafte Tragstruktur gebaut werden, die gleichzeitig sehr kostengünstig war. Dies gelang durch den sinnvollen Einsatz von Fertigteilen, die kompetente Umsetzung durch die beteiligten Baufirmen sowie durch die Planung aus einer Hand. Durch die Art der Oberflächenbearbeitung wurde zudem ein einheitlicher Sichtbetoncharakter erreicht, der mit der Zeit über eine steinähnliche Anmutung verfügen soll.

33 Blick in Richtung Stadt © Gerhard Pahl/Dr. Schütz Ingenieure

Bauherr Stadt Sigmaringen, Tiefbauamt Entwurf und Gesamtplanung Dr. Schütz Ingenieure, Beratende Ingenieure im Bauwesen GmbH, Kempten Architektonische Beratung Architekt Christoph Pahl, Bingen Prüfingenieur Dr.-Ing. Frank Breinlinger, Tuttlingen Bauausführung Josef Hebel Bauunternehmen GmbH & Co. KG, Memmingen Lischma Betonwerke, Laupheim

Autor: Dipl.-Ing. (FH) Gerhard Pahl Dr. Schütz Ingenieure Beratende Ingenieure im Bauwesen GmbH, Kempten

Geh- und Radwegbrücken planen Donaubrücke Sigmaringen

DR. SCHÜTZ INGENIEURE

Beratende Ingenieure im Bauwesen GmbH

www.drschuetz-ingenieure.de

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

67


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Ästhetisch, individuell, detailbewusst

Fuß- und Radwegbrücke Stuttgart-Vaihingen von Stephan Engelsmann

Fußgängerbrücken werden anders als Straßen- und Eisenbahnbrücken vom Menschen unmittelbar erfahren. Gestaltung und Konstruktion bedürfen aus diesem Grund besonderer Aufmerksamkeit – vom Entwurfskonzept bis zum Detail. Standardlösungen können einem solchen Anspruch kaum gerecht werden. Der Neubau einer Fußund Radwegbrücke in StuttgartVaihingen zeigt beispielhaft Entwurfsprozesse und Detailausbildung für ein individuell konzipiertes Brückenbauwerk, dessen Form und Konstruktion abgeleitet sind aus der ganzheitlichen Verknüpfung von gestalterischen Überlegungen mit funktionalen, statisch-konstruktiven und fertigungstechnischen Randbedingungen. Brückenausrüstung und Detailpunkte sind mit großer Sorgfalt in das Gestaltkonzept integriert.

1 Fuß- und Radwegbrücke Hagelsbrunnenweg in Stuttgart-Vaihingen © Engelsmann Peters GmbH

1 Einleitung Das neue Brückenbauwerk (Bild 1) ist Teil einer Fuß- und Radwegverbindung zwischen den beiden Ortsteilen Dürrlewang und Rohr von Stuttgart-Vaihingen (Bild 2). Es ersetzt eine bis vor kurzem an gleicher Stelle vorhandene, abgängige Brückenkonstruktion und überquert die in diesem Bereich in einem Einschnitt gelegene zweigleisige S-Bahn-Verbindung in Richtung Flughafen sowie die zugehörigen Stützwand- und Böschungsbereiche (Bild 3).

68

3 Grundriss © Engelsmann Peters GmbH

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

2 Lageplan © Engelsmann Peters GmbH


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

4 Längsschnitt © Engelsmann Peters GmbH

2 Entwurf Nach Entwicklung, Visualisierung und Diskussion von konzeptionell und statisch-konstruktiv unterschiedlichen Alternativen entschieden sich die entwerfenden Ingenieure gemeinsam mit dem Auftraggeber für eine individuell konzipierte, aus den gegebenen Randbedingungen heraus entwickelte und der Planungsaufgabe angemessene Lösung. Weil eine auch nur geringfügige Beeinträchtigung des S-Bahn-Betriebs ausgeschlossen wurde und die neue Brücke mit möglichst kleinem technischem Aufwand in einem Stück eingehoben werden sollte, aber auch aus Gründen der Robustheit, wurde einer Stahlkonstruktion der Vorzug gegeben. Die Überbauoberkante des im Grundriss geraden Brückenbauwerks ist in der Ansicht gegensinnig geschwungen ausgebildet, um den Höhenunterschied von ca. 1,60 m zwischen den beiden Brückenenden ohne funktional und visuell störende Abknickungen aufzunehmen (Bild 4). Die Längsneigung des Brückenbauwerks ist in der Folge veränderlich (Bild 5). Das Tragwerk ließ sich unter Beachtung von Überbauverformungen und Sicherheitsräumen über den Lichtraumprofilen der S-Bahn unter dem Gehweg anordnen. Die Überbauunterkante nimmt an beiden Überbauenden die Horizontale auf, um die Brückenlager horizontal positionieren zu können. Der östliche Teil des Überbaus besitzt fortführend eine horizontale, der westliche Teil eine geneigte Überbauunterkante. Überbauoberkante und Überbauunterkante wirken optisch spannungsvoll zusammen.

Die nutzbare Brückenbreite (lichtes Maß zwischen den Handläufen des Brückengeländers) des 28 m langen Bauwerks misst 2,20 m, die maximalen Außenabmessungen inklusive Berührschutz betragen ca. 6,00 m. Der Überbau besteht im Querschnitt aus einem rechteckigen Oberteil, das den Gehweg bildet, und einem dreieckförmigen Unterteil mit in Richtung der beiden Überbauenden abnehmender Querschnittshöhe und Querschnittsbreite (Bilder 6 und 7).

5 Über die Brücke … © Engelsmann Peters GmbH

6 Querschnitt © Engelsmann Peters GmbH

7 Isometrie und Explosionszeichnung © Engelsmann Peters GmbH

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

69


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

8 Unterseite des Überbaus © Engelsmann Peters GmbH

Die maximale Bauhöhe ergibt sich in Feldmitte. In fertigungstechnischer Hinsicht bedeutsam ist der Umstand, dass Elementbreite und -höhe des unteren Querschnittteils dabei in gleichem Maße abnehmen. Dies hat den Vorteil, dass die Stege aus ebenen Blechen hergestellt werden können. Ergebnis dieser geometrischen und statisch-konstruktiven Überlegungen ist aber auch eine ungewöhnliche Untersicht (Bild 8). Eine besonders sorgfältige Detailausbildung und die Farbgebung leisten einen substantiellen Beitrag zur Gestaltqualität. Notwendige Bestandteile der Brückenausrüstung wie Brüstung und Berührschutz sind mit großem Einfühlungsvermögen in das Gestaltkonzept integriert. Der aus Sicherheitsgründen erforderliche Berührschutz über den Gleisen ist im vorliegenden Fall bewusst zu einem gestaltprägenden Element entwickelt worden, das in Form von seitlich angesetzten, gläsernen Flügeln das prägnante Erscheinungsbild der Brücke unterstützt (Bild 9). Das Farbkonzept betont durch farbliche Absetzung den eleganten Schwung des schlanken oberen Überbauteils und setzt in der überwiegend grünen Umgebung einen harmonisch wirkenden, trotzdem deutlich wahrnehmbaren Akzent.

3 Konstruktion Eine Vorgabe des Auftraggebers war, dass die bestehenden Brückenwiderlager des abgängigen Bauwerks aus Gründen der Wirtschaftlichkeit für die Auflagerung des Überbaus wiederverwendet werden sollten. Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit der Brückenwiderlager sowie der unterhalb vorhandenen Stützwände wurden über Lastvergleiche in Verbindung mit ergänzenden Berechnungen nachgewiesen. In den Bereichen der Brückenlager wurden die Widerlager mit Ergänzungen aus Konstruktionsbeton der Festigkeitsklasse C 35/45 versehen, die vor allem einen Höhenausgleich und die Krafteinleitung sowie eine bessere Abführung des Niederschlagswassers gewährleisten.

70

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

9 Perspektivische Ansicht mit Berührschutz © Engelsmann Peters GmbH

Der statisch bestimmt gelagerte Einfeldträger kann Temperaturverformungen in Brückenlängsrichtung über entsprechende Verschiebungen kompensieren, der Festpunkt befindet sich am östlichen Brückenwiderlager. Die Überbauform ist aus geometrischen Randbedingungen sowie Überlegungen zu Gestalt, Fertigung und Kraftfluss abgeleitet. Die 183 mm hohe und 3.000 mm breite Gehwegplatte, die den oberen Teil des Gesamtquerschnitts bildet, besteht aus einem mehrzelligen Hohlkastenquerschnitt mit beidseitig angeordneten Randkappen, die Teil des tragenden Querschnitts sind. Die seitlichen Aufkantungen dienen der Führung des Niederschlagswassers und der Befestigung der Geländer. Sie sind außenseitig aus geneigten Einzelblechen gefügt worden, um die Überbauoberkante in der Ansicht schlank erscheinen zu lassen. Die Querschnittshöhe des unteren Teils des Gesamtquerschnitts nimmt in Richtung der beiden Brückenenden ab. Die minimale Gesamtquerschnittshöhe im Bereich der Brückenwiderlager beträgt 450 mm, die maximale Gesamtquerschnittshöhe in Brückenmitte 1.240 mm. Innen liegend verläuft ein Zugband in Form eines Stahlbleches t = 50 mm entlang der Unterkante des dreiecksförmigen Unterteils. Der Hohlkasten wird im Querschnittsinneren durch in regelmäßigen Abständen angeordnete, offene Querschotte stabilisiert. Sie reduzieren in Verbindung mit den in Brückenlängsrichtung angesetzten Steifen die geometrischen Abmessungen der Beulfelder. Das Stahltragwerk ist fertigungstechnisch anspruchsvoll, aber sehr leistungsfähig.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Über den Brückenlagern befinden sich an beiden Überbauenden unterseitig Querträger mit veränderlicher Breite, die einen entscheidenden Beitrag zur Untersicht leisten. Torsionsbeanspruchungen werden vom Hohlkasten bis zu den Auflagerquerträgern abgetragen, und von diesen über die Lager in die Brückenwiderlager eingeleitet. In diesen konstruktiv anspruchsvollen und hochbeanspruchten Auflagerquerträgern erfolgt auch die Verankerung des Zugbandes. 4 Bemessung und Montage Die Nachweise der Tragsicherheit und der Gebrauchstauglichkeit erfolgten entsprechend DIN EN 1993. Das Brückenbauwerk wurde bemessen für die in den einschlägigen Normen bzw. DIN-Fachberichten angegebenen Einwirkungen. Neben Eigengewicht und Ausbaulasten wurden Verkehrslasten unter Berücksichtigung eines Dienstfahrzeugs, Schneeund Windlasten sowie Temperatureinwirkungen, Erdbebenbeanspruchungen und aerodynamische Einwirkungen aus Zugbetrieb angesetzt. Die Stabilitäts- bzw. Beulnachweise erfolgten über Berechnungen nach Theorie II. Ordnung unter Berücksichtigung einer entsprechenden Vorverformung der Bleche. In Ergänzung zu den statischen Berechnungen durchgeführte Schwingungsuntersuchungen ergaben, dass die Eigenfrequenzen der relevanten Eigenformen außerhalb des für Fußgängerbrücken kritischen Bereiches liegen. Die Fertigung des Überbaus erfolgte in einem Stück im Werk (Bild 10). Der Brückenkörper wurde in einem nächtlichen Straßentransport mit Sondergenehmigung auf die Baustelle gebracht. Die Tragkonstruktion des Berührschutzes wurde nachträglich vor Ort angeschweißt. Auch das Einheben der Brücke musste bei Nacht erfolgen, weil das Einschwenken des Überbaus in seine endgültige Position zwischen Fahrdrähten und Speiseleitungen der Bahn ausschließlich während der nächtlichen Betriebspause bei abgeschalteten Stromleitungen möglich war (Bild 11). Der Überbau wurde mit Hilfe von zwei mobilen Kränen innerhalb von nur zwei Stunden in die geplante Position gebracht.

10 Fertigung im Werk © Engelsmann Peters GmbH

5 Detailausbildung Der flügelartige, gläserne Berührschutz ist integraler Bestandteil des Gestaltungskonzepts (Bild 12). Die Tiefe der vom Überbau nach beiden Seiten auskragenden und nach unten geneigten StahlGlas-Konstruktion ist im Grundriss veränderlich. Sie deckt die vorgeschriebenen Schutzbereiche über den Fahrdrähten ab und verjüngt sich in Richtung der beiden Überbauenden. Die Verglasung wird von geschweißten, T-förmigen Stahlträgern mit unterschiedlichen Längen und veränderlicher Höhe getragen. Die beidseitig liniengelagerten Glasscheiben bestehen aus Verbundsicherheitsglas aus 2 x 6 mm TVG und sind über Pressleisten gehalten. Ein ergänzendes Gutachten bestätigte die Unbedenklichkeit der Konstruktion im Hinblick auf Glasbruch aus dynamischer Beanspruchung.

11 Brückenmontage bei Nacht © Engelsmann Peters GmbH

12 Brückengeländer und Berührschutz © Engelsmann Peters GmbH

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

71


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

13 Detailausbildung © Engelsmann Peters GmbH

Der Brückenüberbau ist mit einem rutschsicheren, reaktionsharzgebundenen Dünnbelag entsprechend ZTV-ING mit einer Schichtdicke von 5 mm ausgerüstet. Das anfallende Niederschlagswasser wird über das Gefälle in Brückenlängsrichtung zum tiefer gelegenen Brückenauflager geleitet und dort über das Brückenwiderlager in das Gelände abgeführt. Ein 1,30 m hohes Geländer mit einer ca. 1,00 m hohen Seilnetzfüllung bildet die seitliche Absturzsicherung für Radfahrer und Fußgänger (Bild 13). Pfosten und Holme der filigranen Geländerkonstruktion bestehen aus 20 mm dicken Stahlblechen. Das Edelstahlseilnetz mit einer Maschenweite von 60 mm x 104 mm wird von vorgesetzten Edelstahlrahmen aus Rundstahl d = 30 mm getragen. Auf den oberen Stab des Spannrahmens ist ein Handlaufprofil aus Edelstahl aufgesetzt.

14 Blick von Norden: Fuß- und Radwegbrücke nach Fertigstellung © Engelsmann Peters GmbH

6 Schlussbemerkung Der neue Fußgängersteg zeigt, dass es auch bei kleinen Bauaufgaben mit bescheidenem Kostenrahmen gelingen kann, individuell konzipierte und gestalterisch hochwertige bauliche Lösungen zu finden (Bild 14). Voraussetzung ist ein ganzheitlicher Entwurfsprozess, bei dem die Aspekte Gestaltqualität, Tragwerkslogik und fertigungsgerechtes Konstruieren von Planungsbeginn an Berücksichtigung finden. Für das Erscheinungsbild von großer Bedeutung ist eine sorgfältige Detailplanung, die auch die Brückenausrüstung umfasst. Autor: Prof. Dr.-Ing. Stephan Engelsmann Engelsmann Peters Beratende Ingenieure GmbH, Stuttgart

72

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

Bauherr Stadt Stuttgart, vertreten durch das Tiefbauamt Objektplanung (LPH 1–5) Engelsmann Peters Beratende Ingenieure GmbH, Stuttgart Objektplanung (LPH 6–9) Tiefbauamt Stuttgart Tragwerksplanung Engelsmann Peters Beratende Ingenieure GmbH, Stuttgart Prüfingenieur Dr.-Ing. Bernd-Friedrich Bornscheuer, Stuttgart Bauausführung Stahlbau Urfer GmbH, Remseck


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Beleuchtungs- und Gestaltungskonzept

»Neckarauer Übergang« in Mannheim von Harald Thiele

Der neue »Neckarauer Übergang« zeigt mit seiner eleganten Konstruktion aus leicht geschwungenen Fachwerkträgern an Mannheims zentralster Nahtstelle, dass Verkehrsbrücken mehr sein können denn nur nüchterne Zweckbauten. Ein Dreiklang aus Farbe, Oberfläche und Licht sucht und findet eine im besten Sinne einfache Lösung im Selbstverständlichen und entfaltet in der Nachtwirkung eine archetypische Kraft der Inszenierung des Tragwerks in Licht und Schatten in einer fast barocken Dramaturgie von Plastizität. Die Entscheidung, nicht zwischen Funktions- und gestalterischer Bauwerksbeleuchtung zu unterscheiden, sondern alle Beleuchtungsaufgaben auf wenige »hybride«, auf die Tragwerksgeometrie abgestimmte Lichtpunkte zurückzuführen, konzentriert das Licht aller Beleuchtungsaufgaben komplett in das Tragwerk und folgt Antoine de Saint-Exupérys Credo der Reduktion: »Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern nichts mehr weglassen kann.« Besonders in der Nachtwirkung schafft die neue »Gelbe Brücke« so einen Orientierungspunkt im von Verkehrsanlagen dominierten Stadtraum für Auto- und Bahnreisende wie auch Fußgänger und Radfahrer auf ihrem Weg und ist ein Signet für das aktuelle städtebauliche Entwicklungsprojekt »Glücksteinquartier« direkt am Mannheimer Hauptbahnhof geworden.

1 Erscheinungsbild der »Gelben Brücke« bei Nacht © Harald Thiele/Stadt Mannheim

1 Stadt an zwei Flüssen und drei »Strömen« Neben den Flüssen Rhein und Neckar prägt die Bahntrasse als dritter »Strom« Mannheim und trennt insbesondere dessen Mitte und seinen Süden durch imposante Bahnanlagen, speziell im Bereich zwischen Rangierbahnhof und Hauptbahnhof. Die Pläne für einen Ersatzneubau des »Neckarauer Übergangs« kamen in den 1990er Jahren auf. Massive Kriegsschäden aus dem Zweiten Weltkrieg ließen auch nach der Instandset-

zung des von 1935 stammenden Bauwerks in den 1950er Jahren nur eine eingeschränkte Belastung zu, und durch Korrosionsschäden wurden zunehmend stärkere Beschränkungen unumgänglich – für die zentralste Verbindung zwischen Mannheim-Mitte und -Süd in Bahnhofsnähe mit ca. 60.000 Nutzern, Fuß- und Radverbindung und Stadtbahntrasse kein dauerhaft akzeptabler Zustand.

2 Lage des Brückenbauwerks © Stadt Mannheim

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

73


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

3 Ansicht © Stadt Mannheim

2 Die neue Brücke Ab 2001 wurden die Planungen konkret. In einer Art Werkstattkonzept berieten sich Bauherren und Experten. Für den Brückenentwurf und eine Gestaltungsberatung wurde das Frankfurter Architekturbüro Albert Speer & Partner eingebunden. Die Lösung hatte sehr komplexen Anforderungen gerecht zu werden. Unter der Brücke musste das Lichtraumprofil für die Hochgeschwindigkeitstrassen der Deutschen Bahn erhöht werden, was durch einen Bogenstich der Fahrbahnen gelöst werden konnte, ohne Rampen und Widerlager noch mehr erhöhen zu müssen als unumgänglich. Der Bau über die 14-gleisige Bahntrasse mit geringen Einschränkungen des Bahnverkehrs wollte bedacht werden, die Untertunnelung der Gleise mit dem Fahrlachtunnel schränkte statisch Montagezwischenzustände stark ein. Aus stadtgestalterischer Sicht war an dieser Stelle keine starke Höhenentwicklung des Tragwerkes gewünscht, da die verbindende Wirkung betont werden sollte. Aus vielen Ansätzen, Tragwerkssystemen und Skizzen kristallisierte sich die Variante der beiden V-Fachwerkträger mit leicht gebogenen Obergurten als die funktional, technisch und gestalterisch überzeugende Lösung für die Spannweite von fast 100 m heraus.

4 Entwurfsskizze © Albert Speer & Partner GmbH

3 Eine Brücke ist eine Brücke ist eine… Die baugestalterischen Überlegungen waren zunächst klassisch orientiert: Widerlager mit ortstypischem Buntsandstein, Tragwerk in dezenter Farbgebung, vielleicht in Blau, diverse mögliche Effektbeleuchtungsvarianten. Ein wichtiger Impuls kam aus einer bürgerschaftlichen Arbeitsgruppe, die sich längere Zeit mit möglichen Elementen einer Brückengestaltung beschäftigte. Von Blumenschmuck über Flaggen bis hin zu bildhauerischen Brückenfiguren wurden viele Möglichkeiten diskutiert und verworfen. Abschließend formulierte die Gruppe nur den einen Wunsch an die Gestaltung: Die Brücke solle gelb werden. Ein Vorschlag, der sofort polarisierte und Ablehnung oder Zustimmung herausforderte. 4 Gelb soll sie werden! Verwaltungsseitig war klar, dass man diesem Wunsch entsprechen wollte, aber auch, dass das gesamte Gestaltungskonzept an ein gelbes Tragwerk angepasst und moderner werden sollte. Für die Widerlagerverblendung wurde ein graublauer Muschelkalk gefunden, das gesamte Leitbild wurde insgesamt reduzierter, moderner und im guten Sinne einfacher. Der gelbe Farbton selbst bereitete einiges Kopfzerbrechen.

74

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

Aus funktionalen und gestalterischen Gründen war eine einfache Lackierung kaum möglich. Aus bauästhetischen und funktionalen Aspekten war eine matte Oberfläche erwünscht, die aber kaum ein wirklich »schönes« Gelb ermöglichte, aus technischen und farbästhetischen Gründen eher eine Hochglanzlackierung in Autolackqualität. Doch es fand sich eine interessante Alternative, die Schlüsselfrage war: Warum gibt es eigentlich keinen gelben Eisenglimmerlack?

5 Bemusterung … © Oliver Sachs/Stadt Mannheim


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

5 Wie gewinnt Farbe Materialität? Für die Realisierung wurde ein spezieller eisenglimmerhaltiger Lack in gelbem Farbton auf Basis des RAL-Farbtones »Zinkgelb« entwickelt. Der Glimmeranteil ist geringer als bei den bekannten DB-Eisenglimmerlacken, findet aber eine angenehme Balance zwischen Farbigkeit und Materialität. Dadurch konnte eine matte und diffus-reflektierende Oberfläche erzielt werden, die in mehrfacher Hinsicht wichtig ist. Die materielle Wirkung des massiven Tragwerkes bleibt damit präsent, denn das Gelb wird vom reinen Farbauftrag zur Materialoberfläche. Es werden Glanzreflexe und kritische Signaltäuschungen zur Bahntrasse vermieden. Andererseits entsteht eine Farbe mit hoher Standfestigkeit, Farbtreue und UV-Stabilität. Die größte Wirkung erzielt dieser glimmerhaltige Lack aber als elementarer Bestandteil des nächtlichen Lichtkonzeptes. 6 Die Nachtwirkung sollte kein »Luxus« sein Von Anfang an war klar, dass die neue Brücke auch in der Nachtwirkung in Szene gesetzt werden sollte. Die Suche nach dem passenden lichtgestalterischen Konzept war allerdings nicht so einfach. Einerseits wurde, auch schon ohne eine konkrete Lösung in Sicht, immer wieder die Frage nach dem erforderlichen bzw. vertretbaren investiven Umfang und damit verbundenen Unterhaltungsaufwand gestellt, anderseits hatten wir von Anfang an ein Unbehagen gegen einen Schalter mit der Aufschrift »Luxus«. Schnell ist in Zeiten angespannter Haushaltslagen eine Entscheidung gefällt, die vermeintliche Brückeneffektbeleuchtung doch einmal abzuschalten, und die Unterhaltung solcher Anlagen genießt in der Praxis bestenfalls zweite Priorität gegenüber der »Pflichtbeleuchtung«. Im Hinterkopf wünschten wir uns also bereits eine andere, besondere Lösung, ohne dies konkreter fassen zu können.

6 Eisenglimmerhaltiger Lack in gelbem Farbton © Norbert Gladrow/Stadt Mannheim

7 (Pflicht-)Beleuchtung mit Effekten als Mehrwert © Norbert Gladrow/Stadt Mannheim

7 Die Zeit, sich kurzzufassen »Leider hatte ich nicht die Zeit, mich kurzzufassen«, beschrieb Johann Wolfgang von Goethe zutreffend den Prozess, Dinge nicht auf den Punkt bringen zu können. Dies traf zum Glück nicht für uns zu. Zunächst sahen wir uns aber auf genau dieser Spur. Die Vorschläge für die Beleuchtung teilten in die Beleuchtungsaufgaben auf: 1. Fahrbahn, 2.Geh- und Radweg und 3. Schmuckbeleuchtung. Während die

Pflichtaufgaben schnell in den Bereich des Machbaren kamen, blieben die Vorschläge für die Schmuckbeleuchtung unwägbar. Varianten von Minimal bis Premium, alle im Konjunktiv, allerdings mit jeweils beeindruckenden Zahlen für die Lichtpunkte, die gesamte Anlagenleistung und die Erstellungskosten, aber wenig Klarheit über die tatsächliche gestalterische Wirkung.

8 Lichtsimulation © DB International GmbH

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

75


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

9 »Tagwirkung« des oben liegenden Fachwerks © Norbert Gladrow/Stadt Mannheim

8 Eine Intuition wird Programm Die Vorschläge bekräftigten uns im Gefühl, dass es einen anderen Weg geben müsse, und die Defizite der Konzepte halfen beim Erkenntnisgewinn. Licht war dort, wo wir gar keines brauchten, beispielsweise auf der Stadtbahntrasse. Es zeigten sich zudem jeweils unkontrollierte Effekte durch Streulicht am Tragwerk, und die Schmuckbeleuchtung müsste nicht nur gegen Fremdlichteinträge bestehen, sondern gegen die eigene Funktionsbeleuchtung auf der Brücke »ankämpfen«. Die Chancen des Neubaus gegenüber einer nachträglichen Schmuckbeleuchtung schienen ungenutzt. Mit diesem Wissen konnten wir eine Produktskizze für die Beleuchtung beschreiben. 9 Weder Pflicht noch Kür Als erste Prämisse formulierten wir, dass die Funktionsbeleuchtung bereits kontrollierte Effekte im Tragwerk erzeugen und auch eine Grundbeleuchtung für die Inszenierung mitliefern solle. Zweite Prämisse war, das Licht auf die Bereiche Geh- und Radweg sowie Fahrbahn zu konzentrieren. Es zeigte sich schnell, dass diese Zielklarheit einen Durchbruch brachte. Die funktionale Beleuchtung wird so schon zur Anstrahlung des Tragwerkes verwendet und lediglich um wenige Effekt-Strahler am Obergurt ergänzt. Diese erhöhen wahrnehmungspsychologisch das Sicherheitsgefühl und Helligkeitsempfinden durch die sichtbaren Lichtquellen auf dem Geh- und Radweg. Auf diese Weise konnte mit konventioneller Technik mit wenigen Lichtpunkten eine sehr energieeffiziente, unterhaltungsfreundliche und dennoch kraftvolle nächtliche Inszenierung erreicht werden.

76

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

10 Ergänzte Grundbeleuchtung zur Inszenierung © Norbert Gladrow/Stadt Mannheim

10 Lob des Schattens Jun‘ichiro Tanizaki schreibt in seinem Essay »Lob des Schattens« viel über Oberflächen und Materialien und deren Ästhetik im Halbdunkel traditioneller japanischer Räume. Das Beleuchtungskonzept des »Neckarauer Überganges« folgt diesem Leitgedanken. Die barocke Nachtwirkung mit starkem Licht-undSchatten-Spiel ist Kalkül, um die plastische Wirkung des Tragwerkes zu betonen. Möglich ist das Konzept aber nur mit der

11 12 Lichtbemusterung am Bauwerk © Oliver Sachs/Stadt Mannheim

hellen und diffus reflektierenden Oberfläche, die selbst in den Schattenzonen immer noch gerade wahrnehmbar bleibt. Erst eine Lichtbemusterung, noch am alten Tragwerk, überzeugte nicht nur Zweifler, sondern zeigte, wie stark dieses gestalterische Mittel greift, wenn Farbe und Oberfläche bewusst miteinbezogen werden. Das Eisenglimmer-Gelb zeigte sich dabei als Glücksgriff für die Realisierung dieses Beleuchtungskonzepts.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

11 Das Wesen der Reduktion Zusammenfassen, Vereinfachen und Weglassen wurde das Thema für ein Lichtkonzept, das im Denken nicht zwischen Schmuck- und Funktionsbeleuchtung unterscheidet. Damit folgten wir nun dem Credo Antoine de SaintExupérys: »Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern nichts mehr weglassen kann.« Das »hybride« Konzept, die Haltung, weder Pflicht noch Kür in den Beleuchtungsaufgaben zu sehen, schlägt sich darin nieder, dass die Funktionsbeleuchtung nicht mit Straßen- und Wegeleuchten, sondern mit Spotoptiken realisiert wurde. Dennoch zeigen die Berechnungen für die »Pflicht« hervorragende Werte, bei vergleichbarer Anlagenleistung: »sehr hell, sehr gleichmäßig«. Pro Träger sind 17 iGuzzini MaxiWoody Spots à 35 W in Knoten und Feldmitten eingesetzt, ergänzend 18 iGuzzini MiniWoody Spots à 20 W in den Knoten zur Obergurtbeleuchtung, alle jeweils mit HIT-D bestückt.

13 Realisierung mittels Spotoptiken © Klaus Brand

12 So einfach wie möglich »So einfach wie möglich, koste es, was es wolle« … Ludwig Mies van der Rohes Worte wirken widersprüchlich, sind es aber nicht. Nicht alles Einfache ist wirklich einfach. Während im Gestaltungslager die Begeisterung stieg, mehrten sich die Sorgenfalten bei den Tragwerksplanern. Die Entscheidung, mit der Beleuchtung ins Tragwerk zu gehen, ließ eine Kabelführung »auf Putz« oder außerhalb nicht

mehr zu. Es wurde erforderlich, dafür Leerrohre ins konstruktive Tragwerk zu integrieren. Diese mussten nicht nur gasdicht angeschlossen werden, es bedurfte auch etwas geometrischer Knobelei, um durch die Knotenpunkte mit diversen Stegblechen zu kommen. Letztendlich stellte sich aber alles einfacher dar, als am Anfang eingeschätzt.

14 Integration der Beleuchtung © Norbert Gladrow/Stadt Mannheim

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

77


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

15 Rampenbereich: hochwertige Lärmschutzanlage © Norbert Gladrow/Stadt Mannheim

13 Gestaltung schafft Orte Die Entscheidung für die »mutige« und kräftige Farbgebung hat hier mittlerweile, seit Fertigstellung der Brücke im Jahr 2010, einen »bunten« und besonderen Ort geschaffen und weitergewirkt. Die Lärmschutzanlage im Rampenbereich wie auch künstlerische Wandgestaltungen an Verkehrsbauwerken im Umfeld zeigen im Zusammenspiel, dass durch Verkehr und Funktionalität geprägte Orte nicht zwangsläufig die übliche Tristesse ausstrahlen müssen, wenn man immer neue Möglichkeiten und Chancen zur Gestaltung sucht und wahrnimmt. Autor: Dipl.-Ing. Architekt Harald Thiele Leiter des Sachgebiets Stadtgestaltung Fachbereich Stadtplanung Stadt Mannheim

Bauherren Stadt Mannheim MVV Verkehr AG, Mannheim RNV GmbH, Mannheim Beteiligte DB Netz AG, Mannheim

Tragwerksentwurf und Gestaltungsberatung Albert Speer & Partner GmbH, Frankfurt am Main

Projektleitung MVV Verkehr AG, Mannheim

Planung, Oberbauleitung und Bauüberwachung DB International GmbH, Berlin und Stuttgart Obermeyer Planen + Beraten GmbH, Karlsruhe Ingenieurbüro Thomas Müller, Mannheim

Bauherrenvertretung Stadt Mannheim Projektleitung: Oliver Sachs, Fachbereich Tiefbau Baugestaltung: Harald Thiele, Fachbereich Stadtplanung Lichttechnik und Straßenbeleuchtung: Gerhard Ulrich i.R., Fachbereich Tiefbau

78

16 17 Künstlerische Wandgestaltungen im Umfeld © Norbert Gladrow/Stadt Mannheim

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

Prüfstatik Dipl.-Ing. Josef Steiner, Mannheim

Bauausführung Bilfinger SE, Mannheim Bilfinger Achatz GmbH, Mannheim und Wiesbaden Donges SteelTec GmbH, Darmstadt Fahrleitungs- und Oberleitungsanlagen SPL Powerlines Germany GmbH & Co. KG, Forchheim Eisenbahntechnische Zusammenhangsarbeiten DB Projektbau GmbH, Mannheim DB Telematik GmbH, Frankfurt am Main


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Neugestaltung einer Geh- und Radwegbrücke

Der »Kleinfeldsteg« in Mannheim von Alfred Krill, Hans Jakel, Uwe Knappschneider

Im Rahmen der städtischen Maßnahme »Glückstein-Quartier Mannheim« wird der Bereich südlich des Mannheimer Hauptbahnhofes großflächig umgestaltet. Dabei wird die bestehende Südtangente zu den verbleibenden Gleisen der Bahnanlage hin verlegt und gleichzeitig die Fußgänger- und Radfahrbrücke »Kleinfeldsteg« umgestaltet. Nach der 2011 durchgeführten Mehrfachbeauftragung zum Entwurf einer neuen barrierefreien Fuß- und Radwegquerung über die Gleise und die neue Südtangente wurde nun der erste Preis im Bereich der Rampe Süd und Querung der B 36 realisiert. Ein zweiter Bauabschnitt, der Umbau der bestehenden Brückenkonstruktion über den Gleisen mit neugestaltetem Berührschutz und dritter Bauabschnitt über die B 37, ist in der Vorplanung und wartet auf die Umsetzung.

1 2 Bestandssituationen südlich des Hauptbahnhofs Mannheim © Stadt Mannheim

1 Entwurf Auszug aus dem Preisgerichtsprotokoll: »Der Entwurf zeichnet sich durch die konsequente Fortführung der Bestandskonstruktion in die Rampenbauwerke aus. Die schlanken, unauffälligen Stahlstützen der Rampen erhalten dem Brückenbauwerk seine Eleganz.

Den Verfassern gelingt es in hervorragender Weise unter Einbeziehung des Bestandes ein in sich stimmiges und harmonisches Bauwerk, einen Brückenschlag zwischen den Stadtteilen zu gestalten. Die differenzierten Anforderungen an die Aufgaben werden subtil mit minimalem Aufwand gelöst.«

3 Assoziationen von »Leichtigkeit« © Hans Jakel

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

79


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

4 Lageplan als Wettbewerbsbeitrag © Hans Jakel

Das Bauwerk besitzt eine nutzbare Mindestbreite von 3,50 m und ist damit im Rampenbereich für 120 Fußgänger und Radfahrer je Spitzenstunde nach ERA [1] ausgelegt. Die Rampe muss sowohl für Radfahrer als auch für Fußgänger barrierefrei nutzbar sein. Die Träger des Überbaus sind geradlinig gewählt. Im Grundriss besteht die Achse aus drei Geradenstücken und schneidet die Achse der Südtangente mit 116,40 gon. Das Lichtraumprofil unterhalb der neuen Rampe wird für die Südtangente auf 34,10 m Breite mit 4,70 m Höhe eingehalten. 2 Anforderungen an die Barrierefreiheit Die Brückenachse ist im Aufriss gemäß DIN 18040 [2] durch die Rampenneigungen von 6 % mit Mindestpodestlängen von 1,50 m bestimmt. Bei der erforderlichen Gesamtlänge zur Überwindung des Höhenunterschiedes von 7,90 m entstehen damit 21 Podeste mit 1,50 % Gefälle und 22 Rampenstücke bis zu 6,00 m Länge. Die Gesamtlänge der Rampe ist, in der Achse gemessen, 157 m. Die Rampe ist in erster Linie für die Anforderungen der Barrierefreiheit dimensioniert. Dies steht teilweise im Widerspruch zur Radwegnutzung, denn zur optimalen Ausbildung für Radfahrer wäre bei dieser Rampenlänge eine Neigung von nur 4,70 % [1] zulässig, während auf die Podeste verzichtet werden könnte. Des Weiteren hätte die Ausführung nach ERA [1] eine längere Rampe und damit zusätzlichen Platz erfordert, der hier nicht zur Verfügung steht.

80

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

5 Anordnung von Podesten im Rampenbereich © Alfred Krill

Zur Erzielung der erforderlichen Rampenlänge wurde ein geknickter Verlauf der Rampenachse gewählt. Um dabei den Radfahrern und auch dem Räumfahrzeug ausreichend große Kurvenradien zu er-

möglichen, sind an den Knicken entsprechende Aufweitungen berücksichtigt, die gleichzeitig die Rampe großzügig erscheinen lassen.

6 7 Geknickter Verlauf der Brücke mit Aufweitung in den Knicken © Alfred Krill/Hans Jakel


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN Im Anstiegsbereich muss gemäß [2] auf ein Quergefälle der Rampe verzichtet werden, damit Rollstuhlfahrer nicht seitlich abdriften. Für die Entwässerung sind deshalb Querrinnen erforderlich, die über den ganzen Querschnitt verlaufen. Die Bestandsbrücke, die kein wesentliches Längsgefälle aufweist, ist seinerzeit mit Quergefälle und Wassereinläufen in der Brückenmitte ausgestattet worden. Für den behindertengerechten Ausbau sind Radabweiser in einer Höhe von 10 cm oberhalb der Lauffläche angeordnet. Zusätzlich sind beidseitige Handläufe in einer Höhe von 85–90 cm mit einem Durchmesser von 42 mm angebracht, die auch über die Podeste hinweg geradlinig verlaufen, so dass deren Höhe über der Lauffläche leicht variiert. 3 Tragkonstruktion Das statische System der Rampe ist ein Durchlaufträgerbalken als Stahltrog mit orthotroper Platte. Er ist dem Überbau des bestehenden Steges angepasst, um die Einheit der gesamten Brücke zu betonen. Im Anfangsbereich der Rampe würde ein Überbau nicht ausreichend hoch über dem Gelände liegen, so dass die Brücke erst dort beginnt, wo sie mit der Unterkante ca. 2,50 m über dem Gelände liegt. Bis zum Widerlager dort ist die Rampe als Damm ausgeführt. Die seitlichen Träger des Überbaus besitzen aus optischen Gründen und wegen der einfacheren Herstellung eine linear veränderliche Konstruktionshöhe von Knickpunkt zu Knickpunkt. Dadurch entstehen im lotrechten Querschnitt durch den Überbau unterschiedlich hohe Längsträger, die aber dem Nutzer optisch nicht auffallen. Unterhalb der 10 mm dicken orthotropen Platte sind Querträger zur Aussteifung angeordnet, durch welche die Längsentwässerung in der Mitte durchgeführt werden muss. Um dafür genügend Platz zur Verfügung zu haben, ist auch die Brückenunterseite teilweise mit wechselndem Quergefälle konzipiert. Die entstehenden Verwindungen müssen im Wesentlichen nur von den Verkleidungsblechen aufgenommen werden, die Lauffläche des Überbaus ist bis auf sehr kurze Bereiche vor den Knicken ohne jede Verwindung. Die statische Höhe des Überbaus beträgt über der Südtangente wie bei der Bestandsbrücke ca. 1,80 m. Damit besitzt er eine Schlankheit von 1:25. Im Gegensatz zu dem Bestandsträger wird der neue Überbau in S 355 ausgeführt. Als Belastung ist die Regelverkehrslast für Fuß- und Gehwegbrücken nach DINFachbericht 101 und das Lastbild eines

8 Blick auf das Widerlager mit eingespanntem Überbau © Alfred Krill

Streufahrzeuges angesetzt, für die Bauwerksstützen sind Anpralllasten gemäß DIN 1055 Teil 9 berücksichtigt. Die Stützen besitzen jeweils einen Abstand von mindestens 3,00 m zur Bordschwelle des Geh- und Radweges. Die Besonderheit der Brücke aus statischer Sicht besteht in der Ausführung als semiintegrales Bauwerk. Es wurde dabei die Grundidee aus [4] aufgenommen, trotz erforderlicher Übergangskonstruktionen in allen Achsen auf Lager zu verzichten. Gemäß [3] sind die integralen Brücken so definiert, dass alle Bauteile monolithisch verbunden sind. Semiintegrale Brücken sind diejenigen, die mindestens zwei eingespannte Stützen aufweisen und keine integralen Brücken sind. Hier ist der Überbau im Widerlager und allen Stützen eingespannt, womit der sonst übliche Inspektions- und War-

tungsaufwand für die Lager entfallen. Der Festpunkt der Brücke wird vom Widerlager gebildet, in welches der Stahlüberbau mit Kopfbolzendübel monolithisch einbindet. In der Untersicht zeichnet sich das Bauwerk durch die schlanken Einzelstützen aus, welche die Sicht der Verkehrsteilnehmer nur minimal beeinträchtigen. Gleichzeitig erzeugen diese Stützen unter Temperaturbewegungen des Überbaus lediglich geringe Zwangskräfte, die im Widerlager gesammelt werden. Zur Aufnahme der gesamten Zwängungskräfte am Festpunkt ist eine entsprechend große Auflast des flach gegründeten, 9,00 m x 10,00 m messenden Fundamentes durch die Rampe hinter dem Widerlager erforderlich; dafür steht eine Dammhöhe von 3,50 m über dem Fundament zur Verfügung.

9 Schlanke Stützen mit monolithischer Verbindung © Klemens Ortmeyer

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

81


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

Zu Inspektionszwecken muss trotz der Verkleidung die Zugänglichkeit der Stahlkonstruktion gewährleistet bleiben. Teilweise ist ein Kriechgang innerhalb der Verkleidung vorgesehen, in den darüber nicht zugänglichen Bereichen sind die Verkleidungsplatten zur Inspektion von außen in der Nut schraubbar montiert. Die Anordnung der Verkleidung führt dazu, dass alle außenliegenden Stahlteile des Überbaus nicht bewittert sind, so dass für den üblichen Korrosionsschutz nach ZTV-ING eine lange Lebensdauer erwartet werden kann.

10 Federlamellen beim Übergang zum Bestandsbauwerk © Alfred Krill

Wegen der großen Stützenkopfbewegungen im Bereich der Übergangskonstruktionen ist deren Ausbildung mit Federlamellen gestaltet. Die Dimensionen dieser Federlamellen bestimmen sich über den zu führenden Knicknachweis für die maximalen Auflasten bei entsprechender Auslenkung. Durch die Wahl der Federlamellen wird insbesondere der Anschluss an das Bestandsbauwerk in S 235 sehr einfach, die auftretenden Biegemomente und Spannungen bleiben gering. Die Stützen, die näher am Festpunkt liegen und somit kleinere Kopfbewegungen ertragen müssen, sind mit einer einfachen umlaufenden Schweißnaht angeschlossen. Der Anschluss der Stützen an die Stahlbetonfundamente erfolgt über einen Stahlbetonköcher, der bis wenige Dezimeter über das Gelände geführt ist. Um das Eindringen von Wasser in die Übergangsfuge zu verhindern, ist dort ein runder Stahlkragen angebracht.

Wegen der gleichzeitigen Wirkung von Horizontallasten mit geringer Auflast aus der Brücke wird eine Gründung gewählt, die genügend tief in den Baugrund einbindet, um eine große ständig wirkende Auflast ansetzen zu können. Die Gründungssohle der Fundamente liegt hier 2,00 m unterhalb der Geländeoberkante. 4 Berührschutz Der über der Bahn bestehende Kleinfeldsteg besitzt einen vertikalen Berührschutz, der bereits erheblich durch Graffiti verschmutzt ist. Hier ist für die Zukunft eine horizontale Ausbildung vorgesehen, die dann optisch nahtlos an den gewählten Berührschutz der neuen Rampe anschließt. Auch wenn die neue Rampe über der Straße keinen Berührschutz erfordert, sind die Stahlwangen sowie die Unterseite des Troges mit Aluminiumplatten verkleidet, so dass der Überbau sehr schlank erscheint.

11 12 Geplanter Berührschutz an der bestehenden Brücke mit Sichtfreiheit © Hans Jakel

82

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

5 Übergangskonstruktion Am Widerlager der Brücke ist keine Übergangskonstruktion erforderlich, da hier bei der Ableitung der Horizontalkräfte nur sehr kleine Bewegungen in der Oberkante der Fahrbahn zwischen der Brückenfläche aus Stahl, Widerlagerbeton und Erdkörper erwartet werden können. Jedoch am Übergang zur Bestandsbrücke ist eine zweilamellige Übergangskonstruktion für Fußgängerbrücken erforderlich, die seitlich auch an den Wangen hochgezogen wird. Es wurde eine Bandprofil-Konstruktion mit einer verschlossenen Oberfläche des Bewegungsspaltes gewählt, die aktuell aber noch nicht eingebaut ist. Zur Dimensionierung der Übergangskonstruktion wurden die Bewegungen des Bestandsüberbaus mit einem Abstand von 89,00 m zum Festpfeiler und die Bewegungen der neuen Rampe vektoriell addiert. Die Gesamtdilatation von 170 mm mit einer Querbewegung von 21 mm bedingt eine zweiteilige Übergangskonstruktion, deren Mittelprofil verschieblich auf einer Traverse aufliegt.


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

6 Bauablauf Zunächst wurde eine Hilfsbrücke neben dem bestehenden Überbau hergestellt, so dass die vorhandene Brücke gekürzt werden konnte, wobei sich der Fußgängerverkehr durch einen provisorischen Übergang kontinuierlich aufrechterhalten ließ. Nach Herstellung der Betonrampe begann die Montage des Überbaus auf den fertigen Stützen feldweise am Widerlager. Der Einhub des Schlussstücks erfolgte kurz nach dem Entfernen des Hilfssteges, so dass der Fuß- und Radfahrverkehr kaum unterbrochen werden mussten. Der Einbau der seitlichen und unteren Verkleidung erfolgte teilweise bereits vor dem Einhub, die Restbereiche sind mittlerweile unter Betrieb der Brücke montiert.

13 Stahlüberbau beim Einhub © Alfred Krill

7 Beleuchtungskonzept Ziel des Beleuchtungskonzeptes ist es, den Brückenkorpus punktuell herauszuarbeiten und so der neuen Brückenskulptur eine gewisse Fernwirkung zu verleihen. Um die starke und lineare Wirkung des Bauwerks nicht zu beeinträchtigen, sind die Lichtelemente für die Funktionalbeleuchtung in die Handläufe integriert.

Es wurde eine einseitige Anordnung der Lichtquellen gewählt, die im Verlauf des Stegs mehrfach wechselt. Die Führung durch Licht wird dabei durch die Anordnung unterstützt.

14 15 LED-Linie: Einbau im Handlauf und der Verkleidung © Uwe Knappschneider

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

83


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

16 Unterseite der neuen B-36-Querung nach Fertigstellung © Klemens Ortmeyer

Die mittlere Beleuchtungsstärke wurde mit ca. 10 lx errechnet, wobei überall eine Mindestbeleuchtungsstärke von 2 lx eingehalten wird. Der helle Belag begünstigt durch seine hohe Reflexion den hellen und sicheren Eindruck. Als Lichtquellen sind LED-Produkte der Firma Insta vom Typ Ledlux zum Einsatz gekommen, deren Leistungsaufnahme 3,60 W/m beträgt. Die Linien wurden in Metallprofile und Handläufe integriert, die Leitungen zwischen den Linien werden im Handlauf geführt. Insgesamt sind ca. 500 m Linie projektiert. Es werden jeweils 20 m Lichtlinie mit einem Betriebsgerät versorgt. Die Betriebsgeräte sind in Revisionsöffnungen der Brückenwangen untergebracht, in diesen Hohlräumen verläuft auch die Hauptzuleitung. Für die Anstrahlung des Brückenkorpus selbst wurden LED-Flächenstrahler Neos 2 der Firma Schréder zur Montage an den Stützen gewählt mit einer Leistungsaufnahme von je 100 W. Autoren: Dr.-Ing. Alfred Krill Ingenieurgruppe Bauen, Karlsruhe Freier Architekt Hans Jakel GJL Architekten BDA, Karlsruhe Dipl.-Ing. Uwe Knappschneider licht raum stadt planung gmbh, Wuppertal

84

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

17 Blick von der Brücke in Richtung Osten © Klemens Ortmeyer Bauherr Stadt Mannheim Objektplanung Ingenieurbauwerk IGB Ingenieurgruppe Bauen, Karlsruhe Objektplanung Architektur GJL Architekten BDA, Karlsruhe Tragwerksplanung IGB Ingenieurgruppe Bauen, Karlsruhe Werkstattplanung Mühlbauer Stahl + Metallbau GmbH, Furth im Wald

Literatur [1] Empfehlungen für Radverkehrsanlagen ERA R2. Hrsg. v. Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen e.V. Köln 2010. [2] DIN 18040-1:2010-10: Barrierefreies Bauen. Planungsgrundlagen, Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude. [3] RE-ING, Teil 2 »Brücken«, Abschnitt 5 »Integrale Bauwerke«. Entwurfsfassung, September 2013. [4] Bayerische Ingenieurekammer-Bau (Hrsg.): Entwurf einer Straßenbrücke nach ganzheitlichen Wertungskriterien. Verlagsgruppe Wiederspahn, Wiesbaden 2011.

Ausführungsplanung Konstruktionsgruppe Bauen, Konstanz Beleuchtungskonzept licht raum stadt planung gmbh, Wuppertal Prüfingenieur Dr.-Ing. Bernd-Friedrich Bornscheuer, Stuttgart Bauausführung Michael Gärtner GmbH, Eberbach Mühlbauer Stahl + Metallbau GmbH, Furth im Wald


S pe c ial Ersatzneubau einer Gehwegbrücke in Holzbauweise

Schwarzer Steg über die Dreisam in Freiburg von Matthias Büttner

Nach Sichtung und Schadensbegutachtung hatte sich der Energieversorger badenova im Jahr 2012 dazu entschlossen, seine aus den 1960er Jahren stammende ungeschützte Holzbrücke auf dem Betriebsgelände, die über die Dreisam führt, durch einen Neubau zu ersetzen. Unter den Rahmenbedingungen des Wasserschutzrechts war es das Ziel, so wenig wie möglich in den Naturraum des Uferbereichs einzugreifen und das vorhandene Lichtraumprofil sowie den Freibord der Bestandskonstruktion beizubehalten. Unter diesen Maßgaben war es die Aufgabe, eine wirtschaftliche, dauerhafte und dennoch weitestgehend offene Holzkonstruktion für die betriebliche Nutzung des Bauherrn in dem exponierten Gelände der Dreisam zu planen.

1 2 Ursprünglicher Steg © Ingenieurgruppe Bauen

1 Bestand Die bisherige Brücke bestand aus zwei 58 cm hohen Brettschichtbindern mit einem offenen Bohlenbelag und seitlich an ihnen befestigten Holzgeländern sowie einem zwischen den Längsbindern angeordneten stählernen Aussteifungsverband. Im Wesentlichen waren alle tragenden Bauteile ungeschützt. Die der Witterung am stärksten ausgesetzten Elemente, wie Geländer und Bohlen, wiesen die größten Schäden auf. Allerdings waren auch in den Lagerbereichen der Binder Merkmale von Fäule erkennbar.

2 Konstruktion Das statische System der neuen Brücke war durch die vier bestehenden Widerlager vorgegeben. Das Mittelfeld zwischen den beiden Hauptwiderlagern des Dreifeldträgers spannt 18,20 m, die beiden Endfelder haben eine Spannweite von jeweils 5,80 m.

3 Längsschnitt © Ingenieurgruppe Bauen

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

85


S pe c ial

Der neue, blockverleimte, trapezförmige Binder weist in Brückenmitte eine Höhe von 48 cm und am -ende eine Höhe von 32 cm auf. Über den beiden Hauptwiderlagern wurde als Brückenlager eine verdrehbare Edelstahllösung mit Bolzen entwickelt, welche auf der Nordseite quer- und längsfest sowie auf der Südseite querfest und längsverschieblich ist. Die aus dem Lastfall Wind und der schmalen Lagerstellung von 44 cm resultierenden hohen Zugkräfte (Gabellager) werden über Vollgewindeschrauben im Überbau und Kopfbolzen im Betonwiderlager verankert. Die Brückenenden erhielten ein Pendelstablager, um eine mögliche maximale Längsdehnung aus Schwinden bzw. Quellen von 3 cm ausgleichen zu können. Die Widerlager für die Pendelstablager wurden erst rund drei Wochen nach Montage der Brücke auf den Hauptwiderlagern hergestellt, um mögliche Formänderungen aus dem Kriech- und Schwindverhalten der Anfangsphase abzuwarten. Sie dienen nur der Lagesicherung der Kragenden und sollen das Verformungs- und Schwingungsverhalten verbessern.

86

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

4 Querschnitt © Ingenieurgruppe Bauen

3 Dauerhaftigkeit Der Witterungsschutz erfolgt durch eine mit 2-K-Epoxidharz beschichte Furnierschichtholzplatte, wobei die Epoxidharzbeschichtung oberseitig eine Quarzsandabstreuung besitzt, welche die Rutschfestigkeit gewährleistet. Die Platten selbst sind über eine Lattung und eine diffusionsoffene Schutzbahn aufgeständert, um eine Hinterlüftung des Brettschichtholz-(BSH-)Querschnitts zu gewährleisten. Es wurden über die Brückenlänge nur zwei Plattenstöße ausgeführt und diese Stöße mit einem dauerelastischen Fugenmaterial verfüllt. Zur zusätzlichen Absicherung des möglichen Schwachpunkts Fuge dient eine unterhalb der Platte angeordnete Blechrinne. Die Beschichtung wurde über die Seitenränder herumgeführt sowie unterseitig umlaufend ein Abtropfwinkel montiert. Das 2%-Quergefälle wurde zudem durch den Zuschnitt des Binders als Dachprofil realisiert, die Seitenflächen des blockverleimten Brettschichtbinders bleiben unverkleidet.

Durch den 25°-Trapezformzuschnitt und den seitlichen Überstand der Furnierschichtholzplatten ergibt sich, gemessen von der oberen Außenkante der Platte, ein Winkel von ca. 40° zum Holzbinder. Ein adäquater Schlagregenschutz ist damit vorhanden. Auf eine zusätzliche seitliche Verkleidung mit Lärchenschalung wurde aus wirtschaftlichen Gründen hingegen verzichtet. Bezüglich der Dauerhaftigkeit der Epoxidharzbeschichtung wurde dem Bauherrn empfohlen, einen Wartungsvertrag mit der Beschichtungsfirma abzuschließen.


S pe c ial

4 Herstellung und Montage Für die Herstellung des im Radius von ca. 100 m gekrümmten blockverleimten BSH-Binders der Festigkeitsklasse GL 28h wurden vier Einzelbrettschichtbinder mit einer Breite von 24 cm gefertigt, welche anschließend miteinander verleimt wurden. Danach erfolgte der oberseitige und seitliche Sägeschnitt direkt beim Leimholzbetrieb. Die Furnierschichtholzplatten wurden währenddessen beim Holzbaubetrieb vollständig beschichtet. Die Montage der Lattung, der Platten, der Blechwinkel, des Insektenschutzes und der verzinkten Geländerpfosten fand durch den Holzbauunternehmer direkt im Werk des Leimholzherstellers statt. Der Einhub der Brücke auf die teilergänzten Widerlager konnte mit einem 200-t-Kran innerhalb von lediglich 2 h vorgenommen werden. Nach Verguss der Lagerbänke mussten nur noch der Edelstahlholm aufgesetzt und die Edelstahlseile eingezogen werden. Die gesamte Baumaßnahme wurde in weniger als zwei Monaten realisiert. Autor: Dipl.-Ing. (FH) Matthias Büttner Ingenieurgruppe Bauen, Freiburg

5 6 7 Einheben der neuen Brücke aus Brettschichtholz © Ingenieurgruppe Bauen

Bauherr badenova AG & Co. KG, Freiburg im Breisgau Entwurfs- und Tragwerksplanung Ingenieurgruppe Bauen, Freiburg im Breisgau Bauausführung Holzbau Amann GmbH, Weilheim-Bannholz Karl Burger GmbH, Waldkirch

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

87


AKTUELL Jubiläumsfeier mit Fachprogramm und Festakt

75 Jahre Leonhardt, Andrä und Partner von Michael Wiederspahn

Als Ingenieurbüro auf eine 75-jährige Firmengeschichte zurückblicken zu können ist eher selten möglich – und infolgedessen ein mehr als gerechtfertigter Anlass, um ein solches Jubiläum angemessen zu begehen. Und so feierten Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI AG, am 7. Juli im Stuttgarter PorscheMuseum, das nicht nur den passenden baulichen Rahmen bot, sondern zugleich veranschaulichte, warum das für diesen Tag gewählte Motto »Innovation aus Tradition« eine zutreffende Charakterisierung ihrer planerischen Leistungen darstellt(e). Einen weiteren Beleg für die von ihnen praktizierte, ja gelebte Form der Fortschrittsorientierung lieferten darüber hinaus die Fachvorträge und Grußworte, indem sie primär gegenwärtige Herausforderungen und künftige Entwicklungen zum Thema hatten. Geladen waren im Übrigen 400 Gäste aus Politik und Wirtschaft, Vertreter von Behörden und Auftraggebern, Geschäftspartner und Geschäftsfreunde aus dem In- und Ausland sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen Niederlassungen samt Familienangehörigen, was wiederum Renommee wie Unternehmenskultur des 1939 in Stuttgart gegründeten und schon seit langem international tätigen Büros verdeutlichte.

Fachvorträge zum Auftakt Den Schwerpunkt des Vormittagsprogramms bildeten insgesamt fünf Fachvorträge, beginnend mit Ministerialdirigent Dipl.-Ing. Gert Klaiber vom Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg, Stuttgart, der nach der offiziellen Eröffnung dieses ersten Veranstaltungsteils durch Dipl.-Ing. Rolf Jung, Leonhardt, Andrä und Partner, unter dem Titel »Brückenertüchtigung – Herausforderungen für Ingenieure« aufzeigte, weshalb in den nächsten Jahren eine Vielzahl solcher Maßnahmen an und für Bundesautobahnen, Bundes- und Landesstraßen anfallen und wie sie letztlich zu bewältigen sein wird. Als Zweiter referierte dann Bauassessor Dipl.-Ing. Dirk Brandenburger, DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, Berlin, der hier vor allem auf die großen Zukunftsperspektiven im Verkehrswegeund Brückenbau hinwies, in dem Zusammenhang aber auch anmahnte, dass die Ingenieure ihr Marketing und ihre Öffentlichkeitsarbeit verbessern müssten, wenn sie ihre Leistungen adäquat gewürdigt sehen wollten. An einen höchst anspruchsvollen Entwurfsprozess, dessen Resultat die Anwesenden quasi vor Augen hatten, erinnerte danach Dipl.-Ing. Burkhard Dietsch, Leonhardt, Andrä und Partner, wobei er sich auf Aspekte der Tragwerksplanung konzentrierte und erläuterte, welche Aufgaben es vor und während der Errichtung des Porsche-Museums zu lösen galt.

88

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

Ministerialdirigent Dipl.-Ing. Gert Klaiber © Leonhardt, Andrä und Partner AG

Bauassessor Dipl.-Ing. Dirk Brandenburger © Leonhardt, Andrä und Partner AG

Dipl.-Ing. Burkhard Dietsch © Leonhardt, Andrä und Partner AG


AKTUELL

Steen Savery Trojaborg © Leonhardt, Andrä und Partner AG

Mit einem ähnlich beeindruckenden Exkurs wie seine Vorredner wartete zudem Steen Savery Trojaborg von Dissing + Weitling architecture a/s, Kopenhagen, auf, vermochte er doch anhand von Beispielen aus unterschiedlichsten Zeiten und Kontinenten zu beleuchten, wann eine enge Kooperation von Architekten und Bauingenieuren Sinn macht und wie sie im Grunde strukturiert werden kann oder eben sogar stets sollte. Die nun folgenden Ausführungen von Professor Rainer Hascher, Technische Universität Berlin, waren freilich kaum weniger bemerkenswert, da es ihm ge-

Professor Rainer Hascher © Leonhardt, Andrä und Partner AG

lang, die inzwischen leider überwiegend rhetorisch und insofern meist entschuldigend gemeinte Frage »Kann Deutschland noch Großprojekte?« tatsächlich auf ihren Kern zu reduzieren und ihr derart Tiefe abzugewinnen, also das eigentliche Problem samt Hauptursache(n) zu benennen und sie daher schließlich mit einem erfreulich klar und eindeutig formulierten »Ja« zu beantworten – natürlich nicht ohne auf Korrektur der gravierendsten Fehlentwicklungen und -einschätzungen zu dringen, »damit deutsche Ingenieurskunst nicht weiterhin durch mangelhaftes Management bei Bauaufgaben Schaden nimmt«.

Dipl.-Ing. Wolfgang Eilzer © Leonhardt, Andrä und Partner AG

Festakt als Höhepunkt Der Nachmittag stand dann ganz im Zeichen des Festaktes, der als Höhepunkt der Veranstaltung musikalisch von Linus und Henri Maier an Klavier und Horn, den Landessiegern 2012 bei »Jugend musiziert«, begleitet und untermalt wurde – und mit der Begrüßung durch den Vorstandsvorsitzenden von Leonhardt, Andrä und Partner, Dipl.-Ing. Wolfgang Eilzer, seinen (offiziellen) Anfang nahm.

Linus und Henri Maier © Leonhardt, Andrä und Partner AG

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

89


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

Dr. Nils Schmid © Leonhardt, Andrä und Partner AG

Werner Wölfle © Leonhardt, Andrä und Partner AG

Dem Anlass wie der Bedeutung dieses Ingenieurbüros entsprechend, folgten danach mehrere Grußworte, und zwar von Dr. Nils Schmid, Minister für Finanzen und Wirtschaft und stellvertretender Ministerpräsident des Landes BadenWürttemberg, Werner Wölfle, Bürgermeister für Allgemeine Verwaltung und Krankenhäuser der Landeshauptstadt Stuttgart, Prof. Dr.-Ing. Stephan Engelsmann, Vizepräsident der Ingenieurkammer Baden-Württemberg und der Bundesingenieurkammer, und von Dr.-Ing. Volker Cornelius, Präsident des Verbandes Beratender Ingenieure, wobei sie alle die

Prof. Dr.-Ing. Stephan Engelsmann © Leonhardt, Andrä und Partner AG

herausragenden fachlichen Leistungen des Jubilars explizit zu würdigen wussten, wie sich zuletzt an dem Resümee von Dr. Nils Schmid erkennen ließ: »Es ist gut, dass es Leonhardt, Andrä und Partner gibt. Absolute Spitze sind der Marketingwert und der Imagegewinn für Stuttgart und Baden-Württemberg. Ihre Bauwerke sind Botschafter in der ganzen Welt.« Für den wünschenswerten Rückblick auf die 75-jährige Firmengeschichte, auf die im Laufe der Zeit geschaffenen technischen Neuerungen, die patentierten Verfahren und realisierten (Brücken-)Bauwerke sorgte hingegen Dr.-Ing. Hans-Peter Andrä, während sich Dipl.-Ing. Wolfgang Eilzer wiederum den künftigen Herausforderungen widmete: So habe zum Beispiel das Building Information Modeling (BIM) einen Paradigmenwechsel eingeläutet, der die Art des Planens und Bauens

Dr.-Ing. Volker Cornelius © Leonhardt, Andrä und Partner AG

nachhaltig beeinflussen werde. »Chancen für Bauingenieure«, die es zu verifizieren oder, besser, zu ergreifen lohnt, waren auch Titel wie Thema des Festvortrags von Prof. Dr. Wolfgang Schuster, Geschäftsführer des Instituts für Nachhaltige Stadtentwicklung GmbH, Stuttgart, und früherer Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart, sowie einer Podiumsdiskussion mit den Vorständen von Leonhardt, Andrä und Partner, die anschließend Position bezogen und unter Verweis auf aktuelle Projekte hier mit Nachdruck dokumentieren konnten, dass sie an den Aufgaben von morgen bereits heute intensiv mitwirken. Eine rundherum gelungene Feier näherte sich damit langsam dem Ende, bei sämtlichen Anwesenden wohl verbunden mit der Hoffnung auf, wie Dr. Nils Schmid sagte, »weitere erfolgreiche 75 Jahre«. Autor: Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn

90

Dr.-Ing. Hans-Peter Andrä © Leonhardt, Andrä und Partner AG

Prof. Dr. Wolfgang Schuster © Leonhardt, Andrä und Partner AG

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

Podiumsdiskussion mit Vorständen: Dipl.-Ing. Rolf Jung, Dipl.-Ing. Volkhard Angelmaier, Dipl.-Ing. Markus Maier, Dipl.-Ing. Wolfgang Eilzer (v.l.n.r.) © Leonhardt, Andrä und Partner AG


2. SYMPOSIUM BAU VON GEH- UND R ADWEGBRÜCKEN

BRÜCKENBAU

CONSTRUCTION & ENGINEERING

Bereits heute laden wir Auftraggeber, Architekten und Ingenieure ebenso wie ausführende Bauunternehmen sowie Hochschulen zum

15. Symposium Brückenbau nach Leipzig ein. Wir starten am 9. Februar 2015 mit der Begrüßung der angereisten Referenten und Teilnehmer beim gemütlichen Abendessen und beginnen dann am 10. Februar 2015 in gewohnter Weise mit den Vorträgen. Wie immer stehen neue spannende und viel diskutierte Bauvorhaben sowie Wettbewerbe auf dem Programm – ebenso wie Projekte, die von unseren europäischen Nachbarn realisiert wurden und werden. Last but not least wird das große Thema Erhalt durch Ertüchtigung oder Abriss und Neubau bei einigen der vorgestellten Bauwerke näher beleuchtet. Wir freuen uns, wenn Sie den Termin »Leipzig 2015« (10. bis 11. Februar 2015) schon jetzt einplanen.

Weitere Informationen und Anmeldung

VERLAGSGRUPPE W I E D E R Smit MixedMedia P A Konzepts HN Biebricher Allee 11 b 65187 Wiesbaden Tel.: 0611/98 12 920 Fax: 0611/80 12 52 kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de www.verlagsgruppewiederspahn.de www.mixedmedia-konzepts.de 4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

91


PRODUKTE UND PROJEKTE Dauerhafte und wirtschaftliche Gesamtlösungen von Kusser

Barrierefreiheit durch vorgespannte Granitbrücken Als in Bammental beim Stauwehr am Anna-Scherer-Haus die Fußgängerbrücke über die Elsenz durch einen Neubau ersetzt werden musste, entschied sich der Gemeinderat für eine 15,30 m lange vorgespannte Granitbrücke. Die vom Ingenieurbüro Wolf aus Gaiberg vorgeschlagene Konstruktion überzeugte den Bauherrn nicht nur aus ästhetischen Gründen, sondern auch aufgrund ihres guten Preis-Leistungs-Verhältnisses: Im Vergleich zu den angebotenen Alternativen fallen bei ihr keine jährlichen Wartungskosten an, außerdem lässt sie eine längere Lebensdauer erwarten. Hinzu kommt, dass die Brücke zum Seniorenpark Bammental führt, wo zusätzlich zu den Pflegeplätzen im AnnaScherer-Haus mehr als 100 Seniorenwohnungen betreut werden, deren Bewohner die umliegenden Geschäfte, Apotheken und Ärzte zu Fuß erreichen wollen. Die plane, sandgestrahlte Oberfläche der vorgespannten Granitbrücke ist in diesem Zusammenhang ideal, da sie, anders als viele Plankenbeläge, auch von Senioren mit Rollatoren problemlos überquert werden kann. Als übergabereife Gesamtlösung einschließlich Statik, Produktion und Montage werden vorgespannte Granitbrücken bis zu einer Länge von ca. 20 m errichtet. Gefertigt werden sie aus Tittlinger Feinkorn, einem hochwertigen, hellgrauen Bayerwald-Granit, den die Kusser Granitwerke im eigenen Steinbruch abbauen. Alle Brücken werden individuell dimensioniert und entsprechen hinsichtlich Gebrauchstauglichkeit und Tragfähigkeit den üblichen Kriterien. Sie bestehen aus brückenbreiten Granitelementen, durch die in Längsrichtung der Brücke Vorspannglieder ohne Verbund geführt werden. Aufgrund der werkseitigen Vorfertigung lassen sie sich auf der Baustelle innerhalb weniger Stunden versetzen, kurze Produktions- und Montagezeiten sind neben der langen Lebensdauer und Schlankheit weitere Vorteile vorgespannter Granitbrücken. Ihre geringe Bauteilhöhe stellt nicht nur eine ästhetische Qualität dar, sondern vergrößert auch den Hochwasser-Abflussquerschnitt erheblich. Über die Elsenz in Bammental konnte so ein barrierefreier Übergang realisiert werden, während andere Bauweisen, wie zum Beispiel die einer Holz-Granit-Verbundbrücke, zu Rampenanlagen an den Brückenköpfen geführt hätten.

92

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

Fußgängersteg in Bammental mit sandgestrahlter Granitoberfläche © Ralf Link/Kusser Granitwerke GmbH

Auch bei den zwei 14 m langen Brücken über die Wolfach in Ortenburg (Objektund Tragwerksplanung: Wagmann Ingenieure, Fürstenzell) waren barrierefreie Übergänge nur aufgrund der Schlankheit des vorgespannten Granitüberbaus möglich. Eine der Brücken führt dort zum Volksfestplatz, die andere zum sogenannten Generationenpark, der als naturnaher Park an der Fellermühle Spiel- und Erholungsmöglichkeiten für Menschen jeden Alters bietet. Aufgrund der schlechten Bodenverhältnisse waren bei beiden Brücken 9 m tiefe Pfahlgründungen erforderlich. Sowohl bei den als Alternativen geprüften Stahl-, Holz- oder Stahlbetonkonstruktionen wären die vom Wasserwirtschaftsamt geforderten Abflussquerschnitte nur über Stufenanlagen an den Brückenköpfen erreicht worden. Da die Brücken hinsichtlich ihrer Spannweiten, statischen Einwirkungen und Bodenverhältnisse baugleich sind, ließen sich so Planungs- und Ausführungskosten reduzieren. Weitere Kosten wurden durch eine getrennte Vergabe

Versetzen der Brücke mit Geländer und vormontierten Sparten © Alexander Müller/Kusser Granitwerke GmbH

der Gewerke »Tiefgründung«, »Stahlbeton- bzw. Tiefbauarbeiten Widerlager«, »Überbau« und »Geländer« eingespart. Bei seltenen Hochwasserereignissen werden beide Brücken in Ortenburg überflutet, so dass statische und dynamische Anströmkräfte auf die Überbauten und Geländer berücksichtigt werden mussten: Diese nicht unerheblichen Horizontalkräfte werden über spezielle Lager schadlos von den Granitüberbauten in die Widerlager abgetragen. www.kusser.com

Geringe Überbauhöhe: Steg über die Wolfach in Ortenburg © Wagmann Ingenieure


PRODUKTE UND PROJEKTE Einbau neuentwickelter Brückenabläufe von ACO

Grundinstandsetzung der Köhlbrandbrücke Für Besucher und Durchreisende, die auf der Bundesautobahn A 7 nach oder aber durch Hamburg fahren, ist sie das erste unübersehbare Wahrzeichen der Hansestadt: die Köhlbrandbrücke. Entworfen von dem Bauingenieur Paul Boué und dem Architekten Egon Jux, dient sie seit 1974 als Verbindung zwischen der A 1 und der A 7.

Maßnahmen der Ablauferneuerung bis zur Fertigstellung © ACO Tiefbau Vertrieb GmbH

Nach ihrer ersten Instandsetzung vor 20 Jahren wird sie nun bis 2016 unter der Federführung der Hamburg Port Authority (HPA) wiederum von Grund auf ertüchtigt, wobei unter anderem die Schrägseile und Geländer einen neuen Korrosionsschutz erhalten und die Mittelund Randkappen sowie der Fahrbahnbelag erneuert wurden oder noch werden. Im Zuge der Fahrbahnerneuerung wurde auch die Brückenentwässerung saniert. Dabei war es entscheidend, dass die Installation der neuen Brückenabläufe ohne einen Eingriff in die Stahl- bzw. Tragkonstruktion erfolgt. Das heißt, die Entwässerungslösung war an die Bauwerksgegebenheiten anzupassen. Hierzu wurden zunächst die alten Oberteile der Straßenabläufe entfernt, die in die Stahlkonstruktion integrierten kreisförmigen Unterteile wurden hingegen nicht ausgetauscht, erhielten jedoch einen neuen Korrosionsschutz. In Zusammenarbeit und enger Abstimmung zwischen der HPA und der ACO Tiefbau Vertrieb GmbH wurden Brückenabläufe entwickelt, die problemlos und ohne großen Aufwand in die vorhandene Konstruktion eingesetzt werden konnten und somit die wirtschaftlichste Lösung darstellten. Die neuen Ablauf-Oberteile aus Gusseisen (EN-GJL 200) bestehen aus einem Rahmen und aus einem Rost

(Klasse D 400). Als 500 mm x 500 mm große Sonderabläufe gemäß DIN EN 124 / DIN 1229 besitzen sie zudem ein Scharnier (100° klappbar) und eine Verschraubung, die vor unbefugtem Öffnen und Herausnehmen des Rostes schützen. Zur passgenauen Montage der Aufsätze wurden zunächst neue Bolzen gesetzt, um nach dem Anarbeiten der Abdichtung

Wahrzeichen der Hansestadt Hamburg © ACO Tiefbau Vertrieb GmbH

die vorbereiteten Oberteile mit den Haltebolzen kraftschlüssig an der Brückenkonstruktion zu verankern. Mit dem Aufbringen des zweischichtigen Gussasphaltes wurden die Arbeiten an den Fahrbahnbelägen dann abgeschlossen. Zum Schutz der Haltebolzen wurde dabei um den Ablauf herum ein 10 cm breiter Streifen aus weicherem Asphalt eingebaut. Der Wasserlauf, in dem die Brückenabläufe positioniert wurden, versah man darüber hinaus mit einem oberflächig abgeriebenen Gussasphalt, so dass ein schnelles und sicheres Abfließen des Oberflächenwassers gewährleistet ist. www.aco-tiefbau.de

15 m x 2,6 m x 35 cm Kirchheim unter Teck, Jesingen

Vorgespannte Granitbrücken

schlank, mit großen

Abflussquerschnitten barrierefreier Übergang langlebig, wartungsfrei Statik, Produktion und Montage

www.kusser.com

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

93


PRODUKTE UND PROJEKTE Wartungsfreier Laufbelag aus Recycling-Kunststoff von Tepro

Brücke an der Pernickelmühle in Osnabrück Im Oktober 2012 wurde mit den umfangreichen Baumaßnahmen zur Sanierung des Wehrs an der Hase in Osnabrück begonnen. Da das 1891 fertiggestellte und unter Denkmalschutz stehende Wehr gleichzeitig als Fußgängerbrücke dient, wurde selbige ebenfalls komplett erneuert. Dabei wurde die alte Holzbrücke abgerissen, neue Widerlager am Wehr eingebaut und eine neue Brücke, kombiniert aus Stahl, Holz und einem Laufbelag aus Trimax®, dem glasfaserverstärkten Recycling-Kunststoff, errichtet. Für die Stadt Osnabrück war schnell klar, dass auch dieser neue Belag den Passanten eine sichere Überquerung der Brücke erlaubt und der Stadt aufwendige und kostspielige Wartungs- und Pflegearbeiten erspart, wobei er optisch natürlich ebenfalls gut in das neue Erscheinungsbild passen sollte. So entschied man sich für das glasfaserverstärkte KunststoffBaumaterial Trimax® mit dem die Stadt Osnabrück schon langjährige positive Erfahrungen gesammelt und bereits diverse Brücken in der Stadt ausgerüstet hat. Trimax® ist der einzige Recycling-Kunststoff mit einer bauaufsichtlichen Zulassung und daher statisch zuverlässig berechenbar. Das verrottungsfeste, wasserabweisende und frostsichere Material erfüllt zudem die Rutschfestigkeitsklasse R11, was in Osnabrück ein

Neuer Fußgängersteg über das denkmalgeschützte Wehr © Tepro Kunststoff-Recycling GmbH & Co. KG

sehr wichtiges Entscheidungskriterium war. Darüber hinaus ist Trimax® resistent gegenüber Insekten-, Pilz- und Bohrmuschelbefall sowie ungiftig für Flora und Fauna. Und: Trimax® lässt sich jederzeit ohne Bedenken mit dem Hochdruckreiniger reinigen und bedarf keinerlei Pflege oder Anstriche. Außerdem ist das glasfaserverstärkte Kunststoffbaumaterial zu 100 % recyclingfähig und daher ökologisch im Vorteil gegenüber anderen Werkstoffen. Für die 30 m lange und 3 m breite Brücke an der Pernickelmühle wählte die Stadt Osnabrück die 5 cm x 30 cm Trimax®Riffelbohle in rotbrauner Farbe, hergestellt von der Firma Tepro KunststoffRecycling GmbH & Co. KG. Als Unterbau

Riffelbohlen mit bauaufsichtlicher Zulassung © Tepro Kunststoff-Recycling GmbH & Co. KG

wurden Trimax®-Balken mit den Abmessungen 10 cm x 10 cm in der Farbe Grau verwendet. Der einfache Verbau der Trimax®-Profile erleichterte die Arbeit um einiges, was die Stadt Osnabrück ebenso erfreute wie die Tatsache, dass die aufwendigen Wartungsarbeiten des Belages nun ein Ende haben. Die Brücke an der Pernickelmühle erstrahlt seit April 2013 wieder in neuem Glanz. Ihr Erscheinungsbild gibt Anlass zur Freude, und so wurde ihr edles Aussehen bereits allseits gelobt. Somit ist das neue Wehr mit seiner Brücke wieder für viele Osnabrücker die technische Attraktion der Stadt. www.tepro.de

Erfolgreiches Projektmanagement durch Drees & Sommer

Neue Seebrücke am Timmendorfer Strand In nur neun Monaten wurde nun schon die zweite Seebrücke am Timmendorfer Strand modernisiert und neugestaltet. Eine Länge von 185 m aufweisend und auf 36 Gründungspfählen ruhend, verfügt sie über einige Besonderheiten – wie zum Beispiel den fischförmigen Brückenkopf, welcher in Zukunft als Freilufttheater genutzt werden soll. Außerdem umfasst die Seebrücke einen Spielbereich für Kinder, eine Ruhezone mit drehbaren Stühlen und Liegen sowie einen hydraulischen Badeeinstieg. Das in Summe 1,90 Mio. € kostende Bauvorhaben wurde im Rahmen des »Zukunftsprogramms Wirtschaft Schleswig-Holstein« zur Hälfte öffentlich gefördert. Mit der Fertigstellung der Seebrücke endet jetzt das 2010

94

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

initiierte Projekt der Neugestaltung der gesamten Niendorfer Strandpromenade. Drees & Sommer hat den Bauherrn von Beginn an mit Projektmanagement- und Beratungsleistungen unterstützt. So hat das Unternehmen bereits 2010 einen Workshop zur Gestaltung der Ortsmitte Niendorf in der Gemeinde Timmendorfer Strand begleitet. Im Anschluss folgten das Planerauswahlverfahren für die Seebrücke, die Unterstützung bei der Antragstellung der Förderung und der Genehmigungen sowie die Projektsteuerung. Darüber hinaus beraten die Infrastrukturexperten von Drees & Sommer die Gemeinde Timmendorfer Strand für den Buhnenbau und zusätzliche Küstenschutzmaßnahmen im Ortsteil Niendorf.

Bauwerk mit Besonderheiten in Form und Nutzung © Luftbildservice Bernot/Drees & Sommer AG

Aufgrund der guten Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren wurde das Team direkt beauftragt. www.dreso.com


Garten- und Wasserbau und vieles mehr

PRODUKTE UND PROJEKTE Europas größtes MSM® Kalottenlager von Maurer Söhne

Zweite Brücke über die Waal bei Ewijk

Das ideale glasfaserverstärkte Kunststoff-Baumaterial für den Landschafts-, Gartenund Wasserbau und vieles mehr als Brückenbelag

als Böschungssicherung Brückenbelag

Neue und alte Schrägseilbrücke als »Zwillinge« © Maurer Söhne GmbH & Co. KG

Die Waalbrücke bei Ewijk bekommt einen Zwilling, um die ständig zunehmende Verkehrslast zu bewältigen. Maurer Söhne lieferte für dieses Bauwerk die Fahrbahnübergänge und MSM® Kalottenlager, die mit bis zu 220.000 kN Auflast die größten ihrer Art in Europa sind. Die bestehende Brücke über die Waal bei Ewijk ist im Prinzip bereits ein Referenzprojekt für Maurer Söhne: 1997 wurden hier die größten modularen wasserdichten Übergangskonstruktionen in den Niederlanden eingebaut, 1999 folgte der Austausch aller Brückenlager. Diese »alte« Brücke ist auch noch voll intakt, nur durch den zunehmenden Verkehr vollkommen überlastet. Die zuständige Baubehörde Rijkswaterstaat beschloss deshalb die Errichtung einer zweiten Waalbrücke, damit der Verkehr künftig vierspurig in jede Richtung fließen kann. Die neue Brücke wird mit 1.055 m genauso lang sein wie die bisherige, aber sie wird aus Beton hergestellt – und als »Herzstück« eine Schrägseilstruktur mit 270 m aufweisen. Vergabekriterium für Fahrbahnübergänge und Lager war infolgedessen nicht nur der Preis, sondern vor allem eine hohe Qualität – und hier konnte Maurer Söhne unschlagbar punkten. Eingebaut werden insgesamt 22 MSM® Kalottenlager, deren hohe Qualität und Lebensdauer durch eine Europäische Technische Zulassung (ETA) belegt ist. Heraus-

Herstellung eines Pylonlagers © Maurer Söhne GmbH & Co. KG

Das ideale glasfaserverstärkte ragend sind dabei die vier Pylonlager Kunststoff-Baumaterial für den Landschafts-, mit einem Durchmesser von 2.660 mm, Gartenund Wasserbau und vieles mehr als Stegbelag Böschungssicherung die für eine Auflast bis zu 220.000 kN ausgelegt sind und ein Eigengewicht von je 21,00 t haben. Die hohe Auflast ergibt sich, weil an den Schrägseilen das Gewicht der gesamten Betonbrücke hängt. Zudem sorgen neue Bemessungsverfahren und höhere Sicherheitsfaktoren in neuen Normen dafür, dass sich die Aufals Brückenbelag Stegbelag für eine Terrasse lasten in Brückenlagern rein rechnerisch erhöhen. Entscheidendes Kriterium bei der Auftragsvergabe war, dass Maurer Söhne als einer der wenigen Hersteller weltweit überhaupt in der Lage ist, Lager dieser Größenordnung zu berechnen und herzustellen – und dies nicht nur theoretisch: Dank seiner Erfahrung konnte Maurer Söhne schon im Vorhinals Böschungssicherung für eine Terrasse als Belagsmaterial ein belegen, dass die spezielle KompeBesuchen Sie uns tenz für die außerordentlich großen Galabau Nürnberg und Lager verfügbar ist. Interboot Friedrichshafen Die Fahrbahnübergänge haben ebenfalls stattliche Maße: 20,10 m lang und 23,0 t schwer, wobei sie als XLS 900 bzw. XLS 700 einen Längenausgleich von 900 mm bzw. 700 mm Gesamtdehnweg gewährleisten. als als Stegbelag Belagsmaterial Darüber hinaus sind sie wasserdicht und Besuchen Sie uns Besuchen uns geräuschgemindert mit aufgesetzten Boot Düsseldorf Galabau Nürnbergund und Rauten. Die wasserdichte Ausführung Boot & Fun Berlin Interboot Friedrichshafen schützt vor allem die Bausubstanz im Widerlagerbereich gegen Oberflächenwasser und dabei insbesondere gegen Streusalz. Die Geräuschminderung war im Übrigen Vorgabe, um die Anwohner für eine Terrasse zu schützen. Die Fahrbahn wurde zudem mit Flüsterasphalt ausgeführt. Die beiden Übergangskonstruktionen wurden für die vierspurige Fahrbahn in einem Stück geliefert. Lediglich die ca. 4 m breiten Kappen wurden getrennt eingebaut, was aber auch deshalb nötig ist, weil diese fünfte Spur in den Niederlanden traditionell abgetrennt ist, und zwar für Fußgän-GGB_Tepro_0914.inddals 1Belagsmaterial 11.08.14 ger, Radfahrer und Rettungsfahrzeuge. Besuchen Sie uns www.maurer-soehne.de

11:2

Galabau Nürnberg und Interboot Friedrichshafen

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU GGB_Tepro_0914.indd 1

95

11.08.14 11:2


PRODUKTE UND PROJEKTE Ambitionierte Oberflächengestaltung dank Hi-Macs®

Fußgängerunterführung in Schwäbisch Gmünd Im Zuge der Landesgartenschau 2014 wurden in Schwäbisch Gmünd verschiedene Stadt- und Grünbereiche neu geordnet, verknüpft und aufgewertet – und die Fußgängerunterführung am Bahnhof in eine attraktive und belebte Verbindungszone umgestaltet. In einem von der Stadt ausgelobten Wettbewerb waren ortsansässige Designer und Architekten eingeladen, ihre Ideen zu präsentieren, darunter auch vier Studententeams der Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd unter der Leitung von Klaus Marek. Das Schweizer Architekturbüro preiswerk marek architekten begleitete im Anschluss dann das studentische Siegerprojekt und übernahm die Ausführungsplanung. Und so verbindet diese Unterführung nun den alten südlichen und den neuen nördlichen Stadtteil von Schwäbisch Gmünd sowie die angrenzenden Grünzonen miteinander: Geschwungene weiße Bänder verlaufen entlang den Wänden und lenken über eine indirekte Beleuchtung den Weg des Stadtbesuchers. Das heißt, die Bänder aus dem acrylharzgebundenen Mineralwerkstoff Hi-Macs® schwingen

förmlich vom Gang in die Zugänge zu den Gleisen und begleiten den Passanten auf dem Weg zu seinem Ziel mit wechselnden Lichtspielen, die über eine dynamische Effektbeleuchtung gesteuert werden. Für die Ausgestaltung der »Tunnelwände« suchte Klaus Marek nach einem besonderen Material, mit dem er die dreidimensionalen Formen des studentischen Siegerentwurfs in die Realität umsetzen konnte. Die Konstruktion sollte einfach und robust sein, da zur Gartenschau eine hohe Besucherzahl erwartet wurde und unabhängig davon Beschädigungen durch Vandalismus vorgebeugt werden sollte. Mit der Unterstützung von 5D Engineering aus Dresden, die für Tragwerks- und Werkplanung verantwortlich zeichneten, entschied er sich für den Mineralwerkstoff Hi-Macs®. Er eignete sich hervorragend für diese Designaufgabe: Seine porenfreie, homogene Oberfläche besteht zu 70 % aus Natursteinpulver, zu 25 % aus hochwertigem Acrylstein und zu 5 % aus Naturpigmenten und wirkt, robust und widerstandsfähig, wie er ist, mutwilliger Zerstörung effektiv entgegen. Der Acrylstein

Wandbekleidung aus acrylharzgebundenem Mineralwerkstoff © Uwe Röder/LG Hausys Europe GmbH

Treppenanlage in neuem Erscheinungsbild © Uwe Röder/LG Hausys Europe GmbH

Heutige Passage am Bahnhof Gmünd © Uwe Röder/LG Hausys Europe GmbH

lässt sich zudem thermisch verformen, wodurch die organisch-homogenen Formen der Bänder verwirklicht werden konnten. Die 2,50 m langen Hi-Macs®-Bänder, die von Rosskopf & Partner gefertigt wurden, sind mittels Hinterschnittankern aus Edelstahl an Agraffen befestigt und in eine Fassadenunterkonstruktion aus Aluminium reversibel eingehängt. Offene horizontale und vertikale Fugen nehmen dabei thermische Materialausdehnungen auf und gewährleisten die notwendige Hinterlüftung. Eine flächig ausgeführte Unterkonstruktion aus Aluminiumblech deckt darüber hinaus die Rohbauwand ab und dient gleichzeitig als Reflektor für die Effektbeleuchtung. www.himacs.eu

Geprüftes Injektionsharz von StoCretec

Betonbauteile ohne Risse Aufgrund der geringen Zugfestigkeit von Beton entstehen leicht Risse, die ab einer bestimmten Breite die Gebrauchstauglichkeit eines Bauteils beeinträchtigen, und zwar bis hin zur Einsturzgefahr. Zur Instandsetzung hat sich die Rissinjektion bewährt, bei der spezielle Epoxidharze die Rissflanken verbinden und Spannungen im Bauteil flexibel ausgleichen. Das epoxidharzbasierte, lösemittelfreie Injektionsharz StoJet IHS 93 zeichnet sich hier vor allem durch seine Eindringtiefe und hohe Zugfestigkeit aus: Es verschließt Risse kraftschlüssig und dichtet sie dauer-

96

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

haft ab. Durch seine niedrige Viskosität und gute Kapillaraktivität ist das Harz zudem schon für kleine Risse ideal. Als Bestandteil des StoCretec-Systems gemäß der Richtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb) »Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen« erfüllt StoJet IHS 93 alle Anforderungen nach EN 1504-5 sowie ZTV-ING und wurde in die aktuelle Zusammenstellung geprüfter Stoffe der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) aufgenommen. www.stocretec.de

Kraftschlüssigkeit und Dauerhaftigkeit © StoCretec GmbH


A D V E R TO R I A L

Preisgekrönte Straßenbeleuchtung von Trilux

Hohe Energieeffizienz und zeitlose Formensprache

Ob auf Straßen, Verkehrsplätzen oder anderen öffentlichen Bereichen – die Trilux Cuvia LED schafft überall dort Sicherheit, wo Menschen unterwegs sind. Dabei überzeugt sie nicht nur mit modernster Technologie und hoher Energieeffizienz, sondern begeistert auch mit einer zeitlosen Formensprache, die in Zusammenarbeit mit dem Team von Billings Jackson Design entstanden ist. Einfach schön: So simpel lässt sich die Cuvia LED beschreiben, denn ihr elegantes und zeitloses Design verbindet eine puristische Bauform mit einer unverwechselbaren, unaufdringlichen Formensprache, so dass sich die Außenleuchte gleichzeitig harmonisch in das Landschafts- bzw. Stadtbild einfügt und wiedererkennbare attraktive Akzente setzt. Darüber hinaus besticht das Design durch seine Funktionalität: Dank eines modularen Aufbaus lässt sich das Lichtmodul schnell und einfach von der Basiseinheit trennen, was eine zukunftsorientierte Umrüstung auf neue effizientere LED-Generationen ermöglicht. Diese perfekte Kombination aus Form und Funktion sowie Eleganz und Effizienz wurde von der Jury des iF product design award 2014 nun entsprechend honoriert und ausgezeichnet.

Außenleuchte mit Auszeichnung © Trilux GmbH & Co. KG

Maximale Sicherheit und minimale Kosten © Trilux GmbH & Co. KG

Für maximale Sicherheit auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen muss eine Außenbeleuchtung neben Designansprüchen selbstverständlich auch Normen und Vorschriften erfüllen. Die Trilux Cuvia LED schafft weitaus mehr und bietet dem Nutzer eine Reihe von Zusatzleistungen in Bezug auf Sicherheit, Effizienz und Komfort. Getreu dem eigenen Anspruch »Simplify Your Light« setzt Beleuchtungsspezialist Trilux für noch mehr Funktionalität auf durchdachte Einfachheit: Die Konstruktion der Cuvia LED garantiert neben einer problemlosen Umrüstung beispielsweise auch eine Lebensdauer

von 50.000 Betriebsstunden, was aufwendige Wartungsarbeiten minimiert und eine zuverlässige und sichere Ausleuchtung gewährleistet. Ein weiterer, zentraler Pluspunkt der Trilux Cuvia LED sind ihre hohe Kosten- und Energieeffizienz. So lässt sich der für eine LED-Lösung typische niedrige Energieverbrauch durch eine Leistungsreduzierung (Halbnachtschaltung) noch weiter senken und verhilft so zu einer Energieersparnis bis zu 50 %. www.trilux.com

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

97


PRODUKTE UND PROJEKTE Niedrigere Reibwerte ohne externe Schmierung dank Federal-Mogul

Bleifreie Werkstoffe für langlebige Trockengleitlager Federal-Mogul Powertrain, Geschäftsbereich der Federal-Mogul Holdings Corporation, hat eine neue bleifreie Variante des erfolgreichen deva.bm® Gleitlagerwerkstoffs für selbstschmierende Anwendungen in unterschiedlichsten Industriebereichen entwickelt. Die Gleitlager sind so effektiv, dass sie bleihaltige Lösungen in einem Großteil der Anwendungen ersetzen können und dabei gleichzeitig für eine lange Betriebsdauer mit vergleichbaren Kosten, Reibwerten und Notlaufeigenschaften sorgen.

Blei wird im Falle von Bronzegleitlagern häufig als Notlaufschmierung genutzt, die nur bei sehr hohen Oberflächentemperaturen aktiviert wird, um Ausfälle zu vermeiden. Der neuentwickelte, leistungsfähige und selbstschmierende Gleitlagerwerkstoff enthält nun einen hohen Prozentanteil von Festschmierstoffen wie Graphit oder Polytetrafluorethylen (PTFE), um die Reibung zu reduzieren und die Oberflächentemperaturen niedrig zu halten, so dass die Berücksichtigung von Blei verzichtbar ist – mit dem Resultat eines umweltfreundlichen Produkts mit einer sehr langen Lebensdauer. Intensive Vergleichstests zwischen dem neuen bleifreien Material und den bleihaltigen deva.bm®-Produkten wiesen bei bestimmten Lastbedingungen für die bleifreien Lösungen sogar einen geringeren Verschleiß bei gleichem Belastungsvermögen und ähnlichen Herstellungskosten auf. Jede Lösung ist zudem

Lösung(en) für alle Einsatzbereiche © Federal-Mogul Holdings Corporation

präzise an die jeweiligen Einsatzbedingungen angepasst. Die Werkstoffe kommen in der Stahlindustrie, Stromerzeugung, der Offshore- und Schiffsindustrie, in Nutzfahrzeugen, im Baumaschinenbereich, bei Eisenbahnen und Anwendungen für Straßenbrücken zum Einsatz. www.federalmogul.com

Einfacheres Schachtschalen dank Paschal

Arbeitserleichterung im Betonbau Die Ausschalinnenecke als Erweiterung des Schalungssystems Logo.3 kommt in der Praxis gut an, reduziert sie doch den Zeitaufwand für die Erstellung und das Umsetzen der Innenschalung bei Baukörpern mit engen Platzverhältnissen. So verfügt jede dieser Ausschalinnenecken an der Oberseite der Innenecke über eine Sechskantmutter, mit der die Schenkel zu und auf bewegt werden.

Ihre Längen sind auf die Elementhöhen des Schalsystems Logo.3 von 75–340 cm abgestimmt. Sind größere Schalhöhen notwendig, lassen sie sich auch an ihren Stößen koppeln, wobei ein Bolzen in den Sechskantschraubenkopf der unteren Ausschalinnenecke greift, was ermöglicht, vom obersten Element aus die gesamte Ecke zu- und aufzuspindeln. Und: Es wurde besonders darauf geachtet, dass die Ausschalinnenecken leicht zusammenzufahren bzw. wieder in Position zu fahren sind, ohne dass die Innenschalung demontiert werden muss. Beim Ausschalen kommen ihre Vorzüge ebenfalls deutlich zum Tragen, indem sie Ausschalspiel von ca. 50 mm je Seite bietet. Beim Zurückspindeln löst sich der gesamte Schalkörper und lässt sich mit einem Hub umsetzen. Eine Demontage der Innenschalung entfällt somit komplett. www.paschal.de

98

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

Neuentwicklung im Baustelleneinsatz © Paschal-Werk G. Maier GmbH


A D V E R TO R I A L Angaben der Initiative Zink zur bestmöglichen Sanierungsmethode

Verzinken von Stahlbrücken an Ort und Stelle

Rund 150.000 Brücken gibt es in Deutschland – und immer mehr dieser Bauwerke werden zum Sanierungsfall, verursacht nicht zuletzt durch die rasante Verkehrsentwicklung in den letzten Jahren. Darüber hinaus sind Brücken aber vor allem durch Korrosion gefährdet, wenn sie speziellen Einwirkungen durch Wetter und Frost-Tausalz-Zyklen ausgesetzt sind: Die notwendigen Instandsetzungsarbeiten kosten dann Milliarden. Die Forderung nach einem zuverlässigen Schutz gegen Korrosion und angemessenen Präventivmaßnahmen gewinnt deshalb ständig an Bedeutung. Durch geeignete Verzinkungsverfahren kann eine Brückensanierung nicht nur gelingen, die Brücke bleibt der Infrastruktur so auch dauerhaft erhalten. Teure Neubauten und lange Ausfallzeiten im ohnehin bis an die Belastungsgrenze ausgereizten Verkehrssystem werden damit vermieden. Der wichtigste Werkstoff zum Bau von Brücken ist aufgrund seiner hervorragenden Eigenschaften wie Beständigkeit, Belastbarkeit und Formbarkeit nach wie vor Stahl. Anwendung findet er entweder direkt als Konstruktionsmaterial oder eben als Bewehrung im Stahlbeton. Ist er Wind und Wetter ausgesetzt, kommen korrosive Bedingungen hinzu, ist also die Lebensdauer sogar der besten Stahlkonstruktion begrenzt, wenn kein ausreichender Korrosionsschutz vorhanden ist. Werden dann Korrosionsschäden festgestellt, muss abgerissen oder saniert werden – und das möglichst so, dass die Zeit bis zur nächsten Wartung weit in der Zukunft liegt.

Waldschlösschenbrücke in Dresden: Zinkoberfläche als Korrosionsschutz 

 © pureshot/www.fotolia.com

Beim Neubau einer Brücke stehen mehrere Korrosionsschutzsysteme zur Verfügung, deren Ausführung sich anbietet, solange die einzelnen Teile des Bauwerks noch nicht montiert sind. Feuerverzinken und Spritzverzinken sind hier bewährte Verfahren. Die lange, wartungsfreie Haltbarkeit von Brücken, deren Stahlelemente vor der Montage feuerverzinkt wurden, ist durch zahlreiche Beispiele belegt. Die Sanierung einer Brücke erfolgt jedoch am besten vor Ort und ohne Demontage einzelner Bauteile. Thermisches Spritzen mit Zink hat sich dafür als geeignetes und über die Lebensdauer der Brücke wirtschaftliches Verfahren erwiesen. Unter Spritzverzinken versteht man das Aufsprühen einer Zinkschicht auf Stahl mit einer Schichtdicke von typischerweise 100–150 μm. Dazu wird ein Zinkdraht in einem mobilen Gerät ähnlich einer Lackspritzpistole aufgeschmolzen und durch einen Druckluftstrahl gezielt auf die zu schützende Oberfläche aufgebracht. Durch den direkten Kontakt mit der Zinkschicht wird Stahl mittels des kathodischen Korrosionsschutzes geschützt. Außerdem wirkt die Zinkschicht als Barriere, die den Kontakt des Stahls mit seiner korrosiven Umgebung verhindert. Idealerweise wird auf die Zinkschicht eine zusätzliche Farbbeschichtung appliziert: Dieses Duplexsystem erhält die Funktionalität der Stahlkonstruktion über viele Jahre. Im norwegischen Brückenbau wird jenes Korrosionsschutzverfahren seit gut 50 Jahren standardmäßig eingesetzt. Ein gutdokumentiertes Beispiel ist die Rombak-Brücke, eine Hängebrücke über den Rombakfjord nahe Narvik in Norwegen, die mit einer Länge von 765 m

Thermisches Aufspritzen einer Zinkschicht 

 © Grillo-Werke AG

und einer Höhe von 41 m über dem Meeresspiegel ein beeindruckendes Bauwerk in malerischer Umgebung darstellt. Für den Verkehr freigegeben wurde sie 1964. Da sich der ursprüngliche Korrosionsschutz nicht bewährt hatte, wurde die Brücke zu Beginn der 1970er Jahre saniert: Vor Ort wurde die blanke Stahloberfläche freigelegt und eine ca. 100 μm dicke Zinkschicht aufgespritzt, bevor eine Farbbeschichtung das Duplexsystem abgerundet hat. Mehrfach wurde die Funktionsfähigkeit der Brücke seitdem speziell im Hinblick auf Korrosionsschäden geprüft – zuletzt 2009 und damit 39 Jahre nach Aufbringen der Zinkschicht, wobei sich erneut keinerlei Korrosionsschäden feststellen ließen. www.zink.de

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

99


S O F T WA R E U N D I T Neue (Druck-)Technologiestandards von HP

Großformate in höchster Qualität Die tintenstrahlbasierte HP-PageWideTechnologie wird jetzt auch für Großformatdrucker genutzt – und ermöglicht so einen noch schnelleren und preiswerteren Druck in hoher und höchster Qualität. Dank mehr als 200.000 Düsen, die auf einem fixierten, über die gesamte Seitenbreite reichenden (Druck-)Balken montiert sind, wird die gesamte Seite in einem Durchgang gedruckt, was den Produktionsablauf deutlich beschleunigt. Das bietet Anwendern die Möglichkeit, vielfältige Erzeugnisse in Farbe oder Schwarzweiß zu produzieren, wie etwa Visualisierungen, Präsentationspläne, Zeichnungen, Landkarten oder Poster. Seit über 30 Jahren hat HP im Tintenstrahlmarkt eine Spitzenposition inne, weil das Unternehmen konsequent in die Forschung und Entwicklung von Druckköpfen und Tinten investiert. Aufbauend auf dem Erfolg der HP-PageWide-Tech-

nologie in der industriellen Fertigung und dem Einsatz in kleinen und mittelständischen Firmen werden nun auch zuverlässige und wirtschaftliche Lösungen für die Erstellung hochwertiger Großformatdrucke angeboten. Die HPPageWide-Technologie ist sicherlich ein Meilenstein in der Fortentwicklung der Drucktechnik und wird infolgedessen den Markt verändern, auf dem bis dato Monochrom-LED-Drucker den Standard bilden. HP erweitert darüber hinaus sein aktuelles Großformat-Portfolio um entsprechende Geräte: Der HP Designjet T3500 Production eMultifunction Printer (eMFP) zum Beispiel ist der produktivste Großformat-MFP seiner Kategorie. Ausgestattet mit dem Softwareprogramm HP Designjet SmartStream, hilft er, den kompletten Druck-Workflow zu optimieren – und ist zudem in der Lage, das

Optimierung des gesamten Workflows © Hewlett-Packard GmbH

Volumen und die unterschiedlichen Anforderungen von Architektur- und Ingenieurbüros, Bauunternehmen und Designagenturen ebenso zu erfüllen wie die von Behörden und kleineren bis mittleren Repro-Firmen. www.hp.com

Neue (AVA-)Version von Sidoun

Vereinfachung des Arbeitsprozesses Sidoun International baut seine Position als Innovationsführer weiter aus, wartet die Version Globe 9.2 doch mit vielen Neuerungen in puncto AVA-Software, ergo bei Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung, auf. Der intelligente Export und Import von Excel-Dateien aus den Modulen X-Menge und X-Bieter unterstützt den Anwender beispielsweise im schnellen Datenaustausch von Mengen und Angeboten. Darüber hinaus können die User von Sidoun Globe nun Daten aus einer beste-

henden Excel-Datei in eine beliebige Vorlage exportieren und reimportieren, was den Arbeitsprozess zweifelsohne vereinfacht. Und: Sie lassen sich auf direktem Wege aus den Bestandsdaten mit beliebigen Vorlagen übernehmen. Das Ziel, Kunden höchste Flexibilität zu verschaffen und die Leistungsstärke der AVA-Software Sidoun Globe kontinuierlich zu optimieren, ist mit dieser Version 9.2 also offenbar wiederum gelungen. www.sidoun.de

Höchste Flexibilität als Ziel © Sidoun International GmbH

Kostenlose Lösung von Nikon

Optimierung von Bildern Nikon hat vor kurzem die offizielle Version der neuen Software »Capture NX-D« vorund jetzt auch zum kostenlosen Download zur Verfügung gestellt. Mit Capture NX-D lassen sich Raw-Bilder einfach und umfassend bearbeiten, und zwar absolut hochwertig und zudem unabhängig von der Frage, ob sie mit einer digitalen Nikon-Spiegelreflexkamera, einer digitalen Nikon-1-Systemkamera oder einer Coolpix-Kompaktkamera aufgenommen worden sind. Im Übrigen ist die Software »Picture Control Utility 2« nun ebenfalls (kosten-

100

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

los) erhältlich, die das Anfertigen eigener Konfigurationen erleichtert: Sie bietet sich für die Anpassung und Bearbeitungen von Raw-Bildern sowohl der D810 als auch älterer Nikon-Kameras an und kann direkt aus Capture NX-D geöffnet werden. Zentrale Funktionen der neuen Lösung sind: – die Bearbeitung von Raw-Bildern mit systemeigenen Tools, die das Potential von Nikon-Kameras optimal nutzen; – die Unterstützung einfacher Bearbeitung auch von Jpeg- und Tiff-Bildern;

– frei bewegliche und benutzerfreundliche Werkzeugpaletten für die Verwendung mit einem großen oder mehreren Monitoren; – zahlreiche Ansichtsoptionen wie etwa der Vergleich mehrerer Bilder und die Darstellung von Vorher-nachherVersionen; – die Einführung eines Sidecar-Dateiformats, bei dem Bearbeitungsdaten in einer separaten Datei gespeichert werden. www.nikonimglib.com www.nikon.at


NACHRICHTEN UND TERMINE Hinweise der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft

Mehr Arbeitsschutz im Straßen- und Brückenbau Allein um Straßen und Brücken in gutem Zustand zu erhalten, sind künftig viele Baustellen zu erwarten. Wie wichtig es ist, mögliche Gefährdungssituationen vorausschauend zu beurteilen und die Vorschriften zum Arbeitsschutz einzuhalten, zeigt schon ein Blick auf die Zahlen: Rund 15.000 Arbeitsunfälle von Beschäftigten im Straßenbau registrierte die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) jeweils in den Jahren 2012 und 2013. »Die Folgen sind Leid für die Betroffenen und hohe Kosten für die Gemeinschaft der versicherten Unternehmen«, so Frank Werner, Abteilung Prävention der BG Bau. Nach einem schweren Arbeitsunfall entstehen regelmäßig erhebliche Aufwendungen für Heilbehandlung und medizinische sowie berufliche Rehabilitation. Die Kosten können im sechsstelligen Bereich liegen. Oft müssen Beschäftigte auf Straßenbaustellen unmittelbar neben dem fließenden Verkehr arbeiten. Dort werden sie durch zu hohe Geschwindigkeiten, zu enge Fahrstreifen oder unbeabsichtigte Lenkbewegungen der Autofahrer stark gefährdet. »Dabei haben auch die Beschäftigten im Straßenbau ein Anrecht auf sichere Arbeitsplätze. Für qualitativ hochwertige Arbeit benötigen sie genügend Platz und einen zusätzlichen Sicherheitsabstand zum vorbeirauschenden Verkehr«, so Horst Leisering, Leiter des Sachgebiets Tiefbau der BG Bau. Eine im Dezember 2013 vom Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA) beschlossene Technische Regel für Arbeitsstätten (ASR A5.2) »Straßenbaustellen. Anforderungen an Arbeitsplätze und Verkehrswege auf Baustellen im Grenzbereich zum Straßenverkehr« setzt nun Standards fest – und enthält unter anderem die erforderlichen Maßangaben zum seitlichen Abstand zwischen Arbeitsplätzen und vorbeifließendem Verkehr sowie Mindestbreiten von Arbeitsplätzen und Verkehrswegen, und zwar in Abhängigkeit von der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und den eingesetzten Arbeitsmitteln und -verfahren. Mit der neuen Regel wird den am Straßenbau beteiligten Unternehmen, Planern und Behörden also ein Hilfsmittel an die Hand gegeben, um Straßenbaustellen künftig sicherer planen und ausführen zu können.

Brückenerrichtung im Freivorbau © Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft

»Mit häufig schweren Verletzungen der Beschäftigten oder sogar tödlichem Ausgang sind außerdem einstürzende Traggerüste, umfallende Konstruktionen und kollabierende Tragsysteme verbunden. Speziell im Straßen- und Brückenbau ist aufgrund exponierter Höhen-Arbeitsplätze die Gefahr eines Absturzes von Mensch und Material überdurchschnittlich hoch«, so Dr. Marco Einhaus, Leiter des Sachgebiets Hochbau der BG Bau. Betonierarbeiten an Schalungen mit anschließender Betonverdichtung werden in der Praxis beispielsweise noch immer von unsicheren Standplätzen ausgeführt. Bei solchen Tätigkeiten sind sicherheitstechnische Aspekte schon von vornherein in die Planung einzubeziehen und die Unternehmen in der Pflicht, die sicherheitstechnischen Anforderungen zu beachten. »Dem präventiven Arbeitsschutz dient auch der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan), den Bauherren oder von ihnen beauftragte Dritte für Baustellen erstellen müssen, wenn dort Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden oder besonders gefährliche Arbeiten anfallen«, so Frank Werner.

Im SiGe-Plan werden nicht zuletzt die räumliche und zeitliche Zuordnung der Arbeitsabläufe und die Maßnahmen geregelt, mit denen Gefährdungslagen verringert werden sollen, generell ergänzt durch eine Baustellenordnung, die den störungsfreien Bauablauf unterstützt. Für den Fall, dass trotz aller Maßnahmen Unfälle eintreten, muss ein funktionierendes Rettungskonzept vorhanden sein. Dazu Werner: »Durch die Dynamik von Straßen- und Brückenbaustellen können sich die Bedingungen ständig verändern. Daher sind die Konzepte im Rahmen des SiGePlans regelmäßig zu überprüfen und bedarfsgerecht anzupassen.« www.bgbau.de

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

101


N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Studienangebot der Bauhaus-Universität Weimar

Fachingenieur für Brückenbau Im Herbst 2014 startet zum dritten Mal an der Bauhaus-Universität Weimar das berufsbegleitende Studium Brückenbau. Die siebenmonatige Weiterbildung gewährt Einblicke in die neuesten Entwicklungen des Brückenbaus – sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene. Das thematische Spektrum dieses weiterbildenden Studiums reicht von Planungsgrundlagen über spezielle Ausführungsprobleme und -lösungen sowie Finanzierungsmöglichkeiten bis hin zu rechtlichen Fragen der Abrechnung und des Nachtragsmanagements.

An neun Themenwochenenden, die jeweils Freitagnachmittag und Samstag stattfinden, stehen folgende inhaltliche Schwerpunkte im Mittelpunkt: – Grundlagen und Entwurfsrandbedingungen – Tragsysteme und Entwurf – Modellbildung und Analyse – Standsicherheitsnachweise und konstruktive Durchbildung – Herstellverfahren und Montageplanung – Spezialkonstruktionen und Sonderthemen – Unterhaltung und Bauwerksmanagement – Projektmanagement und Ausführung. Zusätzlich Fachexkursionen, die ein breites Spektrum an Brückenbauwerken veranschaulichen, runden das Angebot inhaltlich ab.

Abschluss mit Zertifikat © Bauhaus-Universität Weimar

Nächster Studienstart ist am 14. November 2014. Durch die erfolgreiche Teilnahme erwerben die Absolventen den Titel »Fachingenieur/in für Brückenbau« (Bauhaus Universität Weimar). www.wba-weimar.de

Neuer Master-Abschluss der Hochschule für Technik Stuttgart

Verkehrsinfrastrukturmanagement als Studiengang Mobilität ist eine Grundbedingung unseres Lebens und Wirtschaftens geworden, wobei ihr gerade unter dem Einfluss von Klimawandel, Ressourcenverknappung und demographischen Verschiebungen eine Schlüsselfunktion zur zukunftsfähigen Gestaltung von Arbeits- und Wohnwelten zukommt. Diese Herausforderungen erfordern von den Kommunen und Regionen zunehmend komplexere integrierte Siedlungsund Verkehrsentwicklungsplanungen sowie eine effiziente Infrastrukturplanung.

Hier setzt der Master-Studiengang Verkehrsinfrastrukturmanagement an: In interdisziplinärer Ausrichtung werden die wirtschaftlichen, technischen und juristischen Komponenten von Planung, Entwurf, Betrieb und Erhaltung von Verkehrsinfrastrukturanlagen beleuchtet – und dabei sämtliche Verkehrsträger sowie alle Mobilitätsformen vom Individualverkehr bis zum öffentlichen Personennahverkehr einbezogen. Angesiedelt an der Fakultät Bauingenieurwesen, Bauphysik und Wirtschaft, umfasst er ein dreisemestriges Vollzeitstudium mit dem Abschluss als Master of Engineering (M.Eng.). Die Hochschule für Technik Stuttgart geht deshalb davon aus, dass die Absolventinnen und Absolventen in der Praxis stark nachgefragt sein werden, sei es von Betreibern von Verkehrsanlagen, Verkehrsbetrieben, Ingenieurbüros oder spezialisierten Beratungsgesellschaften. www.hft-stuttgart.de

102

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

Angebot von interdiziplinärer Ausrichtung © Hochschule für Technik Stuttgart


NACHRICHTEN UND TERMINE Abgestimmtes Mobilitätskonzept von PTV

Verkehr und Versorgung auf dem Lande Ländlich geprägte Regionen zeichnen sich durch geringe Bevölkerungsdichte, zerstreute Siedlungsstruktur und große Entfernungen zwischen den Standorten für Wohnen, Arbeiten und Versorgung sowie durch ein eingeschränktes ÖPNVAngebot aus, deren negative Folgen der demographische Wandel noch verstärken wird. Das gilt auch für den Kreis Nordfriesland, denn hier werden im Jahr 2025 fast doppelt so viele Menschen ab 65 Jahren leben wie junge unter 20. Es ist daher wichtig, frühzeitig die Infrastrukturen der Daseinsvorsorge anzupassen wie deren Erreichbarkeit durch entsprechende Mobilitätsangebote zu gewährleisten. Eine Weiterentwicklung bisheriger Initiativen hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) nun gemeinsam mit dem Landkreis Nordfriesland in einem Projekt erprobt, in dem die Herausforderungen des demographischen Wandels für die Daseinsvorsorge, die Mobilität und die interkommunale Kooperation in einem strategischen Ansatz gebündelt und zusammen bearbeitet

wurden. Begleitet wurde dieses Projekt durch das »Forum Mobilität«, in dem politische Entscheidungsträger, Verkehrsunternehmen und regionale Interessengruppen, wie der Kreisjugendring oder der Landfrauenverband, vertreten waren. »Mobilität im ländlichen Raum ist vom Staat alleine nicht mehr leistbar. Zukünftig wird mehr Eigenengagement der Bürger erforderlich sein. Das Projekt hat eindrucksvoll bewiesen, dass sich durch die Einbindung aller Akteure Verständnis für die verschiedenen Bedürfnisse und Sachzwänge gewinnen und damit ein neues Bewusstsein schaffen lässt. Durch tragfähige Konzepte und neue Kooperationen zwischen den Gemeinden können ländliche Räume wieder attraktiver gemacht werden«, so PTV-Projektleiterin Annette Kindl: Die PTV Transport Consult hat für das Projekt ein Mobilitätskonzept erarbeitet, das neben bestehenden konventionellen ÖPNV-Angeboten auch flexible Bedienungsformen im ÖPNV, neue Formen der Elektromobilität sowie Mobilitätsangebote des bürgerschaftlichen Engagements beinhaltet – und

Abschlussbericht des Gesamtprojekts © Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur

derart einen konkreten und übertragbaren Ansatz aufweist, der sich in dem entsprechenden Abschlussbericht nachlesen lässt. www.ptvgroup.com www.bmvi.de

Große Resonanz in Baden-Württemberg

Radverkehrsförderung mit Bürgerbeteiligung »Was bewegt Bürgerinnen und Bürger? Das Radfahren!« So bringt Winfried Hermann, Baden Württembergs Minister für Verkehr und Infrastruktur, die große Beteiligung zur sogenannten RadStrategie auf den Punkt, und zwar anlässlich der abschließenden Klausurtagung zum Beteiligungsverfahren. Diese RadStrategie dient dazu, den roten Faden zwischen den verschiedenen Aktivitäten des Landes zu spinnen und weiterzuentwickeln.

Zuvor hatten über 2.000 Radlerinnen und Radler aus ganz Baden-Württemberg entsprechende Fragebögen ausgefüllt, ein Teil von ihnen beriet danach über die bisherigen Ergebnisse der Bürgerbeteiligung, identifizierte Chancen und Hemmnisse für mehr Radverkehr in BadenWürttemberg und entwickelte so Ideen für die künftige Entwicklung. Die Ergebnisse der Klausur nahm Minister Hermann als Beitrag in Empfang: »Es ist beeindruckend, wie intensiv sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit der Verbesserung des Radfahrens auseinandergesetzt und welche guten Ergebnisse sie zusammengetragen haben.«

Ein derartiges Bürgerbeteiligungsverfahren ist deutschlandweit einmalig: Erstmals konnten Radler ihr Wissen und ihre Alltagserfahrungen direkt in einem strategischen Papier zur Radverkehrsförderung eines Bundeslandes einbringen. Die Maßnahme wird im Übrigen vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im Rahmen der Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans gefördert. www.mvi.baden-wuerttemberg.de

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

103


N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Erfolgreiche Projekte in Nordrhein-Westfalen

Radwege auf ehemaligen Bahntrassen Mit dem ersten Spatenstich für den Radweg auf der Trasse der früheren Elbschetalbahn zwischen Wetter und Gevelsberg durchbricht Nordrhein-Westfalen die 1.000-km-Schwelle bei Radwegen auf ehemaligen Bahntrassen, die per se Teil des landesweit ausgeschilderten Radverkehrsnetzes von insgesamt 14.250 km Länge sind. Verkehrsminister Michael Groschek: »Unsere Bahntrassenradwege sind echte Gemeinschaftsprojekte. Die Bahnflächenentwicklungsgesellschaft NRW mbH (BEG) als gemeinsame Tochter des Landes Nordrhein-Westfalen und der Deutschen Bahn AG hat in den vergangenen fünf Jahren auf rund 300 km früherer Bahntrassen den Bau neuer Radwege auf den Weg gebracht.« Die Eisenbahn wird durch diese Maßnahme aber nicht komplett aus dem Landschaftsbild verschwinden, Relikte aus »ihrer« Zeit werden vielmehr in den Streckenverlauf mit einbezogen, was insbesondere für die beiden denkmalgeschützten Viadukte in Wetter-Wengern und »Ochsenkamp« sowie den Haltepunkt »Wengern-West« gilt. So werden die beiden Viadukte in enger Zusammenarbeit mit der Denkmalschutzbehörde instand gesetzt, der ehemalige Bahnsteig des Haltepunktes »Wengern-West« bleibt ebenfalls bestehen und wird zu einem Rastpunkt mit Sitzgelegenheiten umgestaltet.

Umnutzungen mit vielfältigen Perspektiven © Bahnflächenentwicklungsgesellschaft NRW mbH

Freie Fahrt (auch) auf Brückenbauwerken © Bahnflächenentwicklungsgesellschaft NRW mbH

Der ca. 12 km lange neue Radweg komplettiert letztlich den Rundkurs »Von Ruhr zur Ruhr«, der damit ca. 50 km misst und die Städte Hattingen, Sprockhövel, Gevelsberg, Wetter-Wengern und WittenBommern auf ehemaligen Bahntrassen miteinander verbindet. Derartige Radwege haben für ihre Benutzer viele Vorteile, müssen doch deutlich weniger

(Haupt-)Straßen höhengleich gekreuzt werden. Selbst in bewegtem Gelände sind zudem keine schwierigen Steigungen zu bewältigen, im Regelfall betragen sie sogar maximal 2,50 %. Und es gibt kaum Störungen durch Kfz-Verkehr, Ein- und Ausfahrten, Wirtschaftsverkehr, ja nicht einmal durch (größeren) Verkehrslärm. www.radverkehrsnetz.nrw.de www.beg.nrw.de

104

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014


NACHRICHTEN UND TERMINE Leitfaden des gleichnamigen Verbandes

Asphalt im Radwegebau Der Deutsche Asphaltverband e.V. hat eine komplett überarbeitete Neuauflage des Leitfadens »Asphalt im Radwegebau« veröffentlicht. Diese Publikation wendet sich an Mitarbeiter in Verwaltungen, Kommunen oder Ingenieurbüros und

Informationen zum Nachlesen © Deutscher Asphaltverband e.V.

zeigt, wie und wo Asphalt am besten eingesetzt wird: von der Planung und Ausschreibung über die Auswahl der richtigen Asphaltmischgutart und -sorte bis hin zum Einbau und den baulichen Erhaltungsmaßnahmen. Die Erstausgabe des Leitfadens erschien bereits 1998 und wurde nun auch aufgrund zahlreicher Gesetzesänderungen komplett neu verfasst. Im Einzelnen enthält er Kapitel zu den Themen Planung, Bau, Grundsätze und Prüfungen, Bauliche Erhaltungsmaßnahmen in Anlehnung an die ZTV BEA-StB sowie Hilfen für das Leistungsverzeichnis. Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Analyse möglicher Schäden und Hinweise zu deren Vermeidung. »Asphalt im Radwegebau« kann als Druckwerk bestellt oder aber auf der Internetseite des Verbandes als pdf kostenfrei heruntergeladen werden. www.asphalt.de

Digitales Modell des BBSR

Visualisierung von Verkehrsströmen Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hat ein Instrument für die Visualisierung von Verkehrsströmen entwickelt, mit dem sich erstmals regionale Schwerpunkte des Güterund Personenverkehrs veranschaulichen lassen. Empirisch stützt sich dieses Modell auf die Verkehrsleistungsstatistiken des Statistischen Bundesamtes und die Ver-

Dokumentation der Ergebnisse © Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

kehrsprognose des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). Die Daten werden mit BusinessIntelligence-Software analytisch verknüpft und visualisiert. Das heißt, mit TraViMo können Transporte von wichtigen Gütern von und nach Deutschland sowie innerhalb der Bundesrepublik mit interaktiven Karten dargestellt sowie Prognosen des Verkehrsaufkommens bis zum Jahr 2030 erstellt werden. Die Kombination mit weiteren Datengrundlagen und wissenschaftlichen Modellen erlaubt zudem eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten, darunter die Notfallplanung im Falle eines Verkehrsträgerausfalls, die Bewertung von verkehrspolitischen Maßnahmen und die Abschätzung von Investitionseffekten in den Regionen. Und: Für die Nutzung von TraViMo sind keine speziellen Datenbankkenntnisse erforderlich. Das Heft »Verkehrsbild Deutschland«, in dem man das alles nachzulesen vermag, steht kostenlos zur Verfügung – und zwar in gedruckter Form oder als Download. www.bbsr.bund.de

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

105


N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Amtsübergabe mit Bayerischem Innen- und Bauminister

Oberste Baubehörde unter neuer Leitung Ende Juni hat der bayerische Innenund Bauminister Joachim Herrmann bei einem Festakt in der Münchner Residenz den langjährigen Leiter der Obersten Baubehörde, Ministerialdirektor Josef Poxleitner, in den Ruhestand verabschiedet: »Als 25. Nachfolger von Leo von Klenze, dem ersten Leiter der Obersten Baubehörde, haben Sie seit 2003 die Staatsbauverwaltung als ideenreicher Lenker mit Faszination und Verantwortung geleitet und zukunftsfest gemacht.« Herrmann dankte Poxleitner im Namen der gesamten bayerischen Staatsregierung für sein außergewöhnliches Engagement für das Planen und Bauen in Bayern und betonte zugleich, dass Helmut Schütz als neuer Leiter die Oberste Baubehörde auf ihrem erfolgreichen Kurs weiterführen wird: »Zu Ihrer anspruchsvollen Aufgabe wünsche ich Ihnen viel Kraft und Erfolg sowie das Quäntchen Fortune, das selbst der Tüchtigste braucht.« Poxleitner hatte seit 2003 die Geschicke des gesamten staatlichen Planens und Bauens gelenkt und mit seinen ca. 11.000 Mitarbeitern zahlreiche Straßen, Brücken, Tunnel, Universitäten, Museen, Klinika und vieles mehr in Bayern realisiert. Der Innenminister würdigte in seiner Rede besonders die Verdienste Poxleitners um die Reform der Staatsbauverwaltung.

So sei Poxleitner als Leiter der Obersten Baubehörde in eine sehr turbulente Zeit gestartet. Es galt, die gesamte Verwaltung erheblich umzuorganisieren und aus 51 Hoch-, Straßen- und Universitätsbauämtern 22 Staatliche Bauämter zu schaffen. Gleichzeitig wurden 1.000 Stellen abgebaut. »Trotz der Umstrukturierung und des Stellenabbaus hat es unsere Bauverwaltung geschafft, qualitativ stärker zu werden«, lobte Herrmann. Darüber hinaus sei es Poxleitner gelungen, wichtige Zukunftsthemen rechtzeitig in Angriff zu nehmen, so zum Beispiel Public Private Partnership. Als bundesweit erstes (derartiges) PPP-Projekt im Straßenbau konnte die A 8 zwischen Augsburg und München ausgebaut, im Hochbau die Justizvollzugsanstalt München errichtet werden. Herrmann bezeichnete Poxleitner zudem als Vorreiter beim energieeffizienten Bauen, habe er doch bundesweit als innovativ geltende Vorhaben angestoßen, zum Beispiel den Passivhausstandard für neue staatliche Verwaltungsgebäude etabliert. Zum neuen, 26. Leiter der Obersten Baubehörde, Helmut Schütz, sagte Herrmann: »Mit Ihnen haben wir wieder einen passionierten Bauingenieur als Leiter der Obersten Baubehörde gewonnen. Mit Ihrer fachlichen Kompetenz, Ihrem

Ministerialdirektor Josef Poxleitner © Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr

Ministerialdirektor Helmut Schütz © Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr

Fingerspitzengefühl und Ihrer guten Vernetzung werden Sie die weiteren Zukunftsfelder der Obersten Baubehörde gut bestellen und das Haus auf seinem erfolgreichen Kurs weiterführen.« www.stmi.bayern.de

DEGES-Beitritt von Baden-Württemberg

Unterstützung bei Straßenbauprojekten Baden-Württemberg hat die Beteiligung des Landes an der DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH beantragt: Sie soll die Straßenbauverwaltung zukünftig bei der Planung, Abwicklung und Durchführung von ausgewählten Projekten unterstützen. »DEGES ist ein weiteres Element, mit dem wir unsere heute schon an der Grenze der Leistungsfähigkeit arbeitende Straßenbauverwaltung stärken wollen«, so Winfried Hermann, baden-württembergischer Minister für Verkehr und Infrastruktur. Als erstes Bauvorhaben soll die B 31 Immenstaad–Friedrichshafen/Waggershausen mit (Projekt-)Kosten von rund 110 Mio. € und mit einer Bauzeit von etwa fünf Jahren probeweise übergeben werden.

106

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

Der DEGES-Beitritt ist ein Baustein des vom Ministerium für Verkehr und Infrastruktur vorgelegten Handlungskonzepts zur Umsetzung von Bundes- und Landesmitteln im Jahr 2014 und in den Folgejahren. »Wir erwarten in den nächsten Jahren, dass es mehr Bundesmittel für die Straßeninfrastruktur gibt. Darauf richten wir uns unter anderem auch mit dem DEGES-Beitritt ein, um langfristig mehr Bundesmittel abrufen zu können«, so Hermann. Bereits heute werden rund 90 % der Planungs- und mehr als 40 % der Bauleitungsleistungen von externen Dienstleistern erbracht. »Die Straßenbauverwaltung steht in den kommenden Jahren vor der Herausforderung, dass ihre Arbeit durch die dringend notwendigen Sanierungsmaßnahmen an Straßen und

Brücken komplexer und damit zeitintensiver wird und gleichzeitig das hohe Niveau an Umsetzungsbudget gehalten werden soll«, so Hermann. »Nach den massiven Einsparprogrammen der vergangenen Jahre ist zur Abdeckung der Grundlast in den nächsten Jahren in der Straßenbauverwaltung auch ein Aufbau von 200 Stellen notwendig.« www.mvi.baden-wuerttemberg.de


N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Übernahme von Eriksen durch Schüßler-Plan

Verstärkung des Leistungsprofils Das Ingenieurunternehmen SchüßlerPlan hat die Eriksen Hannover Gesellschaft für Ingenieurplanung mbH übernommen: Seit Juli verstärkt das Team von Eriksen mit Schwerpunkt im Ingenieurbau das Leistungsprofil von SchüßlerPlan am Standort Hannover. Die Eriksen Hannover Gesellschaft für Ingenieurplanung mbH war Anfang des Jahres im Rahmen eines Großprojektes in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten.

Mit der Übernahme der Gesellschaft durch Schüßler-Plan und einem schnell greifenden Sanierungskonzept konnten die Arbeitsplätze gesichert werden. Durch diese Übernahme steigert Schüßler-Plan zudem seine Marktpräsenz in Deutschland und regionale Kundennähe in Niedersachsen. Die Leitung der neuen Niederlassung in Hannover wurde den bisherigen EriksenMitarbeitern Dipl.-Ing. Ulf Schwanemann und Dipl.-Ing. Viktor Mattus übertragen.

Gemeinsam mit der Geschäftsleitung in Düsseldorf sind sie für die weitere Entwicklung des Standortes Hannover verantwortlich. www.schuessler-plan.de

Leitungswechsel bei Pöyry Deutschland

Neuer Sprecher der Geschäftsführung Ralf Reifferscheidt (56) ist seit dem 1. Januar 2014 neuer technischer Geschäftsführer der Pöyry Deutschland GmbH, eines führenden Consultingund Engineering-Unternehmens mit ausgewiesener Expertise in den Bereichen Energie, Industrie, Verkehr, Wasser, Hoch- und Städtebau sowie Umwelt. Er folgt in dieser Position Walter Hengst, der Ende 2013 nach rund 30 Jahren bei Pöyry in den Ruhestand gegangen ist. Ihm zur Seite steht Julia Bangerth, die seit 2013 als kaufmännische Geschäftsführerin fungiert.

Als technischer Geschäftsführer leitet Ralf Reifferscheidt das operative Geschäft der Pöyry Deutschland GmbH und trägt darüber hinaus Verantwortung für die Bereiche Business Development, Vertrieb, Qualitätsmanagement sowie Marketing und Kommunikation. Der Diplom-Ingenieur für Maschinenbau und Verfahrenstechnik war vor seinem Wechsel zu Pöyry Business als Unit Director & General Manager beim Stahl-, Maschinen- und Anlagenbauer Maurer Söhne GmbH & Co. KG in München und davor beim Konsumgüterhersteller Henkel AG & Co. KGaA in Düsseldorf in verschiedenen Positionen tätig.

Ralf Reifferscheidt © Pöyry Deutschland GmbH

www.poyry.de

Umfirmierung bei Hünnebeck

Name mit langer Tradition Seit Juni firmiert die Harsco Infrastructure Deutschland GmbH unter dem Namen Hünnebeck Deutschland GmbH. Mit diesem Schritt knüpft das Unternehmen an seine lange Hünnebeck-Tradition an, die bis in das Jahr 1929 zurückreicht. Die Umfirmierung folgt einem Eigentümerwechsel im November 2013: Seitdem gehört die frühere Harsco Infrastructure Division zu der Brand Energy & Infrastructure Services Gruppe mit Sitz in Kennesaw, USA. »Unser neuer Name spiegelt die Veränderung in unserem Unternehmen wider und erlaubt es uns, uns nunmehr als vollständig integrierte Tochtergesellschaft von Brand Energy & Infrastructure Services zu

präsentieren«, so Martin Hemberger, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hünnebeck Deutschland GmbH. Brand Energy & Infrastructure Services ist ein führender Anbieter spezialisierter Dienstleistungen für die globalen Energie-, Industrie- und Infrastrukturmärkte. Das breite Angebot umfasst Gerüstdienstleistungen und Höhenzugangstechnik, Korrosionsschutz, Beschichtungen, Isolierung, Brandschutztechnik, Engineering, Schalungstechnik und Traggerüstlösungen. Die Kunden profitieren dabei von einem dichten Netzwerk mit über 300 Niederlassungen und rund 24.000 Mitarbeitern in 32 Ländern weltweit.

In der Region Nord- und Osteuropa werden also alle Landesgesellschaften (Deutschland, Österreich, Polen, Rumänien, Russland und die Ukraine) zukünftig wieder unter der Marke Hünnebeck am Markt vertreten sein, und zwar mit einem Portfolio, welches Wand-, Decken-, Kletter- und Sonderschalungen, Sicherheitstechnik sowie Traggerüstlösungen und klassische Fassadengerüste für den Gewerbe-, Industrie-, Wohnungs- und Infrastrukturbau abdeckt. www.huennebeck.de

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

107


N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Belastungstests an der Fachhochschule Münster

Brückenbauwerke von Physik-Schülern So sieht Physikunterricht mit Praxisbezug aus: 22 Schüler-Teams werkelten monatelang mit Papier, Holz und Leim und erstellten eindrucksvolle Brücken, hatte der Rotary Club Dülmen doch alle Schüler der weiterführenden Schulen in Dülmen zu einem Brückenbauwettbewerb aufgerufen. In den drei Größenkategorien 50 cm, 90 cm und 160 cm entstanden dabei originelle und phantasievolle Bauwerke. Prof. Dr. Dietmar Mähner und sein Team vom Fachbereich Bauingenieurwesen der Fachhochschule Münster unterzogen die Arbeiten der Physik-Schüler nun im bautechnischen Zentrallabor einem Belastungstest. Besonders eindrucksvoll war das Ergebnis in der Kategorie Holzbrücke mit einer Spannweite von 160 cm: Die Siegerbrücke erbrachte eine Tragfähigkeit von mehr als 500 kg. Im bautechnischen Zentrallabor der Fachhochschule Münster arbeiten Wissenschaftler an diversen Forschungs- und Entwicklungsprojekten, und angehende Bauingenieure sammeln praktische Erfahrungen. Wo ansonsten tonnenschwere großformatige Bauteile mit einer maximalen Belastung bis zu 1 MN auf ihre Tragfähigkeit geprüft werden, stellten sich jetzt also die Brücken der Dülmener Schüler dem Praxistest. Auf einer Videoleinwand verfolgten die Teilnehmer, wie sich ihre Bauwerke durch die jeweilige Belastung verformten. Dies zeigte den Schülern sehr anschaulich, wie Kräfte tatsächlich wirken.

Überprüfung der Tragfähigkeit im bautechnischen Zentrallabor © Fachhochschule Münster

Neben der Tragfähigkeit sollten die Brücken aber auch durch die Kreativität, die statische Konstruktion, die Gestaltung und die Verarbeitung überzeugen. Für die ersten drei Plätze jeder Kategorie gab es Geldpreise in Höhe von 100 €, 80 € und 60 €. Überaus erfolgreich waren hier die Schüler des Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasiums, denn in allen drei Wettbewerbskategorien stellten sie die

108

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

Sieger: In der Kategorie Papierbrücke mit einer Länge von 50 cm siegten Sarah Deng und Lena Werth. Bei den Papierbrücken mit einer Spannweite von 90 cm belegte Till Tiede den ersten Platz. In der dritten Kategorie Holzbrücke mit einer Spannweite von 160 cm ging der erste Preis an Julius Weiß und Tobias Schlüter. www.fh-muenster.de


N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Verleihung des dritten SOFiSTiK-Preises

Auszeichnung für Masterarbeit im Verbundbau Am 5. Juli wurde im Rahmen der Absolventenfeier am »Tag der Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt« der Technischen Universität München (TUM) der SOFiSTiKPreis zum dritten Mal vergeben. Mit 2.500 € dotiert, wird er jährlich für herausragende Promotionen und Masterarbeiten im Bereich numerischer Methoden und Datenmodelle im Ingenieurbau verliehen. Aus der großen Zahl eingereichter Vorschläge entschied sich die fünfköpfige Jury für die Masterarbeit »Modellbildung und Analyse von Verbundträgern mit Verbunddübelleisten mittels nichtlinearer, dreidimensionaler FEM« von Michael Gampfer, die am Lehrstuhl für Metallbau der TUM erstellt wurde: Mit aufwendigen Finite-Elemente-(FE-)Volumenmodellen wurden hier Versuche an einem Verbundträger nachgerechnet. Besonderes Augenmerk galt dabei der Abbildung der Verbunddübel mit geeigneten nichtlinearen Eigenschaften. Dr. Holger Heidkamp, Leiter Forschung und Entwicklung der SOFiSTiK AG: »Der diesjährige Preis zeichnet eine Arbeit aus, die eindrucksvoll zeigt, dass Ingenieur-

Dekan Prof. Dr. Gerhard Müller, Michael Gampfer und Dr. Holger Heidkamp (v.l.n.r.) © Technische Universität München/SOFiSTiK AG

kreativität gepaart mit Ausdauer, Kompetenz und einer zielorientierten Strategie beste Werkzeuge sind, um auch anspruchsvollste Aufgaben trotz knappen Zeitbudgets erfolgreich zu bewältigen. Mit dem von Michael Gampfer bis zur Einsatzreife entwickelten numerischen Simulationsmodell kann das experimentell beobachtete mechanische Tragverhalten der Verbunddübelleisten impo-

nierend relitätsnah erfasst werden. Es schafft damit die Basis für ein fundiertes Verständnis der komplexen Interaktion zwischen den Verbundwerkstoffen und liefert nicht zuletzt wertvolle Hinweise für eine weitere Optimierung des Bauteils.« www.sofistik.de

Zweite Auslobung durch bauforumstahl

Ingenieurpreis des Deutschen Stahlbaues 2015 Bauforumstahl lobt in Zusammenarbeit mit der Bundesingenieurkammer als ideellem Partner zum zweiten Mal den »Ingenieurpreis des Deutschen Stahlbaues« aus. Alle zwei Jahre ausgeschrieben, wird er vergeben für besondere Ingenieurleistungen in den Kategorien Hochbau und Brückenbau. Prämiert werden demensprechend neben herausragenden Neubauten und Lösungen für das Bauen im Bestand auch Berechnungsstrategien, Fertigungsverfahren, Montagekonzepte sowie Details oder Einzelelemente, die seit 2012 erstellt und in der Praxis angewendet bzw. realisiert worden sind.

Logo der Würdigung © bauforumstahl e.V.

Teilnahmeberechtigt sind die geistigen Urheber der eingereichten Ingenieurleistungen: Ingenieure und Ingenieurgemeinschaften, Arbeitsgemeinschaften aus Ingenieuren und Architekten sowie Stahlbaufirmen. Die Wettbewerbsteilnahme ist ausschließlich online möglich, die zugehörigen (Auslobungs-)Unterlagen stehen ab sofort zur Verfügung.

Einreichungsende ist der 5. November 2014, die Verleihung der Preise und Auszeichnungen erfolgt auf der Messe BAU am 20. Januar 2015 in München auf dem Gemeinschaftsstand von bauforumstahl. www.ingenieurpreis.de www.bauforumstahl.de

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

109


N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Patentiertes Bauverfahren der Technischen Universität Wien

Betonkuppeln und Brückenbauwerke zum Aufblasen Große Schalenbauten aus Beton oder Stein werden heute kaum noch errichtet, was daran liegt, dass man für die Herstellung von Kuppeln normalerweise aufwendige, teure Stützkonstruktionen aus Holz benötigt. An der Technischen Universität Wien wurde nun jedoch ein neues Bauverfahren entwickelt, das ganz ohne Gerüst auskommt: Eine Betonplatte wird flach am Boden ausgehärtet, danach bläst man ein Luftpolster unter ihr auf – und der Beton krümmt sich in kurzer Zeit zu einer belastbaren, stabilen Schale. Ganze Veranstaltungshallen lassen sich mit dieser inzwischen patentierten »Pneumatic-Wedge-Methode« realisieren. »Man kann sich das so ähnlich vorstellen wie eine Orangenschale, die man regelmäßig einschneidet und dann flach auf dem Tisch ausbreitet«, so Prof. Johann Kollegger. »Wir machen es eben umgekehrt, wir beginnen in der Ebene und stellen daraus eine gekrümmte Schale her.« Johann Kollegger und Benjamin Kromoser, Institut für Tragkonstruktionen an der Technischen Universität Wien, entwickelten die neue Schalenbautechnik, die jetzt in den Aspanggründen in Wien mit großem Erfolg getestet wurde. Sie funktioniert folgendermaßen: Zunächst wird mit gewöhnlichem Beton eine ebene Fläche gegossen, wobei die geometrische Form genau stimmen muss. Die Platte ist daher in mehrere Segmente gegliedert, außerdem werden bei ihrer Herstellung, abhängig von der zu erzielenden Form, exakt passende keilförmige Stücke ausgespart. Wenn die Betonplatte ausgehärtet ist, wird ein darunterliegender Pneu aus zwei miteinander verschweißten Kunststofffolien aufgepumpt und zugleich ein außen um die Platte verlaufendes Stahlseil zusammengezogen, so dass der Beton innen gehoben und außen zusammengedrückt wird.

Herstellung des Schalenbauwerks © Technische Universität Wien

Erscheinungsbild im »Rohbau« © Technische Universität Wien

Errichtung von Grünbrücken als Perspektive © Technische Universität Wien

Um zu gewährleisten, dass sich alle Plattenteile gleichmäßig heben, sind die Segmente mit Metallschienen verbunden. Im Experiment an der Technischen Universität Wien war dieser Arbeitsschritt nach ca. 2 h abgeschlossen, die Betonschale hatte dann eine Innenhöhe von 2,90 m. Im Versuchslabor wurde mittler-

110

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

weile auch getestet, wie sehr sich Beton im Extremfall mit ebenjener Methode verformen lässt: Lokale Krümmungsradien von nur 3 m sind problemfrei machbar. www.tuwien.ac.at


N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Erste Forschungsresultate an Empa und ETH Zürich

Entwicklung von »programmierbaren« Materialien Forschern der Empa und der ETH Zürich ist es gelungen, den (ersten) Prototyp eines schwingungsdämpfenden Materials herzustellen, der die Welt der Mechanik für immer verändern dürfte: Der Stoff der Zukunft kann auf Knopfdruck nicht nur Schwingungen komplett dämpfen, sondern auch gezielt bestimmte Frequenzen weiterleiten. Noch funktioniert dieses »programmierbare« Material lediglich in einer eindimensionalen Modellkonstruktion, doch die hat ihre ungewöhnlichen Fähigkeiten bereits bewiesen. Ein gewichtiger Schritt auf dem Weg zu mechanischen Bauteilen mit frei programmierbaren Eigenschaften ist damit getan. Das Arbeitsmodell, das die Forscher nutzen, besteht aus einer 1 m langen und 1 cm breiten Aluminiumplatte von 1 mm Dicke – ein Blechstreifen, der in verschiedenen Frequenzen zu schwingen vermag. Um die Wellenausbreitung zu kontrollieren, sind auf ihm zehn kleine Aluminiumzylinder (7 mm dick, 1 cm hoch) befestigt, wobei

zwischen Blech und Zylindern jeweils Piezoscheiben sitzen, die sich elektronisch anregen lassen und dann blitzschnell ihre Dicke verändern. Aus dem (simplen) Aluminiumstreifen ist dadurch ein sogenannter adaptiver phononischer Kristall geworden, also ein in seinen Eigenschaften verstellbarer Werkstoff. Es ist nun realisierbar, die Piezosteuerung so einzustellen, dass ein gewisses Frequenzspektrum der Wellen getilget wird. Und diese Dämpfung ist variierbar, denn die (Piezo-)Elemente sind in der Lage, in Bruchteilen von Sekunden ihre mechanoelastischen Eigenschaften zu ändern, und zwar von weich federnd bis zu völlig steif. Ein solches »Metamaterial« ist von durchaus revolutionärem Charakter und kaum zu unterschätzender Bedeutung, musste man bisher doch die gewünschten Schwingungseigenschaften bereits bei der Auswahl des Materials festlegen. In Zukunft könnte das Material hingegen auf aktuelle Messwerte von Vibrationen

Prototyp des schwingungsdämpfenden Blechs © Empa/ETH Zürich

reagieren und seine Schwingungseigenschaften blitzschnell anpassen. Eine derartige Anlage wäre wesentlich stabiler und zugleich leichter zu konstruieren. Beim Forschungsprojekt »Phononic Crystal with Adaptive Connectivity« kooperierte Empa-Wissenschaftler Andrea Bergamini mit der Arbeitsgruppe von Paolo Ermanni an der ETH Zürich, beteiligt war außerdem Massimo Ruzzene vom Georgia Institute of Technology. www.empa.ch

Zukunftsweisendes Entwicklungsprojekt der Empa

Vorspannung mittels Formgedächtnislegierungen Formgedächtnislegierungen oder Shape Memory Allows (SMA) nehmen selbst nach starker Verformung automatisch oder durch Wärmeeinwirkung wieder ihre ursprüngliche Gestalt an: ein neuer, interessanter Werkstoff, der bereits heute für Brillengestelle, Thermostate, Stents und Mikroaktuatoren verwendet wird. Ein Einsatz im Bauwesen ist aber ebenfalls denkbar, zum Beispiel für die Verstärkung von Brücken. Wird ein Betonträger mit SMA-Stäben bewehrt, lassen sich selbige durch Hitze »aktivieren«: Sie wollen sich in ihre ursprüngliche Form zusammenziehen. Da sie aber einbetoniert sind, geht das nicht, es entsteht eine Vorspannung. Dieser Effekt ließe sich also nutzen, um ganze Brückendecks vorzuspannen: Die SMAStäbe müssten dazu lediglich mittels Durchleitens von Strom erhitzt werden, eine aufwendige Spannvorrichtung und Hüllrohre würden entfallen. Für den Bau wenig attraktiv sind NickelTitan-Legierungen, aus denen Brillengestelle oder Stents gefertigt werden – im Unterschied zu Produkten auf Eisen-

basis, die viel günstiger sind und zudem deutlich geringere Prozesskosten aufweisen. Bislang waren sie zur Aktivierung des Formgedächtniseffekts allerdings auf bis zu 400 ºC zu erhitzen, was für den Einsatz in Beton oder anderen temperaturempfindlichen Materialien zu hoch ist. Forschern der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) um Christian Leinenbach aus der Abteilung »Fügetechnologie und Korrosion« ist es nun gelungen, eine neuartige EisenMangan-Silizium-Legierung zu entwickeln, die sich schon bei erträglichen Temperaturen um 160 ºC aktivieren lässt. Dazu »designten« die Materialwissenschaftler mittels thermodynamischer Simulationen virtuelle Legierungen. Die aussichtsreichsten Kombinationen wurden daraufhin im Labor hergestellt und auf ihre Formgedächtniseigenschaften hin untersucht, und zwar mit Erfolg, denn gleich mehrere der neuen Materialien genügten den Anforderungen der Bauingenieurskollegen – ein Meilenstein auf dem Weg zum günstigen Formgedächtnisstahl für Anwendungen im Tonnenmaßstab.

Betonbalken mit eingelegten SMA-Lamellen © Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt

Eisenbasierte SMA bieten gerade im Bauwesen hervorragende Perspektiven, weil mit ihnen das Vorspannen einfacher und deshalb günstiger ist als bei konventionellen Verfahren. Darüber hinaus sind sogar vorgespannte Systeme denkbar, die mit konventionellen Methoden nicht oder nur sehr schwierig realisierbar sind, wie Kurzfaserbeton, Stützenumwicklungen, Einschlitzlamellen oder gerippte Bewehrungsstähle. Basierend auf den EmpaEntwicklungen wurde 2012 das Start-upUnternehmen re-Fer AG gegründet, das künftig solche SMA produzieren und vertreiben wird. Die Kosten sollen dabei in der Größenordnung von rostfreiem Edelstahl liegen. www.empa.ch

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

111


N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Neuerscheinung bei Ernst & Sohn

Standardwerk für Bauingenieure Das Buch ist ein Wegweiser für den optimierten Entwurf von Brückenbauwerken, die funktionsgerecht und gleichzeitig mit gestalterischem Anspruch konstruiert werden. Ein solches Ziel lässt sich natürlich nur dann erreichen, wenn bereits bei Konzeptionsbeginn alle Anforderungen und Randbedingungen für Tragwerksform und Bauweise berücksichtigt werden: Eine Stärke der Veröffentlichung ist infolgedessen der bauart- und baustoffunabhängige Zugang zum Entwurf. Die Eurocodes für den Brückenbau wurden in Deutschland 2013 verbindlich eingeführt, wobei die sogenannten DINHandbücher Brückenbau die normativen Regelungen der relevanten EurocodeTeile und zugehörigen Nationalen Anhänge, jeweils für Beton, Stahl und Stahlverbund, sowie die Einwirkungen zusammenfassen. Darüber hinausgehende Hilfsmittel werden weder von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)

noch vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zur Verfügung gestellt. Die früher publizierten »Leitfäden Brückenbau« wird es zudem nicht mehr geben. Das »Handbuch Brückenbau« von Karsten Geißler schließt nun diese Lücke, indem es neben der umfangreichen Darstellung der Grundsätze zum Entwurf von Straßen- und Eisenbahnbrücken zahlreiche Erläuterungen, Hintergrundwissen und Berechnungsbeispiele zur Konstruktion und Bemessung von Massiv-, Stahlsowie Verbundbrücken enthält. Alle erforderlichen Nachweise werden bei Anwendung der Eurocodes ausführlich dokumentiert. Ein weiterer besonderer Vorteil resultiert aus der erschöpfenden Behandlung von Sonderkapiteln, wie etwa der Gleis-Tragwerk-Interaktion und der dynamischen Beanspruchung bei Eisenbahnbrücken oder die Berücksichtigung der Wölbkrafttorsion über die Lastquerverteilung bei Stahlüberbauten.

Kompendium zum Studieren © Verlag Ernst & Sohn

Das wahrlich ebenso inhaltsschwere wie -reiche Werk weist 1.362 Seiten, 1.077 Abbildungen sowie 299 Tabellen auf und kostet genau 169 €. www.ernst-und-sohn.de

Inhaltsreiches Buch aus dem Jefen-Verlag

Dokumentation einer Epoche Zeitgleich zum 250-jährigen Jubiläum der niedersächsischen Straßenbauverwaltung erschien ein Bericht, der die Entwicklung des Konstruktiven Ingenieurbaus im Straßenbaubereich der Bundesrepublik Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg, also über einen Zeitraum von 65 Jahren, nachzeichnet, von denen der Verfasser dieses Buches über 35 Jahre an maßgebender Stelle in der Straßenbauverwaltung mitgewirkt hat: Dekaden, in denen eine so rege Bautätigkeit herrschte wie in keiner Zeitspanne zuvor. Gerd Lüesse berichtet über technische Entwicklungen mit ihren Erfolgen sowie Misserfolgen, schildert Ergebnisse und Folgerungen und spricht verschiedene Fragestellungen und Probleme an, mit denen sich Auftragnehmer und Auftraggeber auseinandersetzen mussten. Im Verlauf seines historischen Streifzugs wird aber auch an zahlreiche Tatsachen erinnert, die nahezu vergessen bzw. jüngeren Lesern gar nicht mehr aus eigener Anschauung geläufig sind.

112

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014

Ergänzend zu den Veröffentlichungen in den Fachzeitschriften bietet sein Werk infolgedessen einen »Blick hinter die Kulissen« einer bauenden Verwaltung mit deren sich ständig änderndem Aufbau und den verschiedensten Aufgabenbereichen sowie Einblicke in das Zusammenspiel zwischen dem Bundesverkehrsministerium als bedeutendstem Bauherrn im Konstruktiven Ingenieurbau und den Straßenbauverwaltungen der Bundesländer. Erwähnung finden in dem Zusammenhang auch die Auswirkungen der deutschen Einheit auf den Straßenbau sowie Fragen des Umwelt- und des Denkmalschutzes und der architektonischen Gestaltung. Einige Beispiele ausgeführter Neubau-, Umbau- und Erhaltungsmaßnahmen vermitteln dem Leser abschließend die Vielgestaltigkeit und Faszination des Baugeschehens. Diese Veröffentlichung schließt derart eine Dokumentationslücke für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und eignet sich besonders zum Einstieg in den um-

Lektüre mit Erkenntnisgewinn © Jefen-Verlag

fangreichen Komplex des Konstruktiven Ingenieurbaus. 2014 erschienen, ist das über 260-seitige broschierte Buch mit über 380 großenteils farbigen Abbildungen zum Preis von 29,50 € zuzüglich Versandkosten nur direkt über den Jefen-Verlag, Postfach 2505 in 49015 Osnabrück, zu beziehen. jefen-verlag@gmx.de


BRANCHENREGISTER AUTOMATISCHE SYSTEME

a mageba company Alpin Technik und Ingenieurservice GmbH Plautstraße 80 04179 Leipzig Tel.: +49/341/22 573 10 www.seilroboter.de www.alpintechnik.de

BIEGEN

CPIC Bridge & Steel Constructions GmbH Fanny-Zobel-Straße 9 12435 Berlin Tel.: +49 30 552 46 035 Fax: +49 30 915 73 479 mail@cpic.de www.cpic.de

05.02.2014 10:43:51

Janson Bridging GmbH Vermietung und Verkauf

Biegen - Profile + Rohre Neue Biegewerkzeuge für Rundrohre: D=610-711-813

Brücken - Pontons - RORO www.jansonbridging.de

Kuhnle GmbH D-75417 Mühlacker Tel: +49(0)7041-2657  info@kuhnlegmbh.de www.kuhnlegmbh.de

Köster & Co. GmbH Spreeler Weg 32 58256 Ennepetal Tel.: +49/23 33/83 06-0 Fax: +49/23 33/83 06-38 Mail: info@koeco.net www.koeco.net

BRÜCKENVERMIETUNG

Branchenregister_Brückensanierung.indd 1

Kuhnle GmbH Kuhnle GmbH Biegen - Profile + Rohre

BOLZENSCHWEISSGERÄTE

RW Sollinger Hütte GmbH – ein Unternehmen der mageba Gruppe Auschnippe 52 · D-37170 Uslar Tel.: 05571 305-0 Fax: 05571 305-26 info@rwsh.de www.rwsh.de www.mageba-germany.de

a mageba company RW Sollinger Hütte GmbH – ein Unternehmen der mageba Gruppe Auschnippe 52 · D-37170 Uslar Tel.: 05571 305-0 Fax: 05571 305-26 info@rwsh.de www.rwsh.de www.mageba-germany.de

Branchenregister_Brückenlager.indd 1

05.02.2014 10:44:00

a mageba company RW Sollinger Hütte GmbH – ein Unternehmen der mageba Gruppe Auschnippe 52 · D-37170 Uslar Tel.: 05571 305-0 Fax: 05571 305-26 info@rwsh.de www.rwsh.de www.mageba-germany.de

Branchenregister_Fahrbahnübergänge.indd 1

05.02.2014 10:43:41

4/5 . 2014 | BRÜCKENBAU

113


BRANCHENREGISTER KOPFBOLZEN

Köster & Co. GmbH Spreeler Weg 32 58256 Ennepetal Tel.: +49/23 33/83 06-0 Fax: +49/23 33/83 06-38 Mail: info@koeco.net www.koeco.net

Exkursionen und Touren Planung und Moderation von Firmenevents

LÄRMSCHUTZWÄNDE

R. Kohlhauer GmbH Draisstr. 2 76571 Gaggenau Tel.: 0 72 25/97 57-0  Fax: 0 72 25/97 57-26 E-Mail: info@kohlhauer-com www.kohlhauer.com

wir sind Ihre zuverlässigen und erfahrenen Partner, wenn es um die Ausrichtung von Pressekonferenzen, Vortragsveranstaltungen Fachexkursionen Firmenbesichtigungen oder die Vorstellung neuer Produkte und Verfahren geht. Ob auf einer Messe, in Ihrem Unternehmen oder in einer ausgewählten Location, wir sind mit Freude, Erfahrung und Engagement für Sie im Einsatz. Ihre Wünsche und Ansprüche werden umgesetzt und Geschäftspartner, Mitarbeiter, Freunde und Besucher überzeugt und begeistert. Unser Bestreben gilt Ihrem Erfolg. Lassen Sie sich überraschen und fordern Sie uns heraus. Konzepts . Biebricher Allee 11b . 65187 Wiesbaden www.mixedmedia-konzepts.de . email: info@mixedmedia-konzepts.de

114

BRÜCKENBAU | 4/5 . 2014


IMPRESSUM

BRÜCKENBAU ISSN 1867-643X 6. Jahrgang Ausgabe 4/5 . 2014 www.zeitschrift-brueckenbau.de Herausgeber und Chefredakteur Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn mwiederspahn@verlagsgruppewiederspahn.de Verlag mit MixedMedia Konzepts

VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN

Biebricher Allee 11 b D-65187 Wiesbaden Tel.: +49 (0)6 11/84 65 15 Fax: +49 (0)6 11/80 12 52 www.verlagsgruppewiederspahn.de

Anzeigen Ulla Leitner Zur Zeit gilt die Anzeigenpreisliste vom Januar 2014. Satz und Layout Christina Neuner Titelbild Waldschlösschenbrücke in Dresden © Maurer Söhne GmbH & Co. KG Druck Schmidt printmedien GmbH Haagweg 44, 65462 Ginsheim-Gustavsburg Erscheinungsweise und Bezugspreise Einzelheft: 14 Euro Doppelheft: 28 Euro Abonnement: Inland (4 Ausgaben) 56 Euro Ausland (4 Ausgaben) 58 Euro Der Bezugszeitraum eines Abonnement beträgt mindestens ein Jahr. Das Abonnement verlängert sich um ein weiteres Jahr, wenn nicht sechs Wochen vor Ablauf des berechneten Bezugszeitraums schriftlich gekündigt wird. Copyright Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags in irgendeiner Form reproduziert oder in eine von Maschinen verwendbare Sprache übertragen werden. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlags strafbar.


Bauwerkschutzsysteme |

DEHNFUGEN

|

ERDBEBENVORRICHTUNGEN

|

SCHWINGUNGSDÄMPFER

|

MONITORING

© by DC Towers Donau City

© KSP Jürgen Engel Archtitekten, Krebs & Kiefer International

BAUWERKSLAGER

↑ Signature Bridge, Indien

↑ Moschee Algiers, Algerien

↑ Donau City Tower, Österreich

↑ SOCAR Tower, Aserbaidschan

Aufgabenstellung: Bauwerkschutz am neuen Wahrzeichen in Delhi mit über 150 m hohem geneigtem Pylon mit asymmetrischen Seilen.

Aufgabenstellung: Die drittgrößte Moschee der Welt braucht einen innovativen Erdbebenschutz, für eine Dauer von 500 Jahren.

Aufgabenstellung: Reduzierung der Bauwerkbeschleunigungen aus Wind und Erdbeben am 220 m hohen Gebäude, um ausreichenden Komfort zu schaffen.

Aufgabenstellung: Vermeidung von Bauwerksbeschleunigungen des flammenförmigen, 200 m hohen Bauwerks bei Wind und Erdbeben.

Projektumfang: 38 MAURER MSM® Kalottenlager, davon 2 Pylonlager, welche je 23.000 t Auflast tragen. Dies entspricht dem Gewicht von ca. 15.000 Mittelklasse PKW‘s. Als Sonderbauteil leiten 8 Pendellager je 17.500 kN Kräfte aus den Rückspann-Seilen in die Fundamente ab.

Projektumfang: 246 Gleitpendellager mit Rotationsgelenk (Vorgabe 3 % dynamische Reibung und 2.400 mm effektiver Radius), 80 MAURER Hydraulikdämpfer MHD für 2.500 kN Dämpfkraft.

Projektumfang: 2 MAURER adaptive Hydraulikdämpfer für bis zu 80 kN Dämpfkraft und +/– 700 mm Bewegung, bedämpfen das 300-t-MassePendel. Monitoringsystem für Bewegung, Kraft und Beschleunigung.

Projektumfang: 1 MAURER Massenpendeldämpfer MTMD mit 450 t Pendelmasse und Hydraulikdämpfer MHD bedämpft 0,32 Hz und +/– 400 mm Bewegung; Monitoringsystem für Bewegung und Beschleunigung.

Maurer Söhne GmbH & Co. KG Frankfurter Ring 193, 80807 München Telefon +49 89 32394–0 Telefax +49 89 32394–306 ba@maurer-soehne.de www.maurer-soehne.de


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.